Inhalt NEU_Nr14_Dez08-- - Der Club zu Bremen
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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 1<br />
1 <strong>Club</strong>-Kommentar<br />
Krise als Chance<br />
Das Jahr 2009 wird in die Geschichtsbücher eingehen. Deutschland<br />
steht der stärkste Rückgang der Wirtschaftsleistungen seit<br />
dem zweiten Weltkrieg bevor. Wie ein Brandbeschleuniger hat<br />
die internationale Finanzmarktkrise weltweit gewirkt und Strukturprobleme<br />
sichtbar gemacht, die Politiker, Banker und Unternehmer<br />
rund um den Globus eilfertig verdrängt haben. Kehren<br />
wir vor der eigenen Tür. Auch wir Deutschen haben über die Verhältnisse<br />
gelebt. Unsere Automobilbranche ist nur ein Beleg<br />
dafür. Wir produzieren <strong>zu</strong> viel und dann noch die falschen Fahrzeuge.<br />
„Geiz ist geil“ und Kredite werden auf dem Silbertablett<br />
offeriert. Fehlende Nachfrage wurde durch Dumpingpreise bei<br />
den Leasing- und Finanzierungsbedingungen ausgehebelt. <strong>Der</strong><br />
Trend <strong>zu</strong> ressourcenschonenden Antriebstechnologien ist im<br />
Industrieland Deutschland verschlafen worden. Nur unter dem<br />
Druck der weltweiten Absatzkrise tüfteln deutsche Ingenieure<br />
jetzt mit Hochdruck an neuen Generationen leistungsfähiger<br />
Batterien und verbraucharmen Motoren. Mercedes hat den Elektroantrieb<br />
als Zukunftsaufgabe entdeckt. So machen Krisen den<br />
Unternehmen Beine. Und darin liegt die Chance der Rezession,<br />
die uns in diesem Jahr mit voller Wucht treffen wird, dass sich<br />
die Industrienation Deutschland neu sortiert. Mit neuen Produkten<br />
und neuen Produktionsformen. Mit Arbeitsplätzen, die die<br />
Rentabilität der Unternehmen dauerhaft stärken. Mit Standorten,<br />
die Unternehmen positive Bedingungen für unternehmerisches<br />
Handeln bieten. Verlässlich und belastbar auch in<br />
schwierigen Zeiten. Mit Gewerkschaften, die bereit sind, auf die<br />
Herausforderungen der Globalisierung pragmatisch und ohne<br />
ideologische Scheuklappen Antworten <strong>zu</strong> finden. Die Herausforderungen<br />
für die Sozialpartner sind gigantisch. 2009 wird ein<br />
Jahr der schrumpfenden Wirtschaftsleistung in Folge weltweit<br />
einbrechender Nachfrage, steigender Arbeitslosigkeit und wachsender<br />
Staatsdefizite nicht nur in Deutschland, sondern auch im<br />
Rest der industrialisierten Welt. Die Schwellenländer, lange Zeit<br />
als Felsen in der Brandung betrachtet, werden ebenfalls leiden.<br />
Das Wachstum in Staaten wie Indien, China und Russland wird<br />
einbrechen, auch dort wird die Arbeitslosigkeit steigen. Eine<br />
solche globale Rezession ist neu. In der Globalisierung der Krise<br />
liegen Unwägbarkeiten, aber auch Chancen. Zurückliegende<br />
Rezessionen waren regional begrenzt. Mal ging es schlechter in<br />
Europa, dann in Amerika. An die Asienkrise 1997 erinnert sich<br />
kaum noch einer. Jetzt droht nach der weltweiten Rezession<br />
eine weltweite Deflation. In dieser Situation ist die Große Koalition<br />
eine Chance, schwierige, gelegentlich schmerzhafte Entscheidungen<br />
<strong>zu</strong> fällen. Klientelpolitik hilft hier nicht weiter.<br />
Die Bundesregierung muss den Mut haben, auch unbequeme,<br />
strukturorientierte Entscheidungen <strong>zu</strong> fällen. Konjunkturpakete<br />
nach dem Gießkannenprinzip sind rausgeschmissenes Geld. Wer<br />
immer nur auf die knapp 50 % der Wähler schielt, die Bezieher<br />
staatlicher Transferleistungen sind oder wer aus Symbolgründen<br />
reflexhaft immer nur an die Portemonnaies der Leistungsträger<br />
in der Gesellschaft will, der ist, so hat es Winston Churchill einmal<br />
gesagt, nur ein Politiker und kein Staatsmann. <strong>Der</strong> Politiker<br />
denkt nur an die nächsten Wahlen, der Staatsmann denkt an die<br />
nächste Generation. Und was hat das mit <strong>Bremen</strong> <strong>zu</strong> tun? Die<br />
Wirtschaftskrise wird an unserem Bundesland nicht vorbeigehen.<br />
Ganz im Gegenteil. <strong>Bremen</strong> hat eine Exportquote von 51 %.<br />
<strong>Der</strong> Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe ist schon jetzt<br />
um 40 % gesunken. In der Stahl- und Automobilindustrie drohen<br />
Kurzarbeit. Die Rot-Grüne Koalition steht vor großen Herausforderungen.<br />
Das von Bürgermeister Kaisen einst praktizierte<br />
Bündnis von Arbeitern und Kaufleuten könnte die Blaupause für<br />
<strong>zu</strong>künftiges Handeln sein.<br />
Dr. Rüdiger Hoffmann