RSZ Juli 2007.indb - Regensburger Stadtzeitung
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<strong>Juli</strong> 2007<br />
die der <strong>Stadtzeitung</strong> vorliegenden Akten ergeben:<br />
Das hat Wolbergs Jahre lang tunlichst unterlassen:<br />
Das jüngste im Vereinsregister hinterlegte Protokoll<br />
einer Mitgliederversammlung ist auf den 17.<br />
Mai 2002 datiert, der Beirat kam seit mindestens<br />
vier Jahren nicht mehr zusammen. Der Beirat<br />
nimmt laut Satzung unter anderem Stellung zum<br />
Haushaltsvorschlag des Vorstandes.<br />
Als die <strong>Stadtzeitung</strong> bei den Beiräten ob dieser<br />
erschreckenden Vereinsführung nachhakt, tritt Erstaunliches<br />
zu Tage: Der ehemalige Bürgermeister<br />
Horst Eifler hat nach eigenem Bekunden die<br />
Zusammenkunft zwar immer wieder angemahnt,<br />
doch Wolbergs habe sämtliche Vorstöße konsequent<br />
ignoriert. Erst als die <strong>Stadtzeitung</strong> zu<br />
recherchieren begann und Eifler schriftlich eine<br />
Versammlung forderte („um endlich was auf der<br />
Hand zu haben, wenn er sich wieder stur stellt“),<br />
wurde Wolbergs betriebsam: Der Beirat soll sich<br />
nun am 4. <strong>Juli</strong> treffen.<br />
Wolbergs selbst versucht diese Versäumnisse als<br />
Kavaliersdelikt abzutun: „Es gab nicht wirklich<br />
eine Notwendigkeit zur Durchführung einer Mitgliederversammlung<br />
oder Beiratssitzung. Ich weiß,<br />
dass ich mich damit nicht satzungskonform verhalten<br />
habe, was aber nichts an der Frage der guten,<br />
korrekten und inhaltlich hervorragenden Arbeit<br />
des Alte Mälzerei e.V. ändert.“<br />
Aber vielleicht etwas an Wolbergs Glaubwürdigkeit:<br />
Denn immerhin jongliert der Mälze-Geschäftsführer<br />
mit Steuergeldern in gut sechstelliger<br />
Höhe. Und immerhin tut er dies offensichtlich<br />
im vollen Bewusstsein, sich die in der Satzung<br />
explizit geforderte jährliche Entlastung durch die<br />
Mitglieder zumindest in den letzten vier Jahren<br />
nicht geholt zu haben. Vereinsführung nach Gutsherrenart<br />
könnte man dies nennen. Oder wie eine<br />
ehemalige Mitarbeiterin gegenüber der <strong>Stadtzeitung</strong><br />
sagt: „Wir hatten manchmal den Eindruck,<br />
die Mälzerei ist dem Wolbergs sein Selbstbedienungsladen.“<br />
Der Eintrag im Vereinsregister:<br />
Schlamperei oder Sauerei?<br />
Dazu passt auch der Eindruck, dass mit den anderen<br />
Vorstandsmitgliedern offensichtlich keine allzu<br />
häufige Kommunikation stattfindet. Nachdem<br />
wir die Telefonnummern aller im Vereinsregister-<br />
Auszug benannten Personen vergeblich im Telefonbuch<br />
gesucht haben, erkundigen wir uns bei<br />
Wolbergs: „Vielleicht sind die verzogen, ich weiß<br />
es nicht“, meinte er am Telefon lapidar. In seiner<br />
schriftlichen Erklärung rudert er etwas zurück. Er<br />
habe halt nicht alle Telefonnummern im Kopf gehabt;<br />
natürlich lägen sie ihm vor, preisgeben will<br />
er sie aber vorerst nicht.<br />
Zwar stehen die anderen Vorstände voll mit in<br />
der Haftung – doch die Strippen zieht offenbar<br />
nur einer. Und der nimmt es auch bei juristisch<br />
relevanten Dokumenten wohl nicht so genau: Im<br />
Register steht Wolbergs – inzwischen 36 Jahre<br />
alt – noch immer als Schüler. Zudem führte die<br />
Mälzerei lange Jahre höchst offiziell einen Wirtschaftsingenieur<br />
aus Straubing als Vorstandsmitglied<br />
– obwohl der längst nicht mehr Vereinsmitglied<br />
war (entsprechendes Dokument liegt beim<br />
Amtsgericht). Erst nach vier Jahren kam das auf<br />
