Gemeindebrief August/September 2005 - Evangelische ...
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weltweit wirkende, ökumenisch<br />
geeinte (katholische) Kirche Not<br />
und gut, sofern sie sich vom<br />
Bergprediger leiten lässt. Sie<br />
braucht ein Oberhaupt, dem die<br />
Botschaft stets wichti ger bleibt<br />
als der Bischofsstab. Und der das<br />
Priesteramt den Schwestern der<br />
Mutter Maria öffnet. Einer, der<br />
die Geheimnisse der Werke Gottes<br />
nicht dem geheimnisvollen<br />
Opus Dei anvertraut, einer, der<br />
unsere christliche Tradition in<br />
die Gegenwart zu transformieren<br />
weiß, ohne dem Zeitgeist<br />
nachzulaufen, und entschlossen<br />
ist allen Müll beiseite zu räumen,<br />
den unsere Kir chen zwei<br />
Jahrtausende lang aufgehäuft<br />
ha ben. Einer, der auf Pomp verzichtet,<br />
der Pur pur ablegt und<br />
trotzdem - oder gerade so das<br />
schöne Antlitz eines Geschöpfes<br />
Gottes zeigt. Einer, der die<br />
universalistische Reich weite des<br />
Christentums nicht mit der Roms<br />
in eins setzt. Einer, der darauf<br />
verzichtet, die errungene Freiheit<br />
von Völkern als päpstli ches<br />
Werk zu verstehen, stattdessen<br />
die vie len, vielen Einzelnen würdigt,<br />
die überall in der Welt, den<br />
so schmerzhaften wie wunderbaren<br />
aufrechten Gang in Glaube,<br />
Hoffnung und Liebe einüben.<br />
Einer, der Lessings Ringparabel<br />
nicht mit Relativismus<br />
gleichsetzt, sondern aus der Gelassenheit<br />
lebt, dass wir nicht die<br />
Wahrheit haben, sondern auf unserer<br />
Suche nach der Wahrheit<br />
in die Wahrheit geführt werden<br />
können, bis wir aus ihr leben.<br />
Einer, der aus Gelassenheit eigener<br />
Gewissheit die Überzeugung<br />
anderer ganz respektie ren<br />
kann und so einen frucht baren<br />
substanziellen Dialog eröffnet.<br />
Einer, der wohl ver ehrt werden<br />
kann, aber nicht quasigöttlich<br />
wird und im Falle seines Todes<br />
auf den großen Pomp einer<br />
triumphalisti schen Institution<br />
ausdrücklich verzichtet. In<br />
summa: Der neue Bischof von<br />
Rom möge wieder frische Luft<br />
»christusgerecht« in den Vatikan<br />
hineinlassen, statt heiße Luft aus<br />
den Vati kanfenstern »medienge<br />
recht«herauszublasen.<br />
Und wenn er Deutschland besucht,<br />
möge er auf der Wartburg<br />
unsere große Schwester Elisabeth<br />
und un seren großen Bruder<br />
Martin würdigen, die Bibel-<br />
Quellen statt den Pader-Born<br />
suchen und das Wir-Gefühl aller<br />
Christen ohne jede Minderbewertung<br />
anderer beflügeln.<br />
Schließlich sind wir alle miteinander<br />
durch die Taufe in Christus<br />
verbunden. »Denn was aus der<br />
Taufe gekrochen ist, das kann<br />
sich rühmen, dass es schon zum<br />
Pries ter, Bischof und Papst geweiht<br />
sei, obwohl es nicht einem<br />
jeglichen geziemt solches Amt<br />
auszuüben«, schrieb Martin Luther.<br />
Möge er sein und tun, was<br />
ihm ziemt - als ein großer Hirte<br />
selber ein schlichter Nach folger,<br />
gegründet mehr auf biblischem<br />
Gott vertrauen als auf römischen<br />
Dogmen, der kritische Zeugen<br />
– wie Küng, Drewermann, Boff<br />
oder Gaillot – als förderliche Berater<br />
statt als lästige Abweich-<br />
<strong>August</strong> | <strong>September</strong> <strong>2005</strong> 35