münchen - Münchner Stadtmuseum
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Zum 100. Geburtstag von Jiří Trnka<br />
ein SOmmeRnAcHTSTRAUm<br />
Jiří Trnka<br />
13<br />
Jiří Trnka – Im Dienste der Phantasie<br />
Jiří Trnka war nicht nur eine der Schlüsselfiguren der<br />
tschechischen Schule des Animationsfilms, sondern zugleich<br />
auch Illustrator, Maler, Puppenspieler, Bildhauer<br />
und Bühnenbildner sowie ein bedeutender Vertreter der<br />
modernen Kunst und der tschechischen visuellen<br />
Szene in den 30er bis 60er Jahren des 20. Jahrhunderts,<br />
dessen Werk die folgende Künstlergeneration beeinflusst<br />
hat. Am bekanntesten sind seine Filme und Illustrationen,<br />
auf welche Künstler bis heute Bezug nehmen.<br />
Die Inhalte seiner Filme wählte Trnka sorgfältig<br />
aus, manche Themen griff er mehrmals in seinen Illustrationen<br />
und Grafiken sowie im Film auf (z. B. beim<br />
SOMMERNACHTSTRAUM). Inspiration schöpfte er aus<br />
der Volkskultur und der Weltliteratur sowie aus der bildenden<br />
Kunst. In einer Zeit, in der Walt Disney den Zeichentrickfilm<br />
weltweit dominierte, ging Trnka seinen<br />
eigenen Weg und bewies, dass die Möglichkeiten des<br />
Animationsfilmes noch wesentlich vielfältiger sind.<br />
Manchmal war er seiner Zeit voraus, einige seiner<br />
Filme wie DAS GESCHENK (1946) stießen zu ihrer Entstehungszeit<br />
auf Unverständnis und wurden erst später<br />
»wiederentdeckt« und hochgeschätzt. Andere wie der<br />
Pantomimefilm EIN SOMMERNACHTSTRAUM (1959)<br />
rufen bis heute unverminderte Bewunderung beim Publikum<br />
hervor.<br />
Bahnbrechend ist vor allem Trnkas Art, Atmosphäre zu<br />
erzeugen. Jedes Handlungsmotiv wird in Bilder zerlegt,<br />
die im Endeffekt verschmelzen und somit einen breiten<br />
Raum für eine reichhaltige Palette an Gefühlen und<br />
Stimmungen entstehen lassen. Dramatische Handlungen<br />
und eine poetische Atmosphäre erzeugt Trnka<br />
nicht nur mit den zur Verfügung stehenden filmischen<br />
Mitteln (Beleuchtung, Kamerawinkel, Animation, Schnitt<br />
und Ton), sondern auch durch das Zusammenspiel der<br />
Figuren mit den Requisiten. Mit jeder Aufnahme<br />
brachte Jiří Trnka die technologische und künstlerische<br />
Entwicklung des Animationsfilmes voran. Niemals<br />
wiederholte er sich, weder in der künstlerischen Aus -<br />
gestaltung noch in der Verwendung von Anima tions -<br />
techniken.<br />
Jiří Trnka wurde am 24. Februar 1912 in Pilsen geboren,<br />
einer südböhmischen Stadt, die berühmt für ihre<br />
Puppenspieltradition ist. Er starb am 30. Dezember<br />
1969 in Prag. Schicksalhaft war für Trnka die Begegnung<br />
mit Josef Skupa, seinem Zeichenlehrer an der<br />
Mittelschule, der zu dieser Zeit bereits ein berühmter<br />
Puppenspieler war. Skupa erkannte Trnkas außerordentliches<br />
Talent, weckte sein Interesse an Puppen und<br />
Puppentheater und unterstützte seine künstlerische<br />
Entwicklung auch nach der Zeit seines Studiums an der<br />
Kunstgewerbeschule in Prag. Für Skupas Puppentheater<br />
entwarf Trnka Dekorationen und Puppen sowie die<br />
Werbematerialien, in deren Mittelpunkt das Paar Spejbl<br />
und Hurvínek stand. Nach Beendigung seines Studiums<br />
im Jahre 1936 gründete und betrieb Trnka für