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1897 bis 1945 – Ein Blick in die Geschichte

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<strong>1897</strong> <strong>bis</strong> <strong>1945</strong> <strong>–</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong> blick <strong>in</strong> diE GEschichtE 58 59<br />

Feierliche Rektorwahlen <strong>in</strong> der <strong>bis</strong>her üblichen<br />

Form fanden nicht mehr statt. Als der amtierende<br />

Rektor Wörner auf weitere zwei Jahre <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Amt<br />

bestätigt wurde, unterzeichnete als e<strong>in</strong>ziger der Gratulanten<br />

der Nationalökonom Professor Moll, langjährig<br />

für <strong>die</strong> Handelshochschule <strong>in</strong> der Lehre tätig,<br />

nicht mit dem üblichen Heil Hitler. Er gehörte zu den<br />

mehr als 60 Wissenschaftlern, <strong>die</strong> man zwischen<br />

1933 und 1935 aus politischen Gründen von der Universität<br />

entfernte.<br />

Die Professor Wörner folgenden Rektoren erhielten<br />

ebenfalls ihre Ernennung vom Reichsm<strong>in</strong>ister,<br />

der auch <strong>die</strong> <strong>bis</strong>her üblichen Amtszeiten nach eigenem<br />

Ermessen verlängern konnte. Die Rektoratsübergaben<br />

erfolgten von da an nicht mehr am 8. Mai, sondern<br />

zu Führers Geburtstag, also am 24. April. Den früheren<br />

Amtseid des Rektors setzte der Reichsm<strong>in</strong>ister<br />

ebenfalls außer Kraft. Er wurde nach se<strong>in</strong>er Auffassung<br />

durch den verb<strong>in</strong>dlichen Treueschwur auf den<br />

Führer und Reichskanzler mit erfasst.<br />

Kurz nach der Besetzung Leipzigs durch amerikanische<br />

Truppen legte Professor Lie<strong>bis</strong>ch se<strong>in</strong> Rek to­<br />

ren amt nieder. Die noch anwesenden Professoren<br />

wählten Professor Lütge unter Rückgriff auf <strong>die</strong> vor<br />

1933 geübte Praxis der Wahl durch den Senat am 22. Mai<br />

zum neuen Rektor und <strong>in</strong>formierten den Vorsitzenden<br />

des Kuratoriums, Max Koehler, über ihren Schritt.<br />

Der Chef der amerikanischen Militärverwaltung <strong>in</strong><br />

Leipzig, Major Eaton, stimmte nachträglich zu.<br />

Lütge amtierte als Rektor e<strong>in</strong>er nur noch rudimentär<br />

existierenden Hochschule <strong>bis</strong> Anfang Februar<br />

1946. Er stand vor fast unlösbaren Problemen. Lehrbetrieb<br />

fand nicht statt, trotzdem fielen Kosten an<br />

und Geld war praktisch nicht vorhanden, denn es<br />

gab ke<strong>in</strong>e <strong>E<strong>in</strong></strong>nahmen aus Stu<strong>die</strong>n­ und sonstigen<br />

Gebühren und <strong>die</strong> <strong>bis</strong>herigen Garanten erklärten<br />

ihre Zahlungsunfähigkeit. Die Landesverwaltung<br />

Sachsen musste mehrfach e<strong>in</strong>spr<strong>in</strong>gen, damit wenigstens<br />

<strong>die</strong> nötigsten Ausgaben getätigt werden<br />

konnten. Ab Herbst <strong>1945</strong> hatte er auch noch das Amt<br />

e<strong>in</strong>es Abwicklungsbeauftragten zu übernehmen, <strong>die</strong><br />

dabei anfallenden Aufgaben beschäftigten ihn noch<br />

zu e<strong>in</strong>er Zeit, da <strong>die</strong> Handelshochschule schon lange<br />

als Fakultät <strong>in</strong> <strong>die</strong> Universität e<strong>in</strong>gegangen war.<br />

Um möglichst viele der Spuren, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Handelshochschule<br />

<strong>in</strong> der Stadt h<strong>in</strong>terlassen hat zu f<strong>in</strong>den,<br />

müssen wir <strong>bis</strong> zum Jahr 1831, zur Gründung der<br />

Öffentlichen Handelslehranstalt durch <strong>die</strong> Kramer<strong>in</strong>nung,<br />

zurückgehen.<br />

Am 24. Januar <strong>die</strong>ses Jahres, e<strong>in</strong>en Tag nach der<br />

feierlichen Eröffnung, hatte der Unterrichtsbetrieb<br />

vorerst im Haus des Kammerrates und Ritter Ploß <strong>in</strong><br />

der Grimmaischen Straße 593 begonnen. Zu <strong>die</strong>ser<br />

Zeit war <strong>die</strong> Stadt mit gerade e<strong>in</strong>mal 41 000 <strong>E<strong>in</strong></strong>wohnern<br />

immerh<strong>in</strong> noch so kle<strong>in</strong>, dass man <strong>die</strong> Häuser<br />

