Juli 2002 - Der Fels
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verfolgung erreichte ihren Höhepunkt<br />
Ende August 1792, als alle<br />
romtreuen Priester, deren man<br />
habhaft werden konnte, deportiert<br />
wurden, und in den sogenannten<br />
Septembermorden allein in Paris<br />
300 Priester, darunter drei Bischöfe,<br />
das Martyrium erlitten. Priestern,<br />
die nun – man schrieb das Jahr 1793<br />
– Frankreich noch nicht verlassen<br />
hatten, drohte die binnen 24 Stunden<br />
zu vollstreckende Todesstrafe<br />
– eine „gewaltige Welle der<br />
Dechristianisierung“ überspülte<br />
vom Sommer 1793 bis Sommer<br />
1794 das Land. Allein in diesem<br />
Jahr zählte man 22938 Hinrichtungen<br />
bzw. Morde.<br />
Die meisten Kirchen wurden geschlossen<br />
und geplündert, sogar<br />
niedergerissen, der Sonntag wurde<br />
abgeschafft, ein eigener revolutionärer<br />
Kult der Göttin Vernunft sollte<br />
die Gottesverehrung ablösen.<br />
Nur einige tausend Priester harrten<br />
unter Lebensgefahr im Untergrund<br />
aus, um den verbliebenen Gläubigen<br />
die Sakramente zu spenden.<br />
Insgesamt dürften etwa 5000 Katholiken,<br />
darunter mehr als 1000<br />
Priester, als Märtyrer im eigentlichen<br />
Sinn gestorben sein.<br />
Dank der heroischen Treue vieler<br />
Priester und Gläubigen, die<br />
auch unter dem Terror standgehalten<br />
hatten, bewahrheitete sich<br />
auch in diesem Fall die Devise<br />
„Succisa virescit“: aus dem umgehauenen<br />
Baumstumpf schießt frisches<br />
Grün!<br />
Was sich nun, kaum dass die revolutionären<br />
Regimes abgelöst waren,<br />
ereignete, war staunenswert.<br />
Ermöglichte das Konkordat, das<br />
Napoleon mit Pius VII. abschloß,<br />
trotz erheblichen Mängeln den Wiederaufbau<br />
der kirchlichen Strukturen<br />
– Bistümer und Pfarreien -, so<br />
waren es Schriftsteller wie Joseph<br />
de Maistre und Francois-René de<br />
Chateaubriand, die mit ihren vielverbreiteten<br />
Werken dem rationalistisch-aufklärerischen<br />
Zeitgeist entgegentraten<br />
und die Wahrheit und<br />
Schönheit des katholischen Glaubens<br />
eindrucksvoll aufzuweisen<br />
vermochten.<br />
Das Heilige Jahr 1803 stellte<br />
gleichsam die Initialzündung für<br />
eine umfassende Neumissionierung<br />
Frankreichs dar, die allerdings<br />
zunächst nur die intellektuellen<br />
Kreise tiefer erfasste.<br />
In den darauffolgenden Jahrzehnten<br />
indes entstand – unter den<br />
Pontifikaten Gregors XVI. und Pius<br />
IX. – eine erstaunliche Anzahl von<br />
Ordensgemeinschaften. Allein bis<br />
1814 waren 1253(!) neue Gemeinschaften<br />
nicht nur gegründet, sondern<br />
auch kirchlich approbiert worden.<br />
Das bedeutet, dass Tausende<br />
von jungen Frauen und Männern<br />
bereit waren, sich unter mehr als<br />
schweren Bedingungen in den<br />
Dienst Gottes für die Menschen zu<br />
stellen.<br />
Frankreich wurde so auch zum<br />
Zentrum weitausgreifender Missionstätigkeit<br />
vor allem in Asien.<br />
Missionarischer Impuls aber ist der<br />
untrügliche Gradmesser für die<br />
geistliche Vitalität der Kirche.<br />
Das französische Beispiel strahlte<br />
aus auf das übrige Europa, und<br />
allenthalben vollzog sich in der von<br />
den Nachwehen der Aufklärung,<br />
vom Sozialismus von Marx und<br />
Engels, vom Vulgärmaterialismus<br />
eines Büchner und von gottlosem<br />
Liberalismus gekennzeichneten<br />
Gesellschaft ein religiöser Aufbruch,<br />
der jenem der nachtridentinischen<br />
Epoche ebenbürtig<br />
genannt werden muß. Auch wenn<br />
Bücher wie jenes Leben Jesu von<br />
Ernest Renan, in zahlreichen Auflagen<br />
verbreitet, den Glauben vieler<br />
zu zerstören vermochten: Die<br />
zahlreichen neuentstandenen oder<br />
wiederbelebten Ordensgemeinschaften<br />
apostolischen, caritativen<br />
und missionarischen Charakters erwiesen<br />
ihre Anziehungskraft auf<br />
eine begeisterte katholische Jugend<br />
in nahezu allen Ländern Europas<br />
und Amerikas, die sich nun in den<br />
Dienst der Kirche stellte.<br />
Damit sei unser allzuflüchtiger<br />
Überblick abgeschlossen.<br />
Fortsetzung folgt<br />
Dem Geschlecht der Wittelsbacher<br />
verdankt Bayern und darüber hinaus<br />
ein großer Teil Deutschlands<br />
die Erhaltung des katholischen<br />
Glaubens.<br />
Herzog Wilhelm V. von Bayern und<br />
Renata von Lothringen, Herzogin<br />
von Bayern, waren die großen<br />
Förderer der tridentinischen Reform<br />
(ca. 1590/95; Bild aus der Werkstatt<br />
des Hans von Aachen; Bayer.<br />
Nationalmuseum).<br />
DER FELS 7/<strong>2002</strong> 203