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Schuler (1882) - Swiss Embroidery

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]) i e<br />

schweizerischen Stickereien<br />

1111


Nach mehrjährigen lebhaften Kämpfen gelangte im Spätjahre 1~7i ein<br />

schweizerisches Fabrikgesetz zur Annahme durch das Volk, nachdem schou<br />

fl'üher eine Anzahl Cantone von sich ans gesetzliche Bestimmnngen über<br />

die Arbeit in den Fabriken getroffen. Seine Aufnahme von der Bevölkerung<br />

war eine sehr ungleiche. St. Gallen uud Appenzell gehörten zu denjenigeD<br />

Cantonen, in welchen es auf grosseu 'Widerst and stiess. Insbesondere die dort<br />

blühende Hauptindnstrie , die mechanische Stickerei, war ihm abhold. Die<br />

Verkürzung der Arbeitszeit, die Nichtzulassung von Kindern unter 14 Jahr<br />

en zur Fabrikarbeit wurden als Bestimmungen betrachtet, die zum Ruin<br />

des Industriezweigs führen würden. Ein fataler Umstand vermehrte die<br />

Abneigung. Nach dem Buchstaben des Fabrikgesetzes war es kaum möglich,<br />

Stickereien mit nicht mehl' als zwei Maschinen ebenfalls dem Gesetz ZD<br />

unterstellen. Diese Ungleichheit erbitterte. Sie that es um so mehl', als die<br />

Stickerei als Rausind ustrie immer grössere Ausdehnung gewann - zum grolSpn<br />

Schaden der Fahrikhetriebe. Es wurde mehrmals versucht, die verhassten<br />

Schranken zu durchbrechen, die das Gesetz auferlegte. Die Versuche wel'­<br />

den ohue Zweifel wiederholt werden.<br />

Darin liegt eine lehhafte Aufforderuug an diejenigen Beamten, weIche<br />

mit der Aufsicht über den Vollzug des Gesetzes betraut sind, sich selbst<br />

und anderen darüber Rechenschaft zu geben, ob eine Aufrechterhaltung desselben<br />

geboten, ob U ebelstände vorhanden seien, deren Beseitigung oder<br />

Milderung vom Gesetz gehofft werden kaun. Es musste vor allem Klarheit<br />

gewonnen werden, ob und warum die Stickerei sanitarische Nachtheile<br />

herbeigefuhrt , Kraft und Gesn ndheit des Volkes geschäcligt habe. Die Ansichten<br />

darüLer sind sehr widersprechend. Ich habe mich bemüht, durch<br />

vorliegende Arbeit für mich und andere die nöthigen Anhaltspunkte für ein<br />

begründetes U rtheil zu gewinnen. Ich weiss zwar wobl, dass sie zablreiche<br />

Mängel und Lücken aufweist in Bezug auf Material wie auf dessen Vetl<br />

arbeitung. Da der praktische Zweck zur Eile drängte, blieb mir 'keine teit<br />

~ur .Ergänzung des Stoffs, namentlich auch der statistischen Angabea, ditt<br />

lU em paar Jahren allerdings reichlioher vorhanden gewesen wäre •• Nicht ..<br />

desto weniger dUrfte auch weitere Kreise das Vorliegende intereseireo, wire<br />

es auch nur, eine Industrie kenneo zu lernen, die in deI' OetscbwaHs ei.,<br />

so hervorragende Rolle seit Jahren gespielt, wiibrend sie WUlt, we~ Auenahmen<br />

abgerechnet. zn dpll unbekannteste" Zweigen gewerblicher;g. ...<br />

kelt gehört.<br />

,.


4<br />

Das Werden und Wachsen der Plattsti ch -Maschinensti ckerei.<br />

Iudustrie und Handel der Stadt St. Gallen sind malt. Fri\her ein<br />

Hauptsilz des Leinwandgewerbes, verdankt sie diesem ihren Reichthmn und<br />

Einllms nuf die umli e gelld~n Gegenden. Die ersten Anfänge der Banmwolliudustrie,<br />

deren Werden und Wachsen Dr. TI . Wartmann in sei nem Werke:<br />

"Industrie uud llandel des Cantons St. Gallen" in vortrefflicher und ausführlicher<br />

Weise geschildert und die hier in Kürze an der !land desseIhen<br />

d,u.gestellt werden' soUen, fall en in das zweite Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts.<br />

P e t e r Bion hiess der Neuerer, der mit zäher Ausdnuer alle Schwie·<br />

rigkeiten überwand, welche die alten Zünfte dem Eind1'ingen eines neuen<br />

Industriezweiges in den Weg legten.<br />

Bion bezog seine Garne von Zürich, das schon eine vollständig entwickelte<br />

Bllmuwollindustrie besass, und mehr noch aus Glarns, wo ebenfalls<br />

die Banmwollenindustl'ie blühte. Bald begann auch in der Umgegend von<br />

St. Gallen, b esonders im Appenzellerland, das Spinnen nnd Weben von<br />

Banmwollenstoffen.<br />

Im Jahre 1753 schickte das naus Gonzenbach die erste ostiudische<br />

l\Iousseline znm Sticken nach dem Vorarlberg nnd nnmittelbar hiernach<br />

wurde auch in St. Gallen für diese Firma gestickt. Es scheint, dass türkische<br />

Stickereien, die von Lyon nach St. Gallen kamen, den A~ stos s hierzu<br />

gegeben h"ben. In !turzer Zeit wtll·de der neue Industriezwelg mcht nur<br />

in St. Galleu und Umgehung, sowie in Vorarlberg, sondern auch welt hmaus<br />

bis nach Schwaben betrieben.<br />

St. Gallen wurde r asch znm bedeutenden Markt- und Vertriebsplatz für<br />

Baumwollenwaaren aller Art. Auch 1:lerisan wetteiferte mit ihm. Die Pl:oducte<br />

dieser Gegenden fanden am meisten Absatz nach Frankreich~ aber auch m Spanien,<br />

Italien, Deutschland. Selbst mit Englalld bestanden aelt den 60 er Jahren<br />

Verbindungen. Ja die Engländer versuchten, die St .. Gallen-St,ckindnstne .1D<br />

ihre Heimath zn verpßnnzell. Es gelang ihnen ni.cht, woh!. aber b eg~DDeD SIe,<br />

t J er de. ' ostschweizeriscben Splonerbevolkerung, 1m letzten<br />

un er grossem amm .' G 11 ' . ­<br />

Jahrzrhnt des Jahrhunderts englisches Maschmengarn ," St.<br />

a en ;1D~U<br />

r- h Bisher haUe ein Spinner 1 Gulden bis 1 Gulden 12 Kreuzer per oc e,<br />

s:h:eU~te Arbeiter his 24 Kreuzer (= 8G Centimes) per Tag verdlent . . Jnng<br />

und ~lt war mit Spinnen bescbäftigt, ganz Alte .und K,nd~r unte, Jae~~:<br />

Jabren erwarben mit Spulen und Haspeln noch etu pna r Kl enzer. .<br />

b b d' Weherei und Druckere,<br />

minderte sich ihr Erwerb. Dagegen na m a er ,. . f roe<br />

erneuten Aufschwung, vornehmlich das Weben der ganz le,chten.~ :~:s~'al_<br />

und der balbdichten Gewebe (Jacconnats und Midollbles), wonn s\~<br />

b . die<br />

len eigentlich das Monopol in ganz Europa errang. Es gab cl~m.:, s he ~,~~ ~ite r<br />

1 Gulden und 1 Gulden 12 Kreuzer tiighch verdienten, ge wohn IC<br />

2 bis 4 Gulden wöchentlich. . . t derselben<br />

A ucb die Stickerei entwickelte sich gewaltig. D,. Le, ung d 'cb bebehielt<br />

die Stadt St. Ganen in den Händ en. Ihre Kaufleute gnben ·:'binaus.<br />

sondere Agenten, die "Fergger", ihre Bestellungen und Muster ~ e:lO Rbein-<br />

"bnliche Sacben liessen sie in Schwaben und Vorarlberg, aUf t'ndisobcf<br />

eW<br />

G O<br />

f . . b Bondere aU 08 1<br />

thal und äbtiscben La.nd anfertigen, elDcre, 108 e<br />

0<br />

.)<br />

lI:!ousseline oder in bunter Seide, Gold- und Silberfnden wnrc.en in St. GalJ~n<br />

Belbst oder in Appenzell - Ausserrhodrn nnter den Augen der Kaufleute bergestellt.<br />

Die gewöhnlichste Stickerei war im vorigen Jahrhundert der" Kettenstich"<br />

und erst gegen Ende desselben, als das Sticken auf Battist und<br />

Linon in Aufoabme kam, mag auch die Feiostickerei (" Plattstich") häufiger<br />

geworden sein. Bunte Stickereien, der dnmaligen Mode entsprechend. erfreuten<br />

sich eines gewaltigen Absatzes in der ganze n civilisirten Welt.<br />

Der Erwerb der Arbeiler war ei n glänzender , der einer Stickerin in<br />

St. Gallen betrug lange Jahre 36 bis 60 Kreuzer, in Schwahen nnd Tyrol<br />

fl eilich weit weniger. 30 bis 50']"'0Ilz.r v8r(lieuten di e Arbeiterinnen mit<br />

"Ausschn eiden U reep. dem Besoitigen der zwischen den einzelnen Figuren<br />

auf der Rückseite del'Tücher gespllllntrD Fiitleu, sowie mit dem" Verwe"ben"'\<br />

d. h. dem Nachbassern der bei dom Bleichen oder Ausrüsten beschädigten<br />

Stellen.<br />

Die St. Galler Stickindustrie, deren Prorlllcte eine grosse Zabl St. Galler<br />

IIandelshäusel' in all en WeHth eilen ve"kltuften, beschiiftigte nacb ungefährer<br />

Schätzung im J ahre 17736000 Stickerinllen und t7~O 31)000 his .J,OOOO!<br />

Die Gesarnmtzahl der für die neuelll.t"orlene St. Gl\lIi.che Baumwollenindnstrie<br />

thiitigen Arbeiter botrug gegen Eode des 18 .. Tahrhunderts 80001l<br />

bis 100000.<br />

1I1it. dem Schlusse desReIben un,l im Beginn des neuon .Jllhrhundel'ts trafen<br />

schwere Schläge die blühende St. GnlliRche Geworb.lhiitigkeit. Politische<br />

Umwälzungen in und a.usser deI' Scbweiz, ContincntlllRpPI'rl', hoh~ Zölle, lIem~<br />

mnng des Verkcbl's durch lllilitüriscLo ulld politi schu \r~ r!Jiiltui8 so hervorgerufen,<br />

vereinigten sich, slo fRst giin zlich zu Gl'undo 1.11 richton. Allerdings<br />

förd erte der Ausschloss e u g li ~w lll'l' \\'norurl tlny Empnl'kollllßOD von<br />

Spinncl'ei pn, welche ordentli che Löh no Lozn,hltclI. )(indOl' vUI'Jilmton in denselben<br />

15 Kreuze l', Rpulerinnen ~ . I , Spin ner !j() ICI'"u zor', - I>i o \Vebul'ei erhidt<br />

sicb leidlich, aber dieStickerei spitdo gnnz hOHondcnl clin UnRUllst der Zeitp.n<br />

und der Napoleonischen llandul.politik. Vi e ill fi t. rinllon hc"lo'helldo Vorschusscnsse<br />

Jür Pl'oducle der llautUwollilldu.trio vO('schloss sic h ihr 1311<br />

giil1z1ich, "da dieser Artikel für jetzt r"fit giillzlich nus d ...·)" Motlu gekommen<br />

und wenig oder kein Verkehr mit Bolbi gelll iat u . 18 1:J wur'd lJ die PI'('is·<br />

frage ausgeschriebeLl, welcbe nouo InuuBtl'ie uu I::Ho )1 o dur zu Grunde gc·<br />

gangenen eillgoflihr~ werden köm",.<br />

Aber trot z flllcdero fristet.e die Rtiok ... rl.j imllwr noch ihr kümm erliches<br />

Dasein. In It'olgo der östorrcichisclien Zollpllu'klJl'cioll W'WIUlD si(! nuf I\08tcU<br />

von Voro.rlberg und 1'yrol imUlHr 1Ill'llI' ßudolJ im Rlwi nlhu.l uud AppenzL'l1.<br />

~ie \vauclte sich imnl~r mehr dell1 PlattHticb zu, dill FoioRlioksl'fJi IUUD zu<br />

lmmSI' grö~Horor Bedeutung I uud \vl1I'rlo Jlun nl\munllioh von deo Appeazuller-lnnol'l'hQdol'ilH16n<br />

(·irrig cultivirt. Nach der Ar'bl'it in flen im zweiten<br />

b~ H vitwt.>rl .Juhrzolmtimmor znhlrjjicLul' onLstlJ uouden DuuffiwlJlJooßpionoreien<br />

~lCht gp lü .to u~, wandten . ich jo l!lugor jo mehr Arbcilokriifte der gewöhnlIChem<br />

J [ n.nuHLlCkerlli zu.<br />

Der ~'l h tt Atic lt «nlaug te zu einor mßlllligfnltigcn J\nwpodnog, Zwar ,cwnnliOiI<br />

eI 11' PluttHtic hgowobc dut, Stiekoni vitllfüch DOJt'D Rb. Selbst die<br />

t ,t1~ 'kiHC' IIf' B.·vüllcerung onbngto dur I'cichC'n \'erzierung dt'8 'furbaD8 daw.<br />

Sbck.·n· l. lJlIw.gnn tdJl·r WIU"'II noch gl'II"1I Elllh ... dl'r NApoJeoniaahea .....


G<br />

,eI",ft Jie scl,wpren, reichen Stickereien in Seide, Silber und Gold (sowie feine<br />

WPISSI' In hettel),tich) die vorherrschenden für FralIengewänder , Bettvorhang"<br />

u. d~rgl. Euro!,A. war das HauptA.hsatzgebiet hier·für. In der Folge<br />

mehrte er Rich auch in der Levante, von 1820 an in den Vereinigten Staaten<br />

\'On NordnlUerikll. Letztere verlangten zwar vorzugsweise gewöhnliche<br />

Fabriknte. Allmälig aber gewannen die Plattsticherzeugnisse als feinere<br />

rahrikate die Oherband, während die Kettenstichstickerei immer mehr<br />

,,1. ein besonderer, von der ührigen Stickerei losgelöster Zweig, als Gro b­<br />

g t i c k ere 1, betrachtet wurde, und, getrennt von der Plattstichstickerei, mehr<br />

nls lIausiudustrie als in eigentlich fabrikmässigem Betrieh bis in die letzten<br />

,lahre srch fortentwickelt hat.<br />

Etwa 11lns.Tahr 1830 beganu die Blüthezeit der Plattstich-Handstickerei.<br />

Anfanglieh meist nur von Fmuen cllltivirt, fand der l)lattstich bald eifrige<br />

Pflege clul'ch einige St. GalJische Geschäftsmänner. In den vierziger und<br />

fünfziger Jahren gelangte er zum höchsten Flor, um schon gegen Ende des<br />

sechsten Jahrzehnts theils durch die Ungnnst der wechselnden Mode, mehr<br />

noch durch die Concurrenz der französischen, sächsischen und schottischen<br />

Stickerei in VerfalJ zu gerathen. Die amerikanische {{risis von 1857 warf<br />

diesen Indnstriezweig ganz darnieder , als Handstickerei wenigstens.<br />

Aher die Maschinenstickerei begann um diese Zeit ibre bedentungsvolJe<br />

Rolle zn spielen, die Handstickerei rasch nnd sicher verdrängend.<br />

Ungefähr im Jabre 1829 war es, als ein Herr F'ranz Mange in St. Gallen<br />

von eineml\lühlhauser JosuaHeilmann die zwei erstenStickmaschinen<br />

erwarb uud in St. GalJen in Thätigkeit setzte. Aber diese neuen Maschinen<br />

leistelen sebr wenig, ihre vielversucbte VervoJJkommnung wollte nicht gelingen,<br />

bis endlich Franz Elysiius Rittmeier in Verbindung mit seinem<br />

i\1:echaniker Franz Anton Vogler mit Erfolg die Aufgabe löste, wirklich<br />

Lrauchbare Maschinen herzuste\1en, die ein den lIandstickereien wobl an<br />

die Seite zu stellendes P"oduct lieferten. Bald batten sie eine ziemliche Anzahl<br />

ibrer l\fascbinen im Betrieb. Andere Geschäftshäuser ahmten Anfangs<br />

der 1850er Jahre ihr Vorgehen nach. 1853 begannen die Fabrikate der<br />

Stickmaschineu bereits uuter dem Namen nHamburghs" in Amerika eingeführt<br />

zu werden. Der Absatz machte sich so, da.'s das lIans Rittmeier 1854<br />

in Bruggen 100 Stickmaschinen unter einem Da-che hesass.<br />

" erschiedene Umstände trafen zusammen, den Aufschwung der Maschinenstickerei<br />

zu fördern. Der nach dem Bürgerkriege folgende Aufschwnng<br />

des Geschäfts in den Vereinigten Staaten, die Verminderung c1es Einfuhrzollos<br />

für Stickereien in Frankreich, dem besten ehemaligen .Absatzgebiete,<br />

die Erfindung und rascbe Verbreitung von Nähemaschinen, welche mit der<br />

Fubrikation von feinem Weisszeug , insbesondere die Verwendung von gestickten<br />

