1897 bis 1945 – Ein Blick in die Geschichte
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<strong>1897</strong> <strong>bis</strong> <strong>1945</strong> <strong>–</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong> blick <strong>in</strong> diE GEschichtE 66 67<br />
auf spurEnsuchE <strong>in</strong> lEipziG <strong>–</strong> dEr EwiGE (untEr)miEtEr!<br />
Ritterstraße 26 um 1935,<br />
<strong>Blick</strong> von der Goethestraße<br />
Beim großen Luftangriff am 4. Dezember<br />
1943 erlitten sowohl das Gebäude Ritterstraße<br />
1/3 als auch Ritterstraße 6 Totalschaden;<br />
im letzteren verbrannte u. a. <strong>die</strong><br />
gesamte Promotionsregistrande der<br />
Handelshochschule. Am Hauptgebäude<br />
nahm der Dachstuhl erheblichen Schaden.<br />
Das gleiche Schicksal traf am selben Tage<br />
<strong>die</strong> Neue Börse, Sitz der Industrie- und<br />
Handelskammer und deren Bibliothek.<br />
Vergeblich hatte der damals schon im<br />
Ruhestand bef<strong>in</strong>dliche frühere Bibliothekar<br />
Siegfried Moltke mehrfach auf <strong>die</strong><br />
drohende Gefahr h<strong>in</strong>gewiesen und vorgeschlagen,<br />
<strong>die</strong> ganze Bibliothek im Kellermagaz<strong>in</strong><br />
unterzubr<strong>in</strong>gen, wo sie unter<br />
Beton und Eisen e<strong>in</strong>igermaßen geschützt<br />
gewesen wäre. So g<strong>in</strong>gen beim Luftangriff<br />
zahlreiche kostbare jahrhunderte alte<br />
Werke aus der ehemaligen Bibliothek der<br />
Kramer<strong>in</strong>nung und viele aktuelle Bücher<br />
wirtschaftswissenschaftlicher und technologischer<br />
Natur unwiederbr<strong>in</strong>glich verloren.<br />
Ritterstraße 1<strong>–</strong> 3, um 1911 Ritterstraße 6, um 1910 Ritterstraße 8/10 <strong>–</strong> heute<br />
Die ständig steigenden Studentenzahlen, vor allem<br />
nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, führten zu<br />
e<strong>in</strong>em weiterh<strong>in</strong> rasch wachsenden Raumbedarf der<br />
Handelshochschule. Zeitweilig sah sich der Senat sogar<br />
genötigt, e<strong>in</strong>e Raumnotkommission e<strong>in</strong>zurichten,<br />
um aller Probleme Herr zu werden.<br />
Bereits zum 1. Januar 1911 hatte <strong>die</strong> Handelshochschule<br />
deshalb zusätzliche Räume im I., II. und III.<br />
Stockwerk im Umfang von etwa 750 m² <strong>in</strong> der Ritterstraße<br />
1/3 (Eckgebäude zur Grimmaischen Straße)<br />
für 10 Jahre ermietet; der Vertrag wurde ab 1921 erneut<br />
verlängert.<br />
Aber auch <strong>in</strong> unmittelbarer Nachbarschaft bot sich<br />
mit dem angrenzenden Gebäude Ritterstraße 6 e<strong>in</strong>e<br />
weitere Gelegenheit zur räumlichen Ausdehnung;<br />
der Mietvertrag mit dem Universitätsrentamt datiert<br />
vom Mai 1925. <strong>E<strong>in</strong></strong> Mauerdurchbruch auf der ersten<br />
Etage ermöglichte den durchgehenden Verkehr vom<br />
Hauptgebäude zum Nachbarhaus.<br />
Nach <strong>1945</strong> entstand mit der so genannten Theaterpassage<br />
auf dem Grundstück Ritterstraße 6 e<strong>in</strong> Neu<br />
bau im Rahmen des Programms zur Lückenschließung.<br />
Auch auf dem Grundstück Ritterstraße 1/3 steht heute<br />
e<strong>in</strong> völlig neues Gebäude.<br />
Im Jahre 1939 mietete <strong>die</strong> Handelshochschule e<strong>in</strong><br />
weiteres Gebäude an, das 1861 von Albert Geutebrück<br />
erbaute ehemalige königliche Palais <strong>in</strong> der Ritterstraße<br />
26, <strong>in</strong> dem <strong>die</strong> Bibliothek der Handelshochschule<br />
und e<strong>in</strong>ige Institute Platz fanden. Bereits im<br />
