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Kritik - Forschung & Lehre

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6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> STANDPUNKT 385<br />

Miloš Vec<br />

ist Jurist und forscht am<br />

Max-Planck-Institut für europäische<br />

Rechtsgeschichte in<br />

Frankfurt am Main.<br />

<strong>Kritik</strong><br />

In Paris findet Ende<br />

dieses Monats ein ungewöhnlicherStrafprozess<br />

statt. Wegen<br />

Rufschädigung verantworten<br />

muss sich ein<br />

Wissenschaftler, der<br />

als Herausgeber eine<br />

kritische Rezension<br />

nicht von der Journal-<br />

Website entfernen<br />

wollte. Ungewöhnlich<br />

ist schon dieser Verhandlungsgegenstand,<br />

aber noch erstaunlicher<br />

wirkt der Vorgang<br />

nach Lektüre des<br />

Texts, der den Anlass<br />

zum Rechtsstreit gab.<br />

Die Rezension ist unter der Menge der veröffentlichten<br />

<strong>Kritik</strong>en wenig auffällig, was Schärfe und<br />

Angriffslust anbelangt.<br />

Juristische Rezensionen des 19. Jahrhunderts<br />

hingegen verstören den heutigen Leser nachgerade<br />

durch ihre Gnadenlosigkeit. Wie die Gelehrten<br />

sich danach wohl begegnet sind? Oder war gerade<br />

die größere kommunikative und räumliche Distanz<br />

eine Voraussetzung solch verklungener Tonlagen?<br />

Im historischen Vergleich scheint die heutige<br />

Wissenschaft moderater zu kritisieren. Jedenfalls<br />

dort, wo Stellungnahmen publiziert werden<br />

und namentlich gezeichnet sind.<br />

Nicht alle Fächer haben eine Rezensionskultur,<br />

die jener der Geistes- und Sozialwissenschaften<br />

vergleichbar ist. Aber alle kennen Institutionen<br />

der <strong>Kritik</strong>, mögen sie auch oft anders heißen. Heute<br />

sind Evaluation und Begutachtung fachüber-<br />

greifend zu den unangefochtenen Instanzen eines<br />

grauen Marktes der <strong>Kritik</strong> geworden. Viel Energie<br />

und Geistestätigkeit fließen in diese bestenfalls semi-publiken<br />

Foren, deren unmittelbare Konsequenzen<br />

allen Seiten bewusst sind, Gutachtern<br />

und Begutachteten wie auch den Ringrichtern,<br />

Ausrichtern und <strong>Forschung</strong>sfinanziers.<br />

Um Fairness zu gewährleisten, herrschen hier<br />

strengere Regeln, <strong>Kritik</strong> wird zum administrativ<br />

gehegten Geschäft. Anders im klassischen Rezensionswesen,<br />

wo ethische Standards und der Benimm<br />

der Wissenschaft die Grenzen setzen. Der<br />

Ethik des Rezensierens mit ihren Distanz- und<br />

Fairnessgeboten entspricht idealerweise eine Ethik<br />

des Rezensiert-Werdens mit Duldungspflichten.<br />

Ein funktionierendes Rezensionswesen ist somit<br />

formaler Ausdruck der Selbstregulierung der Wissenschaft,<br />

und Verrechtlichung der Konflikte ist<br />

nur bei extremen Fällen angesagt.<br />

Ob diese Wissenschaft auch inhaltlich einen<br />

hohen Standard der <strong>Kritik</strong> hält, steht freilich auf<br />

einem anderen Blatt. Verclusterung und zunehmende<br />

Drittmittelfinanzierung machen öffentliche<br />

Stellungnahmen zu mehr als bloßem intellektuellem<br />

Schlagabtausch. Die Anreize zu Kartellen sind<br />

groß, die Verbreitung von Seilschaften erschreckend.<br />

Verbindet sich dies mit der Neigung, <strong>Kritik</strong><br />

an Werk, Methoden oder Zuständen als persönlichen<br />

Angriff oder gar als „Nestbeschmutzung“ zu<br />

deuten, ist ein wesentlicher Innovationsfaktor blockiert.<br />

Die Wissenschaft verkommt zur Normalfabrik,<br />

die Zustimmung als Selbstverständlichkeit<br />

erwartet, wo es doch eigentlich der Zweifel sein<br />

sollte. Originalität und Innovation sind ohne ihn<br />

nicht zu haben. Eine Kultur der <strong>Kritik</strong> scheint<br />

zwar ein Luxus, aber „das Überflüssige ist eine<br />

sehr notwendige Sache“ (Voltaire).


386 INHALT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Inhalt<br />

STANDPUNKT<br />

Miloš Vec<br />

385 <strong>Kritik</strong><br />

NACHRICHTEN<br />

388 Bologna-Gipfel eine „Alibi-Veranstaltung“<br />

SPRACHE UND WISSENSCHAFT<br />

Wolfgang Frühwald<br />

392 Menschwerdung durch Sprache<br />

Über Barbarei, Sprachkultur und die Gegenworte<br />

der Dichter<br />

Julia Fischer<br />

396 Die Eine Million Dollar-Frage<br />

Über Kommunikation und Sprache bei Affen –<br />

Beobachtungen der kognitiven Ethologie<br />

Angela D. Friederici<br />

398 Passt das Verb zum Nomen?<br />

Wie der Mensch Sprache versteht<br />

Ulrich Ammon<br />

400 Über Deutsch als Wissenschaftssprache<br />

Kaum noch ein Prozent Weltanteil in den<br />

Naturwissenschaften<br />

404 Langeweile ist unverzeihlich<br />

Über das Arbeiten mit und an der Sprache –<br />

Fragen an Martin von Koppenfels<br />

WISSENSCHAFTSKULTUR<br />

Jürgen Mittelstraß<br />

406 Wissenschaftskultur<br />

Zur Vernunft wissenschaftlicher Institutionen<br />

Impressum<br />

17. Jahrgang in Fortführung der Mitteilungen<br />

des Deutschen Hochschulverbandes<br />

(43 Jahrgänge)<br />

Herausgegeben im Auftrage des Präsidiums<br />

des Deutschen Hochschulverbandes<br />

ISSN: 0945-5604; erscheint monatlich<br />

Deutscher Hochschulverband<br />

Präsident:<br />

Bernhard Kempen, Univ.-Professor, Dr.<br />

Vizepräsidenten:<br />

Johanna Hey, Univ.-Professorin, Dr.<br />

(1. Vizepräsidentin)<br />

Bernd Helmig, Univ.-Professor, Dr.<br />

Josef Pfeilschifter, Univ.-Professor, Dr.<br />

Ilona Rolfes, Univ.-Professorin, Dr.<br />

Ulrich Schollwöck, Univ.-Professor, Dr.<br />

Daniela Wawra, Univ.-Professorin, Dr.<br />

Ehrenpräsident:<br />

Hartmut Schiedermair, Univ.-Professor, Dr.<br />

Geschäftsführer:<br />

Michael Hartmer, Dr.<br />

Geschäftsstelle des<br />

Deutschen Hochschulverbandes:<br />

Rheinallee 18, 53173 Bonn,<br />

Tel.: (0228) 902 66-66; Fax: (0228) 902 66-80<br />

E-Mail: dhv@hochschulverband.de<br />

Internet: www.hochschulverband.de<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />

Kuratorium:<br />

Manfred Erhardt, Professor, Dr.<br />

Wolfgang Frühwald, Univ.-Professor, Dr.<br />

Horst-Albert Glaser, Univ.-Professor, Dr.<br />

Peter Heesen<br />

Max G. Huber, Univ.-Professor, Dr.<br />

Hans Mathias Kepplinger, Univ.-Professor, Dr.,<br />

Steffie Lamers<br />

Franz Letzelter, Dr.<br />

Reinhard Lutz, Dr.<br />

Johannes Neyses, Dr.<br />

Sprache und<br />

Wissenschaft<br />

Das Wunder der Sprache hat seit jeher<br />

Dichter, Denker und Forscher fasziniert.<br />

Gegenwärtig erwartet man besonders<br />

von der Hirnforschung und der<br />

Evolutionsbiologie Aufschlüsse über die<br />

Sprachentstehung. Perspektiven aus<br />

verschiedenen Wissenschaften.<br />

Sprache und Wissenschaft . . . . . . . 392<br />

Wissenschaftskultur<br />

Wissenschaft, Wirtschaft, und Technik<br />

gehören für viele nicht zur Kultur, ja lägen<br />

im Streit mit ihr. Ist der Antagonismus<br />

aber sachnotwendig oder vielleicht<br />

doch aufzulösen? Ein Aufruf zum Lernen<br />

voneinander.<br />

Zur Vernunft wissenschaftlicher<br />

Institutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330<br />

Karl-Heinz Reith<br />

Kurt Reumann, Dr.<br />

Joachim Hermann Scharf, Prof. Dr., Dr., Dr. h.c.<br />

Hartmut Schiedermair, Univ.-Professor, Dr.<br />

Andreas Schlüter, Dr.<br />

Joachim Schulz-Hardt, Dr.<br />

Hermann Josef Schuster, Dr.<br />

Werner Siebeck<br />

Margret Wintermantel, Univ.-Professor, Dr.<br />

Redaktion:<br />

Felix Grigat, M. A. (verantwortl. Redakteur)<br />

Michael Hartmer, Dr.<br />

Friederike Invernizzi, M.A.<br />

Ina Lohaus<br />

Vera Müller, M. A.<br />

Foto: picture-alliance<br />

Foto: picture-alliance


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> INHALT 387<br />

Pro & Contra<br />

Für die einen nicht verhandelbar, für<br />

die anderen eher aus dem Reich der Fabel:<br />

Gemeint ist die Einheit von <strong>Forschung</strong><br />

und <strong>Lehre</strong>. Es lohnt, von Zeit zu<br />

Zeit die Grundfrage wieder neu zu stellen:<br />

Ist eine wissenschaftliche <strong>Lehre</strong> ohne<br />

eigene <strong>Forschung</strong> möglich?<br />

<strong>Lehre</strong> ohne eigene <strong>Forschung</strong>? . . . 326<br />

Kleine Fächer<br />

Das byzantinische Reich hat die Geschichte<br />

und Kultur Europas geprägt.<br />

Ist die Erforschung des Phänomens<br />

Byzanz eine weltferne Wissenschaft?<br />

Welche Perspektiven hat dieses kleine<br />

kulturwissenschaftliche Fach angesichts<br />

einer ökonomisierten Wissenschaftspolitik?<br />

Byzantinistik heute. . . . . . . . . . . . . 420<br />

Design-Konzept:<br />

Agentur 42, Mainz<br />

Titelbild: Agentur 42<br />

Grafik und Layout:<br />

Robert Welker<br />

Weitere Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Hubert Detmer, Dr., Rechtsanwalt,<br />

stellv. Geschäftsführer des Deutschen<br />

Hochschulverbandes<br />

Sven Hendricks, Dr., Rechtsanwalt im<br />

Deutschen Hochschulverband<br />

Wiltrud Christine Radau, Dr., Rechtsanwältin<br />

im Deutschen Hochschulverband<br />

Foto: mauritius-images Foto: picture-alliance<br />

PRO & CONTRA<br />

410 Ist eine wissenschaftliche <strong>Lehre</strong> ohne eigene<br />

<strong>Forschung</strong> möglich?<br />

HOCHSCHULRECHT<br />

Hubert Detmer | Ulrike Preißler<br />

412 Einstellungsaltersgrenzen für Professoren<br />

Ergebnisse einer Umfrage<br />

DOKUMENTATION<br />

417 Master als Regelabschluss<br />

Beschluss der technisch orientierten Universitäten<br />

in ARGE TU/TH und TU9<br />

STUDIENFINANZIERUNG<br />

Stephan A. Jansen | Tome Sandevski<br />

420 Kapital oder Kapitulation?<br />

Das geplante nationale Stipendienprogramm<br />

KLEINE FÄCHER<br />

Foteini Kolovou<br />

422 Byzantinistik heute: eine weltferne Wissenschaft?<br />

Perspektiven eines „Orchideenfachs“<br />

RUBRIKEN<br />

426 <strong>Forschung</strong>: Ergründet und entdeckt<br />

428 Lesen und lesen lassen<br />

430 Zustimmung und Widerspruch<br />

432 Entscheidungen aus der Rechtsprechung<br />

433 Steuerrecht<br />

434 Karrierepraxis<br />

436 Karriere<br />

443 Akademischer Stellenmarkt<br />

463 Fragebogen II: Zu Ende gedacht – Heinrich Detering<br />

464 Exkursion<br />

Birgit Ufermann, Rechtsanwältin<br />

im Deutschen Hochschulverband<br />

Beiträge, die mit Namen oder Initialen des<br />

Verfassers gekennzeichnet sind, stellen<br />

nicht in jedem Falle die Meinung der Redaktion<br />

oder des Herausgebers dar. Für<br />

unverlangt eingesandte Manuskripte kann<br />

keine Haftung übernommen werden.<br />

»Pronuntiatio sermonis in sexu masculino<br />

ad utrumque sexum plerumque porrigitur.«<br />

(Corpus Iuris Civilis Dig. L, 16, 195)<br />

Zitierweise: <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />

Verlag und Redaktion:<br />

Rheinallee 18, 53173 Bonn<br />

Tel.: (02 28) 902 66-15<br />

Fax: (02 28) 902 66-90<br />

E-Mail: redaktion@forschung-und-lehre.de<br />

Internet: www.forschung-und-lehre.de<br />

Druck:<br />

Saarländische Druckerei und Verlag GmbH,<br />

66793 Saarwellingen<br />

Bezugsgebühr:<br />

Abonnement 70,00 Euro zzgl. Porto. Für<br />

Mitglieder des DHV durch Zahlung des<br />

Verbandsbeitrages. Einzelpreis 7,00 Euro<br />

zzgl. Porto.<br />

Bankverbindung:<br />

Dresdner Bank Bonn<br />

Kto.-Nr. 0 268 367 200 | BLZ 370 800 40<br />

Anzeigenabteilung:<br />

Gabriele Freytag / Angelika Miebach<br />

Rheinallee 18, 53173 Bonn<br />

Tel.: (0228) 902 66-23, Fax: (0228) 902 66-90<br />

E-Mail: anzeigen@forschung-und-lehre.de<br />

Preisliste Nr. 39 vom 1.1.2010<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> wird auf chlorfreiem<br />

Papier gedruckt und ist recyclebar.<br />

Druckauflage:<br />

27.956 Exemplare (IVW 1/2010)


388 NACHRICHTEN <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Nachrichten<br />

Bologna-Gipfel eine „Alibi-Veranstaltung“<br />

Die Bundesregierung will<br />

mit einem Qualitätspakt<br />

das Studium an deutschen<br />

Hochschulen verbessern.<br />

In den kommenden<br />

zehn Jahren sollen dafür zwei<br />

Milliarden Euro eingesetzt<br />

werden.<br />

Mit dem Geld soll laut<br />

Ministerium Personal im universitären<br />

Mittelbau eingestellt<br />

und Mentoren- und Tu-<br />

ZAHL DES MONATS<br />

750 Milliarden<br />

Euro<br />

beträgt das Gesamtvolumen<br />

des internationalen<br />

Rettungspaketes<br />

für die europäische Gemeinschaftswährung.<br />

torenprogramme gefördert<br />

werden. Auch die Beratung<br />

und Betreuung von Studen-<br />

ten solle verbessert werden.<br />

Zur Verbesserung der Qualität<br />

der <strong>Lehre</strong> soll eine neue<br />

Akademie als Einrichtung<br />

der Hochschulen eine zentrale<br />

Rolle spielen. Zusätzlich<br />

will das Ministerium seine<br />

Mobilitätsförderung bis 2015<br />

um rund 90 Millionen Euro<br />

aufstocken. Damit werden<br />

z.B. Auslandsaufenthalte und<br />

Sprachkurse gefördert. BundesbildungsministerinAnnette<br />

Schavan erklärte, von der<br />

Bologna-Konferenz gehe das<br />

Signal aus, „dass wir alle gemeinsam<br />

etwas für die Studienbedingungen<br />

und eine bessere<br />

<strong>Lehre</strong> tun wollen“. Man<br />

habe „ein Gespräch auf Augenhöhe“<br />

geführt. Die Hochschulen<br />

seien auf einem guten<br />

Weg, die Ziele der Bologna-Reform<br />

zu erreichen.<br />

Mehrere Studentenvertreter<br />

verließen das Treffen vorzeitig.<br />

Der Gipfel sei keine<br />

Konferenz zur Lösung dringender<br />

Probleme, sondern ei-<br />

ne inszenierte Komödie, sagten<br />

Hannah Eberle und Jakob<br />

Lohmann von der Bildungsstreik-Initiative.Vertreter<br />

des SDS erklärten, der<br />

Bologna-Gipfel sei ergebnislos<br />

geblieben. Die Linke unterstütze<br />

weitere Bildungsproteste<br />

im Juni. Schavan<br />

hatte Vertreter von Hochschulen,Studentenverbänden,<br />

Gewerkschaften und<br />

Politik nach Berlin geladen,<br />

um über die Umsetzung der<br />

Bologna-Reform zu sprechen.<br />

Die Konferenz war als<br />

Reaktion auf die bundesweiten<br />

Studentenproteste vom<br />

vergangenen Jahr einberufen<br />

worden. Künftig, so die Ministerin,<br />

werde es einmal pro<br />

Jahr eine gemeinsame Konferenz<br />

aller Beteiligten zum<br />

Thema Bologna-Reformprozess<br />

geben.<br />

Der Deutsche Hochschulverband<br />

(DHV), der zur<br />

Konferenz nicht eingeladen<br />

war, zeigte sich über die Er-<br />

DFG: Drohender Nachwuchsmangel in der Klinischen <strong>Forschung</strong><br />

Die Deutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft<br />

(DFG)<br />

sorgt sich um den wissenschaftlichen<br />

Nachwuchs in<br />

der Klinischen <strong>Forschung</strong>.<br />

Um dem akut drohenden<br />

Mangel an jungen Medizinern<br />

in der Wissenschaft entgegenzuwirken,<br />

hat die Senatskommission<br />

der DFG für<br />

Klinische <strong>Forschung</strong> jetzt<br />

weitreichende Empfehlungen<br />

zur Strukturierung der wissenschaftlichen<br />

Ausbildung<br />

in der Medizin verfasst. In ihr<br />

werden die zuständigen Ministerien<br />

in den Bundesländern<br />

dringend aufgefordert,<br />

Einrichtungen für den forschenden<br />

Nachwuchs an den<br />

Medizinischen Fakultäten zu<br />

unterstützen und zu fördern.<br />

Weitere Adressaten der<br />

Schrift sind die Medizinischen<br />

Fakultäten, aber auch<br />

Studierende der Medizin und<br />

forschende Ärzte.<br />

Die Stellungnahme betont,<br />

dass die Klinische <strong>Forschung</strong><br />

zwingend Ärzte benötigt,<br />

die einerseits Erfahrung<br />

am Krankenbett und<br />

andererseits eine fundierte<br />

wissenschaftliche Ausbildung<br />

erfahren haben.<br />

Die Senatskommission<br />

sieht jedoch mit Sorge, dass<br />

sich immer weniger junge Mediziner<br />

für die Wissenschaft<br />

entscheiden. Die neue Approbationsordnung<br />

und die überwiegend<br />

praktische Ausrich-<br />

tung des Medizinstudiums erschweren<br />

aus ihrer Sicht zunehmend<br />

die Möglichkeit, für<br />

Studierende der Medizin eine<br />

wissenschaftliche Ausbildung<br />

zu gewährleisten. Fachgesellschaften<br />

sprechen von einer<br />

„Deprofessionalisierung“ der<br />

Ausbildung zum Arzt und<br />

vom Verlust der wissenschaftlichen<br />

Basis („Entakademisierung“).<br />

Schon jetzt sei absehbar,<br />

dass sich künftig noch<br />

weniger Studierende der Medizin<br />

zur Promotion entschließen<br />

werden, erst recht,<br />

wenn es sich dabei um eine<br />

experimentelle Arbeit mit hohem<br />

wissenschaftlichen Anspruch<br />

und entsprechendem<br />

Zeitaufwand handeln sollte.<br />

gebnisse des Bologna-Gipfels<br />

enttäuscht. „Das war eine<br />

Alibi-Veranstaltung“, erklärte<br />

der Präsident des DHV, Professor<br />

Bernhard Kempen.<br />

„Die Veranstaltung hat nichts<br />

dazu beigetragen, die bislang<br />

verfehlten, aber nach wie vor<br />

richtigen Bologna-Ziele wie<br />

mehr Mobilität oder weniger<br />

Studienabbrecher zu verwirklichen.“<br />

Alle entscheidenden<br />

Fragen zur Reform<br />

der Bologna-Reform seien<br />

vorsätzlich verschwiegen<br />

worden. Weder die Frage, ob<br />

ein wissenschaftliches Studium<br />

an einem an der Chimäre<br />

eines Durchschnittsstudierenden<br />

bemessenen „Workload“<br />

orientiert werden könne,<br />

noch die Frage des Erhalts<br />

des Qualitätsabschlusses<br />

„Diplom“, noch die Notwendigkeit,<br />

den Hochschulen<br />

mehr Freiheit für die Gestaltung<br />

von Studiengängen<br />

zu geben, seien thematisiert<br />

worden.<br />

Dem medizinischen Nachwuchs<br />

fehle es vielerorts nach<br />

wie vor an verlässlichen,<br />

transparenten Ausbildungsstrukturen<br />

und an frühzeitiger<br />

Beratung über die möglichen<br />

Karrierewege und Perspektiven<br />

in der akademischen<br />

Medizin. Die theoretischen<br />

Institute verzeichneten<br />

bereits einen deutlichen<br />

Rückgang der Promovierenden<br />

aus der Medizin, nicht<br />

zuletzt deshalb, weil diese<br />

nach dem Tarifvertrag für<br />

den Öffentlichen Dienst der<br />

Länder (TV-L) und damit<br />

schlechter als nach dem<br />

Tarifvertrag für Ärztinnen<br />

und Ärzte (TV-Ä) bezahlt<br />

werden.


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> NACHRICHTEN 389<br />

Hessen: Hochschulpakt mit Protokollnotiz<br />

Die Präsidenten aller<br />

zwölf hessischen Hochschulen<br />

haben den umstrittenen<br />

Hochschulpakt für die<br />

Jahre 2011 bis 2015 unterschrieben.<br />

Acht Hochschulpräsidenten<br />

unterzeichneten<br />

den Pakt allerdings nur unter<br />

Protest und ließen dies in einer<br />

Protokollnotiz festhalten.<br />

Der Präsident der Universität<br />

Frankfurt, Werner Müller-Esterl,<br />

sagte gegenüber dpa: „Es<br />

war eine Unterschrift ohne<br />

Überzeugung. Wir sind aus<br />

verschiedenen Gründen nicht<br />

glücklich damit“. Man habe<br />

die Budgetkürzungen zähneknirschend<br />

akzeptiert, weil<br />

der Pakt Planungssicherheit<br />

über fünf Jahre gebe. In der<br />

Protokollnotiz bemängeln<br />

die Hochschulpräsidenten,<br />

dass über die Einsparungen<br />

von 30 Millionen Euro hinaus<br />

außerdem 20 Millionen<br />

Euro aus dem Grundbudget<br />

in das Erfolgsbudget verlagert<br />

werden sollen. Für die Technische<br />

Universität Darmstadt<br />

bedeutet der Pakt für das Jahr<br />

2011 gegenüber diesem Jahr<br />

eine Absenkung des Budgets<br />

Voßkuhle gegen Jura-Bachelor<br />

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts<br />

Andreas Voßkuhle hat sich<br />

kritisch zu der Einführung<br />

von Bachelor-Abschlüssen in<br />

der Juristenausbildung ausgesprochen.<br />

Ein kurzes Bachelor-Studium<br />

mit Vertiefung<br />

zum Master-Abschluss passe<br />

nicht zur deutschen Juristenausbildung.<br />

Die Ausbildung<br />

des europäischen Juristen<br />

könne „keine bloße Fortsetzung<br />

der Schule nur mit ande-<br />

um 4,5 Millionen Euro, für<br />

die Universität Frankfurt 9,7<br />

Millionen Euro und die Universität<br />

Marburg 6,2 Millionen<br />

Euro.<br />

Aus Protest hatten sich in<br />

den Wochen vor der Unterzeichung<br />

einige Hochschulen<br />

zunächst geweigert, dem Abkommen<br />

zuzustimmen. Seine<br />

Unterzeichnung musste deswegen<br />

verschoben werden.<br />

Das Finanz- und Wissenschaftsministerium<br />

bestand<br />

dagegen auf dem Sparziel,<br />

das nicht verhandelbar sei.<br />

Die schwarz-gelbe Landesregierung<br />

drohte laut dpa den<br />

Hochschulen sogar an, noch<br />

massivere Einschnitte hinnehmen<br />

zu müssen, sollten<br />

sie ihre Unterschrift verweigern.<br />

Dem Druck gaben die<br />

Hochschulen schließlich<br />

nach. Die hessische Wissenschaftsministerin<br />

Kühne-<br />

Hörmann sagte: „Unter Berücksichtigung<br />

aller Komponenten<br />

der Hochschulfinanzierung<br />

komme ich zu dem<br />

Schluss, dass das Land von<br />

den Universitäten, Fach- und<br />

Kunsthochschulen in schwie-<br />

ren Inhalten“ sein, sagte er<br />

laut der Badischen Zeitung<br />

zur Eröffnung des 16. Verwaltungsgerichtstags.<br />

Auch einer<br />

weiteren Verkürzung der Studienzeiten<br />

erteilte der Verfassungsrichter<br />

demnach eine<br />

Absage. „Wer während des<br />

Studiums ins Ausland gehen<br />

soll, benötigt vor allem eines:<br />

Zeit“. Für die Beibehaltung<br />

des bestehenden Systems<br />

sprach sich auch der Thüringer<br />

Innenminister Michael<br />

rigen Zeiten einen angemessenen<br />

und fairen Solidarbeitrag<br />

verlangt.“ Der Hochschulpakt<br />

unter dem Titel<br />

„Sicherheitsnetz für Hochschulen<br />

in wirtschaftlich<br />

schwierigen Zeiten“ ist auch<br />

mit Forderungen an die<br />

Hochschulen verbunden. Sie<br />

sollen dem wachsenden<br />

Fachkräftebedarf auf dem Arbeitsmarkt<br />

und der steigenden<br />

Zahl von Studienberechtigten<br />

Rechnung tragen, indem<br />

sie die Zahl der Studienplätze<br />

erhöhen und auch<br />

neue Studiengänge einrichten.<br />

Auch sollen die Hochschulen<br />

die Studienorientierung<br />

verbessern und die Studienabbruchquotenverringern.<br />

Im Gegenzug für ihre<br />

Unterschrift erhalten sie laut<br />

Vertrag Planungssicherheit<br />

bis 2015. Weitere Sparrunden<br />

seien ausgeschlossen,<br />

selbst wenn die Steuereinnahmen<br />

noch mehr sinken<br />

sollten. Gebe es mehr Steuereinnahmen,<br />

sollen die Hochschulen<br />

davon profitieren.<br />

CDU/CSU-Bundestagsfraktion will „Dipl.-Ing.“ erhalten<br />

Die CDU/CSU-Fraktion<br />

im Deutschen Bundestag<br />

hat sich hinter die Forderung<br />

der TU9 gestellt, den Titel<br />

„Dipl.-Ing.“ zu erhalten.<br />

Die Technischen Hochschu-<br />

len in Deutschland sollten in<br />

ihren Abschlusszeugnissen<br />

darauf hinweisen dürfen,<br />

dass der attestierte Master-<br />

Abschluss qualitativ einem<br />

„Dipl.-Ing.“ entspricht. Der<br />

Titel „Dipl.-Ing.“ sei ein international<br />

anerkanntes Gütesiegel<br />

für die Ingenieurausbildung<br />

an deutschen Universitäten.<br />

Huber aus. Er wertete laut<br />

Mitteilung der Veranstalter<br />

die deutsche Juristenausbildung<br />

als kulturelle Errungenschaft<br />

des Rechtsstaats und<br />

weltweit anerkanntes Gütesiegel<br />

des deutschen Rechts.<br />

Dagegen warb die nordrheinwestfälische<br />

Justizministerin<br />

Roswitha Müller-Piepenkötter<br />

für die Umsetzung des Bologna-Modells<br />

in der Juristenausbildung.<br />

KOMMENTAR<br />

Ernst nehmen?<br />

Das hochschulpolitische<br />

Theaterstück der Stunde<br />

ist Oscar Wildes Komödie<br />

„The Importance of Being<br />

Earnest“. Ein Stück über<br />

Ausreden und Doppeldeutigkeiten,<br />

über den Widerspruch<br />

von Tun und Reden,<br />

über die Seriosität<br />

und den Ernst. Denn dass<br />

Hochschulpolitiker ernst<br />

genommen werden wollen,<br />

hat von höchster Stelle,<br />

dem „Bologna-Gipfel“<br />

nämlich, die ansonsten<br />

nicht lustspielverdächtige<br />

Bundeswissenschaftsministerin<br />

Annette Schavan<br />

angemahnt: „Ich nehme<br />

Sie ernst, aber ich erwarte<br />

auch, dass Sie uns ernst<br />

nehmen“, sagte sie zu Studenten,<br />

die nach einem<br />

ersten Versuch, ernst genommen<br />

zu werden, den<br />

Saal verließen. Man rede<br />

doch „auf Augenhöhe“<br />

miteinander, rief Schavan<br />

noch hinterher. Die Augenhöhe<br />

der Hochschullehrer<br />

hatte sie erst gar<br />

nicht gesucht.<br />

Ähnlich verzerrt blickt<br />

auch die hessische Wissenschaftsministerin<br />

Kühne-<br />

Hörmann in die Welt, behauptete<br />

sie doch, ihre Landesregierung<br />

sei „Partner<br />

der Hochschulen“ – nachdem<br />

sie und der Finanzminister<br />

die Hochschulpräsidenten<br />

zu einer Unterschrift<br />

unter einen Kürzungspakt<br />

mit dem Titel „Sicherheitsnetz<br />

für Hochschulen“ gezwungen<br />

hatte. Nicht die<br />

Bildungspolitiker sind<br />

ernstzunehmen, sondern<br />

machtbewusste Ministerpräsidenten<br />

und deren Finanzminister.<br />

„Als ich klein<br />

war, glaubte ich, Geld sei<br />

das wichtigste im Leben.<br />

Heute, da ich alt bin, weiß<br />

ich: Es stimmt.“, wusste Oscar<br />

Wilde.<br />

Felix Grigat


390 NACHRICHTEN <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Universität Bonn entzieht<br />

Promotionsberater Doktorgrad<br />

Die Philosophische Fakultät<br />

der Universität<br />

Bonn hat beschlossen, einem<br />

2008 wegen Bestechung in<br />

61 Fällen zu einer mehrjährigen<br />

Freiheitsstrafe verurteilten<br />

Promotionsvermittler aus<br />

Bergisch-Gladbach den Doktorgrad<br />

zu entziehen. „Die<br />

Entscheidung des Fakultätsrats<br />

basiert auf der Promotionsordnung<br />

der Philosophischen<br />

Fakultät“, sagte Dekan<br />

Professor Dr. Günther<br />

Schulz. Danach kann der<br />

Doktorgrad entzogen werden,<br />

wenn der Promovierte<br />

wegen einer vorsätzlichen<br />

Straftat zu einer Freiheitsstrafe<br />

von mindestens einem<br />

Jahr verurteilt worden ist<br />

oder wenn er wegen einer<br />

vorsätzlichen Straftat verurteilt<br />

ist, bei deren Vorbereitung<br />

oder Begehung der<br />

Doktorgrad eingesetzt wurde.<br />

„Nach Auskunft des<br />

Landgerichts Hildesheim<br />

wurde der Betreffende wegen<br />

Bestechung in 61 Fällen zu<br />

einer Gesamtfreiheitsstrafe<br />

von drei Jahren und sechs<br />

Monaten zuzüglich einer hohen<br />

Geldstrafe verurteilt“,<br />

sagte Professor Schulz. Das<br />

Urteil wurde 2008 gesprochen<br />

und ist seit Mai 2009<br />

rechtskräftig.<br />

„Bei der Begehung der<br />

Straftaten, deren Zweck es<br />

war, Promotionskandidaten<br />

zum Titel zu führen, hatte der<br />

Vermittler seinen Doktorgrad<br />

eingesetzt, um seinen Kunden<br />

Seriosität zu signalisieren“,<br />

erklärte Professor<br />

Schulz. Seinen Doktortitel<br />

hatte er von der Pädagogischen<br />

Fakultät der Universität<br />

Bonn erhalten. Dem Betreffenden<br />

wurde rechtliches<br />

Gehör gewährt.<br />

SPRACHPREIS<br />

Preis für Standhaftigkeit<br />

Die Jury für den Kulturpreis Deutsche Sprache hat die<br />

Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der<br />

Universität Greifswald mit dem Institutionenpreis Deutsche<br />

Sprache ausgezeichnet. Die Jury würdigt damit die<br />

Verdienste dieser Fakultät um das alte deutsche Universitätsideal.<br />

Als letzte Fakultät in ganz Deutschland biete sie<br />

weiterhin den Studiengang „Betriebswirtschaftslehre“<br />

mit dem Abschluss Diplomkaufmann bzw. Diplomkauffrau<br />

an. Und in der akademischen <strong>Lehre</strong> setze sie weiter,<br />

ohne die internationale Ausrichtung des Studiums zu gefährden,<br />

auf die Sprache Deutsch. „Wir hoffen, dass diese<br />

Anerkennung das Durchhaltevermögen meiner Kollegen<br />

in Greifswald stärkt", sagte Jury-Mitglied Professor Dr.<br />

Walter Krämer. Der Institutionenpreis ist undotiert.<br />

25. 000. Mitglied im Deutschen<br />

Hochschulverband<br />

Auf dem 60. DHV-Tag im<br />

März 2010 in Hamburg<br />

konnte der DHV eine runde<br />

Mitgliederzahl feiern und im<br />

Rahmen der Wissenschaftsgala<br />

das 25 000. Mitglied begrü-<br />

Senat der Humboldt-Universität für Reform-Reform<br />

Der Akademische Senat<br />

der Humboldt-Universität<br />

fordert eine Revision der<br />

Bologna-Reform. Das Gremium<br />

habe eine entsprechende<br />

Resolution mit großer Mehr-<br />

Länder gegen höheres Bafög<br />

Die Bundesländer nach<br />

Informationen der<br />

Süddeutschen Zeitung die<br />

vom Bund geplante Erhöhung<br />

des Bafög und das neue<br />

Stipendienprogramm ab. Die<br />

entsprechenden Gesetzentwürfe<br />

seien auf Antrag der<br />

beiden Länder Bayern und<br />

Hessen im Finanzausschuss<br />

des Bundesrats mit breiter<br />

Mehrheit abgelehnt worden.<br />

Sollte auch das Plenum<br />

der Länderkammer bei seiner<br />

nächsten Sitzung am 4. Juni<br />

dagegen stimmen, dann stehe<br />

ein zentrales Projekt der<br />

Bundesregierung in der Bildungs-<br />

und <strong>Forschung</strong>spolitik<br />

auf der Kippe. Die Ausbil-<br />

heit verabschiedet, wie die<br />

HU mitteilte. Auch die Studentenvertreter<br />

hätten der<br />

Stellungnahme zugestimmt.<br />

Die jetzt beschlossene Bologna-Resolution<br />

greift laut Uni-<br />

dungsförderung wird zu 55<br />

Prozent von Bund zu 45 Prozent<br />

von den Ländern finanziert,<br />

eine Zustimmung des<br />

Bundesrates ist damit zwingend.<br />

Wegen der Brisanz des<br />

Themas dürfte die Entscheidung<br />

am Ende in Beratungen<br />

zwischen den Ministerpräsidenten<br />

und Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel fallen. Der<br />

hessische Ministerpräsident<br />

Roland Koch hatte mehrfach<br />

gefordert, auch bei den Ausgaben<br />

für Bildung zu sparen.<br />

Dem hatte der Deutsche<br />

Hochschulverband (DHV)<br />

entschieden widersprochen:<br />

„Das Kernübel des deutschen<br />

Wissenschaftssystems ist sei-<br />

versität die Inhalte der bundesweiten<br />

Studentenproteste<br />

auf und zeigt alternative Modelle<br />

auf. Nach Ansicht der<br />

Beteiligten müssen die Verantwortlichen<br />

in Bund und<br />

ne Unterfinanzierung“, erklärte<br />

DHV-Präsident, Professor<br />

Bernhard Kempen.<br />

„Die von der Bundeskanzlerin<br />

beschworene ,Bildungsrepublik<br />

Deutschland’ gibt es<br />

nicht zum Nulltarif. Nach<br />

wie vor gibt die Wissenschaftsnation<br />

Deutschland<br />

nicht zu viel, sondern zu wenig<br />

Geld für Bildung und<br />

Wissenschaft aus.“<br />

In ihrem Beschluss verweisen<br />

die Finanzminister<br />

nach Informationen der Süddeutschen<br />

Zeitung auf die<br />

mit dem Vorhaben einhergehenden<br />

Kosten. Von den für<br />

2011 geplanten Mehrausgaben<br />

des Staates in Höhe von<br />

ßen. Der Präsident beglückwünschte<br />

dazu Frau Privatdozentin<br />

Corinna Mieth (Universität<br />

Bonn, Institut für Philosophie),<br />

die im Februar 2010<br />

dem DHV beigetreten war.<br />

Ländern zügig eine Überprüfung<br />

der Reform einleiten.<br />

Andernfalls werde das Hochschulsystem<br />

in der Bundesrepublik<br />

„dauerhaft Schaden“<br />

nehmen.<br />

382 Millionen Euro entfielen<br />

172,9 Millionen Euro auf die<br />

Länder. Dieser Betrag sei angesichts<br />

der Lage in den<br />

Haushalten nicht finanzierbar.Bundesforschungsministerin<br />

Annette Schavan<br />

(CDU) sagte der Zeitung:<br />

„Beide Projekte stehen im<br />

Koalitionsvertrag, der auch<br />

unter Beteiligung der Ministerpräsidenten<br />

von Bayern<br />

und Hessen vereinbart wurde.<br />

Deshalb halte ich an diesen<br />

Gesetzen fest.“ Das Thema<br />

wird auch auf dem Bildungsgipfel<br />

der Kanzlerin am<br />

10. Juni eine Rolle spielen.


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> FUNDSACHEN 391<br />

Fundsachen<br />

Zertifikatskompetenz<br />

„Die Abbrecherquoten wiederum verhalten sich mal so, mal<br />

anders. Dass sie mancherorts zurückgehen, verwundert wenig,<br />

wenn es doch Programm ist, niemanden mehr ohne Zertifikat<br />

zu lassen. Es wird aber auch keiner behaupten, dass<br />

sich bei frühzeitiger Festlegung von Achtzehnjährigen auf einen<br />

Bachelor-, also Teilstudiengang des Typs „Molekulare<br />

Biologie“ oder „Geschichte der Moderne“ die Irrtümer in<br />

den Bildungswegen reduziert haben, nur weil Urkunden ausgehändigt<br />

wurden.“<br />

Jürgen Kaube; zitiert nach Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />

vom 20. Mai 2010<br />

Brutstätten für seelenloses Denken<br />

„Die Wirtschaft hat aus einer gesunden Mischung aus Egoismus<br />

und Altruismus darauf hingewiesen, dass akademische<br />

Bildung verdaulich, in Portionen erworben wird - aber nicht<br />

um den Preis, dass Brutstätten für seelenloses Denken entstehen:<br />

Wenn in manchen Disziplinen 40 Prozent der Leute das<br />

Studium abbrechen, ist das nicht nur eine volkswirtschaftliche<br />

Vergeudung, sondern auch ein Drama für den Einzelnen.“<br />

Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom;<br />

zitiert nach Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom<br />

24. Mai 2010<br />

Akademiker<br />

„Das mit den Studierten ist so eine Sache. Heute sagt ja jeder,<br />

er hat studiert, wenn er mal in der Cafeteria einer Uni<br />

rumgesessen ist. Für mich ist nur ein Akademiker, der ein abgeschlossenes<br />

Studium hat, in München sind das ungefähr<br />

zehn Prozent. Hier fahren Anwälte aus Damaskus und Mediziner<br />

aus Kabul. In Moskau sind es viel mehr, das hat Tradition.<br />

Im Kommunismus hat ein Taxifahrer mit seinen Verbindungen<br />

mehr verdient als ein Professor.“<br />

Hans Meißner, Taxiunternehmer aus München, auf die Frage, wieviele<br />

Akademiker es unter den Taxifahrern gebe; zitiert nach Süddeutsche<br />

Zeitung Magazin vom 16. April 2010<br />

Professionelle Skepsis<br />

„(Es sei die Hauptaufgabe eines Historikers) zunächst<br />

einmal davon auszugehen, dass immer alles anders war<br />

als gesagt. Und diese Regel trifft fast immer zu. Die<br />

zweite Regel ist, dass alles immer anders ist als gedacht.<br />

Und wenn man diese Regeln kennt, dann hat man was<br />

gelernt. Dann muss man nämlich fragen, wie es dahinter<br />

eigentlich aussieht, wenn es anders ist als gesagt und anders<br />

ist als gedacht. Diejenigen, die bei mir überhaupt<br />

was gelernt haben, haben das hoffentlich mitgenommen:<br />

(...) die professionelle Skepsis, die das Selbstbewusstsein<br />

mit Selbstkritik verbinden kann.“<br />

Reinhart Koselleck (gest. 2006), Historiker; zitiert nach<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21. April 2010<br />

Weisheit<br />

„Mehr Geld macht nicht automatisch klüger.“<br />

Stanislaw Tillich, Ministerpräsident des Freistaates Sachsen;<br />

zitiert nach Financial Times Deutschland vom 14. Mai 2010<br />

Geblubber<br />

„Null! Als wir noch Gedichte konnten, war Opa in Russland.<br />

Man muss sich auch mal entscheiden, oder? Das ist genauso<br />

wie dieser Satz: Ich vermisse diese charismatischen Figuren<br />

in der Politik. Soll Pofalla sich dafür entschuldigen, dass er<br />

nicht in Stalingrad war? Das ist doch alles Geblubber. “<br />

Harald Schmidt auf die Frage, ob er Kulturpessimist sei; zitiert nach<br />

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 23. Mai 2010<br />

Widerspruch<br />

„Die Situation mutet tatsächlich paradox an: Einerseits steigt<br />

Indien immer mehr zu einer Großmacht auf und wird allenthalben<br />

als wichtiger Zukunftsmarkt beschworen. Andererseits<br />

kann aber das Fach Indologie, das mancherorts auch<br />

Südasienwissenschaften heißt, damit überhaupt nicht Schritt<br />

halten. Die Studentenzahlen bewegen sich konstant auf einem<br />

Niveau, das sogar für Orchideen-Fächer niedrig ist. Und<br />

auch die Standorte werden immer weniger. In Kiel, Bochum<br />

und Münster sind die Professuren schon gestrichen worden,<br />

in Freiburg ist keine Immatrikulation mehr möglich.“<br />

Johann Osel; zitiert nach Süddeutsche Zeitung vom 26. April 2010<br />

Ganztagsflexibilisierung<br />

„Um ein umfassendes Angebot an Ganztags- und Halbtagsschulen<br />

zu gewährleisten, wird der Ganztag flexibilisiert.“<br />

Aus dem Wahlprogramm der FDP für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen.<br />

Vertrauen<br />

„Ich studiere Philosophie und Englisch auf Lehramt – meiner<br />

Mutter erzähle ich aber gar nicht so richtig, was genau ich da<br />

mache. Irgendwann fragte sie mich mal: ‘Was ist Philosophie<br />

eigentlich?’ Und mein Großvater hat bis heute Probleme, das<br />

Wort auszusprechen. Aber beide gehen davon aus, dass ich<br />

das schon packen werde.“<br />

Jacqueline Frank, Studentin; zitiert nach Die Zeit vom 12. Mai 2010


392 SPRACHE UND WISSENSCHAFT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Menschwerdung<br />

durch Sprache<br />

Über Barbarei, Sprachkultur und die Gegenworte der Dichter<br />

| WOLFGANG F RÜHWALD | Das Wunder der Sprache<br />

hat schon seit jeher Dichter, Denker und Forscher fasziniert. Gegenwärtig erwartet<br />

man besonders von der Hirnforschung und der Evolutionsbiologie Aufschlüsse<br />

darüber, wie Sprache entstanden ist und wie sie „funktioniert“. Doch<br />

gerade Dichtung und Geschichte haben dazu Wegweisendes zu sagen.*<br />

Dass die Pflege der Sprachkultur<br />

weit mehr ist als die Vermittlung<br />

von Kenntnissen einer<br />

Verkehrssprache, weil Sprache und ihre<br />

Kultur zur conditio humana gehören,<br />

versuche ich in wenigen Überlegungen<br />

zu Neurologie, Urgeschichte und Geschichte<br />

des Sprechens zu belegen.<br />

Neurologie<br />

Die Navigationsgeräte unserer Autos<br />

haben eine Stimme; eine männliche<br />

oder eine weibliche. Sie ist angenehm<br />

anzuhören, durchaus sympathisch, aber<br />

verliebt hat sich in diese Stimmen vermutlich<br />

noch niemand. Zu eintönig ist<br />

die immer gleiche Melodie. Zu hören ist<br />

eine Computerstimme, kein Mensch aus<br />

Fleisch und Blut: „Jetzt bitte, links abbiegen!“<br />

Das bedeutet, dass Sprache –<br />

als „parole“ (als Sprechen), nicht als<br />

„langue“ (als Sprachsystem) – mehr<br />

braucht als einen gewissen Vorrat an<br />

Worten und einen Satz von Regeln, um<br />

sie anzuordnen, nämlich Mimik, Gestik,<br />

Körperhaltung und Sprachmelodie. Erst<br />

wenn dies alles zusammentrifft, geschieht<br />

Kommunikation und Verbindung<br />

des Menschen mit dem Menschen.<br />

Johannes Dichgans (auf den ich mich<br />

nachfolgend für die neurologischen Aspekte<br />

des Sprechens mehrfach beziehe)<br />

weist auf glaubhafte Schätzungen hin,<br />

wonach bei einem Gespräch nur „sieben<br />

Prozent der Informationen über die<br />

Gefühle eines Gegenübers durch die Semantik<br />

der Sprache [also über Inhalt<br />

und Bedeutung] transportiert werden,<br />

dagegen 38 Prozent über die Sprachmelodie<br />

und 55 Prozent über Mimik und<br />

Gestik“. Wer demnach seine Gesprächspartner<br />

wirklich kennenlernen<br />

möchte, sollte ihnen in die Augen oder<br />

noch besser auf die Hände schauen und<br />

sich nicht mit e-mail-Nachrichten oder<br />

SMS-Botschaften begnügen.<br />

Die Sprache ist in der linken Gehirnhälfte<br />

des Menschen lokalisiert, dort, wo<br />

bewusste und rationale Prozesse ablaufen.<br />

Mimik und Gestik sind dagegen<br />

hauptsächlich in der rechten Hemisphäre<br />

angesiedelt, dort, wo die emotionalaffektive<br />

Kommunikation repräsentiert<br />

ist. Dabei gibt es (wie bei Johannes Dichgans<br />

zu lesen ist) auch eine linguistische<br />

(links angesiedelte) Sprachmelodie, die<br />

uns Wort- und Satzakzente unterscheiden<br />

lässt, also etwa den Unterschied von<br />

umfahren oder umfahren, und eine affektive<br />

(rechts zu lokalisierende) Prosodie,<br />

die Gemütszustände, wie Trauer,<br />

Freude, Übermut, auch Selbstbewusstsein<br />

oder Selbstzweifel, ausdrückt. Da<br />

uns Menschen vor allem die rechte<br />

AUTOR<br />

Wolfgang Frühwald, Professor (em.) für Neuere Deutsche Literaturgeschichte<br />

in München, Präsident der Deutschen <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft<br />