Einsätzen und Besätzen so unendlich förderte. Eine riesige Ver ..<br />

mehrung der Stickmaschinen war die Folge. Ihrer einträglichen Bedienung<br />

begannen sich plötzlicb Tausende zu widmen. Mannigfache Verhesserungen,<br />

besonders von den Ri ttm ei er' schen Werkstiitten ausgebend, verbalfen rler<br />

neuen Industrie zu immer gUinzenderer Blüthe. Es wurde insbesondere<br />

alles aufgeboten, die Leistungsfähigkeit der einzelnen Maschinen zu erböbe?<br />

Statt der üblichen mit zwei Reihen von Nadeln baute man Maschinen JDrt<br />

drei, ja sechs Reihen I mau kuppelte je zwei zusammen und li eBS ble vorn<br />

gleichen Arbeiter treiben. 1865 versuchte man Dampfkraft, 1866 Wasserkraft<br />

zn ihrem Betriebe zu verwendan. Eine Reihe von Apparaten zum<br />

Löcherbohren, Festanniren ete. wurde erfunden. Freilich bestanden nicht<br />

alle diese Neuerungen die Feuerprobe der praktischen Erfahrung, manche<br />

wurden wieder aufgegeben. So z. B. erwies es sich, dass die vielreihigen<br />

oder zusammengekuppelten lIIaschinen übermässige Ansprüche an die Kraft<br />

des Arbeiters machten, nnd ihre Zahl ist auch auf ein Minimum zusammengeschrumpft.<br />

pagegen werden die Versuche lebhaft betrieben, durch Verwendung<br />

eines fortlaufenden Fadens einen gro.sen Thei! der Arbeit der<br />

Fiidlerin abzunehmen, oder docb die sogenannten Bülf.radler überflüssig zu<br />

machen. Indess haben die hierher gehörenden 'Vehrli - und die neueBten<br />

Gröbli - Maschinen noch keine grosse Verbreitung gefunden.<br />

Aucb in Bezug auf die Ausrüstung der fertigen StickAreien wurden sehr<br />

erhebliche Fortschritte gemacht. Früher wurden viele Klagen über die Mangelhaftigkeit<br />

dieser Proceduren laut, allein bereits 1876 constatirte der Bericht<br />

des kaufmännischen Directoriums von St. Gallen, dass diese Beschwerden<br />

zu verstummen beginnen, und dass die - bis heute noch bestehende­<br />

Vorzüglichkeit der französischen Appretur gegenüber den grossen Kosten<br />

für Zoll, Transport und höhere Löhne, wie sie heim Ausrüsten in Tarare etc.<br />

sich herallsstellten , kaum mebr ausschlaggebend hei der Wabl des Appreteurs<br />

zu werden vermogen. Immerbin hat für einzelne Specinlitiiten der besonders<br />

dafür eingerichtete, langsamer und sorgfältiger vorgeheude Franzose<br />

deu Vorrang vor den Inländern zu hehallpten gewusst.<br />

Trotz allen diesen Anstrengungen , Fortsebl'itte in der neoeu Industrie<br />

immerfort zu machen, trotz der ziemlich andauernden Gunst der ~Iode fur<br />

die Prodocte der Maschinensticker'ei, konnten doch grosse Schwankungen im<br />

Geschäftsgang nicht vermieden werden, seIhst im Anfange, als noch die<br />

Concentration der mechanischen Stickerei in eigentlichen F .. bl'ihD eine etwas<br />

grössere Stätigkeit in den Betrieb brarhte.<br />

Den colossalsten Aufschwung desselben filhrte dns .Jahr 1871 heruei.<br />

Trotzdem dnmals auch Appenzell a. R. anfing, mit aller 8ntschiedonheit der<br />

niascbinpDstickerei sich zuzuwenden, trotzdem auch sächsische l\Iascbiueo in<br />

grosseI' Zahl zur Milhülf. in Anspruch genommen wurden, konnten bei Weitem<br />

nicbt alle Bestellungell bewiiltigt werden. E. wurdon lUOO oene Maschinen<br />

aufgestellt, im Jalrre 1875 sogar joue Woche 40 bis 50. Alle.<br />

wandte sich der Stickerei mit ihl'cm glänzonden Erwerbe zu, über den spü.ter<br />

einlässlicher berichtet werden 8011. Vie andoren fnuustl'ieen klagten über<br />

Entzng der Arbeitskriifte. Sogal' von inrluBtrielloll Beschäftigungen mit ehenso<br />

guter Bezahlung uud kÜ"zerer A,·beits7.eit liefen die Loute weg, nnt! /lU den<br />

Stickstuhl. Der Sticker galt ats tier Vo,·nel"u.!. unter don Industriearbeitern.<br />

Wer nicbt in die Stiokfllul·ik wullte oder kounte und kein Gelt! hatte<br />

zum Ankauf einer (:igcut:n MUFcbine, erhielt vom Fabrikullteo eiDe Stickmasch<br />

ine fur 2500 F,·. gegen AnMddllng von Dur 100 Fr. auf' Credit geliefert.<br />

ALer gerade diesp- ßpgülU~tiguug ,les Ent~tchrn8 ld ei nl'r und kleinster<br />

Stir:kercic'n, des Bpsr:hiiftigpns von Fogprwllntrl} l';lll?lf'!mllschineu fiog an, dcr<br />

Stickinuustl'io vercl('rLlich zn wC'nlcn. \'ou der IJunu in dt!D l\-IllDd lebelad,<br />

cluro.uf nngowioaen, eIltweder nuf DesteHnng grösael'cl' Fabrik.DtlD oct.r Ü!l'


8<br />

Kaußente zu arbeiten, welche sich speciell mit dem V e~tr.i eb der Stickereien<br />

betas.ten, begannen diese scbwacben Producenten bel Jeder S~ockung,. des<br />

Absatzes .icb rascb zu llUterbieten, was vou den Käufern natürlich rasch zu<br />

einem nllgemeinen llerunterdrücken der Preise ausgebeutet wurde. Kam<br />

ahcr umgekehrt eine Periode, wo ihr Product hegehrt ,":ar, ~o liessen sie<br />

sich leicht dnrch etwas höhere Augebote hewegen, den bisherigen Anftraggebern<br />

untreu ZI1 werden; sie liessen sich vom momentanen Vortheil blenden<br />

und bedachten nicht, wie werthvoll der Anschlnss an ein grösseres, solides<br />

R,us sei, das sie anch in knapperen Zeiten mit Aufträgen ZI1 verseben im<br />

Stande war. Selbst wo Bestellungen auf bestimmte Lieferfl·jsten übernommen<br />

worden, kam das Mat.erial oft unbe"rbeitet vom wortbrücbigen Sticker<br />

zurück, der von anderer Seite um einige Proceute höheren Lobn erhalten<br />

batte.<br />

Diese Unzuverliissigkeit, die sich übrigeus anch hei den sächsiscben<br />

und anderen ausländiscben Sticl'ern fand, veranlasste manche Firmen zur<br />

Errichtung neuer Fabriken. Aber zugleich begünstigte sie das Emporkommen<br />

von Geschäftsleuten, die, unbekümmert um das Wohl oder Wehe ihrer Arbeiter,<br />

die hergebracbte solide Weise der bisherigen tonangehenden Stickereigeschäfte<br />

verschmähend, beute von Haus zu Haus eilten, Arbeiter gegen hohen Lohn<br />

und noch schönere Versprechungen ihren bisherigen Arbeitgebern abjagten,<br />

die es mit der Qualität des gelieferten Productes nicht genau nahmen,<br />

d.gegen den Arbeiter anspornten, zum grössten Schaden seiner eigenen<br />

~esundbeit und der seiner Angehörigen Tag ubd Nacht zn arbeiten, die<br />

lhn abcr nach wenigen Wochen oder l\10naten a>'beits- und hülflos sitzen<br />

]jessen.<br />

Dieses System des Raubbaues am Arbeiter fand immer mebr Aufnahme.<br />

In Zeiten drohender lÜisis, der sie sich nicht gewachsen füblten, begannen<br />

kluge Fab~lk"Dten slOb ihrer :Mascbinen zu entledigen, indem sie dieselben<br />

an Ibre Shcker selbst mit Creditgabe gegen Arbeitsverträge abtraten. Sie<br />

!ewa~nen s~ v~l'mehrt~8 Betriebscapital, minderten die Nothwendigkeit,<br />

neh .ln ~ngunBbger Zelt für Arbeit zu sorgen, und gewannen zugleich eine<br />

ArbeIter.cbart, die sich selbst durch gegenseitige Concurrenz den Lohn herunter<br />

drückte.<br />

. AUel'di.ngs machte mancher Fami.lienvater mit 8el' ner oder<br />

zwe ~'1. b I clOzlgen<br />

, 'fC men g änzende Geschäfte und gab d d . h d A<br />

Dutzende Andere l' h G . CI. Ul c cn Dstoss, dass<br />

f.lls Ein 1 h'· g elc . en ewtnnes theilbaftig zu werden hestrebt ebenzc<br />

m.sc lOen slCb anschafften W" h l' d '<br />

Stiel"r derselbe Ir'dl d . a ren< In er Fabrik derselbe<br />

das B.dürfniss<br />

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en ganzen Tag<br />

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und durch<br />

une u e gezwuugen . t . A. b' .<br />

setzen, nimmt hier bald cl H 18 , semer. r BIt cHle Grenze zu<br />

Stickers eiD. Die T,\-' d er ausvater, bald die Mutter d.s Stüblcben des<br />

r 1D er werden ln . d f'<br />

halten I die Arbeit gpbt b' . . Je er rßlGn Stuncle zum Fädeln ange~<br />

T' , ., re>CbheheD Best 11 T<br />

t..;uuarmhel'zig werden Beh di 1"1 ' e \logen ag und Nacht fort.<br />

lichen Rube bHaubt. on e \.. emeu Zur Arueit genöthigt, der näcbt·<br />

So kanu nllerdinrrs mit· M<br />

1:'1 emer J: aschine . TI<br />

(eB~en 1 )lellfOe d~8 der F b ,'k t' 1 . em , -roduct erzielt werden,<br />

' 0 a 11 S lC unaschme weit .. b' .<br />

G e::.c h alt~gallges i~t ea 801 'b"1j" . u erstelgt. Jn Zelten finu<br />

. en<br />

c em J '~ IDze18tICke .. I' b<br />

1 leiten zu übernehmen b' d r mog 10 , zu Spottpl'eiSPD AI'·<br />

, el enen der Fab<br />

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'k t' k<br />

8 10 er nicLt mehr existireu<br />

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kann. - Die Arbeitszeit wird verlängert, IlDd wie sollte man nicht da.<br />

Aensserste leisten: die ganze Ersparniss saurer Jahre steckt ja in der Stickmaschine,<br />

im kleinen Ban, der für ihre Aufstellung erstellt worden. Xntzlos<br />

liegt das Ersparte da und darum werden die letzten Kräfte angespannt,<br />

beim armseligsten Lehn den nötbigen Erwerb für die Familie herauszuschlagen.<br />

Der !\lann, der freier zu werden hoffte, welln er auf eigene Rechnung<br />

arbeite, ist der Sclave schlau speculirender Geschäftsleute geworden.<br />

Im Jahre 1875 machten sich allmiilig Anzeicben von einer Ueberfüllung<br />

des Marktes geltend. Man klagte über Pfuscherei in der Arbeit immer<br />

allgemeiner; die säcbsische Stickindustrie, durch die St. Gallischen Aufträge<br />

geschult, fing an, concurrenzfiihiger zu werden. Man sann auf imlDer neue<br />

Artikel, stickte auf Seide, Leinen, Wolle, aber nichts frucbtete. Alle Lager<br />

waren überfüllt, die Preise gingen zurück. Kaufmännische Behörden warnten<br />

vor dem üblich gewerdenen Consigniren, das zu einem cbronischen Kranksein<br />

des Geschäft. führen müsse, aber umsonst. Die Verhältnisse wurden<br />

so schlecbt, dass 1876 ein Viertheil aller Maschinen still stand. Die Preise<br />

der \Vaaren stanuen nocb 1877 in Amerika nur balb 80 bocb als in früheren<br />

Jahren. Sie sind auch, seither nie mehr .uf die alte IIöhe gestiegen;<br />

der Fabrikant kommt theilweise kaum mehr auf seine Kosten.<br />

Trotzdem nahm die Production bald wieder grosse Dimensionen an.<br />

Schon 1877 mussten wieder sächsische Sticker für SI. Gallische llünser beschäftigt<br />

werden. Auch ins Vorarlberg wurde die Stickerei verpflanzt,<br />

dessen arme Bevölkerung mit lIifen zahlreichen EiozeJmaschinen gewaltig<br />

die Arbeitslöhne der Sticker herunterdrückt. A ucb heute hat sich der Consum<br />

der Stickereifabrikate auf einer erstaunlichen IJöbe erLalten. Es bat<br />

sich namentlicb der Absatz der besseren Artikel o.ch den Vereinigten Staaten<br />

gemehrt, über deren stets steigenden COl1SUlD nachfolgende Zilfern beigebracht<br />

sein mögen. Es betrug der Exportwertb der aus der Schweiz<br />

n.ch der Nordamerikaniscben Uuion ausgeführten Stickoreien:<br />

1873 10 8H8 86G Frfloca<br />

1874 16103:3 14<br />

"<br />

1875 15 892599<br />

"<br />

1876 14 573 153 n<br />

1877 1619018R<br />

"<br />

Hl78 17 ,,51l 0114<br />

"<br />

187!J 18 .33!) 339<br />

"<br />

1880 21 O;JÜ 859<br />

"<br />

Aher trotz der ZIllH>hme des ALsatze. besteht kaum m.hr die Aus.icbt, daBII<br />

derselbe Schritt balte mit der Znnahme der Maschinen, und so ist aucb<br />

kaum auf ein Wiederaoatcigen dar Löhne zu lockenuer flöhe zu hoffeo.<br />

Bereits haben sicb manche Arbeiter von dar Stickerei ah und ihrem früheren<br />

Berufe wieder zugewende.t. Viele hIS8Cbiuen stebuD still. Immerhin<br />

aber bildet die Maschinenfltick('roi riuen luuustriezweig, der von höchster<br />

Bcdautllog für die ganze O.!ocbwei. iat uuu hoffentlich noch IBDge bleibtm<br />

wil'u.<br />

Naohhtehande Tabelle mag als Beleg hierzu dienen und eiIL lWIJjaJ<br />

nllmtüigeu Entwickelung der Stickerei BBwähren.


