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HHL-Arbeitspapier
Nr. 124 Dezember 2013
Exzellentes Logistikmanagement
aus Sicht des Viable System Model
nach Stafford Beer
Eine erklärungstheoretische
Betrachtung
Iris Hausladen a , Yong Lee b
a
Prof. Dr. Iris Hausladen ist Inhaberin des Heinz Nixdorf-Lehrstuhls für IT-gestützte Logistik an
der HHL Leipzig Graduate School of Management. Email: iris.hausladen@hhl.de
b
Yong Lee ist externer Doktorand am Heinz Nixdorf-Lehrstuhl für IT-gestützte Logistik an der
HHL Leipzig Graduate School of Management. Email: yong-un.lee@hhl.de
Abstract:
Exzellentes Logistikmanagement ist für die Steigerung der Kundenzufriedenheit ein strategischer
Wettbewerbsvorteil. Eine kybernetische Betrachtung der Erfolgsfaktoren blieb bislang
aus. In dem vorliegenden Arbeitspapier werden sie anhand des Viable System Model nach Stafford
Beer, der die Merkmale und Prinzipien einer lebensfähigen Organisation aus kybernetischer
Sicht beschreibt, genauer untersucht. Die differenzierte, ganzheitliche und integrierte Sichtweise
durch das Viable System Model liefert wichtige Erklärungsansätze für die Erfolgsfaktoren von
exzellentem Logistikmanagement.

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ............................................................................................. 1
Abbildungsverzeichnis...................................................................................... 1
1 Einleitung...................................................................................................... 1
1.1 Motivation und Zielsetzung ..................................................................... 1
1.2 Aufbau der Arbeit.................................................................................... 2
2 Theoretischer Bezugsrahmen....................................................................... 4
2.1 Exzellentes Logistikmanagement............................................................. 4
2.1.1 Logistikmanagement als Managementkonzeption.......................... 4
2.1.1.1 Definition und Abgrenzung von Logistikmanagement ...... 4
2.1.1.2 Handlungsebenen des Logistikmanagements .................... 6
2.1.2 Exzellenz....................................................................................... 7
2.1.2.1 Definition und Institutionalisierung................................... 8
2.1.2.2 Ergebnisse der Studien zu exzellentem Logistikmanagement......................................................................
9
2.1.2.3 Drei Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement....................................................................
11
2.2 Das Viable System Model nach STAFFORD BEER................................... 13
2.2.1 Zielsetzung des Viable System Model ......................................... 14
2.2.2 Definition und Merkmale eines lebensfÅhigen Systems ............... 14
2.2.3 Aufbau des Viable System Model................................................ 16
2.2.3.1 System 1 – Operation...................................................... 17
2.2.3.2 System 2 – Koordination................................................. 19
2.2.3.3 System 3 – Operatives Management ............................... 20
2.2.3.4 System 4 – Strategisches Management............................ 20
2.2.3.5 System 5 – Normatives Management .............................. 21
2.3 Zusammenfassung ................................................................................. 22
I

Inhaltsverzeichnis
3 Aufbau des erklÄrungstheoretischen Modells ............................................24
3.1 StrukturadÅquanz von exzellentem Logistikmanagement und dem
Viable System Model nach STAFFORD BEER.......................................... 24
3.1.1 Zielsetzung.................................................................................. 24
3.1.2 PrÄfung und Ergebnis .................................................................. 25
3.2 Das Viable System Model als Basis eines erklÅrungstheoretischen
Modells zur Betrachtung von exzellentem Logistikmanagement............ 26
3.2.1 System 1 – Logistisches Leistungssystem.................................... 28
3.2.2 System 2 – Koordination ............................................................. 28
3.2.3 System 3 – Operatives Logistikmanagement ............................... 29
3.2.4 System 4 – Strategisches Logistikmanagement............................ 29
3.2.5 System 5 – Logistikleitbild .......................................................... 30
3.3 Zusammenfassung ................................................................................. 30
4 ErklÄrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells........................31
4.1 ErklÅrungstheoretische Betrachtung der Erfolgsfaktoren von exzellentem
Logistikmanagement .................................................................. 31
4.1.1 Verankerung der Logistik in der Unternehmensvision ................. 31
4.1.1.1 Aufgabe von Vision und GrundsÅtzen............................. 31
4.1.1.2 Die Rolle der Logistikvision aus modelltheoretischer
Sicht ............................................................................... 32
4.1.2 Die Rolle des Logistikmanagers .................................................. 34
4.1.2.1 Die Rolle des Menschen im Viable System Model.......... 34
4.1.2.2 Autokratischer und autonomer FÄhrungsstil.................... 35
4.1.3 Planung als integraler Bestandteil des exzellenten Logistikmanagements...............................................................................
37
4.1.3.1 Definition von Logistikcontrolling und modelltheoretische
Einordnung ........................................................... 38
4.1.3.2 Abgrenzung der Koordination von Planung, Entscheidung
und Kontrolle ......................................................... 38
4.2 Implikationen fÄr exzellentes Logistikmanagement in der Praxis........... 41
4.2.1 Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung......................... 41
4.2.2 Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung......................... 43
4.2.3 Notwendigkeit einer integrierten Betrachtung aus Sicht der
vier Organisationsprinzipien des Viable System Model ............... 44
4.3 Zusammenfassung ................................................................................. 46
II

Inhaltsverzeichnis
5 Fazit und Ausblick.......................................................................................47
Literaturverzeichnis ........................................................................................49
III

Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 – Aufbau der organisatorischen Elementareinheit ............................... 17
Abb. 2
Abb. 3
– Austauschprozesse zwischen den organisatorischen Elementareinheiten
und dem Metasystem ........................................................ 18
– Einordnung der Koordination zwischen der Operation und dem
Metasystem...................................................................................... 19
Abb. 4 – Operatives Management im Austausch mit den Subsystemen .......... 20
Abb. 5
Abb. 6
– Strategisches Management zwischen unbestimmten MÅrkten
und dem operativen GeschÅft ........................................................... 21
– Gleichgewicht zwischen dem operativen und dem strategischen
Management durch das normative Management .............................. 22
Abb. 7 – Aufbau des erklÅrungstheoretischen Modells ................................... 27
Abb. 8
Abb. 9
– Logistikvision zur einheitlichen Ausrichtung des operativen und
des strategischen Logistikmanagements ........................................... 33
– VarietÅtsausgleichsprozess bei autokratischem und bei autonomem
FÄhrungsstil ........................................................................ 36
Abb. 10 – Einordnung des Logistikcontrollings in das erklÅrungstheoretische
Modell ................................................................................ 39
Abb. 11 – Differenzierte, ganzheitliche und integrierte Sicht des Viable
System Model .................................................................................. 42
IV

Einleitung
1 Einleitung
1.1 Motivation und Zielsetzung
Die VerÅnderungen der globalen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen
durch den Wegfall von Handelsbarrieren und umfassendere
MÉglichkeiten der Kommunikationstechnologie haben die Logistik besonders in
den 1980er Jahren als strategischen Wettbewerbsvorteil zur Ñberwindung von
infrastrukturellen Barrieren hervortreten lassen. 1 Zahlreiche Studien und VerÉffentlichungen,
welche sich mit der Realisierung des logistischen Erfolgspotenzials
beschÅftigten, entstanden in diesem Zeitraum. 2 Die anhaltende Bedeutung der
Logistik als Erfolgsfaktor manifestiert sich bis in die Gegenwart, wie beispielsweise
im „Positionspapier zum GrundverstÅndnis der Logistik als wissenschaftliche
Disziplin“ (2011) der Arbeitsgruppe des wissenschaftlichen Beirats der
BUNDESVEREINIGUNG LOGISTIK (BVL), in dem die Kernpunkte der Logistik als
wissenschaftliche Disziplin festgehalten werden. 3
Der ganzheitliche Ansatz der systemischen Beschreibung der Logistik als
wissenschaftliche Disziplin weist viele Gemeinsamkeiten mit dem Viable System
Model nach STAFFORD BEER auf. Der Ursprung dieses Modells lÅsst sich auf die
Kybernetik als Wissenschaft der Regelung und Kommunikation bei Tier und
Maschine zurÄckfÄhren. 4 Das Modell zum Erhalt der LebensfÅhigkeit einer
Unternehmensorganisation als obersten Zweck beruht auf definierten Organisationsprinzipien,
welche auf die Gesamtorganisation, ihre Subsysteme, aber auch
organisationsÄbergreifend anwendbar sind, weswegen das Viable System Model
von STAFFORD BEER auch als homomorphes Strukturmodell 5 zur kybernetischen
Beschreibung von Unternehmensorganisationen bezeichnet wird.
1
2
3
4
5
Vgl. Council of Logistics Management (1989), S. 12, Czap (1990), S. 12, Hausladen (2010),
S. 236
Vgl. Abschnitt 2.1.2.2
Quelle: http://www.bvl.de/positionspapier (17.10.2012)
Vgl. Wiener (1966), S. 20
Vgl. Beer (1979), S. 307
1

Einleitung
Diese Gemeinsamkeiten von Logistik und dem Viable System Model nach
STAFFORD BEER bilden den Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung, in
der besonders die erklÅrungstheoretische Betrachtung der Erfolgsfaktoren von
exzellentem Logistikmanagement anhand des Viable System Model im Mittelpunkt
steht. Aus den hieraus hervorgehenden Erkenntnissen gilt es Implikationen
fÄr die Praxis abzuleiten, insbesondere hinsichtlich der Notwendigkeit der
kybernetischen Betrachtung von exzellentem Logistikmanagement.
1.2 Aufbau der Arbeit
Das zweite Kapitel schafft mit dem theoretischen Bezugsrahmen die Grundlage
fÄr das erklÅrungstheoretische Modell. HierfÄr wird dem Logistikmanagement
als erstes Element des theoretischen Bezugsrahmens eine Arbeitsdefinition fÄr
das vorliegende Forschungspapier zugrunde gelegt. Im Hinblick auf das spÅtere
erklÅrungstheoretische Modell bedarf es zudem einer ausfÄhrlicheren Darstellung
der Handlungsebenen des Logistikmanagements.
Als zweites Element des theoretischen Bezugsrahmens wird die Herkunft des
Exzellenz-Begriffs erlÅutert und es werden auf der Grundlage von ausfÄhrlichen
Studien die Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement ermittelt.
Den Schwerpunkt des theoretischen Bezugsrahmens bildet als drittes Element die
Vorstellung der Merkmale und des Aufbaus eines lebensfÅhigen Systems, des
Viable System Model nach STAFFORD BEER.
Das Konzept des erklÅrungstheoretischen kybernetischen Modells auf Basis des
Viable System Model bildet im dritten Kapitel die Grundlage fÄr die spÅtere
erklÅrungstheoretische Betrachtung der Erfolgsfaktoren von exzellentem
Logistikmanagement. Die Grundstruktur des erklÅrungstheoretischen Modells
lehnt sich an die fÄnf Systeme des Viable System Model an, deren Anwendung
im vierten Kapitel die modellbasierte Untersuchung der Erfolgsfaktoren erlaubt.
Zuvor erfolgt die PrÄfung der StrukturadÅquanz von exzellentem Logistikmanagement
und dem Viable System Model.
2

Einleitung
Im vierten Kapitel gilt es die im dritten Kapitel ermittelten Erfolgsfaktoren von
exzellentem Logistikmanagement anhand des erklÅrungstheoretischen Modells
zu untersuchen und Implikationen fÄr die Praxis abzuleiten, welche die
Notwendigkeit einer kybernetischen Betrachtung von exzellentem Logistikmanagement
erklÅren.
Das Forschungspapier schlieát im fÄnften Kapitel mit dem Fazit und einem
Ausblick ab.
3

