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Gegen bürokratische Exzesse und überzogene ... - Fischmagazin.de

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Schalen- <strong>und</strong> kruStentiere<br />

Kutterfischer protestieren zur Eröffnung <strong>de</strong>s Fischereitages<br />

<strong>Gegen</strong> <strong>bürokratische</strong><br />

<strong>Exzesse</strong> <strong>und</strong> <strong>überzogene</strong><br />

Überwachung<br />

Das hat es in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r b<strong>und</strong>es<strong>de</strong>utschen Fischerei noch nie gegeben: fast 150<br />

Kutter waren zur Eröffnung <strong>de</strong>s Fischereitages am 30. Juni nach Bremerhaven gekommen,<br />

um auf ihre prekäre Situation aufmerksam zu machen <strong>und</strong> ein politisches Zeichen zu setzen.<br />

In <strong>de</strong>r Fischauktionshalle am Islandkai for<strong>de</strong>rten H<strong>und</strong>erte Fischer, die immer hemmungsloser<br />

wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Bürokratie, unsinnige Vorschriften <strong>und</strong> <strong>überzogene</strong> Überwachungen zu stoppen.<br />

Deutschland hat nur einen<br />

Anteil von 3% an <strong>de</strong>r<br />

Flottenkapazität <strong>de</strong>r EU,<br />

verfügt jedoch über knapp 9%<br />

<strong>de</strong>r Fangquoten. Die <strong>de</strong>utschen<br />

Kutterfischer arbeiten seit Jahren<br />

nachhaltig <strong>und</strong> umweltverträglich,<br />

sagt <strong>de</strong>r Deutsche Fischerei-<br />

Verband, bei einigen Fischarten<br />

wer<strong>de</strong>n die Fangquoten nicht<br />

mal voll ausgeschöpft. Trotz<strong>de</strong>m<br />

überzieht man die Fischer, bei<br />

<strong>de</strong>nen es sich meist um kleine Familienbetriebe<br />

han<strong>de</strong>lt, seit Jahren<br />

mit immer mehr Vorschriften<br />

<strong>und</strong> Auflagen. Die Stimmung war<br />

auch vorher schon gereizt, doch<br />

jetzt sind erneut For<strong>de</strong>rungen<br />

<strong>und</strong> Regelungen über die Fischer<br />

hereingebrochen, die das Fass<br />

zum Überlaufen brachten. In <strong>de</strong>r<br />

Kritik steht beson<strong>de</strong>rs die Brüsseler<br />

Fischereipolitik, die wenig<br />

Rücksicht auf die Belange <strong>und</strong><br />

Möglichkeiten <strong>de</strong>r kleinen Familienbetriebe<br />

nimmt. Alle Fischer<br />

wissen, dass es Regeln für die<br />

Fischerei geben muss, doch die<br />

müssen nachvollziehbar <strong>und</strong> in<br />

<strong>de</strong>r Praxis umsetzbar sein.<br />

Nahezu 150 Kutter waren nach<br />

Bremerhaven gekommen <strong>und</strong> mit<br />

ihnen etwa 400 Fischer, Kapitäne<br />

<strong>und</strong> Besatzungen, die stellvertretend<br />

für ihre 1.800 Berufskollegen<br />

an Nord- <strong>und</strong> Ostsee stan<strong>de</strong>n.<br />

Einige von ihnen hatten nahezu<br />

24 St<strong>und</strong>en Anreisezeit über See<br />

auf sich genommen, um ihrem<br />

Unmut über die zunehmen<strong>de</strong><br />

Drangsalierung endlich einmal<br />

Luft zu machen. Die Fischer fühlen<br />

sich von Bürokraten <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

EU ungerecht behan<strong>de</strong>lt <strong>und</strong><br />

ihrer traditionellen Rechte <strong>und</strong><br />

angestammten Fischereigebiete<br />

beraubt. Offshore-Windparks <strong>und</strong><br />

Kabeltrassen, Fahrwasservertiefungen<br />

in Weser, Ems <strong>und</strong> Elbe,<br />

Vorranggebiete für die Schifffahrt,<br />

Schießplätze für die Marine,<br />

Schutzzonen für Vögel <strong>und</strong> Meeressäuger<br />

