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Bisphenol A RZ 09.10.2008 11:48 Uhr Seite 20<br />
Hormone in der Babyflas<strong>ch</strong>e<br />
ihrer Ents<strong>ch</strong>eidung zu BPA und erwartet, dass aktuelle Fors<strong>ch</strong>ungsergebnisse<br />
berücksi<strong>ch</strong>tigt und das Vorsorgeprinzip angewandt<br />
wird.<br />
Einflussnahme der Industrie<br />
Die Frage na<strong>ch</strong> den Ursa<strong>ch</strong>en für die irritierende Politik der EU<br />
lenkt den Blick auf Interessengruppen, die hier mögli<strong>ch</strong>erweise<br />
unangemessen berücksi<strong>ch</strong>tigt wurden.<br />
Fasst man die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Untersu<strong>ch</strong>ungen zu BPA unterhalb<br />
des klassis<strong>ch</strong>en Dosis-Wirkungsberei<strong>ch</strong>es zusammen, ergibt<br />
si<strong>ch</strong> folgendes Bild: Ende 2006 zeigten 149 von 176 (93%)<br />
Untersu<strong>ch</strong>ungen, dass BPA im Niedrig-Dosis-Berei<strong>ch</strong> negative<br />
Auswirkungen hervorrufen kann. Von den 27 Experimenten, die<br />
keine negativen Auswirkungen ergaben, waren 13 von der Industrie<br />
finanziert. Die anderen Untersu<strong>ch</strong>ungen arbeiteten mit<br />
Ratten, die auf östrogenartige Stoffe eins<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> BPA unempfindli<strong>ch</strong><br />
reagieren und damit für diese Untersu<strong>ch</strong>ungen unbrau<strong>ch</strong>bar<br />
waren (vom Saal 2006). Bis zum Ende des Jahres<br />
2007 wurden 19 weitere Laboruntersu<strong>ch</strong>ungen über die Effekte<br />
von BPA im Niedrig-Dosis-Berei<strong>ch</strong> veröffentli<strong>ch</strong>t, alle belegten<br />
s<strong>ch</strong>ädli<strong>ch</strong>e Auswirkungen (Senjen 2008).<br />
Als Beipiel kann eine industriefinanzierte Studie an 8000 Ratten<br />
dienen, die bei der Festlegung des TDI-Wertes der EFSA in<br />
2002 berücksi<strong>ch</strong>tigt wurde. Sie zeigte keine Auswirkungen auf<br />
Tabelle 5: Liste der EFSA-Mitglieder mit mögli<strong>ch</strong>en Interessenkonflikten<br />
20<br />
Fortpflanzung oder Entwicklung (Tyl 2002) der Tiere. Den Tieren<br />
wurden über die Nahrung unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e (sehr niedrige bis<br />
sehr hohe) Mengen Bisphenol A zugeführt. Allerdings muss die<br />
Aussagekraft dieser Studie ernsthaft angezweifelt werden: So<br />
war die ausgewählte Rattenzü<strong>ch</strong>tung von vorneherein gegenüber<br />
BPA unempfindli<strong>ch</strong> und es wurde keine Positiv-Kontrolle<br />
dur<strong>ch</strong>geführt, die bestätigt hätte, dass die Tiere überhaupt empfindli<strong>ch</strong><br />
auf die untersu<strong>ch</strong>ten Parameter Fortpflanzungss<strong>ch</strong>ädigung<br />
und Entwicklungstoxizität reagieren (Hillman 2003). Die<br />
Untersu<strong>ch</strong>ung wurde als wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t verwertbar und<br />
fehlerhaft bezei<strong>ch</strong>net (vom Saal 2006a).<br />
Eine weitere Studie, finanziert dur<strong>ch</strong> die Kunststoff-Industrie<br />
(Polycarbonate/BPA Global Group), war offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> Grundlage<br />
für die jüngste Ents<strong>ch</strong>eidung der EFSA zu Beginn des Jahres<br />
2007, den S<strong>ch</strong>wellenwert für BPA zu verfünffa<strong>ch</strong>en. Öffentli<strong>ch</strong><br />
zugängli<strong>ch</strong> war diese Studie erst in 2008 (Tyl et al. 2008). Offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />
konnten hierin bei Untersu<strong>ch</strong>ungen an zwei Generationen<br />
von Mäusen na<strong>ch</strong> BPA-Applikation keine negativen<br />
Auswirkungen gezeigt werden. Zur Zeit der EFSA-Ents<strong>ch</strong>eidung<br />
war diese Untersu<strong>ch</strong>ung ni<strong>ch</strong>t veröffentli<strong>ch</strong>t und ni<strong>ch</strong>t einer Beguta<strong>ch</strong>tung<br />
dur<strong>ch</strong> unabhängige Wissens<strong>ch</strong>aftler unterworfen.<br />
Somit hätte diese Untersu<strong>ch</strong>ung niemals Grundlage für die Ents<strong>ch</strong>eidung<br />
de EFSA sein dürfen (Roegner 2007).<br />
Name Expertise/derzeitige Zugehörigkeit Mögli<strong>ch</strong>e Interessenkonflikte<br />
Dr. Fernando Aguilar Lebensmitteltoxikologe, Fren<strong>ch</strong> Food Safety Agency Frühere Tätigkeit für Nestlé, Ehefrau arbeitet no<strong>ch</strong> für Nestlé<br />
Prof. Herman Autrup Toxikologe, Institute of Public Health, Greenfacts* Vorstandsmitglied (siehe Kap. 6.2)<br />
University of Aarhus Mitglied des wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Beirats von CEFIC<br />
Dr. Susan Barlow Toxikologin, ehemalige UK-Bürokratin, Consultant für Unilever, Tesco, GNT, Grant/Son<br />
(Vorsitzende) derzeitig freiberufli<strong>ch</strong> tätig Greenfacts* Mitglied, Mitarbeit an Arbeiten zu EDCs<br />
Prof. Karl-Heinz Engel Lebensmittel<strong>ch</strong>emiker, Lehrstuhl für allgemeine Verträge mit Degussa, Kraft, Südzucker, Frey and Lau,<br />
Lebensmittelte<strong>ch</strong>nologie, Dr. Willmar S<strong>ch</strong>wabe GMBH, T. Hasegawa Japan, indirect<br />
Te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e Universität Mün<strong>ch</strong>en Monsanto, Symrise, Ajinomoto<br />
Prof. Ivonne Rietjens Lebensmitteltoxikologe, Professur für Toxikologie, Fors<strong>ch</strong>ungszusammenarbeit mit TNO Zeist, Consultant/<br />
Wageningen University, Niederlande Fors<strong>ch</strong>ung für Nestle, Mitglied des Expertengremiums der<br />
Flavour and Extract Manufacters Association (FEMA)<br />
Beratender Vorstand Nanotox BV<br />
Prof. Paul Tobback Emeritus Professor, Faculty of Bioscience Engineering, Mitglied des wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Beirates der Belgian food<br />
Katholieke Universiteit Leuven, Belgien industry assoc., Consultant für Carrefour, SGS S&SC<br />
Prof. Fidel Toldra Lebensmittel<strong>ch</strong>emiker, Institut für Agro<strong>ch</strong>emie und Förderung dur<strong>ch</strong> Vanquera meat industry<br />
Lebensmittelte<strong>ch</strong>nologie (CSIC), Spanien Verbände der Fleis<strong>ch</strong>industrie<br />
Dr. Frank Sullivan Toxikologe, Consultant CEFIC Consultant<br />
Quelle: http://www.efsa.europa.eu/en/science/afc/afc_members.html<br />
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