Theoretischer Bezugsrahmen
2 Theoretischer Bezugsrahmen
Der im Folgenden dargelegte theoretische Bezugsrahmen schafft mit der Vorstellung
des Logistikmanagements, des Exzellenz-Begriffs und des Viable System
Model nach STAFFORD BEER die Grundlage fÄr den Aufbau des erklÅrungstheoretischen
Modells zur Betrachtung der Erfolgsfaktoren von exzellentem
Logistikmanagement.
2.1 Exzellentes Logistikmanagement
Das dieser Arbeit zugrunde gelegte VerstÅndnis von exzellentem Logistikmanagement
wird in den folgenden Abschnitten hergeleitet. Nach der getrennten
Vorstellung von Logistikmanagement und der Darstellung der Herkunft und
Institutionalisierung des Exzellenz-Begriffs werden die Erfolgsfaktoren von
exzellentem Logistikmanagement auf Basis ausfÄhrlicher Studien zu diesem
Bereich systematisch ermittelt.
2.1.1 Logistikmanagement als Managementkonzeption
Logistikmanagement als Managementkonzeption bietet zahlreiche BetrachtungsmÉglichkeiten,
welche vom jeweiligen Untersuchungszweck abhÅngig sind. Im
Folgenden wird daher zunÅchst ein VerstÅndnis von Logistikmanagement
geschaffen und anschlieáend in Bezug auf das zu modellierende erklÅrungstheoretische
Modell auf die Handlungsebenen des Logistikmanagements
eingegangen.
2.1.1.1 Definition und Abgrenzung von Logistikmanagement
Logistikmanagement ist der Prozess der Planung, Realisierung und Kontrolle des
effizienten sowie effektiven Flieáens und Lagerns von Rohstoffen, Halbfabrikaten
und Fertigfabrikaten und der damit zusammenhÅngenden Information vom
Liefer- zum Empfangspunkt entsprechend den Anforderungen des Kunden. 6
6
Vgl. Pfohl (2000), S. 4, Quelle: http://www.bvl.de/positionspapier (17.10.2012)
4

Theoretischer Bezugsrahmen
Die flussorientierte Sicht der Logistik zur GewÅhrleistung der Versorgungssicherheit,
in der die Koordination des Material- und Informationsflusses eine
zentrale Rolle spielt, hat sich in der Praxis und in der Wissenschaft etabliert. 7 Sie
erlaubt die Einteilung des Material- und Informationsflusses in die phasenspezifischen
Subsysteme Beschaffungs-, Produktions-, Distributions-, Ersatzteilund
Entsorgungslogistik. 8 Diese Unterscheidung nach Aufgaben erlaubt eine
Aufteilung in die verrichtungsspezifischen Subsysteme Auftragsabwicklung,
Lagerhaltung, Lagerhaus, Verpackung und Transport. 9 Die RaumÄberwindung
und ZeitÄberbrÄckung 10 als Prozess der Realisierung erfolgt somit im logistischen
Leistungssystem als Bereich des GÄterkreislaufs. 11
Von der Realisationshandlung im logistischen Leistungssystem gilt es die
Koordination des FÄhrungssystems, welches alle Handlungen und Entscheidungen
zum Vollzug der Realisationshandlungen zusammenfasst 12 , als Abstimmung
der arbeitsteilig vollzogenen FÄhrungshandlungen im Unternehmen abzugrenzen.
13
Koordination im logistischen Kontext wird hÅufig durch Planung und Kontrolle
als Grundfunktion des Managements 14 umschrieben. Dabei geht der hier verwendete
Planungs- und Kontrollbegriff 15 Äber die zukunftsbezogene ProblemlÉsung
mit dem Anspruch der systematischen Vorgehensweise und einem Soll-Ist-
Vergleich hinaus und ist vielmehr aus dem kybernetischen KontrollverstÅndnis
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Vgl. Weber (2012), S. 4, Quelle: http://www.bvl.de/positionspapier (17.10.2012)
Vgl. Pfohl (2000), S. 181
Vgl. ebenda, S. 77
Vgl. Kirsch (1971), S. 227
Vgl. KÄpper (2008), S. 485
Vgl. ebenda, S. 29
Vgl. Schweitzer; Friedl (1992), S. 145
Vgl. Fluri; Ulrich (1995), S. 17f.
Vgl. Pfohl; StÉlzle (1997), S. 2f.
5

Theoretischer Bezugsrahmen
(„to control“) heraus als Lenkung, Steuerung und Regelung von Prozessen zu
sehen. 16
Die vielfÅltigen Definitions- und SystematisierungsansÅtze verdeutlichen das
breite Spektrum und Spannungsfeld des Logistikmanagements und erfordern eine
prÅzise zweckbezogene Definition. 17 Die vorliegende Arbeit definiert Logistikmanagement
als die Planung, Koordination, Realisierung und Kontrolle unternehmensinterner
und unternehmensÄbergreifender Material- und InformationsflÄsse.
18
2.1.1.2 Handlungsebenen des Logistikmanagements
Beim Umgang mit den logistischen Herausforderungen der Unternehmung wird
hinsichtlich der Managementaufgaben zwischen operativer, strategischer und
normativer Dimension unterschieden. 19
Zum operativen Logistikmanagement, welches die unmittelbare Steuerung des
laufenden unternehmerischen WertschÉpfungsprozesses umfasst 20 , zÅhlen besonders
solche Aufgaben, die kurzfristige Zuordnungs-, Reihenfolge- und Dispositionsentscheidungen
erfordern. 21 Dabei dienen Planung und Kontrolle der Sicherstellung
der Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung. 22
Das strategische Logistikmanagement als zukunftsgerichtete Handlungsfolge zur
Erreichung Äbergeordneter Logistikziele dient der Erfolgsvorsteuerung durch den
frÄhzeitigen und systematischen Aufbau von wettbewerbskritischen Potenzialen.
23
16
17
18
19
20
21
22
23
Vgl. Weber (1991a), S. 11
Vgl. Klaus; Krieger; Krupp (2012), S. XVIIff.
Vgl. Weber (1991b), S. 123
Vgl. Bleicher (1999), S. 71
Vgl. Fluri; Ulrich (1995), S. 20
Vgl. Klaus; Krieger; Krupp (2012), S. 395
Vgl. Weber (1991a), S. 56
Vgl. GÅlweiler (1987), S. 70
6

Theoretischer Bezugsrahmen
Als Unternehmensfunktion gilt es fÄr die Logistik, eine Strategie zu definieren,
welche sich auf Kostensenkungs- und Kundennutzensteigerungspotenziale fokussiert.
24 Auf diese Weise detailliert die Logistikstrategie die Logistik als Unternehmensfunktion
und trÅgt zur funktionsÄbergreifenden Integration bei. 25
Der Konsens der Anspruchsgruppen in Bezug auf die Wertvorstellungen des
Unternehmens entscheidet Äber dessen Lebens- und EntwicklungsfÅhigkeit. 26
Hierzu leistet das normative Management mit der Formulierung von Zielen,
Prinzipien und Normen seinen Beitrag. 27 Der Unterschied zum strategischen
Management wird besonders hinsichtlich der langfristigen LebensfÅhigkeit
deutlich, welche nicht durch strategische Ungewissheit, sondern durch den
mangelnden Konsens der Anspruchsgruppen des Unternehmens hinsichtlich der
normativen Wertvorstellungen bestimmt wird. 28
Das Logistikleitbild hÅlt die auf den Unternehmenswerten beruhenden bereichsund
funktionsÄbergreifenden Verhaltensprinzipien fest. 29 Besonders hervorzuheben
sind die an Nachhaltigkeit orientierten Ékonomischen, Ékologischen und
sozialen Dimensionen des Logistikmanagements, die die VerknÄpfung mit der
Unternehmenskultur verdeutlichen. 30
2.1.2 Exzellenz
In den folgenden Abschnitten gilt es nach KlÅrung des Exzellenz-Begriffes und
seiner Herkunft die Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement auf
Basis ausfÄhrlicher Studien zu diesem Thema zu ermitteln.
24
25
26
27
28
29
30
Vgl. Schulte (2009), S. 29
Vgl. Pfohl (2004), S. 90
Vgl. Bleicher (1999), S. 74
Vgl. ebenda
Vgl. Fluri; Ulrich (1995), S. 21
Vgl. Pfohl (2004), S. 76
Vgl. Seuring; MÄller (2008), S. 1699, Quelle: http://www.bvl.de/positionspapier
(17.10.2012)
7

Theoretischer Bezugsrahmen
2.1.2.1 Definition und Institutionalisierung
Exzellente Unternehmen erzielen Äberdurchschnittliche Leistungen durch InnovationsstÅrke,
VerÅnderungsfÅhigkeit und eine werte- und handlungsorientierte
FÄhrung. 31
Das dem Exzellenz-Begriff innewohnende Interesse am Vergleich der eigenen
Leistung mit der anderer Unternehmen durch Benchmarks hat in den 1980er
Jahren zur Institutionalisierung der Exzellenz in Form verschiedener gemeinnÄtziger
Organisationen gefÄhrt. 32 Deren Hauptanliegen war die Schaffung eines
objektiven unternehmensÄbergreifenden Rahmenwerkes fÄr das QualitÅtsmanagement.
33
Hervorzuheben ist die im Jahr 1988 durch 14 fÄhrende westeuropÅische Unternehmen
initiierte GrÄndung der EUROPEAN FOUNDATION FOR QUALITY MANA-
GEMENT (EFQM) als gemeinnÄtzige Organisation mit Sitz in BrÄssel, aus der
1991 das EFQM-Modell hervorging. 34 Das EFQM-Modell bildet die Bewertungsbasis
fÄr den „European Quality Award“, der im Jahr 2010 in „European
Excellence Award (EEA)“ umbenannt wurde und mit dem jÅhrlich exzellente
Unternehmen ausgezeichnet werden. 35 Exzellenz umfasst im EFQM-Modell neun
Bewertungskriterien, von denen „Ergebnisorientierung“, „Prozesse, Produkte und
Services“ sowie „FÄhrung“ als HauptsÅulen hervorzuheben sind. 36
Im gleichen Jahr wie die EUROPEAN FOUNDATION FOR QUALITY MANAGEMENT
wurde das nach dem Co-Entwickler des TOYOTA PRODUCTION SYSTEM benannten
„Shingo Prize“ als gemeinnÄtzige Organisation mit zentralem Sitz an der
UTAH STATE UNIVERSITY gegrÄndet. 37 Der in Partnerschaft mit der ASSOCIA-
31
32
33
34
35
36
37
Vgl. Hermel; Ramis-Pujol (2003), S. 232, Quelle: http://www.efqm.org/efqm-model/
fundamental-concepts (15.10.2013)
Vgl. Kristensen; Juhl; Eskildsen (2001), S. 19
Vgl. Rothlauf (2010), S. 545
Vgl. ebenda
Vgl. Zollondz (2010), S. 343
Quelle: http://www.efqm.org/efqm-model/fundamental-concepts (15.10.2013)
Vgl. Chakravorty; Atwater; Herbert (2008), S. 422
8

Theoretischer Bezugsrahmen
TION OF MANUFACTURING EXCELLENCE (AME), der ASSOCIATION OF OPERATI-
ONS MANAGEMENT (APICS), der GREATER BOSTON MANUFACTURING PART-
NERSHIP und der SOCIETY OF MANUFACTURING ENGINEERS (SMES) jÅhrlich verliehene
„Shingo Prize“ mit starkem Fokus auf der Eliminierung von Verschwendung
und kontinuierlicher Verbesserung beruht auf definierten Operational-Excellence-Prinzipien.
38
Aus dem deutschsprachigen Raum sind besonders der seit 1992 von
A.T. KEARNEY und der Wirtschaftszeitung PRODUKTION fÄr „Global Excellence
in Operations“ verliehene „GEO Award“ 39 und der im Jahre 1995 von der OTTO
BEISHEIM SCHOOL OF MANAGEMENT (WHU), INSEAD und der WIRT-
SCHAFTSWOCHE gegrÄndete Wettbewerb „Die Beste Fabrik“ 40 mit dem „Industrial
Excellence Awards“ zu nennen.
Der Exzellenz-Ansatz im „GEO Award“ beruht auf sechs Leistungsdimensionen:
Wertgenerierung, Kundenzufriedenheit, Wirtschaftlichkeit, QualitÅt, AgilitÅt und
Innovation 41 , wogegen bei „Die Beste Fabrik“ die ManagementqualitÅt (Delegation,
Integration, Kommunikation, Beteiligung, Mitarbeiterentwicklung) sowie
die Prozessbeherrschung (Strategieumsetzungsprozess, Lieferkettenprozess,
Produktentwicklungsprozess und dem Prozessentwicklungsprozess) bewertet
werden. 42
2.1.2.2 Ergebnisse der Studien zu exzellentem Logistikmanagement
Zahlreiche Studien zur Logistik-Exzellenz entstanden in den 1980er bis Mitte der
1990er Jahre, getrieben durch die verÅnderten globalen rechtlichen und
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. 43 Hervorzuheben sind besonders die
Studien „Measuring and improving productivity in physical distribution“ des
38
39
40
41
42
43
Vgl. Chakravorty; Atwater; Herbert (2008), S. 425, Quelle: http://www.shingoprize.org
(02.10.2013)
Vgl. A.T. Kearney (2012)
Quelle: http://de.industrial-excellence-award.eu (28.09.2013)
Quelle: http://www.geo-award.de/content/de_de/competition.php (05.06.2012)
Vgl. Loch; Chick; Huchzermeier (2008), S. 7
Vgl. A.T. Kearney (1994), S. 48
9