-<br />

\"<br />

Gallen<br />

\AP1lenzeli<br />

- 10 -<br />

Thurgau<br />

Amlere<br />

CantollB<br />

Vorarl-<br />

berg<br />

Total<br />

1~40 . 2 - - - - 2<br />

· .<br />

12 - - - - 12<br />

181)5 • 650 108 12 - 770<br />

· -<br />

1 ~12 • 4484 I 142 758 - - 6384<br />

\ t-!~tl •<br />

·<br />

1 ~76 . . G 732 I 798 14 12 295 187 10424<br />

1880 . 8355 2228 2098 692 1404 14 777<br />

Es geht daraus hervor, class hauptsächlich die drei speciell genannten<br />

Cantone Sitz der Stickerei gehlieben sind, während die anderen nur in sehr<br />

unbedeuteudem lIiaasse an der Industrie sich betheiligten, einzelne District€<br />

des Canton Zürich ausgenommen, wo die Stickerei ebenfalls Wurzeln ge<br />

fasst bat.<br />

Vorarlberg ist in der Zusammenstellnng anfgenommen, da seine Pro<br />

ducte fast lediglich anf Rechnung ostschweizerischel' Häuser erzeugt werden<br />

während Sachsen mit seiner Stickereiindustrie seihständig seine Wege geht<br />

Ueber die Zahl der mit der Stickerei Beschäftigten giebt nachfolgende<br />

Tahelle Aufschluss, wobei jedoch nur St. Gallen, Thurgau nnd Appenzell<br />

Berücksichtigung finden, d. h. dasjenige Gebiet, für das meine III den fol<br />

genden Blättern niedergelegten Beobachtungen gelten.<br />

Fäiller<br />

~<br />

~ k<br />

,!d '"<br />

.., "<br />

.~ "<br />

~<br />

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:,.. :..<br />

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" unter 16 Jahren ~<br />

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.0 "<br />

~ ,,-" Total .g 0<br />

.0 «<br />

!l<br />

'" mänu-<br />

,~ ~ ['<<br />

\ weiblich \ zu-<br />

:z; "<br />

lieb sammen '"<br />

1872 6 250 812 1 324 2 136 5 036 7 172 1 834 15256<br />

1876 7351 521 1 168 1689 6496 8 185 1 860 17396<br />

1880 12320 642 1067 1709 11 226 12935 2556 27801<br />

Im Jabre 1865 batte die Stickerei im Ganton St. Gallen erst <strong>1882</strong> Erwachsene<br />

und 328 Kinder, zusammen 2210 Personen bescbäftigt, wozu noch<br />

eine 8ebr unbedeutende Anzabl im Tburgnu kam.<br />

Von welcb eingreifender Bedeutung die Stickerei für die oben erwähnten<br />

Cantone sein muss, ergiebt 81cb um besten allS der Gegenüber"<br />

stellung der Zahlen der Stickereiarbeiter und ,leI' Gesnmmtbevölkerung·<br />

Wir finden Ende 1880 auf<br />

-<br />

1l<br />

210491 Seelen lD St. Gallen 17906 Stickereiarbeiter = 85 pr. mi11.<br />

64799 , in Appenzell 5361 , = 83" "<br />

99552 im Thurgau 4534<br />

"<br />

"<br />

= 46 "<br />

, =<br />

"<br />

74 "<br />

374842 , in allen 3 Gantonen 27801<br />

•<br />

Die Zabl derjenigen, welche in eigentlichen Fabriken (d. h. in Etablissements<br />

mit mehr als zwei Maschinen, nach den Bestimmungen der schweizerischen<br />

Fahrikgesetzgehung) arbeiten, lässt sich nicht ganz genau bestimmen,<br />

da die Aufnahmen des schweizerischen Fabrikinspectorats zum Theil<br />

noch ans den Jahren 1878 und 1879 stammen. Die Zahl Illag etwas zn<br />

18000 betmgen, also ziemlich gen au zwei Drittel der gesammten Stickerbevölkerung<br />

der drei Gantone. Sie nmfasst seit Jahren einen immer geringeren<br />

Procentsat? derselben, wie sich aus nachstehenden Zahlen herausstellt.<br />

Es waren bei Einzelstickern in Thätigkeit<br />

1872 446 1876 960 1880 2353 Maschinen<br />

also I> = 7 Proc. = 9'6 Proc. , = 18'6 Proc.<br />

"<br />

Die Ursachen, warum die Stickerei den umgekehrten Weg anderer<br />

Indnstrieen, die vou der Hausindnstrie zur Fabrikindustrie übergeben, eingeschlagen<br />

hat, wurden schon früher tbeilweise erwähnt. Es muss jedoch<br />

heigefügt werden, dass auch ,las Schweizer Fabrikgesetz nicht unerheblicb<br />

dazu beitrug, dieses Verkriechen der Stickerei in die Privatwobnuug zn begünstigen.<br />

Der Normalarbeitstag war in den StickereiLezirken einem<br />

grossen Tbeil der Fabrikanten und Kaußeute ruissbelieLig. Abgesehen von<br />

anderen Gründen, welche sie dagcgen anzuführen batten, befurchteten sie<br />

starke Hemmung der Pl'oductioD, wenn dieselbe bei rascb zu efl'ectnirendeD<br />

Bestellungen, wie sie bei solchen Luxusft,·tikeln oft vorkolUmen, hätte beschleunigt<br />

wel·de!! sollen j sie liessen aUBser Acht, dass für derartige dringliche<br />

Fälle das Gesetz ausnfthmsweise Bewilligung von Ueberstunden durch<br />

die Behörden vorsieht. Schon aus rliesem Grunde musste es ihnen recht sein,<br />

ein~ erhebliebe Zahl ihrer Arbeiter den Beschränkungen des Fabrikgesetze.<br />

entzogen zn seben. Dio Arbeiter selbst, na.mentlich die Sticker, die einzigeu,<br />

die nus der längeren Arbeit grösscrcn Gewinn zogen, konnten sicb nicht<br />

denken, dass auch in weniger grosser Stundeo:.!.ahl derjenige, der sich seine<br />

l'egc1mässige gehörige Ruhe gegönnt bat, ~uen8oviel aUl:lzul'icLten vermag,<br />

als ein anderor, der matt und kraftlos 11 und 16 Stnuden im Tag mit seiner<br />

anstrengenden Arbeit sich abquält. Sie erhlickton nlso im XorlUalarb~itstag<br />

ein lIindel'oiS8 für Verwertbung ihrel' Kröfte, eiDe IleraulDioderung ihres<br />

El'wel'Les.<br />

Dass die Betreibung der Stickerei als lIausindostl'ie oft vorkommt, bat<br />

üurigens uiohts Befremdendes, ebenso die ZerspJitterung in ganz kleine<br />

EtabIiBseme1Jts. E. sind keine Wuesel'- oder llalUpfkrilftc erforderlich, das<br />

Personal iet nicht 80 zahlreich, dRss es si


12<br />

wirthen entstanden zahllose kleine Geschäfte. Specull\tive Köpfe fanden,<br />

d,,'. ihr kleines Vermögen auf keine 'Veise sO reiche Zinsen abwerfe, als<br />

wonn es Buf (,rüu,lnng eiuer Stickerei verwendet werde.<br />

:"elhstverstiindlich verstand die grosse !l1ehrzahl dieser L eute nichts<br />

,om Shcken, noch weniger vom mercantileu Theile des Geschäfts. Sie<br />

wunl,'u nicht unabhängige Fabrikanten, sondern Lohnsticker , die von den<br />

statistischen Tahellen des kaufmäunischen Directoriums in St. Gallen als<br />

eine .ig~ne li:ntegorie aufgeführt werden. Sie beschäftigen sich nicht mit<br />

dem Erfinden und llerstellen von !liust.em, mit dem Ersinnen neuer Verwendungsweisen<br />

für die Stick er ei, sie haben nicht für den Verkauf, für Eröffnung<br />

neuer Absalzquellen zu sorgen. Sie besucben ganz einfach die<br />

lIauptv,'rkehrsplätze der Stickerei, insbesondere die »Markt"- oder Börsentage<br />

von St. Gallen, oder warten deu eigentlichen Geschäftsmann oder seine<br />

Vertreter, »die Fergger", bei Hause ab; sie lassen sich Bestellnngen und<br />

Muster geben, heute so, morgen anders, je nacb dem Gang der Gescbäfte.<br />

Auf ihren Musterzeichnungen finden sie zugleich die Berecbnung, wie<br />

viele Slicbe die Herstellung eines gewissen Musters erfordert, und sie vereinbal'en<br />

den Lohn, den sie dafür erhalten, den ihnen übergebenen Stoff mit<br />

den gewünschten Mnstern zu besticken. Sie wissen, wie viel sie zn berechnen<br />

baben für Garn, für Wachs und Seife, für Schmieröl, für Verzinsung<br />

und Amortisation der lIlaschine ultd der Localitäten, für H eizung und Beleuchtung,<br />

was für Löbue sie dem Stickel' und seinen Gehülfen zu bezahlen<br />

hahen. Ihr Gewinn ist, was darüber hinausgeht. Wohin, in welcheu<br />

Mengen, zn welchen Preisen ihre Pl'oducte ahgesetzt werclen, das kümmert<br />

sie nichts. Sie sind die Oberaccordanteu, Unternebmer ist der eigentliche<br />

Fabrikant oder der Kaufmann, der sie beschiLftigt und der oft selbst keine<br />

einzige, oft nur wenige Maschinen besitzt, auf denen er Muster, ganz besondere<br />

Specll1litäten und dergleichen anfertigen lässt.<br />

Solcher Lounsticker oder vielmehr der in ibrem Besit ze befindlichen<br />

~1as ch in en zählen die Listen des kaufm1innischen DirectoriulUs mit jeder<br />

nenen Zählungsperiode eine immer grössere Zahl anf. Dieselbe betrug<br />

1872 1876 1880<br />

3601 5892 8853 oder<br />

56 Proc. 59 Proc. 70 Proc.<br />

aUer vorhandenen Mascbinen.<br />

Selbstverständlich ist der ganze Charakter des Betriebs , je nachdem<br />

Lohnstickerei oder selbständige Fabrikation betrieben wird, ei u gauz andercr.<br />

Es ibt von Jahr zu Jahr eine grössere Verscbiedenheit entstanden. Wähoend<br />

ursl.rüllglich wohl die gros sen Gescbäftsl1iiuser auch ihren Lohu stick~rn<br />

gegenüber die gleicben Rücksichten walten li essen , wie sie es ibren Fabrlkarbeitern<br />

gegenüber zu thun pflegen, ist heute der Stand von Angebot. und<br />

Nachfrage fast aas Einzige, was das ganze Verhalt en zwischen s. hr VIelen<br />

Geschäftsleuten uud ihren Lohnstickern regelt. Ein rücksichtslos.s AuS-<br />

-") beuten vorhandener günstiger Conjuncturen hat von beiden Seiten platz<br />

gegriffen. .<br />

In Folge dessen haben sicb auch immer grössere Schwankungen UD<br />

. A jl " ergehen.<br />

Gange dcs Geschäfts I 10 der }1:enge der vorhandenen u rng e t<br />

J Ulmer zahlreicher Bind die Gescbäftsmänner, welcbe, den günstigen l\!oUlen<br />

} " .}<br />

rasch auszunutzen bestrebt, alle n ebel in Bewegnng setzen, in kurzer Zeit<br />

einen gressen Wanrenvorrath auf den 'Markt zu werfen. Jeder Al'b,'iter,<br />

der zu hnben ist, wird in Anspruch genommen, Lumpe, die man anderWÄrts<br />

weggejagt, werden angestellt; schl echt gelieferter Arbeit gegenüber wird ein<br />

Auge zugedrückt; der Arbeiter wird gedrängt, er wird für jede verspätete<br />

LIeferung gebüsst. So ist in kmzer Zeit dem Ded"rf entsprochen, der (;e­<br />

WllID aus der rasch vorübergegangenen Situation gezogen' die Preise<br />

weichen rasch, die Arbeit fäugt an zu fehlen, der Arbeiter hu~ O'e ,·t und ist<br />

Dun gern bereit, einem anderen Speculnolen um einen geri~gen Lohn<br />

ni cht einmal hlDl'eicbend dns Leben zu fri sten, seine AI'l,eitskraf't zur "er~<br />

fügung zu stellen. Es begi nnt die fr üher gORchildl'l'te Zeit jammervoller<br />

Existenz des armen Stickers. Und zugleich leid et ,las GeRc hiit't im grossen<br />

Gnnzen. DI1~'ch die v er~flL8chte n \Vn/tl'on wll'd mohr oc1e.l' wenigPl" das gesammte<br />

Fabl'lkat oder elOzcln e Artikel um dia Gunst d" . ConsUllJenten gebracht<br />

; der Einkäufer gewühnt sich da.ran I seine \Viln ache in möglichst<br />

kUl'zer Frist befl;edigt zu sehen i CI" fü.llgt. an t 8C'lne Tel'mine immel' kürzer<br />

zu stellen - das ganze Geschäft begiont immer mohr l'uck· uud sto88weis6<br />

seinen Gang zu nehmen.<br />

Das Gebiet der lIlaschinenstickel'ei.<br />

Dieser Darstellung des Entwickelung.gnngc., den die ostschweizeri8che<br />

Stickindustrie durchgemacht, würde ein gro •• er Mllngel anhaften, wollt.<br />

lUan nicbt auch einen raschen Blick anf diejenigen Gebieto werfen, welche<br />

dieBen Industriezweig mit Vorliebe pflegon.<br />

D!e früheste Vel'breitung fand die Stickerei riugs nm ibre Wieg., in<br />

St. Gallen und den Nachbargemciuden. R.it "lt"n Zl'iteJl iadu.tri.ller<br />

Tbätigkeit zugewandt eignete sioh Ji e ßllvölkUl'ung vOl'tl'uffU ch, e1n611 neueo,<br />

lohnenden Zweig der Erwerbstbiltigkeil zu c"ltivi,·en. Mit dem siebouten<br />

Jahrzehnt stieg die Zahl der Stickmnscbiuen und die ßedeutung der Atiekere;'<br />

aussel'ordentlich rasch, blitzschaeH die orste Stellung ullter .Heu Iodu.triezweigen<br />

einnehm end und von vorrageudcr Bedeutung für die gau.e (jekonomie<br />

der Bevölkerung. In der St"dt selbst überschritt dio Ausdehnung<br />

der Stiokerei scbon im Anfang der 70.1' Jahre ihrell lliih"pulikt. Die billigere<br />

Wohnung und Nahrung lockte die Arbeitor in dia UllIg\!geud hinans, wo<br />

Hunderte in einom Dorf sich aosiedelteu und dem selben in kurzun Jahren<br />

das Geprüge des Fabrikorts aufurüokten. Nar Rpiirliohero Vo,'breituug fand<br />

das neuo Gewerbe unter der Bovölkerung der althilul'rlichcn Landstrich.<br />

gegen den Thurga" hinunter, sowie gogoll Horocbach zu, tuit ihrem reichlich<br />

lohnenden Landbau.<br />

Ganz anders im Toggonuurg, in welchem Industrie und llande! schoD<br />

seit langen Zeiten elDo güul:ftige 8Wtlo gefundell. :Mit AUlmllbme der zuoberst<br />

im 1'burth,,1 gelogCllon Ort,ouarten hatte sioh hior I.ngot ein •• hr<br />

grosser Dmchtheil der Hcvöllceruug mit dew Baumwonspinnen, W.b ....<br />

W.<br />

Druoken, Färben und Bleichen bescbiiftigt. Die Weberei insb •• onclare<br />

nübrto Tausende. Bis in alt.. Uöhon hitlUuf war d.r Schlag der<br />

Btühle in deo zorstreuten Wohnungeo zu hören. 10 Alttoggeabarlr .",<br />

oohou 1852 das erste Stiekoroietuhli.semoot entstandeal doch. ,'os;"


m~ls ,.in .hhrz~hnt, bis die Stickerei in erheblichem Maasse der althergpbracbten<br />

Industrie Boden abzugewinnen vermochte. Ende .der ?Oer ull.d<br />

AnfAng der 70er hhre eroberte sie aber rasc~ d.ns gal~ze GebIet bl.s anf dIe<br />

