03.10.2013 Aufrufe

1897 bis 1945 – Ein Blick in die Geschichte

1897 bis 1945 – Ein Blick in die Geschichte

1897 bis 1945 – Ein Blick in die Geschichte

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>1897</strong> <strong>bis</strong> <strong>1945</strong> <strong>–</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong> blick <strong>in</strong> diE GEschichtE 56 57<br />

lEitunGsstruktur und <strong>in</strong>nErE orGanisation dEr handElshochschulE<br />

<strong>die</strong>ser Phase deutete sich an, dass der Senat, der <strong>bis</strong>her<br />

überwiegend adm<strong>in</strong>istrative Aufgaben zu beraten<br />

und zu entscheiden hatte, wegen der Fülle der<br />

nun immer stärker auftretenden Fragen der Wissenschaftsentwicklung<br />

an der Handelshochschule <strong>in</strong> absehbarer<br />

Zeit e<strong>in</strong>er Entlastung durch e<strong>in</strong> weiteres<br />

Gremium bedurfte. Als Mitglieder e<strong>in</strong>es solchen neuen<br />

Ausschusses kamen vor allem <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Handelshochschule<br />

tätigen Privatdozenten <strong>in</strong> Frage, denn zu<br />

<strong>die</strong>sem Zeitpunkt gab es nur e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Ord<strong>in</strong>arius.<br />

Im Oktober 1922 fand dann erstmalig e<strong>in</strong>e vom<br />

Stu<strong>die</strong>ndirektor e<strong>in</strong>berufene Dozentenbesprechung<br />

statt, <strong>die</strong> sich konzentriert mit <strong>in</strong>haltlichen und methodischen<br />

Problemen von Lehre und Forschung befasste.<br />

Die nächste derartige Sitzung folgte am 26. Februar<br />

1923. In der Zwischenzeit war aus dem Stu<strong>die</strong>ndirektor<br />

e<strong>in</strong> Rektor geworden und <strong>die</strong> Zahl der<br />

Ord<strong>in</strong>arien hatte sich soweit vergrößert, dass der<br />

Rektor am 8. Oktober 1923 schon zu e<strong>in</strong>er Sitzung der<br />

ordentlichen Professoren e<strong>in</strong>laden konnte. Schließlich<br />

beschloss der Senat am 4. Dezember 1923 <strong>die</strong><br />

Wahlordnung für e<strong>in</strong>en Professorenrat. Dessen erste<br />

Zusammenkunft folgte e<strong>in</strong>e Woche später. Von da an<br />

f<strong>in</strong>det man <strong>in</strong> den Akten <strong>die</strong> Bezeichnung Professorenrat,<br />

dem nunmehr arbeitsteilig <strong>die</strong> Beratung aller<br />

wissenschaftlichen sowie anderer Fragen oblag, so<br />

z. B. <strong>die</strong> Förderung der Lehr­ und Forschungstätigkeit,<br />

Aufstellung von Semesterplänen, Verteilung von<br />

Stipen<strong>die</strong>n, Verhängung von Diszipl<strong>in</strong>arstrafen u. Ä.,<br />

während der Senat sich weiter um Grundfragen der<br />

Entwicklung der Hochschule, <strong>die</strong> F<strong>in</strong>anzen u. a. kümmerte.<br />

Für <strong>die</strong> selbständige Bearbeitung und Erledigung<br />

se<strong>in</strong>er Aufgaben konnte der Professorenrat<br />

ständige oder vorübergehende Ausschüsse berufen.<br />

Die erste Gruppe bildeten der Raumverteilungs­ (zeitweilig<br />

auch Raumnot­) ausschuss und e<strong>in</strong> Ehrenrat.<br />

Zur zweiten Gruppe gehörten u. a. Berufungs­, Bibliotheks­,<br />

F<strong>in</strong>anz­, Gebühren­, Immatrikulations­, Promotions­,<br />

Stiftungs­ und Stipen <strong>die</strong>nausschuss. Die<br />

getroffenen Entscheidungen bestätigten <strong>die</strong> positive<br />

Entwicklung, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Handelshochschule genommen<br />