Theoretischer Bezugsrahmen
NATIONAL COUNCIL OF PHYSICAL DISTRIBUTION MANAGEMENT aus dem Jahr
1984, „Leading Edge Logistics. Competitive Positioning for the 1990’s“ des
COUNCIL OF LOGISTICS MANAGEMENT von 1989, die 1994 erschienene Studie
„Achieving Customer Satisfaction through Logistics Excellence. Managing
Service Quality“ von A. T. KEARNEY und „Becoming a world class company
with logistics service quality“ von STOCK und LAMBERT aus dem Jahr 1992. Bei
den befragten Unternehmen handelt es sich zu mindestens 60 Prozent um
Industrieunternehmen mit Logistikabteilungen und jeweils zu 10 bis 20 Prozent
um Groá- bzw. Einzelhandelsunternehmen aus verschiedenen Branchen.
Die auf Äber 400 befragten nordamerikanischen und kanadischen Unternehmen
beruhende Studie des NATIONAL COUNCIL OF PHYSICAL DISTRIBUTION
MANAGEMENT aus dem Jahr 1984 fasst die wesentlichen Erfolgsfaktoren von
Programmen zur Steigerung der ProduktivitÅt in sieben Punkten zusammen.
Besonders hervorzuheben ist die Fokussierung auf die operationale ProduktivitÅt,
welche sowohl in Projekten als auch in der Routine durch einen Logistikmanager
auf Topmanagement-Ebene vorangetrieben wird. 44 Projekte und VerÅnderungen,
in denen die Erfolge regelmÅáig und flÅchendeckend kommuniziert werden,
erfolgen stets mit klar messbaren Zielen. 45
Nach der Studie des COUNCIL OF LOGISTICS MANAGEMENT aus dem Jahr 1989,
von deren 695 befragten nordamerikanischen Unternehmen sich 117 durch
„Leading Egde Logistics“ auszeichnen, steht fÄr die Firmen die auf Kundenzufriedenheit
ausgerichtete Strategie aus dem ganzheitlichen VerstÅndnis der
Logistik im Mittelpunkt. 46 Des Weiteren wird hier die organisatorische Verankerung
der Logistik durch Logistikmanager in einer bevorzugt zentralisierten
Funktion hervorgehoben, deren Umfeld sich durch Reorganisation zur Realisierung
von Erfolgspotenzialen auszeichnet. 47 Sowohl im flexiblen Umgang mit
kurzfristigen, ungeplanten Ereignissen als auch in der durch Logistikmanager
44
45
46
47
Vgl. National Council of Physical Distribution Management (1984), S. 98
Vgl. ebenda
Vgl. Council of Logistics Management (1989), S. 118f.
Vgl. ebenda, S. 98
10

Theoretischer Bezugsrahmen
bestimmten strategischen Ausrichtung des Unternehmens spielt die durch die
Informationstechnologie unterstÄtzte Logistikplanung eine zentrale Rolle. 48
Die Merkmale von Kundenzufriedenheit durch exzellente Logistik beschreibt
A.T. KEARNEY (1994) in acht Stufen. Im Kern des exzellenten Logistikmanagementgedankens
steht die auf die Bindung der Kunden, der Lieferanten
und der Service-Provider ausgerichtete Strategie einer integrierten Planung. 49
Hierzu bedarf es einer effektiven FÄhrung, welche sowohl kurzfristige operative
AktivitÅten als auch langfristige strategische Planungen auf die KundenbedÄrfnisse
ausrichtet und die Implementierung eines auf die QualitÅt ausgerichteten
kontinuierlichen Verbesserungsprozesses einfordert. 50
Die Studie von STOCK und LAMBERT (1992) untersucht die Merkmale der
LogistikqualitÅt bei „World Class“-Unternehmen. AuffÅllig an ihren Ergebnissen
ist besonders die Bedeutung einer klaren Unternehmensvision und -strategie, in
der die Logistik fest verankert ist und einen wesentlichen Beitrag zur Kundenorientierung
und -zufriedenheit leistet. 51 Weiterhin dient die Verpflichtung des
Managements zum Erreichen klar definierter Ziele als Fundament fÄr die Umsetzung.
52
2.1.2.3 Drei Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement
Ausgangspunkt der in diesem Kapitel erfolgenden Suche nach Erfolgsfaktoren
von exzellentem Logistikmanagement bilden die im vorhergehenden Abschnitt
dargestellten Studien, welche sich ausfÄhrlich mit den Erfolgsfaktoren von
Logistik-Exzellenz befassen und in der heutigen Literatur hÅufig als Referenz
genannt werden.
48
49
50
51
52
Vgl. Council of Logistics Management (1989), S. 173
Vgl. A.T. Kearney (1994), S. 48
Vgl. ebenda
Vgl. Lambert; Stock (1992), S. 73
Vgl. ebenda, S. 79
11

Theoretischer Bezugsrahmen
Bei der GegenÄberstellung der Studien ergeben sich hinsichtlich der spÅteren
erklÅrungstheoretischen Modellbildung unter Einbindung des Viable System
Model 53 drei gemeinsame Erfolgsfaktoren (vgl. Tab. 1).
Den ersten gemeinsamen Erfolgsfaktor bildet die Logistikvision, welche in
engem Zusammenhang mit der Logistikstrategie gesehen und in allen vier
Studien als Kernelement genannt wird. Als zweiter gemeinsamer Erfolgsfaktor
fÅllt die bedeutende Rolle des Logistikmanagers auf, welcher der Logistik in der
operativen und strategischen AusfÄhrung als Wettbewerbsfaktor den notwendigen
Raum im Topmanagement einrÅumt. Als dritter gemeinsamer Erfolgsfaktor
ist die integrale Rolle der Planung hervorzuheben, welche als Bindeglied Äber
verschiedene Beziehungsdimensionen (strategisch/operativ, funktionsÄbergreifend
etc.) hinweg fungiert.
Bezogen auf die Handlungsebenen des exzellenten Logistikmanagements lassen
sich die gemeinsamen Erfolgsfaktoren hauptsÅchlich der normativen und der
strategischen Dimension zuordnen, welche durch die integrale Planung verbunden
sind.
Aus den genannten GrÄnden wird in der vorliegenden Arbeit der Schwerpunkt
auf die folgenden drei Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement
gelegt:
1. die Verankerung der Logistik in der Unternehmensvision
2. die Rolle des Logistikmanagers
3. die Planung als integraler Bestandteil des exzellenten Logistikmanagements
Diese Faktoren werden im vierten Kapitel auf Grundlage des erklÅrungstheoretischen
Modells untersucht.
53
Vgl. Kapitel 3
12

Theoretischer Bezugsrahmen
Studie
Measuring and improving
productivity in physical
distribution
Verfasser/Herausgeber
National Council of Physical
Distribution Management
(NCPDM) (1984)
Vision/Strategie
„They focus on real productivity
gains from improved
utilization and performance
and from change of operational
technology – rather
than simply cost reduction.
This tend to require physical
rather than just financial
measurement
systems.“ (S. 98)
Management
„Logistics had emerged as a
major management
function.“ (S. 58)
„In virtually every really successful
program, there is a
single key executive considered
is motivating force by
peers and the company.“
(S. 98)
„They manage the process
of change with the same
attention as the management
of day-to-day operations.“
(S. 98)
Planung
„The key to improving utilization
is planning so that
actual capacity is matched to
the true resource need.
(S. 36)
Leading Edge Logistics.
Competitive Positioning for
the 1990’s
Council of Logistics
Management (1989)
„[...] are more apt to publish
their performance commitments
and standards by
issuing specific mission
statements.“ (S. 173)
„[...] have a greater tendency
to manage logistics as a
value-added process.“
(S. 118)
„[...] reflex a stronger commitment
to achieving and
maintaining customer satisfaction.“
(S. 118)
„[...] have chief logistics
officers who are more apt to
be involved in business-unit
strategic planning.“ (S. 173)
„[...] are responsible for more
traditional staff and line functions.“
(S. 98)
„[...] place a greater premium
on how well a service company
performs in managing
itself and its service to
clients.“ (S. 98)
„[...] expend more effort on
logistics planning.“ (S. 173)
„[...] tend to manage more
beyond or extended functional
responsibilities not
traditionally considered part
of logistics.“ (S. 98)
Achieving Customer
Satisfaction through
Logistics Excellence
Becoming a World Class
Company with logistics
service quality
A.T. Kearney (1994) Stock; Lambert (1992)
„[...] forge strong links with
customers, suppliers and
service providers by aligning
strategies.“ (S. 48)
„[...] ensure effective
management to drive and
implement a continuous
quality improvement
process.“ (S. 48)
„[...] integrate planning and
procedures internally across
functional areas and locations
to satisfy customers as
efficiently as possible.“
(S. 48)
Tab. 1 – Kernaussagen zum exzellenten Logistikmanagement (eigene Darstellung)
„Success requires a vision of
what it takes to become a
world class organization, the
commitment to achieve the
vision, and the resources to
carry out and implement the
vision.“ (S. 79)
„The linkage between logistics
and strategic management
and planning is customer
service.“ (S. 73)
„Additionally, those authors
indicate the importance of
logistics in strategic
management and strategic
planning activities.“ (S. 73)
2.2 Das Viable System Model nach STAFFORD BEER
Das Viable System Model nach STAFFORD BEER bildet die strukturelle Grundlage
fÄr das erklÅrungstheoretische Modell, welches im nÅchsten Kapitel konzipiert
wird und der erklÅrungstheoretischen Untersuchung der Erfolgsfaktoren von
exzellentem Logistikmanagement dient. Nach der Vorstellung der Zielsetzung
des Viable System Model werden zunÅchst das lebensfÅhige System definiert
13

Theoretischer Bezugsrahmen
und seine konstitutiven Merkmale beschrieben, bevor die einzelnen Systeme vorgestellt
werden.
2.2.1 Zielsetzung des Viable System Model
Das Viable System Model nach STAFFORD BEER zielt auf die kybernetische
Beschreibung einer beliebigen Unternehmensorganisation ab, deren Selbstzweck
die LebensfÅhigkeit ist. 54 Es handelt sich beim Viable System Model um einen
besonderen Anwendungsfall der Kybernetik als „Wissenschaft der Regelung und
Kommunikation bei Tier und Maschine“ (N. Wiener). 55
Im Mittelpunkt des Viable System Model steht die Identifikation und Organisation
invarianter Merkmale eines lebensfÅhigen Systems, welche das Viable
System Model als endgÄltiges Strukturmodell („homomorphes Strukturmodell“)
jede Unternehmensorganisation untersuchen und gestalten lÅsst. 56 Als kybernetische
Antwort auf den Umgang mit KomplexitÅt beschreibt das Viable System
Model die Anforderungen an eine lebensfÅhige Organisation. 57
2.2.2 Definition und Merkmale eines lebensfÄhigen Systems
Ein lebensfÅhiges System ist ein System, das sich durch den eigenstÅndigen und
unabhÅngigen Erhalt seiner Existenz auszeichnet. 58 Beide Merkmale werden
durch vorhandene Beziehungen zwischen den Elementen ermÉglicht, welche
einem kohÅrenten Muster unterliegen. 59 VerstÅrkende und dÅmpfende Mechanismen
hinter den als zeitlich dynamisch bestimmten kohÅrenten Beziehungen
stellen die innere und Åuáere StabilitÅt des lebensfÅhigen Systems im komplexen
Umfeld der vielfÅltigen Interessen, Anforderungen und Zielsetzungen sicher.
Diese Eigenschaft ermÉglicht es dem lebensfÅhigen System, sich unter
54
55
56
57
58
59
Vgl. Beer (1979), S. 113
Vgl. Oeser (1990), S. 19
Vgl. ebenda, S. 307, Beer (1989), S. 5, Adam (2001), S. 48
Vgl. Beer (1979), S. 113
Vgl. Beer (1989), S. 4
Vgl. Beer (1979), S. 8
14

