Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins - Deutscher ...
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einsicht und Besprechung mit dem Mandanten stattgefunden hat, weil es in diesem Fall zumutbar<br />
sei, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten, verkennt den Schutzbereich <strong>des</strong> Art. 12<br />
Abs. 1 GG und gewährleistet keine verfassungskonforme Vergütung <strong>des</strong> Pflichtverteidigers.<br />
I. Die Maßstäbe für eine verfassungskonforme Vergütung von Pflichtverteidigern sind in der<br />
Rechtsprechung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verfassungsgerichts weitgehend geklärt.<br />
1. Die Bestellung zum Pflichtverteidiger stellt eine besondere Form der Indienstnahme<br />
privater zu öffentlichen Zwecken dar. Dabei verlangt das Grundrecht auf freie Berufsausübung,<br />
dass bei der Bemessung <strong>des</strong> Vergütungsanspruchs die Grenze der<br />
Zumutbarkeit gewahrt wird. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass es eine übermäßige,<br />
nicht durch Gründe <strong>des</strong> Gemeinwohls gerechtfertigte Einschränkungen der<br />
Berufsausübung darstellen würde, wenn der Staat für Aufgaben, deren ordentliche<br />
Wahrnehmung im öffentlichen Interesse liegt, Staatsbürger beruflich in Anspruch<br />
nehmen würde, ohne den Belasteten eine angemessene Entschädigung für ihre Inanspruchnahme<br />
zu gewähren (BVerfG, NJW 1980, 2179, 2180). Folgerichtig hat der<br />
Gesetzgeber die Pflichtverteidigung nicht als vergütungsfrei zu erbringende Ehrenpflicht<br />
<strong>des</strong> Anwaltsstan<strong>des</strong> ausgestaltet, sondern dem Pflichtverteidiger einen Honoraranspruch<br />
eingeräumt. Zwar liegt der gesetzlich vorgesehene Vergütungsanspruch<br />
<strong>des</strong> Pflichtverteidigers erheblich unter den als angemessen geltenden Rahmengebühren<br />
<strong>des</strong> Wahlverteidigers, diese Begrenzung ist aber im Sinne eines durch<br />
Gemeinwohlgründe gerechtfertigten Interessenausgleichs, der auch das Interesse<br />
an einer Einschränkung <strong>des</strong> Kostenrisikos berücksichtigt, gerechtfertigt, sofern die<br />
Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (BVerfG, NJW 1985, 727, 728/729).<br />
2. Das Bun<strong>des</strong>verfassungsgericht hat mehrfach darauf hingewiesen, dass in Strafsachen<br />
besonderen Umfangs, die die Arbeitskraft <strong>des</strong> Pflichtverteidigers für längere<br />
Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch nehmen, ohne dass er sich<br />
dieser Belastung entziehen könnte, die Höhe <strong>des</strong> Entgelts für ihn existenzielle Bedeutung<br />
gewinnt. In diesen Fällen gebiete es das Grundrecht auf freie Berufsausübung,<br />
eine Regelung zu schaffen, die es – wie § 51 RVG – ermöglicht, der tatsächlichen<br />
Inanspruchnahme <strong>des</strong> Pflichtverteidigers Rechnung zu tragen und ihn entsprechend<br />
zu vergüten, um ein angemessenes Verhältnis zwischen Eingriffszweck