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Probeexamen 1. Klausur im Strafrecht - unirep

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Prof. Dr. Martin Heger 26.3.2009<br />

<strong>Probeexamen</strong><br />

<strong>1.</strong> <strong>Klausur</strong> <strong>im</strong> <strong>Strafrecht</strong><br />

A und B besserten seit geraumer Zeit ihre kärglichen Einkünfte durch Beutezüge in<br />

der Umgebung auf. Sie hatten dabei vereinbart, dass sie nur mit „List und Tücke“,<br />

nicht aber auch mittels Gewalt vorgehen wollten. Ihr Freund C wollte bei diesen<br />

krummen Touren nicht mitmachen, vermittelte A und B aber mehrfach als Freundschaftsdienst<br />

Absatzmöglichkeiten für die illegal erlangten Sachen.<br />

Am Morgen des 30.9.2008 fahren A und B, wie schon öfters, mit B´s Pkw zu dem<br />

nahe gelegenen Supermarkt S. Vor dessen Eingangsbereich soll B <strong>im</strong> Pkw warten,<br />

bis A mit möglichst vielen CD´s zurückkommt; diese wollen sie verkaufen und den<br />

Erlös teilen. A begibt sich in die Musik-Abteilung, legt zahlreiche teuere CD´s in seinen<br />

Einkaufswagen und platziert seine mitgebrachte Einkaufstasche so geschickt<br />

darauf, dass man diese CD´s von oben nicht sehen kann. Dabei bemerkt er nicht,<br />

dass der bei S beschäftigte Detektiv D ihn bereits argwöhnisch beobachtet, aber<br />

nicht einschreitet, weil – was A nicht weiß – die CD´s seit neuestem mit einem Magnetstreifen<br />

versehen sind, der an einer Schranke nach Passieren der Kasse einen<br />

Alarm auslösen muss, so dass D, der sich über die Absichten des A noch nicht <strong>im</strong><br />

Klaren ist, erst einmal abwarten möchte. A legt einige kleinere Gegenstände zusätzlich<br />

in den Einkaufswagen, die er an der Kasse auf das Laufband legt. Die Kassiererin<br />

K rechnet nur diese Gegenstände ab, welche A ordnungsgemäß bezahlt. Wie von<br />

A erwartet, schaut sie nicht in seinen Einkaufswagen. Als er dann aber die elektrische<br />

Schranke passiert, lösen die CD´s, deren Magnetstreifen an der Kasse ja nicht<br />

entschärft worden war, den Alarm aus. A erschrickt, packt die CD´s, verbirgt sie unter<br />

seiner Jacke und rennt aus dem Supermarkt, als er merkt, dass D ihm folgt. Als A<br />

gerade in den Pkw steigen will, gelingt es D, ihn festzuhalten. B zieht daraufhin eine<br />

Pistole, schießt auf D und verletzt ihn tödlich, was B in Kauf genommen hatte, um A<br />

zu helfen. A wusste nichts davon, dass B heute – anders als bislang – eine Pistole<br />

mit sich führte. C, der gerade zum Einkaufen <strong>im</strong> Supermarkt weilte und das Geschehen<br />

beobachtet hatte, erkannte nunmehr, dass A be<strong>im</strong> Gerangel mit D unbemerkt<br />

eine CD verloren hatte. Diese hob er auf und sprang direkt hinter A in den Pkw von<br />

B, um seinen Freunden ihre Beute zu erhalten. A wie B, der sofort losfährt, sind über<br />

die Anwesenheit von C <strong>im</strong> Pkw und die „Rettung“ der CD ebenso überrascht wie erfreut.<br />

Die Wartezeit vor S hatte B mit Alkohol überbrückt. Seine Blutalkoholkonzentration<br />

beträgt bei der Abfahrt 1,1 Promille; er ist aber noch vollständig „Herr seiner Sinne“.<br />

Als er plötzlich eine Polizeisperre wegen einer <strong>im</strong> Radio bekanntgemachten Fahndung<br />

nach einem Terroristen vor sich sieht, rast er in ungebremstem Tempo auf diese<br />

zu. Er rammt einen der Polizeiwagen, fährt aber mit unverminderter Geschwindigkeit<br />

weiter, obwohl an dem Polizeiwagen offenkundig ein erheblicher Sachschaden<br />

entstanden war. Polizist P, den B vor dem gerammten Wagen hat stehen sehen,<br />

konnte sich erst in letzter Sekunde durch einen Sprung zur Seite vor dem heranrasenden<br />

Pkw retten.<br />

Strafbarkeit (nur nach dem StGB) von A, B und C wegen des Geschehens am<br />

30.9.2008? – Nicht zu prüfen sind §§ 304, 305a, 316b StGB; ggf. erforderliche Strafanträge<br />

sind gestellt.


Prozessuale Zusatzfragen:<br />

Bei den Ermittlungen in oben beschriebener Sache stellt der zuständige Staatsanwalt<br />

folgendes fest:<br />

<strong>1.</strong> B wurde wegen unerlaubten Führens einer Waffe <strong>im</strong> Zeitraum bis zum 18.10.2008<br />

am 16.12.2008 vom zuständigen Amtsgericht nach § 53 Abs. 3 WaffG – inzwischen<br />

rechtskräftig – zu einer Geldstrafe verurteilt. Dabei handelte es sich um die Pistole,<br />

mit der B auf D geschossen hatte. Steht dies einem Strafverfahren gegen B wegen<br />

seines tödlichen Schusses auf D entgegen?<br />

2. C bestreitet jede Beteiligung in der geschilderten Weise und behauptet, zur Tatzeit<br />

bei seiner Ehefrau E gewesen zu sein. Diese hatte allerdings gegenüber dem Polizisten<br />

F, der sie ordnungsgemäß auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht hingewiesen hatte,<br />

zu Protokoll gegeben, zur fraglichen Zeit sei C nicht zu Hause gewesen. Gleiches<br />

erzählte sie dem ihr flüchtig bekannten V, der von der Polizei als Vertrauensmann<br />

geführt worden war; von V´s Tätigkeit als V-Mann war E nichts bekannt. Kann – falls<br />

E <strong>im</strong> Strafverfahren gegen C die Aussage verweigert – das polizeiliche Protokoll verlesen<br />

werden? Können ggf. F und/oder V als Zeugen über E´s Äußerungen vernommen<br />

werden?<br />

2


Lösungsskizze<br />

A. Strafbarkeit des A<br />

I. § 263 I 1<br />

A täuscht zwar konkludent vor, alle Waren auf das Band gelegt zu haben, und verursacht<br />

dadurch (möglicherweise) auch einen dahingehenden Irrtum der K, doch fehlt<br />

es an einer Vermögensverfügung (durch Unterlassen), weil sich der für einen Betrug<br />

erforderliche Verfügungswille der Kassiererin nicht auf die nicht wahrgenommenen<br />