– die verbleiben<strong>de</strong>n Gebiete<br />

für Küstenfischerei wer<strong>de</strong>n<br />

immer weiter beschnitten.<br />

Wie<strong>de</strong>rholt vom Beifall in <strong>de</strong>r<br />

Halle unterbrochen, brachte Dirk<br />

San<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Küstenfischer<br />

im Weser-Ems-Gebiet,<br />

58 FischMagazin 7-8/2009 www.fischmagazin.<strong>de</strong>


Der Deutsche Fischerei-Verband steht voll hinter <strong>de</strong>n Kutterfischern.<br />

Protestieren<strong>de</strong> Fischer <strong>und</strong> Teilnehmer eröffneten <strong>de</strong>n diesjährigen<br />

Fischereitag gemeinsam.<br />

die Probleme <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Ärger <strong>de</strong>r<br />

Küstenfischer auf <strong>de</strong>n Punkt: Man<br />

raubt <strong>de</strong>n Fischern durch immer<br />

mehr Vorschriften die Fangmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> beschnei<strong>de</strong>t ihre<br />

Korringaweg 27-29<br />

4401 NT Yerseke<br />

Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong><br />

www.fischmagazin.<strong>de</strong><br />

[ schalen- <strong>und</strong> krustentiere ]<br />

Fanggrün<strong>de</strong>. Die Regulierungswut<br />

<strong>de</strong>r EU sei unerträglich, zumal<br />

vieles in Deutschland nicht<br />

nur eins zu eins umgesetzt wird,<br />

son<strong>de</strong>rn die Behör<strong>de</strong>n oft sogar<br />

noch eins draufhauen. Während<br />

holländische Kutter quasi staatlich<br />

genehmigt mit 400 PS fischen,<br />

zuckeln <strong>de</strong>utsche Fischer<br />

mit ihren 300 PS hinterher, weil<br />

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<strong>und</strong> nachhaltig<br />

Gerold Conradi, DFV-Präsi<strong>de</strong>nt Holger Ortel, Nils Friedrichsen <strong>und</strong><br />

Dirk San<strong>de</strong>r. Die Fischer fühlen sich ungerecht behan<strong>de</strong>lt <strong>und</strong> ihrer<br />

Rechte <strong>und</strong> Fischereigebiete beraubt.<br />

täglich Premier<br />

Krijn Verwijs Yerseke, das erste nie<strong>de</strong>rländische Muschelunternehmen mit <strong>de</strong>m ISO-22000 Zertifikat<br />

sie sich streng an die Vorschriften<br />

halten. „Man beschnei<strong>de</strong>t uns die<br />

Seetage, überall wird gebaggert<br />

auf Teufel komm raus, nur <strong>de</strong>r<br />

Fischer hat keinerlei Rechte.<br />

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FischMagazin 7-8/2009 59


Wenn die Drangsalierung so weitergeht,<br />

wer<strong>de</strong>n unsere Proteste<br />

noch wachsen.“<br />

Viele Fischer sind verbittert,<br />

weil sie sich ungleich behan<strong>de</strong>lt<br />

fühlen. „Greenpeace versenkt<br />

Steine am Sylter Außenriff, verstößt<br />

gegen gelten<strong>de</strong> Gesetze<br />

<strong>und</strong> gefähr<strong>de</strong>t Menschenleben,<br />

aber keine Behör<strong>de</strong> han<strong>de</strong>lt.<br />

Schmeißt hingegen <strong>de</strong>r Fischer<br />

eine benutzte Kaffeefiltertüte ins<br />

Wasser, brummt man ihm sofort<br />

eine Strafe auf“, sagt Gerold Con-<br />

[ schalen- <strong>und</strong> krustentiere ]<br />

radi, Kutterfischer aus Greetsiel.<br />

Der Fischer wer<strong>de</strong> gleichsam als<br />

Verbrecher betrachtet, an<strong>de</strong>rs<br />

seien die vielen Auflagen <strong>und</strong><br />

Restriktionen gar nicht zu erklären.<br />

„Falls irgendwann die Fische<br />

an einer <strong>de</strong>r vielen Baggerstellen<br />

verschwin<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n die Fischer<br />

