11.06.2012 Aufrufe

6. Ausgabe - April 2002 - Stiftung Maria Ebene

6. Ausgabe - April 2002 - Stiftung Maria Ebene

6. Ausgabe - April 2002 - Stiftung Maria Ebene

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

(<br />

I.<br />

Patient sein in ME Mein Name ist Fritz<br />

Dazu kommt noch, dass Patienten nach acht<br />

Wochen Aufenthalt von Therapie und Betreuung<br />

nichts mehr wissen wollen oder die Alltagsbewältigung<br />

so viel Energie in Anspruch nimmt, dass die<br />

Nachbetreuung unter den Tisch fällt. Am einfachsten<br />

lässt sich diese sensible Phase zwischen<br />

Therapie und Nachbetreuung durch persönliche<br />

Beziehungen stabilisieren.<br />

Wenn ein Therapeut, mit dem ich im Krankenhaus<br />

schon positive Erfahrungen verbinde, die Leitung<br />

einer Nachbetreuungsgruppe übernimmt, erfreut<br />

sich diese eines regen Zulaufs. Dann ist kein<br />

Anreiseweg zu weit und Zeit ist auch auf einmal<br />

genug da.<br />

c h weiß heute noch gen au die Stelle, wo ich<br />

vor fünfzehn Jahren gestanden bin, als ich ins<br />

Krankenhaus <strong>Maria</strong>-<strong>Ebene</strong> gekommen bin. Ich<br />

dachte mir, jetzt ist dein Leben vorbei, weit hast<br />

du es gebracht. Seelisch und körperlich total am<br />

Ende, nach jedem mir bietenden Strohhalm greifend.<br />

Die letzte Zeit hatte ich am Tag bis zu drei<br />

Flaschen Schnaps gebraucht, um überhaupt noch<br />

funktionieren zu können. Gegessen hatte ich<br />

schon Wochen fast nichts mehr. Ich konnte kaum<br />

mehr meinen Namen schreiben, so fertig war ich.<br />

Und ich hatte Angst, furchtbare Angst, denn ich<br />

wusste nicht, was mit mir geschehen wird. Ich<br />

wusste nur, entweder können die mir helfen, oder<br />

ich gehe drauf.<br />

Das erste, was mir in meinem umnebelten Hirn<br />

auffiel, war, dass mich die Ärzte und das Personal<br />

wie einen Menschen behandelten, nicht wie ein<br />

Stück Abfall der Gesellschaft. Das ließ Hoffnung<br />

in mir aufkeimen. Und ich wusste auch, dass es<br />

meine letzte Chance war. Ich hatte hohe Schulden,<br />

mein Arbeitsplatz war gefährdet und meine Frau<br />

wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Ich hatte<br />

also nichts zu verlieren, ich konnte nur gewinnen.<br />

Seelisch war ich am tiefsten Punkt angelangt, den<br />

man erreichen kann, und auch der Körper und der<br />

Kopf waren schlimm dran. '<br />

Dr. Haller sagte zu mir am Beginn: "Ich kann<br />

Ihnen nur unsere Erfahrung und unser medizinisches<br />

Wissen zur Verfügung stellen, alles andere<br />

müssen sie selbst machen!" Und das, was mir an<br />

Erfahrung und Wissen zur Verfügung gestellt<br />

wurde, war nicht wenig und ich griff mit beiden<br />

Händen zu. Ich lernte vor allen Dingen, dass ich<br />

Da diese persönliche Kontinuität nur in Ausnahmefällen<br />

gegeben ist, muss auf andere Strategien<br />

zurückgegriffen werden. Hier kann die Sozialarbeit<br />

eine gute Brücke sein. Gelingt es einerseits,<br />

während der Therapie ein gewisses Maß an<br />

Eigenverantwortung und Interesse an der Lösung<br />

der Probleme zu wecken und gibt es andererseits<br />

eine Einrichtung mit einem passenden Angebot,<br />

kann der sensible Übergang zwischen Therapie und<br />

Nachbetreuung gelingen.<br />

Zusammenfassend heißt dies: Bedürfnisorientierte<br />

Sozialarbeit begünstigt den Einstieg in<br />

eine nachhaltige psychosoziale Betreuung und<br />

Begleitung.<br />

krank war, das hatte ich bis dahin nicht realisiert.<br />

Ich lernte wieder ein bisschen an mich selbst zu<br />

glauben und mir zu vertrauen. Ich erkannte, dass<br />

ich gar kein so schlechter Mensch bin, dass ich<br />

eben nur krank bin, und ich lernen muss, mit dieser<br />

Krankheit zu leben. Ich habe sehr bald erkannt,<br />

dass mir die Möglichkeit geboten wird ein neues<br />

Leben zu beginnen. Und ich nahm alle Angebote,<br />

die mir das Haus bot, wahr, um mich auf das<br />

Leben danach vorzubereiten.<br />

Als ich entlassen wurde, ging ich mit etwas<br />

Wehmut fort, denn ich hatte bereits alle auf <strong>Maria</strong>­<br />

<strong>Ebene</strong> ins Herz geschlossen und ich besuche noch<br />

heute mindestens einmal im Jahr das Krankenhaus.<br />

Ich möchte nie vergessen, wie es war.<br />

Danach hat sich meine Lebensqualität nach und<br />

nach um mehr als tausend Prozent gebessert. Ich<br />

habe gelernt, mein Leben selbst in die Hand zu<br />

nehmen und für mich Verantwortung zu tragen.<br />

Auch ich habe Probleme wie jeder andere Mensch<br />

auch, aber sie erdrücken mich nicht mehr, ich habe<br />

gelernt mit ihnen umzugehen - ohne Alkohol!<br />

Ich gehe auch jede Woche einmal ins Meeting zu<br />

den Anonymen Alkoholikern, das ist mein<br />

Stammtisch geworden, denn ich möchte nie vergessen,<br />

woher ich komme.<br />

ber das Fundament für mein trockenes<br />

Leben hat das Krankenhaus <strong>Maria</strong>-<strong>Ebene</strong>,<br />

besser gesagt, die Menschen, die dort<br />

arbeiten und wirken, gelegt. Ich habe alles erreicht<br />

in meinem Leben, was ich mir in der Saufzeit<br />

immer gewünscht habe, ich führe ein zufriedenes<br />

und manchmal auch glückliches Leben, und das<br />

habe ich diesem Haus zu verdanken.<br />

9<br />

FRIENDS<br />

of E

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!