Theoretischer Bezugsrahmen
Bewahrung seiner IdentitÅt durch lernende Prozesse an die sich wandelnden
Bedingungen seiner Umwelt anzupassen. 60
Die fÄr die StabilitÅt des lebensfÅhigen Systems erforderliche KomplexitÅt wird
durch den Beobachter als dessen intrinsischer Bestandteil definiert. 61 Er bestimmt
die Anzahl jener relevanten zweckorientierter ZustÅnde als subjektives Maá fÄr
die KomplexitÅt, welche als VarietÅt bezeichnet wird. 62
Die erforderliche VarietÅt des lebensfÅhigen Systems definiert nach „ASHBY’s
law of requisite variety“ das Gleichgewicht zwischen den Elementen und die
StabilitÅt des Gesamtsystems, wozu das lebensfÅhige System durch die natÄrliche,
systemimmanente Selbstregulation tendiert. 63
Die VarietÅt dient dem ordinalen Vergleich invarianter Beziehungen zwischen
den Ein- und AusgangsgrÉáen. 64 Hierzu bedarf es nicht notwendigerweise der
Kenntnis der genauen Funktionsweise der Transformation im jeweiligen Element.
65
Die RekursivitÅt des Viable System Model ermÉglicht unter Beachtung der
organisationalen Invarianzen in den selbstorganisierenden autonomen Subsystemen
die Internalisierung und damit den Umgang mit der viel grÉáeren Åuáeren
KomplexitÅt: das Gesamtsystem ist damit anpassungsfÅhig. 66
Die minimal erforderliche KohÅsion im System, welche im Einvernehmen mit
den beteiligten Menschen den Zusammenhalt des Gesamtsystems und das effektive
Zusammenspiel der Subsysteme sicherstellt, lÅsst eine maximale Autonomie
der rekursiven Subsysteme zu. 67
60
61
62
63
64
65
66
67
Vgl. Malik (1984), S. 80
Vgl. Beer (1979), S. 36
Vgl. ebenda, S. 32
Vgl. ebenda, S. 89
Vgl. ebenda, S. 29
Vgl. ebenda, S. 40
Vgl. Espejo; Gill (1997), S. 2
Vgl. Beer (1979), S. 158
15

Theoretischer Bezugsrahmen
GemÅá dem ersten der vier Prinzipien der Organisation lebensfÅhiger Systeme
mÄssen die nach einem Ausgleich strebenden VarietÅten zwischen den Elementen
gezielt gestaltet werden. 68 Der Ausgleich der VarietÅten erfolgt nur dann nach
dem zweiten Prinzip, wenn die KanÅle zwischen den Elementen genÄgend
varietÅtsrelevante Informationen austauschen kÉnnen. 69 Dazu muss die VarietÅt
der am Informationsaustausch beteiligten Ñbertragungseinheit nach dem dritten
Prinzip der Organisation mindestens genau so groá sein wie die VarietÅt des
Austauschkanals. 70 Unter Beachtung der sich verÅndernden Umwelt sind gemÅá
dem vierten Prinzip der Organisation die ersten drei Prinzipien kontinuierlich neu
zu bewerten. 71
2.2.3 Aufbau des Viable System Model
Die beschriebenen Eigenschaften eines lebensfÅhigen Systems erlauben den
Aufbau eines Modells, dessen invariante Merkmale auf jeder Ebene der Rekursion
wiederzufinden sind.
An dieser Stelle ist besonders hervorzuheben, dass die im Folgenden beschriebenen
Systeme Funktionen ausÄben und nicht immer mit einer eigenstÅndigen
Organisationseinheit in der Aufbauorganisation gleichzusetzen sind. 72 Da es bei
dem Viable System Model um die explizite Untersuchung und Gestaltung der
invarianten Merkmale geht, sollten die Funktionen bewusst losgelÉst von der
organisatorischen Verankerung betrachtet werden, um die Funktionsweise nicht
durch strukturelle Hindernisse und Interessen zu gefÅhrden.
Umgekehrt zeigt sich spÅter besonders bei der Rolle des Logistikmanagers, dass
dort, wo Funktion und Stelle in der Aufbauorganisation zusammenfallen, eine
bewusste VerstÅrkung der Austauschprozesse und Stabilisierung der Lebens-
68
69
70
71
72
Vgl. Beer (1979), S. 97
Vgl. ebenda, S. 98
Vgl. ebenda, S. 99
Vgl. ebenda, S. 258
Vgl. Malik (1984), S. 75, Beer (1979), S. 368
16

Theoretischer Bezugsrahmen
fÅhigkeit des Gesamtsystems eintritt. 73 Die organisatorische Zuordnung sollte
daher erst nach der genauen Abgrenzung der Systeme und unter dem Aspekt der
maximalen Wirksamkeit erfolgen.
2.2.3.1 System 1 – Operation
Den Kern von System 1, welches Operation genannt wird, bildet die organisatorische
Elementareinheit, bestehend aus den Subsystemen Umwelt, Operationseinheit
und der dazugehÉrigen Leitung (vgl. Abb. 1, links). 74
Leitung
Operationseinheit
VerstÑrkung
DÑmpfung
Umwelt
V V
V
Abb. 1 – Aufbau der organisatorischen Elementareinheit 75
Der fÄr die LebensfÅhigkeit erforderliche Ausgleich der VarietÅten zwischen den
Subsystemen der organisatorischen Elementareinheit findet durch VerstÅrkung
und DÅmpfung im Austauschprozess statt. 76 Zur besseren Erkennbarkeit werden
die Elemente der organisatorischen Elementareinheit nebeneinander dargestellt
(vgl. Abb. 1, rechts). Die VerstÅrkung wird durch Pfeile mit Dreiecken und die
DÅmpfung durch Pfeile mit Federn symbolisiert. Der Ñbersichtlichkeit wegen
werden die Dreiecke und Federn oftmals weggelassen. Die GrÉáe des Buchstaben
V deutet auf die unterschiedliche VarietÅt der Elemente der organisatorischen
Elementareinheiten hin, welche ASHBY’s Gesetz zufolge nach einem
Gleichgewicht – in Form eines gleich groáen V – streben. Der mit der Ñber-
73
74
75
76
Vgl. Abschnitt 4.1.2
Vgl. Beer (1979), S. 94
Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 96
Vgl. Beer (1979), S. 99
17

Theoretischer Bezugsrahmen
tragung (Translation) einhergehende Verlust (Reduktion) an Informationsgehalt
wird Transduktion genannt. 77
Die KohÅsion zwischen den organisatorischen Elementareinheiten entsteht durch
Austauschprozesse, welche zur ErfÄllung des vom Äbergeordneten Metasystem
definierten Zwecks tendieren. 78 Ein vereinfachter Austauschprozess von drei
organisatorischen Elementareinheiten stellt sich mit disjunkten Umwelten und
dem Metasystem dar (vgl. Abb. 2, links).
System 1
Metasystem
Operationseinheit
System 1
Metasystem
Umwelt
Operative
Leitung
Abb. 2 – Austauschprozesse zwischen den organisatorischen Elementareinheiten und dem
Metasystem 79
Aufgrund gemeinsamer Umweltanteile entstehen zwischen den einzelnen
Elementen der organisatorischen Elementareinheiten Austauschprozesse, welche
durch Federsymbole zwischen den Operationseinheiten sowie Verbindungspfeile
zwischen den operativen Leitungen symbolisiert werden (vgl. Abb. 2, rechts).
Die Gesamtheit der organisatorischen Elementareinheiten mit ihren horizontalen
und vertikalen Austauschprozessen bildet das System 1. 80
FÄr ein Produktionswerk (System 1) lieáen sich beispielsweise die organisatorischen
Elementareinheiten in die phasenspezifischen Subsysteme Beschaffungs-,
Produktions-, Distributions-, Ersatzteil- und Entsorgungslogistik einteilen. 81
77
78
79
80
Vgl. Beer (1979), S. 99
Vgl. ebenda, S. 120
Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 127
Vgl. Beer (1979), S. 132
18

Theoretischer Bezugsrahmen
2.2.3.2 System 2 – Koordination
Die Sicherstellung der minimal erforderlichen KohÅrenz bei maximaler Autonomie
erfordert in den Austauschprozessen zwischen den organisatorischen
Elementareinheiten und dem Metasystem eine anti-oszillierende DÅmpfung. 82
Die Aufgabe von System 2, auch Koordination genannt, liegt in der Abstimmung
der metasystemischen Vorgaben fÄr die Beziehung zwischen dem Metasystem
und seinen Subsystemen. 83 Diese Eigenschaft zeichnet die Koordination als
UnterstÄtzungsfunktion aus und grenzt sich dadurch von der Operation (System 1)
und dem Metasystem ab.
Metasystem
2
Koordination
1
1
1
Operative
Leitungseinheit
Abb. 3 – Einordnung der Koordination zwischen der Operation und dem Metasystem 84
Die Koordination ist zwischen Operation (System 1, hier vereinfacht durch die
operativen Leitungseinheiten dargestellt) und Metasystem einzuordnen (vgl.
Abb. 3). Zu ihrer Gestaltung bedarf es der Beachtung der Anforderungen von
System 1 und des Metasystems, welche aus dem verfolgten Zweck und den
Austauschbeziehungen resultieren. 85
81
82
83
84
85
Vgl. Abschnitt 2.1.1.1
Vgl. Beer (1979), S. 177
Vgl. Beer (1985), S. 69
Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 176
Vgl. Beer (1985), S. 183
19

Theoretischer Bezugsrahmen
2.2.3.3 System 3 – Operatives Management
System 3, auch operatives Management genannt, stellt mit der Sicht nach innen
und auf die Gegenwart nicht nur die zweckgerichtete KohÅsion zwischen den
organisatorischen Elementareinheiten her, sondern fÉrdert unter Einbindung von
System 2 auch den nach Gleichgewicht strebenden Austauschprozess zwischen
den Subsystemen 2 und 1 sowie dem Metasystem. 86
Metasystem
3
Operatives Management
2
Koordination
1
Vertikale Befehlsachse
1
1
Operative Leitungseinheit
Abb. 4 – Operatives Management im Austausch mit den Subsystemen 87
Der vertikale Austauschprozess erfolgt nicht ausschlieálich Äber die vertikale
Befehlsachse des operativen Managements und die Leitungseinheiten der Operation,
sondern Äber die Koordination und die von den Operationseinheiten wahrgenommenen
Vorgaben, welche sich aus dem Äbergeordneten Unternehmenszweck
ableiten (vgl. Abb. 4). 88
2.2.3.4 System 4 – Strategisches Management
Das Erkennen von problematischen UmweltverÅnderungen mit signifikanten
Auswirkungen auf die gegenwÅrtigen Operationen der Systeme 3-2-1 setzt die
86
87
88
Vgl. Beer (1979), S. 202
Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 210
Vgl. Abschnitt 2.2.3.5
20

Theoretischer Bezugsrahmen
stÅndige Wiederbewertung und Abgrenzung der „akzeptierten“ und „problematischen“
Umwelten zwecks vorbeugender Ableitung von Maánahmen voraus. 89
System 4, auch strategisches Management genannt, widmet sich als weiteres
Element des Metasystems genau dieser Aufgabe (vgl. Abb. 5).
?
Normatives
Management
4
3
Strategisches Management
Operatives Management
2
Koordination
1
Operation (System 1)
1
1
Leitung der organisatorischen Elementareinheit
Organisatorische Elementareinheit
Abb. 5 – Strategisches Management zwischen unbestimmten MÅrkten und dem operativen GeschÅft
90
GemÅá dem Viable System Model bildet das strategische Management als
Erweiterung der vertikalen Befehlsachse das Bindeglied zwischen der sich
verÅndernden Auáenwelt und dem operativen Management.
2.2.3.5 System 5 – Normatives Management
Zwischen den nach innen gerichteten Systemen 3-2-1 und dem nach auáen in die
Zukunft gerichteten System 4 bedarf es einer metasystemischen Funktion,
welche die Geschlossenheit des Gesamtsystems sicherstellt. 91
89
90
Vgl. Beer (1979), S. 227
Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 227
21

Theoretischer Bezugsrahmen
Die Geschlossenheit wird durch das ausgleichende System 5, auch normatives
Management genannt, hergestellt, wodurch die selbstreferenzierende IdentitÅt des
Gesamtsystems entsteht und gewahrt wird (vgl. Abb. 6). 92
5
Normatives Management
4
Strategisches Management
3
Operatives Management
Abb. 6 – Gleichgewicht zwischen dem operativen und dem strategischen Management durch
das normative Management 93
Das Viable System Model nach STAFFORD BEER lÅsst sich somit in das lebensfÅhige
Subsystem mit den Systemen 3-2-1 und dem Metasystem 5-4-3 aufteilen,
dessen Dreh- und Angelpunkt das System 3 als Schnittstelle zwischen den nach
innen auf die Gegenwart gerichteten AktivitÅten und nach auáen durch die
Zukunft geforderten Anforderungen bildet. 94
2.3 Zusammenfassung
Die Kernfunktion des Logistikmanagements als erstes Element des theoretischen
Bezugsrahmens bildet die auf die unternehmensinterne und unternehmens-
Äbergreifende Material- und InformationsflÄsse bezogene Koordination.
Als wesentliches Ergebnis des zweiten Elements des theoretischen Bezugsrahmens
gilt es unter den Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement
die Logistikvision, die Rolle des Logistikmanagers und die Bedeutung der
91
92
93
94
Vgl. Beer (1979), S. 259
Vgl. ebenda, S. 260
Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 262
Vgl. Beer (1979), S. 263
22

