als PDF downloaden - Bernischer Anwaltsverband
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in dubio 4_10 Juristischer Artikel 172<br />
gleichermassen <strong>als</strong> unabhängiger Zeuge zur Verfügung stehen muss 17 . Als<br />
Beteiligte haben alle Personen zu gelten, die durch die Beurkundung unmittelbar<br />
betroffen sind 18 . Die Anwaltskammer hat deshalb in ständiger Praxis<br />
stets festgehalten, dass bei Anwälten, die zugleich das Notariat ausüben,<br />
eine verpönte Interessenkollision auch hinsichtlich von Notariatsgeschäften<br />
vorliegen könne. Das Bundesgericht hat diese Auslegung von Art. 12 lit. c<br />
BGFA <strong>als</strong> bundesrechtskonform bestätigt 19 .<br />
Bei der Prüfung der Frage, ob Art. 12 lit. c BGFA und/oder Art. 13 SSR verletzt<br />
sind, ist somit entscheidend, ob im erneuten Tätigwerden im Zusammenhang<br />
mit einem ehemaligen Mandat die Gefahr einer Verletzung der<br />
gegenüber früheren Klienten bestehenden Treue- und Verschwiegenheitspflicht<br />
liegt. Dies schliesst keineswegs jedes erneute Tätigwerden aus. So ist<br />
es selbstverständlich zulässig, den gleichen Mandanten wieder zu vertreten,<br />
wenn sich in der im Rahmen des früheren Mandates behandelten Angelegenheit<br />
erneut Handlungsbedarf ergibt. Bestand die frühere Rolle in einer<br />
Mediation oder neutralen Rechtsberatung für mehrere Beteiligte, schliesst<br />
Art. 12 lit. c BGFA nicht aus, in gleicher Funktion erneut tätig zu werden.<br />
Unzulässig ist diesfalls einzig die einseitige Interessenwahrung eines oder<br />
mehrerer früherer Mandanten gegen den oder die übrigen; die einseitige<br />
Beratung einzelner früherer Mandanten im gleichen Zusammenhang erscheint<br />
zumindest <strong>als</strong> sehr heikel, sofern nicht die Interessen aller Beteiligten<br />
erkennbar gleichgerichtet sind.<br />
Im vorliegenden Fall divergierten die Interessen der Beteiligten (Verkäufer,<br />
Käufer und Werkunternehmer) offensichtlich und von Anfang an. Einziger<br />
gemeinsamer Nenner war höchstens, den finanziellen Schaden allseitig<br />
möglichst gering zu halten. Bei dieser Ausgangslage hätte eine allfällige<br />
Vermittlerrolle des zuvor <strong>als</strong> Notar für alle Vertragsparteien tätig gewesenen<br />
Disziplinarbeklagten durch einen dahin lautenden Auftrag aller Beteiligten<br />
getragen sein müssen. Hätten sich alle Vertragsparteien damit einverstanden<br />
erklärt und ihm ein entsprechendes Mandat erteilt, wäre die darauf gestützte<br />
Tätigkeit <strong>als</strong> Vermittler unbedenklich gewesen.<br />
Die Anwaltskammer ging aufgrund der vorhandenen Unterlagen davon aus,<br />
dass Fürsprecher und Notar W. ein Mandat von Q. und dessen Aktiengesellschaften<br />
zur Regelung der Angelegenheit angenommen hat. Ihm war daher<br />
zumindest vorzuwerfen, den übrigen Beteiligten, d.h. den Adressaten seiner<br />
beiden Schreiben, seine Rolle nicht in der Weise, wie er sie verstanden haben<br />
wollte, kommuniziert zu haben. Im ersten Schreiben wies er darauf hin, dass<br />
er von Q., der O. AG und der Y. AG mandatiert worden sei.<br />
17<br />
vgl. RUF, Notariatsrecht, Langenthal 1995, Rz 988 ff. insb. 1013 m.w.H.; idem bereits MAR<br />
TI, Bernisches Notariatsrecht, Kommentar zum NG vom 31. Januar 1909, Bern 1964, N 7 zu<br />
Art. 21.<br />
18<br />
RUF, a.a.O. Rz 994.<br />
19<br />
BGE 2C_407/2008 vom 23.10.2008, E. 3.3.