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Juli 2002 - Der Fels

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Anzahl von Professoren. Es muss<br />

aber auch nicht lineare Anpassung<br />

an den Schüler- und Studentenrückgang<br />

bedeuten. Wir in Sachsen<br />

nutzen den Schülerrückgang, um<br />

unser Bildungsangebot weiter qualitativ<br />

zu verbessern. Wir wollen<br />

weniger Kinder besser unterrichten!“<br />

Dieses Prinzip gelte auch für<br />

die Hochschulen.<br />

„Klasse statt Masse“ also beim<br />

Bildungsangebot. Denn bei der<br />

knappen Ressource „Jugend“ könne<br />

es sich keine Gesellschaft leisten,<br />

Begabungen nicht zu erkennen und<br />

nicht zu entwickeln. Auch im Bereich<br />

der Wirtschaft fordert Milbradt ein<br />

Umdenken. Angesichts des zunehmenden<br />

Lebensalters großer Teile<br />

der Bevölkerung und der Fortschritte<br />

bei der Erhaltung von Leistungsfähigkeit<br />

und Vitalität sei das Lebensalter<br />

immer weniger Indiz für die<br />

Leistungsfähigkeit eines Menschen.<br />

Kreativität sei kein Privileg der Jugend<br />

und die Menschen könnten<br />

heute sehr viel länger leistungsfähig<br />

bleiben. Innovationskraft und<br />

Wettbewerbsfähigkeit einer Gesellschaft<br />

nehmen deshalb heute nicht<br />

mehr zwangsläufig mit dem Anstieg<br />

ihres Durchschnittsalters ab.<br />

Allerdings setzt dies Veränderungsbereitschaft<br />

voraus: Man brauche<br />

eine Arbeitsorganisation, die auf<br />

Ältere zugeschnitten ist. Man brauche<br />

neue Methoden, die lebenslanges<br />

Lernen ermöglichen. Man<br />

brauche neue Formen, um Arbeitsund<br />

Qualifikationsphasen miteinander<br />

in Einklang zu bringen. Man<br />

brauche ferner neue Modelle, um<br />

Familien- und Berufspflichten miteinander<br />

vereinbaren zu können.<br />

Die Telearbeit müsse intensiver genutzt<br />

werden und man brauche neue<br />

Formen, um einen gleitenden Übergang<br />

vom Erwerbsleben in den Ru-<br />

Verbreitete Hoffnung:<br />

Alfonso Lopez Kardinal<br />

Trujillo. Als Präsident<br />

des Päpstlichen Rates<br />

für die Familie kennt<br />

der Kardinal die Stimmung<br />

in der Welt und<br />

die ist keineswegs so<br />

zukunftsfeindlich und<br />

ängstlich auf die Gegenwart<br />

konzentriert<br />

wie in Deutschland.<br />

Und als führendes Mitglied<br />

des ältesten „global<br />

player“der Welt, der<br />

katholischen Kirche,<br />

weiß der Kardinal auch<br />

neue soziale Fragen zu<br />

erkennen. Die erste war<br />

die Arbeiterfrage, die zu<br />

Rerum Novarum führte,<br />

heute, ein Jahrhundert<br />

später, ist die Familie<br />

die neue soziale Frage<br />

und wieder ist es die<br />

Kirche, die den Schwachen<br />

beisteht.<br />

hestand zu ermöglichen. Milbradt:<br />

„Die Alterspyramide steht auf dem<br />

Kopf. Das zwingt uns, auch alle anderen<br />

Regeln, Schemata und Schablonen<br />

auf den Kopf zu stellen. Ich<br />

bin davon überzeugt: Wenn wir es<br />

richtig machen, braucht eine ältere<br />

Gesellschaft den Wettbewerb mit<br />

jüngeren Gesellschaften nicht zu<br />

fürchten.“<br />

Die Falle der Kurzsichtigkeit<br />

Während Sachsen sich also<br />

gezwungenermaßen früh auf den<br />

demographischen Wandel einstellt,<br />

scheinen die westlichen Länder<br />

Deutschlands und auch in ganz<br />

Europa in die „Falle der Kurzsichtigkeit“<br />

(Professor Dumont,<br />

Sorbonne) zu tappen. Erziehungsund<br />

Familienarbeit seien „Produktionen“<br />

auf mittlere und längere<br />

Sicht, die Wirtschaft aber denke in<br />

Jahresbilanzen, die Politik allenfalls<br />

in Wahlperioden. „Wenn der<br />

Mensch nicht mehr im Mittelpunkt<br />

steht, dann kommen die Kurzzeitdenker<br />

zum Zug und auf ihrem Fuß<br />

folgt die kulturelle Verarmung“.<br />

Ohne Erziehung, ohne Kinder gebe<br />

es weniger Weitergabe von Werten<br />

und Traditionen. Das sei so, wie<br />

wenn man eine Bibliothek von hunderttausend<br />

Bänden auf zehntausend<br />

Wirtschaftsbücher verringere.<br />

Man könne damit im Moment leben,<br />

aber der kulturelle Reichtum versiege.<br />

Das sei ein Verlust an Humankapital,<br />

der sich auf das wirtschaftliche<br />

Wachstum niederschlage. Dieses<br />

Wachstum sei abhängig von der<br />

Zahl und der Qualität der Menschen.<br />

Eine Gesellschaft, die, so der<br />

Trendforscher Professor Wippermann,<br />

sich mehr um Friedhöfe als<br />

um Kindergärten kümmere und es<br />

sich in einer enkelfreien Zone wohl<br />

ergehen lasse, trage den Hautgout<br />

der Endzeit.<br />

Gar nicht kurzsichtig, sondern im<br />

Gegenteil mit dem historisch geschärften<br />

Blick für große Zusammenhänge<br />

und soziale Fragen betrachtet<br />

die katholische Kirche die<br />

Entwicklung. Aus dem Vatikan kam<br />

der Präsident des Päpstlichen Rates<br />

für die Familie, Kardinal Lopez<br />

Trujillo - und ein Grußwort des<br />

Papstes für die Teilnehmer des Kon-<br />

208 DER FELS 7/<strong>2002</strong>

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