wohl auch dafür noch die Schuld<br />

bekommen.“<br />

Beson<strong>de</strong>rs sauer sind die Küstenfischer<br />

über die Absicht <strong>de</strong>r EU,<br />

dass sie noch ein weiteres elektronisches<br />

Kontrollsystem anschaf-<br />

Greenpeace-Aktion gefähr<strong>de</strong>t Sicherheit auf See<br />

Gesteinsbrocken westlich von Sylt versenkt<br />

In einer heftig umstrittenen Aktion hat Greenpeace<br />

im August 2008 mehrfach tonnenschwere Gesteinsbrocken<br />

vor Sylt versenkt, um das Gebiet vor <strong>de</strong>r angeblich<br />

zerstörerischen Gr<strong>und</strong>schleppnetzfischerei<br />

sowie vor Sand- <strong>und</strong> Kiesabbau zu schützen. Damit<br />

verstieß Greenpeace gegen das „Hohe-See-Einbringungsgesetz“<br />

(je<strong>de</strong> Einbringung von Stoffen zu nicht<br />

wirtschaftlichen Zwecken ist genehmigungspflichtig)<br />

<strong>und</strong> gefähr<strong>de</strong>t das Leben von Kutterfischern, <strong>de</strong>nn es<br />

gab keine Vorwarnung. Unbekannte Hakstellen, an <strong>de</strong>nen<br />

geschleppte Netze hängen bleiben, sind gemäß<br />

400 PS statt erlaubter 300 PS<br />

Dürfen nie<strong>de</strong>rländische Fischer,<br />

was ihren <strong>de</strong>utschen Kollegen untersagt ist ?<br />

Der Verband <strong>de</strong>r Deutschen Kutter- <strong>und</strong> Küstenfischer<br />

im Lan<strong>de</strong>sfischereiverband Weser-Ems wirft<br />

<strong>de</strong>r nie<strong>de</strong>rländischen Kutterfischerei vor, gegen EU-<br />

Vorschriften zu verstoßen. Vor gut vier Jahren wur<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>swegen bei <strong>de</strong>r Europäischen Kommission eine<br />

Beschwer<strong>de</strong> gegen die nie<strong>de</strong>rländische Regierung<br />

eingereicht. Sie soll ihren Fischereibetrieben an-<br />

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fen sollen. Damit wäre dann an<br />

Bord <strong>de</strong>r Kutter, <strong>de</strong>nen man gewissermaßen<br />

vom Deich aus bei<br />

<strong>de</strong>r täglichen Arbeit zuschauen<br />

kann, das vierte satellitengestützte<br />

Systeme zur Überwachung <strong>de</strong>r<br />

Schiffspositionen vorhan<strong>de</strong>n.<br />

Dabei lässt sich mit <strong>de</strong>r aufwändigen<br />

<strong>und</strong> kostspieligen Technik<br />

zumin<strong>de</strong>st bei Krabbenfischern<br />

gar kein Verstoß gegen fischereiliche<br />

Regelungen auf<strong>de</strong>cken, weil<br />

es bei <strong>de</strong>r Krabbenfischerei we<strong>de</strong>r<br />

Quoten noch Begrenzungen<br />

<strong>de</strong>r Seetage o<strong>de</strong>r räumliche Be-<br />

Seeunfallstatistik eine Hauptursache für Verluste an<br />

Menschenleben <strong>und</strong> Schiffen in <strong>de</strong>r Fischerei. Seeleute<br />

können tödlich verletzt wer<strong>de</strong>n, wenn eine Schlepptrosse<br />

bricht <strong>und</strong> an Bord zurückschlägt, kleinere Kutter<br />

sogar kentern. Obwohl BUM Siegmar Gabriel, das<br />

B<strong>und</strong>esamt für Seeschifffahrt <strong>und</strong> Hydrographie sowie<br />