<strong>in</strong>nerhalb des von der Stadtmauer umschlossenen<br />

Zentrums noch fortlaufend nummerierte. Heute<br />

handelt es sich <strong>in</strong> etwa um das Grundstück Nr. 13, das<br />

an der Nordseite der Grimmaischen Straße zwischen<br />

Reichs­ und Nikolaistraße liegt.<br />

Bereits nach wenigen Monaten erfolgte der Umzug<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> für <strong>die</strong> Unterrichtszwecke weitaus besser<br />

geeignetes und größeres Gebäude am späteren Königsplatz<br />

10/11 außerhalb der Stadtmauern, das <strong>die</strong><br />

Kramer<strong>in</strong>nung vom Kammerrat Thierot erworben<br />

hatte. Bis 1839 lautete <strong>die</strong> Anschrift allerd<strong>in</strong>gs noch<br />

Esplanade Nr. 848.<br />

Im Oktober 1890 bezog <strong>die</strong> Öffentliche Handelslehranstalt<br />

e<strong>in</strong> von der Handelskammer neu erbautes,<br />

den gewachsenen Anforderungen genügendes<br />

Schulgebäude <strong>in</strong> der Löhrstraße 3/5, <strong>in</strong> dem sich<br />

heute <strong>die</strong> Volkshochschule Leipzig bef<strong>in</strong>det. Das Bauwerk<br />

ist von der Stadt Leipzig <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

aufwändig und denkmalsgerecht saniert worden.<br />

Am Königsplatz 10/11 entstand nach dem Abriss des<br />

alten Schulgebäudes übrigens das erste Leipziger<br />

Kunstgewerbemuseum (Grassi­Museum), dessen <strong>E<strong>in</strong></strong>weihung<br />

1896 erfolgte; später f<strong>in</strong>den wir den heutigen<br />

Neubau am Johannisplatz 5<strong>–</strong>11. Das im Orig<strong>in</strong>alzustand<br />

erhaltene Haus Königsplatz 10/11 beherbergt<br />

nun schon seit vielen Jahrzehnten <strong>die</strong> Leipziger<br />

Stadtbibliothek, <strong>die</strong> sich vor <strong>1945</strong> <strong>in</strong> der Universitäts­<br />

Auf Spurensuche <strong>in</strong> Leipzig <strong>–</strong><br />

Der ewige (Unter)mieter!<br />

straße 16 befand und im Zweiten Weltkrieg den Luftangriffen<br />

zum Opfer fiel.<br />

In den Jahren 1906 <strong>bis</strong> 1918 hörten im Kunstgewerbemuseum<br />

Stu<strong>die</strong>rende der Handelshochschule<br />

Vorlesungen zu kunstgewerblichen Themen.<br />

Unterdessen hatte <strong>die</strong> Leipziger Handelskammer<br />

im März 1887 von der sich auf lösenden Kramer<strong>in</strong>nung<br />

<strong>die</strong> Öffentliche Handelslehranstalt übernommen.<br />

Bevor sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts <strong>in</strong><br />

der neu erbauten und <strong>in</strong> Anwesenheit des Sächsischen<br />

Königs Albert am 29. September 1886 feierlich<br />

e<strong>in</strong>geweihten Neuen Börse am Tröndl<strong>in</strong>r<strong>in</strong>g 26<br />

Königsplatz 10/11 <strong>–</strong> Gebäude der öffentlichen Handelslehranstalt <strong>bis</strong> 1890<br />

Wenn der erste Direktor der Öffentlichen<br />

Handelslehranstalt, Davis August Schiebe,<br />

auf se<strong>in</strong>en Nachmittagskaffee <strong>in</strong>s 1835 am<br />

Augustusplatz von Wilhelm Felsche eröffnete<br />

Café Francais gehen wollte, konnte er<br />

auf se<strong>in</strong>em Weg noch das Peterstor<br />

durchschreiten, das als letztes der vier<br />

großen Leipziger Stadttore erst im Jahre<br />

1859 dem Baufortschritt weichen musste.<br />

Die heutige Ernst-Schneller-Straße, am<br />

Wilhelm-Leuschner-Platz (früher Königsplatz)<br />

zwischen Härtel- und Emilienstraße,<br />

hieß zu jener Zeit <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung an <strong>die</strong><br />

Kramer<strong>in</strong>nung Kramerstraße.

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