Höhen von \Yildhnus, zu einem grossen Thell lU kleineren Etabhs86mcnts<br />

sich festsetzend.<br />

1m RheinthaI hatten früher nur die zwei Stiidtchen Rheineck nnd Altst.tten<br />

einigermaßssen Fabrikindustrie betrieben. In einigen Berggeländcu<br />

WI\\' Baul\1wo\ltuch gewoben, von Altstätten bis an den Bodeu~ee herunter<br />

anf Gl\ze nnd Mousseline gestickt worden. Die Cultnr von Wem uud Obst,<br />

Mais und Korn hatte die Ansl\ssen des wilclen, so oft seine verheerenden<br />

Fluthen durch die Dörfer wälzenden Rheins ärmlich genäh:·t .. Schon 1855<br />

und 1856 entstanden hier ein panI' grössere Stickfabnken, dIe SICh erst langsnm,<br />

ein Dutzend Jahre später aber reissend zu mehren begannen, dIe ganze<br />

Lebensweise der Bewohner sehr intensiv umgestaltend. ~nch der oberste<br />

Theil des St. Gallischen Rheingeländes, Werdenbel'g bIS hInauf nach Rag".z,<br />

nabm, spät zwar, erst mit den 70er Jahre~, an dies~r Umwälzung Anthel.l,<br />

welche binnen kurzer Zeit einen beträchthchen The.! der an harte ArbeIt<br />

in Feld nnd Wald nnd auf den Alpen gewöhnten, allel' Industne fremden<br />

Bevölkerung an den Stickstuhl bannte, während ihre Nach?ar~n lU Sargans<br />

bis herunter an die Gestade des Walensees mehr der Arbelt 1m Banmwol:­<br />

spinn- und Websaal sich zuwandten. ~m wenigst~n Boden vermoch~e dl:<br />

Stickerei bis heute in der vorzugsweise VIehzucht treIbenden Gegend zWische<br />

Walen- nnd Zürchersee Wurzel zu fassen.<br />

In Appenzell, auf dessen Schweizertrachten b~ldern seit h~ndert J "hre ~<br />

als unentbehrlicher Zubehör der Stickstock fignrute , fand dle lIiaschlJlen<br />

stickerei nur langsamen Eingang. War sie vel:basst, ~ls. todtbr\Ugelld~<br />

Nebenbuhlerin der Uandstickerei oder zog man dIe Beschaftlgung ~m Web<br />

stuhle vor, der fast in keinem Appenzeller Hause fehlen durfte - dIe Stlckmascbine<br />

die schon 1856 eine Stätte in Speicbel' gefunden, hatte es zehn<br />

, .' H d t b' ht Inner-<br />

Jahre späteI' noch nicht einmal bIS zum zwelten - un er . ge 1 ac ,I~ des<br />

rhoden ihren Einzug noch gar nicht gehalten, al.B mlt dem BeglDn e­<br />

achten Jahl'Zehllts auch hier die MaschlllenstlCkerel zn grosser Bluthe g<br />

~~ . . E~ -<br />

Im Thurgau standen die ersten Maschinen 1863 in emem klelDcn<br />

blissement in Arbon. Nur ganz gel;ng blieb die Zahl bis Ende der 60er<br />

Jahre. Die glänzenden Zeiten der ersten Hälfte des folgenden Jahrzeh?ts<br />

liessen sie zahI.·eicher erstehen, doch ohne da.ss einzelne G~genden. sl.ch<br />

durch besonders reichliche Verbreitung der Stickerei auszeicbneten. SIe "t<br />

hier nUT eingesprengt, wie auch die anderen Industrieen, ZWIschen den vo"·<br />

herrschend landwirthscbaftlicben Betrieb.<br />

u<br />

So hat die Stickerei das verscbiedenartigste Terrain eingenommod:<br />

bald an die Stelle alter, allverbreiteter lndustrieen, besonders der !Ia~u_<br />

stickerei uud llandweberei. tretend, eine seit der Ureltern Zeiten an JI~ IJ<br />

shie gewöhnte ßevölkt.!ruug uun auf einen anderen Z\'leig üb~rfubl'cnd: b"<br />

I t bhc eil.<br />

Gebiete erobernd, die bisher von allen Industrieen nnberü 11' ge rch<br />

Sie bat dadurch die Möglichkeit zu interessanten Vergleichungen be."~g ~.u<br />

der Art geboten, wie s,e auf die allgemeinen und speciell gesnndbelt IC<br />

Verhiiltnu;se dieser Bevölkerung einwil·kte.<br />

15<br />

Die Stickmaschine, ihr Bau und ihre JIandhabung.<br />

Es sei DUD versncht, in Kürze eine Schilderung der JIIlaschine zu geben,<br />

die so vielen Tausenden ihren Erwerb verschafft.<br />

Man denke sich zwei eiserne Pfosten von etwa 180 bis 200 cm Böhe<br />

und in einem Abstande von 4'8 m fest auf den Fnssboden aufgescbraubt<br />

oder in denselben eingelassen. Ein zweites gleiches Pfostenpaar hefindet<br />

sich circa 25 cm weiter nach rückwärts. Zwischen beiden stellen eiserne<br />

Querstücke eine kräftige Verbindung her. Im Zwischenraume zwischen den<br />

vier Pfosten ist ein grosser Rahmen von circa 4'3 m Breite und 1'3 In Böhe,<br />

"das Gatter", aufgehängt uncl dazn bestimmt, die zu bestickenden Stoffe<br />

aufzunehmen. Er ist so angebracht, dass eine Verschiebung sowohl nach<br />

seitwärts als nach oben und unten leicht stattfinden kann. - Im rechten<br />

Winkel auf die Gatterebene fügt sich rechts nnd links an die Pfosten, nach<br />

vorn beim vorderen, nach hinten beim zweiten Paare gerichtet, ein solider<br />

Eisenrabmen von 0'9 m ITöhe und 1'4 m Tiefe, auf der Bodenfläche aufruhend,<br />

an die Pfosten an. Diese Rahmen tragen auf ihl'em oheren Horizoutalstück<br />

schmale eiserne Schienen, welche ihrerseits wieder zum Tragen der<br />

" Wagen", des vorderen und des hinteren, hestimmt sind. Diese Wagen bestehen<br />

ans einem hohlen eisernen Cylinder, welcher auf Rollen auf dem<br />

Schienengeleise hin und hergleitet und an anf- oder ahwilrtsgehenden Armen<br />

je zwei feste Qnerstäbe trägt (zuweilen a.uch drei), von denen jeder der Trüger<br />

einer Reihe von federnden Klammern, meist 104 an der Zahl, ist, die<br />

als Baltel' für eben so viel Sticknadeln dienen, welche in Distanzen von gewöhnlich<br />

1 1 /. , zuweilen aber auch 1 oder 'I. Zoll angebracht sind. DM<br />

Gewicht der beiden Wagen beträgt ca. 4 Ctr. Links aussen am Pfostenpaar<br />

sind die Mechanismen angebracht, welche die Be\vegungen des Rahmens<br />

für die Gewebe, die Vor- und Rückwärtsbeweguug des Wagens, das OefFneu<br />

nnd Schliesscn der NadelkJammern bewirken. Durch Fusstl'itte werden die<br />

letztgenannten Bewegungen vermittelt; eine vom Slicker mit seiner rechten<br />

Hand gedrehte, ein System von gezahnten Rädern in Gang setzeude Kurbel<br />

bildet den Motor für die Wagen; ei n Iflnger liebel endlich wird hin - und<br />

her geschoben, um die gewünschte Verschiebung des Zengrahmcns znwegezubringen.<br />

Dieser lIebel endet in einen Stift, dessen Bewegungen durch<br />

eine sechsfach vergl'össerte MusterzeichDllog vorgezeichnet werden I welche<br />

auf einem links neben den Pfosten übel' den FU8stritk.,. und der vom Arbeiter<br />

zu drehenden Kurbel in vertiealer Ricbtung angebrachten Brette<br />

aufgeheftet iat.<br />

Der ganze Vorgang beim Sticken ist nun ungefähr folgender: Nachdem<br />

der zn bestickende Stoff aufgespannt ist, werden die Nadelklammern<br />

mit kurzen auf beiden Seiten spitzen, in der J\litte mit eiuem Oeln' .. ersehenen<br />

Nadeln bew"ffnet, dnrch die ziemlioh lange Niidling. durchgezogen<br />

\V~rdon. Die Drehung der Kurbel durch deu Sticker schiebt die Nad'"<br />

relheo, d. h. den vorderen Wagen, bis dicht au dan Stoff heran, ÜlI<br />

:urchbehreo. In dieaem Moment öffnet der dnrch die Fas.e d ..<br />

ewegte 1tlechaDisJUus nun die Klammern, IÜ8st also die Nadeln<br />

Von den Nadelklammern des binteron Wagens .rfu.t .... ~ ..


10<br />

't h dicht au das aufgespannte TllCh herangerückt Will" und nlln<br />

srt s lIUC . h . d<br />

Nadel llna Faden genau in gleicher Richtung du~chzte ~,wle CI' vordere<br />

"'agen sie gehracht. Jetzt bewegt der ~ticker selUen S~lft, ,:e8p, das E~~e<br />

des langen Hebelat'mes, a.uf der von selUem Muster VOI gezeIchneteI.' Lmle<br />

uml bewirkt. datlurch eine Verschiebung des aufgespa.nnten ~toffe~, d,e z~ar<br />

nnr 1" der Distanz auf der Zeicbnung beträgt, abe~' gen"u 111 glelche\ RIChtung<br />

wie auf derselbeu erfolgt. Schiebt nun der hmtere Wagen dIe Nadeln<br />

wieder vor, so treten sie an einer anderen Stelle durch als zuvor: der nachgezogene<br />

Faden macht einen Stich auf das Tuch.. ..<br />

Mit dieser dreifachen l\ianipnlation fiihrl der StIcker fort, u?d uberwacbt<br />

gleichzeitig möglichst das 'Werden und 'y achsen ~er zn stIckenden<br />

Figuren, auf einem hohen, stark nach vorn geneIgten ~ kiemen Bureanstuhle<br />

sit.zend zuweilen fast in halb steheneier Stellung. Em Gehulfe oder meIst<br />

eine G:hüllin fadelt unterdessen ein oder ersetzt die aufgebranchten Nädlinge,<br />

durchgerissene Fäden und überwacht vO~'zngsweis~ die untere, de,:"<br />

Auge des Stickers gutentheils entzogene NadelreIhe. .Von Ihrer GewandtheIt<br />

uud Aufmerksamkeit hängt sehr V1el ab, ob das StIcken rasch und ohne<br />

Febler vor sich geht. Nicht selten theilen sich zwei Personen in diese<br />

Arbeit, namentlich da, wO die Nadeln enger gestellt Bind, z. B. anf 1 Zoll oder<br />

den sogenannten ';' Rapport, oder bei Stickereien mit sehr laugen Stichen, wo<br />

der Nädling sebr raBch aufgebrauoht ist. Hier wird das Einfadein so bald auf<br />

einander erforderlich, dass eine Person nicbt zu genügen vermag und SIch<br />

der Ilülfe eiuer z ... eiten, ausscbliesBlich für das Fädeln bestimmten, bedient.<br />

In grossen Stickereien werden noch einige specielle Arbeiten deu Fädleru<br />

entzogen und durch besondere Angestellte besorgt, wie das Wüchsen<br />

der Nädlinge, das Geraderichten der verbogenen Nadeln. Noch gewöhnlicher<br />

ist anch eine Anzahl Arbeiterinnen da, welche als nNachstickerinnen" das<br />

Ausbessern der Fehler iu den gestickten Stücken besorgen - eine Arheit,<br />

die übrigens zum Thei! im lIause der Arbeiterin besorgt wird. Nur grosse<br />

Etablissements haben endlich besonderes Personal zum Ausrüsten der fertig<br />

gehrachten Stücke_<br />

Die Zusammensetzung ihres Personals.<br />

Die gesammte Arbeiterschaft., welche sich bei der Stickerei hethätigt,<br />

umfasst entsprechend der noch kurzen Existenz dieser Industrie wenig alte<br />

Leute. Selbst in einer der ältesten und grÖBsten Stickereien mit 135 Arbeitern<br />

fand ich nur zwei oder drei über 50 Jahre' im Centralkraukenvereine<br />

der StICker, '. dem dIe älteren Mit.glieder weit am ' ehesten beitreten, hat doch<br />

nur je der 30s1e das 50. Altersjahr überschritten; unter etwa 1000 Angehörigen<br />

.anderer Stickerkrankencassen je der 28ste. Allerdings findet sich auch .1.<br />

Rantat em Sticker von 76 Ja.hren, der mit seiner seit 30 Ja.hren ale solohe<br />

functionirenden Fädlerin noch eifrig an der Arbeit iet. Die Sticker stehen<br />

wohl am häufigsten zwischen 18 und 40 Jahren. Knaben unter 15 bis )6<br />

~ ahren werden. nicht gero zu dieser Beschäftigung zugelassen I die eig~nt ...<br />

IlCh Manneskra[t erfordert und deren fatale Folgen für Leute mit nooh nIcht<br />

vollendeter EntwlCkelu~g man durch vielfache Erfahrung kennen gelernt<br />

hat. llier uud da trifft man jedoch 15jährige und noch jüngere .111<br />

li<br />

Sticken - docb sind dies AusDahmen, wie die Stickerinnen, die man .aweilen,<br />

besonders auf dem Lande, ant riirt.<br />

Die Fädlerei beschäftigt nach den Angaben, die anf Seite 253 mitgetheilt<br />

sind, 1709 Knaben und Miidchen unt


18<br />

uud gnriillmig


20<br />

, 'I t 'tt gewöbnlich im Treppenhause angebracht nnd nie<br />

Auch die .. ,) n e, d E<br />

lU dirrdcr Verl1ilutung mit den Arbeitssälen , ~vi e mau .. die~ in en 'tade<br />

~<br />

bli.semcnls.<br />

gebolten,<br />

Tex"II'lndushie so oft fin(let, slUd gewohnhch recht rem<br />

•<br />

Di.e Arbeitszeit,<br />

Die A\'beitszeit der Sticker mag wobl in der ersten Periode der Indnstrie<br />

cme ganz regelmiissige gewesen sein und zwölf Stunden nmfa~st<br />

wie dies auch in anueren Etablissements, durcbscbmtthch wemga<br />

b en, ' S '<br />

h<br />

stens gebräuchlicb wor, E s herrschte eben die Ordnung der Fabnk. oWle<br />

aber 'kleinere Unternebmungen entstanden, sowie Leute sicb mit dem Betrieb<br />

von Stickereien abgaben , welche dies nur neben hei tbaten, oder nicht als<br />

Fachkeuner, sondem nur als Dilettanten betriehen, welche von den grossen<br />

Erlräonissen der neuen Industrie angelockt waren, fiel jegliches Innehalten<br />

einer bestimmten Regel dahin; der Arbeiter selbst, der von seinem Arbeitgeber<br />

oft mit Noth und "lühe hatte herbei gezogen werden müssen, bestimmte<br />

nach seinem Wohlgefan en die Zeit der Arbeit, J e nach dem Temperament<br />

uer ganzen Bevölkerung oder des Einzelnen wurde Beginn nnd Schluss der<br />

Arbeit früher oder später, die Zwiscbenpansen länger oder kürzer, mehr<br />

oder weniger zahlreich angesetzt, In einzelnen Gegenden wurde die Arheit<br />

im Sommer schon mit Tagesanbruch begonnen, in anderen , z, B. bei der<br />

etwas pblegmatischen Bevölkerung des Rbeinthales , wurde ein später<br />

Beginn Regel. Das war besonders im Winter der Fall , wo der Inhaber<br />

der kleinen Stickerei nicht gern früh anfsteht, sein Arbeitslocnl zn heizen<br />

nnd in Bereitscbaft zu stellen, Die Mittagspause wurde mit Vorliehe etwas<br />

lang, etwa 11/,stündig, gehalten, Dafür wnrde bis tief in die Nacht<br />

gearbeilet,<br />

n.:ld lockten _die glänzenden Löbne , bald drängten die pressanten<br />

Anftrnoe" tm~ er langere Zett auf d,e Arbeit zn verwenden, Man kam zn<br />

13, . 14, Ja 10 Stunden täglicher Arbeit . Allet'dt·nga w ur d en lmmcr ' roe h r<br />