1992 bis 1997 und Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung<br />

1999 bis 2007.<br />

(emotionale) Hirnhemisphäre mit der<br />

Welt und dem Lebendigen in ihr verbindet,<br />

die linke (rationale) Hälfte uns von<br />

anderem Leben unterscheidet, sind die<br />

verbindenden Elemente des Zusammenlebens<br />

dominant im Bereich des nichtsprachlichen<br />

Verhaltens angesiedelt, die<br />

geringen sprachlich-bewussten Anteile<br />

aber umso wichtiger. Dabei gibt es eine<br />

Information, die nicht nur gehört und<br />

gesehen werden kann, sondern die gespürt<br />

wird und oftmals ist sie – weil von<br />

frühester Kindheit an erfahren – wichtiger<br />

und eindrücklicher als die sprachliche<br />

Information.<br />

Wir Menschen kennen wie die Tiere<br />

Affektlaute, das heißt wenig artikulierte<br />

Laute der Freude, der Trauer, des Zorns<br />

und der Zuneigung, aber diese Laute<br />

sind ein von der spezifisch menschli-


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> SPRACHE UND WISSENSCHAFT 393<br />

chen Sprache zu trennender Bereich.<br />

Tierlaute, auch wenn sie uns (etwa bei<br />

Haustieren, mit denen wir lange zusammenleben)<br />

noch so vertraut erscheinen,<br />

sind keine Vorläufer von menschlicher<br />

Sprache. Sie entsprechen menschlichen<br />

Affektlauten (oder besser: menschliche<br />

Affektlaute entsprechen denen des Tieres).<br />

So ist auch die Mimik etwa der<br />

großen Menschenaffen dem Mienenspiel<br />

des Menschen erstaunlich ähnlich.<br />

Wir blicken fasziniert in die Gesichter<br />

dieser Tiere wie in einen Spiegel. Aber<br />

nicht weil sie Bewusstsein hätten, sondern<br />

weil wir von gemeinsamen Vorfahren<br />

vor Millionen von Jahren eine ge-<br />

meinsame Mimik geerbt haben. Dort,<br />

wo menschliches Sprechen einsetzt, wo<br />

nicht nur Affektlaute erscheinen, kann<br />

Mimik und Gestik auch sehr bewusst<br />

(also linksseitig) verwendet werden.<br />

Und jeder Schauspieler, jede Schauspielerin<br />

weiß ein Lied davon zu singen,<br />

was es bedeutet, gegen die eigene Mimik<br />

und Gestik die einer anderen Person<br />

einzuüben.<br />

Aus der Beobachtung blinder Menschen<br />

wurde geschlossen, dass es im<br />

Gestenrepertoire des Menschen nur geringe<br />

sprach- und kulturgebundene Anteile<br />

gibt. Solche Gesten sind meist ritueller<br />

Natur, zum Beispiel unterschiedliche<br />

Grußformen, die Fixierung unterschiedlicher<br />

Schamzonen oder kulturell<br />

differierende Sympathiebezeugungen.<br />

Der Großteil seines Gestenrepertoires<br />

aber ist dem Menschen angeboren. Johannes<br />

Dichgans sagt, es sei „transkulturell<br />

identisch, nicht erlernt und daher<br />

auch bei Blinden vorhanden“. Die Gestensprache<br />

der Taubstummen wurde<br />

aus der stammesgeschichtlichen und<br />

der funktionellen Nähe von Gestik und<br />

Sprache entwickelt, wobei interessant<br />

ist, dass taubstumme Menschen für ihre<br />

systematisch erlernte und geübte Gestensprache<br />

eine Dominanz in der linken<br />

Gehirnhälfte entwickeln.<br />

Vorgeschichte<br />

Diese wenigen Schlaglichter auf neurobiologische<br />

Aspekte der menschlichen<br />

Kommunikation sollten darauf verweisen,<br />

dass die aristotelische Formel vom<br />

Menschen als dem „Sprachtier“ evolutionstheoretisch<br />

und evolutionsgeschichtlich<br />

einige Plausibilität hat. Wir<br />

wissen nur ungefähr, „wann im Hominidenstamm<br />

das Leben menschlich wurde“<br />

(K. J. Narr), aber die Sprache ist da-<br />

für ein guter Indikator. Sie hat zur<br />

Menschwerdung des Menschen entschieden<br />

beigetragen. „Die Etablierung<br />

des menschlichen Bewusstseins ausfindig<br />

zu machen“, sagt George Steiner in<br />

Foto: picture-alliance<br />

»Wir blicken fasziniert in die<br />

Gesichter dieser Tiere wie in<br />

einen Spiegel.«<br />

der „Grammatik der Schöpfung“<br />

(2001), „heißt die Geburt der Sprache<br />

zu erkunden.“ Ohne ein Du nämlich<br />

wird das Ich sich seiner selbst nicht bewusst.<br />

Subjektivität und damit ein Bewusstsein<br />

von uns selbst, so ist in einem<br />

Aufsatz von Simone Schütz-Bosbach zu<br />

lesen, entstehe durch „soziale Spiegel“.<br />

Wir erleben uns „Nicht (nur) als Selbst<br />

durch uns selbst, sondern (auch) durch<br />

die Erfahrung mit anderen, im Sinne einer<br />

körperlichen Resonanz. Eine Vielzahl<br />

von Studien belegt, dass wir offenbar<br />

beobachtete Handlungen anderer<br />

unter Rückgriff auf unser motorisches<br />

System und unsere motorischen Fähigkeiten<br />

mental simulieren“. Auf die Frage,<br />

ob das Selbstbewusstsein (im Sinne<br />

von Bewusstsein meiner selbst) demnach<br />

stärker „ein Konstrukt subjektiver<br />

oder inter-subjektiver Erfahrung“ ist,<br />

gibt es noch keine schlüssige Antwort;<br />

vermutlich sind beide Erfahrungen notwendig<br />

daran beteiligt. Jedenfalls geschieht<br />

diese Konstruktion teilweise<br />

durch Sprache, nicht vor allem durch<br />

Sprache und sprachlich geformtes Denken,<br />

aber doch auch durch Sprache.<br />

Wir erschließen uns die Welt durch<br />

Wort und Sprache, doch wir bemächtigen<br />

uns ihrer dabei distanziert und „dezent“<br />

oder besser: wir schaffen Welt<br />

durch Sprache, weil das Zeichen und<br />

das Bezeichnete nie in eins fallen. Dort<br />

also, wo Sprache reduziert wird auf Affektlaute,<br />

Befehle und Flüche, aber<br />

auch dort, wo sie im Schwall des Geschwätzes<br />

erstickt, entschwindet das<br />

Humanum, in archaischen Zeiten ebenso<br />

wie in der Moderne.<br />

Die sprachkritischen Dichter der<br />

Moderne haben dies früh erkannt. Das<br />

berühmte Wort des österreichischen Satirikers<br />

Karl Kraus (1933), dass die nationalsozialistische<br />

Diktatur alles beherrsche<br />

„außer der Sprache“, wurzelt in<br />

diesem Wissen. Als das Urbild der <strong>Kritik</strong><br />

politischer Phraseologie gilt dabei Georg<br />

Büchners Drama „Dantons Tod“ (1835),<br />

in dem es heißt: „Geht einmal euern<br />

Phrasen nach, bis zu dem Punkte, wo sie<br />

verkörpert werden. Blickt um<br />

euch, das Alles habt ihr gesprochen,<br />

es ist eine mimische<br />

Übersetzung eurer Worte.“<br />

Nicht zufällig beziehen sich die<br />

Sprachskeptiker des 20. Jahrhunderts<br />

häufig auf dieses klassisch<br />

gewordene Wort des jung gestorbenen<br />

Dramatikers. Der Schweizer Romancier<br />

und Dramatiker Max Frisch hat<br />

sogar versucht, in den stumm ihren Mörderdienst<br />

verrichtenden und schwarz


394 SPRACHE UND WISSENSCHAFT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

uniformierten Figuren seines Dramas<br />

„Andorra“ (1961) den Phrasen eine<br />

Bühnengestalt zu geben. Diese „Schwarzen“,<br />

die das angeblich so friedliebende<br />

Nachbarvolk überfallen, sind nichts anderes<br />

als die Konfiguration andorranischer<br />

Sprachfloskeln, die Verkörperung<br />

des tödlichen ethnischen Vorurteils, das<br />

die Andorraner pflegen und das sie<br />

durch Toleranz-Heuchelei zu kaschieren<br />

suchen. Sie zwingen Andri, der kein Jude<br />

ist, den aber alle für einen Juden halten,<br />

mit den leeren Worthülsen ihres<br />

Verstehens und ihres angeblichen Mitgefühls<br />

in die Rolle des Außenseiters, des<br />

Verfolgten, des Opfers. Sprache also hat<br />

es immer mit Verantwortung zu tun, sie<br />

ist (auch bei stimmenlosen Menschen)<br />

vom Sein des Menschen nicht zu trennen.<br />

Der Mensch hat Verantwortung für<br />

das, was er benennt und wie er es benennt,<br />

er trägt Verantwortung auch dafür,<br />

was sein Sprechen bewirkt, was es<br />

versteckt oder enthüllt. Denn aus dem<br />

Wort entsteht Welt (zumindest die Welt<br />

des Menschen) und der Zustand der<br />

Sprache ist der Zustand des Menschen.<br />

Das gilt für die Menschheit als ganze,<br />

das gilt für ihre in Sprache und Kultur<br />

unterschiedenen Völker und Gesellschaften,<br />

das gilt für alle sozialen<br />

Schichten einer Gesellschaft und für alle<br />

Individuen.<br />

Wir wissen nicht, wann menschliche<br />

Sprache entstanden ist. Die Schätzungen<br />

für das Alter sprachlicher Verständigungsweisen<br />

des Menschen differieren<br />

zwischen zwei Millionen und<br />

50 000 Jahren, doch ob der Neandertaler<br />

vor etwa 160 000 Jahren, der mit<br />

dem homo sapiens sapiens verwandt<br />

war, ohne zu seinen unmittelbaren Vorfahren<br />

zu gehören, nicht doch sprechen<br />

konnte, ist inzwischen umstritten, nachdem<br />

man lange angenommen hatte, er<br />

habe über keine Möglichkeit zur<br />

sprachlichen Verständigung verfügt.<br />

Sollte er allerdings nicht nur seine Toten<br />

bestattet, sondern auch Schminkmittel<br />

verwendet, also einen Sinn für<br />

das Schöne entwickelt haben, stünde er<br />

dem homo sapiens näher als bisher vermutet<br />

wurde. Seine Spur jedenfalls verliert<br />

sich vor rund 30 000 Jahren. Vermutlich<br />

ist die Entstehung der Sprache<br />

beim homo sapiens sapiens (der Evolutionsbiologe<br />

Ernst Mayr spricht von<br />

„echter Sprache“) noch in die Lebenszeit<br />

des Neandertalers zu datieren. Vielleicht<br />

ist sogar die Entwicklung einer<br />

kommunikativen und informationsfähigen<br />

Sprache der entscheidende Evolutionsvorteil<br />

des homo sapiens sapiens ge-<br />

wesen? Das Dunkel der Urgeschichte<br />

und damit auch das der Entstehung differenzierter<br />

Sprachen ist wegen der wenigen<br />

Skelettfunde, auf die wir dabei<br />

angewiesen sind, besetzt mit Theorien<br />

und Spekulationen statt mit wissenschaftlichen<br />

Ergebnissen. Zu bedenken<br />

ist, dass die Hälfte aller Menschen, die<br />

»Geht einmal euern Phrasen<br />

nach, bis zu dem Punkte, wo<br />

sie verkörpert werden.«<br />

jemals auf der Erde gelebt haben, innerhalb<br />

der letzten zwei Jahrtausende lebten,<br />

und es an ein Wunder grenzt, dass<br />

die kleine Schar von vielleicht 2 600<br />

Menschen, in der wir vor rund 160 000<br />

Jahren die Anfänge des modernen Menschen<br />

zu fassen meinen (homo sapiens<br />

idaltu), Krankheiten, Feinde, Klima,<br />

Naturkatastrophen überlebt und sich<br />

über die ganze Erde hin ausgebreitet<br />

hat. Vielleicht gab es sogar eine gemeinsame<br />

menschliche Ursprache, aus der<br />

alle anderen Sprachen entstanden sind.<br />

Anthropologen und Ethnolinguisten jedenfalls<br />

beginnen wieder, an die „Sprache<br />

Adams“ zu glauben.<br />

Geschichte<br />

Wer das Dunkel der Spekulation und<br />

der Geschichtslegenden verlässt und<br />

sich auf festeren Grund begibt, ist auf<br />

das Jungpaläolithikum verwiesen, das<br />

heißt auf die jüngere Altsteinzeit, in<br />

Europa beginnend vor etwa 35 000 bis<br />

40 000 Jahren und endend mit dem<br />

Pleistozän, das heißt vor rund 10 000<br />

Jahren. Dort kann (nach Karl Josef<br />

Narr) vermutlich der Anfang von<br />

menschlicher Sprachlichkeit erfasst<br />

werden, weil ohne Sprache die Errungenschaften<br />

des Jungpaläolithikums,<br />

Werkzeuge, Höhlenmalerei, die Überwindung<br />

erheblicher Blindstrecken auf<br />

dem Meer, Großwildjagd mit entsprechenden<br />

Fernwaffen etc., nicht zu denken<br />

sind. Seit diesem Erdzeitalter begegnen<br />

wir einer kulturellen Entwicklungsbeschleunigung,<br />

die nicht mehr<br />

von körperlicher Evolution begleitet<br />

wird, das heißt von Skelettänderungen<br />

weitestgehend unabhängig ist. Wir haben<br />

demnach den kulturellen Wandel<br />

und seine Beschleunigung von der langsamer<br />

voranschreitenden, ihn unterlagernden<br />

biologischen Evolution zu unterscheiden.<br />

Durch die in jüngerer Zeit<br />

zahlreicher werdenden Gräberfunde<br />

sind Bestattungen und Bestattungsriten<br />

bezeugt. Sie verweisen darauf, dass die<br />

Reflexion des Sterbens und der Sterblichkeit<br />

zu den stammesgeschichtlichen<br />

(phylogenetischen) Kennzeichen des<br />

Menschen gehört. Aus ihr entstand der<br />

Sinn für das Schöne, weil die mächtig<br />

anschwellende Klage, welche die der<br />

Sprache nun mächtige Menschheit über<br />

Vergänglichkeit und Tod an-<br />

stimmt, dessen Ursprung ist.<br />

Schön ist das Schöne nur, indem<br />

es vergeht. „Nänie“ (das heißt<br />

Trauergesang) hat Friedrich Schiller<br />

ein dafür beispielhaftes Gedicht<br />

überschrieben, in dem die<br />

Meeresgöttin den Tod ihres Sohnes<br />

Achill in der Schlacht um Troja beklagt:<br />

„Nicht errettet den göttlichen Held die<br />

unsterbliche Mutter,<br />

Wann er, am skäischen Tor fallend,<br />

sein Schicksal erfüllt.<br />

Aber sie steigt aus dem Meer mit allen<br />

Töchtern des Nereus,<br />

Und die Klage hebt an um den verherrlichten<br />

Sohn.<br />

Siehe! Da weinen die Götter, es weinen<br />

die Göttinnen alle,<br />

Dass das Schöne vergeht, dass das<br />

Vollkommene stirbt.<br />

Auch ein Klaglied zu sein im Mund der<br />

Geliebten ist herrlich,<br />

Denn das Gemeine geht klanglos<br />

zum Orkus hinab.“<br />

Reiner Kunze hat auf das gleiche<br />

Thema des Menschseins durch die Klage<br />

um den Verlust des Schönen nur<br />

zwei kurze Sätze, vier haikuartige Zeilen<br />

verwendet:<br />

„Wesen bis du unter wesen<br />

Nur daß du hängst am schönen<br />

und weißt, du mußt<br />

davon“.<br />

Die Auseinandersetzung, die Karl<br />

Kraus mit dem Nationalsozialismus, in<br />

der „Dritte Walpurgisnacht“ überschriebenen<br />

Polemik führte, ist demnach<br />

nicht zufällig um den Gegensatz zwischen<br />

dem vorsprachlichen und dem<br />

sprachlichen Zustand des Menschen<br />

konzentriert. Kraus hat die Nationalsozialisten<br />

als Troglodyten bezeichnet, das<br />

heißt als steinzeitliche Höhlenbewohner.<br />

Sie hätten jene Höhle bezogen, als<br />

welche die Flut des Geschwätzes die<br />

Phantasie des Menschen hinterlassen<br />

hat. Das ist eine psychoanalytische Auslegung<br />

dessen, was die Anhänger des<br />

Nationalsozialismus an ihrer Ideologie,<br />

die nichts ist als ein bloßes Konglome-


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> SPRACHE UND WISSENSCHAFT 395<br />

rat fremder Ideen, faszinierte: der Abschied<br />

vom metaphorisch-bildhaften<br />

Sprechen, anders ausgedrückt: der<br />

„Aufbruch der Phrase zur Tat“, das<br />

heißt die bloße Betätigung von Gewalt.<br />

„Wenn diese Politiker der Gewalt [heißt<br />

es bei Kraus, 1933] noch davon sprechen,<br />

dass dem Gegner ‚das Messer an<br />

die Kehle zu setzen’, ‚der Mund zu stopfen’<br />

sei, oder ‚die Faust zu zeigen’; wenn<br />

sie überall ‚mit harter Faust durchgreifen’<br />

wollen oder mit ‚Aktionen auf eigene<br />

Faust’ drohen: so bleibt nur erstaunlich,<br />

dass sie noch Redensarten gebrauchen,<br />

die sie nicht mehr machen.“<br />

In den uns bekannten Hochkulturen<br />

der Menschheit gibt es keine sprachempfindlichere<br />

Kultur als die jüdische.<br />

In ihrem Glauben entsteht die Welt aus<br />

Gottes Wort, und dieses Wort (damit<br />

auch die Welt) auszulegen, ist die vornehmste<br />

Aufgabe des Menschen. So<br />

richtet sich der obsessive Antisemitismus<br />

Hitlers und seiner Gefolgsleute<br />

auch gegen die Sprache und ihre humanisierende<br />

Wirkung, nicht nur gegen die<br />

deutsche Sprache, sondern gegen<br />

Sprachlichkeit an sich. In nur zwölf<br />

kurzen Jahren hat der Nationalsozialismus<br />

dabei den folgenreichsten Umsturz<br />

in der deutschen Sprache herbeigeführt,<br />

indem er versuchte, den (seit Moses<br />

Mendelssohn ohne Zweifel großen)<br />

Einfluss jüdischer Geistigkeit auf das<br />

Deutsche zu tilgen. Nun trennte sich die<br />

„deutsche Sprache von der<br />

Sprache der Deutschen“ und<br />

elektrisch beleuchtete Barbaren<br />

(wie Karl Kraus die nationalsozialistische<br />

Verbindung von modernster<br />

Technik und archaischer<br />

Gewalttat beschrieb) haben den<br />

in Jahrhunderten zum Bild geronnenen<br />

Inhalt von Redensarten in die Tat umgesetzt.<br />

Diese Barbaren haben die Verwandlung<br />

von Gewalt in sprachliche<br />

Bilder nicht mehr gestattet.<br />

Über den Umsturz in der deutschen<br />

Sprache war Theodor W. Adorno so<br />

entsetzt, dass er das berühmte Wort geprägt<br />

hat, nach Auschwitz lasse sich<br />

„kein Gedicht mehr [...] schreiben“. Er<br />

hat dies zwar – Reiner Kunze weist darauf<br />

hin – 1966 widerrufen, weil „das<br />

perennierende Leiden so viel Recht auf<br />

Ausdruck [habe] wie der Gemarterte zu<br />

brüllen“, doch wurde der Streit um die<br />

radikale Veränderung von Sprache und<br />

Schönheit damit nicht beendet. Von<br />

diesem Umsturz wurde der vielsprachige,<br />

aber in seinem Werk auf das Deutsche<br />

hin orientierte Lyriker Paul Celan<br />

so erschüttert, dass er an der kommuni-<br />

kativen Fähigkeit von Sprache überhaupt<br />

zu zweifeln begann und für sich<br />

das „Gegenwort“ in Anspruch nahm,<br />

das am Rande des Schweigens und der<br />

Unverständlichkeit angesiedelt ist. Dieser<br />

Umsturz ließ die Satire des Karl<br />

Kraus verstummen. Dieser Umsturz hat<br />

den (ebenfalls) aus jüdischer Tradition<br />

schreibenden George Steiner zu der Behauptung<br />

verleitet, „dass das klassische<br />

und judaische Ideal des Menschen als<br />

‚Sprachtier’, als Wesen, das in einzigartiger<br />

Weise durch die Würde der Rede definiert<br />

ist [...], in der Anti-Sprache der<br />

Todeslager sein Ende gefunden“ habe.<br />

Steiner, der den homo sapiens in seiner<br />

geschichtlichen Erscheinung als den homo<br />

quaerens definiert, den unentwegt<br />

fragenden Menschen, zu dessen<br />

Menschsein die quälende Frage nach<br />

dem „Warum“ unverwechselbar gehört,<br />

meint näherungsweise den Punkt bestimmen<br />

zu können, „von dem es keine<br />

Rückkehr“ mehr zu diesem Ideal geben<br />

kann. „Ein Häftling, der vor Durst umkam“,<br />

erzählt er, „sah zu, wie sein Peiniger<br />

langsam ein Glas frisches Wasser<br />

auf den Fußboden goss. ‚Warum tun Sie<br />

das?’ Der Schlächter antwortete: ‚Hier<br />

gibt es kein Warum.’ Und das bezeichnet,<br />

mit einer Knappheit und Durchsichtigkeit<br />

aus der Hölle, die Scheidung<br />

von Menschlichkeit und Sprache, von<br />

Vernunft und Syntax, von Dialog und<br />

Hoffnung.“<br />

»Diese Barbaren haben die Verwandlung<br />

von Gewalt in sprachliche Bilder nicht<br />

mehr gestattet.«<br />

Das „Gegenwort“, das Paul Celan<br />

1960, das heißt 40 Jahre vor Steiners<br />

apokalyptischer Sprachvision, zu entwerfen<br />

suchte, ist das alte und immer<br />

neue Wort des Dichters. Ihm gelingt es<br />

sogar, die politische Parole von innen<br />

her so zu verändern, dass sie sich in das<br />

Bekenntnis todesmutiger Liebe verwandelt.<br />

Paul Celan verwendet als Beleg dafür<br />

das letzte Wort der Lucile aus „Dantons<br />

Tod“. Lucile sitzt auf den Stufen<br />

des Blutgerüsts, auf dem soeben die Revolutionäre<br />

der ersten Stunde, und mit<br />

ihnen ihr Geliebter, enthauptet worden<br />

sind:<br />

„Du liebe Wiege, die du meinen Camille<br />

in Schlaf gelullt, ihn unter deinen<br />

Rosen erstickt hast. / Du Totenglocke,<br />

die du ihn mit deiner süßen Zunge zu<br />

Grabe sangst. / Sie singt. Viel hunderttausend<br />

ungezählt, / was nur unter die<br />

Sichel fällt. / Eine Patrouille tritt auf. /<br />

EIN BÜRGER. He werda? / LUCILE.<br />

Es lebe der König! / BÜRGER. Im Namen<br />

der Republik. Sie wird von der Wache<br />

umringt und weggeführt.“<br />

Es bedarf nur weniger Worte, um<br />

diese Szene auszulegen. Lucile verwendet<br />

die von der Revolution längst blutig<br />

zerstörte Parole „Es lebe der König!“,<br />

um dem Geliebten in den Tod zu folgen.<br />

Die politische Phrase wird im Angesicht<br />

der Guillotine, in diesem einen Augenblick,<br />

jetzt, in Lucile’s Mund zum<br />

schmerzhaft-absurden Ruf der Liebe.<br />

Das ist es, was Paul Celan mit dem<br />

Begriff des „Gegenwortes“ gemeint hat,<br />

mit dem Sturz in das Absurde: die ganz<br />

und gar unerwartete Verwandlung der<br />

politischen Phrase in Poesie. In diesem<br />

Ruf der Lucile, sagt Paul Celan, werde<br />

„keiner Monarchie und keinem zu konservierenden<br />

Gestern gehuldigt. / Gehuldigt<br />

wird hier der für die Gegenwart<br />

des Menschlichen zeugenden Majestät<br />

des Absurden“. Für den Umsturz, der<br />

hier geschieht, verwendet Celan keine<br />

Floskeln. „Dichtung [sagt er]: das kann<br />

eine Atemwende bedeuten. Wer weiß,<br />

vielleicht legt die Dichtung den Weg –<br />

auch den Weg der Kunst – um einer solchen<br />

Atemwende willen zurück?“ So<br />

setzt er in die Mitte seiner Rede zur<br />

Entgegennahme des Büchnerpreises das<br />

Adorno (und Steiner) ausdrücklich widerstreitende<br />

Bekenntnis: „[...] die<br />

Kunst lebt fort.“ Ob Paul Celan mit seinem<br />

Tod, den er 1970<br />

freiwillig in der Seine<br />

gesucht und gefunden<br />

hat, dieses Wort widerrufen<br />

wollte, ob er sich<br />

zuletzt doch der Position<br />

Adornos und der Vision Steiners angenähert<br />

hat, wage ich nicht zu entscheiden.<br />

Aber dass es immer noch<br />

(nach Auschwitz, nach Hiroshima, nach<br />

den Vergewaltigungslagern in Bosnien<br />

und all den Greueln der afrikanischen<br />

Bürgerkriege) Hoffnung gibt, trotz allem<br />

Hoffnung auf die humanisierende<br />

Wirkung von Sprache, verdanken wir<br />

Dichtern wie ihm. Als der sozialistische<br />

Publizist Carl von Ossietzky, Friedensnobelpreisträger<br />

des Jahres 1935, einmal<br />

gefragt wurde, welche Strafe er sich<br />

für seine nationalsozialistischen Peiniger<br />

ersinnen könnte, soll er geantwortet<br />

haben: „Deutsch müssten sie lernen!“<br />

* Gekürzte Fassung eines Beitrages aus dem im<br />

April 2010 im Verlag Berlin University Press erschienen<br />

Buch Wolfgang Frühwalds: „Wieviel<br />

Sprache brauchen wir?“, 238 S., 24,90 Euro.


396 SPRACHE UND WISSENSCHAFT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Die Eine Million Dollar-Frage<br />

Über Kommunikation und Sprache bei Affen –<br />

Beobachtungen der kognitiven Ethologie<br />

| JULIA F ISCHER | Immer wieder ist die Verwunderung<br />

groß, vergleicht man das soziale Verhalten von Primaten mit dem von Menschen.<br />

Affen verstehen einander, streiten und vertragen sich und orientieren sich<br />

in ihrer Umwelt. Sie kommunizieren, aber sprechen nicht mit- oder übereinander.<br />

Warum ist das so? Fragen an die kognitive Ethologie.<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong>: Wie finden Sie<br />

heraus, wie Paviane kommunizieren?<br />

Sie müssen sehr geduldig und hartnäckig<br />

sein…<br />

Julia Fischer: Geduld und Hartnäckigkeit<br />

müssen wohl alle Wissenschaftler<br />

mitbringen. Aber bei der Feldforschung<br />

an Affen braucht man dann auch noch<br />

die Bereitschaft, sich bei 45 Grad im<br />

Schatten durchs Gestrüpp zu schlagen,<br />

Skorpione aus seinen Schuhen zu<br />

schütteln oder plötzlich einem Löwen<br />

gegenüber zu stehen. Eine gewisse<br />

Abenteuerlust ist da ganz hilfreich. Um<br />

Professor Julia Fischer lehrt an der<br />

Universität Göttingen, ist Leiterin der Abteilung<br />

Kognitive Ethologie am Deutschen<br />

Primatenzentrum und Präsidentin der Europäischen<br />

Föderation für Primatologie.<br />

herauszufinden, wie die Tiere kommunizieren,<br />

kombinieren wir Verhaltensbeobachtungen,<br />

Lautanalysen und so<br />

genannte Playbackexperimente. Dazu<br />

Foto: Pressestelle der Universität Göttingen<br />

versteckt man einen Lautsprecher an einer<br />

geeigneten Stelle, spielt einen Laut<br />

vor und filmt die Reaktion der Tiere.<br />

F&L: Ein Beispiel?<br />

Julia Fischer: Ein Beispiel wäre, den<br />

Ruf eines unbekannten männlichen Tieres<br />

vorzuspielen. Damit simuliert man<br />

die Situation, dass ein neues Männchen<br />

in die Gruppe<br />

»Paviane können lernen,<br />

was ein Ruf vorhersagt.«<br />

eingewandert ist.<br />

Der Ruf lässt sich<br />

so manipulieren,<br />

dass sich das<br />

Männchen besonders beeindruckend<br />

oder aber klein und schmächtig anhört.<br />

Uns interessiert, wie sich die anderen<br />

Tiere verhalten: ob sich Weibchen mit<br />

Kindern verstecken, die anderen aber<br />

nicht, oder ob die ranghohen Männchen<br />

versuchen, den vermeintlichen<br />

Eindringling zu vertreiben. Solche Experimente<br />

erfordern eine außerordentlich<br />

große Gelassenheit, da im Vorfeld<br />

fast immer irgendetwas passiert, was<br />

man nicht geplant hat. Auch die Lautanalysen<br />

erfordern hohe Sorgfalt und<br />

die Bereitschaft, sich mit technischen<br />

Details und komplexen statistischen<br />

Analysen auseinanderzusetzen.<br />

F&L: Hunde z.B. können Laute mit Bedeutung<br />

verbinden. Wie ist das bei Pavianen?<br />

Julia Fischer: Paviane weisen wie alle<br />

anderen Affen auch Lauten Bedeutung<br />

zu, in dem Sinne, dass sie lernen können,<br />

wer ruft, wie groß dieses Tier etwa<br />

ist, oder bei weiblichen Tieren, ob es gerade<br />

empfängnisbereit ist. Außerdem<br />

können sie lernen, was ein Ruf vorhersagt.<br />

Eine der ersten Studien, die sich<br />

mit dieser Frage experimentell befasste,<br />

wurde an Grünen Meerkatzen in Ostafrika<br />

durchgeführt. Den Affen wurden<br />

Alarmrufe vorgespielt, die als Reaktion<br />

auf verschiedene Raubfeinde geäußert<br />

worden waren. Auch wenn weit und<br />

breit kein Räuber zu sehen war, zeigten<br />

die Tiere die ‚richtige‘ Reaktion: nach<br />

dem Vorspiel eines ‚Adler-Alarmrufs‘<br />

flüchteten sie in die Büsche, nach Vorspiel<br />

eines ‚Leopardenalarmrufes‘ in<br />

den Baum. Ich hatte das besondere<br />

Glück, bei den<br />

Autoren der Studie,<br />

Robert Seyfarth<br />

und Dorothy<br />

Cheney, zu<br />

arbeiten und auf ihrer Feldstation in<br />

Botswana eine Horde von Pavianen anderthalb<br />

Jahre zu beobachten. Inzwischen<br />

haben wir im Senegal eine eigene<br />

Feldstation, wo wir das Sozialverhalten<br />

und die Kommunikation von Guineapavianen,<br />

einer anderen Pavianart, studieren<br />

– und übrigens auch die Kommunikation<br />

der westafrikanischen Grünen<br />

Meerkatzen. Vergleiche zwischen<br />

verschiedenen Arten oder Unterarten<br />

erlauben uns, zu identifizieren, was ‚altes<br />

Pavianerbe‘ oder altes ‚Meerkatzenerbe‘<br />

ist, und in welcher Hinsicht sich<br />

die Tiere mit ihrem kommunikativen<br />

Verhalten ihrem gegenwärtigen Lebensraum<br />

anpassen und wie sich die Kommunikation<br />

in die soziale Organisation<br />

der Tiere einfügt.<br />

F&L: Sie haben einmal gesagt, Affen<br />

machten den ganzen Tag fast nichts anderes<br />

als ihre Artgenossen zu beobachten.<br />

Viele Menschen machen das auch<br />

und dann klatschen sie darüber, die Pa-


Foto: Julia Fischer<br />

6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> SPRACHE UND WISSENSCHAFT 397<br />

Eine Horde Guineapaviane in der Nähe der Feldstation Simenti im Niokolo-Koba Nationalpark im Senegal.<br />

viane nicht. Aber ziehen sie aus den Beobachtungen<br />

nicht Schlüsse für ihr Verhalten?<br />

Julia Fischer: Natürlich ziehen die Affen<br />

Schlüsse aus der Beobachtung von<br />

anderen. Das gibt es sogar bei Fischen:<br />

wenn ein Fisch beobachtet, dass ein anderer<br />

in einer Auseinandersetzung unterlegen<br />

ist, wird er sich eher mit diesem<br />

anlegen als mit dem Sieger. Bei Affen<br />

gehen wir auch davon aus, dass sie aufgrund<br />

der Beobachtung von In-<br />

teraktionen zwischen Dritten gute<br />

Vorstellungen davon haben,<br />

wer hochrangig ist und wer<br />

nicht, wer mit wem verwandt ist,<br />

und wer sich gegenseitig unterstützt.<br />

Das experimentell zu belegen,<br />

ist aber nicht ganz simpel.<br />

F&L: Es gibt Tiere, auch Affen, die<br />

Werkzeuge entwickeln. Warum hapert<br />

es an der Sprache?<br />

Julia Fischer: Das ist die Eine Million<br />

Dollar-Frage. Die <strong>Forschung</strong> der letzten<br />

Jahre hat uns erlaubt, diese Frage etwas<br />

zu spezifizieren. Was hat sich im Gehirn<br />

getan, dass Menschen in der Lage sind,<br />

Laute und auch andere Handlungen zu<br />

imitieren, mit Symbolen zu operieren,<br />

und eine Vorstellung davon zu entwickeln,<br />

was in den Köpfen anderer Menschen<br />

vor sich geht? Dazu gehört die<br />

Frage, welche Gene bei diesen Fähigkeiten<br />

eine Rolle spielen, aber natürlich<br />

auch, wie sich diese verschiedenen Aspekte<br />

gegenseitig bedingen.<br />

F&L: Irgendwie muss die menschliche<br />

Sprache einmal angefangen haben. Haben<br />

Sie dazu eine These oder wird hier<br />

nur spekuliert?<br />

Julia Fischer: Ich möchte mich hier lieber<br />

zurückhalten. Es gibt natürlich einen<br />

ganzen Strauß verschiedener Szenarien,<br />

und diese können auch sehr in-<br />

»Affen haben gute Vorstellungen<br />

davon, wer hochrangig ist<br />

und wer nicht.«<br />

spirierend sein. Andererseits sind solche<br />

Vermutungen schwer, oder auch gar<br />

nicht zu widerlegen. Das macht sie für<br />

ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzungen<br />

wenig brauchbar.<br />

F&L: Aber es gibt doch auch testbare<br />

Hypothesen?<br />

Julia Fischer: Ja, sie beziehen sich aber<br />

eher auf spezifische Aspekte. Zum Beispiel<br />

gab es die Frage, welche Rolle ein<br />

spezifisches Gen, das berühmte FoxP2<br />

Gen, bei der Evolution der Sprache<br />

spielt. Mäuse, die die menschliche Variante<br />

dieses Gens tragen, fangen aber<br />

nicht an zu sprechen. Das heißt, die<br />

Mutationen, die man beim Menschen<br />

findet, sind vielleicht eine notwendige,<br />

aber keine hinreichende Voraussetzung<br />

für die Entwicklung der gesprochenen<br />

Sprache.<br />

F&L: Was möchten Sie in der Affenforschung<br />

noch besonders herausfinden?<br />

Was ist ihr nächstes Ziel?<br />

Julia Fischer: Unsere Arbeitsgruppe hat<br />

in den letzten drei Jahren eine Feldstation<br />

im Senegal aufgebaut – ohne den<br />

unermüdlichen Einsatz der Doktoranden<br />

und <strong>Forschung</strong>sassistenten wäre<br />

dies nicht möglich gewesen. Die dort lebenden<br />

Guineapaviane wurden bislang<br />

kaum erforscht. Inzwischen ist uns auch<br />

klar geworden, warum das so ist, denn<br />

die Tiere waren nur sehr schwer an die<br />

Beobachtung zu gewöhnen, und sie<br />

scheinen in einem sehr fluiden und<br />

komplexen Sozialsystem zu leben. Inzwischen<br />

kommen die ersten Daten herein<br />

zur genetischen Struktur der Population<br />

und die Doktoranden vor Ort<br />

können zumindest einen Teil der Tiere<br />

beobachten und ihre Laute aufzeichnen.<br />

Es sieht alles sehr viel versprechend<br />

aus. Wenn es uns gelingt, die soziale<br />

Organisation dieser Tiere zu beschreiben,<br />

dann werden wir in der Lage<br />

sein, spezifische Hypothesen zu formulieren,<br />

was die soziale Kognition dieser<br />

Tiere angeht, also was die Tiere übereinander<br />

wissen, aber auch, welche Signale<br />

sie einsetzen, um in diesem komplexen<br />

System zu manövrieren.


398 SPRACHE UND WISSENSCHAFT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Was unterscheidet den<br />

Menschen von anderen<br />

Spezies? Es ist seine<br />

Sprachfähigkeit. Nur der Mensch produziert<br />

und versteht gleichermaßen<br />

Sprache. Der Schimpanse zum Beispiel,<br />

der uns genetisch sehr ähnlich ist,<br />

kann nicht „sprechen“, er verfügt nicht<br />

über die entsprechenden Arti-<br />

kulationsorgane. Wichtiger<br />

noch, er kann auch Sprache<br />

nicht verstehen, obwohl er<br />

über sehr ähnliche Hörorgane<br />

verfügt wie der Mensch.<br />

Passt das Verb zum Nomen?<br />

Wie der Mensch Sprache versteht<br />

| ANGELA D. FRIEDERICI | Die Fähigkeit zur Sprache<br />

und zum gegenseitigen Verstehen setzt im Gehirn des Menschen einen erheblichen<br />

Abstimmungsprozess voraus. Inzwischen weiß man, wann was in der<br />

linken und was in der rechten Hirnhälfte passiert - und in welcher unglaublichen<br />

Geschwindigkeit.<br />

Wo findet die Sprachverarbeitung<br />

im Gehirn statt?<br />

Der Schlüssel zur Sprachfähigkeit liegt<br />

im Aufbau unseres Gehirns. Seit etwa<br />

150 Jahren gibt es Belege dafür, dass es<br />

die linke Hirnhälfte ist, die vornehmlich<br />

in die Sprachverarbeitung eingebunden<br />

ist. Einen Schlüssel dafür lieferte der<br />

französische Arzt und Anthropologe<br />

Paul Broca (1824 bis 1880). Er beschrieb<br />

einen Patienten, der nur noch<br />

eine einzige Silbe sprechen konnte - die<br />

Silbe „tan“. Dessen Gehirn wurde nach<br />

seinem Tod konserviert und viele Jahre<br />

später im Computertomographen untersucht:<br />

Ein Schlaganfall hatte zu einer<br />

großflächigen Verletzung des Nervenge-<br />

AUTORIN<br />

Professor Angela D. Friederici<br />

ist Direktorin am<br />

Max-Planck-Institut für<br />

Kognitions- und Neurowissenschaften<br />

Leipzig.<br />

webes geführt, in der dritten Stirnhirnwindung.<br />

Diese Region wird deshalb<br />

heute als „Broca-Areal“ oder „motorisches<br />

Sprachzentrum“ bezeichnet. Das<br />

„Broca-Areal“ besteht aus zwei Regionen,<br />

die die Nummer 44 und 45 tragen.<br />

Der deutsche Neuroanatom Korbinian<br />

Brodmann (1868 bis 1918) hatte die<br />

»Wir müssen sowohl die Grammatik<br />

als auch die Inhalte der<br />

einzelnen Wörter verarbeiten.«<br />

sechs Schichten der Großhirnrinde auf<br />

ihre Zellstruktur (Zytoarchitektonik)<br />

hin untersucht und gemäß der unterschiedlichen<br />

Zellstruktur mit verschiedenen<br />

Nummern gekennzeichnet.<br />

Carl Wernicke (1848 bis 1905), ein<br />

Neurologe aus Breslau, beschrieb einige<br />

Jahre nach Broca eine Reihe von Patienten,<br />

die zwar flüssig sprachen, aber<br />

dabei keinen Sinn produzierten. Diese<br />

Patienten verstanden auch nicht, was<br />

man ihnen sagte. Die Anweisung, aufzustehen<br />

und zur Tür zu gehen, begriffen<br />

sie nicht. Die Obduktion dieser Patienten<br />

ergab später, dass sie Hirnverletzungen<br />

in den Regionen 41, 42 und 22<br />

hatten, die man in der Folge als Wernicke-Areal<br />

oder auch „sensorisches<br />

Sprachzentrum“ bezeichnete.<br />

Patienten mit Läsionen im Broca-<br />

Areal machen, das wissen wir heute,<br />

nicht nur Grammatikfehler beim Sprechen,<br />

sondern auch ihr Verständnis leidet,<br />

wenn die thematischen Rollen (wer<br />

tut was wem) ausschließlich grammati-<br />

kalisch zugewiesen werden können, wie<br />

zum Beispiel in dem Satz: „Den Mann<br />

fotografiert die Frau“. Patienten mit<br />

Verletzungen im Wernicke-Areal, die<br />

primäre Defizite beim Sprachverstehen<br />

zeigen, sind auch auffallend in der Produktion,<br />

da die von ihnen produzierten<br />

Sätze keinen Sinn zu machen scheinen.<br />

Die Teile ihrer Sätze passen nicht zusammen.<br />

Aufgrund solcher Studien, die<br />

an vielen Laboren der Welt durchgeführt<br />

wurden, kam man zu einer neuen<br />

Aufteilung der Sprachregionen im Gehirn:<br />

Das Broca-Areal galt nun als Sitz<br />

der Grammatik und das Wernicke-<br />

Areal als der Ort, wo das Lexikon, also<br />

die Bedeutung der Wörter, liegt.<br />

Sprachverstehen umfasst beides:<br />

Wir müssen sowohl die Grammatik als<br />

auch die Inhalte der einzelnen Wörter<br />

verarbeiten. Es ist ein großer Unterschied,<br />

ob es heißt: „Der Mann bringt<br />

die Frau um“ oder „Den Mann bringt<br />

die Frau um“. Darüber hinaus ist auch<br />

die Prosodie, die Satzmelodie, ganz<br />

wichtig: „Der Mann sagt, die Frau kann<br />

nicht Auto fahren“. Wenn ich nur das<br />

Komma an eine andere Stelle setze, ändert<br />

sich die Satzmelodie und damit die<br />

gesamte Bedeutung: „Der Mann, sagt<br />

die Frau, kann nicht Auto fahren“.<br />

Welche Prozesse laufen im<br />

Gehirn ab und in welcher<br />

Reihenfolge?<br />

Ende des vergangenen Jahrhunderts ergab<br />

sich mit neuen Messmethoden die<br />

Möglichkeit, das Verhältnis von Sprache<br />

und Gehirn am gesunden Menschen zu<br />

untersuchen, und zwar sowohl was den<br />

Ort im Gehirn betrifft, an dem die Prozesse<br />

stattfinden, als auch was deren zeitlichen<br />

Verlauf angeht. Bezüglich des Zeitverlaufs<br />

der einzelnen Verarbeitungsschritte<br />

beim Verstehen gesprochener<br />

Sätze gilt Folgendes: Zunächst muss auf


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> SPRACHE UND WISSENSCHAFT 399<br />

einer akustisch-phonetischen Ebene das<br />

eigentliche Hören und die Analyse der<br />

Sprachlaute stattfinden. Dann verarbeiten<br />

wir als Erstes die syntaktische Struktur,<br />

das heißt wir segmentieren den Sprachinput<br />

in syntaktische Einheiten (Phrasen).<br />

Diese Erkenntnis widerstrebt uns,<br />

denn rein intuitiv haben wir den Eindruck,<br />

unser Gehirn analysiert zunächst<br />

die Bedeutung von Wörtern und nicht ihren<br />

strukturellen Zusammenhang. Dennoch<br />

ist es so. Wenn das Gehirn zum Beispiel<br />

ein Wort verarbeitet wie „weil“,<br />

dann weiß es, dass es sich um den Anfang<br />

eines Nebensatzes handeln muss, bei<br />

dem das Verb am Ende steht. Erst in einem<br />

nächsten Schritt prüft das Gehirn<br />

dann, ob die inhaltliche Verknüpfung<br />

stimmt: Passt das Verb zum Nomen? Es<br />

analysiert parallel auch die grammatischen<br />

Relationen: Ist das Nomen der<br />

Agent der Handlung oder jemand, dem<br />

etwas passiert? In einer letzten Phase<br />

müssen die Bedeutung und die syntaktischen<br />

Informationen integriert werden,<br />

um den Verstehensprozess abschließen<br />

zu können. Diese Prozesse sind alle in<br />

der linken Hirnhälfte verankert.<br />

In der rechten Hirnhälfte wird die<br />

Satzmelodie, das heißt die Prosodie verarbeitet<br />

– diese betrifft sowohl das Betonen<br />

einzelner wichtiger Wörter im Satz<br />

als auch die akustische Abgrenzung von<br />

einzelnen Phrasen im Satz, analog der<br />

Kommas in der Schriftsprache. Und<br />

schließlich müssen all diese Informationen<br />

aus beiden Hemisphären zusammenkommen,<br />

um das akustische<br />

Sprachverstehen sicherzustellen.<br />

Da diese Prozesse an verschiedenen<br />

Stellen im Gehirn und darüber hinaus<br />

in Millisekunden ablaufen, braucht man<br />

sehr präzise Messmethoden. Um zu<br />

prüfen, welche Hirnregionen involviert<br />

sind, eignet sich die funktionelle Magnetresonanztomographie<br />

(fMRT). Für<br />

die Erfassung des zeitlichen Ablaufs der<br />

einzelnen Prozesse und deren Zusammenspiel<br />

eignet sich die Methode der<br />

ereigniskorrelierten Hirnpotentiale, wie<br />

sie mit der Elektroenzephalographie<br />

(EEG) gemessen werden kann.<br />

Um zu untersuchen, wo Bedeutung<br />

und Syntax im Hirn verarbeitet werden,<br />

präsentieren wir den Versuchspersonen<br />

richtige Sätze, aber auch solche, die semantisch<br />

„entstellt“ wurden. Dann hören<br />

sie nicht „Der König wurde ermordet“,<br />

sondern „Der Honig wurde ermordet“.<br />

Man kann die Beispiele auch<br />

grammatikalisch entstellen: „Der Graf<br />

wurde im ermordet“ – nach der Präposition<br />

„im“ fehlt ein Nomen. Dabei sehen<br />

wir uns im fMRT und im EEG an,<br />

wie das Gehirn auf die Fehler reagiert.<br />

Das Broca-Areal als Grammatikzentrum<br />

wird bei diesen kleinen grammati-<br />

Abb. 2: Das Corpus Callosum verbindet als Brücke die beiden Hemisphären: Die Linke, in der<br />

Wörter und Grammatik verarbeitet werden, mit der Rechten, wo unter anderem die Satzmelodie<br />

(Prosodie) verortet ist.<br />

Abb. 1: Sprachverarbeitung ist ein komplexer Vorgang, der von mehreren Zentren im Gehirn<br />

gesteuert wird. Siehe Text. Quelle: bearbeitet nach Brodmann, 1909<br />

schen Fehlern selbst nicht aktiv, wohl<br />

aber eine Region, das frontale Operculum,<br />

zusammen mit dem anterioren Anteil<br />

des oberen Temporallappens. Was<br />

die semantischen Netzwerke angeht, so<br />

können wir auf der Basis vieler Studien<br />

sagen, dass dazu Areale im oberen Temporallappen,<br />

vor allem der mittlere Teil,<br />

gehören, aber auch das Brodmann-Areal<br />

45 im inferioren Frontalgyrus. Im posterioren<br />

Anteil des Temporallappens finden<br />

wir eine Region, die sowohl für die<br />

Semantik als auch für die Syntax zuständig<br />

zu sein scheint. Das könnte also ein<br />

Gebiet sein, in dem diese beiden Informationen<br />

integriert werden.<br />

Die zeitlichen Messungen belegen<br />

den Ablauf der Sprachverarbeitungssprosse.<br />

Zuerst wird der syntaktische<br />

Aufbau analysiert, nach 120 Millisekunden,<br />

erst nach 400 Millisekunden beschäftigt<br />

sich das Gehirn mit der Semantik,<br />

den Inhalten. Nach 600 Millisekunden<br />

finden wir eine weitere Funktion,<br />

welche die Integration der beiden Schritte<br />

anzeigt. Diese Aktivität ist über die<br />

posterioren Anteile des Gehirns verteilt.<br />

Für was ist dann das Broca-Areal<br />

zuständig? Wir wissen, dass Patienten<br />

mit Verletzungen in diesem Bereich besondere<br />

Schwierigkeiten mit komplexen<br />

grammatikalischen Sätzen haben.<br />

Daraus könnte man schließen, dass diese<br />

Region zuständig ist für die Verarbeitung<br />

von syntaktisch nicht ganz einfachen<br />

Sätzen.<br />

Die Messungen im fMRT zeigten,<br />

dass die Aktivität des Broca-Areals sich<br />

systematisch mit der Komplexität der<br />

Satzkonstruktion erhöht. Die Broca-<br />

Region ist also der Ort, an dem komplexe<br />

Sätze verarbeitet werden.


