„Die größte Shrimps- Masthalle in Europa“ - fischmagazin.de

Teichwirtschaft + Aquakultur
Karl Winzeler will
gemeinsam mit seinem
Kompagnon Markus
Fedier in den kommenden
Jahren 75 Millionen
Euro in ein Presswerk
und eine Fischzucht auf
dem Lausitz-Flughafen
in Finsterwalde investieren.
Schweizer wollen in Brandenburg große Fischzucht bauen
„Die größte Shrimps-
Masthalle in Europa“
In der Lausitz (Brandenburg) wurde im August mit dem Bau der „größten Shrimps-Masthalle in
Europas“ begonnen. Schweizer Investoren kündigten an, eventuell schon im März kommenden
Jahres mit dem Besatz zu beginnen. Das Futter soll aus einem ebenfalls neu zu bauenden Presswerk
kommen. Am Standort Finsterwalde herrscht Euphorie, doch Skepsis scheint angebracht.
Am 19. August wurde
auf dem Gelände des
Lausitz-Flugplatzes
in Finsterwalde-Schacksdorf
der Spatenstich für ein ehrgeiziges
Projekt gesetzt. Noch
im September sollte hier der
Grundstein für die erste von
acht bis zwölf Hallen für die
Fischzucht gelegt werden.
Außerdem werde ein Gebäude
für die Shrimp-Zucht errichtet,
die mit einer Fläche
von 4.500 Quadratmetern die
größte ihrer Art in Europa
werde, schreibt die Lausitzer
Rundschau. Die Fischzucht-
Hallen sollen im Sechs-Wochen-Takt
gebaut werden,
kündigte Karl Winzeler (55)
an, Schweizer Investor des
Projektes und bis zum 18.
August Geschäftsführer der Bio Terminal Finsterwalde
GmbH, die das Vorhaben ausführt. Die Geschäfte der
Gesellschaft führt seit August der Schweizer Beat Ernst
Koller-Neubauer (58).
Die Setzlinge für die Fischzucht – die Rundschau spricht
von „Barramundi und Pangasius, aber auch einheimische
Barsche und Zander“ – sollen zum Teil aus Israel
importiert werden, während die Shrimp-Larven von
einer Farm aus Brasilien kämen. Schon im März nächsten
Jahres könne mit der Aufzucht der Fische begonnen
werden, meint der Immobilienmakler Winzeler. „In der
Nacht rollen die Fahrzeuge mit Frischfisch vor allem in
die Schweiz, wo sie am Morgen auf die Märkte kommen,
aber auch in die Restaurants der Großstädte im Osten
Deutschlands,“ beschreibt er die Vertriebslogistik als
Szenario.
Der Berliner Tagesspiegel berichtete, die FAZ ebenfalls, doch ob das Projekt
Fischzuchtanlage überhaupt realisiert werden soll, scheint fraglich.
Raps-Presswerk liefert das Fischfutter
Auf dem Gelände solle außerdem ein Presswerk gebaut
werden, in dem nachwachsende Rohstoffe wie Leinen,
Raps und Soja zu Öl verarbeitet sowie Strom und Wärme
für die Fischzucht erzeugt werden, kündigt Olaf
Muschter an, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft
des Amtes Kleine Elster. Hier sollen
jährlich unterschiedlichste Saaten, aber vor allem Raps
gepresst werden. Aus 200.000 Tonnen Raps, die vor
allem aus Osteuropa kommen, werden dann zu einem
Drittel Industrieöle und zu zwei Dritteln Presskuchen
hergestellt, der für die Futtermittelindustrie verarbeitet
wird.
Auch die Fische in Finsterwalde sollen mit Resten aus
dem Presswerk gefüttert werden. Die Initiatoren su-
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chen derzeit ausgebildete Fischwirte, aber auch Menschen
aus anderen handwerklichen Berufen. Bis zu 100
Menschen sollen im „Öko-Park Finsterwalde“ einmal
Pflanzen verarbeiten und Fische produzieren. Die ersten
acht Mitarbeiter seien bereits fest angestellt.