Theoretischer Bezugsrahmen
integralen Planung hervorzuheben, welche sich der normativen und strategischen
Handlungsebene des Logistikmanagements zuordnen lassen.
Das dritte Element des theoretischen Bezugsrahmens bildet das Viable System
Model als besonderer Anwendungsfall fÄr die Untersuchung und Gestaltung
lebensfÅhiger Unternehmensorganisationen durch invariante Organisationsprinzipien.
Mit der Vorstellung des Logistikmanagements, den Erfolgsfaktoren von exzellentem
Logistikmanagement und dem Viable System Model nach STAFFORD
BEER wurde die Grundlage fÄr die erklÅrungstheoretische Modellbildung im
nÅchsten Kapitel geschaffen.
23

Aufbau des erklÅrungstheoretischen Modells
3 Aufbau des erklÄrungstheoretischen Modells
Nachdem die modellrelevanten Elemente des theoretischen Bezugsrahmens
vorgestellt worden sind, gilt es in diesem Kapitel das erklÅrungstheoretische
Modell zu konzipieren, das eine fundierte Untersuchung der Erfolgsfaktoren
eines exzellenten Logistikmanagements erlaubt. Vor der Modellbildung wird
zunÅchst geprÄft, ob zwischen exzellentem Logistikmanagement und dem Viable
System Model eine StrukturadÅquanz besteht.
3.1 StrukturadÄquanz von exzellentem Logistikmanagement und dem
Viable System Model nach STAFFORD BEER
Der Aufbau eines erklÅrungstheoretischen Modells setzt eine StrukturadÅquanz
von exzellentem Logistikmanagement und dem Viable System Model nach
STAFFORD BEER voraus. Sie gilt es durch die GegenÄberstellung von Zweck und
Struktur beider Konzeptionen zu prÄfen.
3.1.1 Zielsetzung
Eine erklÅrungstheoretische Betrachtung von exzellentem Logistikmanagement
anhand des Viable System Model von STAFFORD BEER ist nur dann zulÅssig,
wenn beide Konzeptionen strukturadÅquat sind. Unter StrukturadÅquanz wird im
vorliegenden Zusammenhang eine konzeptionelle âhnlichkeit verstanden,
welche sich durch die interdisziplinÅre Ñbertragung von Paradigmen und
Kontexten 95 , hier bezogen auf exzellentes Logistikmanagement und das Viable
System Model, zur ErklÅrung von Problemstellungen eignet. 96
Als Grundlage fÄr den Strukturvergleich aus Sicht des exzellenten
Logistikmanagements wird das Positionspapier der BUNDESVEREINIGUNG
LOGISTIK zugrunde gelegt. Dieses definiert die Merkmale der Logistik als
95
96
Vgl. Heidelberger (1994), S. 341
Vgl. Krick (1998), S. 139
24

Aufbau des erklÅrungstheoretischen Modells
Wissenschaftsdisziplin und beschreibt das Fundament von exzellentem
Logistikmanagement.
Als strukturelle Elemente werden in dem Positionspapier genannt: 1. Erkenntnisobjekt
der Logistik: FlÄsse in Netzwerken, 2. Logistische Aggregationsgrade:
SelbstÅhnlichkeit des Netzwerkmodells, 3. InterdisziplinaritÅt der Logistik,
4. Bezug des Begriffs-, Theorie- und Methodenzugangs zum Netzwerkmodell,
und 5. Anwendungsorientierung der Logistikwissenschaft.
3.1.2 PrÇfung und Ergebnis
Als Wissenschaften, die sich mit dem Material- und Informationsfluss bzw. der
Systemlenkung komplexer Systeme beschÅftigen, verfolgen sowohl die Logistik
als auch die Kybernetik den gleichen Zweck des Erkennens, der Beschreibung,
der Untersuchung und der Gestaltung von VorgÅngen und Strukturen in realen
Systemen. 97
Auch beim Vergleich der Erkenntnisobjekte lassen sich âhnlichkeiten finden.
WÅhrend die Logistik versucht, wirtschaftliche VorgÅnge als FlÄsse von GÄtern,
Informationen, Menschen, Werten und anderen Objekten in Netzwerken zu
interpretieren, sucht das Viable System Model nach GesetzmÅáigkeiten zur
ErklÅrung des VarietÅtsausgleichs in Austauschprozessen zwischen den Systemen.
98 Somit bilden in beiden Wissenschaften Flieáprozesse das Erkenntnisobjekt.
Im Gegensatz zu den Ékonomischen, Ékologischen und sozialen Zieldimensionen
und der technischen und organisatorischen Sichtweise auf die FlÄsse in der
Logistik lÅsst das Viable System Model mit seinem durch den Betrachter
bestimmten Zweck bewusst grÉáere InterpretationsspielrÅume zu. 99 Hinsichtlich
97
98
99
Quelle: http://www.bvl.de/positionspapier (17.10.2012), Malik (1994), S. 77
Vgl. ebenda, Beer (1979), S. 89
Vgl. ebenda, Beer (1979), S. 9
25

Aufbau des erklÅrungstheoretischen Modells
des zentralen Punktes jedoch, dass der Mensch im Mittelpunkt des Systems steht,
sind sich beide Konzepte einig. 100
Die SelbstÅhnlichkeit des Netzwerkmodells, welche die logistische Aggregation
von individuellen Akteuren („Mikro-Ebene“) Äber Wirtschaftseinheiten („Meso-
Ebene“) bis hin zu Volkswirtschaften („Makro-Ebene“) zulÅsst, ist im Viable
System Model als Prinzip der RekursivitÅt und als Prinzip der LebensfÅhigkeit
(„ViabilitÅtsprinzip“) definiert. 101
Auch findet sich InterdisziplinaritÅt als Wesensmerkmal der Logistik, welche
darauf abzielt, die Erkenntnisse unterschiedlicher Wissenschaften zu nutzen, sich
in der Herkunft des Viable System Model aus der Systemtheorie und Kybernetik
wieder. 102 Den Theorie- und Methodenzugang der Logistik wiederum verschafft
sich das Viable System Model als homomorphes Strukturmodell je nach Untersuchungszweck.
103 Zudem ist die Anwendungsorientierung der Logistik im
Viable System Model als Wissenschaft des Managements in verschiedenen praktischen
LÉsungsansÅtzen wiederzufinden. 104
Zusammenfassend lÅsst sich also sagen, dass mit dem Äbergeordneten gemeinsamen
Zweck und den auf das Viable System Model Äbertragbaren Strukturelementen
zwischen diesem und der Logistik als Fundament fÄr exzellentes Logistikmanagement
StrukturadÅquanz vorliegt.
3.2 Das Viable System Model als Basis eines erklÄrungstheoretischen
Modells zur Betrachtung von exzellentem Logistikmanagement
Ausgehend von der nachgewiesenen StrukturadÅquanz, gilt es, ein erklÅrungstheoretisches
Modell zur Betrachtung der Erfolgsfaktoren von exzellentem
Logistikmanagement aufzubauen. Dies erfolgt durch die Integration der konsti-
100 Quelle: http://www.bvl.de/positionspapier (17.10.2012), Beer (1979), S. 42
101 Vgl. ebenda, Malik (1994), S. 75
102 Vgl. Bertalanffy (1972), S. 42
103 Quelle: http://www.bvl.de/positionspapier (17.10.2012)
104 Vgl. ebenda, Malik (1994), S. 76
26

Aufbau des erklÅrungstheoretischen Modells
tutiven Merkmale 105 und Handlungsebenen 106 von exzellentem Logistikmanagement
in die Systeme des Viable System Model (vgl. Abb. 7). 107
?
Logistikleitbild
4
3
Strategisches Logistikmanagement
Operatives Logistikmanagement
2
Koordination
1
Logistisches Leistungssystem
1
1
Logistische Leistungseinheit
Abb. 7 – Aufbau des erklÅrungstheoretischen Modells 108
Es sei an dieser Stelle noch einmal angemerkt, dass die beschriebenen Systeme
als Funktionen zu verstehen sind, welche zunÅchst losgelÉst von der organisatorischen
Zuordnung zu betrachten sind, um die LebensfÅhigkeit des Systems nicht
durch organisatorische Schnittstellen und Interessen zu gefÅhrden. 109
105 Vgl. Abschnitt 2.1.1.1
106 Vgl. Abschnitt 2.1.1.2
107 Vgl. Abschnitt 2.2.3
108 Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 255
109 Vgl. Abschnitt 2.2.3, Beer (1979), S. 368
27

Aufbau des erklÅrungstheoretischen Modells
3.2.1 System 1 – Logistisches Leistungssystem
Die Operation der organisatorischen Elementareinheit lÅsst sich mit der
Realisationshandlung des logistischen Leistungssystems vergleichen. 110 Hier
findet sich die Funktion des Logistikmanagements zur RaumÄberwindung und
ZeitÄberbrÄckung wieder, weswegen dieses System im erklÅrungstheoretischen
Modell als Logistisches Leistungssystem bezeichnet wird. 111 Das Logistische
Leistungssystem lÅsst sich gemÅá der flussorientierten Sicht der Logistik in
phasenspezifische und verrichtungsspezifische Subsysteme unterteilen. 112 Als
Beispiel fÄr ein Logistisches Leistungssystem sei die Werkslogistik eines
Produktionswerkes genannt, welche sich in die Subsysteme Auftragsabwicklung,
Lagerhaltung, Lagerhaus, Verpackung und Transport gliedern lÅsst.
3.2.2 System 2 – Koordination
Die Kernfunktion von exzellentem Logistikmanagement ist die Erfassung und
Integration der logistischen Programmplanungen zwischen den einzelnen phasenund
verrichtungsspezifischen Subsystemen. 113 Die hiermit verbundene Lenkung,
Steuerung und Regelung 114 von Prozessen als konstitutives Merkmal der Logistik
und des Controllings wird in Anlehnung an das Viable System Model als Koordination
bezeichnet. 115 In der Praxis ist die Koordination insbesondere in den
computergestÄtzten Logistikanwendungen wiederzufinden, welche die logistischen
Prozesse in den verschiedenen Subsystemen wie Lagerhaltung und Transport
sowohl bei der Planung als auch bei der Abwicklung unterstÄtzen. 116
110 Vgl. Beer (1979), S. 94, Schweitzer; Friedl (1992), S. 145, Abschnitt 2.1.1.1
111 Vgl. Delfmann (2012), S. 269
112 Vgl. Abschnitt 2.1.1.1
113 Vgl. KÄpper (2008), S. 486
114 Vgl. Weber (1991a), S. 11
115 Vgl. KÄpper (2008), S. 486
116 Vgl. Hausladen (2011), S. 10ff.
28

Aufbau des erklÅrungstheoretischen Modells
3.2.3 System 3 – Operatives Logistikmanagement
Das Logistikmanagement lÅsst sich in eine operative und eine strategische
Dimension einteilen, deren Gestaltungs- und Handlungsprinzipien sich aus dem
normativen Logistikleitbild ableiten. 117 Die Material- und InformationsflÄsse,
welche sich im Logistischen Leistungssystem abspielen, gilt es Äbergreifend zu
planen und zu kontrollieren. Dies erfolgt insbesondere unter Einbindung von
System 2, welches den Informationsfluss zwischen dem Logistischen Leistungssystem
und dem funktional Äbergeordneten System 3 koordiniert. System 3 wird
als operatives Logistikmanagement bezeichnet.
Von der Koordinationsfunktion (System 2) gilt es das operative Logistikmanagement
mit Planung, Entscheidung und Kontrolle als Bestandteil des formellen
FÄhrungsprozess zur Formulierung und Kommunikation von Zielen abzugrenzen.
118 Wichtig ist die im Planungsprozess enthaltene, abschlieáende Entscheidung
als originÅre Aufgabe des Managements. 119
3.2.4 System 4 – Strategisches Logistikmanagement
Den nach innen auf die logistische Operation (System 1) gerichteten Blick des
operativen Logistikmanagements (System 3) gilt es um die nach auáen und in die
Zukunft gerichtete Logistikstrategie zu ergÅnzen. Ihr kommen insbesondere die
frÄhzeitige Identifizierung und der systematische Aufbau von wettbewerbskritischen
Erfolgspotenzialen zu. 120 In Bezug auf ihre integrierende Funktion gilt
es darÄber hinaus, frÄhzeitig auf die Unternehmenspolitik abgestimmte, strategische
Weichen zu stellen. 121 Im Viable System Model lÅsst sie sich dem
System 4 zuordnen und wird als strategisches Logistikmanagement bezeichnet.
117 Vgl. Bleicher (1999), S. 71
118 Vgl. Weber; SchÅffer (2011), S. 61
119 Vgl. Beer (1979), S. 338
120 Vgl. GÅlweiler (1987), S. 70
121 Vgl. Schweitzer; Friedl (1992), S. 153
29