400 SPRACHE UND WISSENSCHAFT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Über Deutsch als<br />

Wissenschaftssprache<br />

Kaum noch ein Prozent Weltanteil in den Naturwissenschaften<br />

| ULRICH A MMON | Die Rolle der deutschen Sprache<br />

in der weltweiten Wissenschaft ist immer wieder Gegenstand intensiver Debatten.<br />

Dabei wird oft ihre dominierende Stellung zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

extrem hervorgehoben und ihr Niedergang beklagt. Ist noch etwas zu retten<br />

oder muss man die Weltgeltung des Englischen akzeptieren?<br />

Der frühere Bundeskulturminister<br />

Nida-Rümelin soll einmal<br />

bei einer Podiumsdiskussion<br />

gesagt haben, Deutsch als Wissenschaftssprache<br />

sei „tot“. Offenbar hatte<br />

er damit aber vor allem die internationale<br />

Stellung von Deutsch gemeint. Tatsächlich<br />

drängt sich dieser Eindruck auf<br />

im Vergleich zu früheren, „vitalen“ Zeiten,<br />

in denen Deutsch speziell in der<br />

Wissenschaft Weltsprache war, neben<br />

Englisch und Französisch. Seine weit<br />

über das deutsche Sprachgebiet hinausreichende<br />

Bedeutung ist vielfach belegt.<br />

So mussten, um nur wenige Beispiele zu<br />

nennen, in den 1930er Jahren US-Chemiker<br />

generell Lesefähigkeit in Deutsch<br />

nachweisen. In Skandinavien, den Niederlanden<br />

und osteuropäischen Ländern<br />

war Deutsch zudem wichtige wissenschaftliche<br />

Publikationssprache. In<br />

Portugal waren Deutschkenntnisse für<br />

Juristen obligatorisch. Aber ebenso in<br />

Japan, wo dies außerdem für Mediziner<br />

galt und die Ärzte sogar ihre Krankenkarteien<br />

in deutscher Sprache führten.<br />

Diese Vergangenheit gehört zu unserem<br />

Thema, weil man ohne sie die Aufregung<br />

hierzulande über die heutige Lage,<br />

die Bemühungen um Rettung und die<br />

Hoffnung, dass noch etwas zu retten sei,<br />

nicht versteht und zudem übersieht,<br />

AUTOR<br />

Ulrich Ammon ist emeritierter<br />

Professor der germanistischen<br />

Linguistik mit dem Schwerpunkt<br />

Soziolinguistik an der Universität<br />

Duisburg-Essen.<br />

dass der Nimbus aus einstiger Zeit stellenweise<br />

fortlebt und unter anderem<br />

zum Deutschlernen motiviert.<br />

Stationen des Niedergangs<br />

Nur kurz seien auch die markantesten<br />

Stationen und Hintergründe des Niedergangs<br />

angedeutet. Dieser setzte<br />

schon, noch kaum spürbar, in den Jahren<br />

vor dem Ersten Weltkrieg ein, wurde<br />

dann aber beschleunigt durch den<br />

Krieg und seine Folgen: den wirtschaftlichen<br />

Ruin und den Boykott der Siegermächte<br />

gegen Deutsch als Arbeitsund<br />

Konferenzsprache internationaler<br />

»Der Niedergang des Deutschen<br />

als Wissenschaftssprache begann<br />

bereits vor dem Ersten Weltkrieg.«<br />

Wissenschaftsorganisationen. Es folgten<br />

die Vertreibung und Ermordung unzähliger,<br />

nicht nur jüdischer Wissenschaftler<br />

in der Nazi-Zeit, der erneute Ruin<br />

im Zweiten Weltkrieg und der anschließende,<br />

teilweise bis heute anhaltende<br />

Braindrain. Dabei war der Verlust an<br />

wissenschaftlicher Substanz und als<br />

Folge davon der Rückzug aus der Sprache<br />

besonders eklatant im Vergleich zur<br />

anglophonen Welt. Deren Führungsmacht,<br />

die USA, überflügelten Deutschland<br />

wirtschaftlich schon vor dem I.<br />

Weltkrieg und ließen es danach weit<br />

hinter sich. Sie förderten nachhaltig<br />

auch die Wissenschaften und verliehen<br />

damit Englisch als Wissenschaftssprache<br />

international Auftrieb. Weniger be-<br />

achtete, aber wichtige Faktoren, neben<br />

der Entwicklung der Universitäten, waren<br />

dabei der schon nach dem Ersten<br />

Weltkrieg beginnende Aufbau periodischer<br />

Bibliographien und im Weiteren<br />

dann Datenbanken, Zitatenindexe und<br />

Zeitschriften sowie später, in den<br />

1960er Jahren, die Abschaffung der „foreign<br />

language requirements“ an den<br />

Hochschulen. Diese Maßnahmen<br />

zwangen anderssprachige Wissenschaftler<br />

zur Hinwendung zum Englischen,<br />

wenn sie an der Spitzenforschung teilhaben<br />

wollten, deren Ruhm ihre Wirklichkeit<br />

womöglich noch übertraf.<br />

Anteil an Publikationen weltweit<br />

Ein grober, aber brauchbarer Indikator<br />

für die Entwicklung der internationalen<br />

Stellung der Wissenschaftssprachen ist<br />

ihr Anteil an der weltwei-<br />

ten Gesamtzahl wissenschaftlicherPublikationen.<br />

Unterschiedliche Berechnungen<br />

konvergieren<br />

weitgehend im Ergebnis.<br />

Das Bild, das sie liefern,<br />

wird von anderen Indikatoren bestätigt,<br />

z.B. der Häufigkeit, mit der wissenschaftliche<br />

Texte verschiedener Sprachen<br />

zitiert werden.<br />

Für die Naturwissenschaften erlauben<br />

die Quellen einen recht tiefen historischen<br />

Rückblick (Abb. 1). Wie man<br />

sieht, war Deutsch bis ins erste Viertel<br />

des 20. Jhs. ungefähr gleichrangig mit<br />

Englisch, wobei die Zahlen um den Ersten<br />

Weltkrieg zugunsten von Deutsch<br />

verzerrt sein können. Auch Französisch<br />

hatte einen ähnlichen Rang. Beide<br />

Sprachen, Deutsch und Französisch,<br />

verlieren dann kontinuierlich an Boden.<br />

Im Gegenzug steigt der Anteil von Englisch<br />

stetig und liegt heute bei über 90<br />

Prozent. Deutsch und Französisch er-


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> SPRACHE UND WISSENSCHAFT 401<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1880 1890 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1988 1996 2005<br />

reichen dagegen kaum noch ein Prozent<br />

Weltanteil. Allerdings weisen diverse<br />

Untersuchungen nach, dass die neueren<br />

Zahlen den Anteil von Englisch überzeichnen,<br />

bedingt dadurch, dass die Da-<br />

»Die Sozial- und Geisteswissenschaften<br />

neigen weniger<br />

zum Englischen.«<br />

tenbanken, auf die sich die Analysen<br />

stützen, ihren Standort in englischsprachigen<br />

oder zum Englischen hinneigenden<br />

Ländern (wie den Niederlanden)<br />

haben und dass sie die Standortsprache,<br />

neben Publikationen mit hohem Einflussfaktor,<br />

bevorzugen. Jedoch sind die<br />

Datenbanken auch um ausgewogene<br />

Repräsentativität bemüht, um ihr Ansehen<br />

nicht zu gefährden. Jedenfalls<br />

rechtfertigen weder die früheren noch<br />

die heutigen Verzerrungen ernsthafte<br />

Zweifel an der übergreifenden Tendenz.<br />

Nicht-deutschsprachige Wissenschaftler<br />

publizieren heute nur noch<br />

ausnahmsweise auf Deutsch. Dagegen<br />

veröffentlichen deutschsprachige Wissenschaftler<br />

viel auf Englisch, und zwar<br />

vor allem solche Erkenntnisse, die ihnen<br />

bedeutsam erscheinen. Der Hang<br />

zum Englischen ist besonders ausgeprägt<br />

in den Naturwissenschaften, und<br />

zwar mehr noch in den theoretischen<br />

(z.B. Biologie) als in den angewandten<br />

(z.B. Agrarwissenschaft), da letztere<br />

auch Laien ansprechen, deren Englischkenntnisse<br />

zweifelhafter sind.<br />

Deutsch<br />

Englisc h<br />

Französisch<br />

Japanisch<br />

Russisch<br />

Abb. 1: Sprachenanteile an den naturwissenschaftlichen Publikationen weltweit 1880-2005 in<br />

Prozent (Mittelwerte verschiedener Disziplinen aus Datenbanken verschiedener Länder. Analysen<br />

von Tsunoda 1983; Ammon/Abdulkadir Topal/ Vanessa Gawrisch)<br />

In den Sozialwissenschaften ist die<br />

Neigung zum Englischen weniger entwickelt.<br />

Dies liegt nicht zuletzt an den<br />

Themen, die häufiger auf die eigene Gesellschaft<br />

abzielen und weniger universal<br />

sind. Leider lassen sich die<br />

weltweiten Publikationsantei-<br />

le in den Sozialwissenschaften<br />

bislang nur für die Zeit nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg einigermaßen<br />

repräsentativ ermitteln,<br />

da es an früheren bibliographischen<br />

Datenbanken mangelt. Abb. 2<br />

zeigt, dass der Anteil des Deutschen in<br />

100,0<br />

10,0<br />

1,0<br />

1951<br />

4 8,0<br />

1 7,9<br />

8,4<br />

5,9<br />

5, 3<br />

2,1<br />

42 ,8<br />

21 ,9<br />

9, 5<br />

5,3<br />

5,0<br />

4,8<br />

1955<br />

2, 2<br />

1960<br />

37 ,8<br />

20 ,1<br />

7,7<br />

7,4<br />

6, 0<br />

4,4<br />

4,1<br />

46,4<br />

15,7<br />

8,1<br />

7,4<br />

5,6<br />

1,4<br />

1965<br />

4,6<br />

1970<br />

48,9<br />

17,0<br />

10,1<br />

6, 8<br />

5,1<br />

3,6<br />

1975<br />

5 2,3<br />

1 8,3<br />

7,6<br />

7,5<br />

3,7<br />

2,6<br />

den Sozialwissenschaften weniger dramatisch<br />

schrumpft und mit rund sieben<br />

Prozent, ähnlich dem Anteil des Französischen,<br />

noch heute beachtlich ist,<br />

wenngleich Englisch auch hier schon<br />

stark vorherrscht.<br />

Die Geisteswissenschaften sind<br />

noch weniger anglophon als die Sozialwissenschaften.<br />

Mehr als durch die Themen<br />

ist dies, wie teilweise schon bei den<br />

Sozialwissenschaften, bedingt durch die<br />

Verflechtung der Wissenschaftssprache<br />

mit der Gemeinsprache, was die eindeutige<br />

Übersetzung und die Umsetzung<br />

stilistischer Ansprüche in eine<br />

Fremdsprache erschwert. Allerdings<br />

darf bezweifelt werden, dass geisteswissenschaftliche<br />

Erkenntnisse an die Einzelsprachen,<br />

also z.B. das Deutsche, gebunden<br />

sind. Diese Auffassung wird<br />

zwar häufig vertreten, jedoch ist das<br />

Gegenargument besser fundiert, dass<br />

Formulierungen, die sich nicht einmal<br />

in terminologisch reiche („ausgebaute“)<br />

andere Sprachen wie z.B. Englisch<br />

übersetzen lassen (notfalls durch Import<br />

weiterer Termini und deren Erläuterung),<br />

unter gedanklicher Unklarheit<br />

leiden. Vor allem in den Geisteswissenschaften<br />

besteht die Gefahr der Provinzialisierung<br />

oder der dauerhaften<br />

Sprachnachteile nicht-anglophoner<br />

Wissenschaftler, die wohl kaum durch<br />

die gerne beschworenen kognitiven<br />

Vorteile der Mehrsprachigkeit aufgewogen<br />

werden.<br />

Ermittlungen von Sprachenanteilen<br />

sind in den Geisteswissenschaften mangels<br />

weltweit repräsentativer bibliogra-<br />

1980<br />

57 ,1<br />

13 ,7<br />

8,5<br />

5,8<br />

5,2<br />

3,1<br />

1985<br />

52 ,1<br />

16 ,1<br />

7, 8<br />

5,5<br />

4, 2<br />

3, 2<br />

1990<br />

70 ,2<br />

8, 8<br />

5, 9<br />

3,5<br />

3,3<br />

2,6<br />

1995<br />

75,4<br />

7,7<br />

7,1<br />

2,4<br />

1,9<br />

1,4<br />

2000<br />

77, 2<br />

6, 9<br />

6,2<br />

76 ,0<br />

Englisch<br />

Deutsch<br />

Französisch<br />

Spanisch<br />

Russisch<br />

Italienisch<br />

Japanisch<br />

7, 2<br />

6,9<br />

2,1 2,0<br />

Abb. 2: Sprachenanteile an den sozialwissenschaftlichen Publikationen weltweit 1951-2005 in<br />

Prozent (Ordinate zur besseren Übersichtlichkeit logarithmiert. Aufgrund International Bibliography<br />

of the Social Sciences (IBSS). Analysen von Ammon/ Vanessa Gawrisch)<br />

2,0<br />

1,4<br />

2005<br />

1, 9<br />

1,2


402 SPRACHE UND WISSENSCHAFT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

phischer Datenbanken schwierig. Es<br />

soll hier jedoch Nischenfächer geben, in<br />

denen Deutsch noch eine bedeutende<br />

internationale Rolle spielt. Allerdings<br />

fehlen dazu einschlägige <strong>Forschung</strong>en.<br />

Neben Anekdotischem existieren nur<br />

zweifelhafte Indizien wie die Anteile<br />

deutschsprachiger Titel an Empfehlungen<br />

für die Grundausstattung amerikanischer<br />

Hochschulbibliotheken (eigene<br />

Erhebung) oder Schätzungen aufgrund<br />

der aus Deutschland exportierten Fachliteratur<br />

(dankenswerte Mitteilung des<br />

Exportverlags Harrassowitz für 2008).<br />

Diese Befunde kongruieren zu folgender<br />

Rangordnung der (sich teilweise<br />

überlappenden) Fächer, in denen<br />

Deutsch noch mehr oder weniger bedeutsame<br />

internationale Wissenschaftssprache<br />

ist (1 = höchster Rang):<br />

1. Deutsche Sprache und Literatur;<br />

2. Archäologie, Klassische Altertumswissenschaft,<br />

Kunstgeschichte,<br />

Musikwissenschaft, Philosophie, Religionsgeschichte,<br />

Theologie;<br />

3. Ägyptologie, Indogermanistik, Judaistik,<br />

Orientalistik, Slawistik.<br />

Die Bedeutung in der Wissenschaftsgeschichte<br />

Nicht übersehen werden sollte auch die<br />

Bedeutung von Deutschkenntnissen für<br />

die Wissenschaftsgeschichte. In vielen<br />

Fächern wurden bahnbrechende, sogar<br />

paradigmenbildende Texte ursprünglich<br />

auf Deutsch verfasst. Man denke nur an<br />

Namen wie Kant, Marx, Freud, Max<br />

Weber oder Einstein. Im Original kann<br />

man sie nur auf Deutsch lesen, was wiederum<br />

in den Geisteswissenschaften für<br />

dringlicher gehalten wird als in den Naturwissenschaften.<br />

Auf die große Tradition<br />

ist es zurückzuführen, dass<br />

Deutsch noch immer dem wissenschaftlichen<br />

Nachwuchs zum Lernen empfohlen<br />

wird. Jedenfalls nannten in den<br />

1990er Jahren folgende Anteile nichtdeutschsprachiger<br />

Wissenschaftler<br />

Kenntnisse folgender Fremdsprachen<br />

für ihr Fach als wichtig: Englisch 83<br />

Prozent, Deutsch 44 Prozent, Französisch<br />

23 Prozent (Mehrfachnennungen<br />

möglich; eigene Befragung von Chemikern,<br />

Wirtschaftswissenschaftlern und<br />

Historikern in Frankreich, Japan, Niederlande,<br />

Polen, Russland, Ungarn und<br />

USA).<br />

Die Zukunft<br />

Für die Zukunft von Deutsch als internationale<br />

Wissenschaftssprache kann<br />

die um sich greifende Einführung englischsprachiger<br />

Studiengänge an deutschen<br />

Hochschulen folgenreich sein.<br />

Sie begann im Wintersemester 1997/98<br />

»Studierende aus dem Ausland<br />

möchten oft von sich aus Deutsch<br />

lernen.«<br />

unter Anleitung und mit finanzieller<br />

Unterstützung des DAAD. Diese „internationalen<br />

Studiengänge“, die es übrigens<br />

in vielen Ländern und sogar in<br />

Frankreich gibt, sollen ausländischen<br />

Studierenden und Wissenschaftlern den<br />

Zugang zu deutschen Hochschulen erleichtern<br />

und Deutsche für die Globalisierung<br />

ertüchtigen. Sie versprechen<br />

nachhaltige Fortschritte für die internationale<br />

Kooperation und die Entwicklung<br />

der Wissenschaften. Daneben treten<br />

für Wissenschaftler andere Interessen<br />

leicht in den Hintergrund. In diesem<br />

Fall sind es sprachliche, die neben<br />

den rein wissenschaftlichen ebenfalls<br />

Beachtung verdienen. Derzeit lernen<br />

weltweit noch ca. 14,5 Mio. ‚Ausländer’<br />

(außerhalb des deutschen Sprachgebiets<br />

lebende Personen) Deutsch als Fremdsprache.<br />

Sie sind wichtige Freunde unseres<br />

Landes und Vermittler von Außenkontakten<br />

in Wirtschaft, Wissenschaft,<br />

Politik und Kultur. Zu den<br />

hauptsächlichen Motiven für das<br />

Deutschlernen zählt ein späteres Studium<br />

in Deutschland. Diese Motivation<br />

schwindet aber, wenn in Deutschland<br />

ganz in englischer Sprache studiert werden<br />

kann. Daher gefährden Studiengänge,<br />

die auf Deutschkenntnisse gänzlich<br />

verzichten, das Deutschlernen und<br />

sind ein Albtraum für die Abteilungen<br />

von Deutsch als Fremdsprache im Ausland.<br />

Diese Einsicht spricht auch aus<br />

dem kürzlichen „Memorandum zur<br />

Förderung des Deutschen als Wissenschaftssprache“<br />

des DAAD<br />

(www.daad.de). Dagegen sind Studiengänge,<br />

die zwar den Einstieg auf Englisch<br />

ermöglichen, aber im weiteren<br />

Verlauf Deutschkenntnisse<br />

verlangen, weniger problematisch.<br />

Sie wirken ähnlich<br />

wie geforderte Lateinkenntnisse,<br />

die man zur<br />

Entlastung besser schon<br />

vor dem Studium erwirbt.<br />

Solche Studiengänge könnten der deutschen<br />

Sprache teilweise sogar neue Lerner<br />

zuführen, Spätentschlossene oder<br />

von angelsächsischen Hochschulen Abgewiesene,<br />

die dann im weiteren Verlauf<br />

des auf Englisch begonnenen Studiums<br />

Deutsch lernen. Neuere Untersuchungen<br />

belegen zudem, dass Auslandsstudierende<br />

oft von sich aus Deutsch<br />

lernen möchten, für den hiesigen Alltag<br />

und als Zusatzqualifikation für den späteren<br />

Beruf, aber kein geeignetes Angebot<br />

erhalten. Der Förderung von<br />

Deutsch als – teilweise auch noch internationale<br />

– Wissenschaftssprache wäre<br />

am besten gedient, wenn die internationalen<br />

Studiengänge hinführen würden<br />

zum Besuch auch deutschsprachiger<br />

Lehrveranstaltungen.<br />

Eine Fassung des Artikels mit Literaturhinweisen<br />

kann bei der Redaktion von <strong>Forschung</strong> &<br />

<strong>Lehre</strong> angefordert werden.<br />

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404 SPRACHE UND WISSENSCHAFT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Langeweile ist unverzeihlich<br />

Über das Arbeiten mit und an der Sprache –<br />

Fragen an Martin von Koppenfels<br />

Mit dem Anna-Krüger-Preis wird ein Wissenschaftler ausgezeichnet,<br />

„der ein hervorragendes Werk in einer guten und verständlichen Wissenschaftssprache<br />

geschrieben hat“. Erfrischende Einsichten in die Kunst des<br />

wissenschaftlichen Schreibens vom Preisträger des Jahres 2009, Martin von<br />

Koppenfels.<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong>: Was bedeutet Ihnen<br />

das Arbeiten mit und an der Sprache?<br />

Martin von Koppenfels: Viel Mühe. Immer<br />

und immer wieder neu ansetzen.<br />

Dieser oft qualvolle, selten unmittelbar<br />

befriedigende Schreibprozess – das ist<br />

Arbeit an der Sprache.<br />

Wobei sehr die Frage ist,<br />

wer hier an wem arbeitet.<br />

Unsere Sprache ist eben<br />

kein Gegenstand, der vor<br />

uns liegt, und an dem wir<br />

herumklopfen können.<br />

Die Quälerei des Schreibens bildet einen<br />

Schutz gegen die Entstehung von<br />

Automatismen. Wenn es zu leicht geht,<br />

produziert man meist nur noch Routine.<br />

Martin von Koppenfels ist Professor für<br />

Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft<br />

mit romanistischem Schwerpunkt<br />

an der Universität Bielefeld. Er erhielt<br />

2009 den Anna-Krüger-Preis des Wissenschaftskollegs<br />

zu Berlin.<br />

In dieser Hinsicht sind Wissenschaftler<br />

viel gefährdeter als freie Autoren: Institute,<br />

Tagungen, Sammelbände, Drittmittelanträge,<br />

Theoriekommissionen – das<br />

sind alles Brutstätten intellektueller<br />

Routine. Wenn Sie nicht aufpassen, finden<br />

Sie sich in der Lebensmitte (sagen<br />

wir: nach der Habilitation) mit einer gut<br />

»Die Quälerei des Schreibens<br />

bildet einen Schutz gegen die<br />

Entstehung von Automatismen.«<br />

geölten, aber starren Denk- und<br />

Schreibmaschine vor, durch die Sie<br />

„geistige Inhalte“ nur noch hindurchschnurren<br />

lassen. Dabei entsteht dann<br />

etwas, das für Geisteswissenschaftler<br />

unverzeihlich ist: Langeweile. Ich bin<br />

nicht der Ansicht, dass Langeweile ein<br />

Kollateralschaden ist, den man, etwa<br />

auf dem Weg zu Seriosität und fachlicher<br />

Autorität, billigend in Kauf zu nehmen<br />

hat.<br />

Der Begriff „Geisteswissenschaft“<br />

impliziert, dass unsere Arbeit sich nicht<br />

in zwei getrennte Phasen aufspalten<br />

lässt: einerseits <strong>Forschung</strong>, andererseits<br />

sprachliche Ausarbeitung („Präsentation“).<br />

Beide Tätigkeiten greifen vielmehr<br />

ständig ineinander. Unsere Gegenstände<br />

liegen nicht stumm auf dem Objektträger,<br />

sie sind selbst kulturelle Hervorbringungen,<br />

die sich vernehmlich zu<br />

Wort melden. Wir sind also im Gespräch,<br />

sowohl mit dem Gegenstand als<br />

auch mit unserem Publikum. Und die<br />

Sprache hat in beiden Fällen das Sagen.<br />

F&L: Warum ist bei wissenschaftlichen<br />

Werken in deutscher Sprache der Nominalstil<br />

so beliebt? Ist das eine deutsche<br />

Eigenart?<br />

Martin von Koppenfels: Die Leichtigkeit,<br />

mit der das Deutsche nominalisiert<br />

(und das heißt oft: abstrahiert), stellt eine<br />

der großen Chancen dieser Sprache<br />

dar – früher hätte man gesagt, ihre philosophische<br />

Veranlagung. Wie alle Geschenke<br />

kann auch dieses missbraucht<br />

werden. Dann wird aus der philosophischen<br />

eine bürokratische Begabung.<br />

Das ist dann aber nicht der Sprache anzulasten,<br />

sondern ihren Benutzern, in<br />

diesem Fall der fatalen Neigung der<br />

Deutschen zur Verrechtlichung aller<br />

Verhältnisse. Zwischen Theorie und<br />

Verwaltungsprosa liegt manchmal nur<br />

ein schmaler Grat. Einer der schamlosesten<br />

Nominalisierer der deutschen Literaturgeschichte<br />

ist übrigens Rilke („O<br />

reine Übersteigung … doch selbst in der<br />

Verschweigung…“). Aber würden Sie<br />

ihm diese Ungetüme herausredigieren?<br />

F&L: Wann ist für Sie ein wissenschaftlicher<br />

Text „rund“?<br />

Martin von Koppenfels: Wenn er mich<br />

langweilt. Die Aufmerksamkeit wird<br />

auch bei der Lektüre wissenschaftlicher<br />

Texte eher von den Ecken und Pointen<br />

angezogen. Die Wissenschaftssprache<br />

hat viele ästhetische Facetten. Wenn<br />

Mathematiker von der „Schönheit“<br />

oder „Eleganz“ einer Beweisführung<br />

sprechen, dann beziehen sie sich damit<br />

auf eine dieser Facetten: die Rhetorik<br />

der Schlichtheit, die Ökonomie der Mittel.<br />

Es gibt aber noch ganz andere Register,<br />

zum Beispiel Pointe, Verdichtung,<br />

Paradox. In der Rhetorik geisteswissenschaftlicher<br />

Texte sollten sie die<br />

tragende Rolle spielen.


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> SPRACHE UND WISSENSCHAFT 405<br />

F&L: Hat die Spezialisierung Folgen für<br />

die Sprache der Wissenschaft?<br />

Martin von Koppenfels: Nicht nur für<br />

die Sprache der Wissenschaft. „Unterschiedenes<br />

ist gut“ schreibt Hölderlin:<br />

Spezialisierung ist Differenzgewinn.<br />

Dadurch wird die Sprache aller bereichert.<br />

Spezialsprachen können phantastische<br />

Fundgruben sein.<br />

Wenn Ihnen eine Terminologie<br />

völlig fremd ist, oder veraltet,<br />

so dass ihr fester Zugriff<br />

auf die Wirklichkeit sich<br />

schon gelockert hat, dann<br />

können die Begriffe geradezu<br />

poetische Mucken entwickeln. Fragen<br />

Sie Lyriker und literarische Übersetzer,<br />

die oft ein fetischistisches Verhältnis zu<br />

Spezialwörterbüchern unterhalten! Wer<br />

wäre nicht entzückt zu erfahren, dass<br />

Molekularbiologen eine bestimmte Reaktionskette<br />

als „sonic hedgehog pathway“<br />

bezeichnen? Ganz zu schweigen<br />

von den „red dwarves“ und „dirty<br />

snowballs“ der Astrophysiker. Die Welt<br />

der spezialisierten Wissenschaft stellt<br />

uns natürlich vor die Aufgabe, die auseinanderdriftenden<br />

Codes miteinander in<br />

Kontakt zu halten. Dafür wiederum<br />

braucht man Leute, die darauf spezialisiert<br />

sind, nicht spezialisiert zu sein:<br />

Übersetzer, Vermittler – eben Geisteswissenschaftler.<br />

F&L: <strong>Kritik</strong>er beklagen mangelnde<br />

sprachliche Fähigkeiten vieler Studenten.<br />

Teilen Sie diese <strong>Kritik</strong>?<br />

»Sie müssen Identifikationen<br />

mit Texten durchgemacht<br />

haben wie Kinderkrankheiten.«<br />

Martin von Koppenfels: Das klingt, als<br />

würden Sie sagen: „<strong>Kritik</strong>er bemängeln<br />

das zunehmende Abschmelzen der Polkappen.“<br />

‚<strong>Kritik</strong>‘ ist vielleicht nicht die<br />

richtige Reaktion auf Verschiebungen dieses<br />

Ausmaßes. Was nicht heißt, dass man<br />

sich mit ihnen abfinden sollte. Es war ein<br />

erklärtes Ziel der deutschen Studienreform,<br />

deutlich mehr Absolventen pro<br />

Jahrgang mit einem Hochschulabschluss<br />

zu versorgen. Niemand, der auch nur<br />

halbwegs ehrlich ist, wird behaupten, dass<br />

man ein solches Ziel ohne Absenkung des<br />

Niveaus erreichen kann. Diese Absen-<br />

kung betrifft natürlich auch das sprachliche<br />

Vermögen – und vielleicht ganz besonders<br />

dieses. Dazu kommt, dass die<br />

Studienreform – was oft verschwiegen<br />

wird – auch auf eine Krise des Abiturs<br />

reagiert. Die Hochschulreife garantiert<br />

nicht mehr, dass die Studienanfänger<br />

wirklich über jene Fähigkeiten des Lesens<br />

und Schreibens im intensiven Sinn verfügen,<br />

die wir Geisteswissenschaftler gerne<br />

bei ihnen sehen würden. Dies wiederum<br />

hat wohl nur zum Teil mit der Überforderung<br />

der Schulen zu tun. Hier sind gesellschaftliche<br />

Verschiebungen im Spiel,<br />

durch die das Verhältnis des Einzelnen<br />

zum Buchstaben in einem grundsätzlichen<br />

Sinn verändert worden ist. Um Ihre<br />

sprachlichen Fähigkeiten zu entfalten,<br />

müssen Sie vor allem viel und gut gelesen<br />

haben. Sie müssen Identifikationen mit<br />

Texten durchgemacht haben wie Kinderkrankheiten.<br />

Es schadet auch nicht, wenn<br />

Sie wie Don Quijote auf ihnen herumgeritten<br />

sind. Nur dabei kann die Leidenschaft<br />

für sprachlichen Ausdruck, das Gefühl<br />

für das Eigengewicht der Worte entstehen.<br />

Man wird nicht behaupten wollen,<br />

dass diese „learning outcomes“ in unserem<br />

Bildungssystem einen besonders<br />

hohen Stellenwert einnehmen.<br />

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406 WISSENSCHAFTSKULTUR <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Wissenschaftskultur<br />

Zur Vernunft wissenschaftlicher Institutionen<br />

| JÜRGEN M ITTELSTRASS | Auch in der Gegenwart<br />

wird Wissenschaft und Technik als der Kultur fremd, ja oft feindlich betrachtet.<br />

Versucht man, den Antagonismus aufzulösen, müssen alle voneinander lernen:<br />

Die Kultur von der Wissenschaft, die Wirtschaft von der Technik. Ein Entwurf für<br />

eine Einheit der Systeme.<br />

Wo Wissenschaft und Technik<br />

sind, so ein verbreitetes<br />

Vorurteil, schweigt die<br />

Kultur, und wo Kultur ist, schweigen<br />

Wissenschaft und Technik. Den Hintergrund<br />

bildet eine Kultur- und Geistesgeschichte,<br />

die vornehmlich das Künstlerische<br />

und Literarische und alles ihnen<br />

Benachbarte liebt und sich in einer<br />

Zwei-Kulturen-Vorstellung, die eigentlich<br />

gegen alles Kulturelle erfunden<br />

wurde, noch heute geborgen fühlt, ferner<br />

eine Auffassung von Wissenschaft<br />

und Technik, nach der diesen vermeintlich<br />

schon in der Wiege alles Geistige,<br />

und somit auch alles Kulturelle, ausgetrieben<br />

wurde.<br />

Diese Vorstellung ist falsch, und sie<br />

war immer schon falsch. Kultur – das ist<br />

eben nicht nur Abendland, Hellas, deutsche<br />

Klassik, sondern auch Himmel<br />

und Erde noch einmal geschaffen, Verwandlung<br />

der Welt in die Welt des Menschen.<br />

Dazu gehören auch Wissenschaft<br />

und Technik. Weder lässt sich das Kulturelle<br />

gegenüber dem Wissenschaftlichen<br />

und dem Technischen isolieren,<br />

noch umgekehrt das Wissenschaftliche<br />

und das Technische gegenüber dem<br />

Kulturellen. Neben homo sapiens<br />

wohnten immer schon homo investigans<br />

und homo faber, neben dem kontemplativen<br />

Verstand immer schon der<br />

forschende und der konstruierende Verstand.<br />

Ihrem Zusammengehen verdankt<br />

sich die moderne Welt. Eine solche Welt<br />

nenne ich die Leonardo-Welt, nach<br />

Leonardo da Vinci, dem großen Renaissancewissenschaftler,<br />

Ingenieur und<br />

Künstler, in dessen Werk nicht nur die<br />

moderne Welt, eine Welt des wissenschaftlichen<br />

und des technischen Verstandes,<br />

erwacht, sondern auch die Einheit<br />

alles Wissenschaftlichen, Technischen<br />

und Kulturellen auf eine großartige<br />

Weise zum Ausdruck kommt.<br />

Die Leonardo-Welt ist eine artifizielle<br />

Welt – sie wird erfunden, nicht wie die<br />

Natur entdeckt. Das bedeutet aber auch,<br />

dass Wissenschaft und Technik, d.h. die<br />

eigentlichen Konstrukteure dieser Welt,<br />

immer tiefer in ihre eigene Welt hineingezogen<br />

werden. Wissenschaft ist nicht<br />

länger ein nur beobachtendes und analysierendes<br />

Tun, zur selbstverliebten Freude<br />

der Vernunft oder des Geistes mit Sitz<br />

in Elfenbeintürmen, sondern ein weltgestaltendes<br />

und weltveränderndes Tun;<br />

das gleiche gilt von der Technik. Dabei<br />

bedeutet die Verwissenschaftlichung der<br />

Welt auch die Verweltlichung der Wissenschaft,<br />

womit sich auch die Zuständigkeiten<br />

und die Erwartungen an Wissenschaft<br />

ändern. Pointiert formuliert:<br />

Während es bisher so scheinen mochte,<br />

dass zu erkennen, was die Welt im In-<br />

AUTOR<br />

Professor Jürgen Mittelstraß ist Direktor des Konstanzer Wissenschaftsforums und<br />

des Zentrums Philosophie und Wissenschaftstheorie. Er ist Vorsitzender des Österreichischen<br />

Wissenschaftsrates und Mitglied der Leopoldina.<br />

nersten zusammenhält, die alleinige Aufgabe<br />

der Wissenschaft war, ist es in einer<br />

Leonardo-Welt mehr und mehr die Notwendigkeit,<br />

die Welt (wissenschaftlich<br />

und technisch) zusammenzuhalten. Die<br />

Vorstellung, dass Wissenschaft nützlich<br />

ist bzw. nützlich sein soll, hat nicht nur<br />

politisch, sondern auch wissenschaftstheoretisch<br />

gewaltig an Aktualität gewonnen.<br />

Das gleiche gilt von der Kultur,<br />

die Wissenschaft und Technik schaffen.<br />

Insofern kommt aber auch, wenn wir<br />

über Wissenschaft und ihre Rolle in der<br />

modernen Welt nachdenken, alles auf die<br />

Betonung einer, möglicherweise auch erst<br />

wiederherzustellenden, Einheit alles Wissenschaftlichen,<br />

Technischen und Kulturellen<br />

an. Dabei muss die Wissenschaft<br />

lernen, dass ihr – bei allem berechtigten<br />

Anspruch, zunächst ihre eigenen Erkenntniszwecke<br />

zu verfolgen – nicht in<br />

die Wiege gelegt wurde, anwendungsfern<br />

zu sein. Die Wirtschaft muss in technologischen<br />

Dingen lernen, dass die Wissenschaft<br />

auf ihrer Suche nach dem Neuen<br />

anders tickt als ein Produktionsbetrieb.<br />

Und das, was wir als das Kulturelle bezeichnen,<br />

muss wieder begreifen, dass die<br />

Welt der Wissenschaft und der Wirtschaft<br />

auch seine Welt ist. Nur was Köpfe nicht<br />

mehr zusammenzuhalten vermögen, zerlegt<br />

sich in eigene Welten, in denen sich<br />

dann auch die Köpfe nicht mehr auskennen.<br />

Das hat nichts mit der Sehnsucht<br />

nach einfachen Verhältnissen zu tun.<br />

Einfach sind nur mythische Verhältnisse,<br />

in denen Verstand und Vernunft schlafen.<br />

Oder anders ausgedrückt: Man muss die<br />

Leonardo-Welt wollen und an ihrer Weiterentwicklung<br />

arbeiten, um nicht unter<br />

ihr zu leiden oder wieder in unvernünftige<br />

Verhältnisse zu geraten.<br />

Noch einmal zur Rolle der Wissenschaft<br />

in diesem Zusammenhang. Nirgendwo<br />

ist das Neue, das die Leonardo-<br />

Welt in Gang hält, so nah wie in der


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> WISSENSCHAFTSKULTUR 407<br />

Wissenschaft – in Form neuer Einsichten,<br />

erwarteter oder unerwarteter Entdeckungen,<br />

in Form von Konstruktionen<br />

oder Erfindungen, wenn nämlich<br />

die Wissenschaft, z.B. die Mathematik,<br />

das, was sie entdeckt, selbst noch erfindet.<br />

Wissenschaft ist stets auf das Neue<br />

aus, und sie hat das Neue im Blut. Wo<br />

es fehlt oder auf Dauer ausbleibt, verliert<br />

sich Wissenschaft selbst aus dem<br />

Auge, stirbt Wissenschaft ab. Das bedeutet<br />

nicht, dass das Neue, das die<br />

Wissenschaft in die Welt bringt, stets<br />

auch das Neue ist, das die Gesellschaft<br />

von ihr erwartet. Viele wissenschaftliche<br />

Theorien bleiben unter sich und<br />

sterben – manchmal schneller, manchmal<br />

langsamer – aus, ohne Spuren in<br />

den Lehrbüchern oder gar in der Welt<br />

zu hinterlassen. Viele Experimente bleiben<br />

l’art pour l’art, bewegen Generationen<br />

von Forschern, aber nicht die Welt.<br />

Wissenschaft also als nutzlose Wolkenschieberei?<br />

Was gelegentlich so erscheinen<br />

mag, gehört tatsächlich zum ,Spiel<br />

Wissenschaft’, wie das Karl Popper einmal<br />

genannt hat, macht ihre besondere<br />

Neugierde und ihre besondere Freiheit<br />

aus, ohne die sie nicht zu existieren vermag.<br />

Wäre Wissenschaft – was sich<br />

manche wünschen mögen – nur der<br />

Der Felix-Wankel-Tierschutz-<strong>Forschung</strong>spreis wird durch die Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München in der Regel alle zwei Jahre für hervorragende,<br />

experimentelle und innovative wissenschaftliche Arbeiten verliehen,<br />

deren Ziel bzw. Ergebnis es ist, Tierversuche zu ersetzen oder einzuschränken,<br />

den Tierschutz generell zu fördern, die Gesundheit und<br />

tiergerechte Unterbringung von Versuchs-, Heim- und Nutztieren zu gewährleisten<br />

oder die Grundlagenforschung zur Verbesserung des Tierschutzes<br />

zu unterstützen.<br />

Der Preis ist mit maximal 30 000 EURO dotiert.<br />

Eine Aufteilung des Preises auf mehrere Preisträger ist möglich. Die Verwendung<br />

des Preisgeldes ist nicht mit Auflagen verbunden. Vorschlagsberechtigt<br />

sind Wissenschaftler sowie Mitglieder zum Beispiel von wissenschaftlichen<br />

Institutionen, von Fachgesellschaften und von Behörden sowie<br />

von Wissenschaftsredaktionen. Vorgeschlagen werden können Personen<br />

und Gruppen, die in der <strong>Forschung</strong> im In- oder Ausland tätig sind.<br />

Die Arbeiten sollen neueren Ursprungs sein und eigene <strong>Forschung</strong>sergebnisse<br />

enthalten. Sie müssen im Druck vorliegen. Bereits anderweitig<br />

mit einem Tierschutzpreis ausgezeichnete Arbeiten werden in der Regel<br />

nicht berücksichtigt. Eine Eigenbewerbung ist ausgeschlossen.<br />

verlängerte Arm der Werkbänke, verlöre<br />

sie gerade ihre produktive Kraft, die<br />

allemal darin besteht, das Neue in die<br />

Welt zu bringen, nicht das Gewohnte<br />

oder das Begehrte, selbst ohne Einsichten<br />

und Einfälle, zu fördern. Außerdem<br />

gibt es kein Maß und kein Kriterium,<br />

das in der Wissenschaft, bezogen auf erwartete<br />

Anwendungen, von vornherein<br />

»Die Wissenschaft tickt auf ihrer<br />

Suche nach dem Neuen anders<br />

als ein Produktionsbetrieb.«<br />

zwischen dem Fruchtbaren und dem<br />

Unfruchtbaren unterscheiden ließe.<br />

Mit anderen Worten, <strong>Forschung</strong><br />

geht, wohin sie will, getrieben von ihren<br />

eigenen Fragen und Einfällen, und mit<br />

ihr die Wissenschaft, die stets dort am<br />

fruchtbarsten ist, wo sie ihrer eigenen<br />

Witterung vertraut, die immer wieder<br />

Aufbruch ins Unbekannte, auf der ständigen<br />

Suche nach dem Neuen, bedeutet.<br />

Wer von der Wissenschaft viel erwartet,<br />

auch in Anwendungsdingen, sollte ihr<br />

daher auch auf diesen Wegen folgen<br />

und nicht versuchen, auf kurzfristigen<br />

Vorteil bedacht, sie in die eigenen gesellschaftlichen<br />

Wege zu zwingen.<br />

Ausschreibung für den<br />

Das bedeutet auch, dass Wissenschaft<br />

nicht – und wenn doch, dann nur<br />

in wenigen Bereichen – wirklich planbar<br />

ist. Zwar ist ihr Weg mit <strong>Forschung</strong>sprogrammen,<br />

Projekten und<br />

Entdeckungsstrategien gepflastert, zwar<br />

besteht jede Wissenschaftsförderung auf<br />

konkreten und in ihren Versprechungen<br />

realistischen Arbeitsabläufen, doch<br />

weiß im Grunde jeder, jeder<br />

Wissenschaftler und jeder<br />

Wissenschaftsförderer, dass<br />

sich wissenschaftliche Ergebnisse<br />

nicht erzwingen lassen,<br />

dass Wissenschaft der verqueren<br />

Logik von Fünfjahresplänen<br />

ebensowenig folgt wie eine erfolgreiche<br />

Volkswirtschaft, dass gerade in ihrer<br />

mangelnden Determiniertheit ihre ungeheure<br />

Kraft liegt.<br />

Drei Bedeutungen von Wissenschaft<br />

Der Zusammenhang mit Kultur, der<br />

Kultur einer Leonardo-Welt, stellt sich<br />

hier in folgender Weise, in der Unterscheidung<br />

zwischen drei Bedeutungen<br />

von Wissenschaft, dar. So ist Wissenschaft<br />

erstens eine besondere Form der<br />

Wissensbildung, nämlich die durch besondere<br />

(theoretische und praktische)<br />

Anzeige<br />

FELIX-WANKEL-TIERSCHUTZ-FORSCHUNGSPREIS 2010<br />

Mit dem Vorschlag müssen die Arbeiten in dreifacher Ausfertigung eingereicht<br />

werden. Zusätzlich sind in elektronischer Form (PDF-Datei) auf Diskette<br />

oder CD-ROM Lebenslauf, Schriftenverzeichnis und eine maximal<br />

zweiseitige Kurzfassung in deutscher und/oder englischer Sprache vorzulegen,<br />

die den Stand des Wissens, den <strong>Forschung</strong>sansatz und die Ergebnisse<br />

darstellt. Ein Exemplar der vorgelegten Arbeiten bleibt bei den<br />

Akten des Kuratoriums.<br />

Die Vorschläge mit den Arbeiten müssen bis 30. September 2010 bei der<br />

Geschäftsstelle für den Felix-Wankel-Tierschutz-<strong>Forschung</strong>spreis an der<br />

Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München vorliegen.<br />

Über die Zuerkennung des Preises entscheidet das Kuratorium<br />

des Felix-Wankel-Tierschutz-<strong>Forschung</strong>spreises; sie erfolgt unter Ausschluss<br />

des Rechtsweges.<br />

Informationen zum Felix-Wankel-Tierschutz-<strong>Forschung</strong>spreis auch im Internet<br />

über http://www.felix-wankel-forschungspreis.de<br />

Weitere Auskünfte erteilt die Geschäftsstelle für den Felix-Wankel-Tierschutz-<strong>Forschung</strong>spreis<br />

am Lehrstuhl für Tierschutz, Verhaltenskunde,<br />

Tierhygiene und Tierhaltung, Veterinärwissenschaftliches Department,<br />

LMU München, Schwere-Reiter-Str. 9, 80637 München, Tel.: (089)<br />

159278-0; Fax (089) 1578277, Email: felix.wankel@tierhyg.vetmed.<br />

uni-muenchen.de


408 WISSENSCHAFTSKULTUR <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Normen und Standards bestimmte Wissensbildung.<br />