Waren bezieht (hM). 2<br />

II. §§ 242 I, 243 I Nr 2, 3<br />

Gewahrsamsbruch und damit Vollendung der Wegnahme ist erst mit Passieren der<br />

Kasse zu bejahen, noch nicht durch das Legen der Waren in den Einkaufswagen<br />

(nur Gewahrsamslockerung 3 ), da nach Verkehrsanschauung auf Waren <strong>im</strong> Einkaufswagen<br />

der Supermarkt ohne Eingriff in die Privatsphäre des Käufers Zugriff hat<br />

(anders be<strong>im</strong> Einstecken kleiner Gegenstände in eine eigene Tasche 4 ). Die Beobachtung<br />

durch D ändert an der Wegnahme nichts, weil Diebstahl kein he<strong>im</strong>liches<br />

Delikt ist 5 und hier von einem, dem Gewahrsamsinhaber nicht zuwiderlaufenden,<br />

„Gewahrsamsbruch“ – wie etwa bei einer Diebesfalle – nicht gesprochen werden<br />

kann. 6<br />

§ 243 I Nr 2 scheidet aus, weil ein Magnetstreifen die Sache nicht gegen ihre Wegnahme<br />

schützt bzw diese zumindest erheblich erschwert 7 ; nahe liegen wird dann<br />

aber ein unbenannter schwerer Fall. 8 Der straferhöhende Umstand müsste vom<br />

(Quasi-)Vorsatz des A umfasst sein 9 , woran es hier mangels Wissen um die Magnetstreifen<br />

fehlt. Nr 3 ist hingegen anzunehmen, weil es für Gewerbsmäßigkeit genügt,<br />

dass Täter sich aus wiederholten Handlungen eine Einnahmequelle von einiger Dauer<br />

und einigem Umfang schaffen will, ohne dass es sich als „kr<strong>im</strong>inelles Gewerbe“<br />

darstellen muss. 10 Hier könnte aber § 243 II eingreifen, weil jede CD für sich unter<br />

der erforderliche Wertschwelle von ca. 50 Euro 11 liegt. Im Rahmen einer Handlungseinheit,<br />

die hier bzgl. aller CD´s anzunehmen ist, kommt es aber auf deren Gesamtwert<br />

an 12 , so dass § 243 II nicht eingreift. A kennt auch die Umstände, die Gewerbsmäßigkeit<br />

begründen. Mangels Geringwertigkeit entfällt damit auch das Antragserfordernis<br />

nach § 248 a.<br />

1<br />

§§ ohne weitere Bezeichnung sind solche des StGB.<br />

2<br />

Vgl. BGHSt 41, 198; Rengier BT I, 6. Aufl. 2003, 13/38; Lackner/Kühl StGB, 25. Aufl., 2004, § 263 Rn. 26;<br />

aM OLG Düsseldorf NJW 1993, 1407: Verfügung und dazu erforderlicher Verfügungswille liege in der Gestattung,<br />

mit dem Einkaufswagen und seinem gesamten Inhalt den Kassenbereich zu passieren; beide Ansichten sind<br />

– bei entsprechender Begründung – vertretbar, wobei m. E. der ersten der Vorzug gegeben werden sollte.<br />

3<br />

Vgl. Lackner/Kühl § 242 Rn. 16.<br />

4<br />

Vgl. BGHSt 16, 27<strong>1.</strong><br />

5<br />

BGHSt 16, 271; vgl. Lackner/Kühl § 242 Rn. 16 mwN; Rengier BT I 2/26 m. Bsp. <strong>1.</strong><br />

6<br />

Lackner/Kühl § 242 Rn. 14 mwN.<br />

7<br />

Vgl. Lackner/Kühl § 243 Rn. 15 f. mwN.<br />

8<br />

OLG Stuttgart NStZ 1985, 76.<br />

9<br />

Vgl. Schönke/Schröder-Eser StGB, 26. Aufl., 2001, § 243 Rn. 43.<br />

10<br />

Lackner/Kühl Vor § 52 Rn. 20.<br />

11<br />

Vgl. OLG Zweibrücken NStZ 2000, 536; Lackner/Kühl § 248 a Rn. 3.<br />

12 Lackner/Kühl § 243 Rn. 7.<br />

3


III. Nach § 244 I Nr 1a, 2<br />

B führte eine Schusswaffe bei sich, doch fehlte A diesbzgl Vorsatz. Eine Bande<br />

scheidet nach neuester Rspr bei einer Verbindung von nur 2 Personen aus; 13 für eine<br />

Bandenabrede (auch) mit C fehlt angesichts von dessen nur gelegentlicher Hilfe ein<br />

Anhaltspunkt.<br />

IV. § 252<br />

Da A aufgrund der Vereinbarung mit B keinen Vorsatz auf den späteren Einsatz der<br />

Waffe hatte, hat er sich jedenfalls nicht nach § 252 strafbar gemacht.<br />

V. § 123 I<br />

Ein widerrechtliches Eindringen (Alt 1) in Räume, die dem allgemeinen Publikumsverkehr<br />

offenstehen, kann be<strong>im</strong> Betreten in Verfolgung eines rechtswidrigen Zweckes<br />

nach hM jedenfalls dann nicht bejaht werden, wenn das äußere Verhalten des<br />

Eintretenden den Rahmen der Zutrittserlaubnis nicht überschreitet. 14 Selbst wenn mit<br />

Begehung der rechtswidrigen Tat diese allgemeine Betretenserlaubnis erloschen<br />

sein sollte, bedürfte es doch – für die Bejahung der 2. Alt – einer Aufforderung zu<br />

gehen; mangels einer solchen, scheidet auch § 123 I 2. Alt aus.<br />

VI. §§ 123 I <strong>1.</strong> Alt, 13<br />

Ein Eindringen durch Unterlassen könnte zu bejahen sein, wenn die rechtswidrigen<br />