hatte und stellten gleichzeitig e<strong>in</strong>e Reaktion auf <strong>die</strong><br />

gestiegenen Studentenzahlen und <strong>die</strong> damit e<strong>in</strong>getretenen,<br />

erheblich gewachsenen qualitativen und<br />

quantitativen Anforderungen dar.<br />

Ende 1923 stellte <strong>die</strong> Quästur der Universität vere<strong>in</strong>barungsgemäß<br />

ihre letzten Tätigkeiten für <strong>die</strong><br />

Handelshochschule e<strong>in</strong>. Die Vere<strong>in</strong>nahmung der von<br />

Stu<strong>die</strong>renden zu zahlenden Gebühren aller Art oblag<br />

nunmehr ebenfalls der Handelshochschule, <strong>die</strong> dafür<br />

eigens e<strong>in</strong>en Rechner e<strong>in</strong>stellte. Mit der Übertragung<br />

aller <strong>bis</strong>her unterhaltenen Bankkonten und<br />

Depots von der Handelskammer an <strong>die</strong> Handels­<br />

hochschule lagen ab 1924 endlich auch alle F<strong>in</strong>anzgeschäfte<br />

<strong>in</strong> eigener Hand. Die Handelshochschule<br />

war nun wirklich e<strong>in</strong> völlig selbstständig handelndes<br />

Unternehmen geworden.<br />

Ab 21. Januar 1925 galt für <strong>die</strong> Handelshochschule<br />

e<strong>in</strong>e neue Satzung, welche <strong>die</strong> unterdessen e<strong>in</strong>getretenen<br />

Veränderungen berücksichtigte. Das betraf vor<br />

allem <strong>die</strong> Neugliederung der Organe, <strong>die</strong> nunmehr<br />

geltende Rektoratsverfassung sowie das Mitspracherecht<br />

der Professoren <strong>in</strong> grundlegenden Angelegenheiten<br />

von Lehre und Forschung.<br />

Es war der AStA, der mehrfach anregte, so im Juli<br />

1924 und im November 1925, für den Rektor der Handelshochschule<br />

endlich den Titel Magnifizenz beim<br />

Wirtschaftsm<strong>in</strong>isterium e<strong>in</strong>zufordern. Dazu erklärte<br />

der damalige Rektor der Handelshochschule, Professor<br />

von der Aa <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an den Rektor der<br />

Handelshochschule Berl<strong>in</strong>, Professor Niklisch, <strong>die</strong><br />

Handelshochschule wolle das nur, wenn alle anderen<br />

Rektoren der deutschen Handelshochschulen <strong>die</strong>sen<br />

Titel ebenfalls wünschten. In der Tat existierten <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>ser Frage recht unterschiedliche Regelungen. Die<br />

Handelshochschulen Köln und Frankfurt teilten mit,<br />

der Titel sei nicht vom M<strong>in</strong>isterium verliehen, sondern<br />

werde e<strong>in</strong>fach angewendet, da e<strong>in</strong> Rektor <strong>die</strong>se<br />

Bezeichnung ja nicht selbst führe, sie bilde nur bei<br />

feierlichen Anlässen <strong>die</strong> Anrede. Mannheim <strong>in</strong>formierte<br />

auf Anfrage aus Leipzig, <strong>in</strong> Baden habe jedenfalls<br />

der Staatspräsident bei <strong>E<strong>in</strong></strong>ladungen an den<br />

