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als PDF downloaden - Bernischer Anwaltsverband

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in dubio 4_10 Juristischer Artikel 166<br />

vor und erkundigte über den Stand des Verfahrens. Aufgrund der Stellungnahme<br />

von Fürsprecher X. musste darauf geschlossen werden, dass A. nicht<br />

das erste Mal in der Kanzlei aufgetaucht war. Es ist nicht bekannt, ob Fürsprecher<br />

X. nach der Intervention von A. mit dem Gegenanwalt einen Termin<br />

abgemacht hat.<br />

Nach der Übernahme eines Mandats gebietet die Treuepflicht dem Anwalt,<br />

den erhaltenen Auftrag möglichst beförderlich auszuführen. Da der Arbeitsanfall<br />

in einer Anwaltspraxis jedoch stark variiert, muss der Klient gewisse<br />

Verzögerungen tolerieren, solange sie keine Rechtsnachteile zur Folge<br />

haben. Disziplinarrechtlich relevant ist nur die krasse Verletzung der Pflicht<br />

zur beförderlichen Mandatsführung, wie sie beispielsweise vorliegt, wenn<br />

ein Anwalt nach erfolgter Sühneverhandlung mit der Einreichung der Klageschrift<br />

mehr <strong>als</strong> zwei Jahre zuwartet. Ein Verstoss gegen die Pflicht, den<br />

Anwaltsberuf sorgfältig und gewissenhaft aufzuüben, liegt auch vor, wenn<br />

der Anwalt völlig passiv bleibt, indem er beispielsweise mehrfach Schreiben,<br />

Anfragen oder Mahnungen des Klienten nicht beantwortet 7 .<br />

Fürsprecher X. war während einer Zeitspanne von rund dreieinhalb Monaten<br />

untätig. Eine solche wäre <strong>als</strong> unproblematisch zu bezeichnen, wenn sich die<br />

Klientin in dieser Zeit selber nicht oder nicht sehr engagiert um eine Beschleunigung<br />

des Verfahrens bemüht hätte. Im vorliegenden Fall war dies<br />

aber offensichtlich anders. Die Klientin ist selber nicht untätig geblieben. Sie<br />

hat sich unbestrittenermassen wiederholt persönlich in die Kanzlei von Fürsprecher<br />

X. begeben und damit zum Ausdruck gebracht, dass die Sache für<br />

sie dringlich war und sie sich wünschte, ihr Anwalt würde aktiv werden.<br />

Unter diesen Umständen liegt trotz der relativ kurzen Zeit des Untätigbleibens<br />

eine Verletzung von Art. 12 lit. a BGFA vor.<br />

Für diese – nicht schwerwiegende Verfehlung – erschien der Kammer eine<br />

Verwarnung die angemessene Sanktion 8 .<br />

– B. erstattete Anzeige gegen ihren ehemaligen Rechtsvertreter Fürsprecher<br />

Z und warf ihm unter anderem vor, er habe das Mandat zu Unzeit niedergelegt<br />

und keine Strafanzeige gegen C. eingereicht, obwohl ihm dies von der<br />

Gerichtspräsidentin so empfohlen worden sei. Der Mandatsvertrag zwischen<br />

Anwalt und Klient ist ein Auftragsverhältnis. Die Beendigung eines solchen<br />

richtet sich nach Art. 404 OR. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts<br />

könnte der Anwalt das Mandat daher jederzeit niederlegen. Die Pflicht zur<br />

sorgfältigen und gewissenhaften Ausübung des Anwaltsberufs gebietet jedoch,<br />

bei der Kündigung des Auftragsverhältnisses auf die Interessen des<br />

Klienten Rücksicht zu nehmen. Insbesondere die Niederlegung eines Prozessmandates<br />

zu Unzeit ohne triftige Gründe und die missbräuchliche und<br />

trölerhafte Niederlegung des Anwaltsmandates erweisen sich daher <strong>als</strong> Verstoss<br />

gegen Art. 12 lit. a BGFA 9 .<br />

7<br />

FELLMANN, a.a.O., N. 28 zu Art. 12 BGFA.<br />

8<br />

AWK 09 11.<br />

9<br />

FELLMANN, a.a.O., N. 32 zu Art. 12 BGFA.

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