Diese Normen und Standards<br />

sichern auch das, was wissenschaftliche<br />

Objektivität besagt. Sie ist<br />

zweitens eine Institution, nämlich eine<br />

gesellschaftliche Veranstaltung zur Stabilisierung<br />

der wissenschaftlichen Form<br />

der Wissensbildung. Ihre institutionelle<br />

Form ist es auch, die Wissenschaft in einer<br />

Gesellschaft auf Dauer stellt. Und<br />

Wissenschaft ist drittens eine Idee und<br />

eine Lebensform, die auf (der Suche<br />

nach der) Wahrheit beruht und allein<br />

die immer wieder eingeklagte Autonomie<br />

der Wissenschaft und ihrer Institutionen<br />

begründet. Eben das ist auch mit<br />

der Vernunft wissenschaftlicher Institutionen<br />

gemeint, nicht etwas im Sinne eines<br />

staatsbürgerlichen Bekenntnisses<br />

oder einer Hegelschen Reminiszenz.<br />

Vernunft hat stets etwas mit Wahrheit<br />

und mit begründeter Selbstbestimmung<br />

zu tun, und mit wissenschaftlichen Institutionen<br />

dann, wenn diese in ihren<br />

Zwecken nicht primär von den wechselnden<br />

Bedürfnislagen der Gesellschaft<br />

abhängig sind, sondern diese Zwecke in<br />

der (an Wahrheit orientierten) Wissensbildung<br />

selbst sehen und in dieser Form<br />

verfolgen. Das heißt auch, dass sie in<br />

dieser Weise der Gesellschaft bzw. einer<br />

Leonardo-Welt auf längere Sicht besser<br />

dienen als in einer von vornherein verwertungsorientierten<br />

Weise. Die wahren<br />

Innovationen resultieren allemal<br />

aus Durchbrüchen theoretischer Art,<br />

wenn Wissenschaft das Neue auf ihre<br />

Weise findet, also in der Grundlagenforschung,<br />

nicht aus der kurzatmigen Auftragsforschung,<br />

deren Bedienung auch<br />

die Wissenschaft kurzatmig macht.<br />

Die Rolle der Akademien<br />

Zu den wissenschaftlichen Institutionen,<br />

um deren Vernunft es geht, gehören<br />

auch die Akademien. Diese wurden<br />

ursprünglich gegen die Universitäten<br />

gegründet, in denen sich die Wissenschaft<br />

in Form autoritätsverhafteter<br />

wissenschaftlicher Reproduktionsprozesse<br />

ihrer eigentlichen Kraft beraubt<br />

und in ihrer angeborenen intellektuellen<br />

Neugierde stillgelegt sah, und sie<br />

sollten auch heute wieder, mit Blick auf<br />

eine gebeutelte Universität, mit der der<br />

ökonomische Verstand (Stichwort: unternehmerische<br />

Universität), der politische<br />

Verstand (mit immer neuen Universitätsgesetzen<br />

zu jeder Legislaturperiode,<br />

und das in Deutschland 16 Mal)<br />

und der verwaltende Verstand (dazu<br />

später) sein Spiel treibt, und mit Blick<br />

auf eine außeruniversitäre <strong>Forschung</strong>,<br />

die ihren Respekt gegenüber der Universität<br />

weitgehend verloren zu haben<br />

scheint, Anwälte eines freien, reflektierten<br />

wissenschaftlichen Geistes sein,<br />

wenn es darum geht, die Stimme der<br />

Wissenschaft unverstellt im gesellschaftlichen<br />

Diskurs, darin auch zwischen<br />

Wissenschaft und Politik vermittelnd,<br />

zur Geltung zu bringen. Und dies<br />

ohne jegliche partikularen Interessen,<br />

»Wissenschaft folgt der verqueren<br />

Logik von Fünfjahresplänen<br />

ebensowenig wie erfolgreiche<br />

Volkswirtschaften.«<br />

die auch die Universitäten und die außeruniversitären<strong>Forschung</strong>seinrichtungen<br />

vertreten, wenn es um Geld und<br />

Einfluss geht.<br />

Das muss angesichts der institutionellen<br />

Schwächen und der sich manchmal<br />

aufdrängenden Nähe zu akademischen<br />

Seniorenheimen nahezu paradox<br />

klingen, doch geht es hier um die Idee,<br />

nicht um ihre, häufig verwirrende, Realisierung.<br />

Die Müdigkeit des Geistes, die<br />

wir heute allerorten zu registrieren<br />

glauben, ist in den Akademien keine<br />

Frage erfahrener Bedeutungslosigkeit<br />

oder des Alters, eher schon der Selbstgenügsamkeit<br />

gerade auch der wissenschaftlichen<br />

Institutionen und des mangelnden<br />

Willens, gegen den waltenden<br />

Zeitgeist das Neue und die Vernunft in<br />

die Welt zu bringen.<br />

Der Schlachtruf der Qualitätssicherung<br />

Mag sein, dass das angesichts der modernen<br />

Wissenschaftsentwicklung, die<br />

auf große Zahlen und große Einrichtungen<br />

setzt, wiederum reichlich weltfremd,<br />

eben – dem üblichen Sprachgebrauch<br />

folgend – akademisch klingt.<br />

Doch was hindert uns daran, in Akademieangelegenheiten<br />

alte institutionelle<br />

Gewohnheiten und Loyalitäten einmal<br />

zu vergessen und wieder für die ganze<br />

Wissenschaft zu sprechen? Es ist die<br />

Stimme der Wissenschaft, die heute im<br />

Getöse von Lissabon, Bologna, Pisa<br />

und immer neuen Regelungseinfällen,<br />

die sich selbst zu institutionalisieren suchen,<br />

unterzugehen droht. Am<br />

schmerzlichsten bekommen dies die<br />

Universitäten zu spüren. Unter dem<br />

Schlachtruf der Qualitätssicherung hat<br />

sich hier ein System von Agenturen und<br />

Räten entwickelt, dem heute keine Universität,<br />

aber auch keine andere for-<br />

schende Einrichtung mehr entgehen<br />

kann. Kennt sich Wissenschaft, kennen<br />

sich unsere forschenden und lehrenden<br />

Einrichtungen in Dingen, die sie selbst<br />

betreffen, nicht mehr aus?<br />

Es ist diese Annahme, die nicht nur<br />

irritiert, sondern zunehmend auch<br />

beunruhigt. Da wird, ganz gleich ob es<br />

um <strong>Forschung</strong>, <strong>Lehre</strong> oder Ausbildung<br />

des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />

geht, begutachtet und eva-<br />

luiert auf Teufel komm<br />

raus. Gleichzeitig wird der<br />

„Science Citation Index“<br />

zum akademischen Delphi<br />

– ist nur viel langweiliger –,<br />

der Impact Factor zur magischen<br />

Zahl, mit der Pythagoras,<br />

der oberste aller akademischen<br />

Dunkelmänner, höchst zufrieden<br />

gewesen wäre. Ein erheblicher Teil unserer<br />

akademischen Kapazitäten, häufig<br />

der besten, dürfte bereits jetzt im Evaluierungs-<br />

und Gutachterunwesen gebunden<br />

sein. Schon sieht es so aus, als sei<br />

Qualität nichts, das sich von sich aus<br />

zeigt, das sich durch <strong>Forschung</strong> und<br />

Wissenschaft selbst zum Ausdruck<br />

bringt, sondern allein das Resultat von<br />

auferlegten Prüfungen, Evaluierungen<br />

eben. Nicht die Wissenschaft wächst; es<br />

wachsen ihre Peiniger.<br />

Hier hat sich zweifellos etwas verselbständigt.<br />

Um die so genannte Qualitätssicherung<br />

– als sei das für die Wissenschaft<br />

etwas Neues! – ist ein wissenschaftlicher<br />

Markt entstanden, der eigenen<br />

Gesetzen, ertragreichen häufig, seltener<br />

den tatsächlichen Bedürfnissen<br />

der Wissenschaft folgt. In deren Namen<br />

sei gesagt: Der wissenschaftliche Gott<br />

schütze uns vor den Qualitätsschützern!<br />

Oder anders gesagt: Wir herrschen mit<br />

immer neuen institutionellen Einfällen<br />

über die Wissenschaft, aber wir bewegen<br />

sie nicht mehr. Wieder einmal macht<br />

sich der Irrglaube breit, dass es Strukturen<br />

sind, die wie von selbst Wissen, Qualität<br />

und Innovation erzeugen, dass sich<br />

das Neue organisieren lässt wie ein geistiger<br />

Einkauf und dass die Erlösung von<br />

aller vermeintlicher Unfruchtbarkeit im<br />

Management liegt! Strukturen sollen der<br />

Wissenschaft dienen, sie nicht beherrschen.<br />

Eben dies geschieht, wenn der<br />

wissenschaftliche Verstand seine Selbständigkeit<br />

an den prüfenden und verwaltenden<br />

Verstand verliert.<br />

Dabei geht es nicht, wie manche jetzt<br />

meinen werden, um Humboldt ja oder<br />

nein, sondern allein darum, dass wir der<br />

Wissenschaft und ihren Institutionen<br />

nicht die Luft nehmen, sich nach ihren ei-


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> WISSENSCHAFTSKULTUR 409<br />

genen Maßstäben, ihren eigenen Gesetzen<br />

folgend, zu entwickeln. Wir sind auf<br />

dem besten Wege, eben dies zu tun. Und<br />

das eigentlich Beunruhigende ist, dass die<br />

Wissenschaft hier mitzuspielen scheint,<br />

auch bei einem sich andeutenden Perspektivenwechsel<br />

in der Universität, der<br />

allmählichen Ersetzung der akademischen<br />

Republik durch den Markt. Zunehmend<br />

wird nicht mehr primär von den<br />

begründeten Bedürfnissen der Wissenschaft<br />

(in <strong>Forschung</strong> und <strong>Lehre</strong>) her gedacht,<br />

sondern von Verwertungserwartungen<br />

her. Bleibt der Platz institutioneller<br />

Urteilskraft, wie so oft, leer?<br />

Versperrte Rückkehr<br />

Hier könnten die besonderen Aufgaben<br />

einer Akademie liegen, deren traditionelle<br />

Wege durch die moderne Wissenschaftsentwicklung<br />

ohnehin versperrt<br />

sind. Zu diesen Wegen gehören erstens<br />

die Rückkehr zu einer humanistischen<br />

Bildungsidee, sei es im ursprünglichen<br />

Renaissance- oder im späteren, neuhumanistischen<br />

Sinne, zweitens die Rückkehr<br />

zur Idee der Gelehrtengesellschaft,<br />

in der sich im gegebenen Wissenschaftssystem<br />

die Wissenschaft eher feiern als<br />

in die <strong>Forschung</strong>sgeschäfte mischen<br />

würde, drittens die Rückkehr zur <strong>Forschung</strong>sakademie<br />

im engeren, z.B. Leibnizschen,<br />

Sinne. Gegen die Rückkehr<br />

zur humanistischen Bildungsidee steht<br />

die Wirklichkeit einer Welt, die sich<br />

nicht mehr in vergangenen, sondern nur<br />

noch in ihren eigenen Werken spiegelt;<br />

gegen die Rückkehr zur reinen Gelehrtengesellschaft<br />

die Wirklichkeit einer<br />

,<strong>Forschung</strong>sindustrie’ und die Verwandlung<br />

des Gelehrten in einen merkwürdigen<br />

Außenseiter; gegen die Rückkehr<br />

zur <strong>Forschung</strong>sakademie der Umstand,<br />

dass der wissenschaftliche Alltag unwiderruflich<br />

in anderen Häusern stattfindet.<br />

Anders, wenn es darum geht, der<br />

Urteilskraft in Dingen, die die Wissenschaft<br />

in ihren institutionellen Formen<br />

selbst betreffen, Geltung zu verschaffen<br />

und damit der Okkupation der Wissenschaft<br />

durch den verwaltenden Verstand<br />

Einhalt zu bieten. Urteilskraft verbindet<br />

sich hier mit Formen der Selbstreflexion,<br />

die in den wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen wohl auf eine fachliche<br />

bzw. disziplinäre Weise erfolgt, aber<br />

»Bleibt der Platz der institutionellen<br />

Urteilskraft, wie so oft, leer?«<br />

auch – in förderlicher Distanz zum Alltag<br />

der Wissenschaft – in einem institutionellen<br />

Rahmen, und damit selbst in<br />

institutioneller Weise, wahrgenommen<br />

werden sollte.<br />

Der veränderte <strong>Forschung</strong>sbegriff<br />

Das hat im Übrigen auch damit etwas zu<br />

tun, dass sich der <strong>Forschung</strong>sbegriff<br />

selbst gravierend verändert hat. In seiner<br />

ursprünglichen Form war er eng mit dem<br />

forschenden Subjekt verbunden – Forscher<br />

forschten, nicht Einrichtungen –,<br />

doch ist es eben diese Verbindung zwischen<br />

Forschen und <strong>Forschung</strong>, die sich<br />

zunehmend auflöst. Aus der Gemeinschaft<br />

der Forscher wird die <strong>Forschung</strong>,<br />

aus forschender Wahrheitssuche, die zur<br />

Idee der Wissenschaft gehört, von Anfang<br />

an Teil des Selbstverständnisses des<br />

Wissenschaftlers ist und diesen allererst<br />

zum Forscher macht, ist <strong>Forschung</strong> als<br />

Betrieb geworden, als organisierbarer<br />

und organisierter Prozess, hinter dem<br />

der Wissenschaftler, vermeintlich auswechselbar<br />

wie die Subjekte in der ökonomischen<br />

Welt, selbst verschwindet.<br />

Die moderne Vorliebe für Schwerpunkte,<br />

Zentren, Cluster, Allianzen, Netzwerke<br />

in der <strong>Forschung</strong> ist Ausdruck dieses<br />

Wandels. Sie stärkt die industriellen Formen<br />

der Wissenschaft und schwächt ihre<br />

Selbstreflexionsfähigkeiten, zumal<br />

Wissenschaft in ihren alltäglichen For-<br />

men, in den Worten Peter Graf Kielmanseggs<br />

und bezogen auf die Aufgaben einer<br />

Akademie, ohnehin „ein naives Verhältnis<br />

zu sich selbst hat“. Könnte es<br />

sein, dass daher auch wachsende Probleme<br />

professioneller und ethischer Art<br />

rühren? Wo <strong>Forschung</strong>, wo Wissenschaft<br />

nicht mehr als Idee und Lebensform begriffen<br />

wird, sondern nur<br />

noch als ein Job wie jeder<br />

andere, verschieben<br />

sich auch die lebensformrelevanten<br />

und die<br />

ethischen Gewichte. Das forschende<br />

Subjekt, das seine Bedeutung verloren<br />

hat, verliert sich selbst und seine Verantwortlichkeiten<br />

aus dem Auge.<br />

Selbstreflexion zeichnet sich durch<br />

das richtige Verhältnis zwischen Nähe<br />

und Distanz aus. Das gilt auch in institutionellen<br />

Dingen und macht, wenn sie<br />

gelingt, die Vernunft der Institutionen,<br />

hier der wissenschaftlichen Institutionen,<br />

aus. Und das gilt auch dort, wo<br />

sich die wissenschaftliche Selbstreflexion<br />

mit einer gesellschaftlichen Reflexion<br />

(in Formen der Politik- und Gesellschaftsberatung)<br />

verbindet, einer Verbindung,<br />

in der die moderne Gesellschaft<br />

zu ihrem eigentlichen ,wissenschaftlichen’<br />

Wesen, dem Wesen einer<br />

Leonardo-Welt, findet.<br />

In der Akademie schaut sich die Wissenschaft<br />

selbst an, und in der Akademie<br />

reflektiert die Gesellschaft ihr wissenschaftliches<br />

Wesen. Die Wissenschaft erkennt<br />

sich selbst und die Gesellschaft ihre<br />

Zukunft, die ohne Wissenschaft, die<br />

nach ihren eigenen Regeln lebt und arbeitet,<br />

nicht zu haben ist.<br />

Gekürzte Fassung der Festrede von Jürgen Mittelstraß,<br />

Mitglied der Leopoldina, am 26. Februar<br />

2010 anlässlich der Übergabe des Präsidentenamtes<br />

der Deutschen Akademie der Naturforscher<br />

Leopoldina – Nationale Akademie<br />

der Wissenschaften. Die ausführliche Fassung<br />

kann bei der Redaktion von <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />

angefordert werden.<br />

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410 PRO & CONTRA <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Pro<br />

Ist eine wissenschaftliche <strong>Lehre</strong><br />

ohne eigene <strong>Forschung</strong> möglich?<br />

Grundlegende Postulate,<br />

Bannersprüche<br />

oder Leitsätze müssen plausibel und<br />

realisierbar sein, sonst beschädigen sie<br />

den Autor. Eine Abiturquote von 80<br />

Prozent beispielsweise wäre vielleicht<br />

gut gemeint, aber der Propagandist würde<br />

schwerlich ernst genommen werden.<br />

Eine Grunddoktrin des Hochschulverbandes<br />

ist die Unauflösbarkeit von<br />

<strong>Forschung</strong> und <strong>Lehre</strong>. Deshalb liest<br />

man immer wieder, eine vernünftige<br />

wissenschaftliche <strong>Lehre</strong> ohne eigene<br />

<strong>Forschung</strong> sei wertlos bis unmöglich.<br />

Noch häufiger hört man dergleichen in<br />

Festvorträgen, und dies rätselhafter<br />

Weise, obwohl die These evi-<br />

dent falsch ist. Wer sie gleichwohl<br />

dauernd vorträgt, riskiert,<br />

dass man auch seine<br />

anderen, plausiblen und realistischen<br />

Forderungen nicht<br />

ausreichend ernst nimmt.<br />

Bekanntlich hat <strong>Forschung</strong><br />

primär Schwierigkeiten, bei anderen<br />

Forschern bekannt zu werden,<br />

gibt es doch gelegentlich Publikationen,<br />

die nur von dem zuständigen Zeitschriftenredakteur<br />

gelesen werden. Den<br />

Transfer vom Leser in die <strong>Lehre</strong> verdient<br />

und schafft nur ein minimaler<br />

Promillesatz. Die <strong>Lehre</strong> richtet sich an<br />

junge Menschen, denen in acht bis zehn<br />

zunehmend überfrachteten Semestern<br />

AUTOR<br />

Jürgen Schwabe<br />

ist Professor (em.) für<br />

Öffentliches Recht an der<br />

Universität Hamburg.<br />

ein Grundstock fachlichen Wissens vermittelt<br />

werden soll. Ihnen fehlt nicht<br />

nur die Zeit für einen Blick in die Werkstatt<br />

hoch spezieller und komplexer<br />

<strong>Forschung</strong>, sie haben auch vernünftigerweise<br />

kein Interesse an solch entlegenen<br />

Materien, denn von der optimalen<br />

Beherrschung nur des Elementarstoffs<br />

hängen ihre Prüfungsnote und ihre Berufschancen<br />

ab.<br />

Die ganz wenigen Ergebnisse neuester<br />

<strong>Forschung</strong>, auf die eine zeitgemäße<br />

<strong>Lehre</strong> nicht verzichten kann, müssen<br />

notwendigerweise von einer Riesenzahl<br />

an <strong>Lehre</strong>r(innen) vermittelt werden, die<br />

in dieser Materie nie geforscht haben.<br />

»Gute <strong>Lehre</strong> von begleitender <strong>Forschung</strong><br />

abhängig zu machen ist widersinnig,<br />

weil nur ganz wenige in allen Gebieten<br />

ihrer Venia forschen können.«<br />

Was an solcher – seit Jahrhunderten gebräuchlicher<br />

– wissenschaftlicher <strong>Lehre</strong><br />

unzulänglich sein sollte, ist rätselhaft.<br />

Jedermann weiß, dass man in der<br />

Vorlesung nur einen bescheidenen Prozentsatz<br />

dessen vortragen kann, was in<br />

den einschlägigen Lehrbüchern als gesicherter<br />

Grundstock des Faches aufbereitet<br />

wurde. Es ist also unerlässlich,<br />

dass jeder Dozent bereits einen Großteil<br />

seines Wissens zurückhält, von den<br />

Resultaten ergänzender <strong>Forschung</strong> ganz<br />

zu schweigen. Diese liegen in aller Regel<br />

auch außerhalb des Prüfungskanons.<br />

Wer sie ausbreiten wollte, würde den<br />

Studierenden die Zeit stehlen und sie<br />

aus der Vorlesung vergraulen.<br />

Gute <strong>Lehre</strong> von begleitender <strong>Forschung</strong><br />

abhängig zu machen ist auch<br />

deshalb widersinnig, weil nur ganz wenige<br />

in allen Gebieten ihrer Venia forschen<br />

können. Von jeher gilt es als<br />

selbstverständlich, dass jemand beispielsweise<br />

exzellente <strong>Lehre</strong> im Schuldrecht<br />

bieten kann, obgleich er nur in<br />

seinem Spezialgebiet Rechtsgeschichte<br />

forscht. Denn er ist qualifiziert ausgebildet,<br />

fremde <strong>Forschung</strong>sergebnisse verstehen,<br />

bewerten und vermitteln zu<br />

können. Und an der Qualität dieser Fähigkeit<br />

ändert sich nicht das geringste,<br />

wenn er aus irgendwelchen Gründen<br />

die rechtshistorische <strong>Forschung</strong> ganz<br />

aufgibt.<br />

Selbst besonders qualifizierte und<br />

detaillierte <strong>Lehre</strong>, nämlich im großen<br />

Lehr-Buch, ist seit jeher nur bruchstückhaft<br />

(und zuweilen gar nicht)<br />

durch eigene <strong>Forschung</strong> un-<br />

terfüttert. Wessen Lehrbuch<br />

– etwa zur Orthopädie –<br />

von Kollegen akzeptiert<br />

wird, obwohl er nur wenige<br />

der unzähligen Krankheitsbilder<br />

selbst erforschen<br />

konnte, dessen Vorlesung<br />

zur Vermittlung der Elementarkenntnisse<br />

bedarf keiner Legitimation durch eigene<br />

<strong>Forschung</strong>. Es genügt, dass er kraft<br />

souveräner Stoffkenntnis entscheiden<br />

kann, welche (wenigen) neuen Erkenntnisse<br />

auch für die Studierenden<br />

schon unentbehrlich sind.<br />

Mit alledem soll die Nützlichkeit eigener<br />

<strong>Forschung</strong> insbesondere für die<br />

höchst seltenen Spitzenveranstaltungen<br />

wie Doktoranden- oder Habilitanden-<br />

Seminare nicht bestritten werden. Überhaupt<br />

ist das kein Plädoyer gegen die<br />

<strong>Forschung</strong> neben der <strong>Lehre</strong>. Aber dass<br />

qualitativ gute wissenschaftliche <strong>Lehre</strong><br />

von eigener <strong>Forschung</strong> abhängt, ist eine<br />

Fabel. Wer sie zu oft wie ein Mantra<br />

vorträgt, schadet seiner Glaubwürdigkeit<br />

und gerät in den Verdacht einer<br />

Ideologie.


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> PRO & CONTRA 411<br />

Contra<br />

Wie diese<br />

Frage zu beantworten<br />

ist, hängt davon ab, wie man<br />

das Prädikat „vernünftig“ versteht. In<br />

einer schwachen Lesart kann dies<br />

schlicht heißen „rational“; oder es kann<br />

heißen „einigermaßen akzeptabel“. Beides<br />

lässt sich ohne eigene <strong>Forschung</strong> gewährleisten.<br />

Wählen wir* aber die starke<br />

Lesart und sprechen wir von wissenschaftlicher<br />

<strong>Lehre</strong>, wie sie den eigentlichen<br />

Zielsetzungen einer Universität<br />

entspricht, sieht dies anders aus.<br />

Welche Ziele wollen wir in der wissenschaftlichen<br />

<strong>Lehre</strong> erreichen? Diese<br />

Frage stellt sich jedes Semester wieder,<br />

wenn wir Vorlesungen, Seminare, Praktika<br />

und Übungen vorbereiten. In der<br />

Regel werden wir eine Mischung anstreben:<br />

Einerseits geht es um die Vermittlung<br />

von Wissen im Sinne eines know<br />

what; andererseits geht es um die Vermittlung<br />

von Wissen im Sinne eines<br />

»Für die angemessene Gestaltung der<br />

Lehrinhalte ist die eigene Kreativität<br />

und eigene <strong>Forschung</strong> unerlässlich.«<br />

know how. Es geht um Interpretation<br />

und Argumentation; um die Fähigkeit,<br />

die richtigen Fragen zu stellen, Lösungswege<br />

zu formulieren und Hypothesen<br />

darüber zu entwickeln, wie die<br />

Antwort aussehen könnte. Kurzum: Es<br />

geht um die Vermittlung der wissenschaftlichen<br />

Arbeitsweise, die ja nicht<br />

nur dem zukünftig forschenden (und<br />

lehrenden) Nachwuchs innerhalb und<br />

außerhalb der Universitäten nützt, sondern<br />

im Berufsleben breit einsetzbar, in<br />

vielen Bereichen sogar unverzichtbar<br />

ist.<br />

Lassen sich diese Ziele „ohne eigene<br />

<strong>Forschung</strong>“ erreichen? Beginnen wir<br />

mit der Wissensvermittlung. Naturge-<br />

mäß knüpft nicht jede Veranstaltung an<br />

persönlich gewonnene <strong>Forschung</strong>sinhalte<br />

an; und in einführenden <strong>Lehre</strong>inheiten<br />

werden nur selten aktuelle Probleme<br />

der <strong>Forschung</strong> präsentiert. Und<br />

doch ist es etwas anderes, wenn eine<br />

solche Veranstaltung von engagierten<br />

Dozierenden gehalten wird, die in Teilgebieten<br />

des Stoffes selbst forschen. Nur<br />

sie können den Studierenden aus eigener<br />

Erfahrung – und damit überzeugend<br />

– nahe bringen, wo die dringenden Fragen<br />

liegen, welche Probleme noch einer<br />

Lösung harren und welche Ansätze und<br />

Methoden sich als unfruchtbar erwiesen<br />

haben. Nur sie werden über viele Zyklen<br />

hinweg bereit sein, jedes Mal wieder<br />

die Lehrinhalte zu erneuern und anzupassen<br />

– denn nur sie haben ein Eigeninteresse<br />

daran, auf dem letzten<br />

Stand der Dinge zu bleiben. Gleiches<br />

gilt für die Vermittlung des wissenschaftlichen<br />

know how, für die Vermittlung<br />

von Wissen-<br />

schaft als Prozess<br />

der Diskussion, der<br />

kritischen Reflexion<br />

und Argumentation:<br />

<strong>Lehre</strong>nde<br />

können dies nur dann authentisch weitergeben,<br />

wenn sie selbst auf diese Weise<br />

arbeiten.<br />

Damit sei nicht gesagt, dass man<br />

sich durch Forschen allein für „vernünftige“<br />

wissenschaftliche <strong>Lehre</strong> (in oben<br />

angegebener, starker Lesart) qualifiziert.<br />

Wie die <strong>Forschung</strong> ist auch die<br />

<strong>Lehre</strong> ein Handwerk, dessen Rüstzeug<br />

man sich aneignen kann und sollte.<br />

Aber für die angemessene Gestaltung<br />

der Lehrinhalte ist unserer Meinung<br />

nach die eigene Kreativität und inhaltliche<br />

Weiterentwicklung durch <strong>Forschung</strong><br />

unerlässlich. Eine Spaltung des<br />

wissenschaftlichen Personals in <strong>Lehre</strong>nde<br />

und Forschende wäre fatal. Wir wür-<br />

den es im Gegenteil begrüßen, wenn die<br />

Verzahnung von <strong>Forschung</strong> und <strong>Lehre</strong><br />

auch über die Universitäten hinaus gefördert<br />

würde. Es sollten deutlich stärkere<br />

Anreize als bisher dafür geschaffen<br />

werden, dass auch außeruniversitär tätige<br />

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen<br />

sich in der <strong>Lehre</strong> engagieren –<br />

durch eine zusätzliche Vergütung, aber<br />

auch durch positive Anerkennung des<br />

geleisteten Aufwands. Dies würde nicht<br />

nur den Studierenden zugute kommen:<br />

Denn der Wert kritischer und von einer<br />

Außenperspektive geleiteter Fragen von<br />

Studierenden für die eigene wissenschaftliche<br />

Arbeit sollte nicht unterschätzt<br />

werden.<br />

Wir sehen insofern zum Prinzip der<br />

Einheit von <strong>Forschung</strong> und <strong>Lehre</strong> keine<br />

Alternative: Vernünftige <strong>Lehre</strong>, im Sinne<br />

einer <strong>Lehre</strong> auf hohem wissenschaftlichen<br />

Niveau, ist ohne eigene <strong>Forschung</strong><br />

unmöglich.<br />

* Dieser Beitrag wurde gemeinsam mit Bettina<br />

Beer, Katharina Landfester und Florian Steger<br />

verfasst. Die Autoren sind Mitglieder der Jungen<br />

Akademie (AG <strong>Lehre</strong>) und haben im Jahr 2008<br />

ein Positionspapier zur Zukunft der <strong>Lehre</strong> veröffentlicht<br />

(http://www.diejungeakademie.de/<br />

pdf/Positionspapier_<strong>Lehre</strong>.pdf).<br />

AUTORIN<br />

Kärin Nickelsen<br />

ist Assistenzprofessorin<br />

am Lehrstuhl für Wissenschaftstheorie<br />

und -geschichte<br />

der Universität<br />

Bern.


412 HOCHSCHULRECHT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Einstellungsaltersgrenzen<br />

für Professoren<br />

Eine Länderübersicht<br />

| ULRIKE P REISSLER | HUBERT D ETMER |<br />

Wie halten es Bund und Länder mit den Einstellungsaltersgrenzen für Professoren?<br />

Ergebnisse einer Umfrage des Deutschen Hochschulverbandes.<br />

Für die Einstellungen von Professoren<br />

im Beamtenverhältnis auf<br />

Lebenszeit haben die Einstellungsaltersgrenzen<br />

des Bundes und der<br />

Länder und die damit verbundene Verwaltungspraxis<br />

erhebliche Bedeutung.<br />

Der Bund und die Länder haben die<br />

Einstellungsaltersgrenzen in unterschiedlichen<br />

Rechtsquellen geregelt. Einige<br />

Länder normieren die Einstellungsaltersgrenzen<br />

für Hochschullehrer in<br />

den Hochschulgesetzen, viele in den<br />

Landeshaushaltsordnungen oder aber<br />

im jeweiligen Beamtengesetz. Die beamtenrechtlichenEinstellungsaltersgrenzen<br />

sind prioritär bedeutsam für die erste<br />

Übertragung eines Professorenamtes.<br />

Bei einer weiteren Übertragung eines<br />

Professorenamtes und Überschreitung<br />

der vom jeweiligen Dienstherrn normierten<br />

Einstellungsaltersgrenzen kann<br />

zwischen dem abgebenden Dienstherrn<br />

und dem aufnehmenden Dienstherrn eine<br />

Versorgungslastenteilung in Betracht<br />

kommen. Eine solche Versorgungslastenteilung<br />

kann zu einer Ausnahme von<br />

der strikten Anwendung der grundsätzlich<br />

Geltung beanspruchenden Einstellungsaltersgrenze<br />

führen.<br />

Soll aufgrund hochschulrechtlicher<br />

Vorschriften der (erstmaligen) Übertragung<br />

eines Professorenamtes im Beamtenverhältnis<br />

auf Lebenszeit ein Probeoder<br />

Zeitbeamtenverhältnis vorgeschaltet<br />

werden, empfiehlt es sich grundsätz-<br />

lich, eine konkrete Erklärung dahingehend<br />

zu erhalten, dass ein (intendiertes)<br />

Lebenszeitbeamtenverhältnis bei positiver<br />

Evaluation mit dem Ziel der „Entfristung“<br />

auch jenseits der allgemeinen<br />

Einstellungsaltersgrenze übertragen<br />

werden wird.<br />

Die Einstellungsaltersgrenzen haben<br />

nur Relevanz bei der Übertragung der<br />

Professur im Beamtenverhältnis. Unab-<br />

»Die Einstellungsaltersgrenzen<br />

haben nur Relevanz bei der<br />

Übertragung der Professur im<br />

Beamtenverhältnis.«<br />

hängig von beamtenrechtlichen Einstellungsaltersgrenzen<br />

kann Professoren eine<br />

Professur auch im Angestelltenverhältnis<br />

übertragen werden.<br />

Nach § 107 b Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz<br />

(BeamtVG) kann bei der<br />

Einstellung eines Professors in den<br />

Dienst der ruferteilenden Hochschule/<br />

des ruferteilenden Landes mit Zustimmung<br />

des aufnehmenden und des abgebenden<br />

Dienstherrn eine anteilige Kostentragung<br />

bei Eintritt des Versorgungsfalles<br />

zwischen den Dienstherrn vereinbart<br />

werden. Eine solche Versorgungslastenteilung<br />

setzt allerdings voraus,<br />

dass der Professor bereits auf Lebens-<br />

AUTOREN<br />

zeit ernannt worden ist und dem abgebenden<br />

Dienstherrn mindestens fünf<br />

Jahre zur Verfügung stand. Diese Regelung<br />

des § 107 b BeamtVG soll im Rahmen<br />

der Föderalismusreform durch den<br />

vom Bund und den Ländern zu schließenden<br />

Staatsvertrages über die Verteilung<br />

von Versorgungslasten (Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag)<br />

bei<br />

bund- und länderübergreifenden<br />

Dienstherrnwechsel modifiziert werden.<br />

Der Versorgungslastenteilungs-<br />

Staatsvertrag tritt am 1. Januar 2011 in<br />

Kraft (vgl. Hellfeier in <strong>Forschung</strong> &<br />

<strong>Lehre</strong>, 2010, S. 98 f). Nachfol-<br />

gend sollen die derzeit praktiziertenEinstellungsaltersgrenzen<br />

unter Berücksichtigung des<br />

noch geltenden § 107 b BeamtVG<br />

aufgezeigt werden. Die<br />

Ausführungen beruhen auf einer<br />

Umfrage, die der Deutsche<br />

Hochschulverband im Sommer<br />

2009 beim Bund und in den Ländern zu<br />

den Regelungen über die Einstellungsaltersgrenzen<br />

durchgeführt hat.<br />

I. Einstellungsaltersgrenzen<br />

beim Bund und in den einzelnen<br />

Bundesländern<br />

Bund:<br />

Die Einstellung und Versetzung von Beamten<br />

in den Bundesdienst bedarf nach<br />

§ 48 der Bundeshaushaltsordnung der<br />

Einwilligung des Bundesministers für<br />

Finanzen. Eine Einstellung auf eine<br />

Professur im Beamtenverhältnis kann<br />

bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres<br />

Ulrike Preißler, Dr. iur., Rechtsanwältin im Deutschen Hochschulverband<br />

Hubert Detmer, Rechtsanwalt, ist promovierter Jurist und stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen<br />

Hochschulverbandes.


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> HOCHSCHULRECHT 413<br />

erfolgen, eine Übernahme eines Beamten<br />

z. B. aus dem Landesdienst kann bis<br />

zum vollendeten 55. Lebensjahr erfolgen.<br />

Baden-Württemberg:<br />

Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Landeshaushaltsordnung<br />

(LHO) kann ein Bewerber<br />

in den Landesdienst als Beamter<br />

eingestellt oder versetzt werden, wenn<br />

er zum Zeitpunkt der Einstellung oder<br />

Versetzung das 40. Lebensjahr noch<br />

nicht vollendet hat. Für Bewerber, die<br />

als Professoren des Landes berufen werden<br />

sollen, erhöht sich gemäß § 48 Abs.<br />

2 Satz 1 LHO diese Altersgrenze um 5<br />

Jahre. Die Altersgrenze der Einstellung<br />

bis zum vollendeten 45. Lebensjahr bei<br />

Professoren erhöht sich gemäß § 48<br />

Abs. 2 Satz 2 LHO um weitere 5 Jahre,<br />

wenn der Bewerber bereits beim Bund<br />

oder einem anderen Bundesland als<br />

Dozent oder Professor im Beamtenverhältnis<br />

steht, vorausgesetzt, der Gesundheitszustand<br />

des Bewerbers lässt<br />

die Übernahme in das Beamtenverhältnis<br />

vertretbar erscheinen. Darüber hinaus<br />

erhöht sich die Altersgrenze der<br />

Vollendung des 45. Lebensjahres um<br />

weitere 5 Jahre, wenn für den Bewerber<br />

eine Versorgungslastenteilung mit dem<br />

abgebenden Dienstherrn vorliegt. Im<br />

Fall der Versorgungslastenteilung kann<br />

sich dann die Altersgrenze für den einzustellenden<br />

Professor um 2 Jahre für<br />

jeden Kinderbetreuungs- und Pflegefall<br />

erhöhen. Schließlich erhöht sich die Altersgrenze<br />

um die Zeit des tatsächlich<br />

abgeleisteten Grundwehrdienstes oder<br />

Zivildienstes. Insgesamt erhöht sich gemäß<br />

§ 48 Abs. 2 LHO die Altersgrenze<br />

aufgrund der vorstehend aufgeführten<br />

Tatbestände höchstens bis zur Vollendung<br />

des 57. Lebensjahres. Schließlich<br />

bestimmt § 48 Abs. 3 LHO, dass ein Bewerber<br />

für ein Professorenamt, der die<br />

in § 48 Abs. 2 LHO normierten Altersgrenzen<br />

überschritten hat, als Beamter<br />

in den Landesdienst eingestellt oder<br />

versetzt werden kann, wenn ein eindeutiger<br />

Mangel an geeigneten jüngeren<br />

Bewerbern besteht und seine Übernahme<br />

bzw. seine Nichtübernahme unter<br />

Berücksichtigung der entstehenden Versorgungslasten<br />

einen erheblichen Vorbzw.<br />

Nachteil für das Land bedeutet.<br />

Nach dem aktuellen Entwurf zum<br />

Dienstrechtsreformgesetz (DRG) soll in<br />

Zukunft die Berufung von Professoren<br />

in ein Beamtenverhältnis vor Vollendung<br />

des 52. Lebensjahres nicht mehr<br />

der Einwilligung des Finanzministers<br />

bedürfen.<br />

Bayern:<br />

Zum Professor im Beamtenverhältnis<br />

darf gemäß Art. 10 Abs. 3 Bayerisches<br />

Hochschulpersonalgesetz nicht ernannt<br />

werden, wer das 52. Lebensjahr bereits<br />

vollendet hat. Das Staatsministerium<br />

für Wissenschaft, <strong>Forschung</strong> und Kunst<br />

kann in dringenden Fällen im Einvernehmen<br />

mit dem Staatsministerium der<br />

Finanzen Ausnahmen von dieser Einstellungsaltersgrenze<br />

zulassen. Die Verwaltungsvorschriften<br />

zu Art. 48 der<br />

Bayerischen Haushaltsordnung regeln,<br />

dass die Einwilligung des Finanzministeriums<br />

grundsätzlich nur zur Gewinnung<br />

von qualifizierten Spezialkräften<br />

erteilt werden kann, wenn bei einem<br />

außerordentlichen Mangel an geeigneten<br />

jüngeren Bewerbern unter Berücksichtigung<br />

aller Umstände, insbesondere<br />

auch der entgegenstehenden Versorgungsleistung,<br />

die Übernahme offensichtlich<br />

einen erheblichen Vorteil für<br />

den Staat bedeutet.<br />

Die Verwaltungsvorschriften zu Art.<br />

48 Bayerische Haushaltsordnung sehen<br />

vor, dass die Einwilligung des Staatsministeriums<br />

der Finanzen zu Versetzungen<br />

oder anderen Übernahmen von Beamten<br />

in den bayerischen Staatsdienst<br />

nur erteilt werden kann, wenn sich der<br />

abgebende Dienstherr nach Maßgabe<br />

des § 107 b Beamtenversorgungsgesetz<br />

oder des Art. 145 Bayerisches Beamtengesetz<br />

oder aufgrund einer vertraglichen<br />

Versorgungslastenverteilung an den späteren<br />

Versorgungslasten beteiligt.<br />

Berlin:<br />

Die Einstellung von Hochschullehrern,<br />

die das 50. Lebensjahr überschritten haben,<br />

bedarf der Einwilligung der für die<br />

Personalwirtschaft zuständigen Stelle.<br />

Nach Maßgabe der Ausführungsvorschrift<br />

(die nicht unmittelbar für landesunmittelbare<br />

juristische Personen gilt,<br />

was auch auf die Hochschulen zutrifft)<br />

zu § 48 Landeshaushaltsordnung wird<br />

bei Berufungsverfahren und der anschließenden<br />

Begründung eines Beam-<br />

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414 HOCHSCHULRECHT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

tenverhältnisses jenseits des 50. Lebensjahres<br />

die Zustimmung vom zuständigen<br />

Organ der jeweiligen Hochschule<br />

erteilt, wenn dies aufgrund der Besonderheit<br />

des Fachgebietes sowie der ausgewiesenen<br />

Qualifikation des beruflichen<br />

Werdeganges des einzustellenden<br />

Professors erforderlich ist. Eine Verbeamtung<br />

für Bewerber, die das 60. Lebensjahr<br />

überschritten haben, ist im<br />

Land Berlin nicht vorgesehen.<br />

Brandenburg:<br />

Gemäß § 3 Abs. 2 Beamtengesetz Brandenburg<br />

darf grundsätzlich nicht in ein<br />

Beamtenverhältnis berufen werden, wer<br />

das 45. Lebensjahr bereits vollendet hat.<br />

Das Finanzministerium Brandenburg<br />

hat gemäß § 48 Landeshaushaltsordnung<br />

eine allgemeine Einwilligung zur<br />

Begründung eines Lebenszeitbeamtenverhältnisses<br />

für Bewerber auf ein Professorenamt,<br />

die das 50. Lebensjahr<br />

noch nicht vollendet haben, erteilt. Zudem<br />

erhöht sich nach § 41 Abs. 3 des<br />

Brandenburgischen Hochschulgesetzes<br />

die allgemeine Altersgrenze für die Berufung<br />

von Professoren in das Beamtenverhältnis<br />

auf Lebenszeit um Zeiten, in<br />

denen ein minderjähriges Kind betreut<br />

worden ist, höchstens jedoch um zwei<br />

Jahre je Kind. § 107 b Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz<br />

kann in Brandenburg<br />

Anwendung finden.<br />

Bremen:<br />

Die Altersgrenze für die Ernennung von<br />

Professoren in das Beamtenverhältnis<br />

auf Lebenszeit liegt in der Hansestadt<br />

Bremen beim 55. Lebensjahr. Nach § 48<br />

Landeshaushaltsordnung sind Ausnahmen<br />

von dieser Einstellungsaltersgrenze<br />

nur möglich, wenn die Übernahme<br />

einen erheblichen Vorteil für die Hansestadt<br />

Bremen bedeuten würde oder ein<br />

dringendes dienstliches Interesse an der<br />

Gewinnung des Bewerbers besteht.<br />

Hamburg:<br />

Keine Angaben.<br />

Hessen:<br />

Die hessische Landesregierung hat auf<br />

Empfehlung der Landespersonalkommission<br />

mit Beschluss vom 10. Juli 1962<br />

Altersgrenzen für die Übernahme von<br />

Beamtinnen und Beamten festgelegt.<br />

Nach § 48 der Landeshaushaltsordnung<br />

bedürfen die Einstellungen und Versetzungen<br />

von Beamten in den Landesdienst<br />

der Einwilligung des Hessischen<br />

Ministeriums der Finanzen, wenn die<br />

vorstehend festgelegten Altersgrenzen<br />

überschritten sind. Nach dem gefassten<br />

Beschluss der Hessischen Landesregierung<br />

werden Bedienstete, die das 50.<br />

Lebensjahr überschritten haben, nur<br />

dann in das Beamtenverhältnis übernommen,<br />

wenn ein besonderes dienstliches<br />

Interesse vorliegt. Hat der Bedienstete<br />

bereits das 55. Lebensjahr<br />

überschritten, so ist eine Übernahme in<br />

das Beamtenverhältnis nur möglich,<br />

wenn ein dringendes dienstliches Interesse<br />

an der Gewinnung und der Erhaltung<br />

des Bediensteten vorliegt.<br />

Soweit § 107 b BeamtVG zur Anwendung<br />

kommt, gilt die Zustimmung<br />

des Ministeriums der Finanzen für die<br />

Übernahme der Professoren bis zum 60.<br />

Lebensjahr generell als erteilt, wenn die<br />

Voraussetzungen nach dem Beschluss<br />

vom 10. Juli 1962 vorliegen und der abgebende<br />

Dienstherr die anteilige Übernahme<br />

der Versorgungsbezüge zugesagt<br />

hat.<br />

Mecklenburg-Vorpommern:<br />

Nach Maßgabe der Verwaltungsvorschrift<br />

zu § 48 der Landeshaushaltsordnung<br />

bedarf die Einstellung von Beamten<br />

in den Landesdienst der Einwilligung<br />

des Finanzministeriums, wenn der<br />

Bewerber das 45. Lebensjahr vollendet<br />

hat. Für Professoren hat das Finanzministerium<br />

des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />

die erforderliche Einwilligung<br />

zur Übernahme allgemein erteilt, wenn<br />

die Bewerber das 50. Lebensjahr noch<br />

nicht vollendet haben oder die Versorgungslastenquote<br />

unter drei Prozent<br />

liegt. Als Versorgungslastenquote wird<br />

der Prozentsatz bezeichnet, um den sich<br />

der Ruhegehaltsanspruch je Beschäftigtenjahr<br />

im Land Mecklenburg-Vorpommern<br />

erhöht. Regelungen zur Versorgungslastenteilung,<br />

die durch §107 b<br />

Beamtenversorgungsgesetz oder durch<br />

den zukünftig geplanten Staatsvertrag<br />

des Bundes und der Länder über die<br />

Verteilung von Versorgungslasten (Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag)<br />

geplant sind, führen zu einer Verringerung<br />

der Versorgungslast und damit zu<br />

einer Minderung der in der Verwaltungsvorschrift<br />

zu § 48 Landeshaushaltsordnung<br />

angegebenen Versorgungslastenquote.<br />

Niedersachsen:<br />

In der Regelung des § 27 Abs. 2 Niedersächsisches<br />

Hochschulgesetz ist niedergelegt,<br />

dass zum Professor im Beamtenverhältnis<br />

erstmals nur ernannt werden<br />

darf, wer das 50. Lebensjahr noch nicht<br />

vollendet hat. Dieses Einstellungsalter<br />

erhöht sich um Zeiten, in denen ein<br />

minderjähriges, in der häuslichen Gemeinschaft<br />

lebendes Kind betreut worden<br />

ist, höchstens jedoch um drei Jahre.<br />

Die Einstellungsaltersgrenze des § 27<br />

Abs. 2 Satz 1 Niedersächsisches Hochschulgesetz<br />

gilt nicht für Personen, die<br />

sich zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens<br />

der Ernennung in einem Beamtenverhältnis<br />

auf Lebenszeit oder als unmittelbare<br />

oder mittelbare niedersächsische<br />

Landesbeamte in einem Beamtenverhältnis<br />

auf Zeit befinden. § 107 b Beamtenversorgungsgesetz<br />

kann Anwendung<br />

finden.<br />

Nordrhein-Westfalen:<br />

Für die rechtlich verselbständigten<br />

nordrhein-westfälischen Hochschulen<br />

gibt es keine Altersgrenze bei der Einstellung<br />

von Professoren. Sofern der Bewerber<br />

aber das 45. Lebensjahr überschritten<br />

hat und die Einstellung im Beamtenverhältnis<br />

auf Lebenszeit erfolgen<br />

soll, ist von der betreffenden Hochschule<br />

grundsätzlich eine Ausgleichszahlung<br />

(gestaffelt nach Lebensalter von ca.<br />

210.000 bis 260.000 Euro) aufgrund der<br />

Hochschulwirtschaftsführungsverordnung<br />

zur Abgeltung der hierdurch entstehenden<br />

Versorgungslasten eines Landes<br />

zu leisten. Eine Ausgleichszahlung<br />

ist nicht erforderlich, wenn das Land<br />

ohnehin die Versorgungsleistungen<br />

übernimmt oder wenn es im Rahmen<br />

der Versorgungslastenteilung eine Ausgleichszahlung<br />

erhält. Darüber hinaus<br />

verweist § 6 Abs. 4 Hochschulwirtschaftsführungs-Verordnung<br />

auf § 6<br />

Abs. 2 Laufbahnverordnung. Durch diesen<br />

Verweis wird gewährleistet, dass die<br />

jeweilige Altersgrenze im Umfang der<br />

Verzögerung überschritten werden darf<br />

wegen Ableistung einer Dienstpflicht<br />

nach Artikel 12 a Grundgesetz, wegen<br />

der Teilnahme an einem freiwilligen sozialen<br />

Jahr, wegen der Geburt eines<br />

Kindes oder wegen der tatsächlichen<br />

Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren<br />

und wegen der tatsächlichen Pflege eines<br />

nach einem Gutachten pflegebedürftigen<br />

sonstigen nahen Angehörigen.<br />

Die jeweilige Altersgrenze darf bei Verzögerungen<br />

um bis zu 3 Jahre, bei mehreren<br />

Kindern höchstens um bis zu 6<br />

Jahre überschritten werden.<br />

Bei den rechtlich nicht verselbständigten<br />

Kunsthochschulen des Landes<br />

Nordrhein-Westfalens bedarf die Einstellung<br />

im Beamtenverhältnis der Einwilligung<br />

des Finanzministeriums,<br />

wenn der Bewerber das 45. Lebensjahr<br />

überschritten hat.