Rektor immer Magnifizenz geschrieben. Schließlich<br />

meldete Berl<strong>in</strong>, dort führe der Rektor den Titel nicht,<br />

das preußische M<strong>in</strong>isterium für Handel und Gewerbe<br />

habe aber se<strong>in</strong>e Beilegung für den Fall der Verleihung<br />

des Promotionsrechtes <strong>in</strong> Erwägung gezogen.<br />

Letztlich erteilte das M<strong>in</strong>isterium im März 1927<br />

der Handelshochschule <strong>die</strong> Genehmigung.<br />

Im Dezember 1931 beschloss der Senat e<strong>in</strong>en weiteren<br />

Schritt zum Ausbau der akademischen Struktur<br />

der Handelshochschule. Bis dato besaß <strong>die</strong> Handelshochschule<br />

im Vergleich zu anderen deutschen<br />

Handelshochschulen noch ke<strong>in</strong>en akademischen Senat,<br />

deshalb sollte der <strong>bis</strong>herige Senat zu e<strong>in</strong>em Kuratorium<br />

werden und den <strong>bis</strong>herigen Professorenrat<br />

wollte man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en akademischen Senat umwandeln.<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>e Änderung der Befugnisse beider Gremien<br />

war nicht bezweckt. Anfang Februar 1932 bestätigte<br />

Dresden <strong>die</strong> Vorschläge, teilte aber mit, dass der Zusatz<br />

akademisch für den Senat der Handelshochschule<br />

nicht genehmigungsfähig sei. Es blieb bei der ursprünglichen<br />

Aufgabenstellung beider Gremien, nur<br />

ihre Bezeichnung änderte sich. Danach stand nunmehr<br />

dem Kuratorium <strong>die</strong> Leitung der Handelshochschule<br />

zu, es hatte deren Interessen <strong>in</strong> allen Rich­<br />

tungen wahrzunehmen, der Senat befasste sich mit<br />

Fragen der Lehre und Forschung. Seither fungierten<br />

der jeweilige Rektor und Prorektor als Vorsitzender<br />

bzw. stellvertretender Vorsitzender des Senats.<br />

Kurz nach der Machtübernahme durch den Faschismus<br />

hatten sich alle mühevoll erkämpften und<br />

schrittweise aufgebauten demokratischen Leitungsstrukturen<br />

sowieso erledigt. Der Gleichschaltungserlass<br />

vom 21. April 1933 beraubte praktisch alle Universitäten<br />

und Hochschulen ihrer <strong>bis</strong>herigen akademischen<br />

Rechte. Die Auf lösung des Kuratoriums<br />

und des Senats als Entscheidungsorgane erfolgte zum<br />

31. 7. 1934 wegen der allgeme<strong>in</strong>en Umstellung auf das<br />

Führerpr<strong>in</strong>zip. Von da an erhielten Rektor und Prorektor<br />

<strong>die</strong> Bezeichnung Leiter bzw. stellvertretender Leiter<br />

des Senats. Als Beratungsorgane bestanden Kuratorium<br />

und Senat jedoch <strong>bis</strong> zum Ende der Handelshochschule<br />

Anfang 1946 weiter fort. Außer den Ord<strong>in</strong>arien<br />

gehörten ab 1934 noch zwei vom Führer der<br />

Studentenschaft zu benennende Vertreter und Abgesandte<br />

der örtlichen SA­Hochschulorganisation zum<br />

Senat. Ab W<strong>in</strong>tersemester 1936/37 benannte der Leiter<br />

der Dozentenschaft zusätzlich zwei weitere Mitglieder<br />

für den Senat, <strong>die</strong> <strong>in</strong> der Regel aus dem Kreis<br />

der Dozenten oder wissenschaftlichen Assistenten<br />

stammten. Professoren der Universität Leipzig gehörten<br />

seit Dezember 1931 nicht mehr zum Senat<br />

der Handelshochschule, wurden aber noch <strong>in</strong>s Kuratorium<br />

berufen. Seit dem Sommersemester 1942 <strong>bis</strong><br />

Kriegs ende blieben regelmäßig zwei Plätze unbesetzt,<br />

da für <strong>die</strong> betreffenden Ord<strong>in</strong>arien trotz <strong>in</strong>tensiver<br />

