als PDF downloaden - Bernischer Anwaltsverband
als PDF downloaden - Bernischer Anwaltsverband
als PDF downloaden - Bernischer Anwaltsverband
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Juristischer Artikel 169<br />
relevant. Unter dem Blickwinkel von Art. 12 lit. a BGFA wird man aber vom<br />
Anwalt fordern dürfen, Gegnern und Dritten sachlich, objektiv und mit einem<br />
gewissen Verständnis zu begegnen. Er darf zwar energisch auftreten und<br />
sich scharf ausdrücken, nicht aber den Gegner oder Dritte unnötig verletzen,<br />
d.h. keine Aussagen machen, die für den Prozess sachlich bedeutungslos<br />
sind und nur die Gegenpartei demütigen sollen. Beleidigungen mittels Anzüglichkeiten,<br />
die nicht zur Sache gehören und unnötig ehrverletzende Äusserungen<br />
gegenüber Gegnern und Dritten sind zu unterlassen 13 . Man darf<br />
vom Anwalt keine besondere Zurückhaltung fordern, wenn der Klient – was<br />
in der Praxis oft vorkommt – ein energisches Vorgehen verlangt. Man wird<br />
ihm aber untersagen dürfen, aus blosser Streitlust entbehrliche, vor allem<br />
unnötig verletzende Massnahmen zu ergreifen. Das Kriterium für das Vorliegen<br />
einer Berufspflichtverletzung ist <strong>als</strong>o weniger eine wie auch immer<br />
geartete Fairness <strong>als</strong> vielmehr die Sinnlosigkeit bestimmter Handlungen,<br />
die blosse Schikane. Verpönt können daher grundsätzlich nur Massnahmen<br />
sein, die dem Klienten keinen Nutzen bringen, der Gegenpartei aber unnötigerweise<br />
schaden oder sie ohne jeden vernünftigen Sinn verletzen. Solange<br />
die vom Anwalt getroffenen Massnahmen demgegenüber der Erreichung<br />
des Ziels dienen, das der Klient anstrebt, und sowohl das Ziel selbst <strong>als</strong> auch<br />
die Handlung des Anwalts legal sind, ist das Vorgehen disziplinarrechtlich<br />
irrelevant, auch wenn sich die Gegenpartei unfair behandelt fühlt 14 .<br />
Die Äusserung von Fürsprecher Z. im Schreiben an E. und F. vermochte zwar<br />
den gebotenen Anstand verletzen, jedoch wurde die Schwelle für eine Berufsregelverletzung<br />
nicht überschritten 15 .<br />
Interessenkollision (Art. 12 lit. c BGFA)<br />
– Die G. AG und H. AG, vertreten durch Fürsprecher A., warfen Fürsprecher<br />
und Notar W. folgendes vor: Er habe für sie zwei Kaufverträge betreffend<br />
Stockwerkeinheiten in der Überbauung U verurkundet. Es habe für sie die<br />
Möglichkeit bestanden, mittels Handwerkerleistungen einen Teil des Kaufpreises<br />
zu verrechnen. Die G. AG und die H. AG seien <strong>als</strong>dann <strong>als</strong> Handwerker<br />
tätig geworden. Da die Generalunternehmerin O. AG, die die Überbauung<br />
realisiert habe in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei, habe deren Verwaltungsrat<br />
Q. der G. AG und der H. AG geraten auf einen grossen Teil ihrer<br />
Forderungen zu verzichten. In der Folge habe eine Sitzung stattgefunden, an<br />
welcher die G. AG, die H. AG, deren Anwalt, Fürsprecher A, die Generalunternehmerin<br />
O. AG, die Verkäuferin der Stockwerkeinheiten, Y. AG, Q. und Fürsprecher<br />
und Notar W. teilgenommen hätten. Q. habe anlässlich dieser Sitzung<br />
erklärt, Fürsprecher und Notar W. vertrete ihn persönlich und die ihm<br />
gehörenden Unternehmen Y. AG und O. AG. Fürsprecher und Notar W. habe<br />
diese Tatsache in seinem Schreiben an Fürsprecher A. bestätigt. Nachdem<br />
Fürsprecher A. Fürsprecher und Notar W. aufgefordert habe, sein Mandat<br />
13<br />
FELLMANN, a.a.O., N. 50 zu Art. 12 BGFA.<br />
14<br />
FELLMANN, a.a.O., N. 50 zu Art. 12 BGFA.<br />
15<br />
AWK 09 108.