Viii-1 1..208 - Dr. Valeria Silvestri, Università La Sapienza, Roma
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Für eine europäische Verfassung<br />
‘‘Europaverfassungsrecht’’ und ‘‘Europäisches Verfassungsrecht’’<br />
hängen zusammen. Denn die verfassungsrechtlichen Anforderungen<br />
für die Mitwirkung der einzelnen Mitgliedstaaten an der EU knüpfen,<br />
wenngleich in unterschiedlicher Form und Intensität, an deren ‘‘Verfassung’’<br />
an. Der bestehende (Art. 6 Abs. 2 EUV), aber auch der künftige<br />
Grundrechtsschutz in der EU bezieht sich auf die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen<br />
der Mitgliedstaaten, das ‘‘gemeineuropäische<br />
Verfassungsrecht’’ 22 . Denn nach Art. I-7 des Entwurfs des Verfassungsvertrags<br />
erkennt die Union nicht nur die Rechte, Freiheiten und Grundsätze<br />
an, die in der Charta der Grundrechte als dem zweiten Teil dieser<br />
Verfassung enthalten sind (Abs. 1) und strebt darüber hinaus den Beitritt<br />
zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte<br />
und Grundfreiheiten (EMRK) an (Abs. 2 Satz 1), sondern es gehören<br />
die Grundrechte, wie sie in der EMRK gewährleistet sind und wie sie<br />
sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten<br />
ergeben, zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts<br />
(Abs. 3). Die Koordination dieses aus drei Quellen fließenden Grundrechtsschutzes<br />
versucht Art. II-52 des Entwurfs der Verfassung, der den<br />
in den Text übernommenen Artikel der Grundrechtecharta um entsprechende<br />
Absätze ergänzt.<br />
Die Zusammenhänge zwischen ‘‘Europäischem Verfassungsrecht’’<br />
und dem Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten werden zunehmend erkannt.<br />
Die gebotene funktionelle Betrachtung der Verfassung zeigt,<br />
dass das nationale Verfassungsrecht in seiner Ordnungsfunktion an Bedeutung<br />
einbüßt und an seine Stelle Entsprechendes auf europäischer<br />
Ebene treten muss. Die nationale und die ‘‘unionale’’ (so soll es künftig<br />
einheitlich heißen) Ebene müssten in einen Verfassungsverbund einbezogen<br />
werden 23 .<br />
22. Begriff im Sinne P. Häberles, Gemeineuropäisches Verfassungsrecht, EuGRZ 1991, S. 261 (262); ders., Gemeineuropäisches<br />
Verfassungsrecht – ‘‘Verfassung’’ der EG, in: J. Schwarze (Hrsg.), Verfassungsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit<br />
im Zeichen Europas, Baden-Baden 1998, S. 11 (18 f.).<br />
23. So übereinstimmend Huber (Fn. 18), S. 199 ff.; Pernice (Fn. 14), S. 163 ff. Näher dazu Werner Schroeder,<br />
Das Gemeinschaftsrechtssystem, Tübingen 2002, S. 489 f. Zum ‘‘konstitutionellen Europa von heute’’ als werdender<br />
‘‘Verfassungsgemeinschaft’’ eigener Art vgl. P. Häberle, Europäische Verfassungslehre, Baden-Baden<br />
2001/2002, S. 208 ff.<br />
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