Z<br />

Arbe't<br />

Wlschenpausen<br />

d It<br />

nöthig,<br />

d<br />

da sich Erschöpfung in Folge<br />

u<br />

·'b<br />

ermasstg<br />

..' I<br />

anger<br />

V I'~t auer ge en zu machen begann, Der Sticker pausirte nach Belieben<br />

orml ags elDe halbe Stunde und meb b b f E' . .<br />

Frubstücks Nachm"tt G r e u 8 mnabme BeI nes zwelten<br />

, I ags zum enuss des Vespe b· d E ' . '<br />

pause ermöglichte es d N h rIO es, ' tue dntte ZWIschen-<br />

I as 1: ac tessen eine bis b S<br />

der Tages.rbeit zu h B me rere tunden vor Schluss<br />

ne men, etl'at man solch St· k ' d<br />

&u die regelmässige n" . 1. d . e le ereleo, so berührte en<br />

tSClP lD er Fabnken G '·b t d<br />

Herumstehen d.s Pla d d ewo n en ganz sonderhaI' .s<br />

, u em, as alle Augenb!' k 'h ' A<br />

zünden der Pfeife k ' II ..' IC e Stc wIederboIende n-<br />

, UI Z a e moghchen U t b b<br />

Sticker _ wohl haupt ..· hl· h' F n er rec ungen uer Arbeit, die der<br />

K' b oe tC lD olge setne U<br />

IC<br />

b . d ' t<br />

t so gut wurde es d F '. dl r e ermü ung - SIch gönn e,<br />

aUes Nötbige in Bore't en ft a em, znm Theil wenigstens, Sie hatten stets<br />

t sc h a zu halt ! k<br />

Genuss anch der regel ·'· Z ' en nnc amen dadllrch oft um den<br />

' massIgen wI8chenpan D· " ., d b<br />

un d K mder dauerte länge I d' sen, 'e Arbmt dteser Ma c en<br />

'<br />

l' aSte der Stick<br />

S oVlel konute im All' gememen gesagt er, w d 'k .. 'g<br />

d .8 ganze Jahr durch b t ' b er en : von allen fabrl mas st<br />

Ab. ., e n e enen Indust.' ~ h ' . I •<br />

r 61tszelt wie die vielleicht . 11 0 n atte kOlne eine 80 a.llS<br />

anstrengendste derselben, die Stickerei,<br />

21<br />

Da erscbien 1877 das scbweizerische Fabrikgesetz mit seinem ellstiD<br />

digen Normalarheitstag, mit seinem Verlangen, dass für jedes Etablissement<br />

bestimmte Normen übel' die Einthetlung der Arheitszeit aufgestellt werden.<br />

Dies ml\cbte sich in den aufgestellten F abrikordnungen mit Leicbtiakeit nnd<br />

verhältnissmässig mscb, Aber scbon 1870 bericbtete das InspectoOrat. dass<br />

tn mancben Gegenden Ueherschreitungen der gesetzlicben Bestimmungen die<br />

Regel bilden. Diejenigen Fabrikanten , welche das Gesetz halten wollten.<br />

heklagten sich allgemein, dass dessen Vorschriften von der gros sen "lehrzab!<br />

ihrer Concurrenten nicbt beacbtet werden, Die Fabrikordnungen wussten<br />

durch das Ansetzen von zwei einstündigen Zwiscbenpausen Vor- und Nacbmit·<br />

tags, die sich in Wirklicbl,eit auf 1/, Stunde oder Null reducirten, eine gaas<br />

erkleckllcbe Verlängerung zu schaffen, Dabei wurde es mit Beginn und Scbluss<br />

der Tagesarbeit nicht gen au genolDmen, Dies gilt zumeist für die kleinen<br />

Etahlissements und für abgelegene Stickereien, wie sie so biillfig in den<br />

Bergen zerstrent vorkomm en; es gilt ftlr die Ortscbaften, wo die Amt.­<br />

personen, denen die [Jeberwachung der Fahriken zunächst znkommt, selbst<br />

zu der Zahl der Stickereibesitzer oder Stickel' gehören, Und doch kann das<br />

Gesetz nnr durch thätige Mitwirkung der Localbehörden zur allgemeinen<br />

Anwendllng komm en, Aber umgekehrt hat auch das Vorgeben hervorragender<br />

Fabl'lkanten selbst schon recht erfn'uliche Wirkungen gehabt, 'Vo solche<br />

früher Gegner der Verkürzung der Arbeitszeit gewesen, dann aber durch<br />

die Erfahrung sich überzeugt, dnss nicht nur auf die Dauer keine Verminderung<br />

des Produotes dadurcb eintritt, sondern dass selbst die Qualität desselben<br />

gewinut, wenn es nicht durcb einen überarbeiteten, a.bgestumpften<br />

Mann gefertigt ist, da wirkte oft in üb.naschender ·Weise d8s Vorbild dieser<br />

zn anderer Ueb.rzeugung Gelangten,<br />

Im Ganzen genommen kanu immerhin von einer entschiedenen Besserung<br />

in Bezug auf überDlässig lange Arbeitzeit gesprochetl werden und sie<br />

würde noch weit meh,' bemerkba,' geworden sein , wenn nicht die wahrhaft<br />

s~lbstmörde ri sc he Concnrrenz der steigenden Zahl tier Einzel"ticker, namentlich<br />

der Vorarlberger, die jede Herabsetzung des Arbeit.lohnes auch sofort<br />

durch entsprechende Verlängerung der Arbeitszeit auszugleichen hemübt<br />

sind, enorme Schwierigkeiten bereilen würde.<br />

Glücklicherweise ist wenig.tons die Nacbt- und Sonntagsarbeit in den<br />

Stickel'eien - die Einzelstickel' ausgenommen - ein 80 seltenes Vorkommniss<br />

geblieben, class sie wirklich gur nicht il\ Betracht kommt, Es ist dies<br />

um 80 erfreulicber, als manche Stickereien aller und jeder feBten Ordnung<br />

entbehren: Der Pl'incipnl müht sich nn!', sein Personal volhiiblig zu erbalt~<br />

n , damlt er den ZIDS aus seiu on Einricbtllugf'D heru usscblnge, und hutet<br />

slCh ,woul, sein e Arbeitor, sehr bil nf1g sei us tiiglichon Geuossen, seine Jugeod ..<br />

gespleleo , zu erzürnen, Er versteht se Lr oft fURt gal' DieLta VOD1 Geschäft<br />

u~d si~bt sich dem guten 'VilJeo seill o8 'Vl.lrlcfühJ'eI'8, dcs Stickermeisters,<br />

wie .. dOL' Ar'beiter pr e isg eg{~bel1. Von ('ioer AutOI·itii.t, die er in seinem Ge-<br />

.ch"ft ausüben k OUD ·· t 0, 't 18 k tJlUC · S pur vQl'handen uud AO uarf man Sich ' DI 'eh t<br />

wu~ue~Dl dURS einige lüdediche Al'lJeit,.'r geuiig"n, 0..111' Zucht .. D.nd Silt:elr.<br />

I081gkelt in (hn'artigeu kleinen Gesclillften ('iul'cisSClI zu lassen.


22<br />

Die Lobuvcrbitltuisse der Stickel'.<br />

Die Rezablung, welcbe der Lohnstickel' für die, von ihm , gelieferte<br />

Arhrit erbillt, berechnet man in der Regel aur 100 Sbche, wobe! derselbe<br />

da. Garn nnd ane kleineren Zntbaten zn liefern hat. Bei gewöhnlicben Artikeln<br />

mnss für diese Auslagen, sowie Verzinsung nnd Tilgung d es Anlagecapilals<br />

etwa 10 bis 11 Cts. pr, 100 Stiche abgerecbnet werden, Der Rest<br />

llildrt den Arbeitslohn und seinen Gewinu, Der Unternehmer selbst bezahlt<br />

seinen Sticker ebenfalls pr. 100 Stiche. Dabei ist demselben die Bezahlnng<br />

rler Fädlerin, für deren Anstellung er ebenfalls zu sorgen hat, überbunden,<br />

in den meisten Gesohäften auch die Entschädignng an die NachstickeI~n,<br />

welche zwischen 1 und 2 Cent, pr, 100 Sticbe schwankt. Nicbt selten werden<br />

dem Arbeiter anch Abzüge gemacht für fehlerbafte Arheit. Der Betrag derselben<br />

wird sehr oft nicbt vom Etablissementsinbabel' , sondern vom Auftraggeber,<br />

dem Kaufmann oder grossen Fabrikanten bestimmt, Er steigt<br />

hier und da auf einen bedeut enden Brncbtheil des sonst verruenten Lobnes,<br />

Der Lohnbetrag für 100 Stiche variirt begreiflich nicht nur je nach<br />

dem Gescbäftsgang, sondem auch nach der Art der Arbeit, Nacbstehende<br />

Angaben gelten nicht für Specialitäten, die höher bezahlt werden, sondern<br />

für die cou\'anten Artikel und zwar vorzugsweise für Stickereien, bei den en<br />

die );adeln iu einer Distanz von "/. Zoll steben, Bei kleineren Abständen<br />

i.t natürlich sowohl die Austrengung des Stickers der grösser ell Nadelzahl<br />

halber grösser , als an eh die Mühe der Fädlerin, die mehl' Nadeln ei n­<br />

zUladeln und zn überwachen bat und damit ändert sicb auch die Zahl der<br />

Stiche, welche ein Arb .. iter per Tag zu macben vermag, Di eselbe wird sehr<br />

ungleICh, VO~' 200~ bIS 3500 steigend, angegehen. Beides sind Ausnabmszahlen<br />

und AOO b,s 2600 mag rue Regel selD für Distauzen von 11/ Zoll<br />

für ", beträgt sie 2000 bis 2200, 2 ,<br />

, Die Einführung des Normalarbeitstages erregte grosse Sorgen dass<br />

dlese DnrchschnIttszablen für die Arbeitsleistung sinken werde E' 'R 'h<br />

Et bl" n, llle el e<br />

von. a ls~~menten ze~gte sich bereit, dem Fabrikinspectol'ate genane Mittheilungen<br />

uber den Einfluss zu machen, den ihre Production d d h _<br />

fabren, DIan s~b ätzte die Einbusse nnfangs durchschnittlicb auf ;o~r~tic~e<br />

pe~ ~ ag, ;,was e tn ~. hö~bst b e~r\Ue rli r.he Vermindernng des Erwerbs zur Folge<br />

g~ lat,t b"tteA'11 Glduckhcherwelse 7.eigte sich das schliessli che Ergebniss weit<br />

guus Iger. er lOgS man' der U b "<br />

• .• 0 e ergang lUlt eIDer wirklichen Vermied _<br />

1 ~ng der LeIstung verbunden gewesen sein, Die Arbeiter ,e<br />

W18ses Tempo gewöhnt das um I waren an elU ge-<br />

, so aogs.mer ausfiel J' e I" d' A b 't<br />

zeit fl'üher gedauert hatte, Bald wurd ' , anger le r el a-<br />

circa 80 Mascbinen beri cbtet k ees Ebesser, EIn Fabnkaut, der über<br />

8, am zum t rgebn' d '<br />

mehrung der Producflon 11 ISS, ass BOgnr eIne Verum<br />

16 stRttgefund d'<br />

besserungen im BetrielJ zuzuscb' 'b ' en, le zwar zum Thail Verfi<br />

d leI en seI zum Theil b d " h G d<br />

n e. dass dem Arbeiter alb bin er ann 1 ren run<br />

b<br />

' m ~O n • gebrochen d' ,<br />

lerdurch zu einer vermeh tAb"<br />

WOI' en seI und dass dIeser<br />

, r en r OItsleIstung ' h 1I d '<br />

Zelt gezwungen word en se' D Ch f ' lOn8r a) er gesetzlichen<br />

I, er 8 emes d<br />

menta hezeugte dass bei V I' h an eren, sehr grosscn EtaLlisse-<br />

'" . erg e iC ung seiner Z hl f d<br />

sieb bei längerer Arbeitszeit kein b<br />

a cn ge unden werde, 8S,S<br />

esseres Resultat ergebe" J und H\gte bel,<br />

.für die Stickereien, wo die Maachinen durch Händebetrieb bewegt werdea<br />

müssen, ist die Normalarbeitszeit eine wahre Wohlthat für die Arbeiter<br />

und durcbaus kein Nacbtheil für die Arbeitgeber", In anderen Etablissements<br />

zeigte es sich bei Vergleichung der Zahltagbücher einzelner, belieb<br />

ig beransgegriffener Arbeiter, d.ss dieselben bei ganz gleicher Arbeit in<br />

den zwei J ahren vor und in den zwei nach Inkrafttreten des Fabrikg .... etzea<br />

ein Ergebniss von durchscbnittlich 2648 gegenüber 2629 Stichen pro Tag<br />

hatten, also eine höchst minime Ein busse,<br />

Eine Menge Angaben wnrden ganz in diesem Sinne gemacht, tbeilweiae<br />

freilich in sehr schüchterner Weise, .da die Betreffenden zwar dieser Ueberzeugung<br />

seien, derselben aber aus Rücksicbt auf ihre Umgebung nicht immer<br />

offenen Ausdruck verleihen möcbten". Sie unterstützend berichtete der Leiter<br />

ein es g rossen Stickereigeschiiftes, .dass ein vor mehreren Jahren gemachter<br />

Versuch , 13 Stunden statt 12 arbeiten zu lassen, eine so minime Mehrproduction<br />

zuwege gebracht babe, dass der Gewinn da,,"n kaum die lIlelu-­<br />

kosten der Beleuchtung gedeckt baLe", und anch sebr entschiedene Gegner<br />

des Normalarbeitstl1ges geben zu, "dass an den Einzelmasohinen nicht im<br />

Verbältniss zur längeren Arbeitszeit mehl' verdient werde, da die Leute abg<br />

emattet seien u. Auch in kleinen Eta.hlissements waren Aeussel'ungen in<br />

demselben Sinne recht oft zu bören, wübrelJd freilich gernde diese Leute oft<br />

hervorhob en I wie die dem Gesetz nicht uotel'worfeuen Einzelsticker eine<br />

ganz momentane günstige Geschäftslage weit besser ausnutzen köonen I indem<br />

sie dann fast Tag und Nacht arbeiten - aine Thatsache, der sich eben<br />

nur der Ilinweis darauf el1tgegenstelJt'u I.isst, dass das Gesetz einer vermehrten<br />

Arbeitszeit in Zeiten besonders dringlicher BesteIluDgen keinerlei<br />

Hemmnisse in den Weg legt.<br />

Bei Betraohtung oer Stickerlöhne der letzten zehn .fabre springt DUU<br />

freilich sofort in die Augen. warum der Sticl(c,' iiugstJicu jeden Gruod zur<br />

Verminderung derselben ios Auge fasst. In den Zeiten, wo Tuusende c1en<br />

Stickerbemf ergriffen, ',V0 es al. ein wnhres Glück gun, die.er bevorzugteD<br />

Classe industrieller Arbeiter anzugehöeen, betrug der Stickerlohn , der dem<br />

Unternehmer gezahlt wurde, 50 Lis 52 Cellt. fih' 'l i Hnppol't, für 'I. sogar<br />

70 bis 80 (Febeuar 1875), sallk aber im folgendon J"br auf 35, 30, selbst<br />

26 Cents, trotzdem damals der ßpricbt des kaufmäDnisohen Di"f'ctoriuJD8 litter<br />

die St, Galler Industrie 38 bis 40 Cents als denjt'lIigeu Dctmg angab, der zum<br />

Besteheu des Lobnstickers erforderlioh sei. Im Jnluo 11-377 schwankte der<br />

Lobn zwiscben 30 und 38, 1878 zwisohal.l 3~ uucl 35 Cent. per 100 Stiche<br />

und im Jahre 1880 ist er Rognr auf 25 bis 28 und noch wOnlger gesunken.<br />

E s geht daraus hervor', dass der UnlerDehlllur 8chlimllle Zt,.·itt;>u zu bestehen<br />

bat und gegenwiirtig, wenn 01' df>u Arbeiter auch nUI' nothdÜl'ftig bezahlen<br />

soll, kaum mehr auf soine Ht.'cbtlung ~u kOlomen v(,\I'UJag, wäbrend vor<br />

zehn Jahl'en Doch oiu Nottool'trng VOll 2000 [o'n\IlCS per l\Iuscbine gai' nicht<br />

zum Unmöglichen gehärte, Wns deo Stickel' •• Iust anbetrifft, musste derselbe<br />

früh er 1 Fr, 80 Cents bis 2 10'1'. 1[; Conts per Tog für seine Gehül6n<br />

abrechnen und circa 25 bis 50 Cents für die Nachslickerill, H~ute sind<br />

namentlich die }i'füllerlöbD6 gesunken I u f> tr/l(.{OIl aber immer noch circ.:a<br />