Absichten des Täters erst offenbar werden, nachdem er den Raum unauffällig betreten<br />

hat, 15 doch dürfte dies solange nicht der Fall sein, bis zum Passieren der Kasse<br />

die rechtswidrigen Absichten des A nach außen erkennbar werden.<br />

B. Strafbarkeit des B<br />

I. §§ 242 I, 243 I, 244 I, 25 II<br />

Für die Annahme von Mittäterschaft genügt hier sicherlich nach der von der Rspr vertretenen<br />

modifiziert-subjektiven Theorie die gemeinsame Planung, die beabsichtigte<br />

Beuteteilung, das Hinfahren und das Bereithalten des Fluchtfahrzeugs, auch wenn B<br />

sich an der Wegnahmehandlung bis zu ihrer Vollendung nicht beteiligt hat; 16 nach<br />

der Tatherrschaftslehre wäre Mittäterschaft des B zweifelhaft, weil es an der erforderlichen<br />

Mitherrschaft bei der Tatbestandsverwirklichung fehlte 17 (dann wäre nur §§<br />

242, 27 anzunehmen), doch lassen zahlreiche St<strong>im</strong>men in der Lit auch wesentliche<br />

Planungs- und Organisationsbeiträge <strong>im</strong> Vorbereitungsstadium – wie sie hier gegeben<br />

sein dürften – ausreichen. 18 Im folgenden ist daher Mittäterschaft des B zugrunde<br />

gelegt. Mit 1,1 Promille ist B nicht schuldunfähig iSv § 20, zumal er noch vollständig<br />

Herr seiner Sinne ist.<br />

Zusätzlich kommt für B eine Strafbarkeit wegen § 244 I Nr. 1 a in Betracht, weil er –<br />

bewusst – eine Waffe mit sich geführt hatte. Str. ist allerdings, ob auch das Beisichführen<br />

der Waffe (nur) in der Phase zwischen Vollendung und Beendigung – davor<br />

war ja B bei dem Diebstahl nicht dabei – genügen kann. Die Rspr lässt das Mitsichführen<br />

auch noch zwischen Vollendung und Beendigung trotz Fehlens weiterer<br />

Wegnahmehandlungen genügen; bessere Gründe sprechen dagegen, weil die be-<br />

13 So BGHSt 46, 321 m Bspr Franke JA 2002, 106 ff; anders noch BGHSt 23, 239.<br />

14 So zB Lackner/Kühl § 123 Rn. 7 mwN; aM zB LK-Schäfer StGB, 10. Aufl., § 123 Rn 32: durch Täuschung<br />

über wirkliche (rechtswidrige) Absichten erlangtes Einverständnis des Hausrechtsinhabers sei unwirksam.<br />

15 Schönke/Schröder-Lenckner, § 123 Rn. 26.<br />

16 Vgl zB BGHSt 37, 289; BGH NStZ 2001, 247 m Bspr Heger JA 2001, 631<br />

17 Vgl LK-Roxin StGB, 1<strong>1.</strong> Aufl, 1992, § 25 Rn 181<br />

18 So zB Kühl <strong>Strafrecht</strong> AT, 4. Aufl, 2002, § 20 Rn 111 mwN<br />

4


sondere Gefährlichkeit eines Diebstahls mit Waffen darin liegt, dass die Wegnahme<br />

jederzeit durch den Waffeneinsatz gefährlicher werden kann. 19 Das Mitsichführen in<br />

der späteren Phase dient nur der Beutesicherung, nicht mehr der Wegnahme.<br />

II. §§ 249, 250 II Nr 1, 251<br />

§ 249 setzt voraus, dass die Gewalt final zur Erzwingung der Wegnahme dient, nicht<br />

hingegen – wie hier – nur zur Beutesicherung nach vollendeter Wegnahme. 20<br />

III. §§ 252, 250 II Nr 1, 251<br />

In Betracht kommt aber § 252. Weil ein räuberischer Diebstahl aber nur durch einen<br />

Mittäter am vorangegangenen Diebstahl begangen werden kann, 21 muss § 252 von<br />

denjenigen verneint werden, die nur Beihilfe des B angenommen haben. B müsste<br />

auf frischer Tat betroffen, dh alsbald nach Vollendung der Tat in unmittelbarer Nähe<br />

zum Tatort angetroffen worden sein, was gegeben ist. Fraglich könnte aber sein, ob<br />

B von D hätte bemerkt worden sein müssen, was sich aus dem SV nicht ergibt. Weil<br />

von „Betreffen“ und nicht von „Bemerken“ die Rede ist, reicht es jedoch aus, wenn<br />

der Täter, von dem anderen überrascht, sein bevorstehendes Bemerktwerden durch<br />

„Zuschlagen“ verhindert 22 . Vor Beendigung des Diebstahls durch endgültige Beutesicherung,<br />

jedenfalls aber vor der Abfahrt <strong>im</strong> Pkw, ist der Diebstahl auch noch als „frische<br />

Tat“ anzusehen. B müsste in der Absicht gehandelt haben, sich <strong>im</strong> Besitz der<br />

Beute zu halten. Nicht notwendig ist dafür, dass der Täter, der das Nötigungsmittel<br />

anwendet, die Beute unmittelbar mit sich führt; bei Beteiligung mehrerer genügt es,<br />

wenn der Täter einen Mittäter – hier A – <strong>im</strong> Besitz der Beute halten will. 23 Dass B<br />

vorrangig A helfen wollte, steht nicht entgegen, weil die Besitzerhaltungsabsicht nicht<br />

das dominierende Motiv sein muss. Ob sie überhaupt vorliegt, ist nach dem SV nicht<br />

klar, doch dürfte eine lebensnahe Auslegung des Geschehens dafür sprechen, dass<br />

B auch die von A mit sich geführte Beute ihnen beiden erhalten wollte 24 . Bei Bejahung<br />

von § 252 sind §§ 250 II Nr 1, 251 zu prüfen, weil die Bestrafung „gleich einem<br />

Räuber“ auf diese verweist. 25 § 250 II Nr 1 ist wegen der Pistole, § 251 wegen der<br />

„wenigstens leichtfertigen“ Tötung gegeben. Hinter §§ 252, 250, 251 treten §§ 242,<br />

244, 25 II zurück 26 . § 251 verdrängt § 250. 27<br />

IV. §§ 212, 211<br />

B hat durch den Schuss D bedingt vorsätzlich getötet. Als Mordmerkmale kommen<br />

Habgier und Verdeckungsabsicht in Betracht. Gegen Habgier spricht, dass es für ein<br />

Gewinnstreben um jeden Preis nicht ausreicht, nur eine ergaunerte Beute zu sichern;<br />

weder liegt <strong>im</strong> Behalten einer bereits weggenommenen Sache ein Vermögenszuwachs,<br />

noch werden Aufwendungen erspart. Die bloße Absicht, den vorhandenen<br />

Besitz (des A) an den CD´s zu erhalten, genügt nicht. 28 Verdeckungsabsicht ist zu<br />

bejahen, wenn der Täter einen Verfolger tötet, damit er oder ein Dritter nach einer<br />

