Download Teil 1 - AIDS-Hilfe Stuttgart eV
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26 NACHLESE WAD NACHLESE WAD 27<br />
Impfstoffsymposium der <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />
zum Welt-<strong>AIDS</strong>-Tag<br />
v.l.: Prof. Dr. med. Christian Jassoy, Tina Hartmann, Günter Trugenberger, Rainer Seybold, Prof. Dr. rer. nat. Ralf Wagner<br />
„Kann ein therapeutischer Impfstoff zu einer<br />
nebenwirkungsärmeren und besseren HIV-<br />
Therapie beitragen? Wie sehen die Chancen auf<br />
einen präventiven Impfstoff aus, den insbesondere<br />
Länder mit hohen Infektionsraten dringend benötigen?“<br />
Unter dieser Fragestellung lud die <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />
<strong>Stuttgart</strong> am 22.11.2003 zu einem wissenschaftlichen<br />
Symposium mit Forschern, Ärzten und ca.<br />
30 <strong>Teil</strong>nehmern ein. Es gab einen Einblick über den<br />
Stand, Methoden, Schwierigkeiten und Chancen<br />
der Impfstoff-Forschung und einen Austausch von<br />
Erfahrungen und Standpunkten zwischen Betroffenen,<br />
medizinischen Laien, ihren Freunden und<br />
<strong>AIDS</strong>-Fachleuten.<br />
Um freundliche Unterstützung wurden diesmal<br />
bewusst keine Pharmakonzerne gebeten. Ist das<br />
denn heute noch möglich? Es ist!<br />
Unser besonderer Dank geht an<br />
• die <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong> Baden-Württemberg,<br />
• das Medizinreferat der Deutschen <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong>,<br />
Berlin<br />
• die Gesundheitsämter Böblingen und <strong>Stuttgart</strong>,<br />
• die Nordwürttembergische AG niedergelassener<br />
HIV-Schwerpunktärzte, (NOWAGNÄ), <strong>Stuttgart</strong><br />
• den Förderverein Neue Wege in der HIV-Therapie<br />
e.V.<br />
• das Deutsche Institut für Ärztliche Mission,<br />
DIFÄM, Tübingen,<br />
• und das Aktionsbündnis gegen <strong>AIDS</strong>, Tübingen.<br />
Eine neuartige Allianz<br />
Die in dieser Art wohl einmalige Veranstaltung hatte<br />
zum Ziel, einen sehr vielfältigen Kreis von<br />
• selbst Betroffenen<br />
• forschenden Wissenschaftlern,<br />
• niedergelassenen und Klinikärzten,<br />
• haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern aus<br />
regionalen <strong>AIDS</strong>-<strong>Hilfe</strong>n und der Deutschen <strong>AIDS</strong>-<br />
<strong>Hilfe</strong>, DAH,<br />
• HIV/<strong>AIDS</strong>-Experten aus Gesundheitsämtern und<br />
<strong>AIDS</strong>-Beratungsstellen und<br />
• Vertreter von Vereinen/Nichtregierungsorganisationen<br />
im <strong>AIDS</strong>-Bereich<br />
den gemeinsamen Austausch zum Thema<br />
Impfstoffforschung zu ermöglichen.<br />
Die sehr komplexe wissenschaftliche Materie fasste<br />
Ralf Bogen (seit Jahren bereits im Rainbow<br />
und im Förderverein Neue Wege in der HIV-<br />
Therapie aktiv) im Vorfeld des Symposiums in einer<br />
Bro-schüre für alle Symposiumsteilnehmer zusammen.<br />
Für die Moderation der Vorträge und der anschließenden<br />
Diskussion konnte Dr. Markus<br />
Müller, Arzt einer <strong>Stuttgart</strong>er HIV-Schwerpunktpraxis,<br />
gewonnen werden.<br />
Armin Schafberger<br />
Die Referenten und Themen<br />
Prof. Christian Jassoy (Uni Leipzig) und Prof. Ralf<br />
Wagner (Uni Regensburg) vermittelten zuerst, dass<br />
es das Ziel eines Impfstoffes gegen HIV ist, dem<br />
Körper zu helfen, eine erfolgreiche Abwehr gegen<br />
die HI-Viren aufzubauen. Das tut er, indem der<br />
Impfstoff für die Vermehrung von Immunzellen<br />