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> HOCHSCHULRECHT 415<br />

Rheinland-Pfalz:<br />

Gemäß § 48 Landeshaushaltsordnung<br />

bedarf die Einstellung von Beamten in<br />

den Landesdienst der Einwilligung des<br />

für Finanzen zuständigen Ministeriums,<br />

wenn der Bewerber ein von diesem Ministerium<br />

allgemein festzusetzendes Lebensjahr<br />

bereits vollendet hat. Die Zustimmung<br />

des Finanzministeriums ist<br />

bei der Einstellung von Professoren bis<br />

zum vollendeten 50. Lebensjahr allgemein<br />

erteilt. Bei Bewerbern für eine<br />

Professur, die das 50. Lebensjahr vollendet<br />

haben, ist die Entscheidung über<br />

eine Einstellung als Beamter eine Einzelfallentscheidung<br />

des Finanzministeriums.<br />

Die Zustimmung wird grundsätzlich<br />

nur erteilt, wenn ein außerordentlicher<br />

Mangel an geeigneten jüngeren Bewerbern<br />

besteht und die Einstellung<br />

bzw. Versetzung des Bewerbers in den<br />

Landesdienst unter Berücksichtigung<br />

aller Umstände einen nicht unwesentlichen<br />

Vorteil für das Land bedeutet. Eine<br />

solche Einzelfallentscheidung ist bis<br />

zur Vollendung des 55. Lebensjahres<br />

möglich, da nach diesem Zeitpunkt die<br />

Zustimmung des Finanzministeriums<br />

zur Einstellungsentscheidung grundsätzlich<br />

als nicht erteilt gilt. Die Regelung<br />

des § 107 b BeamtVG kann Anwendung<br />

finden.<br />

Saarland:<br />

Nach § 41 Abs. 4 des Saarländischen<br />

Universitätsgesetzes gilt als Sollgrenze<br />

für die Berufung eines Hochschullehrers<br />

in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit<br />

die Vollendung des 55. Lebensjahres.<br />

Ausnahmen von dieser Regelung<br />

können nach § 4 Abs. 4 Saarländisches<br />

Beamtengesetz vom Ministerium für In-<br />

neres und Sport zugelassen werden,<br />

wenn für die Gewinnung des Hochschullehrers<br />

ein dringendes dienstliches<br />

Bedürfnis besteht. Weiterhin können<br />

auch aus anderen wichtigen Gründen<br />

(z.B. Zeiten der Kindererziehung) vom<br />

Einstellungsalter Ausnahmen zugelassen<br />

werden. Der Versorgungslastenausgleich<br />

des § 107 b BeamtenVG findet<br />

Anwendung.<br />

Sachsen:<br />

Nach § 7 a Sächsisches Beamtengesetz<br />

darf in das Beamtenverhältnis nicht berufen<br />

werden, wer das 45. Lebensjahr<br />

bereits vollendet hat, für bestimmte Beamtengruppen<br />

können Ausnahmen<br />

vom Einstellungsalter zugelassen werden.<br />

Im Freistaat Sachsen ist hiernach<br />

eine Einstellung als Hochschullehrer bis<br />

zur Vollendung des 50. Lebensjahres<br />

zugelassen worden. Die Regelung des<br />

§ 107 b BeamtenVG kann Geltung entfalten.<br />

Sachsen-Anhalt:<br />

Durch Runderlass des Finanzministeriums<br />

zu § 48 Landeshaushaltsordnung<br />

ist für die Ernennung von Professoren,<br />

die das 50. Lebensjahr vollendet haben,<br />

die Einwilligung des Finanzministeriums<br />

erforderlich. In den Fällen der Versorgungslastenteilung<br />

wird die Einwilligung<br />

des Finanzministeriums regelmäßig<br />

erteilt, wenn zum Zeitpunkt der<br />

Übernahme der Bewerber das 55. Lebensjahr<br />

noch nicht vollendet hat. Seit<br />

dem Januar 2008 muss bei jeder Neueinstellung<br />

in ein Beamtenverhältnis<br />

auf Lebenszeit zum Land Sachsen-Anhalt<br />

aufgrund der Pensionsfonds-Zuführungsverordnung<br />

ein bestimmter<br />

Prozentsatz der Besoldungsausgaben<br />

dem Sondervermögen des Landes Sachsen-Anhaltes<br />

zugeführt werden.<br />

Schleswig-Holstein:<br />

§ 48 der Haushaltsordnung regelt, dass<br />

die Einstellung und Versetzung von Beamten<br />

in den Landesdienst der Einwilligung<br />

des Finanzministeriums bedarf,<br />

wenn der Bewerber ein von dem Finanzministerium<br />

allgemein festzusetzendes<br />

Lebensalter überschritten hat. In<br />

einer gesonderten Erlassregelung hat<br />

das Finanzministerium dieses Einstellungsalter<br />

auf das 45. Lebensjahr festgesetzt<br />

und zugleich für Professoren in einem<br />

gesonderten Erlass mitgeteilt, dass<br />

die erforderliche Einwilligung bei der<br />

Einstellung von Hochschullehrern bis<br />

zum 50. Lebensjahr als erteilt gilt. Darüber<br />

hinaus bedarf es einer Genehmigung,<br />

die nur dann erteilt wird, wenn eine<br />

Vergleichsberechnung hinsichtlich<br />

einer Einstellung im Angestelltenverhältnis<br />

zu dem Ergebnis führt, dass eine<br />

Verbeamtung kostengünstiger wäre. Die<br />

Regelung des § 107 BeamtVG findet<br />

Anwendung.<br />

Thüringen:<br />

Nach § 90 Abs. 7 Thüringer Hochschulgesetz<br />

können Professoren in ein Lebenszeitbeamtenverhältnis<br />

berufen werden,<br />

wenn sie das 52. Lebensjahr noch<br />

nicht vollendet haben. Bei Vorliegen<br />

der Voraussetzung für eine Versorgungslastenteilung<br />

könnte auch ein lebensälterer<br />

Hochschullehrer im Freistaat<br />

Thüringen ernannt werden.<br />

Anzeige


Aktuelle Seminartermine<br />

LEITUNG UND ORGANISATION<br />

Wissenschaftszentrum Bonn<br />

Donnerstag, 24. Juni 2010, 10:00-18:00 Uhr<br />

Die neuen universitären Entscheidungsstrukturen<br />

RA Dr. Michael Hartmer, Geschäftsführer<br />

des Deutschen Hochschulverbandes<br />

Leitung und Kreativität – Die Organisation auf<br />

dezentraler Ebene<br />

RA Dr. Hubert Detmer, 2. Geschäftsführer und<br />

Leiter der Abteilung Recht und Beratung im<br />

Deutschen Hochschulverband<br />

LEHREN UND PRÜFEN<br />

Universität Mannheim<br />

Donnerstag, 1. Juli 2010, 10:00-18:00 Uhr<br />

Problemorientiertes Lernen<br />

Stefan Braun, M.A., Trainer und Berater für<br />

Kommunikationstechniken, Tübingen<br />

Prüfungen an der Hochschule<br />

Prof. Dr. Dres h.c. Rolf Dubs, Universität Sankt Gallen,<br />

Rektor a.D., Institut für Wirtschaftspädagogik<br />

KARRIERE UND BERUFUNG<br />

Wissenschaftszentrum Bonn<br />

Donnerstag, 8. Juli 2010, 10:00-18:00 Uhr<br />

Die Dienst- und Arbeitsverhältnisse des wissenschaftlichen<br />

Nachwuchses<br />

RA Dr. Ulrike Preißler, Justitiarin für Hochschulund<br />

Beamtenrecht im Deutschen Hochschulverband<br />

Qualifikationsprofile und -wege für<br />

Nachwuchswissenschaftler<br />

RA Dr. Michael Hartmer, Geschäftsführer<br />

des Deutschen Hochschulverbandes<br />

Die wirtschaftliche Verantwortung auf Fachbereichsebene<br />

Regina Zdebel, Kanzlerin der FernUniversität Hagen<br />

Kommunikation und Motivation<br />

Prof. Dr. Lioba Werth, Technische Universität<br />

Chemnitz, Professur für Wirtschafts-, Organisationsund<br />

Sozialpsychologie; Zentrum für Training und<br />

Weiterbildung, Stuttgart<br />

Rhetorik und Kommunikation der <strong>Lehre</strong>nden<br />

Lydia Rufer, Dozentenprogramm der Universität Basel,<br />

Trainerin für Rhetorik und Kommunikation<br />

Präsentationstechniken und Medieneinsatz in der<br />

Hochschullehre<br />

Dipl.-Volksw. Claudia Bremer MBA, Universität<br />

Frankfurt/M., Kompetenzzentrum Neue Medien<br />

in der <strong>Lehre</strong><br />

Bewerbung und Berufung<br />

RA Dr. Dirk Böhmann, Justitiar für Medizin- und<br />

Arbeitsrecht im Deutschen Hochschulverband<br />

Das Dienstrecht der Professoren<br />

RA Dr. Hubert Detmer, 2. Geschäftsführer und<br />

Leiter der Abteilung Recht und Beratung im<br />

Deutschen Hochschulverband<br />

Informationen und Anmeldung:<br />

Deutscher Hochschulverband, Dr. Ulrich Josten, Rheinallee 18, 53173 Bonn<br />

Tel.: 0228/902-6634, Fax: 0228/902-6697, josten@hochschulverband.de<br />

Die ausführlichen Seminarprogramme finden Sie unter www.karriere-und-berufung.de


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> DOKUMENTATION 417<br />

Master als Regelabschluss<br />

Beschluss der technischen Universitäten<br />

| DOKUMENTATION | Nach zehn Jahren Bologna-Reform<br />

mehren sich die Stimmen, die grundlegende Änderungen fordern. Die Präsidenten<br />

und Rektoren der Arbeitsgemeinschaft Technischer Universitäten und<br />

Hochschulen (ARGE TU/TH) und der neun führenden Technischen Hochschulen<br />

Deutschlands (TU9) haben für ihre Fächer Forderungen ausgearbeitet.<br />

Präambel<br />

Der Bologna-Prozess beinhaltet für die<br />

deutschen Universitäten eine Umstellung<br />

des Hochschulsystems von historischer<br />

Dimension. Die in ARGE TU/TH<br />

und TU9 vereinten technisch orientierten<br />

Universitäten haben diesen Prozess<br />

stets als Chance betrachtet, im Rahmen<br />

der Weiterentwicklung des europäischen<br />

Hochschulraums die Qualität ihrer<br />

Studienangebote zu verbessern. Sie<br />

haben ein großes Interesse daran, den<br />

Bologna-Prozess mitzugestalten, zu flexibilisieren<br />

und fortzuentwickeln. AR-<br />

GE TU/TH und dem TU9-Verbund ist<br />

es ein fundamentales Anliegen, die<br />

Qualität der Ausbildung insbesondere<br />

in den Ingenieur- und Naturwissenschaften<br />

sicherzustellen und gezielt weiterzuentwickeln,<br />

die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Absolventinnen und Absolventen<br />

auf dem internationalen Arbeitsmarkt<br />

zu stärken und die Studiendauer<br />

zu verkürzen. Die Universitäten in AR-<br />

GE TU/TH und TU9 haben inzwischen<br />

nahezu alle Studiengänge auf das zweistufige<br />

Studiensystem umgestellt. Dies<br />

erfolgte im laufenden Betrieb, ohne zusätzliche<br />

Mittel.<br />

Zehn Jahre nach dem Beginn des<br />

Bologna-Prozesses werden einige Fehlentwicklungen<br />

bei der Umsetzung deutlich,<br />

deren negative Auswirkungen<br />

nicht zuletzt zu den Studierendenprotesten<br />

der jüngsten Zeit geführt haben.<br />

Dass die Hochschulen schon seit Jahrzehnten<br />

in Deutschland unterfinanziert<br />

sind, wurde durch den Bologna-Prozess<br />

noch offenkundiger. Dies muss unbedingt<br />

verbessert werden, um insbeson-<br />

dere die Qualität in der <strong>Lehre</strong> zu erhalten<br />

und weiter auszubauen.<br />

An alle politischen Akteure geht daher<br />

der Appell, ihrer Verantwortung gerecht<br />

zu werden und gemeinsam mit<br />

den Universitäten die Mängel im System<br />

zügig zu beseitigen. Den zahlreichen<br />

Absichtserklärungen der letzten<br />

Monate müssen nun Taten folgen. Die<br />

»Den zahlreichen Absichtserklärungen<br />

der letzten Monate<br />

müssen nun Taten folgen.«<br />

Autonomie der Hochschulen muss dabei<br />

gewahrt bleiben.<br />

Im Folgenden sind Punkte und Forderungen<br />

für die „Reform der Reform“<br />

zusammengefasst, die von den Präsidenten<br />

und Rektoren in ARGE TU/TH<br />

und TU9 gemeinsam getragen werden.<br />

1. Der Master ist der Regelabschluss für<br />

die Ingenieurwissenschaften/Naturwissenschaften<br />

an Technischen Universitäten<br />

Die Universitäten in ARGE TU/TH und<br />

TU9 haben stets erklärt, dass der Masterabschluss<br />

in den Ingenieur- und Naturwissenschaften<br />

das Ziel der Studierenden<br />

an ihren Universitäten ist. Sie<br />

halten daran fest, dass der Workload bis<br />

zu einem konsekutiven Masterabschluss<br />

300 ECTS-Punkte umfasst. AR-<br />

GE TU/TH und TU9 fordern zudem,<br />

dass die Fünf-Jahres-Grenze für die Regelstudienzeit<br />

geöffnet wird.<br />

Im Interesse einer Flexibilisierung<br />

begrüßen die technisch orientierten<br />

Universitäten ausdrücklich den KMK-<br />

Beschluss vom 10. Dezember 2009, nur<br />

noch zwischen konsekutiven und Weiterbildungs-Studiengängen<br />

zu unterscheiden.<br />

2. Für den effizienten Übergang vom<br />

Bachelor zum Master sind Flexibilität<br />

und Qualität die entscheidenden Kriterien<br />

Entsprechend den KMK-Beschlüssen<br />

vom 10.12.2009 fordern die technisch<br />

orientierten Universitäten die Flexibilisierung<br />

der Zugangsvoraussetzungen<br />

zum Master. Der Master-<br />

Zugang setzt in der Regel<br />

einen Bachelor-Abschluss<br />

voraus. Über mögliche<br />

weitergehende Regelungen<br />

entscheiden eigenständig<br />

die Universitäten, darüber<br />

hinaus auch über vorläufige Zulassungen<br />

und Vorziehungsmöglichkeiten von<br />

Modulen in den entsprechenden Bachelor-Phasen.<br />

3. Steigerung der Mobilität durch Anerkennung<br />

von Studien- und Prüfungsleistungen<br />

und gemeinsame Abschlüsse<br />

(Joint Degrees und Double Degrees)<br />

Die nationale und internationale Mobilität<br />

der Studierenden soll gezielt gefördert<br />

werden. Die Universitäten in AR-<br />

GE TU/TH und TU9 verpflichten sich,<br />

die Anerkennung von Studien- und<br />

Prüfungsleistungen auf Grundlage der<br />

erworbenen Kompetenzen flexibel zu<br />

handhaben. Hierzu wird den Studierenden<br />

vorab ein „Learning Agreement“<br />

mit den Fachvertretern empfohlen. Die<br />

technisch orientierten Universitäten<br />

werden im Studienverlauf verstärkt Mobilitätsfenster<br />

vorsehen und Joint Degrees<br />

sowie Double Degrees ausbauen,<br />

innerhalb starker Netzwerke und weite-


418 DOKUMENTATION <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

rer nationaler und internationaler Partnerschaften.<br />

4. Soziale Sicherung der Studierenden<br />

durch BAföG bis zum Master<br />

Die Förderung von Studierenden durch<br />

BAföG muss grundsätzlich bis zum<br />

Master erfolgen. Das BAfög ist flexibler<br />

zu gestalten, die zeitliche Obergrenze<br />

zu erweitern und ein nahtloser Übergang<br />

der Förderung zwischen Bachelor<br />

und Master zu gewährleisten. Der Übergang<br />

vom Bachelor zum Master und ein<br />

damit verbundener Wechsel der Fachrichtung<br />

zählen nicht als Fach- oder<br />

Studiengangswechsel im Sinne der<br />

BAfög-Regelung.<br />

5. Curricula anpassen, Prüfungsdichte<br />

verringern, flexibles, forschungsorientiertes<br />

Lernen fördern<br />

Die Umstellung auf das zweistufige Studiensystem<br />

hat teilweise zu einer Verschulung<br />

und Überfrachtung der Curricula<br />

sowie einer zu hohen Prüfungsdichte<br />

geführt; zu dieser Entwicklung<br />

beigetragen haben auch externe Vorgaben,<br />

insbesondere von den Akkreditierungsagenturen.<br />

Zur Verbesserung der Studienbedingungen<br />

und der Studierbarkeit ist eine<br />

Flexibilisierung der starren Vorgabe von<br />

30 ECTS-Punkten pro Semester notwendig.<br />

Beispielsweise sollte es zu Beginn<br />

des Studiums zulässig sein, weniger<br />

Leistungspunkte zu vergeben und<br />

den Studierenden weniger Prüfungen<br />

abzufordern, um ihnen den<br />

Studieneinstieg zu erleichtern.<br />

Bestehende Fehlentwicklungen<br />

werden von den Mitgliedern<br />

der ARGE TU/TH<br />

und TU9 korrigiert. Die<br />

technisch orientierten Universitäten<br />

setzen sich dafür ein, dass die Festlegung<br />

des curricularen Normwertes in<br />

die Verantwortung der Universitäten<br />

gegeben wird.<br />

Unter Mitwirkung ihrer Studierenden<br />

in den zuständigen Gremien soll<br />

den Universitäten damit eine freie und<br />

flexible Curricula-Gestaltung unter Berücksichtigung<br />

der Fachkulturen ermöglicht<br />

werden.<br />

6. Weiterentwicklung internationaler<br />

Akkreditierungsstandards<br />

Das Akkreditierungssystem ist zu reformieren<br />

und gemeinsam weiter zu entwickeln.<br />

Im Einklang mit dem Wissenschaftsrat<br />

verstehen die Universitäten in<br />

ARGE TU/TH und TU9 das Qualitäts-<br />

management in der <strong>Lehre</strong> als Kernelement<br />

ihrer Autonomie. Qualitätssicherung<br />

ist primär Aufgabe der Hochschulen<br />

und in ihrem ureigenen Interesse[1].<br />

7. Maßnahmen zur Sicherung des<br />

MINT-Nachwuchses<br />

Die technisch orientierten Universitäten<br />

setzen sich insbesondere dafür ein,<br />

für Bewerberinnen und Bewerber mit<br />

»Das Promotionsrecht muss<br />

weiterhin ausschließlich den<br />

Universitäten vorbehalten bleiben.«<br />

Interesse an ingenieur- und naturwissenschaftlichen<br />

Studiengängen freiwillige,<br />

auf das Studium vorbereitende<br />

MINT-Module anzubieten; diese sind<br />

optional und können vorgelagert bzw.<br />

parallel zum Fachstudium stattfinden.<br />

Solche Angebote unterstützen effizient<br />

den Übergang von der Schule zum Studium<br />

und dienen der Verbesserung der<br />

Studieneingangsphase sowie insbesondere<br />

der deutlichen Steigerung der Erfolgsquoten.<br />

8. Für eine Vielfalt bei der Verleihung<br />

spezifischer Abschlussgrade: den Titel<br />

„Diplom-Ingenieur“ erhalten<br />

Die Technischen Universitäten in AR-<br />

GE TU/TH und TU9 fordern die Landesgesetzgeber<br />

auf, den Hochschulen<br />

die Autonomie zu geben, den „Dipl.-<br />

»Die Umstellung auf das zweistufige<br />

System hat teilweise zu einer Verschulung<br />

und zu hoher Prüfungsdichte geführt.«<br />

Ing“ als akademischen Abschlussgrad<br />

eines ingenieurwissenschaftlichen Masterstudiengangs<br />

verleihen zu können.<br />

Dabei verweisen ARGE TU/TH und<br />

TU9 auf die entsprechenden Formulierungen<br />

des in diesem Punkt vorbildlichen<br />

Österreichischen „Bundesgesetz<br />

über die Organisation der Universitäten<br />

und ihre Studien (Universitätsgesetz<br />

2002 – UG)“.<br />

Das bedeutet, dass in den Studienordnungen<br />

auszuweisen ist, welcher<br />

Mastergrad vergeben wird. Dabei gilt:<br />

Mastergrade sind die akademischen<br />

Grade, die nach dem Abschluss der<br />

Masterstudien verliehen werden. Sie<br />

lauten „Master“ mit einem im Curriculum<br />

festzulegenden Zusatz, wobei auch<br />

eine Abkürzung festzulegen ist, oder<br />

„Diplom-Ingenieurin/Diplom-Ingenieur“,<br />

abgekürzt „Dipl.-Ing.“.<br />

9. Vielfalt und Durchlässigkeit zwischen<br />

Universitäten und Fachhochschulen<br />

Hervorragenden Absolventinnen und<br />

Absolventen der Fachhochschulen steht<br />

der Weg zur Promotion offen. Die technisch<br />

orientierten Universitäten plädieren<br />

für Vielfalt, Transparenz<br />

und Durchläs-<br />

sigkeit zwischen den<br />

Systemen „Fachhochschule“<br />

und „Universität“<br />

in den unterschiedlichen<br />

Phasen des Studiums.<br />

Das Promotionsrecht muss weiterhin<br />

ausschließlich den Universitäten<br />

vorbehalten bleiben. Allerdings unterstützen<br />

die Technischen Universitäten<br />

ausdrücklich den Ausbau kooperativer<br />

Promotionen zwischen Universitäten<br />

und Fachhochschulen.<br />

10. Erfolgsmodell der Promotion zum<br />

„Dr.-Ing.“ fördern<br />

Die strukturierten Angebote der Doktorandenausbildung<br />

werden u.a. im Rahmen<br />

der Exzellenzinitiative ausgebaut.<br />

Unter Berücksichtigung der Fächerkulturen<br />

sollen auch künftig unterschiedliche<br />

Wege zur Promotion führen können.<br />

Der „Dr.-Ing.“ ist ein Markenzeichen,<br />

mit dem sich der wissenschaftliche<br />

Nachwuchs deutscher Universitäten<br />

im internationalen Wettbewerb exzellent<br />

profiliert. Er steht<br />

für das erste selbständige<br />

Arbeiten eines Wissenschaftlers.<br />

Die technisch<br />

orientierten Universitäten<br />

möchten dies als<br />

Qualitätsmerkmal erhalten<br />

und sprechen sich dezidiert gegen<br />

verpflichtende Promotionsstudiengänge<br />

aus, so sehr das Format der Graduate<br />

Schools unter geeigneten Rahmenbedingungen<br />

zu befürworten ist.<br />

Am 10. Mai 2010 gemeinsam von den Mitgliedern<br />

der Arbeitsgemeinschaft Technischer Universitäten<br />

und Hochschulen (ARGE TU/TH)<br />

sowie der TU9 verabschiedet. Leicht gekürzt.


PREIS DES<br />

DEUTSCHEN HOCHSCHULVERBANDES:<br />

Hochschullehrer/in<br />

des Jahres<br />

Auszeichnungskriterium Der Deutsche Hochschulverband zeichnet diejenige Hochschullehrerin oder denjenigen<br />

Hochschullehrer aus, die oder der durch außergewöhnliches Engagement in herausragender<br />

Weise das Ansehen ihres bzw. seines Berufsstandes in der Öffentlichkeit gefördert hat.<br />

Es besteht keine Beschränkung, in welcher Art und Weise dies gelungen ist.<br />

Preissumme 10.000,- Euro. Die Preissumme wird nicht zweckgebunden vergeben. Der Preis erhält die<br />

freundliche Unterstützung des Zeit-Verlages Gerd Bucerius GmbH & Co. KG.<br />

Wer kann Jede Professorin und jeder Professor, der dienst- oder korporationsrechtlich einer<br />

vorgeschlagen werden? deutschen Hochschule angehört, sowie deutsche Professoren im Ausland. Es kann eine<br />

Einzelperson oder eine Gruppe von Hochschullehrern vorgeschlagen werden. Die wissenschaftliche<br />

Fachrichtung ist unerheblich. Ohne Belang ist ebenfalls, ob der Vorgeschlagene<br />

sich im aktiven Dienst oder im Ruhestand befindet. Selbstbewerbungen sind möglich.<br />

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Hochschulverbandes<br />

können nicht vorgeschlagen werden.<br />

Vorschlagsfrist Die Frist zum Vorschlag endet am 30. September 2010.<br />

Unterlagen Vorschläge bedürfen der Schriftform. Zum Vorschlag gehört der Name des Vorgeschlagenen,<br />

die Hochschule, der er angehört, eine Begründung des Vorschlags, die das Verdienst<br />

des Vorgeschlagenen skizziert, sowie ggf. aussagefähige Unterlagen über die Leistung des<br />

Vorgeschlagenen. Die Unterlagen sind an die Geschäftsstelle des Deutschen Hochschulverbandes<br />

zu richten:<br />

Deutscher Hochschulverband, „Hochschullehrer/in des Jahres“, Rheinallee 18, 53173 Bonn.<br />

Auswahl der Preisträger Die Preisträgerin/den Preisträger wählt das Präsidium des Deutschen Hochschulverbandes<br />

aus. Die Jury kann auch eine nicht vorgeschlagene Hochschullehrerin/einen nicht vorgeschlagenen<br />

Hochschullehrer prämieren.<br />

Ansprechpartner und Deutscher Hochschulverband<br />

weitere Information Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Dr. Matthias Jaroch | Rheinallee 18 | 53173 Bonn<br />

Telefon: 0228-90266-66<br />

E-Mail: presse@hochschulverband.de<br />

Im Rahmen der Preisverleihung zum „Hochschullehrer des Jahres“ zeichnet academics den/die<br />

„Nachwuchswissenschaftler/-in des Jahres“ aus. Mehr Informationen zum Preis und zu academics –<br />

dem Karriereportal der Wissenschaft von DIE ZEIT und „<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong>“ – gibt es unter<br />

www.academics.de/nachwuchspreis.


420 STUDIENFINANZIERUNG <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Kapital oder Kapitulation?<br />

Das geplante nationale Stipendienprogramm<br />

| STEPHAN A. JANSEN | TOME S ANDEVSKI |<br />

Vertreter der Oppositionsparteien und des Studentenwerks lehnen das geplante<br />

nationale Stipendienprogramm der Bundesregierung aus Gründen der fehlenden<br />

Bildungsgerechtigkeit ab. Die Hochschulen sehen Kapazitätsprobleme. Beide<br />

Probleme sind lösbar.<br />

Laut Gesetzentwurf für das nationale<br />

Stipendienprogramm sollen<br />

die Hochschulen monatlich 150<br />

Euro an Spenden für ein Stipendium einwerben.<br />

Bund und Länder verdoppeln<br />

dann den Betrag auf 300 Euro. Diese Stipendien<br />

sollen ausschließlich leistungsorientiert<br />

vergeben werden, sie werden<br />

nicht auf das BAföG angerechnet. Dafür<br />

sollen staatlicherseits jährlich bis zu 300<br />

Millionen Euro bereit gestellt werden.<br />

Zwei <strong>Kritik</strong>en werden nun diskutiert:<br />

(1) Die Vergabe der Stipendien ist herkunftsabhängig,<br />

d.h. der finanzielle Hintergrund<br />

der Eltern entscheidet faktisch.<br />

Stattdessen wird für eine Erhöhung des<br />

BAföG plädiert. (2) Die Hochschulen sehen<br />

kaum Kapazitäten für die Einwerbung<br />

der Spenden, die Auswahlverfahren<br />

für die Stipendiaten und die Betreuung<br />

der Fördererer.<br />

Der erste Einwand fokussiert richtigerweise<br />

auf die in Deutschland dramatische<br />

Herkunftsabhängigkeit von Bildungsbiographien<br />

allgemein und bei den<br />

Stipendienprogrammen insbesondere.<br />

Eine Studie der Hochschul-Informations-System<br />

GmbH hat gezeigt, dass die<br />

übergroße Mehrheit der Stipendiaten der<br />

elf Begabtenförderwerke aus gehobenen<br />

und hohen Bildungsgruppen kommt. Be-<br />

gabtenförderwerke „fördern“ also nicht,<br />

sondern sie reproduzieren bestehende<br />

Ungleichheiten. Dies gilt im übrigen<br />

auch für alle parteinahen Stiftungen –<br />

Regierung wie Opposition. Die Fundamentalkritik<br />

am nationalen Stipendienprogramm<br />

ist dennoch wenig zielführend,<br />

würde sie doch eine Abschaffung<br />

der Begabtenförderung zu Gunsten des<br />

BAföG bedeuten. Wir brauchen beides –<br />

Leistungs- und Bedürftigkeitsförderungen.<br />

Und von beidem mehr. Es sind die<br />

Hochschulen, die dann in die Pflicht genommen<br />

werden müssen, ihre Auswahl<br />

nach Leistungs- wie Bedürftigkeitskriterien<br />

vorzunehmen. Das führt zur zweiten<br />

Herausforderung: Die Kapazitäten<br />

der Hochschulen.<br />

Bedürftigkeitskriterien können im<br />

nationalen Stipendienprogramm verankert<br />

werden. Die Annahme, dass Förderer<br />

mit Stipendien in erster Linie leistungsstarke<br />

und nicht bedürftige Studierende<br />

fördern wollen, ist sehr irreführend.<br />

Schließen sich etwa Bedürftigkeit<br />

und Leistung aus? Eingeschriebene Studierende<br />

erfüllen die Zulassungsvoraussetzungen.<br />

Sie sind damit gut genug, einen<br />

akademischen Abschluss zu erwerben,<br />

aber nicht genug, dies ohne finanzielle<br />

Sorgen zu tun?<br />

AUTOREN<br />

Prof. Dr. Stephan A. Jansen ist Präsident der Zeppelin-<br />

Universität in Friedrichshafen und forscht u.a. zum Thema<br />

Bildungsfinanzierung im internationalen Vergleich.<br />

M.A. Tome Sandevski ist wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

am Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität<br />

Marburg.<br />

Ohne Fundraising keine<br />

Stipendien<br />

Der Entwurf sieht vor, dass bis zu acht<br />

Prozent der Studierenden gefördert<br />

werden können. Dies bedeutet, dass die<br />

Hochschulen pro tausend Studierenden<br />

bis zu 144 000 Euro pro Jahr einnehmen<br />

müssten. Im Rahmen des NRW-<br />

Stipendienprogamms, das die Vorlage<br />

für das nationale Stipendienprogramm<br />

darstellt, warben die Hochschulen im<br />

Wintersemester 2009/ 2010 insgesamt<br />

1 400 Stipendien ein. Die RWTH Aachen<br />

war mit 190 Stipendien die erfolgreichste<br />

Hochschule. Im Rahmen des<br />

nationalen Stipendienprogramms müsste<br />

eine Hochschule wie die RWTH die<br />

eingeworbenen Stipendien innerhalb<br />

von zwei Jahren auf etwa 2 400 Stipendien<br />

steigern.<br />

Der Entwurf für das nationale Stipendienprogramm<br />

bedenkt den Aufbau<br />

von Fundraising-Kapazitäten der Hochschulen<br />

nicht, obwohl selbst die Kosten<br />

für das Ausfüllen der Zusageformulare<br />

und die Überweisung der Gelder im<br />

Entwurf veranschlagt werden. Die Kosten<br />

für die Hochschulen selbst werden<br />

aber nicht erwähnt. Erfolgreiches Fundraising<br />

kostet Geld. In den USA und anderen<br />

Ländern nehmen Hochschulen<br />

signifikante Spendenmittel ein, weil sie<br />

über gut ausgestattete Fundraising-Abteilungen<br />

mit Dutzenden und sogar<br />

Hunderten von Mitarbeitern verfügen.<br />

Förderer spenden nicht aus Langeweile<br />

für Hochschulen. Sie müssen von den<br />

Hochschulen nach Spenden gefragt<br />

werden. Dies gilt auch für Stipendien.<br />

Internationale Vorbilder<br />

In Ländern, wo Hochschulfundraising<br />

eine neuere Entwicklung darstellt, liegen<br />

die Kosten entsprechend hoch. In<br />

den USA und Kanada liegen die direkten<br />

Fundraisingkosten der Hochschulen


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> STUDIENFINANZIERUNG 421<br />

gemessen an den Spendeneinnahmen<br />

bei etwa 15 Prozent, in Großbritannien<br />

sogar bei 33 Prozent. Diese Ausgaben<br />

sind sehr lohnende Investitionen: In<br />

welchem Wirtschaftsbereich bringen Investitionen<br />

das Dreifache an Einnahmen?<br />

Wenn wir die britische Erfahrung<br />

auf Deutschland übertragen, müssten<br />

die Hochschulen pro tausend Studierenden<br />

mit etwa 48 000 Euro an Kosten<br />

rechnen. Wie sollen die deutschen<br />

Hochschulen diese Zusatzausgaben<br />

leisten, die bei Stipendienprogrammen<br />

eben nicht zu Zusatzeinnahmen für die<br />

Hochschule selbst führen?<br />

Eine Möglichkeit sind staatliche Kapazitätsgelder,<br />

die wir in einer international<br />

vergleichenden Analyse untersucht<br />

haben. Dafür gibt es Beispiele in<br />

England, Singapur und Hongkong.<br />

Dort haben die Regierungen in den letzten<br />

15 Jahren mehrfach sogenannte<br />

Matching Funds-Programme aufgelegt,<br />

um Spenden an Hochschulen zu bezuschussen.<br />

Vor dem Beginn der Matching<br />

Funds-Programme stellten die Regierungen<br />

den Hochschulen Gelder für<br />

den Aufbau von Fundraising-Kapazitäten<br />

zur Verfügung. Im Falle Hongkongs<br />

waren dies umgerechnet 480 000 Euro<br />

pro Hochschule. Dafür bescherten die<br />

vier seit 2003 durchgeführten Matching<br />

Funds-Programme den zehn teilnehmenden<br />

Hochschulen etwa 670 Millionen<br />

Euro an Spendeneinnahmen, die<br />

mit 370 Millionen Euro an staatlichen<br />

Zuschüssen honoriert wurden. Ähnliche<br />

erfolgreiche Programme existieren<br />

auch in Neuseeland, Norwegen, Kanada<br />

und in den USA.<br />

Staatliche Investitionen<br />

Voraussetzung<br />

In Ländern, in denen Hochschulen<br />

Spenden in signifikanter Höhe einwerben,<br />

liegen die staatlichen Bildungsausgaben<br />

über dem OECD-Durchschnitt.<br />

Das Stopfen von staatlichen Finanzierungslücken<br />

ist für Förderer nicht attraktiv.<br />

Spenden ermöglichen Hochschulen<br />

zusätzliche Handlungsspielräume.<br />

Diese Handlungsspielräume brauchen<br />

deutsche Hochschulen im internationalen<br />

Wettbewerb dringend. Bund<br />

und Länder könnten etwa den Aufbau<br />

von Fundraising-Kapazitäten an hundert<br />

deutschen Hochschulen mit jeweils<br />

einer Million Euro finanzieren. Weitere<br />

700 Millionen Euro könnten innerhalb<br />

von vier Jahren für die Bezuschussung<br />

von Spendeneinahmen von bis zu 900<br />

Millionen Euro bereit gestellt werden.<br />

Die Hochschulen müssten mindestens<br />

20 Prozent der Spendeneinnahmen und<br />

staatlichen Gelder für Stipendien verwenden.<br />

Damit wäre ein nationales Stipendienprogramm<br />

in ganzheitliche<br />

Fundraisingaktivitäten eingebettet.<br />

Die Überlegungen für das nationale<br />

Stipendienprogramm bieten – wenn die<br />

berechtigten <strong>Kritik</strong>en intelligent beantwortet<br />

werden – optimale Voraussetzungen<br />

für den Start eines konsequenten<br />

Ausbaus des Hochschulfundraisings in<br />

Deutschland. Die Bildungsförderer sind<br />

offener, als sich das manche <strong>Kritik</strong>er vorstellen<br />

können. Aber ein politisches Zerreden<br />

dieser Initialzündung wäre für die<br />

politisch gewünschte Bildungsrepublik<br />

mit erhöhter privater Finanzierung im<br />

tertiären Bereich mehr als schädlich.<br />

Das von den Autoren verfasste Diskussionspapier<br />

„Matching Funds – Staatliche Strategien<br />

für private Wissenschaftsförderung. Eine internationale<br />

Vergleichsstudie mit Empfehlungen<br />

für Deutschland“ ist über http://www.zeppelinuniversity.de/deutsch/forschung_forschungsprojekte/zuschnitt_019.pdf<br />

abrufbar.<br />

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422 KLEINE FÄCHER <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Byzantinistik heute:<br />

eine weltferne Wissenschaft?<br />

Perspektiven eines „Orchideenfachs“<br />

| FOTEINI K OLOVOU | Die Byzantinistik als kleines<br />

kulturwissenschaftliches Fach steht angesichts einer ökonomisierten Wissenschaftspolitik<br />

unter Rechtfertigungsdruck. Kann das Fach trotz oder vielleicht sogar<br />

wegen der Widerstände gedeihen?<br />

Auf die Frage einer Studentin<br />

in Paris nach meinem <strong>Forschung</strong>sschwerpunkt<br />

habe<br />

ich das Stichwort Byzanz erwähnt in<br />

der, wie es sich herausgestellt hat, naiven<br />

Hoffnung, dass die junge Frau damit<br />

etwas anfangen könne. Denn immerhin<br />

sind die Wörter „byzantin“ und<br />

„byzantinisme“ fest, wenn auch negativ,<br />

in der französischen Sprache verankert,<br />

man denke etwa an „discussions byzantines“,<br />

was so gut wie überflüssige verschnörkelte<br />

Diskussionen nach der Art<br />

der Byzantiner bedeutet. Oder man<br />

denke an die Geschichte Frankreichs<br />

im 17. Jahrhundert, als Byzanz als politisches<br />

Vorbild fungierte und in Paris die<br />

ersten europäischen Ausgaben byzantinischer<br />

historiographischer Texte unter<br />

der Ägide König Ludwigs XIV. entstanden.<br />

„Byzance, mais c’est un parfum!?“<br />

war die Reaktion meiner Gesprächspartnerin,<br />

die offensichtlich von meinem<br />

„Glück“ überrascht war. Ich auch.<br />

Denn das betörend duftende edle Parfum<br />

existiert in der Tat. Nach diesem<br />

Gespräch habe ich ähnlich amüsante<br />

Erfahrungen in anderen europäischen<br />

Ländern, darunter auch in Griechenland<br />

– hélas!, aber auch in Deutschland<br />

gemacht. Hier bei uns gibt es „Byzantiner“,<br />

verwandelt in sündhaft köstliche<br />

dunkle Pralinen für Genießer. Sollen et-<br />

wa der Luxus- und der Innovationsgeist<br />

einiger Unternehmer die tausendjährige<br />

Geschichte des byzantinischen Reiches,<br />

welches Geschichte und Kultur<br />

Europas geprägt und geformt hat, der<br />

Vergessenheit entreißen?<br />

Gewiss sind auch nur wenige über<br />

die Existenz solcher Luxusartikel informiert,<br />

manche Kunst- und Geschichtsinteressierte<br />

kennen immerhin – den<br />

Kreuzfahrern sei gedankt! – einige<br />

Schwerpunkte des Faches Byzantinistik<br />

(warum denn auch mehr!?), und noch<br />

weniger wissen etwa, dass Schiller ein<br />

»Die Wahrheit ist, dass das Fach<br />

heute immer noch sehr bescheiden<br />

und in die Defensive gedrängt vor<br />

sich hin lebt.«<br />

byzantinisches Meisterwerk der Historiographie<br />

des 12. Jahrhunderts, die<br />

„Alexias“ Anna Komnenes, aus dem byzantinischen<br />

Griechisch ins Deutsche<br />

übersetzt hat. Kaum bekannt ist, dass<br />

Goethe als erster den Begriff „byzantinisch“<br />

für die Kunst geprägt hat oder<br />

dass Hegel in seinen „Vorlesungen über<br />

die Philosophie der Geschichte“ von<br />

Byzanz gesprochen hat – allerdings,<br />

AUTORIN<br />

Professor Foteini Kolovou lehrt Byzantinische und Neugriechische Philologie<br />

an der Universität Leipzig. Ihre <strong>Forschung</strong>sschwerpunkte liegen in der Byzantinischen<br />