Straftat unerkannt entkommen können 29 . Hier hat B zumindest die Absicht, dem A<br />

19 Lackner/Kühl § 244 Rn. 2 mwN.<br />

20 Lackner/Kühl § 249 Rn. 4.<br />

21 Lackner/Kühl § 252 Rn. 6.<br />

22 Str., vgl. Lackner/Kühl § 252 Rn. 4.<br />

23 Schönke/Schröder-Eser, § 252 Rn. 7.<br />

24 Ähnliche Konstellation in BGHSt 13, 64.<br />

25 Schönke/Schröder-Eser, § 252 Rn. 12.<br />

26 Schönke/Schröder-Eser, § 244 a Rn. 1<strong>1.</strong><br />

27 Lackner/Kühl § 251 Rn. 4.<br />

28 LK-Jähnke StGB, 10. Aufl., § 211 Rn. 8.<br />

29 Tröndle/Fischer StGB, 52. Aufl, 2004, § 211 Rn. 29.<br />

5


eine unerkannte Flucht zu ermöglichen; will er – was nahe liegt – auch selbst unerkannt<br />

entkommen, würde dies auch genügen, weil es ausreicht, dass die Täterschaft<br />

an einer (bereits bekannten) Tat verdeckt wird 30 . § 211 verdrängt nach hM als lex<br />

specialis § 212. 31 Zwischen § 252 iVm § 251 und § 211 ist Tateinheit anzunehmen. 32<br />

V. §§ 223 I, 224 I Nr 2, 5, 227 I<br />

Eine Strafbarkeit nach §§ 223 I, 224 I Nr 2, 5 ist bei der vorsätzlichen Tötung automatisch<br />

mitverwirklicht, weil nach der Einheitstheorie <strong>im</strong> Tötungs- auch ein Körperverletzungsvorsatz<br />

enthalten ist. Sie treten als subsidiär hinter die vollendeten §§<br />

211, 212 zurück 33 . § 227 I ist zwar nach seinem Wortlaut iVm § 18 auch auf vorsätzliche<br />

Tötungen anwendbar, wird aber auch bei bedingtem Tötungsvorsatz von §§<br />

211, 212 verdrängt. 34<br />

VI. § 315 b I Nr 3<br />

Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr muss von einer Straßenverkehrsgefährdung<br />

abgegrenzt werden; § 315 b bezieht sich nur auf verkehrsfremdes, nicht auf<br />

bloß fehlerhaftes Verhalten <strong>im</strong> Straßenverkehr 35 . Die Rspr bejaht einen verkehrsfremden<br />

Eingriff, wenn der Fahrzeugführer gezielt auf einen Menschen oder ein<br />

Fahrzeug zufährt, da hier die bewusste Zweckentfremdung des Fahrzeuges die<br />

Sperre zu § 315 c überwindet (Pkw als Waffe 36 ). Be<strong>im</strong> „Zurasen“ auf eine bestehende<br />

Polizeisperre wird der Pkw als Mittel zu deren Durchbrechung eingesetzt. Darin<br />

liegt ein ebenso gefährlicher Eingriff iSd Nr 3. Konkret gefährdet wurden die Mitfahrer<br />

A und C, weil nichts für ihre Tatteilnahme ersichtlich ist (sie hatten keine Kenntnis<br />

von der Alkoholisierung des B), der P und mit dem Polizeiwagen eine Sache von bedeutendem<br />

Wert (Verkehrswert mind 750 Euro 37 ) sogar beschädigt; unbeachtlich ist<br />

dagegen die Gefährdung des von B geführten Fahrzeugs 38 . Zur Abgrenzung von §<br />

315 c verlangt die neueste Rspr, dass der Täter be<strong>im</strong> Einsatz eines Pkw als „Waffe“<br />

nicht nur mit Gefährdungsvorsatz, sondern mit wenigstens bedingtem Verletzungsvorsatz<br />

handelt 39 ; da hier B wohl erkannt hat, dass er den Polizeiwagen streifen<br />

könnte, und sich damit auch abgefunden hat, ist dieser Schädigungsvorsatz jedoch<br />

vorliegend auch zu bejahen.<br />

VII. §§ 315 b III iVm 315 III Nr 1 a<br />

In Betracht kommt Verdeckungsabsicht. Dies kann hier bzgl der og Straftaten bejaht<br />

werden, da zumindest die Person des B den Ermittlungsbehörden noch nicht bekannt<br />

ist, was er durch Verhinderung des Abgehaltenwerdens zu verdecken sucht. §<br />

315 b III verdrängt § 315 b I.<br />

30<br />

Lackner/Kühl § 211 Rn. 12 (bis 23. Aufl. 1999; inzwischen nicht mehr erwähnt).<br />

31<br />

Für Rspr schließen sich § 211 u. § 212 als aliud gegenseitig aus, so dass bei Vorliegen eines Mordmerkmals<br />

bereits der Tatbestand des § 212 nicht (mehr) gegeben ist.<br />

32<br />

Lackner/Kühl § 251 Rn. 4.<br />

33<br />

Lackner/Kühl § 212 Rn. 9.<br />

34<br />

BGHSt 20, 269, 27<strong>1.</strong><br />

35<br />

Lackner/Kühl § 315 b Rn. 4; zu prüfungsrelevanten Problemen des Straßenverkehrsrechts vgl Kopp JA 1999,<br />

943 ff.<br />

36<br />

BGHSt 22, 6; 22, 67, 72; 26, 176, 177 ff; vgl. Rengier BT II, 5. Aufl, 2003, 45/13 f.; Schönke/Schröder-<br />

Cramer/Sternberg-Lieben, § 315 b Rn. 10.<br />

37<br />

Vgl. Schönke/Schröder-Heine, Vorbem §§ 306 ff. Rn. 15.<br />

38<br />

Lackner/Kühl § 315 b Rn. 5.<br />

39 BGH NJW 2003, 1613.<br />

6


VIII. § 315 c I Nr 1 a, III Nr 2<br />

Mit 1,1 Promille BAK war B absolut fahruntüchtig 40 . Fraglich ist, ob ihn aber nur Fahrlässigkeit<br />

an diesem Zustand getroffen hat (die Rspr bejaht idR Vorsatz bei absoluter<br />

Fahruntüchtigkeit 41 , doch ist angesichts des Erreichens allein der Untergrenze absoluter<br />

