Forschungsagenda Logistik 1/2013
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Fotos: Getty Images, Fraunhofer IML, Still<br />
Wer heute seine Bedarfe im Voraus planen kann,<br />
greift gerne zu automatisierten Lösungen wie Sortieranlagen<br />
oder vollautomatische Hochregallager<br />
und passt sämtliche Prozesse darauf an. Branchen,<br />
die kein planbares Geschäft haben und flexibler<br />
reagieren müssen, setzen notgedrungen auf Manpower<br />
und möglichst wenig Automatisierung. Dieser<br />
Umstand ist mit ein Grund, warum die meisten<br />
Umschlag- oder Kontraktlogistiklager noch weitgehend<br />
manuell betrieben werden. »Für den Umbau<br />
eines automatisierten Lagers wäre ein aufwendiger<br />
Planungsprozess nötig. Darauf lässt sich heute kein<br />
Kontraktlogistiker gerne ein, denn schon morgen<br />
können sich die Anforderung wieder ändern«, erläutert<br />
Guido Follert, Abteilungsleiter am Fraunhofer<br />
IML in Dortmund, den Grund. Die Vertragslaufzeiten<br />
in der Kontraktlogistik werden immer kürzer und<br />
die Nachfrage nach Produkten oder Produktgruppen<br />
und Auftragsgrößen variieren nahezu unplanbar.<br />
Da wundert es nicht, dass <strong>Logistik</strong>leiter bereits beim<br />
Neubau mit Schrecken an die Jahre danach denken,<br />
wenn Kundenwechsel, rechtliche Rahmenbedingungen<br />
oder neue und effizientere Technologien das<br />
einst moderne Lager zum geld- und energiefressenden<br />
Dinosaurier werden lassen. Damit soll nun bald<br />
Schluss sein. »Wir forschen daran, das sich Automatisierung<br />
und Manpower aufeinander zubewegen«,<br />
sagt Follert.<br />
DER HUB DER ZUKUNFT IST WANDELBAR<br />
Bis es so weit ist, ist allerdings noch viel zu tun.<br />
Das Forscherteam am Fraunhofer IML arbeitet seit<br />
Juni dieses Jahres an den grundlegenden Konzepten<br />
für flexible Hubs sowie an deren Wandlungsfähigkeit.<br />
Was sich einfach anhört, ist keineswegs trivial.<br />
Der Hub der Zukunft, so die Vision der Forscher,<br />
soll sich wie ein Chamäleon anpassen können. Die<br />
eingebaute Handhabungs-, Förder- und Lagertechnik<br />
soll sich in wenigen Tagen etwa auf veränderte<br />
Artikelstrukturen infolge neuer Kunden einstellen<br />
lassen. Mehr noch, der komplette Hub soll an<br />
einem neuen Standort innerhalb weniger Wochen<br />
lauffähig sein. Zentraler Forschungsgegenstand ist<br />
die Nutzbarmachung verschiedener Technologien<br />
um nachzuweisen, dass man die logistische Abwicklung<br />
zum Beispiel bei einem Dienstleister mit<br />
variierenden Anforderungen effizient und effektiv<br />
umbauen kann.<br />
»Technik wandelbar zu machen, bezieht zwar<br />
auch das Gebäude mit ein, unsere Vision ist es aber,<br />
bestehende Systeme wie die zellularen Transportsysteme<br />
und autonome Stapler miteinander zu verknüpfen<br />
und dadurch ein möglichst schnell umbaubares<br />
Hub zu schaffen«, skizziert Follert den zentralen<br />
INTRALOGISTIK<br />
NACHGEFRAGT<br />
Guido Follert,<br />
Abteilungsleiter am<br />
Fraunhofer IML<br />
WIE EIN ACHTERBAHNBAU –<br />
EINFACH, ABER NICHT TRIVAL<br />
Für welche Lager eignet sich Hub2Move?<br />
Hub2Move ist die Lösung für Standorte mit<br />
variierendem Geschäft, das nicht langfristig und<br />
hochautomatisiert ist. Integrierte und vollautomatische<br />
Hochleistungslager umzugsfähig und<br />
vollständig wandelbar zu machen, ist nicht unser<br />
Ziel. Aber denken Sie einmal an die vielen Lager<br />
und Distributionszentren entlang unserer Autobahnen<br />
oder zum Beispiel E-Commerce-Anbieter wie<br />
Amazon oder Zalando, ein Speditionshub oder ein<br />
klassisches Kontraktlogistiklager.<br />
Woran kann ein Lagerbetreiber festmachen,<br />
wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist,<br />
ein Lager umzubauen?<br />
Das ist einer der Punkte, den wir erforschen. Wir<br />
geben dem Betreiber ein Unterstützungssystem<br />
an die Hand, mit dem er feststellen kann, was er<br />
wann umbauen muss. Das macht den Umbau<br />
deutlich leichter und schneller. Der zentrale Vorteil<br />
ist aber, dass das Lager überhaupt umbaufähig ist.<br />
Worin liegt die forscherische<br />
Herausforderung?<br />
Vollautomatisierte Lager sind unflexibel. Weil Flexibilität<br />
oft überlebenswichtig ist, deshalb sind manche<br />
Lager so personalintensiv. Wir schaffen eine<br />
sanfte Automatisierung ohne Vollautomatisierung.<br />
Die große Aufgabe wird sein, autonome Systeme<br />
miteinander arbeiten zu lassen und Menschen<br />
und Automatisierung richtig zusammenzubringen.<br />
Am Ende muss es so sein, wie der Aufbau einer<br />
Achterbahn: nicht trivial, aber einfach.<br />
Lohnt sich eine sanfte Automatisierung mehr,<br />
als ein manuelles Lager?<br />
Die Einsparungen liegen definitiv im zweistelligen<br />
Prozentbereich.<br />
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