Die Rohstoffe will Bio Terminal gerne im Eisenbahnwaggon
aus ganz Europa anliefern lassen. Doch die
Schipkau-Finsterwalder Eisenbahn ist bis auf ein Reststück
seit Jahren stillgelegt, teilweise schon abgebaut.
Nun überlegt die Wirtschaftsförderungsgesellschaft
der Stadt Finsterwalde, die Strecke wieder in Betrieb zu
nehmen.
75 Millionen Investitionsvolumen
In den kommenden Jahren wollen Winzeler und sein
Kompagnon Markus Fedier etwa 75 Millionen Euro auf
dem ehemaligen Militärgelände investieren, heißt es in
der Lausitzer Rundschau. Während der Bau der Fischhallen
von den Schweizern komplett finanziert werden
müsse, gebe es für die Errichtung des Presswerkes Fördermittel.
Winzeler: „Wir rechnen mit einer Förderung
von bis zu 46 Prozent, das wären 12 bis 15 Millionen
Euro.“ Er hoffe, die Zustimmung der Landesregierung
hierfür im September zu erhalten, damit Ende Oktober
die Finanzierungsgespräche mit den Banken abgeschlossen
werden könnten. bm
Kontakt:
Bio Terminal Finsterwalde GmbH
Am Tower 1
03238 Schacksdorf
Tel.: 0 35 31 – 60 81 34
E-Mail: beat.koller@bkpe.ch
Geschäftsführer: Beat Koller
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Kommentar
Ein ungutes Gefühl
Teichwirtschaft + Aquakultur
Das brandenburgische Finsterwalde ist mit einer aktuellen Arbeitslosenquote
von mehr als 18 Prozent im Agenturbezirk Cottbus das Schlusslicht. Verständlich,
dass die Offenheit gegenüber potentiellen Investoren groß ist. „Wenn wir
kamen, ließ man alles stehen und liegen – so etwas kennen wir in der Schweiz
nicht“, wird Karl Winzeler in der Lausitzer Rundschau zitiert. Doch wie bei
manchem ostdeutschen Großprojekt gerade auch in der Fischwirtschaft bleiben
Fragen offen. Woher sollen die 75 Millionen Euro Investitionsgelder kommen,
abzüglich der Fördergelder immerhin noch 60 Millionen? „Wir sind keine
Heuschrecken“, soll Winzeler gesagt haben: „Wir machen das hier mit Herzblut.“
Auf eine Bitte der Redaktion um detailliertere Informationen reagierten
die Investoren bis Redaktionsschluss nicht.
Dubiose Verbindungen
Ursprünglich hatten die Immobilienmakler ein Auge auf das insolvente Wohngebiet
auf dem Lausitz-Flughafen geworfen, doch aus dem Geschäft wurde
nichts. Offensichtlich stehen die Investoren der Bauwirtschaft auch näher als
der Fischzucht. Und hier irritieren Geschäftsverbindungen, die der im schweizerischen
Unterägeri wohnende Markus Fedier, aber wohl auch Karl Winzeler
hatte. Fedier sei Geschäftspartner eines Friedrich Kündig gewesen, der
im Sommer 2005 wegen mehrfacher Veruntreuung und mehrfachen Betrugs
vom Bezirksgericht Bülach zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden war,
schrieb damals der Tages-Anzeiger aus Zürich, eine der führenden Tageszeitungen
in der deutschsprachigen Schweiz. Kündig und seine Geschäftspartner
hätten Bauland und Häuser angeboten, dafür Vorschüsse und Teilzahlungen
kassiert, die Projekte in der Regel aber nicht fertiggestellt. Drei der Firmen,
die bei diesen Geschäften unter anderen auftauchten, seien Mato, Immotreu
und Immotion gewesen, schreibt Tages-Anzeiger-Mitarbeiter Niels Walter. Im
Schweizer Handelsregister war die Immotreu bis zu ihrer Löschung im Juli
2007 auf den Namen Karl Winzeler eingetragen, Immotion bis Februar dieses
Jahres und bei Mato wiederum fungierte Markus Fedier als Geschäftsführer.
Es steht zu befürchten, dass tatsächlich niemand die Absicht hat, in Finsterwalde
Presswerk oder Fischzucht zu errichten. bm
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