Aufbau des erklÅrungstheoretischen Modells
3.2.5 System 5 – Logistikleitbild
Die Aufgabe der Unternehmenspolitik 122 ist es, die IntegritÅt der Logistik und die
AdaptivitÅt der Werte, Prinzipien und Normen infolge sich verÅndernder Interessen
der Anspruchsgruppen des Unternehmens sicherzustellen. 123 Hier ist das
Logistikleitbild zu nennen, das mit den abgeleiteten Verhaltensprinzipien wesentlich
die Unternehmenskultur prÅgt. 124 Das Logistikleitbild umschlieát mit den in
ihm enthaltenen Wertvorstellungen das strategische Logistikmanagement (System
4), bis hin zu den individuellen Realisationshandlungen des Logistischen
Leistungssystems (System 1). Mit dieser umschlieáenden Funktion schafft es
eine selbstreferenzierende IdentitÅt des logistischen Gesamtsystems und ist somit
dem System 5 zuzuordnen.
3.3 Zusammenfassung
Die PrÄfung der StrukturadÅquanz deckte konstitutive Gemeinsamkeiten zwischen
dem exzellenten Logistikmanagement und dem Viable System Model auf,
was eine erklÅrungstheoretische Modellbildung erlaubte.
Das erklÅrungstheoretische Modell umfasst in Anlehnung an das Viable System
Model fÄnf Systeme mit spezifischen Logistikfunktionen, welche sich klar voneinander
abgrenzen und im Zusammenspiel ergÅnzen.
Damit liegt die Grundlage fÄr die erklÅrungstheoretische Betrachtung der Erfolgsfaktoren
von exzellentem Logistikmanagement vor.
122 Vgl. SchÅfer (1987), S. 12
123 Vgl. Pfohl; StÉlzle (1997), S. 11
124 Vgl. Pfohl (2004), S. 76
30

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
4 ErklÄrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
Als die wesentlichen drei Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement
wurden die Verankerung der Logistik in der Unternehmensvision, die Rolle des
Logistikmanagers und die Planung als integraler Bestandteil identifiziert. 125 Sie
gilt es anhand des erklÅrungstheoretischen Modells zu betrachten.
Aus den Untersuchungsergebnissen werden Implikationen fÄr die Praxis abgeleitet,
welche das Erfordernis einer differenzierten, ganzheitlichen und integrierten
Sichtweise von exzellentem Logistikmanagement verdeutlichen.
4.1 ErklÄrungstheoretische Betrachtung der Erfolgsfaktoren von
exzellentem Logistikmanagement
In diesem Abschnitt werden die drei wesentlichen Erfolgsfaktoren von exzellentem
Logistikmanagement anhand des erklÅrungstheoretischen Modells untersucht.
Die Untersuchung erfolgt nach der Einordnung des jeweiligen Erfolgsfaktors in
das erklÅrungstheoretische Modell durch die Betrachtung seiner Wechselwirkung
mit den anderen Subsystemen im Gesamtmodell.
4.1.1 Verankerung der Logistik in der Unternehmensvision
Als wesentlicher gemeinsamer Erfolgsfaktor von exzellentem Logistikmanagement
wurden die Logistikvision und die darauf ausgerichtete Logistikstrategie
identifiziert. 126
Die Bedeutung der Logistikvision fÄr exzellentes Logistikmanagement gilt es mit
Hilfe des erklÅrungstheoretischen Modells genauer zu untersuchen.
4.1.1.1 Aufgabe von Vision und GrundsÄtzen
Als integraler Bestandteil der Unternehmenspolitik richtet die Logistikvision das
logistische Handeln und Entscheiden an den allgemeinen Werten, Prinzipien und
125 Vgl. Abschnitt 2.1.2.3
126 Vgl. National Council of Physical Distribution Management (1984), S. 98, Council of Logistics
Management (1989), S. 173, A.T. Kearney (1994), S. 48, Lambert; Stock (1992), S. 79
31

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
Normen des Unternehmens sowie seiner Anspruchsgruppen aus. 127 DarÄber
hinaus liefert sie verhaltensorientierende Vorgaben zu logistikspezifischen
Zielstellungen, welche mit den allgemeinen Unternehmenszielen im Konflikt
stehen kÉnnen oder nicht genÄgend geregelt sind, wie beispielsweise die
Optimierung von Logistiknetzwerken und die damit verbundene Umweltbelastung.
128 Die Logistikvision prÅgt damit die Logistikkultur im Unternehmen und
stellt damit auch die IntegritÅt mit der Gesamtkultur sicher.
Logistische GrundsÅtze konkretisieren und operationalisieren die Logistikvision.
Im Gegensatz zu einzelfallbezogenen Handlungsentscheidungen richten sie das
gesamte Geschehen im Unternehmen auf eine gewollte Wirkungsrichtung
aus. 129 Trotz der Eingrenzung des individuellen Spielraums, ohne ihn zu determinieren,
wird durch die Klarheit der Regeln ein zweckgerichtetes situationsgerechtes
Verhalten mit hÉherer subjektiver Verbindlichkeit erzeugt. 130
4.1.1.2 Die Rolle der Logistikvision aus modelltheoretischer Sicht
Im erklÅrungstheoretischen Modell ist die Logistikvision im System 5 Äber dem
strategischen Logistikmanagement einzuordnen (vgl. Abb. 8). 131
Die system- und rekursionsÄbergreifenden logistischen GrundsÅtze sorgen fÄr
KohÅrenz, Geschlossenheit sowie Selbstreferenz innerhalb des Gesamtsystems 132 ,
was den Subsystemen innerhalb der gegebenen Rahmenbedingungen eine maximal
mÉgliche Autonomie gewÅhrt. 133 Dadurch entsteht die Äberlebenswichtige
logistische IdentitÅt 134 des lebensfÅhigen Gesamtsystems, welche die Bedeutung
127 Vgl. Council of Logistics Management (1989), S. 122, Bleicher (1999), S. 99, Beer (1979),
S. 13
128 Vgl. Pfohl (2004), S. 45f.
129 Vgl. GÅlweiler (1987), S. 98f.
130 Vgl. ebenda, S. 105, Bleicher (1999), S. 100
131 Vgl. Malik (1984), S. 91
132 Vgl. Beer (1979), S. 144
133 Vgl. Espejo; Gill (1997), S. 2
134 Vgl. Beer (1985), S. 4
32

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
der Logistikvision als wesentlichen Erfolgsfaktor von exzellentem Logistikmanagement
erklÅrt.
5
Logistikvision
4
Strategisches Logistikmanagement
3
Operatives Logistikmanagement
Abb. 8 – Logistikvision zur einheitlichen Ausrichtung des operativen und des strategischen
Logistikmanagements 135
In der Innenwirkung zeichnet sich die Logistikvision durch die Äberlebenswichtige
Selektionsleistung bei der Wahl normativer Konzepte und strategischer
Programme aus. 136 Seine Äber die strategische, marktorientierte (System 4) und
die operative, nach innen gerichtete (System 3) Sicht hinausgehende Perspektive
macht System 5 zum metasystemischen Administrator, welcher die residuale
VarietÅt der untergeordneten metasystemischen Subsysteme 4 und 3 absorbiert.
137 Damit schirmt es das unternehmerische Innenleben von den irrelevanten
Turbulenzen auáerhalb des Unternehmens ab und ermÉglicht auf diese Weise
eine HomÉostasis. 138 Unter HomÉostasis wird die FÅhigkeit verstanden, alle
lebenswichtigen Funktionen und Bedingungen des Gesamtsystems im Gleichgewicht
zu halten. 139
135 Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 262
136 Vgl. Bleicher (1999), S. 101
137 Vgl. Beer (1979), S. 263, Beer (1985), S. 126
138 Vgl. Beer (1967), S. 37
139 Vgl. Beer (1973), S. 103
33

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
4.1.2 Die Rolle des Logistikmanagers
Als zweiter wesentlicher Erfolgsfaktor von exzellentem Logistikmanagement
geht aus den verschiedenen Studien die SchlÄsselfunktion eines implementierten
Logistikmanagers („Key Executive“) hervor, welcher die Logistik als wesentliche
Managementfunktion 140 wahrnimmt. 141 Durch die exponierte Rolle des
Logistikmanagers wird das LogistikverstÅndnis mit Blick auf die logistische
Kundenzufriedenheit und den kontinuierlichen QualitÅtsverbesserungsprozess in
der tÅglichen Routine stÅrker verankert. 142
Die Bedeutung des Logistikmanagers fÄr den Erfolg von exzellentem Logistikmanagement
lÅsst sich mit Hilfe des erklÅrungstheoretischen Modells auf
verschiedene Ursachen zurÄckfÄhren.
4.1.2.1 Die Rolle des Menschen im Viable System Model
Im Mittelpunkt des unternehmerischen Geschehens steht der Mensch als Treiber
des sozio-Ékonomischen Wandels, er bestimmt als Gestalter und Gestalteter die
Funktions- und LebensfÅhigkeit des Gesamtsystems. 143 Die Aufgabe des Logistikmanagers
(System 3) ist die ErmÉglichung von maximaler Synergie in den
logistischen Leistungseinheiten, wodurch die metasystemische Geschlossenheit
des Logistischen Leistungssystems (System 1) sichergestellt wird. 144 Die Aufgaben
sollten in Anlehnung an die logistischen GrundsÅtze wahrgenommen werden.
Die AusfÄhrung der logistischen GrundsÅtze in der tÅglichen Routine obliegt den
individuellen Interessen jedes einzelnen Beteiligten und kann von den Vorgaben
sehr abweichen. Damit wird deutlich, dass die normativen Vorgaben der
Logistikvision durch die von individuellen Interessen getriebene Macht des
140 Vgl. National Council of Physical Distribution Management (1984), S. 58
141 Vgl. ebenda, S. 98, Council of Logistics Management (1989), S. 173, ZÉllner (1990), S. 235
142 Vgl. Council of Logistics Management (1989), S. 173, A.T. Kearney (1994), S. 48,
Schulte (2009), S. 701
143 Vgl. Oeser (1990), S. 20, Beer (1979), S. 42
144 Vgl. Beer (1979), S. 254
34

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
operativen Managements entlang der vertikalen Befehlsachse 145 Äbersteuert werden
kÉnnen. 146 Der Logistikmanager (System 3) und die Ausrichtung seiner
Forderungen an den logistischen GrundsÅtzen ist daher fÄr die Etablierung von
exzellentem Logistikmanagement entscheidend.
Des Weiteren gilt es von den Interessen Einzelner die Rolle des operativen
Leitungsgremiums als Zusammensetzung von Individuen (System 3) zu unterscheiden,
das als Subsystem die innere und Åuáere HomÉostasis des Gesamtsystems
sicherstellt. 147 Die besondere Rolle des Leitungsgremiums ist die BÄndelung
aller subsystemischen individuellen Interessen, welche sich in ihrem
„orthogonalen“ 148 Streben nach Autonomie auch gegen die metasystemischen
Vorstellungen des Logistikmanagements wenden kÉnnen und bei Versagen in
zusammenhangslose Subsysteme verfallen. 149 Der OrthogonalitÅtsbegriff bezieht
sich auf das AutonomieverstÅndnis, indem das Streben nach Autonomie der
horizontal angelegten Subsysteme „orthogonal“ zur vertikalen Befehlsachse des
Managements steht (vgl. Abb. 9). 150
4.1.2.2 Autokratischer und autonomer FÇhrungsstil
Noch bedeutender wird die Rolle des Logistikmanagers, wenn man den
FÄhrungsstil miteinbezieht. Mit seinem FÄhrungsstil bestimmt der Logistikmanager
(System 3) im wesentlichen Maáe die Operationalisierung der logistischen
GrundsÅtze und damit die mit der LebensfÅhigkeit des Gesamtsystems
verbundene IdentitÅt. 151 Mit dem FÄhrungsstil wird gleichzeitig die Positionierung
des Logistikmanagements in der Organisation wesentlich beeinflusst.
WÅhrend es zur EinfÄhrung von exzellentem Logistikmanagement einer intensiven
(„autokratischen“) Einwirkung der operationalisierten Logistikvision durch
145 Vgl. Abschnitt 2.2.3.3
146 Vgl. Beer (1985), S. 37
147 Vgl. ebenda, S. 12
148 Vgl. Beer (1979), S. 145
149 Vgl. Beer (1985), S. 12
150 Vgl. ebenda, S. 102
151 Vgl. Beer (1979), S. 202
35