sorgt, die zum raschen Erkennen und Abwehren<br />
von HIV sowie von HIV-produzierenden Zellen im<br />
menschlichen Körper befähigt sind. Die Impfung<br />
soll nach Möglichkeit bei Kontakt mit dem Virus vor<br />
einer Infektion schützen (Schutzimpfung zur Vorbeugung<br />
von Infektionskrankheiten) oder zumindest<br />
den Ausbruch der Vollbild-<strong>AIDS</strong>-Erkrankung<br />
(therapeutische Impfung im Sinne einer Immuntherapie)<br />
verhindern. Ein Impfstoff soll deshalb im<br />
Körper eine lang anhaltende wirksame Antikörperantwort<br />
sowie eine zelluläre Immunantwort gegen<br />
HIV und gegen die HIV-produzierenden Zellen hervorrufen.<br />
Die Professoren fordern, genauer zu untersuchen,<br />
was den natürlichen Schutz gegen die Vermehrung<br />
der HI-Viren im menschlichen Körper ausmacht.<br />
Jassoy und Wagner verbreiteten mit ihrer Kernaussage<br />
„Was die natürliche Immunantwort kann,<br />
kann nachgeahmt werden“ einen erfreulichen<br />
Optimismus bzgl. der Entwicklung eines wirksamen<br />
therapeutischen Impfstoffes. Denn es gibt<br />
nach ihrer Ansicht eindeutige Hinweise und Belege<br />
solch einer natürlichen Immunantwort, mit der es<br />
gelingt und gelingen kann, HIV viele Jahre in<br />
Schach zu halten. Sie halten es für möglich, die<br />
HIV-Vermehrung durch eine therapeutische<br />
Impfung erfolgreich einzudämmen und zu bekämpfen.<br />
In einem zweiten Referententeil beleuchtete Armin<br />
Schafberger, Leiter des Medizinreferats der DAH,<br />
den Wandel in der Strukturellen Prävention und<br />
neue Rahmenbedingungen für Test und Beratung,<br />
sollte es künftig einen Impfstoff geben, der z. B. nur<br />
einen 50% Schutz bietet. Es müssten dann schon<br />
in der Primärprävention ganz neue Ansätze verfolgt<br />
werden, wenn davon auszugehen wäre, dass z.B.<br />
HIV-positive Menschen nach einer therapeutischen<br />
Impfung / Immuntherapie die Viren nicht mehr<br />
weitergeben, d.h. über Blut und Sperma andere<br />
nicht mehr infizieren könnten.<br />
Dr. Willi Mast vom Förderverein Neue Wege in der<br />
HIV-Therapie e.V. wies auf die ökonomischen<br />
Rahmenbedingungen der Impfstoff-Forschung hin.<br />
Von mehreren etablierten <strong>AIDS</strong>-Wissenschaftlern<br />
wird offen eingeräumt, dass „der Anreiz zur<br />
Produktion eines Impfstoffs sehr gering ist“ (Prof.<br />
Fauci). Pharmakonzerne erwirtschaften mit patentierten<br />
<strong>AIDS</strong>-Medikamenten an einem Patienten<br />
pro Jahr über 10.000 EUR. Wirksame Impfstoffe<br />
können daher dieses milliardenschwere Geschäft<br />
mit den patentierten antiretroviralen Medikamenten<br />
infrage stellen. Nach Herrn Mast ist das ein<br />
wesentlicher Grund, warum über Jahre hinweg<br />
weniger als 1 % der <strong>AIDS</strong>-Forschungsmittel in die<br />
Impfstoff-Forschung flossen.<br />
Wie Jassoy und Wagner vertrat Mast, dass der<br />
Impfstoff in erster Linie die virusproduzierenden<br />
Zellen wirksam angreifen und vernichten muss. Wie<br />
verschiedene <strong>AIDS</strong>-Wissenschaftler (z. B. Prof.<br />
Segal, Prof. Salk, und Prof. Kazatchkine, ) vertrat er<br />
die Ansicht, dass der Impfstoff dazu vor allem die<br />
Vermehrung der p24- und p17-Kapselantikörper<br />
gegen HIV fördern soll, nicht jedoch die Vermehrung<br />
des Hüllantikörpers gp120. Die neuen<br />
Erkenntnisse der therapeutischen Impfstoffforschung<br />
müssen nach Dr. Mast für die Forschung<br />
eines präventiven Impfstoffes Konsequenzen<br />
haben und genützt werden, auch wenn sich hierfür