Juli 2002 - Der Fels
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em Zeugnischarakter.<br />
Sie bezeugt, was für jeden<br />
gilt; sie erinnert<br />
daran. Sie zeigt auch das<br />
Recht, radikal Bereiche<br />
des Lebens einzuschränken,<br />
um mehr in und für<br />
die Realisierung der Liebe<br />
im Reich Gottes zu<br />
leben; denn sie ist ein besonderer<br />
Impuls zu einer<br />
großen Liebe. Dies kann<br />
nicht bedeuten, dass die<br />
Eheleute weniger lieben<br />
könnten. Vielmehr wird<br />
auf ein besonderes geistiges<br />
Charisma, eine besondere<br />
Begabung, eine<br />
besondere Prägung der<br />
Liebe verwiesen. <strong>Der</strong><br />
Komparativ „größer“ aus<br />
dem Einschub von<br />
„Perfectae Caritatis“ 12<br />
ist durch die Zitation ja<br />
bereits in Anführungszeichen<br />
gesetzt. Er wird verstanden<br />
im Sinne von<br />
„besonders geartet“. Im<br />
geistlichen Leben lassen<br />
sich die Gnadengaben<br />
nie miteinander messen. Denken wir<br />
an das Beispiel der unterschiedlich<br />
großen Gefäße, die aber doch alle<br />
randvoll sein können. Vor dem Einschub<br />
aus „Perfectae Caritatis“ 12<br />
wird demgemäß die adverbiale Formulierung<br />
„auf besondere Art“ gebraucht.<br />
Diese Feststellung, die fast<br />
übersehen werden kann, ist signifikant.<br />
<strong>Der</strong> Blick bleibt nicht statisch<br />
beim bloßen Vergleichen stehen, sondern<br />
wird nach vorne in eine unbegrenzte<br />
Fülle gelenkt, in der ein gegenseitiges<br />
Messen keinen Bezugspunkt<br />
mehr findet.<br />
Dem entspricht, dass hier – wie<br />
später im „Katechismus der Katholischen<br />
Kirche“ 1620 – die Aussage<br />
von Johannes Chrysostomus zum<br />
hohen Wert der Ehe und zum noch<br />
höheren der Ehelosigkeit eingefügt<br />
wird. Hier wird vorausgesetzt, dass<br />
das authentische Wesen der Ehe die<br />
Liebe, und dass die größere Heiligkeit<br />
Ziel aller ist. Erläuternd heißt es:<br />
„Ohne Achtung für die Ehe kann es<br />
auch keine gottgeweihte Jungfräulichkeit<br />
geben; wenn die menschliche<br />
Sexualität nicht als ein hoher,<br />
vom Schöpfer geschenkter Wert betrachtet<br />
wird, verliert auch der um<br />
des Himmelreiches willen geleistete<br />
Verzicht auf sie seine Bedeutung“<br />
(„Familiaris Consortio“ 16). Ohne<br />
Achtung vor der hohen Bedeutung<br />
der menschlichen Liebe zwischen<br />
Mann und Frau hat der Verzicht keinen<br />
Wert mehr. Wir können noch hinzufügen:<br />
Ohne Ehe und Familie<br />
würde der Mensch gar nicht wissen,<br />
was Liebe ist. Daher ist Ehelosigkeit<br />
ohne Ehe im Erlebnishorizont gar<br />
nicht möglich, denn es geht nicht um<br />
einen „Nicht-Besitz“, sondern um einen<br />
„Verzicht aus Liebe“. Es geht<br />
letztlich nicht um ein „Nein“, sondern<br />
um ein „Ja“.<br />
Dass umgekehrt die Ehelosigkeit<br />
auch auf die Ehe zurückwirkt, wird<br />
an späterer Stelle gesagt: „Kraft dieses<br />
Zeugnisses (von der ‚eschatologischen<br />
Hochzeit Christi mit der Kirche‘)<br />
hält die Jungfräulichkeit in der<br />
Kirche das Bewusstsein für das Mysterium<br />
der Ehe wach und verteidigt<br />
es vor jeder Verkürzung und jeder<br />
Verarmung.“ Eheliche Hochzeit hat<br />
ihr Urbild in der Hochzeit Christi mit<br />
der Kirche (vgl. Eph 5,21-33), und<br />
diese realisiert in besonderer Weise<br />
der Ehelose, der mit Gott schon hier<br />
ganzheitlich Vermählte. Ehelosigkeit<br />
macht das Wesen der Ehe deutlich<br />
und verteidigt es.<br />
Am Ende wird Abschnitt 16 aus<br />
„Familiaris Consortio“ noch kon-<br />
Die Ehe<br />
im Plane Gottes<br />
D ie Heilige Schrift beginnt<br />
mit der Erschaffung des<br />
Mannes und der Frau nach<br />
dem Bilde Gottes und schließt<br />
mit der Vision der „Hochzeit<br />
des Lammes“ (Offb. 19,7.9).<br />
Von ihren ersten bis zu den letzten<br />
Seiten spricht die Schrift<br />
von der Ehe und ihrem „Mysterium“,<br />
von ihrer Einsetzung<br />
und dem Sinn, den Gott ihr gegeben<br />
hat, von ihrem Ursprung<br />
und ihrem Ziel, von ihrer unterschiedlichen<br />
Verwirklichung<br />
im ganzen Verlauf der Heilsgeschichte,<br />
von ihren aus der Sünde<br />
hervorgegangenen Schwierigkeiten<br />
und von ihrer Erneuerung<br />
„im Herrn“ (1 Kor 7,39)<br />
im Neuen Bund Christi und der<br />
Kirche.<br />
Katechismus der<br />
Kath. Kirche Ziff. 1602<br />
kreter: „ Die christlichen Eheleute<br />
haben daher das Recht, sich von<br />
den jungfräulichen Menschen das<br />
gute Beispiel und das Zeugnis der<br />
Treue zu ihrer Berufung bis zum<br />
Tod zu erwarten. Ebenso wie für die<br />
Eheleute die Treue manchmal<br />
schwierig wird und Opfer, Abtötung<br />
und Selbstverleugnung verlangt, so<br />
kann dies auch für die jungfräulich<br />
Lebenden zutreffen. Die Treue der<br />
letzteren, auch in eventueller Prü-<br />
DER FELS 7/<strong>2002</strong> 211