Bemühungen ke<strong>in</strong>e Professoren gewonnen werden<br />

konnten.<br />

Der Vorsitz im Kuratorium stand nunmehr wieder<br />

dem Präsidenten der Industrie­ und Handelskammer<br />

bzw. e<strong>in</strong>em von ihn ernannten anderen Mitglied der<br />

Kammer zu, stellvertretender Vorsitzender war der<br />

jeweilige Rektor. Bis <strong>1945</strong> übte Max Koehler, Vizepräsident<br />

der Kammer, <strong>die</strong>ses Amt aus.<br />

Ab Sommersemester 1944 erschienen <strong>die</strong> Mitglieder<br />

des Kuratoriums nicht mehr namentlich <strong>in</strong> den<br />

Vorlesungsverzeichnissen, sondern nur noch der Vorsitzende,<br />

se<strong>in</strong> Stellvertreter und e<strong>in</strong> Vertreter der Abteilung<br />

Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung<br />

des Herrn Reichsstatthalters <strong>in</strong> Sachsen. Beratungen<br />

des Kuratoriums fanden <strong>in</strong> den letzten Kriegsjahren<br />

kaum noch statt, e<strong>in</strong>zelne Mitglieder konnten z. B.<br />

wegen Wehr<strong>die</strong>nst nicht ersche<strong>in</strong>en, bei Auswärtigen<br />

(Dresden, Plauen) wurde <strong>die</strong> Anreise zusehends<br />

schwieriger. Es war nicht zu ermitteln, <strong>in</strong>wieweit <strong>die</strong><br />

namentlich nicht benannten Vertreter des M<strong>in</strong>isteriums<br />

für Volksbildung bzw. des Reichsstatthalters<br />

<strong>in</strong> Sachsen jemals an Beratungen des Kuratoriums<br />

Max Koehler, Vorsitzender des Kuratoriums der Handelshochschule<br />

von 1934 <strong>bis</strong> <strong>1945</strong> (Reproduktion e<strong>in</strong>es<br />

Ölgemäldes)<br />

teilnahmen. <strong>E<strong>in</strong></strong>e namentliche Übersicht zu den genannten<br />

Gremien f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> der Anlage.<br />

Gemäß der vorläufigen Verfassung für <strong>die</strong> Handelshochschule<br />

vom Juli 1934 berief ab sofort das<br />

Volksbildungsm<strong>in</strong>isterium nach Bestätigung durch<br />

den zuständigen Reichsm<strong>in</strong>ister den Rektor, der damit<br />

zum Führer der Hochschule für <strong>die</strong> Dauer von<br />

zwei Jahren avancierte. Parallel dazu berief man e<strong>in</strong>en<br />

weiteren Professor zum Führer der Dozentenschaft,<br />

und, der Führer nicht genug, gab es ab sofort<br />

auch noch e<strong>in</strong>en Führer der Studentenschaft. Da<br />

konnte Kompetenzgerangel nicht ausbleiben. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

hatte sich nach kurzer Zeit vieles gelegt und<br />

es gelang mit e<strong>in</strong>em gewissen Pragmatismus, <strong>die</strong><br />

Hochschule ohne größere Turbulenzen relativ sachlich<br />

weiterzuführen. <strong>E<strong>in</strong></strong>e Besondere Dienstordnung der<br />

Han delshochschule vom 10. Dezember 1938 bestimmte <strong>in</strong><br />

Übere<strong>in</strong>stimmung mit zentralen Weisungen den<br />

Rektor der Handelshochschule nunmehr zum Gefolgschaftsführer,<br />

der das alle<strong>in</strong>ige Sagen hatte. Man<br />

darf zur Ehrenrettung der Rektoren jener Periode<br />

feststellen, dass sie <strong>die</strong>se Position eher zurückhaltend<br />

ausfüllten und trotz der ihnen e<strong>in</strong>geräumten Machtfülle<br />

nach wie vor <strong>die</strong> akademi sche Beratung und Beschlussfassung<br />

als wichtigstes Instrument ihrer Leitungsaufgabe<br />

nutzten.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!