Fischereiverbän<strong>de</strong> die rechtswidrige Aktion scharf kritisierten<br />

(„naturschutzpolitisch unseriös <strong>und</strong> erkennbar<br />

substanzlose PR-Aktion“), stoppte Greenpeace sein<br />

illegales Treiben erst Anfang September, als Druck <strong>und</strong><br />

Proteste von verschie<strong>de</strong>nen Seiten stark zunahmen.<br />

geblich in einer internen Vereinbarung zugestan<strong>de</strong>n<br />

haben, mit übermotorisierten 400 PS-Euro-Kuttern<br />

auch in <strong>de</strong>r Fischereischutzzone <strong>de</strong>r Nordsee zu fischen,<br />

wo laut EU-Vorschrift nur Schiffe bis 300 PS<br />

zulässig sind. Nach vorangegangener langer Prüfung<br />

ist das Verfahren jetzt beim Europäischen Gerichtshof<br />

anhängig.<br />

Die neue Saison hat angefangen!<br />

schränkungen gibt. Obendrein<br />

sollen die Fischer auch noch die<br />

Kosten für diese unsinnige Anschaffung<br />

übernehmen.<br />

Nils Friedrichsen, Husumer Krabbenfischer<br />

in vierter Generation,<br />

fühlt sich längst wie bei Big<br />

Brother. Wo früher ein Logbucheintrag<br />

reichte, müssten heute<br />

immer mehr Geräte her. „Die<br />

elektronische Fußfessel für Sexualstraftäter<br />

wird hierzulan<strong>de</strong> mit<br />

<strong>de</strong>r Begründung abgelehnt, das<br />

sei unmenschlich. Bei uns macht<br />

man das hingegen schon lange“,<br />

empörte er sich unter <strong>de</strong>m Applaus<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>monstrieren<strong>de</strong>n Fischer.<br />

Und <strong>de</strong>r Greetsieler Fischer<br />

Conradi kann nicht verstehen,<br />

dass er für die Technik zu seiner<br />

Überwachung auch noch selbst<br />

bezahlen soll: „Wer die Musik bestellt,<br />

soll sie auch bezahlen.“ Man<br />

habe sich vieles viel zu lange gefallen<br />

lassen, meint Dirk San<strong>de</strong>r,<br />

doch jetzt sei Schluss: „Wir bauen<br />

<strong>de</strong>n Mist nicht ein, da müssen wir<br />

uns einig sein.“<br />

Fischereimöglichkeiten<br />

immer<br />

weiter eingeschränkt<br />

Je<strong>de</strong>r Fischer akzeptiert, dass die<br />

Fischerei auf See durch Fangquoten<br />

geregelt wird. Jetzt soll <strong>de</strong>r<br />

Fang aber zusätzlich noch durch<br />

sogenannte kW-Tage (Produkt<br />

aus Motorleistung <strong>und</strong> Tagen auf<br />

See) zeitlich begrenzt <strong>und</strong> eingeschränkt<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Küstenfischer<br />

glauben, dass sie durch<br />

diese <strong>bürokratische</strong> Vorschrift,<br />

60 FischMagazin 7-8/2009 www.fischmagazin.<strong>de</strong>


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[ schalen- <strong>und</strong> krustentiere ]<br />