22 Fr, fül' 14 Tag. (!'asp, 12 Tage), in stiol


24<br />

o . 06 Ceuts für 100 Stiche erhielt, hat heute noch 22, 20<br />

J.,bren norh _t 111s -] I t t . glücklicherweise in selteneu Ausb<br />

t f 14 Cents e z el es . 3 f'<br />

Lls erllD t'r Oll 'b b t . 1879 n och dnrcbschniLtlt ch ' raDCS<br />

h 'li R 'n Nettoer",er e l ng C h'<br />

DR m,la eil. ,et I I Heu einm,,1 D.uf 2 Fr. 50 euts IS<br />

C<br />

t Tag snnk unmn s BC lon se .<br />

50 on' per " f f 4 F nnd darüber . Ileute Ist er auf 3,<br />

3 FI'" stieg auer ebr llso 0 t :tu r.<br />

()·",O . nur


36<br />

3 "ftU das nll"emeine Getriink für Reioh und Arm im g l'össten Theil<br />

o"er n"n ~<br />

, " d bl'l,lete wird immer mehr dnroh \<br />

V<br />

mn<br />

.<br />

un<br />

d B'<br />

ler verdrangt·<br />

..<br />

dll's('1' \"Jl"gen en 1 • '<br />

. It d lann gulentbeils von zugewanderten fremden Arbeitern<br />

wetl se euer uu l . . '<br />

. d "b s g"llo .. en Der Rticker tnnl,t bel der ArbeIt, er besuoht aher<br />

WH' ... -,c nap .., ", . - .,<br />

6ueb flelssig das Wirlhsbaus, oft nioht sowobl.um zu t~'IDken, als um BelDer<br />

Sucht nach Karten.piel zu u'öhuen oder um m o~t wem ger VOl:zuBtellen, als<br />

selU alter Spielgeuosse, jetziger Inhaber von elD ,paar MasobulUen, der den<br />

fieissigen Wirtbsbausbesuob der Wiirde elOes n FabrIkanten sohuldlg zu<br />

sein glauht. . ..<br />

Ein weiterer Grund des vielen Genusses von alkoholischen Getranken<br />

darf wobl dal'in gesucbt werden, dass eiue ühel'mässig lange Arbeitszeit oder<br />

auch nur die uormale Arueitsdaller, aber bei schlechter Kost, so erschöpfend<br />

wirkt, dass der Arbeiter eines Reizmiltels bedarf. Es spriobt ganz anffallend<br />

für diese Annahme, dass gerade die Aerzte aus Stickereihezirken<br />

mit scblechteu Lobnverhältnissen, auS Gegendeu, wo die Ernäbrung recht<br />

mangelbaft gebliehen ist, am entscbiedensteu anf dieses Bedürfniss eines<br />

Reizmittels hinweisen.<br />

Ein Sticker, der niobt ranoht, ist fast eine Seltenheit. In grOBsen<br />

Fabriken darf zlVar vielfach nicbt gerauoht werden, meist aber trifft man<br />

den Sticker den ganzen Tag mit der Cigarre oder gewöhnlioher der Pfeife<br />

iUl Munde. Bedeukt man das Krant, das hierbei in Rancll aufgeht, so wird<br />

mac sich nicht wundern, einerseits einen abscheulichen Qualm, andel'erseits<br />

bäufig solohe A.ugenaffeotiouen zu finden, dereu Ursprnng vornehmlioh anf<br />

die Wirkung des Tabakraucbes zurüokzufübren ist.<br />

Grosse Veränderungen hat die Stickerei in den Wohnuugsverhältnissen<br />

herbeigefübrt. Sind auch die Stickmascbinen übel' alle Berge hingestreut,<br />

so bat sicb doch die Mehrzabl derselben in den Dörfern concentrirt. Der<br />

nunmehrige Sticker, vielleicht frühere Weber, der sein eigenes, billiges und<br />

gesundes lliiuschen am Bergabhaug bewobnte, zieht in das immer dichter<br />

bewohnte Dorf herunter und miethet sich ein. Glüoklich, wenn es ihm ge-<br />

111lgt, el~e Fabnkmlethwohnung zu erlangen , denn diese sind in der Regel<br />

gut, ge~auang, gut helzbar und ventilirbar, besser als die Fabrikwohnhäusel'<br />

d~r lUelsten anderen Industriezweige. Sehr häufig aber macht der Inhaber<br />

etner ~le1DeD StIckerel in seiner bisherigen, sonst schon bescheidenen 'Voh·<br />

nung . Jeden hl b Wlllkel ' zurecbt . d Ib . .<br />

1 um 10 emse en Mlethslente nnterzubrlDgeUj<br />

elll dSC ee ter ~Isenofe n muss den arbärmlichen Raum heizen. Allzuselten<br />

wer en ordentlIcbe Mi ethw h P . .<br />

o nungen von nvaten geballt da jeder dIe<br />

~chwtankundg e n des 8tickereigeschäftes und mithin die Un s i~herheit in der<br />

ese znng ureh Mlethslellte kennt.<br />

in der<br />

Wo<br />

R<br />

aber<br />

I<br />

der<br />

d<br />

Sticker<br />

f'<br />

eigen<br />

e .<br />

W<br />

0<br />

h<br />

nung<br />

b'<br />

eSltzt oder erwirbt, da hält er<br />

ege arau, 610<br />

schaffen . d wohnh ces, b or d eot I' h<br />

lC es IIäuschen eich zu ver ..<br />

I seI es, ass er baut oder V b d It t<br />

Hierin ,'8t der E' n d 01' an enes ansbessert und umgeat" e.<br />

10 uss er neue sr k .<br />

" Tahnungen der St' kIn, lC erel unverkennbar, nicht nur in den<br />

, lC er Be bat sond d<br />

Auch Betten u d d ' ern es gesammten Pllbticums.<br />

ebenso die lDsrcicbor pwoaden<br />

sind. Allerdings fehlte eS nieht UD AOl:luabmeo, 80<br />

IodustriellcD I<br />

welche sich zur A ufgnbe machton , {ur ihre .Ar""'"


28<br />

, h '1 ' Fabrikthiitigkeit zu sorgen, Diejenige Firma, z, B'<br />

useer dem ßel'(,lc 1 \ 1 e-f . ' .. d<br />

o ,1 l ' I ' krlun" oet' hlnschinenshckereJ ausgegangen, grun ete<br />

,on cler ule o,ll wIe ~<br />

, P , t {'" 'unge 1I1ädeben, dIe<br />

"<br />

fun<br />

f T<br />

age<br />

'd' '" h<br />

10 er n oe e<br />

in nruggl>U e-n\ ellSlO un U1 J U ' ht' I<br />

". ' b I " fl' t werden einen sechsten aber nternc In (en<br />

nls 1. ndh.'rlunen esc lU 19 , . d'<br />

"\ I' \ Reilullli chern und weiblichen ArbeIt en erhalten un zugleIch<br />

gew" \11 IC}pn<br />

,<br />

,<br />

' 11 ' Id Garten angeleItet<br />

,<br />

wer<br />

d<br />

en,<br />

\'<br />

on I<br />

'h<br />

rem<br />

L h<br />

0 n<br />

zu ullen Al'belteo In ans \11 . b<br />

.' I '1 (I te für Nahrung Wohnung nnd l{\eldung etc, a -<br />

Wird C1l1e llese ICll eue \:UO J. , . • • A<br />

. R t in die Sparcnsse gelegt nnd benn Austntt aus deI n.ngezogen,<br />

d Cl es ~<br />

stalt aushezahlt, sr k '<br />

Für Krankencassen sorgten eine bescheidene Anzahl gröss?rer IC erelen<br />

und zwar in der Regel so, dass dieselben für männliche und w01?IIChe Arbeiter<br />

obligatorisch erklärt wurden, In kleinen Geschäften, die allerdlDgs nu: dnrch<br />

Vereinigung etwas hälten zu Stande bringen können, geschah mIt sehr<br />

seltenen Ausnahmen gar nichts und erst selt wemgen Jahren haben d,e<br />

Arbeiter seIhst angefangen I sicb zu l{rankenvel'einen ztlsammenz~tbnn.<br />

Leider kommen dieselben nill' den Stickern allein zn gute und schhessen<br />

das weIbliche Geschlecht aus; sie umfassen anch noch keine sebr grosse Zahl,<br />

J cdenfans scheint weit üher die llälfte der Stickel' nicht an Krankencassen<br />

beth. iligt zu sein, Dagegen ist lohend hervorzuhehen, dass die, Sticker<br />

sich durch ziemlich hohe Prämien, meist 12 Francs per Jahr, eme welt<br />

zureichendere Unterstützung (12 Fr, per Woche) gesichert haben, als dies<br />

bei den meisten Cassen der anderen Industriezweige der Fan zu sein pflegt,<br />

Ebenso baben sich 23 diesel' Vereine mit 1744 Mitgliedern zusammengethan,<br />

um sich einerseits gegenseitige Freizügigkeit zu gewähren, andererseits eine<br />

Art Rückversichernng für Sectionen, die eiu Dcficit machon, ahzuschliessen,<br />

Während ,he Stickerei mein es Wissens noch keine Alters- nnd Invalidencassen<br />

kennt, wie diese bei manchen Zweigen der Textiliodustrie vorkommen,<br />

sin,l doch Sparcassen nicht selten und z, B, von den 35 Sparcassen des<br />

Canton St, Gallen ist eine ganz beträchtliche ~ahl in Ortschaften mit vieler<br />

Stickilldustrie nnd wohl gutentheils auch veranlasst durch dieselbe , entstanden,<br />

Die in den industriellcn Cantonen der Ostschweiz sonst so verbreiteten<br />

Cousnmvereme haben in manchen Stickereibezirken noch wenig Eingang<br />

gefunden, wohl des.halh, weil die industrielle (ausschliesslich Stickerei betreiheude)<br />

B~völkel'uDg in denselben gegenüber der vorzugsweise Landbau trei ..<br />

benden Gesa.1llmtpopnlntion noch allzugeringe Proportionen angenommen bat.<br />

Ebenso sind Fabl'ikkosthänser selten. Wo sie bestehen wird die Kost<br />

m~t Au ~.ch lu ss d e~ Brotes anf etwa SO Cents täglich berechnet, Stickel' i~<br />

EJDzelzlmmern bel Privaten beza.hlen für eine sehr reichliche Kost, zwei<br />

ZWlschen- \lnd d.rei Hauptmahlzeiten D1it z"'lci1l1 al täglich Fleisch nnd dreimal<br />

Most 1'70 l>1s 1 'SO Ceuts per Tag, Wohnung inllegriffon, Die Zwischen­<br />

~ahlz ~1ten hefert m kleinen Stickereien oft der lnbaber, der zugleich W irtb<br />

1St, selDen Al'bcltcrn - ein fa.taler Umstand deI' schon manchen jungeu<br />

b1,,,n n allm .. lig zum Trinker gemacht bat. Nicht selten geräth anf di~ ••<br />

" els~ oder auch gegenüber einem Arbeitgeber, der zugleich Krii.DlCr 1st<br />

- . . elD .ebe?falls R~.hr "bäufi ~eB VorkoUlmnisti _ der Sticker io Sc~ul~epi<br />

?l~ Ihn In dIe vollstandlgste akaDomische Abhängigkeit von seinem Pnnclpa<br />

urlogeu.<br />

29<br />

Der sanitarische Einfluss d er Stickerei und die QnelleD<br />

sei u el" Kenntniss.<br />

Welches sind nnn die Ergehnis.e der Einwirknng der bisher besprochenen<br />

Factoren auf Gesundheit, Kraft und Lebensdauer der mit der Stickindustrie<br />

beschäftigten Bevölkerung? E. ist eine sehr intere.sante Aufgabe,<br />

dIes zu untersuchen. Wir haben hier nicht, wie beim Stndium mnDcher<br />

anderen Industl'lezweige, die Schwierigkeit, auscinnoderzllhaJten, was durch<br />

Mangel und Entbehrungen eines indnstriellen Proletariats nnd was durch<br />

,he Lehenshedindnngen bel'beigefllbl,t ist, unter welche der Arbeiter während<br />

seiner Arheit und duroh dieselbe versetzt wil'd, Wir haben es mit einem<br />

Industriezw61g zu thon, der seine Leute - bis vor Kurzem wenigstens _<br />

reichlicher nährte als die meisten anderen, Auoh die Sohwierigkeit ist hier,<br />

wenigstens in einem grossen Theil des Sticlcel'sigebietcs nicht vorbanden,<br />

das. die Nachwirkungen ein er früher heotandenen Indu. trie das Bild trühen<br />

und die Ungewissheit erwecken, was auf Rechnuog der ehemo.ligeo, wns auf<br />

diejenige der jetzigen industriellen Beschiiftigungsweise zu bringen sei,<br />

War doch ein grosser Theil der jetzigen Stickereibezirke früher au •• chli •• s­<br />

lieh Landbau treibendes Gehiet. Wäbrend endlich in dcn eiDzeInen Br-trieben<br />

mancher anderen Indostriezweige grossc und sanitarisch bedeuttltlme Ver·<br />

schiedeoheiteu vorkommen, je nachdem diesel' oder jener Artikel angefertigt,<br />

das eine oder Rndere Material verarbeitet wird - ich (';riunere z. B. an die<br />

Grob· und Feinspinnerei der ßanIDwollindustl'ie -, bedingt bei der Ma8chinenstickel"ei<br />

der Betrieb nur ganz minima Differenzen.<br />

Trotz .lledem ist die Beäntworlung deI' gestellton Frage eine sebr<br />

schwierige , wenn man sich nicht mit allgemeinen Abschätzungen, mit der<br />

Wiedergabe der Eindrücke begnügen wilJ, die Dam entlich del" u.nter einer<br />

Stickerbevölkerullg prakticirende Arzt gewinut. ZI\blcllmiissige Na.chweise<br />

irgend ,velcher Art sind schwer erhülllicb, sowohl in n ozug aof Sterblichkeit,<br />

auf die Zahl lind Dooer der ErkraokungcD, als bezüglich der Krankheitsformen,<br />

welche Tod oder Kranksein bedingen,<br />

Erst die nächsten Jahre werden uns eioe B orufsstatistik unserer<br />

schweizerischen Be\'ölkerung und damit die erste und wichtigste Grundlage<br />

für jede geonnere Beul'tboilung der sanital'iscben Einflüsse ein.es IDc!ust.·iezweiges<br />

auf die dAmit ß eschliftigtcll bringen. Zwar besitzen wir ausnahmsweise<br />

für den in Frage liegenden Zweig eine Reiho von Angabon I die rür<br />

jeden anderen nicht erhältlich wiifeu. Dus kaufmüonische Direetoriom von<br />

St. Gallen bat schon zo.m dritten Mol, je in v-ieljührigen ZwischenräumeD.<br />

Erhebuogen über die Zahl der StickmusclJineu, dU!' dM'UD VCHchfLltigten A.Pbeiter<br />

- ausgeschieden nach der Art der Bcsobiiftigung aDd naotJ dem<br />

Geschleoht - voran.etaltet. Es kanu dCDselben auch die Zahl der Arbeiter<br />

unter 16 Jahren ent.nommen \Vcrdollj u.lwr ülJcr die Alterl:lverhlltnis8e der<br />

erwacbsenen Arbeiter goben tlie keinerlei .Ao.feohlnBB. Immerhin 1&88eo sieb<br />

aue don Zablen dioser verdioueUichen Arbeit cinc Anzahl werthvoUer A.ahaltepunkto<br />

gewioDcn.<br />

Sic ermöglichen es iusbesondoro, eino ßDoiiberud siebere BasiI: lIIr<br />

rechnangsJUlisslgo Verwerthung oinzelner Zahlon ZD gowiDDen."..... .


