pdf, 50 Seiten - Niederösterreichische Landesausstellung
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5.3. pRäguSTaTOR, MuNDSCHENK, WEINKRITIKER<br />
Schon in der Genesis findet sich die Erwähnung eines Amtes, das sich im Laufe der<br />
Geschichte vielfach gewandelt hat: jenes des „Vorkosters“ oder „Prägustators“. Anfangs<br />
handelte es sich dabei meist um einen Sklaven bei Hofe, der vor jeder Mahlzeit<br />
die fertig zubereiteten Speisen und Getränke zu kosten hatte, da in den Herrscherhäusern<br />
die Angst vor vergifteten Getränken und Lebensmitteln umging. Das galt<br />
insbesondere für den Wein, der Jahrhunderte lang mit aromatisierenden Zusätzen<br />
behandelt wurde und sich daher auch gut für die Beimischung von Gift eignete. Wenn<br />
der Vorkoster nach einer gewissen Wartezeit keine Anzeichen einer Vergiftung zeigte,<br />
durfte man annehmen, dass Speisen und Getränke nicht vergiftet waren, und der<br />
Herrscher konnte somit getrost zugreifen.<br />
vom hofbediensteten zum mundschenk der nation<br />
Im Mittelalter entwickelte sich diese Stellung bei Hof zum Amt des Mundschenken<br />
weiter, eines Hofbediensteten, der für die Versorgung mit Getränken – vor allem mit<br />
Wein – zuständig war und dem meist auch die Verwaltung der königlichen Weingüter<br />
oblag. An größeren Fürstenhöfen nahm der Mundschenk in der Folge ein Ehrenamt<br />
ein, das oft in einer hochrangigen Adelsfamilie weitervererbt, tatsächlich meist<br />
aber von einem Stellvertreter ausgeübt wurde. Das Mundschenkenamt war mit einer<br />
sehr hohen Verantwortung verbunden, aber auch eine Vertrauensstellung, der bis ins<br />
Hochmittelalter großes Ansehen zukam.<br />
Mit einem Schuss Ironie könnte man den Weinkritiker als moderne Form des Prägustators<br />
verstehen. In den letzten Jahrzehnten wurden die Weinkritiker zu den<br />
Mundschenken der Nation – mit ihrer Beurteilung von Weinen haben sie einen ebenso<br />
großen Einfluss auf das Trinkverhalten der Konsumenten wie auf das Renommee<br />
von Weingütern und Preisbildung sowie Stilistik vieler Weine. Ein weltweit exponierter<br />
Einfluss auf die Weinwirtschaft kommt den in der Fachwelt umstrittenen Bewertungen<br />
des Amerikaners Robert Parker zu, die auf einem nominalen Bewertungssystem,<br />
den sogenannten Parker-Punkten, fußen.<br />
Der Beruf des Weinkritikers ist an keine Ausbildung gebunden. Meist handelt es<br />
sich um Journalisten und passionierte Weinkenner, die die Degustation und Bewertung<br />
von Weinen zu ihrem Beruf gemacht haben. Weinkritiken erscheinen in Tages-<br />
und Wochenzeitungen, vor allem aber in einschlägigen Fachmagazinen und in Büchern<br />
(sogenannten Wein-Guides).<br />
diE mundschEnkEn<br />
dEr nation: mit<br />
ihrEn bEurtEiLungEn<br />
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konsumEntEn, auf<br />
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WEingütErn und diE<br />
PrEisbiLdung.<br />
<strong>Niederösterreichische</strong> LaNdesaussteLLuNg 2013 45