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Publikation - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

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Somit hatte die eindeutig notwendige Aktion, zuerst mit Moskau zu<br />

sprechen, natürlich sofort dieses Misstrauen genährt. Dieser Effekt<br />

lässt sich bis in die Gegenwart hinein beobachten. Es gibt eine regelrechte<br />

Phobie diesbezüglich, die ihre Gründe hat. Diese Gründe muss<br />

man kennen und respektieren. Erst dann kann man darüber sprechen.<br />

Es hat gar keinen Sinn, da von Halsstarrigkeit zu sprechen.<br />

Gerade die letzten Jahre waren ja gezeichnet von diesen Dingen. Es<br />

gibt auch Demagogen in Polen, die diese Phobie nationalistisch nutzen.<br />

Auch <strong>der</strong> Besuch damals, 1970 in Warschau, ist hier relevant.<br />

Ein Nebenaspekt war, dass nationalistisch und übernationalistisch<br />

gesonnene Polen sich beleidigt zeigten, dass Brandt am Denkmal des<br />

Warschauer Ghettos den Kniefall gemacht hatte und nicht am Nationaldenkmal<br />

des polnischen unbekannten Soldaten. Da war auch eine<br />

Spur polnischer Antisemitismus spürbar, eine gewisse Aversion.<br />

Auch diese Dinge spielen in Polen bis heute eine Rolle und sind in<br />

Akzenten ganz an<strong>der</strong>s geartet als <strong>der</strong> deutsche Antisemitismus mit den<br />

schrecklichen Folgen bis Auschwitz. Man kann das natürlich nicht in<br />

einen direkten Vergleich setzen. Aber das Phänomen gehört zu Polen<br />

und muss so auch gesehen werden. Es muss möglich sein, dies kritisch<br />

zu sehen. Viele Polen tun dies heute auch.<br />

<strong>Friedrich</strong> Schorlemmer<br />

Das bringt mich auf einen Gedanken. Wenn man sich damals in <strong>der</strong><br />

ehemaligen DDR bereits für die Menschen in Polen mehr interessiert<br />

hat, dann wird man auch die Wahrheit darüber aussprechen dürfen,<br />

dass es 1938/39 auch in Polen faschistoide und antisemitische Tendenzen<br />

gegeben hat. Darauf hat schon 1957 <strong>der</strong> für die ganze polnische<br />

Geistesentwicklung doch wichtige Kazimierz Brandys in seinen „Briefen<br />

an Frau Z“ hingewiesen. Dieses Buch ist übrigens in <strong>der</strong> DDR auch<br />

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