Teilstudie 2: Klimafolgen im Kontext - Implikationen für ... - SciLogs
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1.2 Analytische Herausforderungen und Wahl des Forschungsansatzes<br />
21<br />
beruhen zumeist auf einem unzureichend<br />
reflektierten Zukunftsverständnis. 10<br />
Eine weitere Herausforderung besteht<br />
in der konzeptionellen Herangehensweise:<br />
Häufig verwendete Schlagwörter wie „Umweltkonflikt“<br />
oder „Kl<strong>im</strong>asicherheit“ sind<br />
meist weder eindeutig, geschweige denn<br />
einheitlich definiert. Zudem steht der Diskurs<br />
über die Bedrohung des Kl<strong>im</strong>awandels<br />
vielfach unter dem Verdacht, weniger<br />
analytisch als politisch motiviert zu sein.<br />
Besonders schwerwiegend gestaltet sich<br />
diese Situation be<strong>im</strong> zentralen und inflationär<br />
verwendeten Begriff der „Sicherheit“.<br />
In den letzten Jahrzehnten wurden viele,<br />
jedoch sehr unterschiedliche und zum Teil<br />
widersprüchliche Konzepte von Sicherheit<br />
entwickelt. Die Konzepte variieren vor allem<br />
<strong>im</strong> Hinblick auf ihr Referenzobjekt, das<br />
heißt hinsichtlich ihrer Antwort auf die Frage<br />
nach „Sicherheit <strong>für</strong> wen oder was?“.<br />
Das Nebeneinander von Begriffen wie<br />
„menschliche Sicherheit“, „nationale“, „regionale“<br />
oder auch „internationale Sicherheit“<br />
hat bei der Analyse von <strong>Kl<strong>im</strong>afolgen</strong><br />
zu einem teils erheblichen Maß an Verwirrung<br />
geführt. Weiterhin kritisieren einige<br />
Autoren die politische Instrumentalisierung<br />
des Sicherheits-Begriffes, das heißt die<br />
„Versicherheitlichung“ des Kl<strong>im</strong>awandels. 11<br />
Wahl der szenariobasierten Stabilitätsanalyse<br />
Aufgrund der definitorischen Unklarheit<br />
und der politischen Aufgeladenheit des<br />
Begriffs Sicherheit argumentieren diese<br />
Autoren gegen die Analyse des Kl<strong>im</strong>awandels<br />
als Sicherheitsrisiko. Um die Trennung<br />
der politischen Zielformulierung und der<br />
analytischen Beschäftigung mit den Auswirkungen<br />
kl<strong>im</strong>atischer Veränderungen zu<br />
gewährleisten, wird von ihnen stattdessen<br />
der Begriff der (System-)Stabilität vorgeschlagen.<br />
12 Demnach gilt es drei Schritte<br />
zu beachten. Zuerst soll vor Beginn der<br />
Analyse geklärt werden, wessen Sicherheit<br />
von Interesse ist. Für den Rahmen dieser<br />
<strong>Teilstudie</strong> wird Sicherheit definiert als die<br />
nationale Sicherheit Deutschlands und<br />
seiner Verbündeten. 13 Zweitens gilt es, ein<br />
vor diesem Hintergrund relevantes Untersuchungsobjekt<br />
zu identifizieren. Der Ge-<br />
10<br />
Vgl. Nils Petter Gleditsch, Armed Conflict and The Environment: A Critique of the Literature, in: Journal<br />
of Peace Research, Vol. 35, No. 3, 1998, S. 381- 400.<br />
11<br />
Versicherheitlichung bezeichnet vereinfacht gesprochen die Diskussion oder Definition eines Sachverhaltes,<br />
Politikbereichs oder Problems als nationales Sicherheitsrisiko. Eine solche Politisierung kann eine<br />
erhöhte Allokation von Aufmerksamkeit und Ressourcen sowie ggfls. die Anwendung anderer, sicherheitspolitischer<br />
Instrumente zur Lösung des Problems zur Folge haben und wird daher mitunter auch kritisch<br />
gesehen. Vgl. Barry Buzan et al., Security. A New Framework for Analysis, Boulder 1998.<br />
12<br />
Vgl. Jörn Richert, Der Stabilitätsbegriff als leitendes Konzept der Kl<strong>im</strong>a-Sicherheits-Debatte, in: Steffen<br />
Angenendt et al. (Hrsg.), Kl<strong>im</strong>awandel und Sicherheit. Herausforderungen, Reaktionen und Handlungsmöglichkeiten,<br />
a.a.O.; Irina Comardicea und Ach<strong>im</strong> Maas, Contextual Instability: The Making and Unmaking<br />
of the Environment, Adelphi Research, Turku 2010, S. 2.<br />
13<br />
Der in dieser <strong>Teilstudie</strong> verwendete Sicherheitsbegriff orientiert sich also an der Unversehrtheit und Integrität<br />
von Staaten und Gesellschaften und nicht an der Sicherheit des Individuums. Die möglichen Auswirkungen<br />
des Kl<strong>im</strong>awandels auf die menschliche Entwicklung sollen keineswegs in Abrede gestellt oder<br />
gering geschätzt werden. Da es jedoch in dieser <strong>Teilstudie</strong> vorrangig um die sicherheitspolitische Relevanz<br />
vor dem Hintergrund einer möglichen Rolle der Bundeswehr geht, ist der <strong>im</strong> Zusammenhang mit Kl<strong>im</strong>awandel<br />
und Sicherheit häufig assoziierte Begriff der „menschlichen Sicherheit“ (human security) <strong>im</strong> Sinne<br />
des vorliegenden Erkenntnisinteresses dieser <strong>Teilstudie</strong> nicht zielführend. Zum Konzept der menschlichen<br />
Sicherheit siehe Roland Paris, Human Security: Paradigm Shift or Hot Air, in: International Security, Vol. 26,<br />
No. 2, 2001, S. 87-102.