Manfred Faßler, Prof. Dr. habil Vortrag (in Auszügen ... - FAMe
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Internet-Cultures zu sit-forward-Aktivität zw<strong>in</strong>ge. Wendung und Zuwendung, Erwartung<br />
und Beteiligung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> beiden globalen Haltungsmustern nicht vergleichbar. Douglas<br />
Rushkoff, kritischer Betrachter der digital orientierten Medien- und Kunstszene sprach vor 10<br />
Jahren von Screenagern und beschrieb damit die erste Generation, die aufwuchs mit dem<br />
Bewusstse<strong>in</strong>, dass die Bilder auf dem Bildschirm aktiv gestaltet werden können. Die folgende<br />
Generation, seit drei-vier Jahren aktiv, s<strong>in</strong>d die Blogger, jene also, die Bildschirm nicht nur<br />
gestalten, sondern das eigene Leben aufzeichnen, während es sich abspielt.<br />
Die Interpassivität analoger Medienstrukturen, wie wir sie bei Zeitung, Radio,<br />
Fernsehen oder C<strong>in</strong>emaskope beobachten, bleibt sicher erhalten. Sie können also weiterh<strong>in</strong><br />
mit Ihrer Süßen oder Ihrem Süßen, mit K<strong>in</strong>dern und Freunden oder alle<strong>in</strong> mit ´nem Sixpack<br />
oder kle<strong>in</strong> geschnittenem Obst auf der Coach sitzen und fernsehen, oder auch weiterh<strong>in</strong> das<br />
`Erlebnis K<strong>in</strong>o´ mit Nachos, klebriger Käsesauce und Getränke schlürfenden Passiv-Nachbarn<br />
erleben.<br />
Viel wichtiger ist allerd<strong>in</strong>gs, dass die Felder der <strong>in</strong>formationellen Interaktivität sich<br />
ausweiten, beruflich, nachbarschaftlich, familiär, funktional, kooperativ. Und dass wir andere<br />
Haltungen, körperlich und kognitiv, entwickeln, andere Berufs- und<br />
Kommunikationskrankheiten, andere Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverfahren.<br />
Sitt<strong>in</strong>g forward, creat<strong>in</strong>g presence, elsewhere.<br />
[6] „It from Bit“ (J. A. Wheeler) oder:<br />
Bytes – die künstlichen Happen e<strong>in</strong>er natürlichen Welt<br />
Die Poiesis der Interaktivität und die Medialität des Alltags führt, neben den körperlichen und<br />
kognitiven Haltungsfragen, e<strong>in</strong>e Frage mit sich: Wie halten wir es mit der Unterscheidung?<br />
Die Frage kommt vielleicht etwas lässig daher, weil ja klar zu sche<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t, dass wir nach<br />
Formbestimmungen unterscheiden. Klar denken manche nun an Dist<strong>in</strong>ktionstheorien, an<br />
differenztheoretische Diskurse oder an die freudige Begrüßung: es lebe der Unterschied. Ganz<br />
so e<strong>in</strong>fach ist es mit und im digitalen Universum nicht. Und der dritte Begriff auf der shortlist<br />
des Hauptthemas, Bytes, kündigt dies an. Ohne nun ausführlicher auf die Schwächen von<br />
Informationskonzepten e<strong>in</strong>zugehen, gehe ich auf e<strong>in</strong>ige Aspekte von Bits und Bytes zurück,<br />
sofern sie kulturanthropologisch relevant s<strong>in</strong>d.<br />
24<br />
Wörtlich an dritter Stelle nach Bildern und Büchern, und abgeschwächt durch den<br />
Zusatz: „Zur Medialität des Alltags“, kommt den Bytes erhebliches Gewicht zu. Denn mit<br />
diesem Ausdruck wird e<strong>in</strong> paradigmatischer Umbruch angesprochen, der die Medialität<br />
des Alltags weltweit betrifft. Wir lassen über diskrete Datenmengen alle globalen<br />
Informationsströme laufen und lassen diese als Texte, Musik, als Vertrag, Bild, als<br />
diagnostische Tomographien, Videos oder Telefon über Bits und Bytes digital rekonstruieren.