Kutterfischer aus Ditzum <strong>und</strong> Pogum, Greetsiel <strong>und</strong> Accumersiel waren nach Bremerhaven gekommen, um<br />

gegen die Fischereipolitik <strong>de</strong>r EU zu protestieren.<br />

die sich in <strong>de</strong>r Praxis schwer umsetzen<br />

lässt, ihrer Fangmöglichkeiten<br />

in <strong>de</strong>r Plattfischfischerei<br />

weitgehend beraubt wer<strong>de</strong>n.<br />

Dazu kommt noch <strong>de</strong>r Verlust<br />

traditioneller Fanggebiete durch<br />

Windparks, Kiesgewinnung,<br />

Kabeltrassen <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Nutzungen.<br />

Die Rechtsposition <strong>de</strong>r<br />

Fischerei ist schwach, so dass sie<br />

sich kaum gegen Flächenansprüche<br />

an<strong>de</strong>rer Nutzer wehren kann.<br />

Außer<strong>de</strong>m will das B<strong>und</strong>esamt<br />

für Naturschutz die Fischerei in<br />

Natura 2000-Gebieten auf See<br />

stark einschränken, obwohl seit<br />

langem bekannt ist, dass Küstenfischerei<br />

sogar im Nationalpark<br />

naturverträglich ausgeübt wer<strong>de</strong>n<br />

kann. Das Wattenmeer habe <strong>de</strong>n<br />

Weltnaturerbe-Status zusammen<br />

mit <strong>de</strong>r jetzigen Fischerei erhalten,<br />

sagte ein Fischer. Niemand<br />

habe in diesem Zusammenhang<br />

gefor<strong>de</strong>rt, die Fischerei einzuschränken<br />

Viele For<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> Auflagen<br />

<strong>de</strong>r EU erzürnen die Küstenfischer.<br />

Da wird zum Beispiel die<br />

Stabilität alter Kutter in Frage gestellt.<br />

Das sei doch alles nur ein<br />

Vorwand, befürchten die Besitzer<br />

solcher Fahrzeuge, um ihnen die<br />

Fahrterlaubnis entziehen <strong>und</strong> die<br />

Schiffe nehmen zu können. „Das<br />

sind Schiffe, die fahren seit 40 o<strong>de</strong>r<br />

50 Jahren zur See. Und jetzt sollen<br />

die auf einmal nicht mehr stabil<br />

sein?“, zweifelt Krabbenfischer<br />

Friedrichsen. Unter <strong>de</strong>n jetzigen<br />

Ertragsbedingungen <strong>de</strong>r Fischerei<br />

sei es <strong>de</strong>n Küstenfischern<br />

kaum möglich, genügend Geld<br />

für <strong>de</strong>n Neubau eines Kutters zu<br />

verdienen, sagt Dirk San<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

for<strong>de</strong>rt Bestandsschutz für die<br />

alten Fahrzeuge. Wer auf seinem<br />

Schiff alle Auflagen so umsetzen<br />

will, wie die EU sie for<strong>de</strong>rt, müsse<br />

mit Investitionen von annähernd<br />

100.000 Euro rechnen. Das<br />

könnten kleine Familienbetriebe<br />

nicht leisten.<br />

Die EU for<strong>de</strong>rt zum Beispiel, alle<br />

Kutter mit Brandschutzanzügen<br />

o<strong>de</strong>r überdimensionalen Feuerlöschanlagen<br />

auszustatten. Ein<br />

solcher Brandschutzanzug mit<br />

Helm kostet r<strong>und</strong> 5.000 Euro,<br />

wirklich gebrauchen könnten ihn<br />

die Fischer jedoch kaum. Das Anlegen<br />

<strong>de</strong>s Anzugs dauert fast 20<br />

Minuten <strong>und</strong> sei kaum alleine zu<br />

schaffen, weiß einer <strong>de</strong>r Fischer.<br />

„Bis dahin ist mein Kutter längst<br />

abgesoffen“. Außer<strong>de</strong>m darf man<br />

gemäß Gebrauchsanweisung <strong>de</strong>m<br />

Brandherd auch im Anzug nicht<br />

näher als 7,5 Meter kommen, was<br />

auf einem Kutter kaum machbar<br />

sei. „Selbst viele Feuerwehren<br />

