Wenn einen Menschen der Schlag trifft ... - Asklepios
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Patientenforum<br />
„Ich will ein Uhu werden!“<br />
Mitglied <strong>der</strong> Adipositas-Selbsthilfegruppe<br />
<strong>der</strong> Klinik Fürstenhof nahm 100 kg ab<br />
Bereits als Kind und Jugendliche war Kerstin Gröll aus<br />
Bad Wildungen übergewichtig. „Ich stamme aus einer<br />
traditionell dicken deutschen Familie,“ sagt die Hessin.<br />
„Mit einer Ausnahme waren wir alle korpulent.“ Drei<br />
kräftige Mahlzeiten gab es pro Tag, kohlenhydrathaltig<br />
und fett. Morgens das Nutella-Brötchen, mittags warm<br />
und abends Wurstbrot. Typisch deutsch eben. „Die<br />
Schienen waren eingefahren und wenn man sich dann<br />
kaum noch bewegt, ist doch klar, dass man zunimmt“<br />
weiß Kerstin Gröll.<br />
Bis zu ihrem 14. Lebensjahr spielte sie aktiv Handball, durch<br />
eine Verletzung musste sie den Sport aufgeben. Von da an ging<br />
es mit dem Gewicht rasant nach oben. An ihrem Hochzeitstag<br />
wog sie bereits 140 kg. Damals war sie 18 Jahre alt. Nach <strong>der</strong><br />
Geburt ihres Kindes nahm sie jährlich fünf bis zehn Kilo zu.<br />
Im Sommer 2006 brachte sie 204 kg auf die Waage. „Diese Zahl<br />
kann eine herkömmliche Waage gar nicht mehr anzeigen. Zum<br />
Wiegen musste ich immer in die Apotheke,“ so Kerstin Gröll.<br />
Doch diese Grenze wollte sie auf k<strong>einen</strong> Fall überschreiten. Im<br />
September 2006 ließ sie sich <strong>einen</strong> Magenballon einsetzen. Im Januar<br />
2007 folgte dann eine operative Magenverkleinerung. Seitdem<br />
hat sie fast 100 kg abgenommen. „Essen spielt in meinem<br />
Leben nicht mehr diese bedeutende Rolle,“ sagt die junge Frau.<br />
„Ich überlege jetzt sehr genau, ob ich Hunger o<strong>der</strong> Appetit habe,<br />
bevor ich mir <strong>einen</strong> Bissen in den Mund stecke.“ Viele alte und<br />
festgefahrene Gewohnheiten musste sie ablegen. Geholfen hat<br />
ihr dabei auch eine begleitende Verhaltenstherapie. Anfangs benötige<br />
Kerstin Gröll wöchentliche Sitzungen, jetzt holt sie sich<br />
bei Bedarf Rat und Unterstützung. „Ich fühle mich großartig,“<br />
sagt sie stolz.<br />
Im Januar 2008 übernahm sie ihren eignen Bioladen und sitzt<br />
jetzt sozusagen an <strong>der</strong> Quelle, wenn es um gesunde Ernährung<br />
geht. Familie und Freunde haben sehr positiv auf die Gewichtsabnahme<br />
reagiert, an<strong>der</strong>e <strong>Menschen</strong> aus <strong>der</strong> hessischen Kleinstadt<br />
waren erstaunt und überrascht. „Die Kerstin war doch<br />
immer dick!“. Superschlank ist sie auch heute noch nicht, doch<br />
hat sie für sich ein klares Ziel definiert: „Ich möchte ein Uhu<br />
werden!“ sagt sie lachend. Uhu heißt: unter 100 Kilo! Bei den<br />
jetzt verbliebenen 116 kg scheint das Ziel in greifbarer Nähe.<br />
Die überschüssigen Hautlappen werden im Sommer 2009 durch<br />
eine plastische Operation entfernt. Die Kosten übernimmt die<br />
Krankenkasse.<br />
Mit ihrer Adipositas-Selbsthilfegruppe möchte sie an<strong>der</strong>en Betroffenen<br />
Unterstützung und Hilfe anbieten. „Ich will wachrütteln<br />
und an<strong>der</strong>e dicke <strong>Menschen</strong> aus ihrer Isolation herausholen.“<br />
Denn auch mit ihren 204 kg habe sie immer gearbeitet und<br />
sich nicht eingeigelt.<br />
Ihr Rat für an<strong>der</strong>e Übergewichtige, die abnehmen wollen: „Ein<br />
BMI ab 40 ist allein nicht in den Griff zu kriegen. Lassen Sie sich<br />
ärztlich unterstützen. Oft ist <strong>der</strong> Magenballon <strong>der</strong> erste Schritt<br />
zu einem leichteren Leben.“<br />
Mandy Wolf<br />
Kontakt<br />
Kerstin Gröll<br />
▼<br />
E-Mail: info@shg-bw.de<br />
www.shg-bw.de<br />
-100 kg<br />
Übergewicht kann<br />
krank machen<br />
Team <strong>der</strong> Inneren Abteilung <strong>der</strong> Stadtklinik<br />
Bad Wildungen setzt Magenballon ein<br />