Fahruntüchtigkeit sowie des Fehlens von Ausfallerscheinungen fraglich, ob B<br />

seine absolute Fahruntüchtigkeit bereits als möglich erachtet hat und nicht darauf<br />

vertraut hat, dass er noch fahrtüchtig war). Fraglich ist weiter, ob die zu § 315 b I beschriebene<br />

konkrete Gefahr durch die Trunkenheit (mit-)verursacht worden ist, doch<br />

spricht dafür die bei so hoher Alkoholisierung idR anzutreffende Enthemmung des<br />

Fahrers. Mit § 315 b III ist Idealkonkurrenz möglich, wenn der Verkehrsverstoß („Zurasen“<br />

auf Polizeiwagen) nicht gerade in der Fahruntüchtigkeit (alkoholisiertes Fahren)<br />

begründet liegt. 42<br />

IX. § 316 I, II<br />

B ist alkoholbedingt absolut fahruntüchtig, doch scheidet eine Strafbarkeit wegen der<br />

Subsidiarität gegenüber § 315 c aus. Wer § 315 c mangels trunkenheitsbedingter<br />

Gefahr verneint hat, muss § 316 bejahen, weil die Subsidiarität gerade nicht gegenüber<br />

§ 315 b gilt.<br />

X. § 113 I<br />

Hier kommen die Polizisten als taugliche Opfer einer Straftat nach § 113 I in Betracht.<br />

Fraglich ist allerdings, ob es sich bei der Straßensperre um eine (geschützte)<br />

Diensthandlung handelt. Nach der Rspr. genügt dafür die Durchführung allgemeiner<br />

Verkehrskontrollen 43 oder das Suchen nach dem Täter einer rechtswidrigen Tat. 44<br />

Nach dem Schutzzweck von § 113 I müss die Gewalt gerade gegen die Person des<br />

Amtsträgers und für ihn – unmittelbar oder mittelbar über Sachen – körperlich spürbar<br />

sein 45 , was hier der Fall ist. Da kein Anhaltspunkt für die Rechtswidrigkeit der<br />

Diensthandlung (<strong>im</strong> strafrechtlichen Sinne, vgl. § 113 III) oder einen diesbzgl Irrtum<br />

des B (vgl. § 113 IV) erkennbar ist, ist danach eine Strafbarkeit aus § 113 I zu bejahen,<br />

für die <strong>im</strong> Verhältnis zu §§ 315 b f, 303 (dazu u. XII.) Idealkonkurrenz anzunehmen<br />

ist. 46<br />

XI. §§ 212, 211, 22<br />

Ob B auch gegenüber P Tötungsvorsatz hatte, ist dem SV nicht zweifelsfrei zu entnehmen.<br />

47 Einerseits fährt B mit hoher Geschwindigkeit unmittelbar auf den frei vor<br />

ihm stehenden P zu. Nicht zweifelhaft ist damit seine Kenntnis um die Möglichkeit<br />

eines (auch) tödlichen Ausgangs, doch müsste zusätzlich B sich damit voluntativ<br />

auch abgefunden, mithin nicht ernsthaft auf einen guten Ausgang (durch Beseitespringen<br />

des P) vertraut haben. 48 Andererseits verlangt die Rspr für die Bejahung<br />

von Tötungsvorsatz wegen der besonders hohen Hemmschwelle vor der Vernichtung<br />

eines Menschenlebens besondere Anzeichen. M. E. kann er hier trotzdem bejaht<br />

40 BGHSt 37, 89; vgl. Lackner/Kühl § 315 c Rn. 6 a mwN.<br />

41 Vgl. Lackner/Kühl § 316 Rn. 4 f.<br />

42 BGHSt 22, 67, 75; Lackner/Kühl § 315 b Rn. 7; aM Schönke/Schröder-Cramer/Sternberg-Lieben, § 315 b Rn.<br />

16 mwN: wegen derselben Gefahr [hier: für Polizeiwagen und P] komme nur Gesetzeskonkurrenz mit Vorrang<br />

des § 315 b in Betracht.<br />

43 BGHSt 25, 313.<br />

44 BGH NJW 1982, 2081; vgl. Lackner/Kühl § 113 Rn. 3.<br />

45 BGHSt 18, 133; vgl. Lackner/Kühl § 113 Rn. 5 mwN.<br />

46 Schönke/Schröder-Cramer/Sternberg-Lieben, § 315 b Rn. 16.<br />

47 Allgem zur Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit bei Tötungsdelikten Geppert Jura 2001, 55 ff<br />

48 Vgl Kühl AT, § 5 Rn 75 mit Fn 209<br />

7


werden, weil das mit hoher Geschwindigkeit Überfahren und/oder gegen den Polizeiwagen<br />

Drücken, was B sicherlich gegenüber P bedingt vorsätzlich vorhatte, derart<br />

gefährlich ist, dass von hier – gerade auch, wenn man bedenkt, dass B schon einen<br />

Menschen (D) vorsätzlich getötet hatte – die Hemmschwelle schon überschritten sein<br />

dürfte. 49 Dann muss man wegen Verdeckungsabsicht (s. o. VII.) auch einen Mordversuch<br />

bejahen. Allerdings handelt es sich nach der hM und neueren Rspr vorliegend<br />

um einen unbeendeten Mordversuch, von dem grundsätzlich ein Rücktritt gem<br />

§ 24 I 1 <strong>1.</strong> Alt durch bloße Tataufgabe (hier durch Wegfahren) möglich wäre. Dem SV<br />

ist nicht zu entnehmen, dass B zB keinen neuen Überfahrversuch an P unternehmen<br />

könnte; deswegen ist der Versuch auch nicht fehlgeschlagen, so dass eine Strafbefreiung<br />

wegen Rücktritts – jedenfalls nach der Rspr. – von der Freiwilligkeit der Tataufgabe<br />

abhängt. Da bei einer Rückkehr an den Tatort B mit einer Festnahme durch<br />

die anderen Polizisten rechnen muss, ist die Freiwilligkeit zu verneinen.<br />

XII. § 303 I<br />

Allerdings hat B eine (zumindest bedingt) vorsätzliche Sachbeschädigung an dem<br />

ihm fremden Pkw begangen. Erforderlich wäre dazu grundsätzlich ein Strafantrag (§<br />

303 c). Zu §§ 315 b III, 315 c dürfte Idealkonkurrenz anzunehmen sein, weil erst §<br />

303 I zum Ausdruck bringen kann, dass die Sache nicht nur gefährdet, sondern tatsächlich<br />

beschädigt wurde 50 .<br />

XIII. § 142 I Nr 1<br />

Streitig ist, ob ein Unfall auch bei vorsätzlichem Verhalten des B (wie hier) angenommen<br />

werden kann 51 ; gut vertretbar ist beides 52 . Bejaht man einen Unfall (die erforderliche<br />