Rhetorik, Historiographie und Editionswissenschaft.<br />

von dem byzanzfeindlichen Geist und<br />

den Ressentiments der Aufklärung beeinflusst,<br />

nicht besonders schmeichelhaft<br />

als „eine tausendjährige Reihe von<br />

fortwährenden Verbrechen, Schwächen,<br />

Niederträchtigkeiten und Charakterlosigkeit“.<br />

Nur in Fachkreisen sind<br />

die byzantinischen Projekte Ludwigs II.<br />

von Bayern bekannt, der, einer politischen<br />

und religiösen Utopie folgend, die<br />

Schlösser Linderhof und Falkenstein<br />

neben dem Schloss Neuschwanstein<br />

nach byzantinischen Vorbildern gestalten<br />

wollte. Und nur schwer kann man<br />

heute erahnen, dass das Bundeswappen<br />

Deutschlands byzantinischer Herkunft<br />

ist; der oströmische Doppeladler blickte<br />

nach Osten und nach Westen des seit<br />

395 getrennten Ost- und Weströmischen<br />

Reiches, der Bun-<br />

desadler blickt nur nach<br />

Westen.<br />

Das Ansehen der<br />

Byzantinistik<br />

Das Fach mit dem exotischen<br />

Namen Byzantinistik,<br />

europaweit zum<br />

ersten Mal 1896/97 an der Universität<br />

München von Karl Krumbacher begründet<br />

und an der Universität Leipzig<br />

seit Anfang des 20. Jahrhunderts als eigenständiges<br />

Doppelfach „Byzantinische<br />

und Neugriechische Philologie“<br />

vertreten, gehört immer noch zu den so<br />

genannten „Orchideenfächern“. Dadurch<br />

entsteht die aktuellste, verschönernde,<br />

jedoch nicht zutreffende Assoziation<br />

zwischen Byzanz, Byzantinistik<br />

und dekadentem Luxus. Denn die<br />

Wahrheit ist, dass das Fach heute immer<br />

noch sehr bescheiden und in die<br />

Defensive gedrängt vor sich hin lebt.<br />

Und gewiss ist es kein überzeugendes<br />

Argument in einer stark ökonomisierten<br />

Wissenschaftspolitik, ein kleines


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 423<br />

kulturwissenschaftliches Fach im Sinne<br />

des humanistischen humboldtschen Bildungsideals<br />

zu unterstützen, es vor dem<br />

Abschaffen zu retten oder gar es neu zu<br />

gründen, nur weil etwa, um einige wenige<br />

Beispiele zu nennen, Schiller, Goethe,<br />

Hegel und Ludwig II. von Bayern<br />

Byzanz in ihre Gedankenwelt integriert<br />

hatten, bzw. weil der Bundesadler einen<br />

byzantinischen Vorfahren hatte. Oder<br />

doch?<br />

Bedeutung von Byzanz<br />

Es besteht Consensus darüber, dass<br />

nicht alle wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

ad hoc und einzeln nützlich sind<br />

oder sein sollen, sondern sie erst und<br />

wenn überhaupt in größeren Zusam-<br />

»Ohne Byzanz wäre die italienische<br />

Renaissance unvollendet geblieben.«<br />

menhängen allmählich erworbenen<br />

Wissens an Bedeutung gewinnen und<br />

zum Verständnis eines komplexen Phänomens<br />

beitragen können. Trotzdem ist<br />

einiges Byzantinische vielen modernen<br />

weltoffenen Europäern, welche Wissenschaftspolitik<br />

treiben, noch nicht bewusst<br />

– und beim Versuch eines Byzantinisten,<br />

historisch relevante Aspekte zu<br />

erläutern, besteht gleich der unbegründete<br />

Verdacht auf Beschönigung, Verklärung<br />

und Hochjubeln von Byzanz.<br />

Doch es geht nicht darum, die Bedeutung<br />

der Byzantinistik überzubewerten;<br />

es wäre genauso falsch, wie der Byzantinistik<br />

den verdienten Wert abzusprechen.<br />

Es geht erst nur darum, die Be-<br />

»Es geht erst nur darum, die<br />

Bedeutung von Byzanz innerhalb<br />

der europäischen Geisteswelt zu<br />

verstehen.«<br />

deutung von Byzanz innerhalb der europäischen<br />

Geisteswelt zu verstehen.<br />

Denn Tatsache ist: Ohne die unermüdliche<br />

Kopiertätigkeit der Byzantiner bei<br />

Kerzenlicht in Klosterbibliotheken,<br />

Denkstübchen und Mönchszellen wären<br />

die Ideenlehre des Platon und die<br />

Logik des Aristoteles verloren gegangen<br />

und die Originaltexte in griechischer<br />

Sprache dem modernen Europa verborgen<br />

geblieben – außer einigen wenigen<br />

spätantiken Papyrusfragmenten sind al-<br />

le Überlieferungsträger, Pergament- und<br />

Papierhandschriften, byzantinischer<br />

Herkunft. Die medizinischen Traktate<br />

von Hippokrates und Galen, die Geometrie<br />

des Eukleides oder das Archimedische<br />

Prinzip, um nur einige wenige<br />

Beispiele aus Wissenschaften außerhalb<br />

der Philologie und Philosophie zu nennen,<br />

hätten ohne die Kopier- und Kommentiertätigkeit<br />

der Byzantiner und ohne<br />

die leidenschaftliche Offenheit der<br />

arabischen Welt für Wissen und Wissenschaften<br />

das lateinischsprachige mittelalterliche<br />

Europa nie erreicht. Ohne<br />

Byzanz wäre die italienische Renaissance<br />

unvollendet geblieben, genauso<br />

wäre die Orgel in der westlichen kirchlichen<br />

Musik undenkbar. Das römische<br />

Recht hätte ohne die<br />

Kodifizierung der<br />

Digesten durch die<br />

Rechtspolitik Justinians<br />

unter dem humanen<br />

Einfluss des<br />

Christentums und<br />

ohne intensive Erforschung des Pandektenrechts<br />

an deutschsprachigen<br />

Universitäten im 19. Jh. nie die Basis für<br />

das moderne europäische Privatrecht<br />

bilden können.<br />

Dass der Rationalismus der Aufklärung<br />

im 17. und 18. Jahrhundert ein<br />

Zerrbild von Byzanz geschaffen hat, in<br />

dem er eine Epoche des Niedergangs<br />

und der Dekadenz des oströmischen<br />

Reiches, eine Zeit des Absolutismus, des<br />

Obskurantismus und des Triumphes<br />

von Religion und Barbarei sah, erklärt<br />

bis zu einem gewissen Grad die Entwicklung<br />

der byzantinischen Studien in<br />

den europäischen Universitäten, oft betrieben<br />

von Byzantinisten wider Willen.<br />

Doch nicht nur die<br />

Haltung der Aufklärung<br />

Byzanz gegenüber,<br />

auch die Bildungspolitik<br />

und die<br />

Selbstwahrnehmung<br />

der modernen Griechen,<br />

welche sich<br />

lieber mit ihren antiken<br />

glanzvollen Ahnen der Athener Demokratie<br />

als mit den unmittelbaren, im<br />

Schatten des Mittelalters blühenden<br />

und in höfische Skandale verstrickten<br />

Vorfahren identifiziert sahen, sind Faktoren,<br />

die dazu geführt haben, dass der<br />

Begriff „Byzantinismus“ in allen europäischen<br />

Sprachen, sogar im Griechischen,<br />

negativ geprägt ist und als Synonym<br />

für Kriecherei, Schmeichelei,<br />

Engstirnigkeit und unfruchtbaren Scholastizismus<br />

gilt. Mit dem Historismus<br />

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424 KLEINE FÄCHER <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

des 19. und 20. Jahrhunderts und der<br />

Welle des Philhellenismus, der mehr an<br />

der Antike orientiert war, kam auch die<br />

Wende für die byzantinistischen Studien.<br />

Neue Perspektiven<br />

Doch Byzanz war nicht nur Religion,<br />

theologische Diskussionen, Gebet und<br />

Furcht vor dem Jenseits. Der von der<br />

Aufklärung vernachlässigte und verachtete<br />

weltliche Charakter von Byzanz<br />

ist vor allem vom Münchner Byzantinistik-Professor<br />

Hans-Georg Beck<br />

(1910-1999) angemessen und in gebührender<br />

Weise hervorgehoben worden.<br />

Beck hat 1977 in seiner Schrift „Byzantinistik<br />

heute“ vor der Selbstzufriedenheit<br />

der Byzantinistik gewarnt und ihr<br />

das Streben nach neuen Ufern, nach<br />

neuen Perspektiven und Methoden als<br />

Ausweg aus der Isolation gezeigt. Der<br />

Beck’schen Souveränität verdanken<br />

wir eine kritische Revision des Phänomens<br />

Byzanz. Denn der Byzantiner<br />

(zumindest der Intellektuelle) liebte<br />

„Urbanität, Witz und literarisches<br />

Spiel“ zu sehr, um ständig an das ewige<br />

Leben im Himmel<br />

und das Schwelgen<br />

im Paradies zu<br />

denken. Und er<br />

war als Bewunderer<br />

des homerischen<br />

Odysseus<br />

redegewandt und<br />

intelligent genug,<br />

die Grenzen der Orthodoxie geschickt<br />

zu überschreiten, wenn sie ihm eng zu<br />

sein schienen. Der Zweifelsweg führte<br />

immer durch die antike Philosophie,<br />

die zwar in Byzanz traditionell durch<br />

die Jahrhunderte zum Universitätsunterricht<br />

gehörte, von der Kirche jedoch<br />

stets als Gefahr für ihre dogmatische<br />

Integrität angesehen worden ist. In dieser<br />

weltlichen Literatur der Byzantiner,<br />

aber auch in Werken,<br />

in welchen Philosophie<br />

und Theologie<br />

zusammenfließen,<br />

sind Schriften zu finden,<br />

die nach literarästhetischenMaßstäben<br />

zum Kanon der<br />

Weltliteratur gehören,<br />

wie etwa Schriften<br />

von Romanos Melodos,<br />

Michael Psellos,<br />

Anna Komnene,<br />

Eustathios von Thessalonike<br />

und anderen.<br />

Doch eine Rechtfertigung<br />

der Byzantinistik,<br />

nur weil Byzanz<br />

im Mittelalter als Rezipient, Überlieferungsträger<br />

und Nacheiferer antiken<br />

kulturellen Gutes fungierte, wäre<br />

ungenügend und der Sache gegenüber<br />

ungerecht. Byzanz, das Reich, das sich<br />

in seinen Blütezeiten von der nordafrikanischen<br />

Küste, Mauretanien, Italien,<br />

der Balkanhalbinsel, Griechenland,<br />

Kleinasien, Armenien, Mesopotamien<br />

bis Syrien, Libyen und zum Nil-Delta<br />

erstreckte, um sich nach etwa einem<br />

Jahrtausend in kleine freie Kerne politischer<br />

Macht wie Trapezunt, Mystras<br />

mitten im von Osmanen besetzten Territorium<br />

zurückzubilden, hat einen<br />

Wert für sich als erfolgreiches politisches<br />

und wirtschaftliches Modell einer<br />

polyglotten und multikulturellen Gesellschaft.<br />

In seiner unbezweifelten Alterität,<br />

in seinem „anders sein“ vermittelt<br />

Byzanz heute noch eine erstaunliche<br />

Modernität.<br />

Das byzantinische Reich hat ohne<br />

Zweifel die Anfänge Europas mitgestaltet.<br />

Der Mythos Byzanz hat Literaten<br />

inspiriert und die moderne europäische<br />

Literatur bereichert. Am<br />

schönsten wird der Mythos Byzanz<br />

von W. B. Yeats konzis in Versen dargestellt:<br />

Durch die Anspielung auf Kaiser<br />

Theophilos, dessen hydraulisch<br />

sich nach oben und unten bewegender<br />

und von brüllenden goldenen Löwen<br />

bewachter kaiserlicher Thron, bei dem<br />

ein mit zwitschernden goldenen Vögeln<br />

geschmückter goldener Baum<br />

W.B. YEATS<br />

Sailing to Byzantium<br />

»Der moderne wissenschaftliche Blick kann das<br />

Phänomen Byzanz sachlich als eine nicht<br />

wegzudenkende Komponente der europäischen<br />

Kulturgeschichte betrachten.«<br />

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Once out of nature I shall never take<br />

My bodily form from any natural thing,<br />

But such a form as Grecian goldsmiths make<br />

Of hammered gold and gold enamelling<br />

To keep a drowsy Emperor awake;<br />

Or set upon a golden bough to sing<br />

To lords and ladies of Byzantium<br />

Of what is past, or passing, or to come<br />

(1928)<br />

stand, alle westlichen Abgesandten in<br />

Erstaunen versetzte. Doch der Minderwertigkeitskomplex<br />

und der Neid des<br />

mittelalterlichen Westens der prachtvollen<br />

Kultur des griechischen Mittelalters<br />

gegenüber ist Vergangenheit. Der<br />

moderne wissenschaftliche Blick kann<br />

das Phänomen Byzanz sachlich als eine<br />

nicht wegzudenkende Komponente<br />

der europäischen Kulturgeschichte betrachten.<br />

Die Vermittlung von<br />

Kontinuität und Wirkung<br />

der griechischen<br />

Sprache, Literatur und<br />

Kultur von der Antike<br />

über Byzanz bis in die<br />

Moderne, als ein neuer,<br />

deutschlandweit innovativer<br />

Studiengang in Kooperation der<br />

Byzantinischen und Neugriechischen<br />

mit der Klassischen Philologie und der<br />

Alten Geschichte ist zum ersten Mal<br />

2006 in den Studienplan der Universität<br />

Leipzig eingeführt worden und wird<br />

bis heute erfolgreich geführt. Trotz des<br />

von einigen Nicht-Byzantinisten oder<br />

Byzantinisten wider Willen geleisteten<br />

Widerstandes gegen diese Selbstverständlichkeit,<br />

oder besser gesagt gerade<br />

deshalb, blickt man als Byzantinist der<br />

Zukunft optimistisch entgegen, dass eines<br />

Tages etwa Fragen wie „gefällt Ihnen<br />

Bach?“, „gefällt Ihnen Platon?“,<br />

„gefällt Ihnen Psellos?“, genauso<br />

selbstverständlich wahrgenommen und<br />

beantwortet, wenn auch nicht immer<br />

bejaht werden können. Denn, um mit<br />

H.-G. Beck zu sprechen: „Wissenschaft<br />

gedeiht dort, wo sie provoziert wird<br />

und sich dieser Provokation stellt und<br />

bereit ist, daran zu scheitern“.


426 FORSCHUNG <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Ergründet<br />

und entdeckt<br />

Jurassische „Fast-Food-Kultur“<br />

Eine Faustregel lautet: Je<br />

größer ein Tier ist, desto<br />

mehr Zeit verbringt es mit<br />

Fressen. Ein Elefant beispielsweise<br />

ist 18 Stunden<br />

täglich damit beschäftigt, seinen<br />

gewaltigen Appetit zu<br />

stillen. Wie kam es also, dass<br />

die sog. sauropoden Dinosaurier<br />

so viel größer wurden<br />

als heutige Landtiere?<br />

Der Tag hätte 30 Stunden haben<br />

müssen, damit diese Tiere<br />

ihren Kalorienbedarf hätten<br />

decken können. Auf diese<br />

Frage liefert nun eine Forschergruppe<br />

unter Leitung<br />

der Universität Bonn eine<br />

Antwort. Demnach kauten<br />

die Langhalssaurier ihre<br />

Nahrung nicht, sondern<br />

schlangen sie einfach herunter.<br />

Kauen kostet Zeit – eine<br />

Ressource, die mit steigender<br />

Größe knapp wird. Zudem<br />

braucht, wer kaut, einen großen<br />

Kopf – schließlich müssen<br />

Mahlzähne und Muskulatur<br />

irgendwo untergebracht<br />

werden. Die Pflanzen fressenden<br />

Riesendinosaurier<br />

hatten jedoch relativ kleine<br />

und leichte Schädel. Erst diese<br />

Tatsache ermöglichte ih-<br />

nen die Ausbildung extrem<br />

langer Hälse. Und diese halfen<br />

ihnen wiederum dabei,<br />

die Nahrungsaufnahme möglichst<br />

effizient zu gestalten.<br />

So mussten sie nicht permanent<br />

ihren 80-Tonnen-Körper<br />

auf der Suche nach Grünzeug<br />

bewegen: Sie blieben<br />

einfach stehen und nutzten<br />

ihren beweglichen Hals, um<br />

die Umgebung abzugrasen.<br />

Als Nahrung dürften den<br />

Sauropoden unter anderem<br />

Schachtelhalme gedient haben.<br />

Diese waren nach Untersuchungen<br />

der Forschergruppe<br />

ausgesprochen energiereich.<br />

Der Verdauungsvorgang<br />

selbst dürfte bei den<br />

Riesendinos aufgrund der<br />

fehlenden Mahlzähne einige<br />

Tage gedauert haben. Ihre<br />

Mägen waren aber so groß,<br />

dass sie dennoch rund um die<br />

Uhr genügend Energie lieferten.<br />

Der Stoffwechsel der gigantischen<br />

Tiere war zudem<br />

ausgesprochen leistungsfähig.<br />

Sie verfügten über eine erstaunlich<br />

ausgefeilte Lunge,<br />

die bei weitem effektiver war<br />

als die des Menschen (Institut<br />

für Paläontologie der Universität<br />

Bonn, 11.5.2010).<br />

Foto: Universität Bonn<br />

Ohne Stich<br />

Wissenschaftler der ETH<br />

Zürich haben einen<br />

neuartigen Sensor entwickelt,<br />

der beim Kontakt mit menschlichem<br />

Atem sofort anzeigt, ob<br />

eine Person an Diabetes Typ 1<br />

leidet. Der Sensor messe mit<br />

großer Präzision Azeton, das<br />

in der Atemluft von Diabetes-<br />

1-Patienten in hoher Konzentration<br />

enthalten ist. Um ihren<br />

eigenen Blutzuckerspiegel bestimmen<br />

zu können, müssen<br />

die Betroffenen bisher eine<br />

Blutprobe nehmen. Mit dem<br />

neuen Gerät würde der tägliche<br />

Stich in die Fingerkuppe<br />

entfallen (Institut für Verfahrenstechnik,<br />

6.5.2010)<br />

Knochen-<br />

Regeneration<br />

Forschern der Universität<br />

Stanford (Kalifornien) ist<br />

es gelungen, die Heilung verletzter<br />

Knochen bei Mäusen<br />

zu beschleunigen. Im Mittelpunkt<br />

ihrer Studie steht ein<br />

winziges Signalprotein aus der<br />

wingless-Gruppe (Wnt). Dieses<br />

Protein kann die Aktivität<br />

von Knochenstammzellen beeinflussen,<br />

die sich daraufhin<br />

schneller teilen. Dieser Effekt<br />

sei jedoch nur für eine begrenzte<br />

Zeit aufgetreten, und<br />

auch nur am Ort der Verletzung.<br />

Dies sei wichtig, da sich<br />

sonst gegebenenfalls zuviel<br />

Knochen bilden könnten. Die<br />

Wissenschaftler hoffen, mit<br />

ähnlichen Verfahren eines Tages<br />

auch Menschen helfen zu<br />

können (dpa, 3.5.2010; DOI:<br />

10.1126/scitranslmed.3000231).


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> FORSCHUNG 427<br />

Zugkollision<br />

Mit einem neuartigen<br />

Sicherheitssystem<br />

können sich Züge auf Kollisionskurs<br />

gegenseitig warnen.<br />

Sobald zwei Züge näher als<br />

fünf Kilometer voneinander<br />

entfernt sind, tauschen sie<br />

über das System Informationen<br />

über Position, Geschwindigkeit<br />

und geplante Streckenführung<br />

aus. Die Technik<br />

wurde vom Deutschen Zentrum<br />

für Luft- und Raumfahrt<br />

(DLR) entwickelt. Das Zugkollisions-Vermeidungssystem<br />

(RCAS) soll vorhandene<br />

Sicherheitstechnik nicht ersetzen,<br />

sondern ergänzen. Die<br />

bisherige Infrastruktur baue<br />

auf eine Sicherung an der<br />

Strecke. Das neue System<br />

bringe die Sicherheitstechnik<br />

in die Züge: In einer Gefahrensituation<br />

warne es den<br />

Zugführer und fordere ihn<br />

auf, entsprechend zu reagieren.<br />

RCAS sei nicht an eine<br />

technische Reaktion des Zugs<br />

wie etwa ein Bremsmanöver<br />

gekoppelt. Der Einsatz sei zunächst<br />

dort geplant, wo noch<br />

gar keine Sicherung eingesetzt<br />

werde, beispielsweise etwa<br />

auf Strecken mit sehr geringem<br />

Verkehrsaufkommen<br />

(dpa, 17.5.2010).<br />

Wer aktive Kinder ohne<br />

Übergewicht und<br />

Schulprobleme großziehen<br />

will, sollte sie vor allem in<br />

den ersten Lebensjahren vom<br />

Fernseher fernhalten. Eine<br />

Langzeitstudie in Kanada<br />

zeigt, dass zuviel TV-Konsum<br />

in jungen Jahren nachhaltige<br />

Spuren hinterlässt. Kinder,<br />

die mehr als zwei Stunden<br />

pro Tag vor dem Fernseher<br />

verbrachten, neigten auch als<br />

Zehnjährige noch zu weniger<br />

Bewegung, waren passiver im<br />

Unterricht, hatten speziell<br />

mit Mathe zu kämpfen und<br />

waren dicker. Die frühe<br />

Kindheit sei eine entscheidende<br />

Zeit für die Entwicklung<br />

des Gehirns und die<br />

Genuss- oder<br />

Kettenraucher?<br />

Ob ein Raucher später<br />

Gelegenheits- oder<br />

Kettenraucher ist, wird maßgeblich<br />

von dessen Genen bestimmt.<br />

Eine internationale<br />

Forschergruppe unter Beteiligung<br />

Greifswalder Wissenschaftler<br />

hat die genetische<br />

Veranlagung des Raucherverhaltens<br />

in den Nikotinrezeptoren<br />

nachgewiesen. In der<br />

Studie, bei der weltweit<br />

41 000 Menschen untersucht<br />

wurden, sei nun erstmals<br />

nachgewiesen worden, dass<br />

die Zahl der täglich gerauchten<br />

Zigaretten durch bestimmte<br />

Variationen in den<br />

Genen der Nikotinrezeptoren<br />

beeinflusst werde. Bislang sei<br />

man davon ausgegangen, dass<br />

das Suchtverhalten vor allem<br />

durch den unterschiedlichen<br />

Nikotinabbau durch Enzyme<br />

in der Leber beeinflusst werde.<br />

Auch wenn Gene maßgeblich<br />

das Raucherverhalten beeinflussten,<br />

sei der Griff zur<br />

ersten Zigarette aus Sicht der<br />

Forscher vor allem von psycho-sozialen<br />

Faktoren abhängig.<br />

Deshalb komme der Prävention<br />

eine entscheidende<br />

Bedeutung zu (dpa, 3.5.2010).<br />

Fernsehen schadet Kleinkindern<br />

Entstehung von Verhalten,<br />

erläuterte die federführende<br />

Autorin Linda S. Pagani. Besonders<br />

auffällig sei gewesen,<br />

dass die Vielgucker mehr<br />

Probleme mit ihren Klassenkameraden<br />

hatten und häufiger<br />

gehänselt, zurückgewiesen<br />

oder auch angegriffen<br />

wurden. Darüber hinaus waren<br />

sie am Wochenende 13<br />

Prozent weniger aktiv und<br />

betätigten sich insgesamt 9<br />

Prozent weniger sportlich.<br />

Sie naschten 10 Prozent<br />

mehr zwischen den Mahlzeiten<br />

und wogen schon als<br />

Zehnjährige 5 Prozent mehr<br />

(dpa, 10.5.2010; Archives of<br />

Pediatric & Adolescent Medicine,<br />

Bd. 164, S. 425).<br />

Foto: Robert-Koch-Institut<br />

Das Erbe Robert Kochs<br />

Unter dem Titel „MenschMikrobe“ – Das Erbe Robert Kochs und die<br />

moderne Infektionsforschung starten die Deutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft<br />

und das Robert-Koch-Institut am 2. Juni 2010 in Berlin eine gemeinsame<br />

Wanderausstellung zur Infektionsmedizin. Was sind Mikroben? Wie entstehen<br />

Infektionen? Wie lassen sich Seuchen kontrollieren? In zehn Themenstationen<br />

will die Ausstellung, die dort bis 6. Juli zu sehen ist, diese und andere Fragen<br />

beantworten. Danach wandert sie nach Bonn und Würzburg. Anlass der Ausstellung<br />

ist der hundertste Todestag des Nobelpreisträgers und Mitbegründers<br />

der Bakteriologie, Robert Koch, am 27. Mai 2010.<br />

Abbildung oben: Robert Koch bei seiner Schlafkrankheits-Expedition am Victoriasee<br />

1906/07, hier zusammen mit seinem Assistenten Friedrich Karl Kleine.<br />

Künstliche Muskeln<br />

Forscher haben im Labor<br />

ein elastisches Muskelprotein<br />

künstlich nachgebaut.<br />

Das neue Material kann<br />

womöglich als Ausgangspunkt<br />

für künstliche Muskeln<br />

dienen, ein Test zur Bioverträglichkeit<br />

stehe aber noch<br />

aus. Ein kanadisches Team<br />

um Hongbin Li hatte sich das<br />

Muskelprotein Titin zum<br />

Vorbild genommen. Es ist unter<br />

anderem daran beteiligt,<br />

einen gedehnten Muskel „zurückzustellen“<br />

und verleiht<br />

den Muskeln ihre Elastizität.<br />

Wie die Wissenschaftler im<br />

Journal „Nature“ berichten,<br />

sei das neue Material biologisch<br />

abbaubar und könnte<br />

daher im Körper auch als ei-<br />

ne Art Schablone oder Form<br />

eingesetzt werden, um das<br />

Wachstum neuen Gewebes<br />

zu unterstützen oder in die<br />

gewünschte Form oder Richtung<br />

zu leiten. Ein begleitender<br />

Kommentar weist darauf<br />

hin, dass in diesem Fall darauf<br />

geachtet werden müsse,<br />

dass die dabei entstehenden<br />

kleinen Bruchstücke das Immunsystem<br />

nicht reizten<br />

(dpa, 10.5.2010; DOI: 10.<br />

1038/nature09024).<br />

Vera Müller


428 BÜCHER <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Lesen und<br />

lesen lassen<br />

Pflichtlektüre für<br />

Prüfer<br />

Copy and paste“ ist die verharmlosende<br />

wie brisante Formulierung<br />

für geistigen Diebstahl in der elektronischen<br />

Variante. Schüler, Studierende,<br />

Doktoranden wie Professoren nutzen<br />

diese Technik: Das Resultat ist in allen<br />

Formen das „Wissenschaftsplagiat“.<br />

Diesem realen Phänomen hat verdienstvollerweise<br />

der Jurist Volker Rieble eine<br />

höchst informative, aufrüttelnde Studie<br />

gewidmet, die zur Pflichtlektüre aller<br />

Prüfer und Hüter der wissenschaftlichen<br />

Redlichkeit werden sollte.<br />

Abgeschrieben, abgekupfert und verfälschend<br />

(oder gar nicht) zitiert wird<br />

wohl seit Erfindung der Schreibkunst.<br />

Selbst die Schönen Künste kennen das<br />

Bildzitat, die mehr oder weniger plumpe<br />

Übernahme von Motiven oder Szenen<br />

aus früheren Kunstwerken zur Erhöhung<br />

des eigenen Ruhms. Das elektronische<br />

Zeitalter hat allerdings zwei Neuerungen<br />

in die „Technik des Plagiierens“ eingebracht,<br />

wie V. Rieble zu Recht herausarbeitet:<br />

Das digitale Netz nimmt „dem<br />

Plagiator … die Mühe des Abschreibens<br />

ab. Andererseits muß … der Plagiator befürchten,<br />

daß seine Netzpublikation wegen<br />

ihrer freien Zugänglichkeit leichter<br />

als Plagiat aufgedeckt wird.“ (S. 52)<br />

Akribisch und unter Berücksichtigung<br />

des – erschreckend umfangreichen<br />

– Schrifttums sowie der Rechtsprechung<br />

zum Thema „wissenschaftliche Fälschungen“<br />

führt der Autor in die Thematik ein<br />

und zeigt die zahlreichen Schwächen<br />

und (bewussten) Nachlässigkeiten bei der<br />

Behandlung dieses „heißen Eisens“<br />

durch (zu) viele Stellen der der wissenschaftlichen<br />

Redlichkeit Verpflichteten<br />

auf. Seiner sehr couragiert vorgetragenen<br />

<strong>Kritik</strong> ist insoweit uneingeschränkt zuzustimmen,<br />

weiß der Rezensent doch aus<br />

über 25jähriger Erfahrung, wie lange man<br />

Staatsanwaltschaften in Zusammenhang<br />

mit dem unverändert blühenden Handel<br />

mit Doktortiteln und -arbeiten bedrängen<br />

muss, bis in einigen Fällen Klage erhoben<br />

und Strafen verhängt werden.<br />

Einen diskussionswürdigen Teil der<br />

Schrift bildet eine „Abrechnung“ des Au-<br />

tors mit einigen juristischen Fachkollegen,<br />

denen er verschiedenste Formen des<br />

Selbstplagiats vorwirft und – sich gelegentlich<br />

selbst einschließend – den Nachweis<br />

zu führen versucht, dass „Professoren<br />

... als Plagiatoren überwiegend Dilettanten“<br />

sind (S. 24). –<br />

Eine Pflichtlektüre<br />

also im doppelten<br />

Sinn!<br />

Volker Rieble: Das Wissenschaftsplagiat<br />

– Vom<br />

Versagen eines Systems.<br />

Vittorio Klostermann Verlag,<br />

Frankfurt/M. 2010,<br />

120 Seiten,14,80 €.<br />

Universitätsprofessor Dr. Dr. Manuel<br />

R. Theisen, LMU München<br />

Zukunft gestalten<br />

Wie wird die Welt in 20 Jahren<br />

aussehen? Wie werden wir<br />

dann leben? Geprägt wird unser künftiges<br />

Leben von dem, was heute erforscht<br />

wird. Daher hat es sich die Max-Planck-<br />

Gesellschaft zur Aufgabe gemacht, einen<br />

Überblick über die Wissensgebiete<br />

zu vermitteln, die sich derzeit besonders<br />

dynamisch und vielversprechend entwickeln.<br />

Erst mit ihrem Ausstellungszug<br />

„Expedition Zukunft“, der im Wissenschaftsjahr<br />

2009 durch Deutschland<br />

rollte, und jetzt auch in Buchform werden<br />

<strong>Forschung</strong>sergebnisse aus Naturwissenschaft<br />

und Technik schlaglichtartig<br />

präsentiert und auf ihre Bedeutung<br />

für die Zukunft hin befragt. Entwicklungstrends<br />

werden prognostiziert, wobei<br />

so manche Prognose noch in Frageform<br />

formuliert ist. Zahlreiche Fotos illustrieren<br />

die faszinierende Welt der<br />

Wissenschaft. Es ist ein Buch, das mit<br />

viel Optimismus hervorhebt, wie mit<br />

Wissenschaft und <strong>Forschung</strong> Zukunft<br />

gestaltet werden kann.<br />

Max-Planck Gesellschaft<br />

(Hg.): Expedition Zukunft –<br />

Science Express. Wie Wissenschaft<br />

und Technik unser<br />

Leben verändern, WBG,<br />

Darmstadt 2009, 274 Seiten,<br />

24,90 €.<br />

Ina Lohaus<br />

BÜCHER ÜBER<br />

WISSENSCHAFT<br />

Christiane Bender: Podium und<br />

Pampers<br />

Mattes Verlag Heidelberg 2010,<br />

256 Seiten, 14,80 €.<br />

Maxwell R. Bennett / Peter M.<br />

Hacker: Die philosophischen<br />

Grundlagen der Neurowissenschaften<br />

Wissenschaftliche Buchgesellschaft,<br />

Darmstadt 2010, 624 Seiten,<br />

79,90 €.<br />

Clemens Knobloch: Wir sind<br />

doch nicht blöd<br />

Die unternehmerische Hochschule,<br />

Verlag Westfälisches Dampfboot,<br />

Münster 2010, 264 Seiten,<br />

24,90 €.<br />

Stephan Leibfried (Hg.): Die<br />

Exzellenzinitiative<br />

Zwischenbilanz und Perspektiven.<br />

Campus Verlag, Frankfurt/<br />

New York 2010, 313 Seiten,<br />

19,90 €.<br />

Hildegard Macha u.a.: Gleichstellung<br />

und Diversity an der<br />

Hochschule<br />

Implementierung und Analyse<br />

des Gender Mainstreaming-Prozesses.<br />

Verlag Budrich UniPress,<br />

Leverkusen 2010, 375 Seiten,<br />

42,- €.<br />

Thomas H. Osburg: Hochschulsponsoring<br />

als Corporate<br />

Citizenship<br />

Logos Verlag, Berlin 2010,<br />

318 Seiten, 40,50 €.<br />

Regine Rompa: Karriere am<br />

Campus<br />

Traumjobs an Uni und FH.<br />

Gabler Verlag, Wiesbaden 2010,<br />

200 Seiten, 27,95 €.<br />

Wolf Wagner: Tatort Universität<br />

Vom Versagen deutscher Hochschulen<br />

und ihrer Rettung.<br />

Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2010,<br />

187 Seiten, 16,90 €.


430 LESERFORUM <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Zustimmung<br />

und Widerspruch<br />

Heft 4: Hochschulmedizin<br />

Modellstudiengang<br />

Medizin in Aachen<br />

Mit Interesse aber auch<br />

mit einiger Verwunderung<br />

habe ich unter der<br />

Überschrift „Die bisher<br />

mutigste Reform des<br />

Medizinstudiums“ – mit<br />

dem Unterthema „Über den deutschlandweit<br />

ersten Reformstudiengang Medizin“<br />

– ein Interview mit Herrn Gerhard Gaedicke,<br />

Leiter des Reformstudiengangs<br />

Medizin an der Charité, gelesen.<br />

Es stimmt zwar, dass die Charité im<br />

Wintersemester 1999/2000 erstmals in<br />

Deutschland einen Reformstudiengang<br />

Medizin eingeführt hat, der parallel zum<br />

weiter bestehenden Regelstudiengang<br />

angeboten wurde. Ob es sich dabei um<br />

das bisher mutigste Reformkonzept handelt,<br />

mag dahingestellt bleiben. Der<br />

Aachener Modellstudiengang Medizin,<br />

der im Jahr 2003 für alle Medizinstudierenden<br />

verbindlich eingeführt wurde, ist<br />

mindestens so mutig wie der von Herrn<br />

Gaedicke in den höchsten Tönen gelobte<br />

Reformstudiengang an der Charité, da<br />

er die Trennung zwischen dem vorklinischen<br />

und klinischen Teil des Studiums<br />

völlig aufgehoben hat und von Beginn<br />

des Studiums an eine praxisnahe Ausbildung<br />

garantiert. Er wird in <strong>Forschung</strong> &<br />

<strong>Lehre</strong> 5/2009 eingehend geschildert. Als<br />

es in dem Interview um weitere Reformund<br />

Modellstudiengänge in Deutschland<br />

geht, wird der Aachener Modellstudiengang<br />

von Herrn Gaedicke nicht erwähnt.<br />

Bundesweit hat der Aachener<br />

Modellstudiengang durch die Verleihung<br />

des Preises des Hartmannbundes<br />

für Ausbildung an den Medizinischen<br />

Fakultäten im Jahr 2009 große Anerkennung<br />

gefunden. Man mag Herrn<br />

Gaedicke zugute halten, dass er eine<br />

große Begeisterung für den Reformstudiengang<br />

der Medizin an der Charité<br />

hegt. Dies sollte jedoch nicht den Blick<br />

auf eine mutige Ausbildung der Medizinstudierenden<br />

an anderen Standorten<br />

trüben.<br />

Es ist fast konsequent, dass auch im folgenden<br />

Artikel in <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />

über alternative Modelle des Medizin-<br />

Studiums in Deutschland, in dem exemplarisch<br />

ein Regelstudiengang (Marburg),<br />

ein Reformstudiengang (Greifswald)<br />

und ein Modellstudiengang (Hannover)<br />

vorgestellt werden, der Aachener<br />

Modellstudiengang nicht erwähnt wird.<br />

Wie diese Auswahl zustande gekommen<br />

ist, bleibt ein Geheimnis.<br />

Professor Dr. med. Johannes Noth, RWTH<br />

Aachen<br />

Heft 4: DFG und DHV<br />

gegen Publikationsflut<br />

Quantität und Qualität<br />

abwägen<br />

Viel öffentlichen Beifall<br />

hat die Entscheidung<br />

der DFG ausgelöst, bei<br />

Anträgen und Berichten<br />

nur mehr die Nennung<br />

einer vorab begrenzten<br />

Zahl von Veröffentlichungen<br />

zuzulassen. Damit soll der Schwerpunkt<br />

der Bewertungen verstärkt auf<br />

die Qualität der Inhalte und weniger auf<br />

ihre bloße Anzahl gerichtet werden.<br />

Darüber hinaus werden quantitative Indikatoren<br />

der <strong>Forschung</strong>sleistung (wie<br />

z.B. des Impacts von Publikationen) als<br />

ungeeignet kritisiert und das inhaltliche<br />

Urteil in den Vordergrund gestellt.<br />

So sehr jede <strong>Kritik</strong> an Informationsund<br />

Veröffentlichungsflut sofort Reflexe<br />

der Zustimmung auslöst, so sehr wird<br />

die Begeisterung über die Maßnahme<br />

der DFG durch eingehenderes Nachdenken<br />

gedämpft.<br />

Sicher ist die bloße Zahl von Publikationen<br />

kein Maßstab für die wissenschaftliche<br />

Qualität. Dies ist jedem<br />

DFG-Gutachter hinreichend bekannt.<br />

Und doch muss die Leistung eines Antragstellers,<br />

der in den letzten Jahren<br />

zehn herausragende Veröffentlichungen<br />

vorgelegt hat, höher eingeschätzt werden<br />

als die eines Antragstellers mit nur<br />

fünf ausgezeichneten Publikationen.<br />

Warum sollen diese Informationen den<br />

Gutachtern vorenthalten werden?<br />

Traut man ihnen kein Urteil zu, das<br />

Qualität und Quantität vernünftig miteinander<br />

abwägt? Die in der neuen<br />

Maßnahme enthaltene Bevormundung<br />

der Gutachter ist schwer nachzuvollziehen.<br />

Der zweite <strong>Kritik</strong>punkt betrifft<br />

quantitative Leistungsindikatoren. Hier<br />

werden von der DFG sogenannte Impact-Indizes<br />

(z.B. der Hirsch-Index) genannt,<br />

wobei die Höhe der eingeworbenen<br />

Drittmittel interessanterweise von<br />

der <strong>Kritik</strong> ausgenommen wird. Auch<br />

hier findet man schnell Zustimmung,<br />

wenn man die These verteidigt, dass<br />

sich die Komplexität wissenschaftlicher<br />

Qualifikation nicht auf eine Zahl reduzieren<br />

lasse. Die eigene Einschätzung<br />

erscheint naturgemäß immer vertrauenswürdiger<br />

als eine undurchsichtige<br />

Quantität. Aber auch hier lohnt es sich,<br />

einmal genauer über die Aussagekraft<br />

der Indikatoren nachzudenken und deren<br />

Bedeutung für das eigene Urteil in<br />

Betracht zu ziehen. Indikatoren des Impacts<br />

beruhen nämlich überwiegend auf<br />

einer Beurteilung der Bedeutung des Inhalts<br />

einer Publikation, die sich in der<br />

Häufigkeit ihrer Zitierung niederschlägt.<br />

Sicher gibt es, wie bei allen Maßen,<br />

Fehlereinflüsse wie Selbstzitierungen,<br />

Anzahl der Koautoren, Lebensalter<br />

etc., die jedoch von Fachleuten übereinstimmend<br />

als unbedeutend bzw. leicht<br />

korrigierbar angesehen werden. Von daher<br />

reflektieren entsprechende Indizes<br />

das Urteil der Fachkollegen, das man<br />

zwar keineswegs unkritisch übernehmen,<br />

aber in seiner eigenen Urteilsbildung<br />

berücksichtigen sollte. So wie ein<br />

Herausgeber einer Zeitschrift das Urteil<br />

mehrerer Reviewer heranzieht, sollte<br />

ein akademischer Entscheider die Resonanz<br />

zur Kenntnis nehmen, welche die<br />

wissenschaftlichen Arbeiten eines Antragstellers<br />

oder Bewerbers in der<br />

„scientific community“ bislang gefunden<br />

hat. Dass diese Information in<br />

quantifizierter Form vorliegt, sollte<br />

selbst bei ausgeprägter Mathematikfeindlichkeit<br />

nicht gleich im Vorhinein<br />

zur Zurückweisung führen. Der kategorische<br />

Verzicht auf diese Information ist<br />

im Rahmen einer verantwortlichen Urteilsbildung<br />

nicht zu rechtfertigen.<br />

Von daher erscheint mir die Initiative<br />

der DFG außerordentlich problematisch<br />

und nicht als geeignetes Instrument<br />

zur Förderung wissenschaftlicher<br />

Qualität.<br />

Professor Dr. Fritz Strack, Universität Würzburg


Universitäts- und<br />

Hochschullehrerrecht<br />

185 Gerichtsentscheidungen in Kurzform<br />

Im Rahmen der Föderalismusreform haben Bund und<br />

Länder die Gesetzgebungszuständigkeiten neu geordnet.<br />

So hat der Bund im Hochschulbereich seine Rahmengesetzgebungskompetenz<br />

aufgegeben. Die Länder<br />

können nun noch weitergehender in eigener Zuständigkeit<br />

die Hochschulorganisation regeln. Diese umfasst<br />

Themen wie den zentralen oder dezentralen Hochschulaufbau,<br />

den Ablauf von Berufungsverfahren, den Zugang<br />

zum Hochschulstudium oder auch die Einführung von<br />

Studiengebühren. Seit der Föderalismusreform obliegt<br />

den Ländern auch die Regelung der Professorenbesoldung<br />

und des Beamtenrechtes. Von den übertragenen<br />

Gesetzgebungskompetenzen haben die Länder<br />

in unterschiedlicher Intensität Gebrauch gemacht.<br />

Anhand der Rechtsprechung wird deutlich, dass Fragen<br />

der Arbeitsfähigkeit der Professur (Ausstattung), der<br />

Freiheit von <strong>Forschung</strong> und <strong>Lehre</strong> für den Hochschullehrer<br />

sowie der Zugang zum Professorenberuf und damit<br />

die Rechtmäßigkeit des Berufungsverfahrens für die<br />

einzelnen Mitglieder der Hochschule von zentraler<br />

Bedeutung sind.<br />

Diese Komplexe und viele weitere Themen im Hochschulbereich<br />

dokumentiert die vorliegende Rechtsprechungssammlung<br />

„Universitäts- und Hochschullehrerrecht“.<br />

Sie stellt Entscheidungen aus den Jahren<br />

2003 bis 2008 in komprimierter Form dar. Die Auswahl<br />

orientiert sich dabei daran, welche Entscheidungen für<br />

die Praxis von besonderer Bedeutung sind.<br />

236 Seiten, 24,90 Euro inkl. Porto<br />

(für Mitglieder des Deutschen<br />

Hochschulverbandes 21,90 Euro inkl. Porto).<br />

ISBN 978-3-924066-91-8<br />

Sie interessieren sich nicht nur für den aktuellen Sammelband, sondern auch für seine beiden<br />

Vorgänger aus den Jahren 1999 und 2003? In diesem Fall bietet Ihnen der Deutsche Hochschulverband<br />

einen Paketpreis von nur 45,- Euro inkl. Porto (für Mitglieder 40,- Euro inkl. Porto) an.<br />

Deutscher Hochschulverband<br />

Rheinallee 18<br />

53173 Bonn<br />

E-Mail: dhv@hochschulverband.de<br />

Fax: 0228 / 902 66 80


432 RECHT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Entscheidungen<br />

Konkurrentenstreit<br />

im Universitätsklinikum<br />

Die Antragstellerin ist medizinische<br />

Universitätsprofessorin im Beamtenverhältnis<br />

auf Lebenszeit und leitet<br />

eine medizinische Abteilung im Universitätsklinikum.<br />

Der Klinikumsvorstand<br />

beschloss eine Umstrukturierungsmaßnahme,<br />

wonach die bisherige Abteilung<br />

der Antragstellerin reduziert und teilweise<br />

in eine neu zu gründende Abteilung<br />

ausgegliedert werden sollte. Ferner<br />

sollte eine weitere medizinische Professur<br />

ausgeschrieben und dem ausgewählten<br />

Bewerber die Leitung der neugeschaffenen<br />

Abteilung übertragen werden.<br />

Die Umstrukturierungsmaßnahme<br />

in der Abteilung sollte mit Rufannahme<br />

des künftigen Professurinhabers wirksam<br />

werden. Die Antragstellerin zog<br />

vor Gericht mit dem Ziel, der Universität<br />

bzw. dem Ministerium die Berufung<br />

und Ernennung verbieten zu lassen.<br />

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-<br />

Württemberg wies die Klage ab. Beeinträchtigungen<br />

der wissenschaftlichen<br />

Betätigung seien durch die Berufung<br />

und Ernennung eines Bewerbers auf die<br />

ausgeschriebene Professur nicht zu besorgen.<br />

Die Antragstellerin habe kein<br />

Recht auf die alleinige Vertretung des<br />

übertragenen Faches. Auch im Hinblick<br />

auf den Bereich der Krankenversorgung<br />

sei eine Rechtsverletzung nicht erkennbar.<br />

Zwar gehöre die Wahrnehmung<br />

von Krankenversorgungsaufgaben<br />

zu den der AntragstellerinübertragenenDienstaufgaben,<br />

die auch gerichtlich<br />

verteidigt<br />

werden könnten.<br />

Aus den von der<br />

Antragstellerin allein<br />

angegriffenen<br />

Maßnahmen der<br />

Berufung und Ernennung<br />

ergebe<br />

sich aber keine Änderung<br />

der Krankenversorgungsaufgaben.<br />

Derartige<br />

Auswirkungen ergäben<br />

sich vielmehr<br />

erst aus weiteren<br />

Organisationsmaßnahmen<br />

des Universitätsklinikums.<br />

Diese würden zwar<br />

automatisch mit<br />

der Annahme des<br />

Rufs auf die ausgeschriebeneProfessur<br />

wirksam, seien also faktisch an die<br />

Berufung und Ernennung eines weiteren<br />

Professors gebunden. Eine rechtlich<br />

relevante Verknüpfung dergestalt, dass<br />

sich die Universität und das Ministerium<br />

den Organisationsbeschluss des Klinikums<br />

zurechnen lassen müssten, liege<br />

jedoch nicht vor. Insoweit sei zu berücksichtigen,<br />

dass das Klinikum als<br />

rechtsfähige Anstalt des öffentlichen<br />

Rechts verselbständigt sei.<br />

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg,<br />

9. Senat, Beschluss vom 3. Februar 2010,<br />

Az. 9 S 2586/09<br />

Foto: mauritius-images<br />

Kann ein verrenteter<br />

Wissenschaftler apl.<br />

Professor werden?<br />

Die Klägerin war bis zum Eintritt in<br />

den Ruhestand als Lehrkraft für<br />

besondere Aufgaben an der Universität<br />

beschäftigt. Sie habilitierte kurz vor<br />

dem Ausscheiden aus dem aktiven<br />

Dienst und beantragte im Nachhinein<br />

die Verleihung des Titels „außerplanmäßige<br />

Professorin“. Der Dekan lehnte die<br />

Einleitung des Verfahrens zur Verleihung<br />

der außerplanmäßigen Professur<br />

mit der Begründung ab, dass die Leistungen<br />

der Klägerin in <strong>Forschung</strong> und<br />

<strong>Lehre</strong> mit der kurz vor dem Ruhestand<br />

erfolgten Habilitation angemessen gewürdigt<br />

seien. Gegen diesen Ablehnungsbescheid<br />

setzte sich die Klägerin<br />

zur Wehr.<br />

Das saarländische Oberverwaltungsgericht<br />

stellte klar, dass kein einklagbarer<br />

Anspruch auf die Ernennung<br />

zur „außerplanmäßigen Professorin“<br />

bestehe. Das einschlägige Hochschulgesetz<br />

bestimme, dass die Verleihung der<br />

akademischen Bezeichnung „außerplanmäßige<br />

Professorin“ u.a. davon abhänge,<br />

ob die Einstellungsvoraussetzungen<br />

für Professoren erfüllt seien. Hiervon<br />

würden ausdrücklich auch die allgemeinen<br />

dienstrechtlichen Voraussetzungen<br />

erfasst. Diese seien hier nicht<br />

erfüllt, weil die Klägerin bereits im Zeitpunkt<br />

des Antrags auf Verleihung der<br />

außerplanmäßigen Professur das Pensionsalter<br />

einer Universitätsprofessorin<br />

überschritten habe.<br />

(Oberveraltungsgericht des Saarlandes,<br />

3. Senat, Urteil vom 26. Juni 2009,<br />

Az. 3 A 154/08)<br />

Wiltrud Christine Radau<br />

LESERSERVICE<br />

Die Entscheidungen der Rubrik<br />

„Recht“ können in vollem Wortlaut<br />

bestellt werden bei:<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong>, Rheinallee 18<br />

