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Integrationsjournal Mai 2013 - Lehrerweb

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I-JOURNAL <strong>Mai</strong> <strong>2013</strong><br />

Wir laden Herrn Ibrahim Beyazit ein, als solch ein Botschafter in unsere Klasse zu kommen. Er kam als<br />

9-Jähriger aus der Türkei nach Österreich, besuchte dann Volksschule, Sonderschule und Polytechnischen<br />

Lehrgang. Danach machte er eine Schlosserlehre. Heute hat er seine eigene Firma und ist in der<br />

Wirtschaftskammer aktiv. Sein Werdegang klingt sehr interessant und ich finde es äußerst passend, über<br />

diesen in unserer Integrationsklasse zu sprechen. Das<br />

Projekt sieht vor, dem Botschafter ein „Gastgeschenk“<br />

zu überreichen. Meine Kollegin und ich überlegen, welches<br />

Geschenk wir für Herrn Beyazit vorbereiten sollen.<br />

Herrn Beyazits Beruf Schlosser bringt uns zurück zu der<br />

Sage „Stock im Eisen“, die wir zu Beginn des Schuljahres<br />

kurz mit der Klasse besprochen haben. Es ist eine lange,<br />

komplizierte Sage, die viele Teilabschnitte und handelnde<br />

Personen hat. In unserer Klasse gibt es einige SchülerInnen,<br />

die mit dieser sprachlich anspruchsvollen Sage eigentlich<br />

überfordert waren. Dennoch war es für die Kinder<br />

spannend, eine echte Wiener Sage zu hören, zu der es<br />

gleich neben dem Stephansplatz den Stock im Eisen Platz<br />

gibt. Dort steht ein mit Nägeln zugepflasterten Baumstamm umgeben von einem breiten Band mit großem<br />

Schloss.<br />

Wir beschließen es zu wagen und diese Sage für uns und auch Herrn Beyazit aufzubereiten. Wir lesen<br />

und erzählen die Sage. Die meisten SchülerInnen stellen<br />

rasch einen Bezug her zu dem Lehrbuben Martin Mux,<br />

der lieber mit anderen Kindern spielen will, als für seinen<br />

Meister Lehm zu holen. Die Abschnitte, in denen der Teufel<br />

vorkommt, finden die Kinder schaurig, spannend, cool.<br />

Wir teilen die Sage in Sinneinheiten, kurze Abschnitte und<br />

bitten immer drei SchülerInnen diesen Teil der Sage zu illustrieren.<br />

Ich bespreche noch einmal den Abschnitt mit jedem<br />

Integrationskind und alle können ihre Zeichnung fertigstellen,<br />

manche können die Sage oder Teile der Sage<br />

nacherzählen. Meine Kollegin und ich bemerken, wie<br />

unsere SchülerInnen diese umfangreiche Wiener Sage<br />

durch die eigenen Zeichnungen, wiederholtes Nacherzählen und Vorlesen für sich erobern. Wir besuchen<br />

den Stock im Eisen Platz, besprechen noch einmal, machen Fotos.<br />

Der Tag des Besuchs rückt näher und die SchülerInnen bereiten Fragen vor, die sie Herrn Beyazit stellen<br />

wollen. Es sind viele interessante Fragen dabei. Wir<br />

beschäftigen uns auch mit unserer eigenen Herkunft und<br />

Familie. Mit Hilfe von Post-it Zettelchen stellen wir Balkendiagramme<br />

her, die verdeutlichen welche Kinder unserer<br />

Klasse in Wien geboren wurden, welche in einem anderen<br />

Land geboren wurden, welche Sprachen gesprochen werden.<br />

Ebenso ein Diagramm wieviele Eltern in Wien bzw.<br />

woanders geboren wurden.<br />

Mitte Jänner ist es dann endlich soweit! Herr Beyazit und<br />

Frau Lendl vom ÖJRK verbringen zwei Stunden in unserer<br />

Klasse. Die illustrierte Sage wird in einem langen Streifen<br />

ausgerollt und mehrere SchülerInnen erzählen abwechselnd<br />

die Stock im Eisen Sage. Herr Beyazit ist beeindruckt und gibt zu, dass er diese Wiener Sage nicht<br />

so detailliert kannte. Allerdings berichtet er sofort, dass er nach seiner Meisterprüfung auch einen Nagel<br />

in den Baumstamm im 8. Bezirk bei der Innung der Schlosser und Metallverarbeiter eingeschlagen hat. In<br />

der Vorstellrunde sind viele SchülerInnen noch zurückhaltend, aber bald ist der Bann gebrochen und die<br />

SchülerInnen stellen ihre vorbereiteten und auch viele andere Fragen. „Warum waren Sie in der Sonderschule?“<br />

„Ich war in der Sonderschule, weil ich nicht so gut Deutsch konnte und nicht mitgekommen bin.“<br />

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