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Ausgabe 9 - IPOS

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18<br />

Veränderungsmanagement in der Kirche als Leitungsaufgabe<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

sieren. Während in der Wirtschaft eher ein<br />

Lernprozess vor sich geht, der das hierarchische Anweisungsgefüge<br />

in der Linie kommunikativ und<br />

partizipativ zumindest etwas aufbricht, ist die Aufgabe<br />

in der Kirche eher so zu beschreiben, dass eine kontrollierte<br />

und verantwortungsvolle Führungsrolle –<br />

ebenfalls und unbedingt kommunikativ und partizipativ<br />

- “gelernt” und mit Leben erfüllt werden muss.<br />

Anekdotischer Exkurs: “Ich fahre die Kiste<br />

mit dem Arsch”<br />

Es kann gar nicht oft genug betont werden, dass<br />

Veränderungsprozesse nicht vom grünen Tisch her<br />

geplant werden können. Die einzelnen Glieder von<br />

Veränderungsprozessen, die man analytisch aufschlüsseln<br />

und wieder zu Prozessketten verbinden<br />

mag, sind in sich selbst so prozesshaft und an viele<br />

Bedingungen und personales Handeln gebunden,<br />

dass sich Führung nur in lebendigem Kontakt mit<br />

dem Geschehen ausarbeiten kann. Das heißt, bei<br />

aller Notwendigkeit der Kenntnis von<br />

Prozessgeschehen, von einzelnen Instrumenten und<br />

theoretischen Hintergründen, dass letztlich alles auf<br />

die subjektive Haltung der jeweiligen Verantwortlichen<br />

ankommt, auf ihre Bereitschaft, sich einzulassen,<br />

sich zu engagieren und mit hoher Sensibilität in<br />

Kontakt mit der Situation und den handelnden Personen<br />

Entscheidungen zu treffen, zu intervenieren<br />

usw. 16 . Doppler geht so weit zu sagen, dass ein Manager<br />

den Übergang vom Fachmann zum Manager<br />

als Berufswechsel (an)erkennen müsse (ders. 70).<br />

Eine kleine Anekdote ist für mich zu einem sehr aussagefähigen<br />

Bild für den notwendigen Kontakt geworden:<br />

Als Gemeindepfarrer hatte ich bei zahlreichen<br />

Seniorenausflügen immer wieder Gespräche mit den<br />

Busfahrern. Mit einem damals schon über sechzigjährigen<br />

Fahrer und Besitzer eines mittelständischen<br />

Busunternehmens kam das Gespräch auf die Technik<br />

des Busfahrens selbst. Als “Kernkompetenz”, als die<br />

entscheidende Fähigkeit nach vielen hunderttausend<br />

Kilometern Busfahrens sagte mir dieser Mann: “Ich<br />

fahre die Kiste mit dem Arsch”. Dieser, wie ich finde,<br />

zwar derbe aber überaus treffende Ausdruck bedeutet<br />

in einzelne Elemente auseinandergelegt: Das Entscheidende<br />

ist der Kontakt mit der Straße und der<br />

Maschine. Das Entscheidende ist die Erfahrung. Jenseits<br />

aller Instrumente, jenseits des unmittelbar<br />

Sichtbaren fühlt der im unmittelbaren und dichten<br />

Kontakt Stehende bzw. in diesem Fall Sitzende, was<br />

dran ist, ob Gefahr droht, ob mehr drin ist.<br />

Ohne die bildhafte Story allzu sehr strapazieren zu<br />

wollen, zeigt mir das,<br />

· wie wesentlich der Kontakt ist,<br />

· dass der Kontakt über alle Sinne läuft,<br />

· dass Entscheidungen letztlich über diese Impulsund<br />

Kontrollinstanz getroffen werden müssen,<br />

· dass selbstverständlich der Umgang mit den Regeln<br />

und Instrumenten gelernt werden muss, dieses<br />

Lernen aber leer und unvollendet (und damit<br />

wirkungslos oder wirkungsschwach bleibt),<br />

· wenn nicht ein sensibles, kontrolliertes<br />

Erfahrungslernen hinzukommt<br />

· und schließlich: All das kann vermutlich nur dann<br />

durch Erfahrung erlernt werden, wenn die hier<br />

skizzierte offene, neugierige und energetisch<br />

hoch besetzte Haltung an den Tag gelegt wird.<br />

Die Anekdote wie die Ausführungen zur Haltung machen<br />

deutlich, dass beim “Change” wie überhaupt bei<br />

der Arbeit mit Organisationen und den in ihnen arbeitenden<br />

Personen das Denken in Linien und Diagrammen,<br />

Über- und Unterordnungen nicht wirklich weiterhilft.<br />

Doppler empfiehlt vielmehr in Kraftfeldern,<br />

Energieströmen und offenen Prozessen statt in Strukturen<br />

zu denken (vgl. Doppler 100).<br />

3.2 Primäre Aufgabe – die Einordnung von<br />

Veränderungsprozessen und das Verständnis für<br />

Veränderungsprozesse in die “primäre Aufgabe”<br />

der Kirche<br />

Jede Veränderung von Strukturen, Abläufen etc., ob in<br />

der Kirche oder einem Wirtschaftsunternehmen,<br />

muss sich an der Aufgabe orientieren, die diese Organisation<br />

hat. Wenn diese nicht klar definiert ist,<br />

wird die jeweilige Organisation kopf- und ziellos umherirren<br />

und über kurz oder lang scheitern. “Zentral ist<br />

… für jede Organisation die Bestimmung ihrer Primäraufgabe,<br />

die festlegt, welche zentrale Aufgabe die<br />

Organisation zu erfüllen hat” (Lohmer, Einführung 14,<br />

H.i.O). Dazu muss sie auch Grenzen festlegen. Auf<br />

der Grenze ist die Führungsfunktion angesiedelt, die<br />

entscheidet, was nach innen und nach außen gehört.<br />

Deshalb hat das Verständnis von Organisationen in<br />

so hohem Maße mit “Grenzen” zu tun: Ständig geht

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