Frischebewertung bei Filets und MAP überfordert ... - fischmagazin.de

qualität
Frischfischangebot im Handel hat sich gewandelt
Frischebewertung
bei Filets und MAP
überfordert Verbraucher
Es ist eine Binsenweisheit: nicht jeder frische Fisch ist auch wirklich frisch. Jeder kennt wohl
die einfachen Checklisten, mit deren Hilfe sich „Frische“ feststellen lässt. Die Augen müssen
ungetrübt und die Kiemen rot sein, die Haut sollte glänzen und der Fisch nach Meer riechen.
Alles nicht falsch, aber helfen solche Tipps beim Fischeinkauf? Gerade Frischfisch wird nur
noch selten „ganz“ angeboten. Filets dominieren, immer öfter unter Schutzgas versiegelt.
Frische“ ist ein starkes Verkaufsargument.
Es gilt für
Gemüse, Obst und Backwaren
ebenso wie für Fisch. Dabei
ist gerade Frische ein besonders
elastisches und individuell
auslegbares Produktmerkmal.
Während der Verbraucher einen
Apfel noch Monate nach der
Ernte ohne Murren als frisch akzeptiert,
sieht er das beim Fisch
wesentlich enger. Fisch hat immer
frisch zu sein und sollte
möglichst gleich am Tag seines
Fanges in der Theke liegen. Verarbeiter
und Handel haben sich
darauf eingestellt und loben ihre
Produkte entsprechend aus. So­
gar Räucherlachs aus Aquakultur
wird inzwischen „fangfrisch verarbeitet“
– zumindest steht es so
auf einigen Verpackungen.
Weil Frische dem Verbraucher
bei Fisch nun mal besonders
wichtig ist und nicht jeder den
sprichwörtlichen „Fischhändler
Hatte es der Kunde schon
bisher nicht einfach, die Frische
eines Fischproduktes richtig
zu beurteilen, wird ihm das mit
der Einführung von SB-tauglich
verpacktem MAP-Fisch praktisch
unmöglich gemacht.
seines Vertrauens“ besitzt, hat
irgendwann irgendjemand die
berühmte Checkliste aufgestellt.
Sie soll es selbst ungeübten Laien
problemlos möglich machen, die
Frische eines Fisches anhand
einfacher Merkmale festzustellen.
Die Pupillen frischer Fische
müssen klar, durchsichtig und
nach außen gewölbt sein und die
Kiemen leuchtend rot. Die Haut
glänzt metallisch und die Schuppen
sitzen fest. Das Muskelfleisch
darf bei Druck nicht nachgeben,
es soll fest und elastisch sein. Der
Geruch frischer Fische hat möglichst
angenehm an Tang und
Meer zu erinnern. Simple und
eingängige Kriterien also, die tatsächlich
typisch für Frischfisch
sind.
62 FischMagazin 5/2008 www.fischmagazin.de

Die Merkmale, an denen der Verbraucher frischen Fisch erkennen kann, sind nur für ganze Tiere geeignet. Viele Arten, wie hier zum Beispiel
der Rotbarsch, kommen jedoch in der Regel als Filet in den Handel.
Trotzdem lässt sich über den
praktischen Wert dieser „Frischekriterien“
streiten. Es stimmt
zwar, dass man Frische riechen,
sehen und ertasten kann, doch
nicht jeder Verbraucher hat
gleiche Kenntnisse und Erfahrungen.
Was ein Fischesser im
Süden Deutschlands vielleicht
noch akzeptiert, schätzt ein Bremer
oder Hamburger möglicherweise
anders ein. Doch es sind
nicht nur solche subjektiven
Unterschiede bei den Bewertungen
allein, die den Nutzwert
der Checkliste relativieren. Auch
hygienische Gründe sprechen
gegen diese Methode der Frischeeinschätzung.
Denn natürlich
darf nicht jeder Kunde im
Handel den Fisch anfassen, an
ihm herumdrücken, den Kiemendeckel
hochklappen oder
an ihm schnuppern, ob das Tier
noch nach Algen und frischer
Meeresbrise riecht.
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Der wichtigste Einwand gegen die
genannten Frischekriterien sind
jedoch die veränderten Angebotsformen
im Handel. Wie viel
Fisch liegt denn heute noch in der
Theke, bei dem der Kunde Augen
und Kiemen sehen kann? Forellen
vielleicht, oder einige Mittelmeerarten
wie Wolfsbarsch und Dorade.