53173 Bonn, Fax: 0228/9026680,<br />

E-Mail: infoservice@forschungund-lehre.de


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> STEUERRECHT 433<br />

Steuerrecht<br />

aktuell<br />

Ausländischer<br />

Lehrauftrag<br />

Eine Lehrtätigkeit, die ein in einem<br />

Mitgliedsstaat der EU Steuerpflichtiger<br />

– im Dienst einer juristischen<br />

Person des öffentlichen Rechts, die sich<br />

in einem anderen Mitgliedsstaat befindet<br />

(im vorliegenden Fall an einer französischen<br />

Universität) – ausübt, fällt in<br />

den Anwendungsbereich von Artikel 49<br />

des Vertrages zur Gründung der Europäischen<br />

Gemeinschaft, wenn die Tätigkeit<br />

nebenberuflich und quasi ehrenamtlich<br />

ausgeübt wird. Der Europäische<br />

Gerichtshof hat am 18. Dezember 2007<br />

unter der Rechtssache C-281/06 entschieden,<br />

dass eine Beschränkung der<br />

Dienstleistungsfreiheit darin liegt, dass<br />

nach deutschem Recht nur das Entgelt,<br />

das Universitäten im Inland für nebenberufliche<br />

Lehrtätigkeit zahlen, von der<br />

Einkommensteuer befreit ist, aber eine<br />

solche Steuerbefreiung nicht für eine<br />

solche nebenberufliche Tätigkeit an ausländischen<br />

Hochschulen gelte. Eine solche<br />

Regelung stehe nicht im Einklang<br />

mit dem EU-Gemeinschaftsrecht, auch<br />

wenn die Länder für die Gestaltung ihres<br />

Bildungssystems zuständig seien.<br />

Gemäß § 3 Nr. 26 EStG sind Aufwandsentschädigungen<br />

für nebenberufliche<br />

Tätigkeiten als Übungsleiter/Aus-<br />

bilder/Erzieher und für vergleichbare<br />

nebenberufliche Tätigkeiten im Dienste<br />

einer juristischen Person des öffentlichen<br />

Rechts steuerfrei, und zwar bis zur<br />

Höhe von 2 100 Euro im Jahr. Bisher<br />

wurde dieser sogenannte „Übungsleiterfreibetrag“<br />

nur auf deutsche juristische<br />

Personen des öffentlichen Rechts ange-<br />

wandt. Aufgrund des Urteils des Bundesfinanzhofs<br />

auf der Grundlage des<br />

Urteils des Europäischen Gerichtshofs<br />

ist nun aber geklärt, dass die Regelung<br />

auch auf entsprechende nebenberufliche<br />

ehrenamtliche ausländische Tätigkeiten<br />

auszuweiten ist. Das Merkmal<br />

„inländisch“ in § 3 Nr. 26 EStG ist bei<br />

der Rechtsanwendung nicht zu beachten,<br />

so dass – wie im vorliegenden Fall –<br />

ein deutscher Hochschullehrer, der für<br />

820 Euro im Jahr an der Universität<br />

Straßburg einen Lehrauftrag durchführt,<br />

entsprechend § 3 Nr. 26 EStG<br />

diese Einkünfte in Deutschland einkommensteuerfrei<br />

erzielt.<br />

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.7.2008<br />

– VIII R 101/02<br />

Studiengebühren<br />

Studiengebühren für den Besuch einer<br />

(privaten) Hochschule sind<br />

nicht als außergewöhnliche Belastung<br />

bei der Einkommensteuer abziehbar.<br />

Foto: mauritius-images<br />

Eltern hatten für das Studium ihres 22jährigen<br />

Sohnes an einer privaten<br />

Hochschule Studiengebühren in Höhe<br />

von 7 080 Euro gezahlt, die sie in ihrer<br />

Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche<br />

Belastung geltend machen<br />

wollten.<br />

Das Finanzamt ließ den Abzug der<br />

Aufwendungen nicht zu, gewährte jedoch<br />

wegen der auswärtigen Unterbringung<br />

des Sohnes den Sonderbedarfsfreibetrag<br />

nach § 33 a Abs. 2 Satz 1 EStG.<br />

Der Bundesfinanzhof hat die Studiengebühren<br />

aber weder nach § 33 a<br />

Abs. 2 EStG noch nach § 33 EStG als<br />

außergewöhnliche Belastung anerkannt.<br />

Es handele sich um „üblichen<br />

Ausbildungsbedarf und zwar selbst<br />

dann, wenn die Aufwendungen im Einzelfall<br />

außergewöhnlich hoch und für<br />

die Eltern unvermeidbar seien“. Der übliche<br />

Ausbildungsbedarf werde in erster<br />

Linie durch das Kindergeld und den<br />

Kinderfreibetrag abgegolten. Insofern<br />

sei eine Berücksichtigung von zusätzlichen<br />

Kosten für den Unterhalt und die<br />

Ausbildung eines Kindes grundsätzlich<br />

ausgeschlossen und nicht verfassungsrechtlich<br />

bedenklich.<br />

Unstreitig steht daher Eltern zur Abgeltung<br />

des Sonderbedarfs eines sich in<br />

der Berufsausbildung befindlichen, auswärtig<br />

untergebrachten, volljährigen<br />

Kindes ein Freibetrag in Höhe von 924<br />

Euro je Kalenderjahr gemäß § 33 a Abs.<br />

2 Satz 1 EStG zu. Zusätzliche Voraussetzung<br />

dafür ist, dass für dieses Kind<br />

ein Anspruch auf einen Freibetrag nach<br />

§ 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld<br />

besteht.<br />

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.12.2009<br />

– VI R 63/08<br />

Kindergeld<br />

Nach dem Einkommensteuergesetz<br />

ist ein Kind kindergeldrechtlich<br />

zu berücksichtigen, das für einen Beruf<br />

ausgebildet wird.<br />

Zur Berufsausbildung gehört auch<br />

die Schulausbildung und die ernsthafte<br />

Vorbereitung auf die Berufsausbildung,<br />

wenn die Berufsziele noch nicht erreicht<br />

sind. Die ernsthafte Vorbereitung<br />

auf ein Abitur für Nichtschüler ist – zumindest<br />

ab dem Monat der Anmeldung<br />

zur Prüfung – als Berufsausbildung anzusehen.<br />

Bundesfinanzhof – Urteil vom 18.3.2009<br />

– III R 26/06<br />

Birgit Ufermann


434 KARRIERE-PRAXIS <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Gefühle und<br />

kaltes Kalkül<br />

Ursachen und Folgen<br />

von Mobbing<br />

| PETER T EUSCHEL | Der Umgang mit<br />

dem schwierigen Thema Mobbing ist geprägt durch Vorurteile<br />

und irrationale Annahmen. Dabei ist eine differenzierte<br />

Herangehensweise wichtiger denn je. Was genau passiert<br />

beim Mobbing? Wie können Betroffene sich am besten<br />

schützen?<br />

Nach einer Untersuchung<br />

der Bundesanstalt<br />

für Arbeitsschutz und<br />

Arbeitsmedizin aus dem Jahr<br />

2005 sind etwa eine Million<br />

Personen in Deutschland direkt<br />

von Mobbing betroffen.<br />

Wohlgemerkt, es ist hier<br />

nicht die Rede von allgemeinen<br />

Arbeitskonflikten, die als<br />

ubiquitäres Phänomen überall<br />

dort auftreten, wo Menschen<br />

miteinander interagieren.<br />

Die Abgrenzung echter<br />

Mobbinghandlungen von anderen<br />

Konfliktformen ist vor<br />

dem Hintergrund einer häufig<br />

anzutreffenden Ablehnung<br />

des Themas als „Modeerscheinung“<br />

essentiell.<br />

Seit Anfang der 90er Jahre<br />

gibt es sinnvolle und akzeptierte<br />

Definitionen von Mobbing.<br />

Konrad Lorenz prägte<br />

den Ausdruck 1963, als er<br />

das Verhalten einer Tiergruppe<br />

beschrieb, die sich zusammenrottet,<br />

um einen Feind in<br />

die Flucht zu schlagen. In seiner<br />

heutigen Form geht der<br />

Mobbing-Begriff zurück auf<br />

den deutsch-schwedischen<br />

Psychologen Heinz Leymann<br />

(1932-1999). Die Grundzüge<br />

seiner Definition haben sich<br />

bis heute gehalten. Danach<br />

wird von Mobbing gesprochen,<br />

wenn „negative kommunikative<br />

Handlungen“ gegen<br />

eine einzelne Person gerichtet<br />

sind und in nennenswerter<br />

Häufung (mindestens<br />

einmal pro Woche) über einen<br />

längeren Zeitraum (mindestens<br />

ein halbes Jahr) vorkommen<br />

und eine Täter-Opfer-Beziehung<br />

kennzeichnen.<br />

Leymann hatte eine Liste<br />

AUTOR<br />

Dr. med. Peter Teuschel ist Facharzt für Psychiatrie,<br />

Psychotherapie, seit 1996 in eigener Praxis in München<br />

niedergelassen. Tätigkeitsschwerpunkte: Arbeitskonflikte,<br />

insbesondere Mobbing, Essstörungen.<br />

von 45 Mobbing-Handlungen<br />

erstellt, die er seinen Untersuchungen<br />

zu Grunde legte.<br />

Diese Liste wurde im Laufe<br />

der Jahre von anderen Untersuchern<br />

auf über 100 ergänzt.<br />

Es finden sich hier z.B.<br />

Angriffe gegen die Arbeitsleistung,<br />

den Bestand des Beschäftigungsverhältnisses,gegen<br />

das Ansehen, die Privatsphäre,<br />

das Selbstwertgefühl<br />

und die Gesundheit des Opfers.<br />

Esser und Wolmerath<br />

(2005) erweiterten die Definition<br />

um einen wichtigen<br />

Punkt: Ungebremstes Mobbing<br />

führt in allen Fällen zu<br />

einer Beeinträchtigung der<br />

psychischen Befindlichkeit<br />

und Gesundheit. Das bedeutet<br />

nicht mehr und nicht weniger,<br />

als dass ungehemmtes<br />

Mobbing in allen Fällen<br />

krankmacht.<br />

Die zeitliche Dimension<br />

einer mindestens halbjährlichen<br />

Dauer der Mobbinghandlungen<br />

sollte man heute<br />

flexibler handhaben – zu viele<br />

halten die Schikanen nicht<br />

ein halbes Jahr durch, bevor<br />

sie erkranken.<br />

Auf der Liste der Mobbinghandlungen<br />

finden sich<br />

unterschiedliche Dimensionen<br />

menschlicher Niedertracht.<br />

Die Opfer werden<br />

ignoriert und wie Luft behandelt.<br />

Man verbreitet Gerüchte,<br />

macht sich über Eigenheiten<br />

des Betroffenen lustig.<br />

Der Informationsfluss wird<br />

gestoppt, das Opfer ausgegrenzt.<br />

Es hagelt heftige unberechtigte<br />

<strong>Kritik</strong>. Man überschüttet<br />

den Betroffenen mit<br />

sinnlosen Anordnungen oder<br />

entzieht ihm im Gegenteil<br />

jegliche Aufgaben. Das Ende<br />

der Skala enthält die Androhung<br />

oder Ausübung körperlicher<br />

Gewalt.<br />

Mobbing im<br />

Hochschulbereich<br />

Im Hochschulbereich ist damit<br />

zu rechnen, dass feinere<br />

und indirektere Mobbinghandlungen<br />

vorherrschen als<br />

z.B. in einem Handwerksbetrieb.<br />

Da verschwinden Da-<br />

teien vom Computer, werden<br />

<strong>Forschung</strong>sergebnisse manipuliert<br />

oder bewusst falsch<br />

beurteilt. Gezielte Abwertung<br />

des Opfers im Beisein anderer<br />

isoliert und entwürdigt es<br />

und nimmt ihm das Vertrauen<br />

in die eigene Kompetenz.<br />

An dieser Stelle ist nicht die<br />

Rede von vereinzelten Vorkommnissen<br />

oder gar gerechtfertigter<br />

<strong>Kritik</strong>. Diese<br />

mögen für die Betreffenden<br />

unangenehm sein, stellen<br />

aber für sich genommen kein<br />

Mobbing dar. Erst wenn wie<br />

oben geschildert die Demontage<br />

systematisch und gezielt<br />

erfolgt, spricht man von<br />

Mobbing.<br />

Die medizinischen Folgen<br />

finden sich zunächst meist im<br />

somatischen Bereich. Magenschmerzen,<br />

Übelkeit, Rückenbeschwerden<br />

sind oft erste<br />

Anzeichen des drohenden<br />

Zusammenbruchs. Auch<br />

Schlafstörungen mit nächtlichen<br />

Grübeleien treten sehr<br />

häufig bereits zu Beginn auf.<br />

Es folgen Angstgefühle und<br />

Panikattacken, zunehmende<br />

Selbstzweifel und Niedergeschlagenheit.<br />

Nicht wenige<br />

der Mobbingopfer entwickeln<br />

manifeste Suizidgedanken.<br />

Spätestens an diesem<br />

Punkt sollte eine Behandlung<br />

einsetzen. Viele der Opfer<br />

schieben den Arztbesuch aus<br />

Scham oder Selbstzweifel<br />

(„Liegt es vielleicht doch an<br />

mir?“) auf.<br />

Wer mobbt nun wen?<br />

Auch hier gibt die Untersuchung<br />

von Meschkutat Auskunft:<br />

In über 60 Prozent der<br />

Fälle ist es ein einzelner<br />

Mobber, der einen anderen<br />

auf die beschriebene Weise<br />

terrorisiert. Meist ist es der<br />

Vorgesetzte. Vor allem männliche<br />

Chefs im Alter zwischen<br />

35 und 55 Jahren mobben.<br />

Die Frage, ob es prädestinierte<br />

Opfer gibt, ist schwer<br />

zu beantworten. Prinzipiell<br />

ist niemand davor gefeit, in<br />

eine Mobbing-Situation zu<br />

geraten. Eine Studie aus Göttingen<br />

von Rammsayer und<br />

Schmiga von 2003 zeigt eine<br />

erhöhte Gefährdung einer


Foto: mauritius-images<br />

6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> KARRIERE-PRAXIS 435<br />

Personengruppe, die ich als<br />

„schwierige Kreative“ bezeichnen<br />

möchte. Dies sind<br />

phantasievolle, originelle und<br />

einfallsreiche, aber auch unangepasste<br />

und eher launische<br />

Menschen. Eigenwillige<br />

Querdenker, die leicht in den<br />

Strudel echten Mobbings geraten<br />

können. Gerade im<br />

Hochschulbereich werden<br />

wir diese Menschen nicht selten<br />

finden.<br />

Mobbing zielt immer auf<br />

die Entfernung des Opfers<br />

von seinem Arbeitsplatz ab.<br />

Ursachen sind zum einen<br />

verschiedene menschliche<br />

Emotionen wie Neid, Eifersucht<br />

und Rachegelüste, jedoch<br />

auch kaltes Kalkül zum<br />

gezielten Abbau von Mitarbeitern.<br />

Was können Betroffene<br />

tun? Wichtig ist, sich Beistand<br />

zu holen. Dies kann im<br />

Umfeld des Arbeitsplatzes<br />

(Personalrat, Mobbingbeauftragter)<br />

oder extern (Mobbing-Beratungsstelle)<br />

sein.<br />

Bei medizinischen Problemen<br />

sollte der Gang zum<br />

Arzt frühzeitig erfolgen, da<br />

die gesundheitliche Abwärtsspirale<br />

zu ernsten und<br />

schwerwiegenden Erkran-<br />

kungen führen kann. Eine<br />

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung<br />

(„Krankschreibung“)<br />

durch den Arzt ist deshalb<br />

eher die Regel als die Ausnahme.<br />

Diese löst nicht den<br />

Konflikt, bewahrt das Opfer<br />

aber vor weiteren gesundheitsschädigendenHandlungen<br />

der Mobber. In vielen<br />

Fällen ist es erforderlich, einen<br />

Anwalt einzuschalten.<br />

Mediationen oder Runde-<br />

Tisch-Gespräche bringen bei<br />

vielen Konflikten eine Lösung<br />

– bei Mobbing versagen<br />

sie, da das Ziel der Mobber<br />

nie die Einigung, sondern die<br />

Entfernung des Opfers aus<br />

dem Arbeitsumfeld ist.<br />

Folgen des Mobbings<br />

Die Folgen von Mobbing<br />

sind nicht nur auf medizinischem<br />

Gebiet katastrophal.<br />

Die entstehenden Kosten<br />

und die negativen Auswirkungen<br />

auf das Arbeitsklima,<br />

die Produktivität und den allgemeinen<br />

Krankenstand sind<br />

immens.<br />

Vor diesem Hintergrund<br />

kann allen Verantwortlichen<br />

geraten werden, sich differenziert<br />

und vorurteilsfrei über<br />

das Thema zu informieren<br />

und aufkeimenden Mobbing-<br />

Konflikten eine Abfuhr zu erteilen.<br />

Die bestehenden hierarchischen<br />

Strukturen im<br />

Hochschulbereich sind gut<br />

geeignet, um diese Art von<br />

Konflikten zu ächten und bei<br />

ihrem Auftreten zu ahnden.<br />

LITERATURTIPPS:<br />

Wird Mobbing geduldet, hat<br />

die Hierarchie versagt – zum<br />

Nachteil des Betroffenen wie<br />

auch des ganzen Arbeitsumfeldes.<br />

Esser A., Wolmerath M. Mobbing. Der Ratgeber<br />

für Betroffene und ihre Interessenvertretung.<br />

6. Auflage. Frankfurt am Main: Bund- Verlag 2005<br />

Leymann H. Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz<br />

und wie man sich dagegen wehren kann.<br />

Hamburg: Rowohlt Verlag 1993. (Neuausgabe<br />

März 2002)<br />

Meschkutat B., Stackelbeck M., Langenhoff G. Der<br />

Mobbing-Report. Repräsentativstudie für die Bundesrepublik<br />

Deutschland. Schriftenreihe der Bundesanstalt<br />

für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.<br />

6. Auflage. Dortmund, Berlin, Dresden: Wirtschaftsverlag<br />

NW 2005<br />

Rammsayer T., Schmiga K. Mobbing und Persönlichkeit:<br />

Unterschiede in grundlegenden Persönlichkeitsdimensionen<br />

zwischen Mobbing-Betroffenen<br />

und Nicht-Betroffenen. Wirtschaftspsychologie,<br />

Heft 2/2003 Lengerich: Pabst Science Publishers<br />

2003<br />

Teuschel P. Mobbing. Dynamik – Verlauf – gesundheitliche<br />

und soziale Folgen. Stuttgart: Schattauer<br />

Verlag 2010


436 KARRIERE <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Habilitationen<br />

und Berufungen<br />

Theologie<br />

Dr. Detlef Dieckmann-von<br />

Bünau, Ruhr-Universität Bochum,<br />

habilitierte sich, und<br />

es wurde ihm die Lehrbefugnis<br />

für das Fach Altes Testament<br />

erteilt.<br />

Prof. Dr. theol. Anna Elisabeth<br />

Gräb-Schmidt, Justus-<br />

Liebig-Universität Gießen,<br />

hat einen Ruf an die Universität<br />

Tübingen auf eine W3-<br />

Professur für Systematische<br />

Theologie/Ethik angenommen.<br />

Dr. habil. Daniel Muntenau,<br />

Universität Bamberg, habilitierte<br />

sich, und es wurde ihm<br />

die Lehrbefugnis für das<br />

Fach Ökumenische Theologie<br />

erteilt.<br />

PD Dr. Uta Poplutz, Universität<br />

Luzern/Schweiz, hat<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Wuppertal auf eine W3-Professur<br />

für Biblische Theologie<br />

angenommen.<br />

Philosophie und<br />

Geschichte<br />

Prof. Dr. Philipp Gassert,<br />

Universität Augsburg, hat<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Kassel auf eine W3-Professur<br />

für die Geschichte Großbritanniens<br />

und Nordamerikas<br />

abgelehnt.<br />

Dr. phil. Hauke Kenzler,<br />

Universität Bamberg, habilitierte<br />

sich, und es wurde ihm<br />

die Lehrbefugnis für das<br />

Fach Archäologie des Mittelalters<br />

und der Neuzeit erteilt.<br />

Dr. Spyridon Koutroufinis,<br />

Technische Universität Berlin,<br />

wurde die Lehrbefugnis<br />

für das Fach Philosophie erteilt.<br />

PD Dr. Frank-Michael Kuhlemann,<br />

Universität Bielefeld,<br />

habilitierte sich in dem Fach<br />

Neuere Geschichte und hat einen<br />

Ruf an die Technische Universität<br />

Dresden auf eine W2-<br />

Professur für Neuere und Neueste<br />

Geschichte und Didaktik<br />

der Geschichte erhalten.<br />

Prof. Dr. Jörn Leonhard,<br />

Universität Freiburg, hat<br />

einen Ruf an die Humboldt-<br />

Universität zu Berlin auf<br />

eine W3-Professur für Europäische<br />

Geschichte des 19.<br />

Jahrhunderts erhalten<br />

Prof. Dr. Gabriele Lingelbach,<br />

Universität Bamberg,<br />

hat einen Ruf an die Universität<br />

Lüneburg auf eine W3-<br />

Professur für Geschichte erhalten.<br />

Dr. Elif Özmen, Universität<br />

München, habilitierte sich,<br />

und es wurde ihr die Lehrbefugnis<br />

für das Fach Philosophie<br />

erteilt.<br />

Prof. Dr. Frank Rumscheid,<br />

Universität zu Kiel, hat einen<br />

Ruf an die Universität Bonn<br />

auf eine W3-Professur für<br />

Klassische Archäologie angenommen.<br />

Prof. Dr. Philipp Ther, Europäisches<br />

Hochschulinstitut<br />

Florenz/Italien, hat einen<br />

Ruf an die Universität Bamberg<br />

auf eine W2-Professur<br />

für Geschichte Mittel- und<br />

Osteuropas, mit einem<br />

Schwerpunkt in der Zeitgeschichte,<br />

angenommen.<br />

Dr. Tatjana Tönsmeyer, Universität<br />

Jena, habilitierte<br />

sich, und es wurde ihr die<br />

Lehrbefugnis für die Fachgebiete<br />

Neuere und Neueste<br />

Geschichte sowie Osteuropäische<br />

Geschichte erteilt.<br />

Gesellschaftswissenschaften<br />

Prof. Dr. Georg W. Alpers,<br />

Universität Würzburg und<br />

Universität Eichstätt, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Mannheim auf eine W3-Professur<br />

für Klinische und Biologische<br />

Psychologie angenommen.<br />

Dr. rer. pol. Lutz Bornmann,<br />

Universität Kassel, habilitierte<br />

sich in dem Fach Wissenschaftsforschung.<br />

PD Dr. Heike Buhl, Universität<br />

Jena, hat einen Ruf an<br />

die Universität Bamberg auf<br />

eine W2-Professur für Psychologische<br />

Grundlagen in<br />

Schule und Unterricht angenommen.<br />

Prof. Dr. Claus-Christian<br />

Carbon, Universität Wien/<br />

Österreich, hat einen Ruf an<br />

die Universität Bamberg auf<br />

eine W3-Professur für Allgemeine<br />

Psychologie erhalten.<br />

Prof. Dr. phil. Petra Deger,<br />

Justus-Liebig-Universität<br />

Gießen, hat einen Ruf an die<br />

Pädagogische Hochschule<br />

Heidelberg auf eine W3-Professur<br />

für Soziologie angenommen.<br />

Prof. Dr. phil. Marco Ennemoser,Justus-Liebig-Universität,<br />

hat Rufe an die Pädagogische<br />

Hochschule Heidelberg<br />

auf eine W3-Professur<br />

für Psychologie in SonderpädagogischenHandlungsfeldern<br />

sowie an die Universität<br />

Hannover auf eine W3-Professur<br />

für Pädagogische Psychologie<br />

abgelehnt.<br />

PD Dr. Karsten Fischer,<br />

Humboldt-Universität zu<br />

Berlin, hat einen Ruf an die<br />

Universität München auf eine<br />

W3-Professur für Politische<br />

Theorie angenommen.<br />

Prof. Dr. Michael Gessler,<br />

Universität Bremen, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Paderborn auf eine W3-Professur<br />

für Bildungsmanagement<br />

und Bildungsforschung<br />

in der Weiterbildung abgelehnt.<br />

Dr. Johannes Giesecke, Wissenschaftszentrum<br />

Berlin für<br />

Sozialforschung (WZB), hat<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Bamberg auf eine W3-Professur<br />

für Soziologie, insbesondere<br />

Methoden der empirischen<br />

Sozialforschung, erhalten.<br />

Prof. Dr. Thomas Götz, Universität<br />

Konstanz, hat einen<br />

Ruf an die Helmut-Schmidt-<br />

Universität Hamburg auf eine<br />

W3-Professur für Pädagogische<br />

Psychologie abgelehnt.<br />

Prof. Dr. Wolfgang Greiner,<br />

Universität Bielefeld, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Hamburg auf eine W3-Professur<br />

für Gesundheitsmanagement<br />

abgelehnt.<br />

Dr. habil. Kristin Härtl, Universität<br />

Bamberg, habilitierte<br />

sich, und es wurde ihr die<br />

Lehrbefugnis für das Fach<br />

Psychologie erteilt.<br />

Dr. phil. Mathias Hegele,<br />

IfADo - Leibniz-Institut für<br />

Arbeitsforschung an der TU<br />

Dortmund, hat einen Ruf an<br />

die Justus-Liebig-Universität<br />

Gießen auf eine Junior-Professur<br />

für Sportpsychologie<br />

und Motorisches Lernen erhalten.<br />

Prof. Dr. Clemens Hillenbrand,<br />

Universität zu Köln,<br />

hat einen Ruf an die Universität<br />

Oldenburg auf eine Professur<br />

für Pädagogik und Didaktik<br />

bei Beeinträchtigungen<br />

des Lernens angenommen.


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> KARRIERE 437<br />

PD Dr. Lars Holtkamp,<br />

FernUniversität Hagen, wurde<br />

zum Professor für Politik<br />

und Verwaltung ernannt.<br />

Prof. Dr. Katharina Holzinger,<br />

Universität Konstanz, hat<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Bremen auf eine W3-Professur<br />

für Internationale Beziehungen<br />

abgelehnt und das<br />

Bleibeangebot der Universität<br />

Konstanz angenommen.<br />

Dr. Frank Janning, Universität<br />

Konstanz, wurde die<br />

Lehrbefugnis für das Fach<br />

Politikwissenschaft erteilt.<br />

Prof. Dr. Cornelia Kristen,<br />

Universität Göttingen, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Bamberg auf eine W3-Professur<br />

für Soziologie, insbesondereSozialstrukturanalyse,<br />

erhalten.<br />

Prof. Dr. Wilfried Kunde,<br />

Technische Universität Dort-<br />

mund, hat einen Ruf an die<br />

Universität Bamberg auf eine<br />

W3-Professur für Allgemeine<br />

Psychologie angenommen.<br />

Dr. habil. Bernhard Kulzer,<br />

Universität Bamberg, habilitierte<br />

sich, und es wurde ihm<br />

die Lehrbefugnis für das<br />

Fach Psychologie erteilt.<br />

Prof. Dr. Philip Manow, Universität<br />

Heidelberg, hat einen<br />

Ruf an die Universität Bremen<br />

auf eine W3-Professur<br />

für Vergleichende Politische<br />

Ökonomie erhalten.<br />

Prof. Dr. Rita Meyer, Universität<br />

Trier, hat einen Ruf an<br />

die Deutsche Universität für<br />

Weiterbildung in Berlin auf<br />

eine Professur für Weiterbildungsforschung<br />

und Lebenslanges<br />

Lernen abgelehnt.<br />

PD Dr. Jens Newig, Universität<br />

Osnabrück, hat einen Ruf<br />

an die Leuphana Universität<br />

Lüneburg auf eine Professur<br />

für Sustainability and Participation<br />

angenommen.<br />

Dr. Cornelia Niessen, Universität<br />

Konstanz, wurde die<br />

Lehrbefugnis für das Fach<br />

Psychologie erteilt.<br />

Prof. Dr. Thomas Rauschenbach,<br />

Deutsches Jugendinstitut/Technische<br />

Universität<br />

Dortmund, hat einen Ruf an<br />

die Universität Bamberg auf<br />

eine W3-Professur für Sozialpädagogik<br />

erhalten.<br />

Prof. Dr. Torsten Selck, Universität<br />

University of Nottingham/Großbritannien,<br />

hat<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Oldenberg auf eine Professur<br />

für Vergleichende Analyse<br />

politischer Systeme und/oder<br />

vergleichende Politikfeldanalyse<br />

angenommen.<br />

Jun.-Prof. Dr. Sylvia Marlene<br />

Wilz, FernUniversität Hagen,<br />

wurde zur Professorin für<br />

Organisationssoziologie und<br />

qualitative Methoden ernannt.<br />

Prof. Dr. Thomas Zittel, Cornell<br />

University/USA, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Frankfurt am Main auf eine<br />

W3-Professur für Politikwissenschaft<br />

mit Schwerpunkt<br />

Vergleichende Politikwissenschaft<br />

erhalten.<br />

Philologie und<br />

Kulturwissenschaften<br />

Jun.-Prof. Dr. Rafael Arnold,<br />

Universität Paderborn, hat<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Rostock auf eine W3-Professur<br />

für Romanische Sprachwissenschaft<br />

erhalten.<br />

Prof. Dr. Alexander Bergs,<br />

Universität Osnabrück, hat<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Zürich/Schweiz auf eine Pro-<br />

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438 KARRIERE <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

fessur für Historische Englische<br />

Sprachwissenschaft und<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Münster auf eine Professur<br />

für Englische Sprachwissenschaft<br />

abgelehnt.<br />

Dr. Benjamin Bühler, Universität<br />

Konstanz, wurde die<br />

Lehrbefugnis für die Fächer<br />

Neuere Deutsche Literaturwissenschaft<br />

und Allgemeine<br />

Literaturwissenschaft erteilt.<br />

Dr. Nicola Gess, Freie Universität<br />

Berlin, hat einen Ruf<br />

an die Universität<br />

Basel/Schweiz auf eine Assistenzprofessur<br />

mit Tenure<br />

Track für Neuere deutsche<br />

Literaturwissenschaft angenommen.<br />

PD Dr. Jörn Glasenapp, Universität<br />

zu Köln, hat einen<br />

Ruf an die Universität Bamberg<br />

auf eine W3-Professur<br />

für Literatur und Medien angenommen.<br />

Prof. Dr. Andreas Grünewald,<br />

Universität Hamburg,<br />

hat einen Ruf an die Universität<br />

Bremen auf eine W3-<br />

Professur für die Didaktik<br />

der romanischen Sprachen<br />

angenommen.<br />

PD Dr. Geoffrey Haig, Universität<br />

zu Kiel, hat einen<br />

Ruf an die Universität Bamberg<br />

auf eine W3-Professur<br />

für Allgemeine Sprachwissenschaft<br />

erhalten.<br />

Prof. Dr. Vinzenz Hediger,<br />

Ruhr-Universität Bochum,<br />

hat einen Ruf an die Universität<br />

Frankfurt am Main auf<br />

eine Professur für Filmwissenschaft<br />

erhalten.<br />

PD Dr. Hans Lösener, Universität<br />

Münster, hat einen<br />

Ruf an die Pädagogische<br />

Hochschule Heidelberg auf<br />

eine Professur für Literaturdidaktik<br />

angenommen.<br />

Prof. Dr. Sabine Mainberger,<br />

Freie Universität Berlin, hat<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Bonn auf eine W2-Professur<br />

für Vergleichende Literaturwissenschaft<br />

angenommen.<br />

PD Dr. Caroline Pross, Universität<br />

St. Gallen/Schweiz,<br />

habilitierte sich in dem Fach<br />

Neuere deutsche Literaturwissenschaft.<br />

Prof. Dr. Hans-Ingo Radatz,<br />

Universität Frankfurt am<br />

Main, hat einen Ruf an die<br />

Universität Bamberg auf eine<br />

W2-Professur für Romanische<br />

Sprachwissenschaft,<br />

Schwerpunkt Hispanistik, erhalten.<br />

Dr. Christopher Schmidt,<br />

Universität Åbo Akademi in<br />

Turku/Finnland, habilitierte<br />

sich in dem Fach InterkulturelleWirtschaftskommunikation.<br />

Dr. Iris Winkler, Universität<br />

Jena, hat einen Ruf an die<br />

FAQ KARRIERE<br />

Was ist ein „Fast Track“?<br />

Universität Oldenburg auf eine<br />

W2-Professur für Didaktik<br />

der deutschen Literatur<br />

unter Einschluss der Mediendidaktik<br />

angenommen.<br />

Rechtswissenschaft<br />

PD Dr. iur. Andreas Funke,<br />

Universität zu Köln, habilitierte<br />

sich, und es wurde ihm<br />

die Lehrbefugnis für die Fächer<br />

Öffentliches Recht, Europarecht,<br />

Völkerrecht und<br />

Rechtsphilosophie erteilt.<br />

Dr. Dirk Hanschel, M.C.L.,<br />

Universität Mannheim, habilitierte<br />

sich, und es wurde<br />

ihm die Lehrbefugnis für die<br />

Fächer Öffentliches Recht,<br />

Völkerrecht, Europarecht und<br />

Rechtsvergleichung erteilt.<br />

Prof. Dr. Jacob Joussen, Universität<br />

Jena, hat einen Ruf<br />

In vielen Ländern gibt es inzwischen einen deutlichen<br />

Trend dahin, als Heimathochschule schnell und ohne<br />

große normative Restriktionen auf attraktive externe Angebote<br />

für die eigenen Wissenschaftler reagieren zu können.<br />

All diese Möglichkeiten werden schlagwortartig unter<br />

dem Begriff des sog. Fast Tracks zusammengefasst.<br />

Beispiele: Erhält ein W2-Professor einen attraktiven Ruf<br />

aus dem Ausland oder wird ihm eine W3-Professur im<br />

Inland angeboten, so kann er nach Maßgabe der Landeshochschulgesetze<br />

in vielen Ländern im Zusammenhang<br />

mit Bleibeverhandlungen an der Heimathochschule ohne<br />

Ausschreibung und zum Teil auch ohne Berufungsverfahren<br />

eine höherwertige Professur erhalten. Auch können<br />

Professoren, die in einem befristeten Dienstverhältnis beschäftigt<br />

sind, (vorzeitig) auf eine unbefristete Position<br />

gelangen. Schließlich kann der sog. Tenure Track eines<br />

Juniorprofessors in derartigen Konstellationen vorgezogen<br />

werden.<br />

Regelmäßig einher geht der „Fast Track“ mit einem<br />

Ausschluss externer Konkurrenz. Realisiert wird dies<br />

durch den Verzicht auf die prinzipiell vorgesehene öffentliche<br />

Ausschreibung. Messlatte ist freilich immer das<br />

einschlägige Landeshochschulgesetz, das die aufgezeigten<br />

Möglichkeiten eröffnen muss. Kommt ausnahmsweise<br />

kein statusrechtlicher „Fast Track“ in Betracht (Hebung<br />

von „W2“ auf „W3“), bietet die W-Besoldung aber<br />

zumindest die Möglichkeit, bei attraktiven externen Angeboten<br />

substantielle Besoldungsverhandlungen auch auf<br />

„W2“ zu führen.<br />

Hubert Detmer<br />

an die Ruhr-Universität Bochum<br />

auf eine Professur für<br />

Bürgerliches Recht, Deutsches<br />

und Europäisches Arbeitsrecht<br />

und Sozialrecht<br />

angenommen und einen Ruf<br />

an die Universität Bielefeld<br />

abgelehnt.<br />

Prof. Dr. Jens Koch, Universität<br />

Konstanz, hat einen Ruf<br />

an die Universität Trier auf<br />

eine W3-Professur für Bürgerliches<br />

Recht, Handels-,<br />

Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht<br />

erhalten.<br />

Dr. Holm Putzke, Ruhr-Universität<br />

Bochum, hat einen<br />

Ruf an die Universität Passau<br />

auf eine Professur für<br />

Strafrecht angenommen.<br />

Wirtschaftswissenschaften<br />

Dr. Christian Brock, Zeppelin<br />

University Friedrichshafen/Bodensee,<br />

wurde zum<br />

Junior-Professor für Distanzhandel<br />

& Service Marketing<br />

ernannt.<br />

Prof. Dr. Herbert Dawid,<br />

Universität Bielefeld, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Konstanz auf eine W3-Professur<br />

für Betriebswirtschaftslehre<br />

abgelehnt.<br />

Prof. Dr. Stefan Dierkes,<br />

Universität Marburg, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Göttingen auf eine W3-Professur<br />

für Betriebswirtschaftslehre<br />

mit dem<br />

Schwerpunkt Finanzen und<br />

Controlling angenommen.<br />

Dr. Georg Gebhardt, Universität<br />

München, hat einen Ruf<br />

an die Universität Ulm auf<br />

eine W3-Professur für Volkswirtschaftslehreangenommen.<br />

Dr. Jörg Homberger habilitierte<br />

sich an der FernUniversität<br />

Hagen und es wurde<br />

ihm die Lehrbefugnis für das<br />

Fach Wirtschaftsinformatik<br />

und Operations Research erteilt.


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> KARRIERE 439<br />

Univ.-Prof. Dr. Christian Koziol,<br />

Universität Hohenheim,<br />

Stuttgart, hat einen Ruf an<br />

die Freie Universität Berlin<br />

auf eine W3-Professur für<br />

Betriebswirtschaftslehre, insbesondere<br />

Betriebliche Finanzwirtschaft,<br />

abgelehnt.<br />

Dr. Mark Mietzner, Technische<br />

Universität Darmstadt,<br />

hat einen Ruf an die Zeppelin<br />

Universität Friedrichshafen<br />

auf eine Junior-Professur<br />

für Alternative Investments<br />

& Corporate Governance<br />

im Department for Corporate<br />

Management & Economics<br />

angenommen.<br />

Univ.-Prof. Dr. Stephan M.<br />

Wagner, Eidgenössische<br />

Technische Hochschule Zürich/Schweiz,<br />

hat einen Ruf<br />

an die Technische Universität<br />

München auf eine Professur<br />

für Betriebswirtschaftslehre,<br />

insbesondere Produktion<br />

und Supply Chain Management,<br />

erhalten.<br />

Prof. Dr. Markus Walzl, Universität<br />

Bamberg, hat einen<br />

Ruf an die Universität Innsbruck/Österreich<br />

auf eine<br />

Professur für Institutionenökonomik<br />

erhalten.<br />

Prof. Dr. rer. pol. Barbara<br />

Elisabeth Weißenberger, Justus-Liebig-UniversitätGießen,<br />

hat einen Ruf an die<br />

Freie Universität Berlin auf<br />

eine W3-Professur für Controlling<br />

abgelehnt.<br />

Mathematik,<br />

Physik und<br />

Informatik<br />

Prof. Dr. Elisabeth André,<br />

Universität Augsburg, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Bamberg auf eine W3-Professur<br />

für Mensch-Computer-<br />

Interaktion angenommen.<br />

PD Dr. phil. nat. Marcus<br />

Bleicher, Universität Frankfurt<br />

a. Main, hat einen Ruf<br />

an die Justus-Liebig-Universität<br />

Gießen auf eine W2-<br />

Professur auf Zeit für Theo-<br />

retische Physik mit dem<br />

Schwerpunkt Theoretische<br />

Kern- und Hadronenphysik<br />

abgelehnt.<br />

Dr. Markus Buchgeister,<br />

Universität Tübingen, hat einen<br />

Ruf an die Beuth Hochschule<br />

für Technik, Berlin,<br />

auf eine Professur für Medizinische<br />

Strahlenphysik erhalten.<br />

Dr. Jochen Dingfelder, Universität<br />

Freiburg, hat einen<br />

Ruf an die Universität Bonn<br />

auf eine W2-Professur für<br />

Experimentalteilchenphysik<br />

angenommen.<br />

Dr. Mikkhail Fonin, Universität<br />

Konstanz, wurde die<br />

Lehrbefugnis für das Fach<br />

Experimentalphysik erteilt.<br />

Dr. Bastian von Harrach,<br />

Universität Mainz, hat einen<br />

Ruf an die Universität Leipzig<br />

auf eine Junior-Professur<br />

für Numerik partieller Differentialgleichungen<br />

abgelehnt<br />

und einen Ruf an die Technische<br />

Universität München<br />

auf eine W2-Professur für<br />

Angewandte Mathematik angenommen.<br />

PD Dr. Mathias Kläui, Universität<br />

Konstanz, hat einen<br />

Ruf an die Universität Mainz<br />

auf eine W3-Professur für<br />

Experimentelle Physik der<br />

Kondensierten Materie abgelehnt<br />

und einen Ruf auf eine<br />

Professur am ETH-Bereich<br />

(SwissFEL-PSI und ICMP-<br />

EPEL) in Zürich/Schweiz<br />

angenommen.<br />

PD Dr. Stefan Kopp, Universität<br />

Bielefeld, hat einen Ruf<br />

an die Universität Bamberg<br />

auf eine W3-Professur für<br />

Mensch-Computer-Interaktion<br />

erhalten.<br />

Prof. Dr. Thomas Kriecherbauer,<br />

Ruhr-Universität Bochum,<br />

hat einen Ruf an die<br />

Universität Bayreuth auf eine<br />

Professur für Mathematik<br />

(Reelle Analysis) erhalten.<br />

DREI FRAGEN AN:<br />

Dr. Jan Gläscher<br />

California Institute of Technology, hat<br />

den Bernstein Preis 2009 des BMBF<br />

erhalten. Er kehrt damit nach<br />

Deutschland an das Universitätsklinikum<br />

Hamburg-Eppendorf zurück.<br />

Sie wollen erforschen, wie Menschen Entscheidungen<br />

treffen. Wie geschieht das?<br />

Meine <strong>Forschung</strong> bedient sich der funktionellen Magnetresonanztomographie,<br />

bei der man die Aktivierung des Gehirns<br />

bei der Ausübung verschiedener kognitiver Aufgaben<br />

sichtbar machen kann. Die Probanden bekommen verschiedene<br />

Stimuli präsentiert, die mit unterschiedlichen<br />

Wahrscheinlichkeiten zu einem Gewinn oder Verlust führen.<br />

Sie haben einige Sekunden Zeit, sich zwischen beiden<br />

Stimuli zu entscheiden. Danach wird ihnen mitgeteilt, ob<br />

sie gewonnen oder verloren haben. Während der Entscheidungsphase<br />

werden die beiden Stimuli miteinander verglichen,<br />

und es wird ein Erwartungswert für jeden Stimulus<br />

vom Gehirn berechnet. Hinterher wird dann dieser Erwartungswert<br />

mit dem tatsächlichen Resultat verglichen. Wenn<br />

diese beiden voneinander abweichen, wird ein sogenannter<br />

Vorhersagefehler aus der Differenz zwischen beiden berechnet.<br />

Dieser kann dann dazu benutzt werden, den Erwartungswert<br />

des gewählten Stimulus anzupassen, so dass<br />

die Vorhersagen in der Zukunft präziser werden. In meiner<br />

<strong>Forschung</strong> interessiert mich besonders, welche Gehirnregionen<br />

die Erwartungswerte von Stimuli kodieren und in<br />

welchen Regionen der Vorhersagefehler repräsentiert ist.<br />

Mich interessieren die Berechnungen, die das Gehirn anstellt,<br />

um zu einer Entscheidung zu kommen, insbesondere<br />

wie die Bewertungsprozesse beeinflusst werden können.<br />

Die Ergebnisse sollen bei der Therapie psychiatrischer<br />

Erkrankungen helfen. Geht es dabei letztlich um die Entwicklung<br />

von Medikamenten?<br />

Ich sehe meine <strong>Forschung</strong> eher als Grundlagenforschung, die<br />

sich aber auch mit neurochemischen Aspekten von Entscheidungsverhalten<br />

beschäftigt. Insbesondere verschiedene Neurotransmitter<br />

wie Dopamin und Serotonin sind für die oben<br />

erwähnten Bewertungsprozesse relevant, daher werde ich die<br />

Wirkung von diesen Transmittern auch erforschen. Beide sind<br />

Schlüsselsubstanzen in psychiatrischen Medikamenten, deren<br />

Wirkung bislang eher im Hinblick auf die Kardinalsymptome<br />

von psychiatrischen Erkrankungen erforscht wurde.<br />

Gab es Versuche, Sie in Kalifornien zu halten?<br />

Das California Institute of Technology zu verlassen fällt<br />

schon schwer, da es dort sehr einfach ist, mit interessanten<br />

Leuten für bestimmte <strong>Forschung</strong>sprojekte zu kooperieren.<br />

Dennoch bin ich durch den Bernstein-Preis in ein <strong>Forschung</strong>snetzwerk<br />

eingebunden, das meinen Interessen<br />

(Verbindung von „Computational Neuroscience“ mit funktioneller<br />

Bildgebung) genau enspricht und das auch für internationale<br />

Verhältnisse einzigartig ist.


