als PDF downloaden - Bernischer Anwaltsverband
als PDF downloaden - Bernischer Anwaltsverband
als PDF downloaden - Bernischer Anwaltsverband
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
in dubio 4_10 Juristischer Artikel 174<br />
der Lage sein, die ihm anvertrauten Vermögenswerte jederzeit, d.h. innert<br />
kürzester Frist, herauszugeben. Die Pflicht, die anvertrauten Vermögenswerte<br />
auf ein entsprechendes Begehren des Klienten hin sofort herauszugeben,<br />
steht unter dem Vorbehalt des Verrechnungsrechts. In Lehre und<br />
Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass sich eine Verrechnung mit<br />
eigenen Forderungen «unter dem Gesichtspunkt der an den Berufstand gestellten<br />
strengen Anforderungen» <strong>als</strong> Verstoss gegen die Berufsregeln erweisen<br />
kann, wenn der Anwalt «auf Grund seiner Kenntnis der Vermögenslage<br />
des Klienten bei sorgfältiger Prüfung annehmen muss, dass diesem<br />
durch eine Verrechnung Mittel entzogen werden, die er für den laufenden<br />
Unterhalt benötigt» 21 .<br />
Die Verrechnung von gegenseitigen Geldforderungen war somit grundsätzlich<br />
zulässig. Es war vorliegend zu unterscheiden zwischen den Forderungen<br />
gegenüber C. direkt und denjenigen gegenüber der D. AG. Die Verrechnung<br />
mit Forderungen, die dem Angezeigten gegenüber dem Anzeiger persönlich<br />
zustehen war ohne weiteres zulässig, da es sich um gegenseitige Forderungen<br />
handelte. Zudem wurde durch den Anzeiger nicht geltend gemacht, dass<br />
ihm dadurch Mittel entzogen worden seien, die er für den laufenden Unterhalt<br />
benötigt. Dies war im Übrigen auch nicht ersichtlich, weshalb die Anwaltskammer<br />
zum Schluss kam, dass die Verrechnung der Forderungen von<br />
Fürsprecher T. mit denjenigen von C. persönlich zulässig war. Anders war die<br />
Rechtslage bei den Forderungen gegenüber der D. AG. Es handelte sich<br />
nicht um gegenseitige Forderungen, weshalb die Verrechnung unzulässig<br />
war. Da es sich jedoch um einen sehr geringen Betrag handelte (rund<br />
Fr. 200.00 zu den zulässigerweise verrechneten Honoraransprüchen über<br />
Fr. 36 000.00) erschien eine Eröffnung des Verfahrens aus Opportunitätsgründen<br />
nicht <strong>als</strong> angebracht. Zudem waren die Ausführungen Fürsprecher<br />
T. glaubhaft, wonach er C. mehrm<strong>als</strong> die Rückerstattung des fraglichen Betrages<br />
angeboten hatte und in der Zwischenzeit verrechenbare Honoraransprüche<br />
entstanden waren 22 .<br />
3. Befreiung von der anwaltlichen Schweigepflicht (Art. 37 ff. KAG)<br />
Die im Jahr 2009 behandelten Gesuche wurden – wie bereits im 2008 – ausnahmslos<br />
im Hinblick auf die Geltendmachung ausstehender Honorarforderungen<br />
gestellt. Den Gesuchen wurde im Rahmen der Interessenabwägung<br />
immer entsprochen.<br />
Bei der Prüfung des Gesuchs um Befreiung von der anwaltlichen Schweigepflicht<br />
von Fürsprecher K. stellte sich die Frage, ob die Zuständigkeit der Anwaltskammer<br />
überhaupt vorlag, da er – nach Ansicht des Klienten U. – in rein<br />
treuhänderischer Funktion tätig gewesen sei.<br />
21<br />
FELLMANN, a.a.O., N. 156 zu Art. 12 BGFA.<br />
22<br />
AWK 08 109