Der Gewinner ist Deutschland! Sieger in einer Kategorie,<br />
die unschöner nicht sein kann. Deutschland ist<br />
Europas dickstes Land. Nirgendwo sonst sind 75<br />
Prozent <strong>der</strong> Männer und 59 Prozent <strong>der</strong> Frauen übergewichtig.<br />
Je<strong>der</strong> zweite Erwachsene in Deutschland ist<br />
Übergewichtig (ab BMI 25) mit „ansteigen<strong>der</strong> Tendenz“.<br />
Mehr als neun Millionen <strong>Menschen</strong> in Deutschland leiden an<br />
krankhaftem und behandlungsbedürftigem Übergewicht (14,4<br />
Prozent).<br />
Mehr als neun Mill. <strong>Menschen</strong> in Deutschland leiden an krankhaftem<br />
und behandlungsbedürftigem Übergewicht (14,4 %).<br />
Dieser traurige Rekord kommt nicht von ungefähr. Trotz boomen<strong>der</strong><br />
Fitnessbranche, unzähligen Koch-Shows und viel versprechenden<br />
Ernährungsratgebern essen die Deutschen zu viel<br />
und zu fett. Übergewicht kann krank machen. <strong>Menschen</strong> mit<br />
Übergewicht leiden signifikant häufiger an:<br />
Diabetes Mellitus<br />
Rücken- und Gelenksprobleme<br />
Hohem Blutdruck<br />
Erhöhtem Cholesterin<br />
Krebserkrankungen<br />
Problemen <strong>der</strong> Gallenblase<br />
Atemproblemen<br />
Erkrankungen <strong>der</strong> Herzkranzgefäße<br />
Neben ernährungsmedizinischer und Psychologischer Betreuung<br />
ist <strong>der</strong> Magenballon ein nicht chirurgisches Hilfsmittel<br />
für eine gesundheitliche und ästhetisch wünschenswerte Gewichtsabnahme.<br />
In <strong>der</strong> Inneren Abteilung <strong>der</strong> Stadtklinik Bad<br />
Wildungen hat sich um den Oberarzt Dr. Martin Schnaubelt ein<br />
Team gebildet, das sich auf den Einsatz von Magenballons spezialisiert<br />
hat. Unter Mitarbeit <strong>der</strong> Ernährungsexpertin Dr. Ulrike<br />
Knoll, Oberarzt und Magenbandchirurg Dr. Franz Opfermann<br />
sowie des Leitenden Arztes und plastisch-ästhetischen Chi-<br />
rurgen für Fettschürzenschneiden, Dr. Detlef Riemer, blickt das<br />
Team auf eine beieindruckende Erfolgbilanz: Die durchschnittliche<br />
Gewichtsreduktion beträgt 15 bis 25 kg.<br />
Indikationen für <strong>einen</strong> Magenballon sind ein Body Maß Index<br />
(BMI) von 30 bis 40 kg/m², die bisher erfolglose Gewichtsreduktion<br />
o<strong>der</strong> die Verhin<strong>der</strong>ung von geplanten chirurgischen<br />
Eingriffen.<br />
<strong>Wenn</strong> keine <strong>der</strong> folgenden Kontraindikationen (BMI kleiner als<br />
30, Alter geringer als 18 und nicht älter als 55 Jahre, bekannte<br />
Magenpathologien, aktive Ulcera, kürzlich Hämatemesis, Zustand<br />
nach Magen-Darm-Operationen o<strong>der</strong> Große Hiatushernien)<br />
vorliegen, wird <strong>der</strong> Magenballon ungefüllt nach endoskopischer<br />
Untersuchung über den Mund und die Speiseröhre in<br />
den Magen eingesetzt.<br />
Der Ballon besteht aus einem weichen und geschmeidigen<br />
Silikonelastomer. Über <strong>einen</strong> Füllschlauch wird <strong>der</strong> Ballon mit<br />
einer sterilen Kochsalzlösung (400 bis 700 ml) gefüllt. Nach<br />
dem Füllvorgang wird <strong>der</strong> Füllschlauch entfernt, <strong>der</strong> Ballon<br />
schwimmt frei im Magen. Bei sachgemäßem Einsatz sind nur<br />
minimale Komplikationen bekannt. Der Ballon verbleibt bis zu<br />
sechs Monate im Magen.<br />
In den ersten zwei Tagen kann es zu Übelkeit und Refluxsymptomen<br />
kommen. Darüber wird <strong>der</strong> Patient vor Legen des Ballons<br />
informiert. In den ersten Tagen wird zu einer behutsamen<br />
Nahrungsaufnahme geraten. Der Magen muss sich erst einmal<br />
an den neuen „Dauergast“ gewöhnen.<br />
Nach sechs Monaten wird <strong>der</strong> Ballon so entfernt, wie er eingesetzt<br />
wurde. Eine weiterführende ernährungsmedizinische Beratung<br />
wird empfohlen.<br />
Dr. Martin Schnaubelt<br />
Dr. Martin Schnaubelt<br />
44 <strong>Asklepios</strong> intern 36/2008 <strong>Asklepios</strong> intern 36/2008 45