verzichten auf diese Anzüge.“<br />

Deutscher<br />

Fischerei-Verband<br />

erklärt sich solidarisch<br />

Der Deutsche Fischerei-Verband<br />

mit seinen über eine Million<br />

Mitglie<strong>de</strong>rn stehe fest hinter <strong>de</strong>n<br />

Küstenfischern, versicherte MdB<br />

Holger Ortel, Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s DFV.<br />

„Die Fischer sind auf 80. Bevor sie<br />

auf 100 kommen, muss die EU reagieren!“<br />

Der Protest <strong>de</strong>r Kutterfischer<br />

zur Eröffnung <strong>de</strong>s Fischereitages<br />

2009 sei ein „historisches<br />

Ereignis“ <strong>und</strong> eine Mahnung an<br />

die Verantwortlichen, wie<strong>de</strong>r zu<br />

vernünftigen politischen Entscheidungen<br />

zurückzukehren.<br />

Die EU solle besser dafür sorgen,<br />

dass die Vorschriften in allen<br />

Mitgliedsstaaten eingehalten<br />

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62 FischMagazin 7-8/2009 www.fischmagazin.<strong>de</strong>


[ schalen- <strong>und</strong> krustentiere ]<br />

Wenn die For<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Küstenfischer kein Gehör fin<strong>de</strong>n, könnten auch 300 Schiffe zu einer Protestaktion einlaufen o<strong>de</strong>r die Zufahrt zu<br />

einem großen Hafen blockieren.<br />

wer<strong>de</strong>n, statt die Fischer immer<br />

stärker zu kontrollieren. Es sei<br />

nicht nachvollziehbar, warum<br />

man vier satellitengestützte Überwachungssysteme<br />

braucht, um<br />

die Krabbenfischerei zu kontrollieren,<br />

die gar keine Fangquoten<br />

Kontrolle total per Satellit<br />

Kutter vierfach<br />

elektronisch überwacht<br />

hat. „Kontrollen dieser Art sind<br />

unanständig“, sagte Ortel: Die<br />

Vi<strong>de</strong>oüberwachung bei Lidl ist<br />

unmoralisch, sie darf auch bei<br />

Fischern nicht zur Normalität<br />

wer<strong>de</strong>n. Dass Proteste durchaus<br />

etwas bewirken können, zeigt das<br />

Auf Fischereifahrzeugen ab 10 m Länge sind elektronische Systeme<br />

vorgeschrieben, die eine Überwachung per Satellit ermöglichen.<br />

Jetzt soll ein weiteres Gerät hinzukommen, so dass die<br />

Fahrzeuge dann mit <strong>de</strong>m Schiffsüberwachungssystem VMS, <strong>de</strong>m<br />

automatischen I<strong>de</strong>ntifikationssystems AIS, <strong>de</strong>m elektronischen<br />

Berichterstattungssystem ERS <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Schiffsortungssystem<br />

VDS nicht nur doppelt <strong>und</strong> dreifach, son<strong>de</strong>rn sogar vierfach überwacht<br />

wer<strong>de</strong>n. Für die Anschaffung, Installation <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Betrieb<br />

<strong>de</strong>r aufwändigen Technik hat <strong>de</strong>r Fischer aufzukommen.<br />

Zurückru<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Brüsseler Eurokraten<br />

bei <strong>de</strong>n angekündigten Kabeljau-Fangquoten<br />

für Sportangler.<br />

Noch sei die Kuh zwar nicht<br />

ganz vom Eis, aber <strong>de</strong>r Sturm <strong>de</strong>r<br />

Entrüstung habe zum Um<strong>de</strong>nken<br />

in <strong>de</strong>r Sache geführt. Die Stimme<br />

Offshore-Windfel<strong>de</strong>r zur Energieversorgung<br />

Fanggebiet für Kutterfischerei<br />

wird immer kleiner<br />

<strong>de</strong>s Fischers muss gehört wer<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> mehr Gewicht bekommen.<br />

