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Zeitschrift für Islamische Studien 4. Ausgabe

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Jameleddine Ben Abdeljelil*<br />

EINE ISLAMISCHE ANNÄHERUNG ZUR GOTTESFRAGE SOWIE DEM WESEN<br />

GOTTES UND SEINEN ATTRIBUTEN<br />

Von der Apologie zur Epistemologie<br />

I ch<br />

Jameleddine Ben Abdeljelil: Eine islamische Annäherung zur Gottesfrage sowie dem Wesen Gottes und seinen Attributen<br />

will am Anfang dieser Skizze anmerken, dass ich mich in der folgenden<br />

Darlegung auf keine spezifische kalām-Schule beschränken werde.<br />

Dennoch werde ich innerislamisch bleibend inhaltlich auf die diversen<br />

Diskurse schulübergreifend Bezug nehmen.<br />

Als Ausgangsgrundlage ist festzustellen, dass es in der islamischen kalām-<br />

Diskurslandschaft die Gotteserkenntnis mit der Möglichkeit der Erkenntnis an<br />

sich bzw. die Erkenntnis der Schöpfung <strong>für</strong> den Menschen gibt. Die Erkenntnis<br />

der Schöpfung führt einerseits zur Gotteserkenntnis, anderseits kann sie erst umfassend<br />

und nicht bloß fragmentarisch erlangt werden, wenn Gott als Schöpfer<br />

erkannt wird. 1 Die ersten Kapitel der Werke, die dem kalām gewidmet sind, befassen<br />

sich klassischerweise einleitend mit den Definitionen der Begriffe bzw.<br />

mit der Frage der Reflexion bzw. der intellektuellen Betrachtung (naẓar – رظن<br />

) und ihren Voraussetzungen sowie Kategorien wie die Notwendigkeit, die<br />

Möglichkeit etc. und mit der Erkenntnis, ihren Grenzen, Arten, Objekten etc. Die<br />

Erkenntnis wird in diesem Zusammenhang u.a. entsprechend ihrer Objekte in<br />

drei Formen unterteilt:<br />

- die Erkenntnis des Wesens bzw. der Essenz 2<br />

- die Erkenntnis der Attribute bzw. der Namen 3<br />

- die Erkenntnis der Taten bzw. des Handelns und der hinterlassenen<br />

Spuren. 4<br />

Wenn wir das Wasser zum Beispiel als Objekt oder Gegenstand dieser Erkennt-<br />

nis nehmen würden, dann ist die Zusammensetzung von Wasserstoff (Hydrogen)<br />

und Sauerstoff (Oxygen) eine Definition des Wesens, was Wasser ist. Wenn das<br />

Wasser kalt oder heiß, süß oder salzig ist, sind diese seine Attribute. Wenn das<br />

Wasser den Durst löscht und nass macht, dann sind diese anstelle der Taten des<br />

Wassers, die Spuren, wodurch wir eine Erkenntnis über das Wasser gewinnen<br />

können. Alle Existenzformen der Schöpfung können über diese drei Wege der<br />

Erkenntnis definiert werden, eingeschlossen der Mensch selbst. Der Mensch<br />

wird bei Aristoteles z.B. als „vernunftbegabtes Sinnenwesen“ definiert. Zu seinen<br />

Attributen gehören z.B. stark oder schwach, wissend oder unwissend, mutig<br />

oder feige etc. Zu den Taten und Handlungen des Menschen, wodurch der<br />

Mensch noch weiter definiert werden kann, gehören z.B. das Bewegen, das Aufstehen,<br />

das Liegen, das Laufen, das Gehen, das Sprechen etc.<br />

Die Frage, die sich gerade in diesem Zusammenhang stellen kann, ist, ob diese<br />

drei Wege eine Erkenntnis über existierende Geschöpfe zu erlangen, auch auf<br />

Gott als existierenden Schöpfer anwendbar sind? Aus islamischer Perspektive<br />

lautet die Antwort darauf, dass eine Gotteserkenntnis sowohl über seine Taten<br />

und Handlungen, d.h. Schöpfungsakte, Spuren und Zeichen, als auch über seine<br />

Attribute erlangt werden kann. Diese Erkenntnis kann aber definitiv über das<br />

Wesen Gottes an sich, ihn erfassend, nicht erreicht werden. Denn der Mensch als<br />

Geschöpf Gottes kann keinesfalls Gott in seinem Wesen und seiner Essenz um-<br />

* Dr. Jameleddine Ben Abdeljelil ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Postdoc am Institut <strong>für</strong> <strong>Studien</strong> <strong>Studien</strong> der Kultur und Religion des Islam an der Goethe-Universität<br />

Frankfurt a. M.<br />

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