Viii-1 1..208 - Dr. Valeria Silvestri, Università La Sapienza, Roma
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Perspektiven für eine europäische Wissensgesellschaft<br />
Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sie werden nie publiziert. Überblicke<br />
zum Stand der Forschung sind selten, und viele Geistes- und Sozialwissenschaftler<br />
ziehen es vor, sich statt der mühsamen Aufarbeitung<br />
der Forschung mit effektvollen Fragestellungen und blendenden<br />
Theoriekonstruktionen hervorzutun. Naturwissenschaftler können sich<br />
dagegen in der Regel recht schnell über die aktuellen Problemfelder ihrer<br />
Disziplingruppen verständigen, sowie darüber, was wirklich innovativ<br />
ist.<br />
4. Schließlich haben Geisteswissenschaftler – vor allem an europäischen<br />
Universitäten – strukturelle Nachteile gegenüber naturwissenschaftlichen<br />
Fächern. Ihre Forschung wird behindert durch die Lehrund<br />
Verwaltungsaufgaben, die ihnen durch die Überlastsituation in ihren<br />
Fächern abverlangt werden und die in dem Maße wachsen, wie sie<br />
als Forscher überregionales Ansehen gewinnen, zu Begutachtungen<br />
und Gremiensitzungen herangezogen werden. Massenstudium,<br />
Schwierigkeiten bei der Rekrutierung des hochbegabten Forschernachwuchses<br />
in einzelnen kleineren Disziplinen, Prüfungs- und Gutachtertätigkeit,<br />
Verwaltungs- und Lehraufgaben – all das kann in der Summierung<br />
eine konzentrierte geisteswissenschaftliche Forschung sterilisieren,<br />
wenn man keinen robusten Egoismus in der Durchsetzung der<br />
eigenen Interessen hat. - Dagegen scheinen die Studienverhältnisse<br />
in vielen naturwissenschaftlichen Fächern der Konzentration auf die eigene<br />
Forschung günstiger zu sein, – ganz zu schweigen von der unterschiedlichen<br />
materiellen Ausstattung der Institute, den Förderungsmöglichkeiten<br />
für den Nachwuchs und den Forschungsmöglichkeiten<br />
an international renommierten Institutionen, zu denen man Einladungen<br />
erhält. – Wenn sich ein Geisteswissenschaftler und ein Naturwissenschaftler<br />
über ihre Erfahrungen beim Fund-raising für ihre Doktoranden<br />
unterhalten, so wird schnell deutlich: Der erste tritt fast stets<br />
als Bittsteller auf, der umfangreiche Dossiers anfertigen und an viele<br />
Türen klopfen muss, um am Ende den Ergebnissen von undurchschaubaren<br />
Entscheidungsprozessen von Stiftungen und Verwaltungen gegenüberzustehen;<br />
demgegenüber kann sich der andere auf eingespielte<br />
Verfahren verlassen, auf eigene, für die Forschungsförderung<br />
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