April 1938 war <strong>in</strong> <strong>die</strong> dritte Etage des Hauses das neu<br />
gegründete DolmetscherInstitut e<strong>in</strong>gezogen.<br />
Die Gebäude Ritterstraße 8/10 und 26 <strong>die</strong>nten seit<br />
den 20erJahren während der Frühjahrs und Herbstmessen<br />
auch Ausstellungszwecken während der Messen,<br />
so z. B. für Porzellan aus Meißen und anderen<br />
sächsischen Produktionsstätten, e<strong>in</strong>e Praxis, <strong>die</strong> sich<br />
an der 1969 gegründeten Handelshoch schule fortsetzte.<br />
G<strong>in</strong>g es <strong>in</strong> den 20erJahren beim Hauptgebäude<br />
der Handelshochschule vor allem um dr<strong>in</strong>gend<br />
benötigte Miete<strong>in</strong>nahmen, so war es ab 1969<br />
e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e zentrale staatliche Anweisung <strong>die</strong> zweimal<br />
jährlich, nämlich zur Frühjahrs und Herbst<br />
messe, Teile der Räumlichkeiten <strong>in</strong> unterschiedlich<br />
genutz te Messebüros verwandelte.<br />
In den 20erJahren und auch danach fand man weitere<br />
Räumlichkeiten, so bei der Dresdner Bank am<br />
Dittrichr<strong>in</strong>g 21 für das Weltwirtschafts<strong>in</strong>stitut und verschiedene<br />
Sem<strong>in</strong>are (ab W<strong>in</strong>tersemester 1943/44 wegen<br />
der Zerstörung des Gebäudes Ritterstraße 6) und <strong>in</strong><br />
der Goethestraße 1 und 3/5 (Sachsenbank) für das Institut<br />
und Sem<strong>in</strong>ar für Wohnungs und Siedlungswirtschaft.<br />
Den Plan, <strong>die</strong>se Räume mittels e<strong>in</strong>es verglasten<br />
Ganges <strong>in</strong> westlicher Richtung direkt mit der Rückseite<br />
des Hauptgebäudes <strong>in</strong> der Ritterstraße zu verb<strong>in</strong>den,<br />
ließ man aus Kostengründen wieder fallen.<br />
Nun ist noch über Träume zu berichten, besser:<br />
über nie realisierte Baupläne. Es war nicht nur <strong>die</strong><br />
Kenntnis der materiell bedeutend besseren Ausstattung<br />
der Handelshochschulen von Berl<strong>in</strong>, Köln und<br />
Frankfurt, <strong>die</strong> den Wunsch nach den eigenen vier<br />
Wänden an der Handelshochschule immer wieder<br />
auf leben ließ; das war vor allem e<strong>in</strong>e Argumentationshilfe<br />
gegen über den Trägern oder Garanten der<br />
Handelshochschule bei Diskussionen um f<strong>in</strong>anzielle<br />
Unterstützung für e<strong>in</strong>en Neubau. Ne<strong>in</strong>, es war im<br />
Kern <strong>die</strong> feste Überzeugung, dass e<strong>in</strong>e stabile Entwicklung<br />
von Lehre und Forschung für <strong>die</strong> junge<br />
Diszipl<strong>in</strong> BWL mit ihren großen Zukunftsaussichten<br />
auf Dauer nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eigenen, genügend dimensionierten<br />
und allen Anforderungen gerecht werdenden<br />
Hochschulgebäude möglich wäre.<br />
Im Juni 1923 verfügte <strong>die</strong> Gesellschaft der Freunde<br />
der Handelshochschule Leipzig e.V. über e<strong>in</strong>e zu<br />
Gunsten der Handelshochschule e<strong>in</strong>gesammelte Spendensumme<br />
von 65 Millionen Mark, von der sie 20<br />
Millionen Mark für den Ankauf e<strong>in</strong>es BauAreals reservierte.<br />
Es handelte sich um e<strong>in</strong>e an <strong>die</strong> Deutsche<br />
Bücherei angrenzende Fläche von 20 000 m², von der<br />
man etwa 5000 m² für den Neubau veranschlagte.<br />
Auch e<strong>in</strong> Platz an den Frankfurter Wiesen, unmittelbar<br />
neben dem Neubau der Allgeme<strong>in</strong>en Ortskrankenkasse<br />
war im Gespräch.<br />
Den Vorzug sollte aber das Gelände an der Deutschen<br />
