pdf, 50 Seiten - Niederösterreichische Landesausstellung
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Halbkontinents wurden zeitweise sogar nach Europa zurückexportiert, ehe Chile und<br />
Argentinien, Peru oder Brasilien weinbaumäßig in einen langen Winterschlaf fielen.<br />
fluch und segen der amerikanischen rebe<br />
Der neuerliche Wiederaufbau der österreichischen Weinwirtschaft gelang nach<br />
dem Niedergang im Dreißigjährigen Krieg erst wieder unter Maria Theresia (1717–<br />
1780) und Joseph II. (1741–1790). Joseph II. verdanken die Weinbauern auch das sogenannte<br />
Buschenschankpatent, das es ihnen „gestattet, selbsterzeugte Lebensmittel,<br />
Wein und Obstmost zu allen Zeiten des Jahres zu verkaufen und auszuschenken“.<br />
Mit dem Mehltau und der ebenfalls aus Amerika importierten Reblaus tauchten<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts neue, viel ernstere Gefahren für den gesamten europäischen<br />
Weinbau auf. Vor allem die Reblaus führte zu dramatischen Verwüstungen<br />
in den Weinkulturen. 1868 erreichte der mit der Blattlaus verwandte Schädling auch<br />
Österreich. Bis 1912 hatte er mehr als 90 Prozent der niederösterreichischen Rebflächen<br />
vernichtet. Zur Bekämpfung dieser Weinkrankheiten bzw. -schädlinge wurden<br />
Weinbauschulen gegründet (u. a. 1860 Klosterneuburg, 1874 Krems/Donau, 1893<br />
Retz, 1895 Silberberg bei Leibnitz). Bis heute dienen sie als Ausbildungsstätten, an<br />
denen alle für den Weinbau notwendigen Techniken erlernt werden können.<br />
Große Verdienste erwarb sich insbesondere der erste Direktor der Klosterneuburger<br />
Weinbauschule, August Wilhelm von Babo. Seinem Vorschlag ist es zu verdanken,<br />
dass der Weinbau auf eine Unterlage aus reblausresistenten nordamerikanischen<br />
Reben umgestellt wurde. Ironie des Schicksals: Die Reblaus war auf eben jenen amerikanischen<br />
Reben nach Europa eingeschleppt worden, die von Babo 1868 – auf der<br />
Suche nach Lösungen im Kampf gegen den Meltau – zu Versuchszwecken nach Österreich<br />
eingeführt hatte.<br />
die geschichte der „kunstweine“<br />
Die großen Verluste an Rebflächen begünstigten im 19. Jahrhundert auch die Verbreitung<br />
von „Kunstweinen“, die aus verschiedenen Stoffen ohne Verwendung von<br />
Traubensaft gemischt wurden. Erst das erste österreichische Weingesetz unterband<br />
1907 diese Praxis, indem es unter anderem die zulässigen Weinbehandlungsmaßnahmen<br />
auflistete. Gleichwohl kam es auch danach immer wieder zu Verfälschungen von<br />
Weinen; sie erreichten mit dem Glykolweinskandal des Jahres 1985 ihren unrühmlichen<br />
Höhepunkt.<br />
Alle Rückschläge waren jedoch stets auch Quell der Richtungsänderungen und Innovationen.<br />
Die vielleicht wichtigste Innovation im modernen österreichischen Weinbau<br />
ist dem Rohrendorfer Weinbaupionier Lenz Moser zu verdanken: Durch die von<br />
ihm forcierte Einführung der sogenannten Hochkultur wurden Mechanisierung und<br />
Rationalisierung des Weinbaus möglich. Bis Ende der 19<strong>50</strong>er-Jahre fasste diese noch<br />
heute übliche Erziehungsart der Reben in fast ganz Österreich Fuß.<br />
die Professionalisierung des Weinbaus<br />
Auch der Stil der Weine entwickelte sich fortwährend: In Deutschland verdrängte<br />
der Riesling die in vielen Gebieten vorherrschenden roten Sorten. Im Bordeaux-Gebiet<br />
gewannen die farb- und tanninbetonten Weine deutlich an Boden. Die Eroberung<br />
immer größerer Rebflächen durch den Cabernet Sauvignon und die Einführung der<br />
längeren Maischestandzeiten während der Gärung erlaubten es, dichtere und kräftigere<br />
Weine zu keltern. Die Gründung von Weinbauschulen, Versuchsanstalten, Weinbauinstituten<br />
und Genossenschaften sowie der Beginn der Wein-Werbung brachten<br />
laufend neue Impulse zur Professionalisierung des Weinbaus und der Kellertechnik.<br />
reblaus bild: imagno<br />
WEin<br />
aus dEr<br />
rEtortE ist kEinE<br />
Erfindung dEs<br />
20. jahrhundErts.<br />
„kunstWEinE“<br />
WurdEn auch schon<br />
frühEr, sogar ohnE<br />
vErWEndung von<br />
traubEnsaft, hErgEstELLt.<br />
<strong>Niederösterreichische</strong> LaNdesaussteLLuNg 2013 34