Wertschwelle von ca. 35 Euro ist problemlos überschritten) ist B Unfallbeteiligter<br />

iSd § 142 V, der sich sofort entfernt hat, ohne irgendwelche Feststellungen<br />

zu ermöglichen. Dem steht nicht entgegen, dass er sich selbst in die Gefahr einer<br />

Strafverfolgung (wegen der Vortat und der Alkoholfahrt) hätte begeben müssen, um<br />

seinen Pflichten zu genügen. Da der Unfall nach der Rspr eine Zäsur bildet, 53 stehen<br />

§§ 315 b III, 315 c und § 142 in Realkonkurrenz. Wer in § 315 c eine Dauerstraftat<br />

sieht, muss unterscheiden: Diese kann nur dann das Geschehen vor und nach dem<br />

Unfall „verklammern“, wenn sie nicht minder schwer wiegt als die zu „verklammernden“<br />

Delikte. Dies ist zu bejahen, wenn § 315 c vorsätzlich verwirklicht worden ist,<br />

nicht bei bloß fahrlässiger Verwirklichung. 54<br />

XIV. § 316 I, II [für die Fortsetzung der Fahrt nach dem Unfall]<br />

Da der Unfall nach der Rspr. eine Zäsur bildet, begeht B mit seiner Weiterfahrt <strong>im</strong><br />

alkoholbedingt fahruntüchtigen Zustand eine weitere Straftat nach § 316, welche in<br />

Realkonkurrenz zu den Straftaten bis zum Unfall, aber in Idealkonkurrenz zu § 142<br />

steht 55 . Wer in § 315 c ein Dauerdelikt sieht, muss wegen fortbestehender Subsidiarität<br />

§ 316 weiterhin verneinen.<br />

49<br />

Vgl auch BGHSt 26, 176, 178: Will be<strong>im</strong> gezielten Zufahren auf einen anderen Verkehrsteilnehmer der Fahrer<br />

nicht ausweichen, „wird dann auch stets zusätzlich die Frage nach dem Vorliegen eines Verletzungs- oder gar<br />

Tötungsvorsatz zu stellen sein“.<br />

50<br />

Vgl. Schönke/Schröder-Cramer/Sternberg-Lieben, § 315 b Rn. 16.<br />

51<br />

Vgl. Lackner/Kühl § 142 Rn. 8.<br />

52<br />

Schönke/Schröder-Cramer/Sternberg-Lieben, § 142 Rn. 19, verneinen „Unfall“ zumindest bei Missbrauch des<br />

Verkehrs zu deliktischem Verhalten, was hier gegeben wäre.<br />

53<br />

BGHSt 21, 203; aM Schönke/Schröder-Cramer/Sternberg-Lieben, § 315 c Rn. 57: Fahren <strong>im</strong> fahruntüchtigen<br />

Zustand als Dauerstraftat<br />

54<br />

Schönke/Schröder-Cramer/Sternberg-Lieben, § 142 Rn. 92 f.<br />

55<br />

Vgl. Schönke/Schröder-Cramer/Sternberg-Lieben, § 315 c Rn. 57.<br />

8


C. Strafbarkeit des C<br />

I. §§ 242 I, 243 I, 25 II<br />

Mittäterschaft scheitert jedenfalls schon am fehlenden gemeinsamen Tatplan mit A<br />

und B.<br />

II. §§ 242 I, 243 I, 27 I<br />

Beihilfe durch Beutesicherung kann nach Rspr. auch <strong>im</strong> Stadium zwischen Vollendung<br />

und Beendigung (mit endgültiger Beutesicherung) des Diebstahls stattfinden<br />

(die Gegenansicht 56 ist genauso gut vertretbar); entscheidend ist nach hM die Willensrichtung<br />

des Hilfeleistenden (C): Will er die Vortat beenden helfen, so soll Teilnahme<br />

vorliegen; will er den Effekt des § 257 herbeiführen, soll Begünstigung anzunehmen<br />

sein 57 . Bejaht man hier einen Willen des C, den Diebstahl beenden zu helfen,<br />

hat er auch den für § 27 notwendigen Doppelvorsatz bzgl. Diebstahls und Gehilfenbeitrag.<br />

Will C nur nach einer fremden Tat den Freunden helfen, scheidet §§ 242<br />

I, 27 I mangels Vorsatz aus. M. E. spricht vieles für den Versuch einer Beutesicherung,<br />

was als klassische Phase zwischen Vollendung und Beendigung eines Diebstahls<br />

eher für ein auf Herbeiführung der Beendigung der Haupttat gerichteten Willen<br />

von C sprechen dürfte. Problematisch ist die Anwendung der Strafzumessungsregel<br />

des § 243 auf Teilnehmer. Anders als bei §§ 26 f besteht hier an sich keine Akzessorietät.<br />

Es sollen aber die Grundsätze von § 28 analog anzuwenden sein, so dass es<br />

bei besonders gefährlichen Begehungsweisen bzw. schutzobjektbezogenen Erschwerungsgründen<br />

darauf ankommt, ob der einzelne Teilnehmer Vorsatz bzgl. dieser<br />

hatte 58 . Da es sich bei der Gewerbsmäßigkeit um ein besonderes persönliches<br />

Merkmal handelt, 59 muss es nach § 28 II als Strafschärfungsgrund gem § 243 I Nr 3<br />

ausscheiden, weil C in seiner Person nicht gewerbsmäßig gehandelt hat.<br />

III. §§ 244 I Nr 1 a, 27 I<br />

Doch könnte C zu § 244 Beihilfe geleistet haben. Als er – sofern man eine Beihilfe<br />

zwischen Vollendung und Beendigung noch zulassen will – Hilfe geleistet hat, stellte<br />

sich für ihn die Haupttat als ein Diebstahl mit Waffen dar. Jedenfalls für das Bei-sich-<br />

Führen der Waffe genügt – wenn man der Rspr. folgt –, dass dies irgendein Beteiligter<br />

macht (hier B), so dass Nr 1 a auch für C bejaht werden muss.<br />

IV. §§ 252, 250 II Nr. 1, 251, 27 I<br />

Das Verhalten C´s könnte, bejaht man Diebstahlsbeihilfe auch eine Beihilfe zu §§<br />

252, 250, 251 darstellen. Objektiv stellt sich die Tat (nach B´s „Beiträgen“) als ein<br />

schwerer räuberischer Diebstahl mit Todesfolge dar. Zu dieser Tat hat C einen Beitrag<br />

geleistet, indem er die eine CD „rettete“, so dass der objektive Tatbestand einer<br />