30<br />

'd hervorragendsten Stickercantone entnahm,<br />

T It scbeinen von zweI er ' '<br />

den 01.n , , anderem Zweck und desshalh DIcht lD der für<br />

uMll'rünghcb fl111l lO b ZU 't , etsten Weise, Leider feblte mir die Zeit,<br />

d' vorlwgend6 A.r.. b geelgo k th "V'<br />

10 ,..' b t t' tisoben Bureau in verdau euswer er , else<br />

das vom E'H\geuosslSC co 8 n. 15 . . ." '. .<br />

" t Ilt '1 terinl so WIe ICh es gewunsoht, welteL zu velznr<br />

'erfugnng ges e e l' (\ 1. .' •<br />

Ut'enu selbst wird bel selllem Vebel maass von<br />

A'<br />

t-<br />

wert h .n un d nuo h dns B b<br />

, "d ..<br />

d 'lI'<br />

I t J bl'eo kaum Zeit zU einer das Gew.r e etal Irt<br />

helt m en uae 18 an n. •<br />

berücksiobtigenden Mortalitätsstatistik finden, Nur sehr wenig brauchbares<br />

Mot .. ;.1 liefern bis heute die ~littheilungen und Jahresbel'lohte der Kr~nke~c&SseD,<br />

insbesondere der specieUen Stickerkrankellcassen. DIeselben sInd In<br />

so bunter Versohiedenheit vorbanden, theilweise anch so mangelhaft, dass<br />

ihre Benutzung kaum möglich ist, Ringegen mnss constatirt werden, dass<br />

die Sticker in ihrer grossen Mehrzahl die Einsioht besitzen, wie werthvoJl<br />

die Erfahrungen der Krankencassen ftir die Erforschung ihrer gesundheitlichen<br />

'1 e1 'bältnisse sein könnten, und dass sie gern sich bereit erklären,<br />

die verlanglen Anga.ben für die vom schweizerischen Aerzteverein mit dem<br />

Jahr. 188 1 begonnene und eine Reibe von Industriezweigen umfassende<br />

Norbiditätsstatistik der Fabrikarbeiter zu maohen, Leider wird es erst naeb<br />

einigen Jahren möglich sein, zuverlässige Zahlen aue dieser Sta.tistik zu ge·<br />

winuen und es kommt der weitere Uebelsbnd hinzu I. dass (liese Stickel'''<br />

krankencassen in der Regel eben nur die Sticker 1 also nur das männliche<br />

Geschlecbt und a"cb von diesem nicht ane an der Stickindustrie betheiligten<br />

umfassen. Bloss e~lllge w6mge Krankenc8ss6n gl'osser Stickereietablissements<br />

nebmen untel'schlOdsl~s beide Geschlechter und Al'beiter jeder Besohiiftlgun~~l\:t<br />

(Sticker, FndJer, NachstIckerinoen ete.) auf.<br />

EdlDlg~ A.usboute für den Zweck dieser Arheit bieten auoh die Listen<br />

d er 61<br />

St G 11 genoss18cben d Recrnf' 11 ullgscomDllsBlonen, ' .<br />

welche mir aus den Cantonen<br />

den<br />

,<br />

C<br />

• en<br />

t<br />

un<br />

Tb<br />

Appenzell aufs Z<br />

u vor<br />

k<br />

ammen<br />

d<br />

ste überlassen wurden. Für<br />

an on urgau hatte längst vor mir H D B '.<br />

mühsame Anfgahe gemacht h d' err 1', oehl SICh an die<br />

oder doch Gruppen derselb' nnc lesen, Listen die einzelnen Berufsarten<br />

' en auszuscheiden und f" 'd d' G<br />

d 16 Zahlen derjenigen zu b b ur JB eieseI' ruppen<br />

. . erec nen welche I<br />

61Dlger de.. wichtigsten resp h" 'fi wegen (em Vorbandensein<br />

. , . am au gsten k d<br />

untaughch erklärt wurden I h b' . VOr Ommen en Gebrechen als<br />

noch ein paar andere Kra~khe~tsfo lD sel.nem Reispiel gefolgt, habe jedoch<br />

stellung gezogen. rmen tn den Bereich meiner Zusammen ..<br />

Damit ist die Anfz"hl d<br />

B~höpfe~ vergönnt war. :ch u:~be e~ Qdndellen beendigt, aus denen mir zu<br />

elOe Reihe C sIe a ureh zu ,. .<br />

'1 S' von ollegen um Mittb 'I ~rgunzen gesucht, dass Ich<br />

Vle er hckmd t' 61 ungen angm d' . '<br />

'Vu h . U/i rae ,virken. Ein sch" g, le 10 Gegenden mIt<br />

nsc C Willfahrt lind mir in K- on,er Bruchtbeil del'selben hut meineID<br />

se lb<br />

Nachf<br />

atvel'ständr<br />

JC,<br />

h d<br />

ass ich die<br />

urze<br />

Lück<br />

seme Erfal<br />

ll"Uogen mitgetheilt. Es ist<br />

Ith<br />

l'ßgen<br />

'h<br />

und eig<br />

eDe<br />

B<br />

eobachtuog<br />

en nach Krö.ft<br />

en noch durch '\veitere<br />

. . .. e lC aber in die Darl en zu ergänzen suchte<br />

elmge Punkte aufl k egung meiuBr E, b' "<br />

von nl'cht . ner sam zu machen w 1 h I ge DI8se cl11tretc, ist auf<br />

gennrr B d ' e C G f- d'<br />

der einzel S ~el,' e entung sind Vo 11 ur le Bcurtbeilung derselben<br />

Den t.lckereib . k . r a em kom t d' h 't<br />

sociale ök . eZlI' e in Bezug fR . m 16 Verscbieden el<br />

I onomlsche und gewerhlicbe V:~bijl;c~, Vol~scharakter, auffrüher8<br />

DIsse, dIe übliche Ernährung&'"<br />

31<br />

undWohnungs,weise in Betracht und ich verweise in dieser BeziehllDg_<br />

das \U elDem fruberen Abscbmtte (R. 256, 257, 267 ff,) Gesagte, MaDcbe der<br />

anzufübrenden Zahlen werden hei Berücksichbgnug desselben in d<br />

, h h ' S d 8D erem<br />

LIC te ersc eIDen, 0 ann ist bei der Anstellung von Vergleiehnn d<br />

, k' d ' , d gen er<br />

~t1C 1D ostrle mIt an eren Industriezweigen ja nicbt aus den Augen zu verheren,<br />

aus ,welchen Elementen der n.evölke~ung der eine, oder andere Zweig<br />

~ICh recrutlrt JC,b habe fruher erwahnt, WIe ,he SlIcker In den BlüthejahreD<br />

Ihrer Industne SIch daran gewöhnten, sioh als die Creme der industrielIeD<br />

Bevölkerung zu betrachten, Das war nioht nur dur'ch die Rücksicht auf deD<br />

reiohsten Erwerb bedingt, den diesel' Zweig gewerblicher Thiitigkeit gewährte,<br />

sondern auch durch llle Wahrnehmung 1 dass es eines gewissen lvIaasses von<br />

Iutelligenz sowohl als einer gewissen körperliohen Kraft und Gewandtheit<br />

hedarf, um es als tioker zu etwas zu bringen, und dass auch als FAdler<br />

unbeholfene, geistesschwache Leute nicht wobl braucbbar sind, Dss Sticken<br />

selbst bildet bis auf einen gewissen P,mkt eine Prob. für die körperliohe Allodauer<br />

Imd Leistungsflihigkeit, und Hunderte, welche diesen Beruf ergreifen<br />

wollten, waren durch die Unzulängliohkoit ibrer r


32<br />

Jahr SI, GnUen Al'l'e.zcU I, Rh, A}lpenzcll A. Rh. Thu,.g ~u Total<br />

1~70 191015 11909 48726 93 300 344950<br />

1880 210491 12841 51958 99552 374842<br />

'\' on deren Recl'tüennntcrsuchungslisten waren mir für St, Gallen und<br />

AI,pen7.ell I. Rh, die Jahrgänge 1877 bis 1879, von Appenzoll A, Rh, 1876<br />

bis 1,\,9, von Tburgan 1875 bis 1879 zur Verfügung, DIeselben gaben<br />

Auskuntl übel' 16040 Recl'uten, welche ich iu folgende Gl'llppen nach ihrem<br />

Berufe getbeilt habe:<br />

1. L.ndwil'tbe, mit Einscbluss derjenigen anderen Bel'llfsal'ten, deren<br />

Angehörige im Freien beschäftigt sind, wie Fiseber, Jäger, Boten,<br />

Fuhrleute, Gärtner etc,<br />

2, Sticker (inclusive Fädler oder sonst in diesem Industriezweig Beschäftigte,<br />

3, Andere Fabrikarbeiter aller Art, mit Einscbluss der rrandweber,<br />

seien dieselben in Fabriken oder bei Hanse beschäftigt,<br />

4, llandwel'ker,<br />

5, Alle anderen Berufsarten,<br />

Die beigefügte Tahelle giebt Aufschluss, wie die Uutersucbten der<br />

einzelnen Cantone sich auf diese beruflichen Gruppen vel'theilen, zugleich<br />

aber auch I wie viele derseluen als tauglich I als zeitweise oder ga.nz untauglich<br />

sicb erwiesen. U lU eine genauel'e Belutheilung gewisser Verhältnisse<br />

zu ermöglichen 1 habe ich nicht nur die' Gesammtzahlen, sondern<br />

speciell diejenigen für einzelne grössere Gebietstheile angegeben,<br />

An,<br />

Fa-<br />

Untauglich<br />

Hand-<br />

Land- brikder<br />

e<br />

T augwirtb,<br />

St icker wer - Be,<br />

arbei-<br />

Zulieh<br />

T em -<br />

tel' k er rufs· Ganz sam'<br />

arten por är men<br />

P roc, Proc, Proc. Pl'oc. Proc. Proc, Proc. Pt'oc. Pl'OC,<br />

St. Gallen:<br />

(Werdenberg, Sar gans,<br />

Gaster unn Seebezirk) 43-4 10'0<br />

(Wll , G O~Mn, St, Gallen,<br />

6'4 23'S 16'7 40'3 21'5 3S'2 59'1<br />

Tablat, Rorsc hach) 27'3 11'0 5' 6 33'9 22'2 46'6 20'6 32'6 &3'2<br />

Toggeu\JUrg , 34'0 24'S 11 ' 9 21 '0 S'3 50'1 24'4 25'S 49'S<br />

Rbei utbal ,<br />

44:8 21'S 2'9 23-4 7' 1 51' 0 23'4 25'6 49'0<br />

,<br />

ApIH:Dzell :<br />

lnnen-hoden ,<br />

GI'S 11'1 5'4 15'1 6'6 51'2 23'S 25'2 4S'S<br />

AU8ltCrrbodcn 22'1 1S'7 22' 8 26'7 9'7 56'9<br />

4:i'1 26' 2 30'7<br />

Tbul'gau , , , 4 0'2 7'7 5-9 36'1 9'5 54'2 17'2 28'S 45'8<br />

])er ganze Dj vil) i on~, b ez irk 37'1 13'5 9'2 29'6 10'6 4S'O 21'3 30'7 52'0<br />

33<br />

Diese Zahlen bieten nicht viel Auffallendes, Die ProcentzabJ d DI--'<br />

taughc<br />

' h<br />

en<br />

' d S er ..­<br />

In er ganzen chweiz betrug in den 5 Jahren 1875 bO 18".<br />

55,57,48, 49his 42 Proc" im Durchschnitt 50 Proc, Berücksichti; man,<br />

dass gerade die letzten Jahre, , wohl , In Folge des angelegt ' eo<br />

t<br />

8 rengereD<br />

Ma.ssstabes, schlechtere ErgebDlsse lIeferten, so ist das GesammlresuItIIt<br />

der Stickercantone als ein mittleres anzunehmen unr! steht nicht zmoll:<br />

hinter d~m der eantone Schaffhausen und Zürich nebst dem industriereich_<br />

sten Thell von Schwyz, dIe 1B75 bis 1879 49 Proc, Diensttaugliche hatten<br />

während Solothurn, Basel unel Aargau mit ebeuli,lIs zahlreicher Fabrik~<br />

bevölkerung nur 48 Proc, aufwiesen, Die drei Stickorcantoue haben somit<br />

für ibre Recruten ganz normale Verhiiltnisszahlen,<br />

Ganz, anders verhält sich dies, wenn clie Ergebnisse der Untersuchnog<br />

für jede emzelne Berufsnrt speciell und für jede wichtigere Gruppe von Entlassnngsgründen<br />

einer Prüfung unterzogen werden, Wie bereits erwähnt<br />

sind diese zu einlässlichen Znsammeustellungen für die IIauptrubriken de;<br />

zur Entlassung veranlassenden Gebl'echen ,,"rweudet worden, Die hervorragendste<br />

Rolle unter diesen Entlassnugsgrfinclcn spielt die mauge'­<br />

hafte Körperentwickelung (besonders zu kleine Statur und zu geringer<br />

Brnstumfang), mit Einschlnss der Missbilduugen sowie der alIgelDeinen<br />

Körperschwäche,<br />

Die Procentzahl der aus diesem Grunde vom Militärdienst Dispensirten<br />

ergiebt sich aus nachstehender Tabelle:<br />

8t, Gallen:<br />

('Vel'denbel'g, Sargßns, Gaster,<br />

Seebezirk) ,<br />

(Wyl, 008Bau, St, Gallen, TA'<br />

blat, ROl'scbaob ,<br />

Toggenburg ,<br />

Rbeintbnl ,<br />

A ppenzell :<br />

IDoel'rboden<br />

AU lIserrhodeu . , ,<br />

l' bUl'gau ,<br />

r<br />

m ganzeu DivisioDsbezirk<br />

D avou Iti.od d~nnjtiv eDtJRfllleu •<br />

, , tcmpol'ül' •<br />

,<br />

•<br />

Lttudwjrthe<br />

Proc.<br />

24':)<br />

2!J'O<br />

26'3<br />

20'"<br />

20"<br />

26'['<br />

2:)'2<br />

24'8<br />

10'7<br />

14'1<br />

Hu' l. ~ ..<br />

I""<br />

1:H icker rutlrarteu<br />

ar~iter<br />

we .. ker a:QJ8mmen<br />

Proc, }'l'OC, Proc. Pruc.<br />

35'6 La 'I 27'8 27'9<br />

30',j 42'[, 21'6 24'8<br />

!i-l ," 41'0 2;'8 29'3<br />

25"1 28' J 21'/1 28'7<br />

:11'0 34'7 :Jl'Z :WB<br />

3J '2 ;lu'4 2&'1 28"<br />

34 '[, 80''1 2 L '7 2'"<br />

:12'[' :J1I'4 ~ ; I'5 2&' 1<br />

U':' I D':l .'1 I1'S<br />

ItHI 20' 1 10'2 IS'8<br />

AU8 dOT801boD gebt hervor, dlun, ZWlIr im Ganzen die Bey~<br />

der Stickeroicantone kajno besondors bohu Zabl mangelbaft eahtif'~tI!<br />

und zu kleiDer Rccrutoo liefert, Si. betrug 1878 /'Ur d ,. ' g<br />

_ S ,.<br />

11


34<br />

, f d ' bescheidenen llöhe von 25'1 Proc,<br />

,. tl' i 'h Incr au er , b" I'<br />

09'" PI'OC, wahren SIe' U frappaute UnterschIede ezug lOh<br />

- -, b icb daraus ganz ,<br />

hält Ab.r oS ergo en s , h d n verschiedenen ß erufsarten, l\I,t<br />

, U l lichen Je nac e , "b<br />

der Zahl der n aug .' d I" hends die Fabrikarbeiter, lOS esonden<br />

höchsten Z'II' erschemen urCl"e 'h"f' t ' d<br />

~l el U . Ir in SpinnerClen bese a tlg BIn I<br />

d dieselben \TorzugswelS e III<br />

dere " wo St Gallischen Landschaft, ,<br />

wie in der erstgenaunten d'" 'Ot' k deren Procentzahl Unt.\nghcher das<br />

, f I überall '0 U IC er,<br />

Anf ". 0 gen _ h 't t wenn alle drei Cautone berechnet<br />

l<br />

' I II 7'4 Proc ubersc rel e , d d<br />

~ l!te um vo • ", d Gebiete welches die Wiege un en<br />

d nu 11'7 1'roc sogar 10 em, 'h hl' t<br />

wer en, I , k" d' I' St Gallen nnd Umgebung, in sie sc ,ess,<br />

R.nl)tsitz der Shc lU us ne, . f • I' b<br />

, " Tb' hält sich die 1'l'ocentzahl mihtüruntaug IC er<br />

Im shckerre"ben oggen UI g , d h d'<br />

, b f 11 "'1 Proc höher als die Durchschnittszahl, d.. oe ..<br />

Sbcker 0 eu a. s um IJ • , , '" D' ,<br />

h- I t 11 St Gallischen Landschaften, d,e zwelthochste des ganzen 'Vl-<br />

"oc ,sb e 'k er, t' In Appcnzell-Ausserrhoden sinkt die Differenz auf 2'8 Proc.<br />

