Karl Mai/Klaus Steinitz - Denkwerkstatt 2020
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Abschied vom "Aufholprozess Ost" - ein kritischer Diskussionsbeitrag<br />
Wohngebieten, Städten und Subregionen wird zunehmen. Die lokalen Märkte<br />
schrumpfen. Damit werden sich auch die endogenen Chancen für eine weitere ökonomische<br />
Annäherung an die westdeutsche BIP-Leistungskraft verschlechtern, weil<br />
der einsetzende kommunale ”Rückbau” erhebliche Anteile jener Finanzzuweisungen<br />
in Abriss- und Umgestaltungskosten bindet, die sonst in den gewerblichen Wertschöpfungsbereich<br />
fließen würden.<br />
Gegenläufige Tendenzen entstehen durch begrenzte Zuwanderung aus den künftigen<br />
EU-Osterweiterungsländern, die hohe Anstrengungen zur arbeitmarktseitigen und<br />
kommunalen Integration der Zuwanderer erfordern dürfte. Auf lange Sicht (ab 2030)<br />
wird aber auch hierdurch die Alterstruktur Ost nicht sehr wesentlich verjüngt, wie<br />
jüngste Prognosen besagen.<br />
2.9 Chancen und Risiken der EU-Osterweiterung für Ostdeutschland<br />
Mit einer sicheren Prognose der Folgen der EU-Osterweiterung speziell für Ostdeutschland<br />
kann nicht gerechnet werden. Früher hatten sich auch Voraussagen der<br />
EU-Behörden zu den Effekten der Schaffung des EU-Binnenmarktes als irrig erwiesen.<br />
Fest steht jedoch, dass die beiden Länder Thüringen und Sachsen-Anhalt (grenzen<br />
nicht an Beitrittsländer) von den erhöhten Fördermitteln zur Vorbereitung der<br />
deutschen direkten Grenzbereiche auf die EU-Osterweiterung nichts erhalten werden.<br />
Unwägbar erscheinen gegenwärtig die Folgen für die EU-Beitrittsländer aus den<br />
derzeitigen Produktivitätsunterschieden zur bisherigen EU-Kernzone bei der vorgesehenen<br />
Ausdehnung der EU- Wirtschafts-, Finanz- und Geldpolitik auf diese Länder.<br />
Forderungen nach einer Re-Nationalisierung der Wirtschaftspolitiken im EU-Raum<br />
sind ein Ausdruck dieser erhöhten Unsicherheiten. Die ostdeutsche Region nimmt<br />
hinsichtlich der Produktivitätsunterschiede eine Mittellage in diesem Kontrastgefälle<br />
ein.<br />
Unabhängig hiervon, bringt die EU-Osterweiterung eine Art erweiterter<br />
”Freihandelszone” mit Chancen für ostdeutsche Unternehmen zur Erweiterung von<br />
Marktanteilen und für beiderseitige Marktkooperationen, die expansive Tendenzen in<br />
der Kapazitätsauslastung oder -erweiterung begünstigen oder zulassen. Ob diese<br />
Chancen nutzbar werden, hängt von der Kapitalkraft und Marktdurchdringung jener<br />
Unternehmen ab, die vorwiegend für den überregionalen Absatz tätig sind, von der<br />
Nutzung der Möglichkeiten für eine neue Stufe umfassender Kooperation und Arbeitsteilung<br />
sowie davon, wie sich die regionale und überregionale Wirtschaftspolitik<br />
auf die neuen Bedingungen einstellen. Die Kreditgewährung deutscher Banken ist<br />
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