Bücherei erhalten, Vorteile sah man zwar auch<br />
bei den Frankfurter Wiesen (e<strong>in</strong> früheres Sumpfgelände)<br />
wegen der landschaftlichen Lage <strong>in</strong> der Nähe<br />
des Rosentals und des Johannaparks (heute: Teil des<br />
Clara-Zetk<strong>in</strong>-Parks) sowie der Nähe zur Albert<strong>in</strong>a und<br />
der Bibliothek der Handelskammer. Man g<strong>in</strong>g se<strong>in</strong>erzeit<br />
davon aus, dass sich längs des Kanals (Elsterflutbecken)<br />
e<strong>in</strong> Villenviertel entwickeln wird und<br />
dadurch sogar <strong>die</strong> Kle<strong>in</strong>messe verschw<strong>in</strong>det. Bedenklich,<br />
und das sprach e<strong>in</strong>deutig gegen das Gelände,<br />
stimmte der Baugrund, denn schon <strong>die</strong> AOK hatte<br />
Anfang der 20erJahre bei Gründungsarbeiten für e<strong>in</strong>en<br />
Neubau durch den unerwartet hohen Grundwasserstand<br />
böse Überraschungen erlebt.<br />
Wegen der bereits galoppierenden Inflation stand<br />
e<strong>in</strong> Preis von 1500 $ pro m² für <strong>die</strong> Fläche an der<br />
Deutschen Bücherei <strong>in</strong> Rede. Auf dem Höhepunkt<br />
der Inflation Anfang November 1923 musste man<br />
auch <strong>die</strong>se Pläne erst e<strong>in</strong>mal begraben, wenigstens<br />
wollte man aber das Gelände als Sportplatz für <strong>die</strong><br />
Studenten der Handelshochschule sichern.<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong>e Bebauung kam <strong>bis</strong> zum Zweiten Weltkrieg<br />
nicht zustande. Erst <strong>in</strong> den 50erJahren errichtete<br />
man auf e<strong>in</strong>em Teil der Frankfurter Wiesen nach<br />
und nach <strong>die</strong> Gebäude der Deutschen Hochschule<br />
für Körperkultur und Sport (DHfK).<br />
Schon <strong>in</strong> den Jahren vor 1925 war der Plan entstanden,<br />
e<strong>in</strong> StudentenWohnheim zu schaffen, das wegen<br />
e<strong>in</strong>er günstigen Verkehrsanb<strong>in</strong>dung natürlich<br />
<strong>in</strong> unmittelbarer Nähe von Leipzig liegen sollte. Die<br />
Akten zeigen e<strong>in</strong>e Vielzahl bebilderter Immobilienangebote<br />
aus ganz Sachsen, so u. a. aus Bad Düben,<br />
Bad Lausick, Brandis, Eilenburg, Grimma, Leisnig<br />
Als nach 1990 <strong>die</strong> HHL, der man e<strong>in</strong>en der<br />
ehemaligen DHfK-Bauten zur Nutzung<br />
überlassen hatte, Ausbau arbeiten <strong>in</strong> den<br />
Kellergeschossen vor nehmen ließ, stieß<br />
das ausführende Unternehmen auf <strong>die</strong><br />
gleichen Grund wasserprobleme wie vor<br />
mehr als 70 Jahren <strong>die</strong> AOK.<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong>en neuen vorläufigen Höhepunkt<br />
erreichte <strong>die</strong> Baudiskussion mit im Dezember<br />
1929 entwickelten Vorstellungen,<br />
geme<strong>in</strong>sam mit der Technischen Akademie<br />
Leipzig am Deutschen Platz, unmittelbar<br />
neben der DB gelegen, e<strong>in</strong>en komfortablen<br />
Neubau zu errichten; und wieder<br />
bildete man Rücklagen.<br />
Der Beg<strong>in</strong>n des Zweiten Weltkrieges<br />
machte auf lange Zeit alle Baupläne zunichte.<br />
Erst zu Beg<strong>in</strong>n der 70er-Jahre<br />
erbaute man im Rahmen des Wohnungsbauprogramms<br />
der DDR an verschiedenen<br />
Standorten <strong>in</strong> Leipzig Studentenwohnheime<br />
<strong>in</strong> Großplattenbauweise, auch<br />
am Standort Straße des 18. Oktober. Nach<br />
1990 erfolgte deren schrittweise Sanierung;<br />
sie s<strong>in</strong>d heute vom Studentenwerk<br />
Leipzig bewirtschaftet.