„Es ist ein Stück I<strong>de</strong>ntität, das da<br />

verloren geht, wenn es die Küstenfischer<br />

nicht mehr gibt. Das<br />

wäre so, als ob man <strong>de</strong>n Franzo-<br />

Offshore-Win<strong>de</strong>nergie soll in naher Zukunft einen wesentlichen Teil <strong>de</strong>r Energiegewinnung<br />

ab<strong>de</strong>cken. Mit Rücksicht auf Naturparks (Wattenmeer, Bod<strong>de</strong>ngewässer) <strong>und</strong> Tourismus<br />

liegen die geplanten <strong>de</strong>utschen Windpark-Projekte überwiegend küstenfern in <strong>de</strong>r ausschließlichen<br />

Wirtschaftszone außerhalb von 12 Seemeilen, für die das B<strong>und</strong>esamt für<br />

Seeschifffahrt <strong>und</strong> Hydrographie zuständig ist. Für 81 Vorhaben (68 Nordsee, 13 Ostsee)<br />

laufen Genehmigungsverfahren. Davon wur<strong>de</strong>n bisher 21 Windparks (1.497 Windrä<strong>de</strong>r)<br />

genehmigt. Im August soll 90 km nordwestlich von Borkum <strong>de</strong>r Bau <strong>de</strong>s Windparks „Bard<br />

Offshore 1“ (80 Windrä<strong>de</strong>r) beginnen. In <strong>de</strong>r Realisierungsphase befin<strong>de</strong>t sich auch das<br />

Offshore-Testfeld „alpha ventus“ (12 Anlagen) 45 km nördlich von Borkum.<br />

64 FischMagazin 7-8/2009 www.fischmagazin.<strong>de</strong>


sen <strong>de</strong>n Rotwein wegnimmt o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>n Bayern die Alpen.“<br />

Brüssel soll bei<br />

Fischereikontrolle<br />

einlenken<br />

Staatssekretär Gert Lin<strong>de</strong>mann<br />

(BMELV) zeigte Verständnis für die<br />

Kutterfischer <strong>und</strong> sagte ihnen Unterstützung<br />

für ihre berechtigten<br />

Anliegen zu. Seine einleiten<strong>de</strong> Äußerung,<br />

das Fischereiministerium<br />

sehe sich als Partner <strong>de</strong>r Fischer,<br />

löste jedoch nur Hohngelächter<br />

bei <strong>de</strong>n protestieren<strong>de</strong>n Fischern<br />

aus. „Gr<strong>und</strong>sätzlich unterstützen<br />

wir <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Europäischen<br />

Kommission vorgelegten Entwurf<br />

zur Fischerei-Kontrollverordnung“,<br />

so <strong>de</strong>r Staatssekretär. Vor<br />

<strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r EU-weiten<br />

Überfischung <strong>de</strong>r Bestän<strong>de</strong><br />

trete die B<strong>und</strong>esregierung mit<br />

Nachdruck für eine wirksame<br />

Fischereikontrolle <strong>und</strong> bessere<br />

Durchsetzung <strong>de</strong>r Regeln <strong>de</strong>r<br />

Gemeinsamen Fischereipolitik<br />

ein. Mo<strong>de</strong>rne satellitengestützte<br />

Techniken ermöglichten es,<br />

noch gezielter <strong>und</strong> effizienter zu<br />

kontrollieren. Außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong><br />

es dadurch schwerer, gelten<strong>de</strong><br />

Regelungen zu umgehen. Es sei<br />

auch absolut notwendig, dass die<br />

Fischer in allen EU-Staaten bei<br />

Verstößen gegen Fischereivorschriften<br />

härter als bisher bestraft<br />

wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> im Extremfall sogar<br />

