Projektgruppe Rechtspluralismus (PDF) - Max-Planck-Institut für ...
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<strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> ethnologische Forschung<br />
schen territorialen Einheiten der Minangkabau beinhaltet. Unsere Forschung<br />
richtet sich vor allem auf die Reorganisation der Dorfverwaltung<br />
und die neuen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen<br />
Distrikten und Dörfern sowie auf die als Folge der Dezentralisierung<br />
wieder aufgeflammte Diskussion über die Identität der Minangkabau<br />
im Spannungsfeld zwischen matrilinearem Adat, Islam, Modernität und<br />
Globalisierung.<br />
Unsere Forschung hat gezeigt, dass die Reformpolitik Effekte hat, die<br />
weit über eine einfache Implementierung hinausgehen. Die Dorfregierung<br />
ist mit dem Gesetz 22 von 1999 und der provinzialen Neuregelung<br />
der Dorfverwaltung (9 von 2000) selbständiger und demokratischer<br />
geworden. Statt dem Distriktsoberhaupt direkt zu unterstehen, müssen<br />
Dorfbürgermeister nunmehr dem Dorfparlament gegenüber Rechenschaft<br />
ablegen. Außerdem knüpfen die neuen Dörfer (nagari) territorial<br />
an die alten, größeren, vorkolonialen und kolonialen Strukturen an,<br />
welche in den 1980er Jahren im Zuge der indonesienweiten Homogenisierung<br />
der Dorfverwaltung in der Form der sehr viel kleineren desa-<br />
Dörfer aufgelöst wurden. Die neu wiederhergestellten neo-traditionellen<br />
Dorfstrukturen weisen eine Mischung aus modernen bürokratischen<br />
Verwaltungsstrukturen und Elementen der auf Adat basierenden traditionellen<br />
Dorfregierung auf. Diese haben eine große Ähnlichkeit mit der<br />
Zeit vor den 1980er Jahren. Diese neo-traditionellen Strukturen und die<br />
neue, offene politische Lage haben ein erneutes Interesse <strong>für</strong> traditionelles<br />
Recht und Autoritäten ausgelöst, das es während der letzten 20<br />
Jahre des Suharto Regimes nicht mehr gegeben hat. Die Bedeutung von<br />
Adat und traditionellen Clanoberhäuptern war lange Zeit nicht gewünscht;<br />
sie war auch nicht nötig, da die Zentralverwaltung alle wichtigen<br />
politischen Entscheidungen traf und alle finanziellen Mittel zur<br />
Verfügung stellte. Diese streng hierarchischen finanziellen Verwaltungs-<br />
und politischen Strukturen hatten die Initiative der Dorfverwaltungen<br />
über lange Jahre erheblich beeinträchtigt.<br />
Die Reorganisation der Dorfverwaltung hat unter anderem zu interessanten<br />
Mischformen von westlich-bürokratischen und traditionellen<br />
Minangkabauschen Ideen über demokratische <strong>Institut</strong>ionen und Entscheidungsprozesse<br />
geführt. Bürgermeister und Dorfrat werden in<br />
einem Verfahren gewählt, das Elemente der traditionellen gemeinschaftlichen<br />
Suche nach konsensualen Entscheidungen mit nationalen<br />
Auffassungen von Demokratie kombiniert. Die neuen Dorfstrukturen<br />
und das große Interesse an Adatrecht haben jedoch auch zu einer Neubelebung<br />
von im Adat angelegten Stratifikationen geführt, in denen<br />
Alteingesessene ihre dominanten wirtschaftlichen und politischen<br />
Rechte nach Adat gegenüber Neuzugezogenen behaupten, gleich, ob<br />
dies Minangkabau sind oder als Transmigranten eine andere ethnische<br />
Zugehörigkeit haben. Von Neuzugezogenen bewohnte Dörfer, die in der<br />
vorherigen desa-Dorfstruktur eine gewisse Unabhängigkeit erlangt hat-