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
den Logistikmanager bedarf (vgl. Abb. 9, oben), ist nach der Etablierung ein autonomer
FÄhrungsstil anzustreben, welcher den Subsystemen durch die Koordination
maximale Autonomie gewÅhrt (vgl. Abb. 9, unten).
Autokratischer FÄhrungsstil
3
Operatives Logistikmanagement
VarietÑt
1
Leitung einer logistischen Leistungseinheit
Autonomer FÄhrungsstil
3
Operatives Logistikmanagement
2
Koordination
VarietÑt
1
Leitung einer logistischen Leistungseinheit
Abb. 9 – VarietÅtsausgleichsprozess bei autokratischem und bei autonomem FÄhrungsstil 152
Von der konstruktiven autokratischen FÄhrung zur Operationalisierung der
Logistikvision ist die UnterdrÄckung zu unterscheiden, welche durch fehlendes
Vertrauen zwischen dem operativen Logistikmanagement (System 3) und der
Leitung der logistischen Leistungseinheit entsteht. 153
Gleichermaáen ist erkennbar, dass der autokratische FÄhrungsstil langfristig die
Etablierung von exzellentem Logistikmanagement durch die EntmÄndigung der
152 Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 214
153 Vgl. Beer (1979), S. 212
36

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
Koordination (System 2) gefÅhrdet. 154 Bei einem FÄhrungswechsel entsteht ein
Vakuum durch die geschwÅchte Koordination, was zu einem raschen Zerfall des
Gesamtsystems in autonome logistische Leistungseinheiten fÄhren kann.
4.1.3 Planung als integraler Bestandteil des exzellenten Logistikmanagements
Als dritter wesentlicher Erfolgsfaktor von exzellentem Logistikmanagement
wurde die Planung als integraler Bestandteil des operativen und strategischen
Logistikmanagements identifiziert. 155 Es sei an dieser Stelle nochmals darauf
hingewiesen, dass das dieser Arbeit zugrunde gelegte VerstÅndnis des Planungsprozesses
den abschlieáenden Entscheidungsprozess durch das Logistikmanagement
mitumfasst („what the authority does constitutes the plan“ 156 ) und nicht nur
den Prozess der Planerstellung. 157
Bei genauerer Betrachtung der Studienergebnisse ist bei den Unternehmen mit
exzellentem Logistikmanagement eine klare Trennung zwischen Koordinationsund
Planungsfunktion erkennbar. 158 WÅhrend die Koordinationsfunktion weitestgehend
EDV-gestÄtzt installiert ist, erstellt die Planung auf die Logistikvision
abgestimmte strategische und operative PlÅne. 159
Die GrÄnde und Konsequenzen gilt es anhand des erklÅrungstheoretischen Modells
zu untersuchen.
154 Vgl. Hermel; Ramis-Pujol (2003), S. 241
155 Vgl. National Council of Physical Distribution Management (1984), S. 36, Council of Logistics
Management (1989), S. 173, A.T. Kearney (1994), S. 48, Stock; Lambert (1994), S. 73
156 Vgl. Beer (1979), S. 338
157 Vgl. Abschnitt 3.2.3
158 Vgl. Council of Logistics Management (1989), S. 122
159 Vgl. ebenda, S.158
37

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
4.1.3.1 Definition von Logistikcontrolling und modelltheoretische Einordnung
Ausgehend von der Konzeption des Logistikcontrollings 160 , deren konstitutive
Elemente Planung, Kontrolle und Koordinationsfunktion sind, werden die Planung
und ihre Abgrenzung zur Koordinationsfunktion 161 im Folgenden erklÅrungstheoretisch
untersucht. 162
Logistikcontrolling als Koordination der FÄhrungsaufgaben in der Logistik stellt
die Koordinationsfunktion in den Mittelpunkt. 163 Unter Koordination wird die
Abstimmung interdependenter, aber durch die Aufgabenteilung organisatorisch
getrennter TatbestÅnde verstanden. 164 Von der Koordinations- bzw. Abstimmungsfunktion
ist die FÄhrungsfunktion des Controllings abzugrenzen 165 , deren
Zielformulierung und Kommunikation durch Planung, Entscheidung 166 sowie
Kontrolle instrumentalisiert wird. 167 Innerhalb der Logistikcontrollingkonzeption
ist daher die Koordination als Abstimmungsfunktion von der Planung und
Kontrolle als FÄhrungsfunktionen zu unterscheiden. 168
4.1.3.2 Abgrenzung der Koordination von Planung, Entscheidung und Kontrolle
Die funktionale Unterscheidung zwischen Koordination, Planung und Kontrolle
ordnet das Modell eindeutig den Systemen 2, 3 und 4 zu (vgl. Abb. 10). Dadurch
werden die der Logistikcontrollingkonzeption innewohnenden unterschiedlichen
Funktionen sehr deutlich. 169
160 Vgl. Schweitzer; Friedl (1992), S. 142
161 Vgl. Abschnitt 2.1.1.1
162 Vgl. KÄpper (2008), S. 485, Pfohl (2004), S 204, SchÅfer (1987), S. 12
163 Vgl. KÄpper (2008), S. 485, Hausladen (2011), S. 47ff.
164 Vgl. Weber; SchÅffer (2011), S. 59
165 Vgl. Weber (1991a), S. 33
166 Vgl. Abschnitt 3.2.3
167 Vgl. Weber; SchÅffer (2011), S. 61
168 Vgl. Pfohl; StÉlzle (1997), S. 27
169 Vgl. Beer (1979), S. 179
38

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
Aus der funktional-hierarchischen Einordnung der Koordination (System 2) zwischen
dem Metasystem und dem Logistischen Leistungssystem (System 1) leiten
sich drei im LogistikcontrollingverstÅndnis enthaltene, wesentliche AuffÅlligkeiten
ab.
Strategisches Logistikmanagement
?
Logistikleitbild
4
3
Operatives Logistikmanagement
Logistikcontrolling
2
Koordination
1
1
Leitung einer logistischen Leistungseinheit
1
Abb. 10 – Einordnung des Logistikcontrollings in das erklÅrungstheoretische Modell 170
Erstens, als anti-oszillierende Funktion leistet die Koordination (System 2) einen
wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Autonomie der einzelnen logistischen
Leistungseinheiten innerhalb der gegebenen Rahmenbedingungen. Beispielsweise
ermÉglichen EDV-gestÄtzte Berichte den standardisierten Informationsaustausch
zur Erreichung der Logistikziele. 171 Die Art der AusfÄhrung zum
Erreichen der erforderlichen Ziele obliegt jedoch den einzelnen logistischen
Leistungseinheiten. Die Koordination leistet damit einen wesentlichen Beitrag
zur KohÅsion des Gesamtsystems.
170 Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 255
171 Vgl. Hausladen (2011), S. 47, Council of Logistics Management (1989), S. 153
39

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
Zweitens, als FÄhrungsinstrument unterstÄtzt das Logistikcontrolling die operative
bzw. strategische Planung und Kontrolle 172 , ohne die Entscheidung zum
Abschluss des Planungsprozesses zu treffen, welche dem Logistikmanagement
obliegt. 173 Das Logistikcontrolling zeichnet sich daher als fÄhrungsunterstÄtzende
Funktion aus, welche in der Praxis hÅufig am Akt der Entscheidung interessiert
ist.
Drittens, trotz der wesentlichen Unterschiede zwischen der Koordination als
originÅre Funktion des Logistikcontrollings sowie der operativen Logistikplanung
und -kontrolle als EntscheidungsunterstÄtzung werden beide Funktionen
in der Praxis stellenbezogen gebÄndelt. Dies kann dazu fÄhren, dass die Koordinationsfunktion
im Interesse der Entscheidungsfindung genutzt wird.
Hinzu kommt der mit der Planung verbundene Informationsvorsprung, welcher
das Verhalten des Logistikcontrollings zur Durchsetzung der Ziele des Logistikmanagements
beeinflusst, ohne jedoch die Verantwortung fÄr die Ziele zu tragen
(„unverantwortete Expertenmacht“). 174
An dieser Stelle zeigt sich, dass die hÅufig in der Praxis vorzufindende Stabsfunktion
des Controllings nur eine aufbauorganisatorische LÉsung sein kann,
welche jedoch aufgrund der ihr innewohnenden unterschiedlichen Funktionen
und Interessen wesentliche Risiken birgt. 175 Gleichermaáen ist festzuhalten, dass
sich eindeutige Empfehlungen zur Zentralisierung oder Dezentralisierung des
Logistikcontrollings aufgrund der systemÄbergreifenden Wahrnehmung der
Funktionen und insbesondere durch die „dazwischenhÅngende“ organisatorische
Einordnung der Koordinationsfunktion nicht ableiten lassen. Die Beurteilung hat
situationsspezifisch zu erfolgen. 176
172 Vgl. Weber; SchÅffer (2011), S. 269
173 Vgl. KÄpper (2008), S. 327
174 Vgl. Picot; Dietl; Franck (2002), S. 249
175 Vgl. ebenda
176 Vgl. Malik (1984), S. 104
40

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
4.2 Implikationen fÇr exzellentes Logistikmanagement in der Praxis
Im vorigen Abschnitt wurden die drei wesentlichen Erfolgsfaktoren von exzellentem
Logistikmanagement anhand des Modells erklÅrungstheoretisch betrachtet.
Ausgehend von den gewonnenen Erkenntnissen, werden in den folgenden
Abschnitten Implikationen zum besseren VerstÅndnis von exzellentem
Logistikmanagement abgeleitet.
4.2.1 Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung
Das erklÅrungstheoretische Modell erlaubt eine differenzierte Betrachtung des
Erfolgsfaktors Logistikvision unter Beachtung ihrer Einordnung in das Gesamtsystem.
177 Als zweckdefinierenden Ausgangspunkt des Gesamtsystems ermÉglicht
sie – unter der Voraussetzung, dass die Subsysteme und die dem Viable
System Model zugrunde gelegten organisatorischen Prinzipien zutreffen –
gleichzeitig die Geschlossenheit und damit die IdentitÅt des Gesamtsystems. 178
Erst eine klar definierte Logistikvision lÅsst eine weitere Untersuchung der
Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement zu. 179
Bei der Rolle des Logistikmanagers als Erfolgsfaktor fÄr exzellentes Logistikmanagement
erinnert die differenzierte erklÅrungstheoretische Untersuchung an
die bedeutsame Rolle des Menschen. Seine Rolle im Kontext der
„OrthogonalitÅt“ 180 zwischen dem Realisations- und dem Metasystem sowie die
Konsequenzen von MachtausÄbung entlang der vertikalen Befehlsachse lassen
genaue InterpretationsmÉglichkeiten zu, die Indizien fÄr das (Un)Gleichgewicht
im exzellenten Logistikmanagement liefern.
Die obigen AusfÄhrungen zeigen, wie wichtig das Zusammenspiel zwischen der
Planung und Kontrolle durch das Logistikcontrolling und der Entscheidung durch
177 Vgl. Abschnitt 4.1.1.2
178 Vgl. Beer (1979), S. 265, Abschnitt 2.2.2
179 Vgl. Abschnitt 4.2.2
180 Vgl. Abschnitt 4.1.2.1
41

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
das Logistikmanagement ist. Erst durch die bewusste Abgrenzung der Planung,
Kontrolle (Logistikcontrolling) von der der Entscheidung (Logistikmanagement)
kann die FÄhrung Äber die „vertikale Befehlsachse“ 181 des Gesamtsystems exzellentes
Logistikmanagement gestalten.
Besonders auffÅllig wird durch die differenzierte modellbasierte erklÅrungstheoretische
Betrachtung der Unterschied zwischen der Koordinationsfunktion
und der entscheidungsunterstÄtzenden Planung als gemeinsames konstitutives
Merkmal von Logistik und Controlling, welche in der Praxis im Logistikcontrolling
stellenmÅáig zusammengefasst werden, was zur Fehlsteuerung fÄhren kann.
Das erklÅrungstheoretische Modell erlaubt die genaue Unterscheidung zwischen
der fÄhrungsunterstÄtzenden Koordinationsfunktion (System 2), der koordinierten
Planung und Kontrolle als entscheidungsvorbereitende Controllingfunktion
sowie der Entscheidung zum Abschluss des Planungsprozesses als Logistikmanagementaufgabe
(vgl. Abb. 11). 182
Ganzheitliche Betrachtung
des Metasystems
Logistikleitbild
Differenzierte Betrachtung
des Logistikleitbilds
4
3
Differenzierte Betrachtung der
Rolle des Logistikmanagers
Integrierte Betrachtung
(Vier Organisationsprinzipien
des Viable System Model)
2
Differenzierte Betrachtung
des Logistikcontrollings
Abb. 11 – Differenzierte, ganzheitliche und integrierte Sicht des Viable System Model 183
Die Untersuchungsergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer differenzierten
Betrachtung der Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement,
welche durch das erklÅrungstheoretische Modell ermÉglicht wird. Die funktio-
181 Vgl. Abschnitt 2.2.3.3
182 Vgl. Abschnitt 4.1.3.2
183 Eigene Darstellung in Anlehnung an: Beer (1979), S. 255
42