Beihilfe erfüllt ist. Zusätzlich müsste auch Doppelvorsatz vorgelegen haben. Da C<br />

mitbekommen hatte, dass A die Sache weggenommen und B nunmehr mittels einer<br />

Waffe die Beendigung der Wegnahme gesichert und dabei einen Menschen getötet<br />

hatte, ist der subjektive Beihilfetatbestand zu bejahen. Hält man dagegen eine Beihilfe<br />

<strong>im</strong> Stadium zwischen Beendigung und Vollendung nicht mehr für möglich, scheidet<br />

auch eine Strafbarkeit nach §§ 252, 250, 251, 27 I aus.<br />

56<br />

So zB Kühl (Fn ) § 20 Rn 237 f.; Rengier BT I § 7 Rn 25<br />

57<br />

Vgl Schönke/Schröder-Stree, § 257 Rn. 8 mwN, der selbst dieser Abgrenzung ablehnend gegenübersteht.<br />

58<br />

Schönke/Schröder-Eser, § 243 Rn. 47.<br />

59<br />

Schönke/Schröder-Stree, Vorbem §§ 52 ff. Rn. 96.<br />

9


V. § 257 I<br />

Hier hat C zugleich A und B bei ihrer rechtswidrigen Tat Hilfe geleistet und wollte ihnen<br />

dadurch die „Früchte“ ihres Diebstahls erhalten. Insoweit überschneiden sich<br />

Begünstigung und Beteiligung an der Vortat, wenn man mit der Rspr Beihilfe auch<br />

noch zwischen Vollendung und Beendigung angenommen hat 60 . In diesem Fall<br />

scheitert eine Bestrafung wegen § 257 I an § 257 III, da dann C als Gehilfe an dem<br />

Diebstahl beteiligt war. Anderenfalls hat sich C wegen § 257 I strafbar gemacht.<br />

Fraglich ist dann, ob gem. § 257 IV ein Strafantrag erforderlich ist. Für den Diebstahl<br />

wurde dies verneint, weil es sich bei der Gesamtheit aller CD´s nicht um nur geringwertige<br />

Sachen handelt. Nach einer Ansicht bedeutet die sinngemäße Anwendung<br />

von § 248 a auf die Begünstigung nach § 257 IV 2, dass die zu sichernden Vorteile<br />

geringwertig gewesen sein müssen 61 ; da die gesicherte CD für sich geringwertig war,<br />

müsste hiernach ein Strafantrag vorliegen. Die Gegenansicht 62 vertritt, dass es sich<br />

bei der Vortat um ein geringfügiges Vermögensdelikt gehandelt haben müsste, was<br />

hier nicht der Fall war, so dass ein Strafantrag nicht erforderlich ist.<br />

VI § 246 I<br />

C könnte auch die CD unterschlagen haben. Das bloße Aufheben eines gefundenen<br />

Gegenstandes dürfte aber noch keine Manifestation der Zueignung bedeuten, weil<br />

man die Sache auch aufheben kann, um sie dem Eigentümer zu geben. Als Zueignungshandlung<br />

kommt allenfalls die Weitergabe der CD <strong>im</strong> Pkw an A und B in Betracht.<br />

Jedoch ist fraglich, ob darin eine (Dritt-)Zueignung an A und B gesehen werden<br />

kann. Dagegen spricht, dass A die CD nicht bewusst fallen- oder liegenlassen<br />

hat, sondern vielmehr gar nicht bemerkte, dass sie ihm <strong>im</strong> Gerangel verlorengegangen<br />

war. Zumindest solange A und B noch nicht weggefahren und ja sogar die Tür<br />

ihres Pkw noch offen war, war damit A´s Gewahrsam an der CD wohl nur gelockert<br />

und noch nicht aufgehoben. So hatte sich auch das Geschehen für C dargestellt.<br />

Deswegen half C nur dem A, seinen gefährdeten, aber noch fortbestehenden Gewahrsam<br />

an der CD wieder zu vertiefen und damit zu erhalten. Dieses bloße Erhalten<br />

der bereits mit vollendeter Wegnahme bis zu einem Gewahrsamsverlust bestehenden<br />

eigentümergleichen Position des A an „seiner“ CD kann man mithin (wohl)<br />

nicht als Zueignung an A – dieser ist wegen bloßer Gewahrsamslockerung nach der<br />

Verkehrsanschauung ja noch „Eigentümer“ der Sache – gedeutet werden.<br />

D. Gesamtergebnis (nach hier vertretener Ansicht)<br />

A hat sich nach § 242 I iVm § 243 I strafbar gemacht.<br />

B hat sich nach §§ 252, 251, 25 II, 211, 52 und nach §§ 211, 22, 315 b III, 315 c I Nr<br />

1, III, 303, 52 sowie nach §§ 142 I Nr 1, 316 I, II, 52 strafbar gemacht. Zwischen den<br />

drei Blöcken ist jeweils Realkonkurrenz (§ 53) anzunehmen.<br />

C hat sich nach §§ 252, 251, 27 I strafbar gemacht.<br />

60 Lackner/Kühl § 257 Rn. 9.<br />

61 Lackner/Kühl § 257 Rn. 10 mwN.<br />

62 So zB Tröndle/Fischer, § 257 Rn. 14a.<br />

10


Strafprozessuale Zusatzfragen 63<br />

Frage 1:<br />

Hier geht es um die Frage, ob eine weitere Strafverfolgung zumindest hinsichtlich der<br />

mit der Pistole begangenen Straftaten gegen B wegen Strafklageverbrauchs unzulässig<br />

ist (Art. 103 III GG, „ne bis in idem“). Danach darf eine Tat <strong>im</strong> prozessualen<br />

Sinne nur einmal rechtskräftig abgeurteilt werden. Entscheidend ist vorliegend daher,<br />

ob das vom AG abgeurteilte Tragen der Pistole in der Zeit, in der (auch) das oben<br />

geschilderte Geschehen fiel, als gleiche Tat wie die mit der Pistole begangenen<br />

Straftaten (zB nach §§ 211 ff., 223 ff.) angesehen werden kann. Besitz und Führen<br />

einer Pistole bilden eine Dauerstraftat, so dass diese als solche auch für den Zeitraum<br />

vor dem Tag, für den die Verurteilung erfolgt ist, grundsätzlich nicht mehr verfolgt<br />

werden kann. Der BGH verneint einen Strafklageverbrauch mit folgender Erwägung:<br />