Ansonsten dominieren Filets,
oft schon in Portionen geschnitten,
gelegentlich findet man auch
Karbonaden. Meist werden Filets
sogar ohne Haut angeboten, so
dass auch dieses Merkmal sich
der Frischebewertung entzieht.
Bleibt eigentlich nur der Geruch
– und insbesondere der kann trügen!
Welche
Frischemerkmale sind
typisch für MAP-Fisch?
Der typische Fischgeruch, der
bekanntlich recht penetrant sein
[ qualität ]
kann, rührt hauptsächlich von
flüchtigen biogenen Aminen her,
die durch bakteriellen Abbau des
Fischeiweißes entstehen. Dabei
spalten Mikroorganismen enzymatisch
Kohlendioxid aus Aminosäuren
der Eiweiße ab („Decarboxylierung“).
Dieser Prozess
beginnt sofort nach dem Tod des
Fisches und lässt sich selbst bei
Am Lunedeich 22
27572 Bremerhaven
Feinste Marinaden
Seelachsschnitzel
Geleeprodukte
Feinkostsalate
Spezialitäten
bester Kühlung und sogar in der
Kühltruhe nicht gänzlich unterbinden.
Schon nach wenigen
Stunden ist es deshalb mit dem
Aroma von Algen, Tang und Meer
beim Fisch meist vorbei. Mäßiger
Fischgeruch ist deshalb auch kein
zweifelsfreies Indiz dafür, dass
der Fisch nicht mehr gegessen
werden kann. Besonders geruchs­
… … so schmeckt schmeckt
der der Norden! Norden!
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FischMagazin 5/2008 63

intensiv sind vor allem Blut und
Schleim der Fische, weil sie sich
am schnellsten zersetzen. Bei Filets
dauert es erheblich länger, bis
sie zu „müffeln“ beginnen.
Hatte es der Kunde schon bisher
nicht einfach, die Frische
eines Fischproduktes richtig zu
beurteilen, wird ihm das mit der
Einführung von SB­tauglich verpacktem
MAP­Fisch praktisch
unmöglich gemacht. Die aromadicht
versiegelten Trays, bei denen
das Produkt, meist Filets, unter
Schutzgas versiegelt ist, sind
immer häufiger in Supermärkten
zu finden. Vor allem da, wo es keine
Frischtheken gibt. Nicht nur
Fisch, Shrimp und andere Seafoodprodukte
werden mittlerweile
in einer Schutzatmosphäre verpackt,
sondern auch Fleisch­ und
Wurstwaren, Obst, Gemüse und
sogar trockene Lebensmittel wie
Kekse oder Trockenfrüchte. Jedes
der Produkte benötigt bei der
Verpackung eine spezifische Gaszusammensetzung
(Sauerstoff,
Kohlendioxid und Stickstoff).
Der wesentliche Vorteil von MAP
(Modified Atmosphere Packaging)
besteht vor allem darin, dass
sich die Haltbarkeit der Produkte
um mehrere Tage verlängern
lässt. Voraussetzung dafür ist allerdings,
dass der Fisch zum Zeitpunkt
der Verpackung tatsächlich
topfrisch war, seine Verarbeitung
in höchster Qualität und unter
keimarmen Bedingungen erfolgte.
Stark vereinfacht könnte
man sagen: je kürzer die Zeit zwischen
Fang und Verpackung ist,
desto besser ist das MAP­Produkt.
Denn MAP ist eine besonders anspruchsvolle
und empfindliche
Verpackungsart. Für einwandfreie
Produkte müssen sogar saisonale
Qualitätsunterschiede der Fische
beachtet werden. Zu bestimmten
Zeiten kann das Filet nämlich weicher
sein, so dass es leicht zerfällt
[ qualität ]
In der Theke dominieren heute Filets, oft schon in Portionen geschnitten, gelegentlich findet man auch Karbonaden. Meist werden Filets sogar
ohne Haut angeboten, so dass auch dieses Merkmal sich der Frischebewertung entzieht.
und darum schonender verarbeitet
und schneller filetiert werden
sollte. Was vor der Versiegelung
im Schutzgas versäumt wurde,
lässt sich später im Handel nicht
mehr korrigieren, denn als MAP
ist das Filet auch für den Händler
nicht mehr direkt greifbar.