440 KARRIERE <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Prof. Dr. Stefan Müller, Universität<br />

Erlangen-Nürnberg,<br />

hat einen Ruf an die Technische<br />

Universität Hamburg-<br />

Harburg auf eine W2-Professur<br />

für ab-initio statistische<br />

Thermodynamik und Molekulardynamik<br />

angenommen.<br />

Dr. Stefan Schumacher, Heriot-Watt<br />

University Edinburgh/Großbritannien,<br />

hat<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Paderborn auf eine Junior-<br />

Professur im Physik Department<br />

angenommen.<br />

Prof. Dr. Christoph Selter,<br />

Technische Universität Dortmund,<br />

hat einen Ruf an die<br />

Universität Klagenfurt auf eine<br />

Professur für Didaktik der Mathematik<br />

erhalten.<br />

Dr. Tatjana Stykel, Technische<br />

Universität Berlin, wurde<br />

die Lehrbefugnis für das<br />

Fach Mathematik erteilt.<br />

Prof. Dr. Ingo J. Timm, Universität<br />

Frankfurt am Main,<br />

hat einen Ruf an die Universität<br />

Trier auf eine W3-Professur<br />

für Wirtschaftsinformatik<br />

erhalten.<br />

Biologie, Chemie,<br />

Geowissenschaften<br />

und<br />

Pharmazie<br />

Prof. Dr. rer. nat. Uwe Beifuss,<br />

Universität Hohenheim,<br />

Stuttgart, hat einen Ruf an<br />

die Universität Jena auf eine<br />

W3-Professur für Organische<br />

Chemie abgelehnt.<br />

Prof. Dr. Rainer Danielzyk,<br />

Universität Oldenburg, hat<br />

einen Ruf an die Universität<br />

Hannover auf eine Professur<br />

für Raumordnung und Landesplanung<br />

angenommen.<br />

Prof. Dr. Christoph Janiak,<br />

Universität Freiburg, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Düsseldorf auf eine W3-Professur<br />

für Bioanorganische<br />

Chemie erhalten.<br />

Jun.-Prof. Dr. Gregor Jung,<br />

Universität des Saarlandes,<br />

wurde zum Professor für<br />

Biophysikalische Chemie ernannt.<br />

Prof. Dr. Manfred Jung, Universität<br />

Freiburg, hat einen<br />

Ruf an die Universität Mainz<br />

auf eine W3-Professur für<br />

Pharmazeutische/Medizinische<br />

Chemie erhalten.<br />

Prof. Dr. Olaf Klepel, Universität<br />

Leipzig, hat einen<br />

Ruf an die Hochschule Lausitz<br />

(FH) auf eine W2-Professur<br />

für Technische Chemie<br />

angenommen.<br />

PD Dr. Christian Lohr, Universität<br />

Münster, hat einen<br />

Ruf an die Universität Hamburg<br />

auf eine W2-Professur<br />

FAQ RECHT<br />

für Zoologie mit Schwerpunkt<br />

Neurophysiologie und<br />

Entwicklungsbiologie angenommen.<br />

Prof. Dr. Andreas Pott, Universität<br />

Osnabrück, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Bamberg auf eine W3-Professur<br />

für Geographie-Kulturgeographie<br />

mit Schwerpunkten<br />

im Bereich der Sozial-<br />

und Bevölkerungsgeographie<br />

erhalten.<br />

Dr. Klemens Josef Rottner,<br />

Helmholtz-Zentrum für InfektionsforschungBraunschweig,<br />

hat einen Ruf an die<br />

Universität Bonn auf eine<br />

W2-Professur für Genetik<br />

angenommen.<br />

Was passiert im Falle einer Dienstunfähigkeit?<br />

Sowohl die gesetzlichen Regelungen für den Bund als<br />

auch für die Länder sehen vor, dass Beamte auf Lebenszeit<br />

auf Veranlassung des Dienstherren bzw. der zuständigen<br />

Stelle in den Ruhestand zu versetzen sind, wenn<br />

sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen<br />

Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten<br />

dauernd unfähig, d.h. dienstunfähig, sind. Als dienstunfähig<br />

kann dabei auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung<br />

innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten<br />

mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine<br />

Aussicht besteht, dass innerhalb einer jeweils näher bestimmten<br />

Frist die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt<br />

ist. Der Beamte kann auch selbst einen Antrag auf Ruhestandsversetzung<br />

wegen Dienstunfähigkeit stellen. Die<br />

Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit erfolgt dabei<br />

in aller Regel aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens.<br />

Die Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder<br />

Dienstunfähigkeit hat Auswirkungen auf den Pensionsanspruch<br />

des Beamten. Dieser ergibt sich grundsätzlich<br />

aus den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen sowie der ruhegehaltfähigen<br />

Dienstzeit. Die ruhegehaltfähige Dienstzeit<br />

errechnet sich dabei aus der in einem Beamtenverhältnis<br />

zurückgelegten Dienstzeit, aus etwaigen Vordienstzeiten<br />

sowie im Falle einer Dienstunfähigkeit zuzüglich<br />

einer sog. Zurechnungszeit. Gleichzeitig vermindert<br />

sich allerdings durch eine Versetzung in den Ruhestand<br />

wegen Dienstunfähigkeit die absolute Höhe des<br />

Ruhegehalts regelmäßig um einen sog. Versorgungsabschlag.<br />

Sonderregeln gelten dann, wenn die Dienstunfähigkeit<br />

auf einem Dienstunfall beruht.<br />

Sven Hendricks<br />

Prof. Dr. Fed Schaper,<br />

RWTH Aachen, hat einen<br />

Ruf an die Universität Magdeburg<br />

auf eine W3-Professur<br />

für Systembiologie angenommen.<br />

Dr. Gunter Schmidtke, Universität<br />

Konstanz, wurde die<br />

Lehrbefugnis für die Fächer<br />

Biochemie und Molekularbiologie<br />

erteilt.<br />

PD Dr. Heiko Schoof, MPI<br />

für Züchtungsforschung<br />

Köln, hat einen Ruf an die<br />

Universität Bonn auf eine<br />

W2-Professur für Crop Bioinformatics<br />

angenommen.<br />

Prof. Dr. Philipp Vana, Universität<br />

Göttingen, hat einen<br />

Ruf an die Universität Göttingen<br />

auf eine W3-Professur<br />

für Makromolekulare Chemie<br />

angenommen und einen<br />

Ruf an die Universität Leipzig<br />

auf eine W3- Professur<br />

für Technische Chemie der<br />

Polymere in Verbindung mit<br />

der Position eines stellvertretenden<br />

Direktors des Leibniz-Institutes<br />

für Oberflächenmodifizierung<br />

sowie einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Duisburg-Essen auf eine<br />

W3-Professur für Technische<br />

Chemie abgelehnt.<br />

Dr. Nico F.A. van der Vegt,<br />

Technische Universität<br />

Darmstadt, hat einen Ruf an<br />

die Universität Konstanz auf<br />

eine W3-Professur für Theoretische<br />

Chemie abgelehnt.<br />

Prof. Dr. Rainer Winter, Universität<br />

Regensburg, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Konstanz auf eine W3-Professur<br />

für Anorganische Chemie<br />

angenommen.<br />

Prof. Dr. Volker Wissemann,<br />

Justus-Liebig-Universität<br />

Gießen, hat einen Ruf an die<br />

Universität Göttingen auf eine<br />

W3-Professur für Systematische<br />

Botanik abgelehnt


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> KARRIERE 441<br />

Ingenieurwissenschaften<br />

Dr.-Ing. Knut Graichen, Universität<br />

Technische Universität<br />

Wien/Österreich, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

Ulm auf eine W3-Professur<br />

für Mess- und Regelungstechnik<br />

angenommen.<br />

Prof. Dr. B. Juurlink, Universität<br />

Delft/Niederlande, hat<br />

einen Ruf an die Technische<br />

Universität Berlin auf eine<br />

W3-Professur für Architektur<br />

eingebetteter Systeme angenommen.<br />

Dr.-Ing. Jana Kertzscher hat<br />

den Ruf an der Technischen<br />

Universität Bergakademie<br />

Freiberg auf eine Professur<br />

für Elektrotechnik angenommen.<br />

Dr.-Ing. Rüdiger Schaldach,<br />

Universität Kassel, habilitierte<br />

sich in dem Fach Umweltsystemtechnik/Umweltsystemanalyse.<br />

Prof. Dr.-Ing. habil. Volker<br />

Schwieger, Universität Stuttgart,<br />

wurde zum W3-Professor<br />

für Ingenieurgeodäsie<br />

und Geodätische Messtechnik<br />

ernannt.<br />

Agrarwissenschaften,Ernährungswissenschaften,Veterinärmedizin<br />

Apl.-Prof. Dr. med. vet. Sabine<br />

Wenisch, Justus-Liebig-<br />

Universität Gießen, hat einen<br />

Ruf an die Justus-Liebig-<br />

Universität Gießen auf eine<br />

W2-Professur für Klinische<br />

Anatomie und Experimentelle<br />

Chirurgie erhalten.<br />

Humanmedizin<br />

Dr. med. Dirk Arnold, Universität<br />

Halle-Wittenberg,<br />

habilitierte sich in dem Fach<br />

Innere Medizin.<br />

PD Dr. med. Christopher<br />

Bernhard, Universität zu<br />

Köln, wurde die Lehrbefugnis<br />

für das Fach Diagnostische<br />

Radiologie erteilt.<br />

Prof. Dr. Thomas Baukrowitz,<br />

Universität Jena, hat einen<br />

Ruf an die Universität<br />

zu Kiel auf eine W3-Professur<br />

für Physiologie erhalten.<br />

Dr. med. Michael Braun,<br />

Universität Bonn, wurde die<br />

Lehrbefugnis für das Fach<br />

Gynäkologie und Geburtshilfe<br />

erteilt.<br />

Dr. med. Jan Alexander Bucerius,<br />

Universität Bonn,<br />

wurde die Lehrbefugnis für<br />

das Fach Nuklearmedizin erteilt.<br />

PD Dr. med. Yeong-Hoon<br />

Choi, Universität zu Köln,<br />

wurde die Lehrbefugnis für<br />

das Fach Herzchirurgie erteilt.<br />

Prof. Dr. med. Hans Clusmann,<br />

Universität Bonn, hat<br />

einen Ruf an die RWTH Aachen<br />

auf eine W3-Professur<br />

für Neurochirurgie angenommen<br />

und einen Ruf an die<br />

Justus-Liebig-Universität<br />

Gießen auf eine W3- Professur<br />

für Neurochirurgie abgelehnt.<br />

PD Dr. med. Christian Dohmen,<br />

Universität zu Köln,<br />

wurde die Lehrbefugnis für<br />

das Fach Neurologie und<br />

neurologische Intensivmedizin<br />

erteilt.<br />

PD Dr. med. Konrad Frank,<br />

Universität zu Köln, wurde<br />

die Lehrbefugnis für das<br />

Fach Innere Medizin erteilt.<br />

Dr. med. Jörg Franke, Universität<br />

Magdeburg, habilitierte<br />

sich in dem Fach Orthopädie<br />

und Unfallchirurgie.<br />

Prof. Dr. med. Matthias Gorenflo,<br />

Universität Leuven/<br />

Belgien, hat einen Ruf an die<br />

RWTH Aachen auf eine W3-<br />

Professur für Kinderkardiologie<br />

abgelehnt und einen<br />

weiteren Ruf an die Universität<br />

Heidelberg auf eine W3-<br />

Professur für Kinderkardiologie/Angeborene<br />

Herzfehler<br />

erhalten.<br />

Dr. Markus Juchems, Universität<br />

Ulm, wurde die<br />

Lehrbefugnis für das Fach<br />

Radiologie erteilt.<br />

PD Dr. med. Wolfram Kawohl,<br />

Universität<br />

Zürich/Schweiz, habilitierte<br />

sich, und es wurde ihm die<br />

Lehrbefugnis für das Fach<br />

Psychiatrie und Psychotherapie<br />

erteilt.<br />

Dr. Peter Keppler, Universität<br />

Ulm, wurde die Lehrbefugnis<br />

für das Fach Chirurgie<br />

erteilt.<br />

Dr. Henrik Kessler, Universität<br />

Ulm, wurde die Lehrbefugnis<br />

für das Fach Medizinische<br />

Psychologie erteilt.<br />

Dr. sc. hum. Oliver Kuß,<br />

Universität Halle-Wittenberg,<br />

habilitierte sich in dem Fach<br />

Medizinische Epidemiologie,<br />

Biometrie und Informatik.<br />

PD Dr. med. Thomas Lübke,<br />

Universität zu Köln, wurde<br />

die Lehrbefugnis für das<br />

Fach Chirurgie erteilt.<br />

PD Dr. med. univ. Stephan<br />

A. Padosch, Universität zu<br />

Köln, wurde die Lehrbefugnis<br />

für das Fach Anästhesiologie<br />

erteilt.<br />

PD Dr. Markus Rickert, Universität<br />

Heidelberg, hat einen<br />

Ruf an die Justus-Liebig-Universität<br />

Gießen auf eine W3-<br />

Professur für Orthopädie erhalten.<br />

Dr. Wolfgang Rottbauer, Universität<br />

Heidelberg, hat einen<br />

Ruf an die Universität Ulm<br />

auf eine W3-Professur für Innere<br />

Medizin mit Schwerpunkt<br />

Kardiologie und Angiologie<br />

angenommen.<br />

PD Dr. med. Markus<br />

Schmidt, Universität Duisburg-Essen,<br />

hat einen Ruf an<br />

die Universität Halle-Wittenberg<br />

auf eine W3-Professur<br />

für Geburtshilfe erhalten.<br />

Dr. med. Marc Steffen<br />

Schmitz-Valckenberg, Universität<br />

Bonn, wurde die<br />

Lehrbefugnis für das Fach<br />

Augenheilkunde erteilt.<br />

Ihre Meldung über Habilitationen<br />

und Berufungen<br />

können Sie auch per<br />

E-Mail senden an:<br />

burkhardt@forschungund-lehre.de<br />

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442 KARRIERE <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

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Marius Reiser<br />

Bologna: Anfang und<br />

Ende der Universität<br />

Aus dem Vorwort:<br />

„Dieser Essay ist aus Vorträgen erwachsen, die ich im<br />

Lauf des vergangenen Jahres gehalten habe. Zur Einarbeitung<br />

in die Thematik sah ich mich gezwungen,<br />

nachdem ich aus Protest gegen den Bologna-Prozess<br />

auf meine Professur verzichtet hatte. So habe ich auf<br />

fast allen Gebieten, die ich berühre, als Dilettant geschrieben.<br />

Da ein solcher Versuch aber gar nicht anders<br />

geschrieben werden kann, hoffe ich auf die Nachsicht<br />

der Leser. Zum Ausgleich für den Dilettantismus habe<br />

ich möglichst viele Autoritäten zitiert, die es besser<br />

wissen als ich. Sie stellen sozusagen eine Wolke von<br />

Zeugen dar. Danken möchte ich den vielen, die mich<br />

mit Zuschriften und Materialien ermutigt und belehrt<br />

haben. Ohne sie hätte ich den Essay gar nicht schreiben<br />

können.“<br />

Herausgegeben vom<br />

Deutschen Hochschulverband, Bonn.<br />

160 Seiten, 14,90 Euro<br />

inkl. Porto (für Mitglieder<br />

des Deutschen Hochschulverbandes<br />

13,90 Euro<br />

inkl. Porto).<br />

ISBN 978-3-924066-92-5<br />

Deutscher Hochschulverband<br />

Rheinallee 18, 53173 Bonn<br />

E-Mail: dhv@hochschulverband.de<br />

Fax: 0228 / 902 66 80<br />

Informationsservice<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> will den Lesern weitere Informationsquellen<br />

erschließen und übersendet gegen eine Kostenpauschale<br />

(V-Scheck o. Überweisung auf Kto.-Nr. 0 268 367 200,<br />

BLZ 370 800 40, Dresdner Bank Bonn; angegebener Betrag<br />

incl. Portokosten) folgende Unterlagen:<br />

A 232 | Hochschulrahmengesetz<br />

i.d. Fassung vom 19. Januar<br />

1999, zuletzt geändert<br />

durch Art. 2 des Gesetzes vom<br />

12. April 2007, keine amtl.<br />

Fassung, 19 Seiten, 3,- €.<br />

A 167 | Gesetz zur Reform<br />

der Professorenbesoldung<br />

vom 16. Februar 2002, 7 Seiten,<br />

kostenlos.<br />

A 257 | Gesetz zur Änderung<br />

arbeitsrechtlicher Vorschriften<br />

in der Wissenschaft<br />

(„Wissenschaftszeitvertragsgesetz“)<br />

vom 12. April 2007<br />

und Stellungnahme des<br />

DHV, 8 Seiten, kostenlos.<br />

A 264 | Landeshochschulgesetz<br />

Baden-Württemberg,<br />

88 Seiten, 6,50 €.<br />

A 272 | 2. Gesetz zur Umsetzung<br />

der Föderalismusreform<br />

im Hochschulbereich<br />

vom 3.12.2008, Baden-Württemberg,<br />

28 Seiten, 3,- €.<br />

A 277 | KIT – Zusammenführungsgesetz,<br />

Entwurf (25. März<br />

2009), MWFK Baden-Württemberg,<br />

87 Seiten, 6,50 €.<br />

A 282 | Gesetz zur Verbesserung<br />

des Hochschulzugangs<br />

beruflich Qualifizierter und der<br />

Hochschulzulassung (Entwurf,<br />

Januar 2010) Baden-Württemberg<br />

und Stellungnahme des<br />

DHV, 30 Seiten, 3,- €.<br />

A 274 | Gesetzentwurf zur<br />

Änderung des bayerischen<br />

Hochschulrechts (Januar<br />

2009), Freistaat Bayern, und<br />

Stellungnahme des DHV,<br />

32 Seiten, 4,50 €.<br />

A 281 | Entwurf des 2. Hochschulreformgesetzes<br />

des Landes<br />

Bremen (Stand: 18. November<br />

2009) und Stellungnahme<br />

des DHV, 42 Seiten,<br />

4,50 €.<br />

A 280 | Entwurf Hessisches<br />

Hochschulgesetz und TUD-<br />

Gesetz (Stand: 4. September<br />

2009), sowie Stellungnahme<br />

des DHV, 120 Seiten, 8,- €.<br />

A 270 | Hochschulzulassungsreformgesetz<br />

NRW<br />

(Entwurf) und Stellungnahme<br />

des DHV (August/Oktober<br />

2008), 60 Seiten, 6,50 €.<br />

A 271 | Landesbesoldungsgesetz<br />

NRW (Stand: 4.12.<br />

2008), 6 Seiten, kostenlos.<br />

A 275 | Gesetzentwurf zur<br />

Änderung des rheinlandpfälzischenHochschulgesetzes<br />

und Stellungnahme des<br />

DHV, Stand: April 2009, 148<br />

Seiten, 8,-€.<br />

A 276 | Gesetzentwurf der<br />

Regierung des Saarlands zur<br />

Änderung des Universitätsgesetzes<br />

u.a. und Stellungnahme<br />

des DHV, 52 Seiten, 6,50 €.<br />

A 279 | Entwurf eines Gesetzes<br />

zur Änderung hochschulrechtlicher<br />

Vorschriften<br />

und anderer Gesetze des<br />

Landes Sachsen-Anhalt und<br />

Stellungnahme des DHV,<br />

41 Seiten, 4,50 €.<br />

Bestellungen bitte an:<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong>,<br />

Rheinallee 18, 53173 Bonn,<br />

Fax: 0228/9026680<br />

E-Mail: infoservice<br />

@forschung-und-lehre.de


444 AKADEMISCHER STELLENMARKT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Stellenmarkt<br />

Veranstaltungen<br />

Stiftungen | Preise<br />

Stellenanzeigen aktuell<br />

Professuren<br />

Geistes- und Sozialwissenschaften<br />

Ältere deutsche Literaturwissenschaft von den Anfängen<br />

bis 1700 (Universität Zürich) ...............................................................................448<br />

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insb. Internationales<br />

und Strategisches Management (Universität Stuttgart).......................452<br />

Berufspädagogik, Schwerpunkt Technikdidaktik<br />

(Universität Stuttgart) .................................................................................................452<br />

Betriebswirtschaftslehre, insb. Dienstleistungsmanagement<br />

(Technische Universität Braunschweig) .................................................................453<br />

Curriculumsentwicklung, Ausbildungsforschung und<br />

Professionalisierung der <strong>Lehre</strong><br />

(Charité – Universitätsmedizin Berlin) ...................................................................456<br />

Didaktik der englischen Sprache (Universität Siegen)............................445<br />

Kunstpädagogik (Universität Würzburg) ............................................................454<br />

Mittelalterliche Geschichte II (Universität Frankfurt)..............................456<br />

Neueste Geschichte: Zeitgeschichte Europas seit 1918<br />

(Universität Frankfurt)................................................................................................456<br />

Philosophie und Ethik (Fachhochschule Dortmund)...................................448<br />

Sportwissenschaft (Universität Stuttgart) ..........................................................452<br />

Streicherkammermusik (Hochschule für Musik und Theater Hannover) ..457<br />

Wirtschaftsinformatik (Universität Regensburg) ............................................451<br />

Wirtschaftsinformatik, insb. Business Application Software<br />

(Universität zu Köln) ..................................................................................................454<br />

Wirtschaftstheorie mit dem Schwerpunkt Empirische<br />

Makroökonomik (Universität Innsbruck).....................................................451<br />

Naturwissenschaften<br />

Angewandte Funktionalanalysis (Technische Universität Ilmenau) ....451<br />

Biofunktionalität und Sicherheit der Lebensmittel<br />

(Universität Hohenheim) ...........................................................................................450<br />

Experimentelle Klinische Psychologie (Universität Würzburg) ..........448<br />

Forstliche Verfahrenstechnik (Universität Freiburg) .................................450<br />

Hochfrequenztechnik (Universität Stuttgart) .................................................446<br />

Kunststofftechnik (Technische Universität Clausthal) ...................................458<br />

Landschaftsökologie (Technische Universität München).............................455<br />

Lebensmitteltechnologie und -biotechnologie (Universität Bonn)...451<br />

Molecular Biology of the Rhizosphere (Universität Bonn) .................459<br />

Molekulare Infektionspathologie<br />

(Charité – Universitätsmedizin Berlin) ...................................................................447<br />

Numerische Methoden in der Luft- und Raumfahrttechnik<br />

(Universität der Bundeswehr München) ................................................................449<br />

Oberflächen- und Grenzflächenphysik (Universität Rostock) ...........459<br />

Organisation und Management in der Agrar- und<br />

Ernährungswirtschaft (Universität Bonn)...................................................445<br />

Pädiatrische Allergologie (Charité – Universitätsmedizin Berlin) ............458<br />

Photogrammetrie (Universität Bonn) .................................................................454<br />

Psychosomatik und Psychotherapie (MHH Hannover) ........................457<br />

Stem Cell Therapy (Charité – Universitätsmedizin Berlin) ...........................449<br />

Theoretische Physik (Universität Siegen) .........................................................446<br />

Juniorprofessuren<br />

Geistes- und Sozialwissenschaften<br />

Economics (Universität zu Köln)............................................................................457<br />

Naturwissenschaften<br />

Automatisierungssysteme (Technische Universität Ilmenau)....................446<br />

Organische Chemie (Universität Hamburg).....................................................447<br />

Simulation von Strukturen und Reaktionen an der<br />

Grenzfläche Material/Umwelt (Universität Paderborn)......................453<br />

Visual Computing (Universität Stuttgart) ..........................................................455<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiter<br />

Feinwerktechnik (Institut für Mikrotechnik Mainz GmbH)..........................461<br />

Grund- und Vorschulpädagogik (Universität Siegen)..............................459<br />

Medizin/Ausbildungsforschung und -entwicklung<br />

(Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf).........................................................461<br />

Sozialpädagogik (Universität Siegen) ..................................................................459<br />

Theoretische Philosophie (Universität Potsdam).........................................459<br />

Weitere Ausschreibungen<br />

Direktorin/Direktor am Deutschen Historischen<br />

Institut Rom (Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute<br />

im Ausland – DGIA)..................................................................................................462<br />

Junior Research Group „Ethical Issues in Research and<br />

Treatment of Neurodegenerative Diseases“<br />

(Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen – DZNE) ............460<br />

Mitgliedschaft in den BfR Kommissionen<br />

(Bundesinstitut für Risikobewertung).....................................................................459<br />

Ph.D. student (Universität Würzburg – Comprehensive Hearing Center)....461<br />

Ph.D. student in environmental chemistry of nanoparticles<br />

(EMPA – Materials Sciences & Technology).........................................................462<br />

Wissenschaftspreise<br />

BKK Innovationspreis Gesundheit 2010<br />

(BKK Landesverband Hessen)..........................................................4. Umschlagseite<br />

Felix-Wankel-Tierschutz-<strong>Forschung</strong>spreis 2010<br />

(Ludwig-Maximilians-Universität München/Felix Wankel Stiftung) ..............407<br />

Hochschullehrer/in des Jahres (Deutscher Hochschulverband)............419<br />

Nachwuchswissenschaftler/in des Jahres 2010<br />

(academics.de – Das Karriereportal der Wissenschaft von DIE ZEIT<br />

und <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong>) ............................................................................................425<br />

<strong>Forschung</strong>sförderung<br />

Mehr als <strong>Forschung</strong> und <strong>Lehre</strong>! Hochschulen in der<br />

Gesellschaft (Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und<br />

Stiftung Mercator)........................................................................................................403<br />

Ungleich besser! Verschiedenheit als Chance<br />

(Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft)....................................................403<br />

Wandel gestalten! Programm zur Stärkung der<br />

Autonomiefähigkeit von Hochschulen<br />

(Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und Heinz Nixdorf Stiftung)....405


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> AKADEMISCHER STELLENMARKT 445<br />

Veranstaltungen<br />

Bildungsgerechtigkeit in der Studienfinanzierung<br />

Die soziale Dimension der aktuellen Förderprogramme<br />

(Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin)..............................................................................415<br />

Servicewüste Hochschule?<br />

Veranstaltungsreihe „Hochschulen im Focus“<br />

(UNIVERSITY PARTNERS) .....................................................................................413<br />

STELLENANZEIGEN | PREISE<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 5 | 2010<br />

Bewerbungsfrist<br />

läuft noch bis:<br />

Akademische/r Mitarbeiter/in<br />

(Universität Hohenheim).........................................................................30.06.10<br />

Allgemeine Soziologie und Soziologische Theorie<br />

(FernUniversität in Hagen) .....................................................................12.06.10<br />

Betriebswirtschaftslehre – Marketing<br />

(Technische Universität München) .......................................................15.06.10<br />

Bildungsphilosophie (Freie Hochschule Mannheim) ..................04.06.10<br />

Energie- und ressourceneffizientes Bauen<br />

(Universität Bochum)...............................................................................30.06.10<br />

Experimentalphysik (Universität Siegen) .......................................15.06.10<br />

Kanzlerin/Kanzler (Universität Rostock) .......................................04.06.10<br />

Kulturgeschichte Ostasiens (Universität Würzburg) ................07.06.10<br />

Kunstgeschichte des Mittelalters (Universität Göttingen)....11.06.10<br />

Pädiatrische Onkologie (Technische Universität München)....04.06.10<br />

Präsidentin/Präsident (Bauhaus-Universität Weimar) ..............30.06.10<br />

Rektorin/Rektor (Universität Hohenheim) .....................................07.06.10<br />

Stochastik/Mathematische Statistik<br />

(Universität Bayreuth)..............................................................................15.06.10<br />

Verwaltungsrecht, insb. Wirtschaftsverwaltungsrecht<br />

und ein Grundlagenfach (FernUniversität in Hagen)...........12.06.10<br />

Werkstoffkunde, Festigkeitslehre und Materialprüfung<br />

(Universität Stuttgart)...............................................................................07.07.10<br />

Windenergie (Universität Stuttgart) ....................................................08.06.10<br />

Harkness Fellowships in Health Care Policy and<br />

Practice (The Commonwealth Fund) ...............................................13.09.10<br />

Villa Vigoni-Gespräche 2011 in den Geistes- und<br />

Sozialwissenschaften (Villa Vigoni im Rahmen einer<br />

Vereinbarung mit der Deutschen <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft)............31.07.10<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 4 | 2010<br />

Bauinformatik und Geoinformationssysteme<br />

(RWTH Aachen)........................................................................................01.07.10<br />

Energie-Systemtechnik (Technische Universität Wien).............18.06.10<br />

Organische Chemie (TU Bergakademie Freiberg).........................30.06.10<br />

BKK Innovationspreis Gesundheit 2010<br />

(BKK Landesverband Hessen) ...............................................................31.10.10<br />

Hans-Kilian-Preis für die Erforschung und<br />

Förderung der metakulturellen Humanisation<br />

(Köhler-Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft) .30.06.10


446 AKADEMISCHER STELLENMARKT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

So<br />

erreichen<br />

Sie uns<br />

<strong>Forschung</strong><br />

& <strong>Lehre</strong><br />

Alles was die Wissenschaft bewegt<br />

Rheinallee 18, 53173 Bonn<br />

Tel.: 0228 / 902 66-23<br />

Fax: 0228 / 902 66-60<br />

anzeigen@forschung-und-lehre.de<br />

www.forschung-und-lehre.de<br />

www.academics.de


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> AKADEMISCHER STELLENMARKT 447<br />

Cartoon: Meissner<br />

<strong>Forschung</strong><br />

& <strong>Lehre</strong><br />

Alles was die Wissenschaft bewegt


448 AKADEMISCHER STELLENMARKT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> AKADEMISCHER STELLENMARKT 449<br />

<strong>Forschung</strong><br />

& <strong>Lehre</strong><br />

ALLES WAS DIE WISSENSCHAFT BEWEGT


450 AKADEMISCHER STELLENMARKT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

An der Fakultät für Forst- und Umweltwissenschaften<br />

der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg/Br.<br />

ist zum 1. April 2011 eine<br />

W3-Professur für<br />

Forstliche Verfahrenstechnik<br />

(Nachfolge Prof. Dr. Siegfried Lewark)<br />

zu besetzen.<br />

Die Bewerberin/der Bewerber sollen in <strong>Forschung</strong> und <strong>Lehre</strong> das Fach<br />

Forstliche Verfahrenstechnik vertreten. Dies umfasst insbesondere die<br />

Analyse und Gestaltung von Systemen und Prozessen einer umfassenden<br />

Bewirtschaftung und Nutzung von Wald und Landschaft unter Berücksichtigung<br />

der Aspekte:<br />

- Forsttechnologie und Holzerntesysteme<br />

- Bioenergie und nachwachsende Rohstoffe<br />

- Erschließung und Geotechnik im ländlichen Raum<br />

- Transportwesen und Logistik<br />

- Technikfolgenabschätzung und Umweltverträglichkeitsprüfung unter<br />

Einbeziehung der Aufgaben und Belange der in diesem Bereich arbeitenden<br />

Menschen.<br />

Es wird erwartet, dass die Stelleninhaberin/der Stelleninhaber die Lehrund<br />

Koordinationsaufgaben der Professur in den laufenden Studiengängen<br />

wahrnimmt und dass fachspezifische Lehrmodule für die von der Fakultät<br />

angebotenen Bachelor- und Masterstudiengänge einschließlich der<br />

internationalen Masterstudiengänge ausgearbeitet und angeboten werden.<br />

Ebenso erwartet wird die aktive Beteiligung an der Graduiertenschule<br />

der Fakultät für Forst- und Umweltwissenschaften Umwelt und Gesellschaft<br />

im globalen Wandel.<br />

Weiterhin erwartet wird die Mitarbeit in fakultätsübergreifenden Zentren<br />

der Universität Freiburg, z.B. dem Zentrum für Erneuerbare Energien<br />

(ZEE). Besonderer Wert wird auf die Fortführung und den Ausbau der internationalen<br />

<strong>Forschung</strong>skooperationen des Instituts und den Kontakt zu<br />

Unternehmen und Verbänden der Forst- und Holzwirtschaft im nationalen<br />

und internationalen Kontext einschließlich der erfolgreichen Einwerbung<br />

von Drittmittelprojekten gelegt.<br />

Einstellungsvoraussetzungen sind ein abgeschlossenes Hochschulstudium,<br />

pädagogische Eignung, Promotion und Habilitation oder gleichwertige<br />

wissenschaftliche Leistungen sowie Publikationen in anerkannten internationalen<br />

Fachzeitschriften.<br />

Die Universität Freiburg strebt eine Erhöhung des Anteils von Frauen in<br />

<strong>Forschung</strong> und <strong>Lehre</strong> an und fordert daher entsprechend qualifizierte Wissenschaftlerinnen<br />

ausdrücklich zur Bewerbung auf.<br />

Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt.<br />

Nähere Hinweise geben gerne das Institut für Forstbenutzung und Forstliche<br />

Arbeitswissenschaft e-Mail Adresse:<br />

fobawi@fobawi.uni-freiburg.de und das Dekanat e-Mail Adresse:<br />

Inga.armbruster@ffu.uni-freiburg.de<br />

Bewerbungen mit aussagekräftigen Unterlagen sind in elektronischer<br />

Form und als Briefpost bis zum 19. Juni 2010 zu richten an den:<br />

Dekan der Fakultät für Forst- und Umweltwissenschaften der Albert-<br />

Ludwigs-Universität Freiburg, Tennenbacherstr. 4, 79106 Freiburg<br />

e-Mail Adresse: dekanat@ffu.uni-freiburg.de<br />

Hochschulen<br />

im<br />

Blick<br />

<strong>Forschung</strong><br />

& <strong>Lehre</strong><br />

Alles was die Wissenschaft bewegt<br />

Universität Paderborn


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> AKADEMISCHER STELLENMARKT 451


452 AKADEMISCHER STELLENMARKT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> AKADEMISCHER STELLENMARKT 453<br />

1/6 Seite 1/4 Seite 1/3 Seite 1/2 Seite 1/1 Seite<br />

388,00 € 585,00 € 781,00 € 1.170,00 € 2.204,00 €<br />

Die Veröffentlichung Ihrer Anzeige unter www.academics.de ist im Preis inbegriffen.


454 AKADEMISCHER STELLENMARKT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

www.academics.com<br />

Forscher<br />

gesucht<br />

<strong>Forschung</strong><br />

& <strong>Lehre</strong><br />

Alles was die Wissenschaft bewegt<br />

Foto: picture-alliance


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> AKADEMISCHER STELLENMARKT 455<br />

In der Fakultät Wissenschaftszentrum für Ernährung, Landnutzung und<br />

Umwelt (WZW) der Technischen Universität München ist zum Wintersemester<br />

2011/12 im Department für Ökologie und Ökosystemmanagement<br />

ein<br />

Lehrstuhl für Landschaftsökologie<br />

(BesGr. W3)<br />

neu zu besetzen.<br />

Gesucht wird eine Persönlichkeit, die das Fach in <strong>Forschung</strong> und <strong>Lehre</strong><br />

in seiner ganzen Bandbreite vertritt. Die Professur ergänzt die bestehenden<br />

ökosystemaren und biologischen Arbeitsbereiche am Wissenschaftszentrum<br />

Weihenstephan und führt sie auf der Ebene der Landnutzung<br />

zusammen.<br />

In der <strong>Forschung</strong> liegen die Schwerpunkte im Bereich der Prozessanalyse<br />

auf Landschaftsebene, der Systemmodellierung und der Risikoforschung.<br />

Diese sollen im Zusammenhang mit der kulturellen Bedeutung<br />

von Landschaft erforscht werden und daraus Beiträge zur Theorie der<br />

Landschaftsökologie leisten. Die Bewerber und Bewerberinnen müssen<br />

international anerkannte <strong>Forschung</strong>sleistungen vorweisen.<br />

In der <strong>Lehre</strong> wird die Professur in den landnutzungsorientierten Bachelor-<br />

und Masterstudiengängen der Studienfakultäten Landschaftsarchitektur<br />

und Landschaftsplanung, Agrar- und Gartenbauwissenschaften,<br />

Forstwissenschaften und Ressourcenmanagement, und Biowissenschaften<br />

eingebunden, wobei der Schwerpunkt in der Landschaftsarchitektur<br />

und Landschaftsplanung liegt.<br />

Die Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit in <strong>Forschung</strong><br />

und <strong>Lehre</strong> mit allen anderen umweltgestaltenden Fakultäten wie Architektur<br />

und Bauingenieur- und Vermessungswesen wird ausdrücklich erwartet.<br />

Der Bewerber oder die Bewerberin verfügt über besondere Management-<br />

und Kooperationsfähigkeiten, insbesondere auch auf dem<br />

Gebiet der Drittmitteleinwerbung. Hervorragende pädagogische Eignung,<br />

<strong>Lehre</strong>rfahrung und Internationalität sind selbstverständlich.<br />

Einstellungsvoraussetzungen sind ein universitärer Hochschulabschluss<br />

sowie Promotion und Habilitation oder gleichwertige wissenschaftliche<br />

Leistungen. Bewerberinnen oder Bewerber dürfen zum Zeitpunkt der<br />

Ernennung das 52. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Ausnahmen<br />

von der Altersgrenze können in dringenden Fällen zugelassen werden.<br />

Die Technische Universität München hat sich in der Exzellenzinitiative<br />

des Bundes und der Länder das strategische Ziel gesetzt, den Anteil<br />

von Frauen in <strong>Forschung</strong> und <strong>Lehre</strong> deutlich zu erhöhen. Wissenschaftlerinnen<br />

werden deshalb nachdrücklich um ihre Bewerbung gebeten.<br />

Mit dem Service des TUM Munich Dual Career Office bietet die Technische<br />

Universität München Unterstützung für Doppelkarriere-Paare und<br />

Familien an.<br />

Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber werden bei ansonsten<br />

im Wesentlichen gleicher Eignung bevorzugt eingestellt.<br />

Bewerbungen mit Lebenslauf, Werk- und <strong>Forschung</strong>sdokumentation,<br />

Publikationsliste, Nachweis der bisherigen <strong>Lehre</strong>rfahrung sowie der<br />

Skizze eines Lehr- und <strong>Forschung</strong>sprogramms werden bis zum 30. Juni<br />

2010 erbeten an den<br />

Dekan der Fakultät Wissenschaftszentrum Weihenstephan<br />

für Ernährung, Landnutzung und Umwelt<br />

Technische Universität München<br />

Alte Akademie 8<br />

D-85354 Freising-Weihenstephan<br />

DHV-Newsletter<br />

Der DHV-Newsletter, der Mitgliedern und Nichtmitgliedern in gleicher Weise offen steht, erscheint monatlich. Er informiert unter anderem<br />

über Aktuelles aus Hochschulpolitik und Hochschulrecht sowie über Termine und Neuerscheinungen im Internet und auf dem Buchmarkt.<br />

Das Abonnement des DHV-Newsletters ist kostenlos. Voraussetzung ist, dass der Geschäftsstelle Ihre E-Mail-Adresse bekannt ist. Zur Bestellung<br />

genügt eine formlose E-Mail mit dem Stichwort „Bestellung“ an:<br />

newsletter@hochschulverband.de oder ein Eintrag über den Link http://www.hochschulverband.de/newsletter


456 AKADEMISCHER STELLENMARKT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

<strong>Forschung</strong><br />

& <strong>Lehre</strong><br />

Alles was die Wissenschaft bewegt<br />

Die nächsten<br />

Erscheinungstermine:<br />

Ausgabe 7/2010 30. Juni 2010<br />

Ausgabe 8/2010 30. Juli 2010<br />

Ausgabe 9/2010 31. August 2010


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> AKADEMISCHER STELLENMARKT 457<br />

<strong>Forschung</strong><br />

& <strong>Lehre</strong><br />

Alles was die Wissenschaft bewegt<br />

1. Quartal 2010<br />

Verbreitete Auflage: 27.822:<br />

IVW geprüft


458 AKADEMISCHER STELLENMARKT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Ohne<br />

<strong>Forschung</strong><br />

kein<br />

Fortschritt<br />

<strong>Forschung</strong><br />

& <strong>Lehre</strong><br />

Alles was die Wissenschaft bewegt<br />

Foto: picture-alliance – Höchstleistungsrechner im Deutschen Klimarechenzentrum


6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> AKADEMISCHER STELLENMARKT 459<br />

Kommissionen am<br />

Bundesinstitut für Risikobewertung<br />

Aufruf zur Interessensbekundung<br />

für die Mitgliedschaft in den BfR-Kommissionen<br />

Dieser Aufruf wendet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,<br />

die sich für die Mitarbeit in einer der Expertenkommissionen des<br />

Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) interessieren. Vorrangige Aufgabe<br />

des BfR ist eine unabhängige, dem Stand von Wissenschaft und<br />

Technik Rechnung tragende Risikobewertung von Lebens- und Futtermitteln,<br />

Chemikalien, Bedarfsgegenständen und anderen verbrauchernahen<br />

Produkten. Wissenschaftliche Gutachten des BfR sind Grundlage<br />

für die Umsetzung von Gesetzen und Verordnungen und dienen der Politikberatung<br />

sowie der Information verschiedener gesellschaftlicher Interessengruppen.<br />

Mit der am BfR etablierten Kommissionsstruktur soll der auf nationaler<br />

Ebene vorhandene Sachverstand für eine Risikobewertung auf höchstmöglichem<br />

wissenschaftlichem Niveau gebündelt und in internationale<br />

Gremien eingebracht werden. Durch diese Kommissionsstruktur soll die<br />

wissenschaftliche Güte der Stellungnahmen des BfR durch externe Expertise<br />

ergänzt und eine zusätzliche Qualitätssicherung erzielt werden.<br />

Nicht nur in Krisenfällen soll so gewährleistet sein, jederzeit ein etabliertes<br />

Expertennetzwerk zu Rate ziehen zu können. Folgende BfR-Kommissionen<br />

werden zum 1. Januar 2011neu besetzt bzw. neu eingerichtet.<br />

Bewerbung bis 09. Juli 2010, BfR-Kommission für<br />

● Bedarfsgegenstände<br />

● Bewertung von Vergiftungen<br />

● biologische Gefahren<br />

● Ernährung, diätetische Produkte, neuartige Lebensmittel und Allergien<br />

● Expositionsschätzung und –standardisierung<br />

● Futtermittelsicherheit<br />

● genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel<br />

● Hygiene<br />

● Kontaminanten und andere gesundheitlich unerwünschte Stoffe in<br />

der Lebensmittelkette<br />

● kosmetische Mittel<br />

● Lebensmittelzusatzstoffe, Aromastoffe und Verarbeitungshilfsstoffe<br />

● Pflanzenschutzmittel und ihre Rückstände<br />

● pharmakologisch wirksame Stoffe und Tierarzneimittel<br />

● Risikoforschung und Risikowahrnehmung<br />

● Wein- und Fruchtsaftanalysen<br />

Auswahl der Kommissionsmitglieder<br />

Jeder BfR-Kommission werden mindestens 10 externe und unabhängige<br />

Sachverständige angehören, die sich durch wissenschaftliche Expertise<br />

auf ihrem jeweiligen Fachgebiet auszeichnen. Die Sachverständigen<br />

müssen über einen Hochschulabschluss und über ausreichende<br />

Berufserfahrung auf einem einschlägigen wissenschaftlichen Fachgebiet<br />

verfügen. Die Mitgliedschaft in den BfR-Kommissionen ist ein persönliches<br />

Ehrenamt.<br />

Arbeit der Kommissionen<br />

Die BfR-Kommissionen werden bis zu zweimal im Jahr tagen.<br />

Bewerbungsverfahren<br />

Online-Bewerbungsformulare stehen auf der BfR-Website<br />

(http://www.bfr.bund.de/cd/311) zur Verfügung und sollten über diese<br />

Website eingereicht werden. Formulare für die Bewerbung in Papierform<br />

können ebenfalls über diese Website oder unter folgender Adresse<br />

angefordert werden:<br />

Bundesinstitut für Risikobewertung<br />

Thielallee 88-92, 14195 Berlin<br />

Frau Susanne Kaus<br />

Tel.: 030 18412-2103 Fax-Nr.: 030 18412-1243<br />

E-Mail: Kommissionen2011@bfr.bund.de<br />

Alle Bewerbungen werden vertraulich behandelt.


460 AKADEMISCHER STELLENMARKT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

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WISSENSCHAFT<br />

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6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> AKADEMISCHER STELLENMARKT 461<br />

<strong>Forschung</strong><br />

& <strong>Lehre</strong><br />

Alles was die Wissenschaft bewegt<br />

Die nächsten<br />

Anzeigenschlusstermine:<br />

Ausgabe 7/2010 21. Juni 2010<br />

Ausgabe 8/2010 21. Juli 2010


462 AKADEMISCHER STELLENMARKT <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Am<br />

Deutschen Historischen Institut Rom<br />

der Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche<br />

Institute im Ausland (DGIA) ist die Stelle<br />

der Direktorin / des Direktors<br />

zum 1. Oktober 2012 wiederzubesetzen. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre. Einmalige<br />

Wiederbestellung ist möglich. Die Position wird entsprechend Besoldungsgruppe<br />

B3/B4 Bundesbesoldungsgesetzt zzgl. Auslandszulage bewertet.<br />

Die Aufgaben des Instituts bestehen in der Erforschung der italienischen und<br />

deutschen Geschichte im internationalen Kontext vom frühen Mittelalter bis<br />

zur Gegenwart einschließlich der Musikgeschichte, im besonderen der<br />

deutsch-italienischen Beziehungen, der Veröffentlichung von Quellen aus<br />

dem Vatikanischen Archiv und den öffentlichen und privaten Archiven und Bibliotheken<br />

in Italien, der Durchführung von wissenschaftlichen Veranstaltungen<br />

sowie der Publikation von <strong>Forschung</strong>sergebnissen, der Unterstützung<br />

und Beratung von Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Institutionen bei<br />

einschlägigen <strong>Forschung</strong>svorhaben und der Pflege der Beziehungen zur italienischen<br />

Wissenschaft.<br />

Die Direktorin / Der Direktor leitet und repräsentiert das Institut. Für diese Position<br />

wird eine Historikerin /ein Historiker gesucht, die / der durch eigene <strong>Forschung</strong>en<br />

die Fähigkeit erworben hat, die Aufgaben des Instituts wahrzunehmen.<br />

Erwünscht sind folgende Voraussetzungen:<br />

- hohe wissenschaftliche Qualifikation (in der Regel Habilitation)<br />

- ausgewiesenes Profil in der Erforschung der deutschen und italienischen<br />

Geschichte<br />

- Vertrautheit mit den wissenschaftlichen Aufgaben des Instituts<br />

- Erfahrung in der Wissenschaftsorganisation<br />

- hohe Kommunikationsfähigkeit<br />

- gute Kenntnisse in der italienischen Sprache<br />

Die Stiftung DGIA fördert die Gleichstellung von Frauen und Männern und begrüßt<br />

daher ausdrücklich die Bewerbung von Wissenschaftlerinnen. Schwerbehinderte<br />

Bewerber/innen werden bei gleicher Eignung bevorzugt.<br />

Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen (Lebenslauf, Schriftenverzeichnis)<br />

werden erbeten bis zum 1.07.2010 im pdf-Format an bewerbung@stiftungdgia.de<br />

oder per Post an:<br />

Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute<br />

im Ausland, z. Hdn. des Vorsitzenden des<br />

wissenschaftlichen Beirats des DHI Rom,<br />

Rheinallee 6, D-53173 Bonn, Kennwort: Bewerbung<br />

Empa is an interdisciplinary research and services institution for material<br />

sciences and technology development within the ETH Domain.<br />

For a joint research project between the Laboratory for Analytical Chemistry<br />

and the Technology and Society Laboratory we are searching for a<br />

P h D S t u d e n t i n e n v i r o n m e n t a l<br />

c h e m i s t r y o f n a n o p a r t i c l e s<br />

The project aims at investigating the behavior of nanoparticles released<br />

from paints into the environment. The emphasis will be on analytical method<br />

development and the investigation of fate processes like dissolution,<br />

agglomeration, sedimentation or other transformation mechanisms.<br />

We are looking for a highly qualified and motivated candidate interested in<br />

a fundamental understanding of nanoparticle behavior in the environment.<br />

The candidate should have a good background in analytical and environmental<br />

chemistry and should be fully motivated, focused on experimental<br />

work and interested in multidisciplinary research.<br />

The ideal candidate (m/f) is a communicative experimental chemist, natural<br />

scientist, environmental scientist or a related discipline with a Master’s<br />

degree of a University or an equivalent degree. Knowledge in analytical<br />

chemistry, especially field flow fractionation or chromatography techniques<br />

in combination with plasma mass spectrometry are advantageous.<br />

The work will be carried out at Empa Dübendorf and Empa St. Gallen under<br />

supervision of PD Dr. Bernd Nowack and Dr. A. Ulrich. Enrolment of<br />

the PhD is at ETH Zürich. Prof. Dr. Laura Sigg is the academic supervisor<br />

at ETHZ. The position will be available in June 2010. The planned project<br />

duration is three years.<br />

Please send your complete application (German or English) including CV,<br />

exam certificates, list of publications as well as names and addresses of<br />

at least two academic references to Dr. Bernd Nowack, Laboratory<br />

Technology and Society, Lerchenfeldstr. 5, CH- 9014 St. Gallen. Only<br />

complete applications will be evaluated.<br />

For further information please contact Dr. Bernd Nowack, +41 71 274 76 92<br />

or bernd.nowack@empa.ch.<br />

www.forschung-und-lehre.de


Foto: DFG/Querbach<br />

6|10 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> ZU ENDE GEDACHT 463<br />

Zu Ende gedacht<br />

Ich beginne meinen Tag…<br />

meist sehr früh morgens.<br />

Meine besten Einfälle habe ich…<br />

meist sehr früh morgens.<br />

Wenn ich einen Rat brauche…<br />

frage ich meine Frau.<br />

Am meisten ärgere ich mich...<br />

über die Ratschläge meiner Frau.<br />

Das nächste Buch, das ich lesen will...<br />

liegt ganz oben auf dem Stapel<br />

der nächsten Bücher, die ich lesen<br />

will.<br />

Wenn ich das Fernsehen anschalte…<br />

kommt unfehlbar mein jüngster Sohn<br />

und will das andere Programm sehen.<br />

Energie tanke ich…<br />

zum Beispiel beim Fernsehen mit meinem<br />

jüngsten Sohn.<br />

Wenn ich mehr Zeit hätte…<br />

würde ich mehr lesen und mehr mit<br />

meinem jüngsten Sohn fernsehen (und<br />

ins Stadion gehen).<br />

Mit einer unverhofften Million würde<br />

ich...<br />

ein Privatkonzert mit Bob Dylan arrangieren.<br />

Ich frage mich manchmal...<br />

wo Bob Dylan eigentlich gerade ist.<br />

Die Wahrheit zu finden...<br />

wäre Lessing zufolge weniger wichtig<br />

als immerfort nach ihr zu fragen.<br />

Das Bewusstsein von der eigenen<br />

Vergänglichkeit...<br />

macht mich kreativ.<br />

Kreativität entsteht...<br />

aus dem Bewusstsein der eigenen<br />

Vergänglichkeit.<br />

Freude an meinem Beruf...<br />

wäre im Idealfall ansteckend.<br />

Die Zeit meines Studiums...<br />

dauert an.<br />

Wissenschaftler sind Menschen...<br />

die nicht aufhören, sich zu wundern.<br />

Wenn ich Wissenschaftsminister<br />

wäre…<br />

wäre es auch nicht besser.<br />

Der Fortschritt von Wissenschaft und<br />

Technik...<br />

ist trotz allem ein Grund zur Dankbarkeit.<br />

STECKBRIEF<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Heinrich Detering<br />

Alter: 50<br />

Familiäres: verheiratet, drei Kinder<br />

(22, 19, 15)<br />

Berufliches: Studium in Heidelberg,<br />

Odense und Göttingen,<br />

Assistent bei Albrecht Schöne,<br />

Literaturwissenschaftler an der<br />

Universität Göttingen, Träger des<br />

Gottfried Wilhelm Leibniz-Preises<br />

der DFG 2009, Autor von Gedichten<br />

und Übersetzer und froh,<br />

einen Beruf ausüben zu dürfen,<br />

in dem eine Trennung von<br />

„Beruf“ und „Hobby“ überflüssig<br />

ist.


464 EXKURSION <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 6|10<br />

Exkursion<br />

„<br />

PowerPoint macht uns dumm“<br />

General Stanley A. Mc Chrystal,<br />

Kommandeur der amerikanischen<br />

und der Nato-Truppen in Afghanistan,<br />

wurde im vergangenen Sommer<br />

eine PowerPoint-Präsentation zur Komplexität<br />

der amerikanischen Militärstrategie<br />

in Afghanistan gefragt. Nach<br />

einem kurzen Innehalten sagte er trocken:<br />

„Wenn wir diese Präsentation ver-<br />

standen haben, haben wir den Krieg gewonnen.“<br />

Die Grafik wurde seither im<br />

Internet weltweit herumgereicht als<br />

Beispiel für ein militärisches Werkzeug,<br />

das außer Kontrolle geraten ist. Laut<br />

New York Times bestimme PowerPoint<br />

den Alltag der Armee und habe die Stufe<br />

der Obsession erreicht. Die Zeit, die<br />

mit PowerPoint-Präsentationen ver-<br />

bracht werde, sei mittlerweile zu einem<br />

„running joke“ geworden. „PowerPoint<br />

macht uns dumm“, brachte es General<br />

James N. Mattis in einer monatlichen<br />

Konferenz auf den einfachen Nenner.<br />

Er trug dies übrigens ohne PowerPoint<br />

vor.

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