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Inhalt NEU_Nr14_Dez08-- - Der Club zu Bremen

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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 5<br />

Gerald Sammet<br />

Als er sich ins Gästebuch eintragen soll und dafür ein paar<br />

Instruktionen erhält, kommentiert er das launig: „Hab ich<br />

tatsächlich schon mal gemacht.“ Es ist die Art von trockenem,<br />

manchmal kaum spürbarem Humor, die einige in Bernd Neumannns<br />

Umgebung durchaus auch schon das Fürchten gelehrt<br />

haben soll. Das Selbstverständliche ist selbstverständlich.<br />

Eigentlich verträgt es keinen Kommentar, und wenn doch, dann<br />

einen wie diesen. Man kommt eben, in seiner Position, an Gästebüchern<br />

und anderen Ritualen nicht immer vorbei. Also tief und<br />

vernehmbar durchatmen in so einem Fall. Das verfehlt seine Wirkung<br />

nicht und schafft beides: Abstand und Nähe.<br />

Solche Balancen, die Kunst, die Balance <strong>zu</strong> wahren, ohne all<strong>zu</strong><br />

leichtfüßig <strong>zu</strong> wirken, sind ihm in Fleisch und Blut übergegangen.<br />

Wer ihn kennt, weiß natürlich, dass er sich die Fähigkeit,<br />

so auf dem Seil <strong>zu</strong> tanzen, hart erarbeiten musste. Er hatte ja,<br />

bevor ihm das Amt des Staatsministers für Kultur angetragen<br />

wurde, schon Gelegenheit gehabt, auf ein paar Bühnen mehr die<br />

für ihn gerade angesagte Rolle seines Lebens <strong>zu</strong> spielen. Als,<br />

durchaus mit Kalkül, <strong>zu</strong> polemischen Ausfällen neigenden Vordenker<br />

der Jungen Union erinnert man sich an ihn. Als Lehr- und<br />

Zuchtmeister seiner Partei, der er volle 29 Jahre als Landesvorsitzender<br />

diente. Als einen, für den der Schulterschluss mit dem<br />

CDU-Ehrenvorsitzenden und Altbundeskanzler Helmut Kohl <strong>zu</strong><br />

jeder Zeit eine Selbstverständlichkeit war. Damit, dass er davon<br />

unbeschadet den Sprung in Angela Merkels Kanzleramt schaffte,<br />

hat selbst im engeren Kreis seiner politischen Freunde nicht<br />

jeder gerechnet. Dabei ist doch, wenn er davon erzählt, alles so<br />

einfach gewesen. Man habe, erzählt er, <strong>zu</strong>sammengesessen und<br />

sich die Frage nach einem Verantwortlichen für die kulturellen<br />

Angelegenheiten des Bundes gestellt. Und dann? Nicht einmal<br />

eine Kunstpause braucht er, um wieder<strong>zu</strong>geben, was dann passierte:<br />

„ . . . und da kam ich auf mich selber.“<br />

Keine Rede, erklärt er den Anwesenden bei seinem Auftritt am<br />

3. November im <strong>Club</strong>, wolle er halten. „Schöne Reden“, erfährt<br />

5<br />

man wenig später von ihm, „bereichern manchmal eine Versammlung.“<br />

Manchmal, da liegt das Problem. Manchmal bewirken<br />

sie im besseren Fall <strong>zu</strong> wenig und im schlechteren nichts.<br />

Er will berichten an diesem Tag. Von seinen Vorhaben und Zielen,<br />

seiner Arbeitsweise, seinen Methoden und Verbindungen.<br />

Bei der Nüchternheit, die da aus ihm spricht, bleibt es dann<br />

allerdings nicht. Die Sache, für die er steht, trägt ihn, so paradox<br />

sich das anhören mag, <strong>zu</strong>letzt davon. Keine Rede zwar, ganz<br />

wie versprochen, aber dafür liefert er eine wirklich hinreißende<br />

Performance, bei der aber doch alles sorgfältig austariert ist,<br />

Spontaneität und Kontrolle, Geistesblitze, wo man sie einsetzen<br />

sollte, und da<strong>zu</strong> Einblicke in die Mühen, die einen der Versuch<br />

kosten kann, welche <strong>zu</strong> kriegen.<br />

„Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien“, so<br />

lautet die Dienstbezeichnung, die er offiziell führt. Sein Dienstsitz<br />

ist das Bundeskanzleramt. Einen Feldvorteil nennt er das.<br />

Einer, das klingt dann schon an, den andere im Kabinett Merkel<br />

nicht haben. Eine Position, von der aus sich manches bewegen<br />

lässt. Was ihm nicht liegt: „Bilder auswählen oder mit Herrn<br />

Grass darüber diskutieren, was die Aufgabe des Schriftstellers in<br />

unserer Zeit ist.“ Was ihm liegt: Rahmenbedingungen schaffen,<br />

Mittel auftreiben, sich im komplizierten Gegeneinander von<br />

Bund und Ländern bei der Zuständigkeit für die Kultur wie ein<br />

Fisch im Wasser bewegen. Rahmenbedingungen? Man muss sich,<br />

daran führt kein Weg vorbei, dann auch um die Not leidende<br />

Künstlersozialkasse kümmern und ums Urheberecht. Schöngeistern<br />

– und jeder seiner drei Vorgänger ist das auf seine Weise<br />

gewesen – gelingt das nicht immer. Ein geistiges Fundament<br />

braucht man trotzdem: „Geschichte, Tradition, Sprache, Werte“,<br />

so ist das bei Bernd Neumann beschaffen.<br />

Ein Politprofi, so hat man ihn anfangs eher beäugt als wahr<strong>zu</strong>nehmen<br />

verstanden. Die Häme, die ihm entgegenschlug, aus<br />

den Feuilletons vornehmlich, ist längst verflogen. „Profi“, sagt<br />

Neumann, „ist das Gegenteil von Amateur.“ Das haben am Ende

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