– nachdem der Mann das Gericht bat, ihn doch<br />
von der Liste zu streichen.<br />
Angesichts dieser Faktenlage scheinen die Vorstände<br />
jedes Gartenbau- oder Kaninchenzüchtervereins<br />
mehr Statutentreue und Rechtsempfinden zu<br />
besitzen als der Mann, der sich anschicken will, als<br />
Oberbürgermeister einer 150.000 Einwohner-Stadt<br />
einem 510 Millionen Euro-Haushalt vorzustehen<br />
Wolbergs im Kreuzfeuer<br />
Satzungsvergehen in Serie: Der OB-Kandidat Joachim Wolbergs gerät in Erklärungsnot.<br />
Was steckt hinter den Versäumnissen?<br />
Es könnte aber auch einen konkreten Hintergrund<br />
für die ausgebliebenen Sitzungen geben: Die<br />
Mitgliederversammlung ist kraft Satzung Kontrollorgan<br />
des Vorstandes: Sie entlastet ihn – oder<br />
auch nicht. Und sie wählt den Vorstand neu.<br />
Befürchtete Wolbergs die Verweigerung der Entlastung?<br />
Sorgte er sich um die Bestätigung als<br />
Vorstand – und damit um seinen Einfluss auf die<br />
Personalentscheidungen, womöglich sogar um<br />
seine eigene Existenz?<br />
Denn der Vorstand trifft auch die wesentlichen<br />
Personalentscheidungen – und entscheidet somit<br />
auch über Wolbergs` berufliches Schicksal. Doch<br />
wenn keine Mitglieder tagen, droht niemandem<br />
ein Karriereknick.<br />
Aber nicht nur in dieser Abhängigkeit bewegt sich<br />
der 36-Jährige: Über die Höhe der Zuschüsse<br />
für die Mälzerei und damit auch über einen Teil<br />
des Wolbergs zur Verfügung stehenden Geldes<br />
entscheidet die Stadt. An deren Spitze steht aber<br />
nun mal der Oberbürgermeister – und gegen den<br />
soll Wolbergs – will er seiner Rolle des ernstzunehmenden<br />
Herausforderers gerecht werden<br />
- im Wahlkampf eine Attacke nach der anderen<br />
reiten?<br />
Vermutlich aus exakt diesem Grund feixen<br />
„schwarze“ wie „rote“ Insider von Wolbergs als<br />
„Schaidingers Wunschgegner“.<br />
„Ich freue mich schon heute“<br />
Als die <strong>Stadtzeitung</strong> Wolbergs mit ihren Recherche-Ergebnissen<br />
konfrontierte, reagierte er mit einer<br />
Mischung aus Arroganz und mangelndem Realitätsbewusstsein.<br />
Am Telefon wollte er zunächst<br />
keinerlei Verfehlungen seinerseits erkennen, anschließend<br />
forderte er unsere Fragen schriftlich an<br />
und wollte uns schlussendlich vorschreiben, wie<br />
seine Antworten zu veröffentlichen seien. Nämlich<br />
ausschließlich „in vollem Umfang wörtlich<br />
und mit den kompletten Fragen“ unsererseits.<br />
Dem kommen wir in einem kleinen Abschnitt gerne<br />
nach. Zum Ende seines Schreibens meint Wolbergs:<br />
„Ich hoffe, dass ich Ihnen zu mehr Klarheit<br />
verhelfen konnte und freue mich schon heute auf<br />
Ihre neuerlichen Anfragen, welche Sie bitte alle<br />
schriftlich an mich und meine Kollegen richten<br />
möchten, damit diese Punkt für Punkt abgearbeitet<br />
werden können. Für Ihr Interesse dankend<br />
verbleibe ich im Hinblick auf eine weiterhin gute<br />
Zusammenarbeit. Bitte richten Sie auch Ihrem<br />
Informanten herzliche Grüße aus.“<br />
Dem Genossen Wolbergs aber wird vermutlich<br />
spätestens dann seine offenkundige Überheblichkeit<br />
vergehen, wenn von ganz anderer Seite<br />
die unbequemen Fragen kommen: Der Bund der<br />
Steuerzahler jedenfalls hat bereits sein Interesse<br />
an den Recherche-Ergebnissen der <strong>Stadtzeitung</strong><br />
bekundet. (ssm/pk)<br />
Die <strong>Regensburger</strong> <strong>Stadtzeitung</strong><br />
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