Frischekriterien
für Lachs- und
Kabeljaufilets
Bei flüchtiger Betrachtung könnte
man meinen, dass MAP es dem
Kunden einfacher macht, die Frische
zu bewerten ­ wozu sonst
ist das Haltbarkeitsdatum aufgedruckt?
Doch gerade das MHD
ist die Achillesferse der MAP­Produkte,
weil es objektiv und „unbestechlich“
wirkt. Ein mehrere
Tage altes Filet lässt sich an der
Bedientheke eher an den Kunden
bringen, wenn das Verkaufspersonal
im Gespräch überzeugend
auf den Kunden einwirkt. Das Da­
tum auf dem MAP­Tray hingegen
lässt sich nicht wegdiskutieren.
Je näher das Verfallsdatum rückt,
desto geneigter ist der Kunde, das
betreffende Produkt abzulehnen,
selbst wenn es noch absolut
unbedenklich ist. Eine norwegische
Marktstudie hat gezeigt,
dass MAP vor allem bei jüngeren
Käuferschichten gut ankommt.
„Prepacked“ werde von jungen
Käufern auch deshalb bevorzugt,
mutmaßen die Marktforscher,
weil sich diese an Bedientheken
oft unsicher fühlen und ihre
Kaufentscheidung schnell fällen
müssten. MAP­Produkte könnten
sie hingegen in die Hand nehmen
und in aller Ruhe betrachten.
Trotzdem bleibt das Problem,
dass die traditionelle Checkliste
zur Frischebewertung bei den
MAP­Produkten unbrauchbar
ist. Selbst wer die Frische beim
ganzen Fisch richtig bewerten
kann, tappt bei der Einschätzung
64 FischMagazin 5/2008 www.fischmagazin.de

Selbst wer die Frische beim ganzen Fisch richtig bewerten kann, tappt bei der Einschätzung
der „nackten“ Filets häufig im Dunkeln.
der „nackten“ Filets häufig im Dunkeln.
Auch das bestätigt die norwegische Studie,
bei der 45 Verbraucher die Qualität und Frische
von MAP­Produkten im Alter von 2 bis
14 Tagen beurteilen sollten. Um es den Probanden
leichter zu machen, hatte man sogar
die Deckfolie der Trays entfernt, so dass
die Filets besser zu sehen waren, angefasst
und gerochen werden konnten. Es scheint
wenig geholfen zu haben, denn die Urteile
der Verbraucher drifteten weit auseinander.
Während manche den Fisch bereits nach 2
Tagen für ungenießbar hielten, wurde er von
anderen noch nach 12 Tagen als vollkommen
einwandfrei eingeschätzt. Weil kaum ein
Verbraucher wusste, wie man Frische und
Qualität bei Filets erkennt, begründeten sie
ihre Entscheidung oft mit Details bei den
Produkten, die absolut nichts mit Frische zu
tun haben. Zum Beispiel anhaftenden Blutpartikeln,
Schuppen oder Grätenresten. Sogar
leichte Farbschattierungen, die aus der unterschiedlichen
Größe der Filets herrührten,
mussten als Begründung herhalten. Fazit: wir
brauchen dringend eine neue Checkliste, die
den Verbrauchern hilft, die Frische von MAP­
Fischprodukten sicher zu bewerten!
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Für Lachs und Kabeljau haben Forscher
des norwegischen Fiskeriforskning­Institutes
bereits brauchbare Vorschläge gemacht.
Frische Lachsfilets zeichnen sich
danach durch eine gleichmäßige rötliche
Färbung aus, die mit zunehmendem Alter
fleckig wird. Während das frische Lachsfilet
eine glänzende und trockene Oberfläche
aufweist, bildet sich im Laufe der
Zeit auf dem Filet eine schleimige, leicht
graue Schicht. Beim Öffnen des MAP­
Trays sollte der Packung ein appetitlich
frischer Geruch nach Melone oder Gurke
entströmen. Ältere Produkte riechen hingegen
unangenehm säuerlich wie ein alter
Spüllappen.
Frische Kabeljaufilets haben eine glatte,
gleichmäßig glänzende Oberfläche, die mit
zunehmendem Alter fleckige gelbliche Verfärbungen
und transparente Stellen aufweist.
Die Oberfläche ist anfänglich trocken, später
bildet sich auf dem Filet eine schleimige Auflage.
Der Geruch ist zunächst rein und neutral
und geht dann in einen leicht „fischigen“
Geruch über, der mit zunehmendem Alter
immer schärfer und strenger wird. mk
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