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Untitled - Soup

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Wenige Tage später führte ich ein Telefonat mit meiner Anwältin He. Obwohl unser Gegner es<br />

uns leicht gemacht hatte, seine Absicht des doppelten Abkassierens zu offenbaren, zeigte meine<br />

Anwältin keinerlei Interesse an diesem Fall. Sie unterstellte einfach, dass der Anwalt R mich<br />

sicherlich auch in Sachen Scheidung beraten hätte, denn nur in diesem Fall wäre seine<br />

Kostennote gerechtfertigt gewesen. Sie machte keine Anstalten, diesen Fall zu übernehmen,<br />

zeigte eine deutliche Unlust. Da ich zu viel Stolz besaß um zu betteln, beendete ich das<br />

Gespräch schnell. Sicher, mir war klar, dass die Frau anscheinend genug Klienten hatte,<br />

besonders ausländische, und ihr starkes Engagement für die Flüchtlingshilfe sie regelrecht<br />

auslastete. Der Hauptgrund, sich nicht für diesen Fall zu interessieren, dürfte aber sein niedriger<br />

Streitwert gewesen sein, ungefähr 50 Euro hätte sie daran nur verdient. Und für solche Beträge<br />

steigt ein Jurist morgens nicht aus dem Bett, ignoriert die Existenz eines solchen Falls, zeigt<br />

Desinteresse daran. Diesen Eindruck musste ich wiederholt gewinnen.<br />

Es war daher wieder einmal an der Zeit, Anwalt Dr. E aufzusuchen, der mir damals im<br />

Vorgehen gegen Anwältin H eine Absage erteilt hatte, da man generell nicht gegen eine<br />

Kollegin aus der gleichen Stadt vorginge, das wäre völlig unüblich gewesen. Allerdings<br />

verteidigte er mich überzeugend und erfolgreich gegen einen Dortmunder Kollegen, was ich<br />

nie vergaß.<br />

Dieses Mal sah ich mich in einer anderen Rolle, nämlich in der Defensive, denn ich brauchte<br />

Schutz gegen doppeltes Abkassieren. Ich erzählte meinem Gegenüber vom Fall, insbesondere,<br />

wie leicht es uns durch die schon peinliche Argumentation meines Gegners gemacht wurde.<br />

Anwalt E schien keineswegs begeistert. Nein, auch hier konnte er mich nicht vertreten,<br />

es ging ja schließlich um einen Kollegen aus der gleichen Stadt. Er würde mich gerne beraten,<br />

aber das Schreiben musste ich selber aufsetzen, und natürlich musste er im Hintergrund<br />

bleiben, das hieß, um Gottes Willen durfte sein Name nicht einmal erwähnt werden. Ich fragte<br />

mich an dieser Stelle, ob die Stadt in punkto Anwälte ein einziger Sumpf war. Man half dem<br />

Mandanten nur ansatzweise, wenn die Gefahr bestand, der gegnerischen Anwalt aus der<br />

gleichen Stadt konnte verärgert werden. Volle Kampfkraft war daher gar nicht möglich, denn<br />

man wollte schließlich seine Kollegen nicht reizen, devotes Auftreten war Pflicht! Der übliche<br />

Abschlusssatz „Mit kollegialen Grüßen“ bekam in diesem Zusammenhang eine ganz andere<br />

Bedeutung, nämlich Richtung (Parteien)Verrat und Kollaboration. Mittlerweile konnte ich mir<br />

plastisch vorstellen, wie sich die Anwälte im Porscheclub regelmäßig trafen, sich gegenseitig<br />

auf die Schulter klopften und wahre Kameradschaftsabende feierten. Einige Monate später<br />

fragte ich meine Anwältin He, ob es in ihrer Stadt, 50 km entfernt von mir, auch üblich sei,<br />

nicht gegen Kollegen vorzugehen. Sie bejahte diese Frage ohne zu zögern, und begründete<br />

diese Notwendigkeit mit besseren Einigungschancen. Sollte sie gegen eine Kollegin für mich<br />

vorgehen, würde sie mich zu einem Kollegen in das benachbarte Wuppertal schicken. Ich war<br />

völlig fassungslos!<br />

Aber wieder zurück zu Anwalt E. Er teilte meine Ansichten in Sachen überhöhte Rechnung<br />

und verzichtete auf die Erstellung einer Rechnung, während er in seinem Gebührenberechnungsbuch<br />

blätterte. Für etwa 25 Euro wolle er sich nicht die Mühe machen eine<br />

Rechnung zu schreiben, argumentierte er. Wenn ich mal einen Fall hätte, solle ich einfach an<br />

ihn denken, was ich sicherlich auch machen werde, vorausgesetzt, man verärgerte hierbei<br />

keinen seiner Kollegen. Wobei er allerdings weniger gelangweilt wirkte, seine Augen geradezu<br />

glänzten, sein Ton schon regelrecht zärtlich wurde, war bei seiner Frage, ob ich eine<br />

Rechtsvertretung bei der Scheidung besaß. Der Mann roch einen dicken Braten, der um zwei<br />

Zehnerpotenzen lukrativer war als mein vorgetragener Fall. Leider musste ich ihn enttäuschen,<br />

und so gingen wir auseinander.<br />

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