6. Ausgabe - April 2002 - Stiftung Maria Ebene
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(<br />
I.<br />
Patient sein in ME Mein Name ist Fritz<br />
Dazu kommt noch, dass Patienten nach acht<br />
Wochen Aufenthalt von Therapie und Betreuung<br />
nichts mehr wissen wollen oder die Alltagsbewältigung<br />
so viel Energie in Anspruch nimmt, dass die<br />
Nachbetreuung unter den Tisch fällt. Am einfachsten<br />
lässt sich diese sensible Phase zwischen<br />
Therapie und Nachbetreuung durch persönliche<br />
Beziehungen stabilisieren.<br />
Wenn ein Therapeut, mit dem ich im Krankenhaus<br />
schon positive Erfahrungen verbinde, die Leitung<br />
einer Nachbetreuungsgruppe übernimmt, erfreut<br />
sich diese eines regen Zulaufs. Dann ist kein<br />
Anreiseweg zu weit und Zeit ist auch auf einmal<br />
genug da.<br />
c h weiß heute noch gen au die Stelle, wo ich<br />
vor fünfzehn Jahren gestanden bin, als ich ins<br />
Krankenhaus <strong>Maria</strong>-<strong>Ebene</strong> gekommen bin. Ich<br />
dachte mir, jetzt ist dein Leben vorbei, weit hast<br />
du es gebracht. Seelisch und körperlich total am<br />
Ende, nach jedem mir bietenden Strohhalm greifend.<br />
Die letzte Zeit hatte ich am Tag bis zu drei<br />
Flaschen Schnaps gebraucht, um überhaupt noch<br />
funktionieren zu können. Gegessen hatte ich<br />
schon Wochen fast nichts mehr. Ich konnte kaum<br />
mehr meinen Namen schreiben, so fertig war ich.<br />
Und ich hatte Angst, furchtbare Angst, denn ich<br />
wusste nicht, was mit mir geschehen wird. Ich<br />
wusste nur, entweder können die mir helfen, oder<br />
ich gehe drauf.<br />
Das erste, was mir in meinem umnebelten Hirn<br />
auffiel, war, dass mich die Ärzte und das Personal<br />
wie einen Menschen behandelten, nicht wie ein<br />
Stück Abfall der Gesellschaft. Das ließ Hoffnung<br />
in mir aufkeimen. Und ich wusste auch, dass es<br />
meine letzte Chance war. Ich hatte hohe Schulden,<br />
mein Arbeitsplatz war gefährdet und meine Frau<br />
wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Ich hatte<br />
also nichts zu verlieren, ich konnte nur gewinnen.<br />
Seelisch war ich am tiefsten Punkt angelangt, den<br />
man erreichen kann, und auch der Körper und der<br />
Kopf waren schlimm dran. '<br />
Dr. Haller sagte zu mir am Beginn: "Ich kann<br />
Ihnen nur unsere Erfahrung und unser medizinisches<br />
Wissen zur Verfügung stellen, alles andere<br />
müssen sie selbst machen!" Und das, was mir an<br />
Erfahrung und Wissen zur Verfügung gestellt<br />
wurde, war nicht wenig und ich griff mit beiden<br />
Händen zu. Ich lernte vor allen Dingen, dass ich<br />
Da diese persönliche Kontinuität nur in Ausnahmefällen<br />
gegeben ist, muss auf andere Strategien<br />
zurückgegriffen werden. Hier kann die Sozialarbeit<br />
eine gute Brücke sein. Gelingt es einerseits,<br />
während der Therapie ein gewisses Maß an<br />
Eigenverantwortung und Interesse an der Lösung<br />
der Probleme zu wecken und gibt es andererseits<br />
eine Einrichtung mit einem passenden Angebot,<br />
kann der sensible Übergang zwischen Therapie und<br />
Nachbetreuung gelingen.<br />
Zusammenfassend heißt dies: Bedürfnisorientierte<br />
Sozialarbeit begünstigt den Einstieg in<br />
eine nachhaltige psychosoziale Betreuung und<br />
Begleitung.<br />
krank war, das hatte ich bis dahin nicht realisiert.<br />
Ich lernte wieder ein bisschen an mich selbst zu<br />
glauben und mir zu vertrauen. Ich erkannte, dass<br />
ich gar kein so schlechter Mensch bin, dass ich<br />
eben nur krank bin, und ich lernen muss, mit dieser<br />
Krankheit zu leben. Ich habe sehr bald erkannt,<br />
dass mir die Möglichkeit geboten wird ein neues<br />
Leben zu beginnen. Und ich nahm alle Angebote,<br />
die mir das Haus bot, wahr, um mich auf das<br />
Leben danach vorzubereiten.<br />
Als ich entlassen wurde, ging ich mit etwas<br />
Wehmut fort, denn ich hatte bereits alle auf <strong>Maria</strong><br />
<strong>Ebene</strong> ins Herz geschlossen und ich besuche noch<br />
heute mindestens einmal im Jahr das Krankenhaus.<br />
Ich möchte nie vergessen, wie es war.<br />
Danach hat sich meine Lebensqualität nach und<br />
nach um mehr als tausend Prozent gebessert. Ich<br />
habe gelernt, mein Leben selbst in die Hand zu<br />
nehmen und für mich Verantwortung zu tragen.<br />
Auch ich habe Probleme wie jeder andere Mensch<br />
auch, aber sie erdrücken mich nicht mehr, ich habe<br />
gelernt mit ihnen umzugehen - ohne Alkohol!<br />
Ich gehe auch jede Woche einmal ins Meeting zu<br />
den Anonymen Alkoholikern, das ist mein<br />
Stammtisch geworden, denn ich möchte nie vergessen,<br />
woher ich komme.<br />
ber das Fundament für mein trockenes<br />
Leben hat das Krankenhaus <strong>Maria</strong>-<strong>Ebene</strong>,<br />
besser gesagt, die Menschen, die dort<br />
arbeiten und wirken, gelegt. Ich habe alles erreicht<br />
in meinem Leben, was ich mir in der Saufzeit<br />
immer gewünscht habe, ich führe ein zufriedenes<br />
und manchmal auch glückliches Leben, und das<br />
habe ich diesem Haus zu verdanken.<br />
9<br />
FRIENDS<br />
of E