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GRUNDZÜGE UND ENTWICKLUNG DER SOZIALEN ARBEIT

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Joël Orizet / Christa Kappler: Grundzüge und Entwicklung der Sozialen Arbeit http.//socio.ch/arbeit/t_orikap.pdf<br />

für Oevermann nicht aus, nur auf wissenschaftliche Expertise und gesellschaftlichen<br />

Zentralwertbezug zu verweisen – hinzu kommt immer auch der Aspekt der Krisenbewältigung.“<br />

(ebd.)<br />

Die Besonderheit professionellen Handelns besteht für ihn „in der Dialektik von<br />

universalisierter Regelanwendung auf wissenschaftlicher Basis einerseits und hermeneutischem<br />

Fallbezug andererseits. Zentral ist also, dass es in der professionellen Beziehung zur Klientel<br />

nicht einfach um technokratische Problemlösung geht, sondern um das Verstehen der jeweils<br />

spezifischen Situation, welche sich von Fall zu Fall unterscheidet.“ (Gall / Hitz 1996: 60)<br />

Hierfür hat Oevermann den Begriff der „stellvertretenden Deutung“ eingeführt, der inzwischen<br />

weiterentwickelt und theoretisch ausgearbeitet wurde (vgl. Heiner 2004: 18f.; Ackermann 1995:<br />

44). Im Gegensatz zur entmündigenden Problemlösungsstrategie hat die „stellvertretende<br />

Deutung“ zur Aufgabe, die Autonomie der Lebenspraxis der Klientel wiederherzustellen (vgl.<br />

Kurtz 2002: 54f.; Gall / Hitz 1996: 79f.; Ackermann 1995: 44f.). Bezüglich des Erlernens dieses<br />

stellvertretenden Deutungsvermögens divergieren mindestens zwei verschiedene Auffassungen<br />

(vgl. Gall / Hitz 1996: 80). Einerseits wird der Standpunkt vertreten, dass diese<br />

Handlungskompetenz in forschendem Lernen, wie zum Beispiel in<br />

Fallinterpretationsseminarien, erlernt werden kann, andererseits wird betont, dass sich<br />

Professionalität gerade auch durch Intuition, Empathie und professionelles Erfahrungswissen<br />

auszeichnet, und somit eben nicht durch eine institutionalisierte und wissenschaftliche<br />

Ausbildung aneignen lässt (vgl. Gall / Hitz 1996: 80).<br />

3.5 Systemtheoretischer Ansatz<br />

Niklas Luhmann bemerkt in seinem Buch „Funktion der Religion“ (1977), dass die hohe<br />

Technisierbarkeit durch die „binären Codes“ in den Funktionsbereichen Religion, Erziehung<br />

und Krankenbehandlung nicht gewährleistet ist (vgl. Kurtz 2002: 56). Demnach müssen in<br />

diesen Bereichen professionelle Praktiker zwischen den beiden Seiten der Unterscheidung (z.B.<br />

krank/gesund oder gebildet/ungebildet) vermitteln (ebd.). Luhmann verweist dabei auf einen<br />

Zusammenhang zwischen funktionaler Differenzierung und Professionalisierung, er betont<br />

jedoch, „dass Professionen nicht in allen, sondern nur in solchen gesellschaftlichen<br />

Teilbereichen ausdifferenziert werden können, in denen die Arbeit an Personen den<br />

Kernbestand des Geschehens ausmacht“ (ebd.).<br />

Stichweh (1996) geht auf die Möglichkeiten der Professionalisierung von Sozialer Arbeit ein,<br />

wobei er feststellt, dass „Sozialarbeit für kein eigenes Funktionssystem zuständig ist, sondern in<br />

den Bereichen Gesundheit, Recht und Erziehung operieren muß, die jeweils durch andere<br />

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