Karl Mai/Klaus Steinitz - Denkwerkstatt 2020
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Abschied vom "Aufholprozess Ost" - ein kritischer Diskussionsbeitrag<br />
”Wertschöpfungsfaktor” ableitet. Die fehlende Lohnangleichung an West wird hier zu<br />
einem Hauptfaktor für die niedrigere ”Produktivität Ost”. Dies wirkt sich nicht nur<br />
direkt auf die ausgewiesene Produktivität dieser Bereiche, sondern auch indirekt auf<br />
die rechnerische gesamtwirtschaftliche Produktivität Ostdeutschlands aus. Auch in<br />
den anderen Bereichen gibt es Faktoren der Produktivitätsberechnung, die zu beträchtlichen<br />
Verzerrungen der ausgewiesenen Ergebnisse führen. Die ausgewiesenen<br />
Produktivitätsrückstände werden oft politisch instrumentalisiert, um Forderungen<br />
nach Verzicht auf Lohnerhöhungen in Ostdeutschland und damit auch auf nur geringe<br />
Schritte zur Lohnangleichung zu begründen.<br />
Als Folge einer überzogenen Erweiterung des Baugewerbes in der ersten Hälfte<br />
der neunziger Jahre, u.a. auch als Ergebnis einer falschen und einseitigen Wirtschaftsförderung,<br />
insbesondere zur Steuersenkung durch Abschreibungsmodelle für westdeutsche<br />
Vermögensbesitzer, sowie der jetzigen ”Haushaltskonsolidierung” auf Kosten<br />
öffentlicher Investitionen, gibt es seit einigen Jahren eine anhaltende Strukturkrise<br />
der ostdeutschen Bauwirtschaft mit stark rückläufigen Leistungen. Der hohe Anteil<br />
der Bauwirtschaft Ost an der Leistung des Produzierenden Gewerbes sowie die relativ<br />
günstige Produktivitätsrelation Ost-West im Bausektor bewirken, dass sich diese<br />
Strukturkrise deutlich mindernd auf die ostregionale Gesamtproduktivität auswirken<br />
kann.<br />
Die noch zu geringe Innovationskraft der Unternehmen, darunter besonders der<br />
ostdeutschen KMU, die sich in zu niedrigen Anteilen grundlegender Innovationen<br />
und produktivitätswirksamen Prozessinnovationen zeigt, und eine effizienzmindernde<br />
(oft von den westdeutschen Mutterunternehmen bestimmte) Sortimentsstruktur - Zulieferungen<br />
mit relativ niedrigen Wertschöpfungsanteilen oder reine Montagebetriebe<br />
wie im Automobilbau – wirken sich hemmend auf Wertschöpfung und die in Wertkennziffern<br />
gemessene Produktivität aus.<br />
Die strukturellen Ost-West Unterschiede, vor allem die Größenstrukturen der Betriebe<br />
sowie die Branchen- und Erzeugnisstrukturen der Produktion, beeinflussen<br />
nicht nur die Höhe des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsgefälles, sondern wirken<br />
auch verfestigend.<br />
In den neuen Bundesländern konzentrieren sich die Beschäftigten und der Umsatz<br />
auf KMU (Kleinbetriebe und Mittelbetriebe unter 500 Beschäftigte). Besonders auffällig<br />
ist die Häufung von Beschäftigung und Umsatz in der Größengruppe bis 99<br />
Mitarbeiter je Betrieb. Sie ist fast doppelt so groß wie in Westdeutschland (2000).<br />
Beim Umsatz betragen die Strukturanteile in den Betrieben bis 99 Beschäftigte 31,2<br />
% (Ost) bzw. 15,2 % (West) und bei den Betrieben mit 500 und mehr Beschäftigten<br />
29,2 %(Ost) bzw. 56,1 % (West). Auf die Größengruppe der Betriebe mit 1000 und<br />
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