Projektgruppe Rechtspluralismus (PDF) - Max-Planck-Institut für ...
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<strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> ethnologische Forschung<br />
und Bewohnerinnen untersucht. Gleichzeitig werden vor allem deutsche<br />
und litauische Touristen interviewt und deutsche „Heimwehtouristen“<br />
an ihren jetzigen Wohnorten in Deutschland besucht und auf Reisen<br />
in ihre „alte Heimat“ begleitet.<br />
Rechtsordnung und Konfliktlösung im ethnographischen Tibet<br />
Fernanda Pirie<br />
Tibet wurde lange Zeit von einem theokratischen Regime regiert, das<br />
offiziell politische Macht mit religiöser Autorität verband und dessen<br />
Rechtsprinzipien vermutlich auf alten buddhistischen Moralkodices<br />
beruhten. Es gab jedoch seitens der religiösen und politischen Machthaber<br />
der regionalen Reiche kaum eine rechtliche Verwaltung der lokalen<br />
Bevölkerungsgruppen. Dieses Projekt erforscht die Rechtsrealität<br />
dieser Bevölkerungsgruppen unter den offiziellen religiösen, moralischen<br />
und politischen Ideologien. Es stellt die Rechtspraktiken zweier<br />
Gruppen an beiden Enden des tibetischen Plateaus gegenüber, eines<br />
von der Landwirtschaft lebenden Dorfes in Ladakh und eines Nomadenstammes<br />
im Grasland von Amdo. Obwohl die beiden Gruppen viele<br />
kulturelle, linguistische und religiöse Merkmale gemeinsam haben, ist<br />
ihre Haltung ihrer lokalen Ordnung und Methoden der Konfliktlösung<br />
gegenüber sehr unterschiedlich und wird durch ein Bemühen, alle Dispute<br />
lokal zu halten und zu unterdrücken bzw. mit Gewalt Rache zu<br />
nehmen, charakterisiert. Hinter diesen gegensätzlichen Rechtskulturen<br />
liegen sehr unterschiedliche Epistemologien von Konflikt, Person,<br />
Machtsystemen und Autoritätsstrukturen. Dieses Projekt untersucht<br />
und vergleicht die unterschiedlichen Konstruktionen von Ordnung und<br />
Unordnung innerhalb dieser Gruppen, die Interaktionen zwischen Individuum<br />
und Gesellschaft und die komplexen Beziehungen zwischen<br />
den Bereichen Recht, Religion, Kosmologie und Moral.<br />
Die Entwicklungen beider Gruppen als Teil des indischen bzw. chinesischen<br />
Staates erlauben weiterhin, die Beziehungen zwischen lokalen<br />
Gruppen und dem Staat und das Spannungsfeld zwischen lokaler<br />
Rechtsautonomie und der Zuweisung rechtlicher Autorität an externe<br />
Machthaber zu vergleichen. Das Projekt trägt auf diese Weise zu Debatten<br />
über <strong>Rechtspluralismus</strong> bei und beteiligt sich an post-Weberschen<br />
Diskussionen über Macht, ihre Manipulation und Bewegung und befasst<br />
sich auch mit klassischen tibetischen Debatten über die Assimilierung<br />
des Buddhismus, Hierarchie und Gleichberechtigung und die Beziehungen<br />
zwischen Religion und Politik.