64 Habe man eine Waffe <strong>im</strong> Besitz, handele es sich um eine Dauerstraftat. Diese<br />

werde aber durch mit der Waffe begangene Verbrechen jeweils unterbrochen. Auf<br />

den vorliegenden Fall übertragen, heißt dies, dass das Urteil am 16.12. nur das Besitzen<br />

der Pistole nach dem tödlichen Schuß erfasste, so dass bis dahin kein Strafklageverbrauch<br />

eingetreten ist. Vielmehr verwirklichte B mit dem Waffenbesitz bis<br />

zum tödlichen Schuß ein weiteres Vergehen nach § 53 WaffG. Daher steht das AG-<br />

Urteil einer Verurteilung wegen des tödlichen Schusses nicht entgegen.<br />

Frage 2:<br />

E ist als Ehefrau des C nach § 52 I Nr. 2 StPO zeugnisverweigerungsberechtigt.<br />

Deswegen ist eine Verlesung ihrer früheren Aussage gemäß § 252 StPO unzulässig.<br />

Grundsätzlich unzulässig ist analog § 252 StPO auch die Vernehmung von Verhörspersonen<br />

über das ihnen in der früheren Vernehmung Mitgeteilte, es sei denn es<br />

handelte sich um eine frühere richterliche Vernehmung 65 , so dass jedenfalls F nicht<br />

vernommen werden darf, wenn E die Aussage verweigert. Anders könnte dies für V<br />

zu beurteilen sein. Als V-Mann ist er nur Informant der Polizei, <strong>im</strong> Unterschied zu einem<br />

Verdeckten Ermittler (VE; vgl §§ 110 a ff StPO) kein Polizeibeamter. Seine<br />

Rechtsstellung ist nicht explizit geregelt. V-Leute dürfen grundsätzlich als Zeugen<br />

vernommen werden. 66 Und da V gegenüber E nicht als Verhörsperson, sondern als<br />

(interessierter) Bekannter aufgetreten ist, der aus Sicht von E sie nicht befragen, sondern<br />

ihrer Erzählung lauschen wollte, selbst wenn er sich dazu – ohne Wissen von E<br />

– bewusst in ihre Nähe begeben hatte, es aber nach der Rspr zum Begriff einer Vernehmung<br />

gehört, dass der Vernehmende dem Vernommenen in amtlicher Funktion<br />

gegenübertritt, 67 liegt in der Vernehmung von V – sollte E das Zeugnis verweigern –<br />

kein Verstoß gegen § 252 StPO (analog) iVm § 52 StPO. Nicht entgegen stehen<br />

kann dessen Vernehmung auch der Grundsatz, dass idR das beste Beweismittel heranzuziehen<br />

ist (arg § 244 II StPO 68 ), weil E ja gerade als solches ausscheiden<br />

muss, ebenso das Protokoll und F. V ist auch nicht nur Zeuge vom Hörensagen, weil<br />

er über eigene Wahrnehmungen – die Aussagen der E ihm gegenüber – berichten<br />

kann; iü wäre ein Zeugnis vom Hörensagen nach deutschem Recht nicht unzulässig<br />

(vgl § 250 StPO 69 ), sondern muss nur besonders vorsichtig gewürdigt werden. V um-<br />

63<br />

Zu solchen allgem Murmann/Grassmann Beilage zu JuS 3/2001<br />

64<br />

BGHSt 36, 151, 154.<br />

65<br />

BGHSt 2, 99 m Bspr Eckstein JA 2002, 119 ff; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO, 47. Aufl., 2004, § 252 Rn.<br />

13.<br />

66<br />

Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 110a Rn. 4.<br />

67<br />

BGHSt 40, 211, 213.<br />

68<br />

Vgl. Fezer, Strafprozeßrecht, 2. Aufl., 1995, Fall 14 Rn 5<strong>1.</strong><br />

69<br />

Dazu näher Fezer (Fn ) Fall 14 Rn 48 ff.<br />

11


geht schließlich auch nicht eine Weigerung der E zu einer Äußerung gegenüber der<br />

Polizei. 70<br />

Einem V-Mann-Einsatz <strong>im</strong> Umfeld von A, B und C könnte jedoch entgegen stehen,<br />

dass deren „normale“ Straftaten nur Diebstahl und Hehlerei waren; für V-Leute gibt<br />

es zwar keinen Straftatenkatalog, doch ist deren Einsatz nur bei erheblichen Straftaten<br />

zulässig, wobei die Kataloge in §§ 98 a, 100 a 110 a StPO für die Frage der Erheblichkeit<br />

Anhaltspunkte liefern. 71 Für die Zulässigkeit eines V-Mann-Einsatzes<br />

sprechen hier va § 100 a I Nr 2 StPO, der eine Telefonüberwachung ua bei Verdacht<br />

der gewerbsmäßigen Hehlerei zulässt, sowie §§ 98 a I Nr 5, 110 a I Nr 3 StPO, die<br />

jeweils auf das „gewerbs- oder gewohnheitsmäßige“ Begehen von Straftaten von<br />

erheblicher Bedeutung abstellen.<br />

Gegen die Zulässigkeit des V-Mann-Einsatzes könnte schließlich eingewandt werden,<br />

ein solcher bedürfe wegen Eingriffs in das verfassungsrechtlich garantierte Persönlichkeitsrecht<br />

einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. 72 Seit <strong>1.</strong>1<strong>1.</strong>2000 besteht<br />

mit § 161 StPO zwar eine Ermittlungsgeneralklausel für die StA, die auch den<br />

Einsatz von V-Leuten gestattet, 73 doch sollen davon nur weniger tief greifende Ermittlungsmethoden<br />

als zB die in der StPO ausdrücklich geregelten Durchsuchung, Beschlagnahme<br />

etc gedeckt sein, nicht hingegen auch die Informationsgewinnung aus<br />

„vernehmungsähnlichen“ Gesprächen eines V-Mannes. 74<br />

70 Vgl BGHSt 40, 66, 72 zur Aussageverweigerung des Beschuldigten<br />

71 BGHSt 42, 139, 157; KK-Senge StPO, 4. Aufl., 1999, Vor § 48 Rn. 55<br />

72 Vgl Fezer JZ 1995, 972; Lagodny StV 1996, 167, 172<br />

73 Vgl Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 161 Rn 1<br />

74 Hilger NStZ 2000, 561, 564. – Vgl BVerfG StV 2000, 233, worin zumindest bei „vernehmungsähnlichen“<br />

Gesprächen mit Angehörigen ein Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens angenommen wird; Indiz<br />

hierfür soll aber eine Nachfrage des V-Manns zur Bestätigung einer vorherigen Spontanäußerung sein, woran es<br />

hier fehlt.<br />

12

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