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192 Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung Lokales Recht, Ressourcenzugang und der Einfluss transnationaler Rechtsakteure in Südwest-Marokko Bertram Turner Im Zentrum der Untersuchung steht die Frage, wie sich der Einfluss transnationaler Rechtsakteure auf die juridischen Handlungsspielräume und Entscheidungsfindungen der betroffenen lokalen Bevölkerung auswirkt. Der regionale Fokus der Untersuchung sind die in der Soussebene und den angrenzenden Gebirgsregionen des Atlas und des Anti-Atlas im Südwesten Marokkos gelegenen Arganwälder. Der Arganbaum (argania spinosa L.) ist in Südwest-Marokko endemisch. Die Wälder stellen ein weltweit einzigartiges Ökosystem dar und bilden gleichzeitig eine unverzichtbare Lebensgrundlage für große Teile der ländlichen Bevölkerung der Region. Das Spektrum der Nutzungsformen reicht von der Ölgewinnung aus Arganfrüchten über die Weidenutzung bis hin zu Regenfeldbau und Bewässerungslandwirtschaft im Wald. Bewässerter Anbau von „cash crops“ im Arganwald (Foto: B. Turner). Gleichzeitig ist die Soussebene Zentrum einer modernen, auf Export orientierten Agrarproduktion mit den bekannten Folgen exzessiver Ressourcenausbeutung für das Ökosystem. Zugleich gilt die Region als Zentrum islamischer Gelehrsamkeit und Spiritualität. All das zusammen machte den Souss zu einer bevorzugten Arena, in der verschiedene transnational aktive Organisationen und Institutionen ihre jeweiligen Vorstellungen zu realisieren trachteten. Das Spektrum reicht von der UNESCO und der World Bank über Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit bis zur islamistischen Salafiyya. Ein zentrales Inter-
Projektgruppe Rechtspluralismus 193 ventionsfeld stellt die Sphäre des Rechts dar. Die lokalen Gemeinschaften mit ihren folk legal repertoires werden dementsprechend in zunehmendem Maße mit externer transnationaler juridischer Intervention konfrontiert. Der bisherige Verlauf der Forschung ließ erkennen, dass sich aus lokaler Perspektive Recht bzw. der Zugang zu Recht, Konfliktregulierung und Gerechtigkeit als ein komplexes, offenes Gefüge darstellt. Innerhalb dessen lassen Akteure juridische Repertoires unterschiedlicher Referenz und Legitimation interagieren, was sich auch in institutioneller Variabilität ausdrückt. Der Staat mit seinem nationalen Recht gibt dabei den übergeordneten Rahmen vor. Eine weitere Orientierung stellt das offizielle islamische Recht malakitischer Prägung dar. Innerhalb dieses Rahmens herrscht aber auf lokaler Ebene hohe Variabilität habitueller und religiöser rechtsrelevanter Vorstellungen. Es hat sich gezeigt, dass je nach konkreter Notwendigkeit spezifische Konstellationen von juridischen Referenzen und Institutionen aktiviert und zueinander in ein dem konkreten Fall angemessenes Verhältnis gesetzt werden. Dabei können Akteure einen gewissen Handlungsspielraum ausschöpfen, haben aber keinen Zugang zu beliebig vielen Optionen. Für konkrete Situationen von Interessenskollisionen kristallisierten sich spezifische juridische Spielräume der Handhabung von Recht und der Verwaltung von Konflikt und Devianz heraus. Diese Konstellationen juridischer Wirkungszusammenhänge werden von machtvollen Repräsentanten transnationaler Rechtsmodelle infrage gestellt und herausgefordert. Das zielt manchmal auf Veränderung spezifischer Rechtsfelder, manchmal aber auf die bestehenden juridischen Arrangements generell. Im Laufe der Forschung haben sich drei Foci transnationaler Rechtsintervention im Untersuchungsgebiet herauskristallisiert: Erstens transnationale juridische Standards des Ressourcenmanagements nach den Kriterien einer nachhaltigen Entwicklung und eines universalen Umweltschutzes auf der Basis internationaler Verträge und deren Implementierung in nationales Recht. Da dieser Prozess nicht in absehbarer Zeit zu den erwünschten Resultaten führte, implementieren die Akteure der Entwicklungszusammenarbeit, die machtvollen donors und Repräsentanten internationaler Organisationen wie der UNO, UNESCO etc. diese Standards direkt in die lokalen Felder. Das geschieht zum Teil mit Referenz auf lokale Rechtsvorstellungen, die als Revitalisierung von Tradition Nachhaltigkeitsideologie und europäische Umweltperzeption transportieren sollen. In diesem Kontext können auch die massiven Anstrengungen zur Mobilisierung lokaler Kollektive zum Aufbau von Strukturen einer Zivilgesellschaft als Ansprechpartner für transnationale Akteure gesehen werden. Das führte zu folgenreichen Missverständnissen über die juridischen Kompetenzen und Interventionskapazitäten der neuen Instanzen in lokalen Konfliktfeldern. Lokale
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