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
nale Differenzierung wird schon allein durch die eindeutige Zuordnung der
einzelnen Erfolgsfaktoren zu den fÄnf Systemen mÉglich, welche das Viable
System Model nach STAFFORD BEER liefert.
Die funktionale Sichtweise erlaubt die genaue Untersuchung von DysfunktionalitÅten
in zentralisierten bzw. dezentralen Aufbauorganisationen.
4.2.2 Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung
Die drei Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement weisen auf die
zentrale Bedeutung des Metasystems hin. Die Logistikvision (System 5), die
Rolle des Logistikmanagers (System 3) sowie die der Koordination, der operativen
bzw. strategischen Planung, der Entscheidung und der Kontrolle (System 2,
3, 4) lassen sich eindeutig den Subsystemen des Metasystems zuordnen.
Die aggregierte Betrachtung der einzelnen Erfolgsfaktoren umschreibt das gesamte
Metasystem und deutet auf die Erfordernis einer ganzheitlichen, metasystemischen
Betrachtung der Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement
hin (vgl. Abb. 11). Jeder Erfolgsfaktor leistet einen spezifischen Beitrag
zum exzellenten Logistikmanagement und sichert gleichermaáen die LebensfÅhigkeit
des Gesamtsystems.
Umgekehrt lÅsst sich bei Wegfall einer der drei Erfolgsfaktoren auf die DysfunktionalitÅt
des Metasystems und damit auf die GefÅhrdung der LebensfÅhigkeit
bzw. des exzellenten Logistikmanagements schlieáen.
Ohne eine Logistikvision als elementarer Bestandteil der Unternehmenspolitik
wÄrde dem Gesamtsystem das ZweckverstÅndnis fehlen 184 und damit wÅre ihm
die Grundlage fÄr ein auf exzellentes Logistikmanagement orientiertes Handeln
und Entscheiden entzogen. Ein VersÅumnis, das nachtrÅglich nicht kompensierbar
wÅre. 185
Die Etablierung von exzellentem Logistikmanagement als erfolgskritischem
Wettbewerbsfaktor wÅre ohne die Rolle des Logistikmanagers, der der Logistik
184 Vgl. GÅlweiler (1987), S. 96, Bleicher (1999), S. 74f.
185 Vgl. Fluri; Ulrich (1995), S. 22
43

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
als Managementfunktion 186 den Platz einrÅumt, nicht denkbar. 187 Die ganzheitliche
Betrachtung der Funktion des Logistikmanagers umfasst im erklÅrungstheoretischen
Modell auch dessen FÄhrungsstil, welcher sich, abhÅngig von der
Exzellenz des Logistikmanagements, vom autokratischen zum autonomen
FÄhrungsstil Åndern sollte. 188
Exzellentes Logistikmanagement ohne eine eindeutig definierte Koordinationsfunktion,
welche sich von Planung und Kontrolle klar abgrenzt, gefÅhrdet an der
kritischen Stelle zwischen dem Logistischen Leistungssystem (System 1) und
dem Metasystem die LebensfÅhigkeit des Gesamtsystems. Besonders die klare
Abgrenzung zwischen den Interessen der Koordination und der Planung als
Kernaufgabe des Logistikcontrollings auf der einen und der Entscheidung durch
den Logistikmanager auf der anderen Seite ist fÄr die HomÉostasis des
Gesamtsystems unabdingbar.
Damit kommt anhand des erklÅrungstheoretischen Modells die Notwendigkeit
der ganzheitlichen Betrachtung zum Ausdruck. Eine auf Teilsysteme eingeschrÅnkte
Untersuchung birgt die Gefahr, dass aufgrund kohÅsiver LÄcken weder
Geschlossenheit noch RekursivitÅt oder Selbstreferenz und damit logistische
IdentitÅt entstehen kann. Umgekehrt bedeutet dies, dass erst die ganzheitliche
Betrachtung insbesondere der metasystemischen Erfolgsfaktoren die in der
zweckdefinierenden Logistikvision begrÄndete KohÅsion, welche die RekursivitÅt
und damit die Wahrung der IdentitÅt ermÉglicht, sicherstellen kann.
4.2.3 Notwendigkeit einer integrierten Betrachtung aus Sicht der vier
Organisationsprinzipien des Viable System Model
Die in den beiden vorigen Abschnitten vorgestellte Notwendigkeit einer differenzierten
und ganzheitlichen Betrachtung von exzellentem Logistikmanagement
186 Vgl. Weber (1991b), S. 134
187 Vgl. Council of Logistics Management (1989), S. 7
188 Vgl. Beer (1985), S. 8
44

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
gilt es anhand der vier Organisationsprinzipien des Viable System Model in einer
integrierten Sichtweise zusammenzufÄhren (vgl. Abb. 11). 189
Nach dem ersten Prinzip der Organisation sind die Austauschprozesse zwischen
den Subsystemen des Metasystems bewusst auszugestalten. Dies trifft besonders
auf die drei Erfolgsfaktoren Logistikvision, die Rolle des Logistikmanagers und
die integrale Planung zu. Jeder Erfolgsfaktor trÅgt im kohÅsiven Gesamtsystem
zur HomÉostasis bei und kann bei Fehlen oder Ñberreaktion zu einer die LebensfÅhigkeit
gefÅhrdenden DysfunktionalitÅt des Gesamtsystems fÄhren. 190
Das zweite Prinzip der Organisation, welche die AustauschfÅhigkeit fordert, stellt
besonders den Erfolgsfaktor integrale Planung in den Mittelpunkt. Ihr Hauptzweck
ist die Schaffung von KohÅrenz und HomÉostasis zwischen dem Logistischen
Leistungssystem (System 1) und dem Metasystem (System 3, 4) durch
Koordination (System 2). Auf die Notwendigkeit der differenzierten Betrachtung
des Logistikcontrollings und der eindeutigen Zuordnung der einzelnen
koordinierenden und planenden Funktionen wurde in den beiden vorhergehenden
Abschnitten eingegangen. 191
Das dritte Prinzip der Organisation, welches auf die Reduzierung des
Informationsverlusts durch Transduktion und InterpretationsfehlermÉglichkeiten
abzielt, stellt ebenfalls das Logistikcontrolling als Koordinations- und HomÉostasis
anstrebende Funktion in den Mittelpunkt. Die Sicherstellung der erforderlichen
entscheidungsrelevanten Informationen, welche mit der Entscheidung des
Logistikmanagements zum Abschluss des Planungsprozesses fÄhren, ist an der
mÉglichen Soll-Bruchstelle zwischen den nach Autonomie strebenden logistischen
Leistungseinheiten und dem Metasystem entscheidend fÄr die KohÅsion
und damit die LebensfÅhigkeit des Gesamtsystems.
Die vom vierten Prinzip der Organisation geforderte stÅndige PrÄfung der
FunktionsfÅhigkeit und des Anpassungsbedarfs der ersten drei Prinzipien der
189 Vgl. Abschnitt 2.2.2
190 Vgl. Abschnitt 4.1.2.2
191 Vgl. Abschnitt 4.2.1., Abschnitt 4.2.2
45

ErklÅrungstheoretische Betrachtung anhand des Modells
Organisation schlieát die Betrachtung von exzellentem Logistikmanagement aus
Sicht des Viable System Model ab.
Die Notwendigkeit einer integrierten Sichtweise unter Beachtung der vier
Organisationsprinzipien des Viable System Model leitet sich aus der im Mittelpunkt
stehenden KohÅsion als zentralem Grundelement ab. Sie formuliert damit
nicht nur die Mindestanforderungen an die LebensfÅhigkeit des logistischen
Gesamtsystems, sondern rÄckt darÄber hinaus die OptimierungsmÉglichkeiten
von exzellentem Logistikmanagement in den Fokus.
4.3 Zusammenfassung
Jeder der drei Erfolgsfaktoren von exzellentem Logistikmanagement lieá sich
anhand des Modells detailliert erklÅrungstheoretisch betrachten.
Hervorzuheben sind die logistische IdentitÅt des lebensfÅhigen Gesamtsystems,
welche in der Logistikvision und den logistischen GrundsÅtzten festgehalten ist,
die Rolle des Logistikmanagers sowie die unterschiedliche Zielsetzung der
Koordination und Planung.
Aus den Untersuchungsergebnissen leitet sich die Notwendigkeit einer differenzierten,
ganzheitlichen und integrierten Sichtweise ab.
Alle drei Sichtweisen sind auf das Viable System Model, auf dem das
erklÅrungstheoretische Modell beruht, zurÄckzufÄhren. WÅhrend sich die
differenzierte Betrachtung aus der eindeutigen Zuordnung der Erfolgsfaktoren zu
den Subsystemen des Metasystems ergibt, stehen bei der ganzheitlichen Betrachtung
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Systemen im Vordergrund.
Die integrierte Sichtweise, deren Zweck die Sicherstellung der KohÅsion ist,
rÄckt damit auch die Grundvoraussetzungen fÄr die LebensfÅhigkeit des logistischen
Gesamtsystems in den Fokus der Untersuchung.
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Fazit und Ausblick
5 Fazit und Ausblick
Exzellentes Logistikmanagement ist ein erfolgskritischer Wettbewerbsfaktor und
zeichnet sich durch eine klar definierte Logistikvision, einen dedizierten
Logistikmanager im Topmanagement und integrale Planung aus.
Anhand des kybernetischen Viable System Model nach STAFFORD BEER, dessen
StrukturadÅquanz mit exzellentem Logistikmanagement bestÅtigt wurde, galt es
ein erklÅrungstheoretisches Modell aufzubauen, welches zur kybernetischen
Betrachtung der Erfolgsfaktoren geeignet ist.
Wie sich zeigt, lassen sich die Erfolgsfaktoren anhand des erklÅrungstheoretischen
Modells gut untersuchen.
So wird die Bedeutung der Logistikvision fÄr die Geschlossenheit und IdentitÅt
des exzellenten Logistikmanagements als Grundlage fÄr die KohÅsion des
Gesamtsystems bei maximal mÉglicher Autonomie der Subsysteme sehr deutlich.
Bei der Rolle des Logistikmanagers steht der menschliche Einfluss im Mittelpunkt.
Hier tritt das Einflusspotenzial durch den FÄhrungsstil des Logistikmanagers
hervor, dessen Verhalten entlang der vertikalen Befehlsachse die GrundsÅtze
und damit die Geschlossenheit und IdentitÅt des Gesamtsystems gefÅhrden kann.
Als dritter Erfolgsfaktor wird die Bedeutung der integralen Planung anhand des
Modells deutlich. Die Abgrenzung und das Zusammenspiel zwischen Koordination,
Planung und Kontrolle, welche in der Praxis unter der Logistikcontrollingkonzeption
zusammengefasst sind, stehen hier im Mittelpunkt. Als
wesentliche Konsequenz einer undifferenzierten Betrachtungsweise wurde hier
eine mÉgliche fehlgeleitete Verhaltenssteuerung erkannt.
Aus der beispielhaften Untersuchung anhand des erklÅrungstheoretischen Modells
leiten sich Implikationen fÄr die Praxis ab. Besonders hervorzuheben sind
die Differenziertheit und die Ganzheitlichkeit der Betrachtung, welche unter
Beachtung der vier Organisationsprinzipien in das Viable System Model zu
integrieren sind.
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Fazit und Ausblick
Die Implikationen fÄr die Praxis legen nahe, das aufgestellte erklÅrungstheoretische
Modell fÄr weitere kybernetische Untersuchungen des Logistikmanagements
zu verwenden. StÉrungen und DysfunktionalitÅten lassen sich identifizieren
und anhand des Modells erklÅren. MÉgliche Konsequenzen fÄr das Gesamtsystem
kÉnnen ebenfalls abgeleitet werden.
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LEIPZIG
GRADUATE SCHOOL
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ISSN 1864-4562 (Online-Version)
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