ihre Fanglizenz verlieren können.<br />

„Allerdings ist <strong>de</strong>r jetzige Vorschlag<br />

<strong>de</strong>r Kommission mit Dingen<br />

überfrachtet, die nicht in<br />

die Kontrollregelung gehören“,<br />

betonte Lin<strong>de</strong>mann im Hinblick<br />

auf die Kritik <strong>de</strong>r Fischer. Der Vorschlag<br />

schieße insbeson<strong>de</strong>re weit<br />

über das Ziel hinaus, was die kleine<br />

Küstenfischerei, die Binnenfischerei<br />

<strong>und</strong> die Freizeitfischerei<br />

anbelangt. Der Staatssekretär<br />

versicherte <strong>de</strong>n Fischern, dass<br />

die Kontrollverordnung <strong>de</strong>finitiv<br />

nicht in <strong>de</strong>r gleichen Form um-<br />

www.fischmagazin.<strong>de</strong><br />

gesetzt wird, wie sie jetzt vorliegt<br />

<strong>und</strong> diskutiert wird. „Wir wer<strong>de</strong>n<br />

uns die Vorschläge genau ansehen,<br />

ob sie mit unserer For<strong>de</strong>rung<br />

nach Entbürokratisierung<br />

<strong>und</strong> Vereinfachung im Einklang<br />

stehen. Regeln, die mit mehr Lasten<br />

als Nutzen verb<strong>und</strong>en sind,<br />

wird Deutschland im Fischereirat<br />

nicht zustimmen.“ <strong>Gegen</strong>wärtig<br />

wer<strong>de</strong> in Brüssel schon über eine<br />

Neuausrichtung <strong>de</strong>r Fischereikontrolle<br />

verhan<strong>de</strong>lt.<br />

Die Reaktion <strong>de</strong>r Fischer in <strong>de</strong>r<br />

Auktionshalle zeigte, dass sie an<br />

solche Versprechen nicht so recht<br />

glauben wollen. Dirk San<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r<br />

noch einmal das Wort ergriff, formulierte<br />

seine Zweifel so: „Wir<br />

wur<strong>de</strong>n schon oft vertröstet <strong>und</strong><br />

sind mit viel Hoffnung aus Veranstaltungen<br />

wie dieser gegangen.<br />

Doch die Probleme blieben <strong>und</strong><br />

gehen immer weiter. Mal wird eine<br />

Windmühle gebaut, dann wie<strong>de</strong>r<br />

irgendwo ein Fluss vertieft. Und<br />

je<strong>de</strong>s Mal ist <strong>de</strong>r Fischer <strong>de</strong>r Verlierer,<br />

<strong>de</strong>nn er hat zu verschwin<strong>de</strong>n.“<br />

Für San<strong>de</strong>r sind die Proteste<br />

<strong>de</strong>r Küstenfischer <strong>de</strong>swegen mit<br />

<strong>de</strong>m Auftritt in Bremerhaven auch<br />

längst nicht zu En<strong>de</strong>. Schon bald,<br />

droht er, könnten auch 300 Schiffe<br />

zu einer Protestaktion einlaufen<br />

o<strong>de</strong>r die Zufahrt zu einem großen<br />

Hafen blockieren. „Da wird<br />

es noch eine Masse Ärger geben,<br />

weil wir das einfach nicht mehr<br />

hinnehmen. Der Staatssekretär<br />

Lin<strong>de</strong>mann sagt, so schlimm<br />

wird’s schon nicht wer<strong>de</strong>n, aber<br />

wir haben genug davon <strong>und</strong> glauben<br />

nicht mehr dran.“ Unter frenetischem<br />

Beifall rief er die protestieren<strong>de</strong>n<br />

Fischer auf: „Wenn<br />

wir jetzt wie<strong>de</strong>r auf unsere Kutter<br />

gehen, schalten wir die Black Box<br />

ab <strong>und</strong> schicken so lange keine<br />

Logbuchmeldungen mehr an die<br />

Behör<strong>de</strong>n, bis wir endlich positive<br />

Nachrichten erhalten.“ So kämpferisch<br />

<strong>und</strong> praxisnah hat noch nie<br />

zuvor ein Deutscher Fischereitag<br />

begonnen. mk

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