Slons eZlI' es IS . .<br />

Dank dem Einflusse der früheren Industrie, des Webens in dumpfigen feuch~en<br />

Kellerlocalen nnd vielleichhuCh tbeil,.eise des früben Heirathens, Im RhelllthaI<br />

allein, wo die Stickel'ei, wie die Industrie überhaupt, noch neu esten Da·<br />

tnms ist, wo noch vielfach Stickerei und Landwirthschaft mit und neben<br />

einander beotrieben werdon 1 beträgt die Differenz nicLt einmal ganz 2 Prac,<br />

und ist auch gegenüber den Procentzl\blen, welche die dortige I zn einem<br />

gro"en Theil arme, scblecbt genährte und nocb schlecbter wohnende landwirlhschaitliche<br />

Bevölkerung liefert, eine ganz minimale,<br />

Sonst überall zeigt sicb für die landwirtbscbnftlicbe Bevölkerung ein<br />

auffallend günstigeres Verbältniss, Die Procentzahl Untauglicber bleibt<br />

im Durchschnitt um 7'7 unter derjenigen der Sticker, in mebreren Bezirken<br />

um 11 nnd Doch mehr, oder mit anderen \Vorten: die Stickel' haben eine<br />

bis anderthalbmal , im Durcbschnitt eine fast 11/a mal so grosse Zahl U n­<br />

tauglicher, als die im Freien arbeitenden Bernfsal'ten.<br />

")loch ungünstiger gestaltet sicb die V.rgleichung mit den IIand werkern,<br />

von denen dIe Fabnkbevölkerung so oft beha.uptet, dass sie ihre L ehrlinge<br />

mehr und länge~e Zeit ~usnutzen, ,als der mehr als seine gesetzlichen<br />

11 Stunden arbeItende StIcker e8 mIt seiaen Gehu"lf tb t D d h<br />

h " I' en u , er urc -<br />

sc ",tt ICbe Unterschied von 9 Proc, steigt in stadt' b V h"lt'<br />

wo der llaudwerker so h- fi ' 18C en er a Dlsseo,<br />

tablere Lebenl".weise hat 1 au ~ CelDll en besseren Erwerb und eine comfol'-<br />

, a 8 sem 0 ege Ruf dem L d b' f 5 P<br />

Wenn al80 der St;cker 100 U t' an e, IS au 1 rocent,<br />

b ' n aughche auf eine ' R<br />

at der Handwerker auf d' I' b ,..- gewIsse eCl'utenzahl hat,<br />

A le gele e Zahl nur 72<br />

us der Tabelle ist ersichtlicb d ' '<br />

wegen mangelhafter K·' "' ass em sehr bedeutender Theil der<br />

Dienstpßicbt enthoben or~~ren~wlckelung Entlassenen nicht definitiv der<br />

kraftigere Entwickeln wUl elf' e b<br />

betr~ffenden Aerzte also o.llf eine künftige<br />

St' k . ns 0 teD, D,e8e V '<br />

lC ern verhaltnissmii' b . 01 aussetzung scheint bei den<br />

t - Stiig se r oft vorz k<br />

emporur zu den gänzlich E tl .~ ommen I da das Verbältniss der<br />

Mitlheilnngen hildet b ' "h n a88~nen WIe 36 zu 29 ist, Nach mündlicheo<br />

11 -, 01 1 Den eIn allz bl h<br />

a ergewohnhchsten Entlassu d u.sc ce t entwickelter Thorax deo<br />

zugefugt d d' ngsgrun ' leldor b ' ,<br />

I ass 113 gehegten H ff' 0. er wurde mcLt selten htn~<br />

ve~wirkJichen, vielmehr recht 0 f~u:,gen auf Lesf:lel'e Au&bilduug eich selten<br />

bel der zweiten Untersuchung: h le ,abnorme Gestaltung des Brustkorbs<br />

oc welt greller zu Tage tritt.<br />

Eine zweite Rubrik der zur Entlassung führenden Gebrecben biIdea<br />

die AlIgenieiden, üher deren Frequeuz bei elen verschiedenen Berufsarted<br />

nachstehende Zuhlen Auskunft gehen:<br />

Landwllthc Stl~'ker<br />

H,md-<br />

wt>rker<br />

FalJrikarbeitPf<br />

S:immt!iche<br />

•<br />

Berufsarten<br />

gänzlich entlassen 3'7 2'9 2'G 3'2 3'!j Prec.<br />

tem poriir J'O 1 ';' 1'0 0'6 0"9 "<br />

zusammen 4'7 4'1 3'6 3'S 4'7 Proc,<br />

Schwerere Störungen des Sehvermögen. kommen demnach bei den<br />

Stickern und Fabrikarbeitern seltener Val', als bei drr Mehrzahl der anderen<br />

Recruten \lnd auch leichtere dazu gerechnet, bleibt die Zahl der Dispensirten<br />

unter dem allgemeioeo Durchschuitt und es ist scbr fraglich . ob<br />

nicht ein bedeutender Tbeil der "ugeuleideudeu Sticker schon als Fiidler<br />

seine Myopie u, a, m, accquirirt hat.<br />

Die l{röpfe, IIel'nien und die Fussleiden aller Art (Platlfüs8e, Varices,<br />

Fussschweiss etc,) , welcbe fernere Objecte der Erhebungen aus den Recrutirungslisten<br />

bilden, können füglicb unuerücksichtigt bleiben, d. in Bezug<br />

auf di .. e Leiden durchaus nichts für die Stickinrlustne Cbarakteristiacbes<br />

herauszufinden ist, Wohl aber bietet oie Zusammenstellung der wegen<br />

IIerz- nnd Lungenleiden Untauglicben, die nur von SI, Gallen für Hl77<br />

bis 1879, von Appenzell u. Rb. von 1876 bis 1879 zu Gebote steht, Aolass zn<br />

interessanten Vergleichungen. Leider sind die verwendußl'l\n Za.hlen nicht<br />

so gross, wie diejenigen der vorhergehenuen Tabellen, wj~ sich aus Naeh­<br />

.tehendem ergieut:<br />

I<br />

Zahl d ..<br />

EH fauden .ich<br />

Ul.lten~uchtlJ l l<br />

T.JungjmJ",jdl~1 1 I TInl'7.It>jdtlD<br />

-- --,---<br />

bf.j bei<br />

/1"'; f I"';'<br />

Sti~ker Andl'l'l!<br />

8lkkl'I'u .\ nclt'ul t:il jl'k~'rD Antl~l'D<br />

% % % %<br />

1 \Verdenberg, Sarg-.. \08,<br />

Gaster uud Seebt:zirk 225 2026- 8 :j'.'JtJ 4" 2'",~ :j 1':j3 :U I"d'<br />

2 'Vyl, 00S88-U, St. Gi,lIen,<br />

'rabla.t., nOl~cbacb 288 2;-122 7 2"411 11, J '!I., L' "':J ~2 I'S8<br />

a 'roggen burg 500 1(,20 10 ~'n" 21 I':JH I I 2'20 18 1'0'<br />

4 Uheillthnl 238 8MJ 11 2'r,2 1:1 I';,' 4 1·66 8 0'"<br />

5 AppeozeU-Aul!ldOrrhodeD 479 2077 I. ;J'21J 61 3'10 J3 2'70 81 1'50<br />

1780 'd777 4"<br />

2'6U 102 2' 10 -1-1 :,rl4 121 1'38<br />

uu~ zwar: •<br />

LluHl wh" he - - - - 1·7t. - - - 1'2.<br />

, -<br />

E'K IJrikf\l'!J •. ·j tur - -- - I'U - - - I~.o:l/<br />

Haud WOl'kCf - --<br />

-<br />

1'8~ - -<br />

S·<br />

/.;'


3G<br />

Die Sticker erhalten sehr zur ihren Ungunsten lautende Zablen, Die<br />

W fi k 't d.,' Lungenkrankheiten unler den StlCkeru = 100 gesetzt,<br />

au g ~' b' d d ' Berursarten nur 83 aus und der Unterschied<br />

macht SIEl el en 6 11 el co . .. .<br />

würde no(' I 'I ,11, weun nur die Bezirke 1 nnd 4, d,e emzlgen, d'e<br />

1 Vl6 g l e eI, '.. h .<br />

früher fast Russcbliesslich landwirthschafthche Bevollcerung alten, 10 Be·<br />

tracht gezogen würden, , " ,<br />

Die Yerbältnisszabl für d,e LandWlrtbe 1st 71, Handwerker 75, dlC<br />

Fabrikarbeiter gar nur 65, " ,<br />

Es mag anS den ersten Blick sonderbar erBchelllen, dasB ~lCb d,ese<br />

1 e t z t eren h' ler, t,'otz ,'brer sonst allbekannten bohen Lungensc ll\vmdBuchts_ .<br />

frequenz günstiger stellen, als jede andere Berufsclasde, VerIDuthlich<br />

erklÄrt sich dieB einerseits daraus, dass uuter ,hl'en zablre,cben allzukleinen<br />

und Bchlecht entwickelten Recruten mancber einer genauen Brustuntersuchung<br />

entging, weil die oberflächlichste Besichtig ung scbon seine<br />

Untauglichkeit" wegen mangelhafter Entwickelung" be,'ausstellte, andererse,te<br />

aber aus dem Umstand, dass in Fabriken mehr die verunreinigte Luft der<br />

Arbeitslocale, . Is die Art der Arbeit selbst ihre verderbliche Wirkung<br />

ausübt, und doss da. erstgenannte Moment weit langsamer zur Geltung<br />

gelangt als der Efl'ect der anstrengenden Stickerei, welcher die jungen Leute<br />

oft schon nach wenigen Wochen oder Monaten zum Aufgeben diesel' Arbeit<br />

zwingt. Leide,' ist aus den benutzten Listen nicht ersichtlicb, welcber Art<br />

diese Lungenleiden sind I und wir sind auf andere Quellen angewiesen I um<br />

darüber Aufschluss zn erlangen.<br />

Wegen Herzleid en nnd Gefässkrankheiten wurde eine sebr beträchtliche<br />

Zabl Recruten DlItauglich erklärt, Aucb hier ergiebt sich eine<br />

stä,'kere Frequenz bei den Stickern, Das Verhältnis. der desshalb dispensirten<br />

Sticker zu denen .1Ier anderen Berufsarten ist 184 : 100; im Oanton<br />

SI. Gallen allein wie 133 : 100, adel' die Stickel' = 100 gesetzt , bei den<br />

Fabrikarbeitern = 63, bei den Landwirtben = 50, bei den Handwerkern<br />

= 45, Beim Durchgehen der Tabelle fallen die ansserol'dentlichen Schwankungen<br />

in den Zahlenvel'hältnissen auf, Wenn im ersten Bezirke (Werdenuel'g<br />

etc.) das Verbältulss zwischen kra.nken Stickern und anderen<br />

Bernfsnrten sogar ein umgekehrtes ist. wie in den anderen Bezirken BO<br />

erinnert werden, dass gerade hier ein bedeutender Brucht'beil<br />

mag d.~ ran.<br />

~er mannhchen ~evölkerung in einer rauhen 1 bohen Alpenwelt beschäftigt<br />

1st und nnter dIesen allen \Vitterungeunbilden und Ueberanstrengungen<br />

a~sge~tzten Leuten Herz - und GenisBleiden ziemlich -häufig vorkommen,<br />

w der l 873er Sanitätsbericbt jenes Bezirkes meldet oder vielmehr 81s<br />

h r<br />

• .'o" 'fe "~n<br />

1 e rUller BC .. t<br />

rer Grund dürf~: ~ ~ g.~ma~hte. Bemerkung bestätigt. Aber noch ein ande-<br />

, ID eruckSlchtigung raUen, Gerade die Bezirke mit der<br />

i~~ng8te~ ,Pr1ocedntzabl berzleidender Sticker (1 und 4) Bind die bis vor<br />

zem [eID an w1rthBcbaftliche 't' P<br />

industriellen Nachb . r..,. n ml eIDer opulation, die bei ihren bochuren<br />

ID Zunch und GI d 't 'b<br />

Bewegnngen fast spr- h .. tr b arns wegen er Langsamkel 1 rer<br />

Jahren Zum Tb.'l UChl~ort 10 geworden war und die noch vor wenigen<br />

, ) wo Je zt noch ' b" hI<br />

reichen Pausen unterb h A" an ein ocbst gemächlicbes , von zn. -<br />

foe cnes rbelten d S' t<br />

und zur Lieferung gl 'b Ab' ftn er , t1ckmascbine gewöhn war,<br />

der industriegeübte elC ~n b r . eltsquantums viel längerer Zeit bedurfte, als<br />

I rase 8r eltende 8t. Galler oder Appenzeller, Dass aber<br />

37<br />

dieBes schnelle nnd vermöge der Art der Beschäftigung sehr erschöpfende Arbeiten<br />

wenigstens ein direct oder indirect begünstigendes Moment für die<br />

Entstehung von lIerzkrankheiten sei, erscheint mir nicht unwahrscheinlich.<br />

Die wichtigsten bei den Stickern vorkommenden Krankheitsformen<br />

nach den Ergebnissen der T odtenlisten, Krankencusensch<br />

einen und Beri chten de r Aerzte.<br />

Da aUB den Recrutirnngslisten kaum jemals r1ctaillirtere nnd zuverlässigere<br />

Angaben über die einzelnen Formen des Krankseins zn gewinnen<br />

sind, welcbe durch die Stickerei besonders begünstigt oder hervorgern.fen<br />

werden und nur der uugünstige Einflnss derselben auf die j{;;,.perentwickelnng<br />

im Allgemeinen daraus nachgewiesen worden kann 1 lUOSS um 80 mehr der<br />

Wunscb rege werden, aus eiuer genauen 1II0rtalitäts - u,"1 Jllorbiditiit.statiatik<br />

zureichendere Aufschlüsse zn gewinDen. Es wnrde bereits dRrauf hingewiesen,<br />

wie in bei den Richtungen von den niicbsten Jahren noch nic~t<br />

viel zu erwarten ist. Denn wenn auch die früher erwähnten t vom schweizer<br />

Aerztevereine veranstalteten Erhebungen aus den Kranken.nssen bereite<br />

begonnen baben, nnd auch die Betbeiligu ng ,derart ist, da s ~ in eini~en<br />

J ahren ei n reichliches und werthvolles Matenal vorliegen wml, so smd<br />

heute doch nur sparsame Angaben aus dem Jahre 1880 und ein Tbeil der<br />

Krankenscbeine für das erste Semester 1881 vorhanden,<br />

Ans diesen Gründen mnss man sich damit begnügen, über einige der<br />

wichtigsten Krankheitsformen sieb Klarheit zn verschnfl'en,. indem .man<br />

mindestens das vorliegende, nur stückweiBo vorhandone Mater,al m6gh .... t<br />

zusammenstellt. ,<br />

Vor allem aus drängt Bicb die Fmge nReh der Ililufigke,t de~ Lnngenschwind<br />

s ucht bei don Stiokern und nRoh dem Zueu.mrnonba.ug 10 deo Vor~<br />

dergrund der zwischen dem li. tri eb der StickindnBll'ie und der Frequens<br />

der Lungenpbtbise , besteht, un cl h' 'orau f II'U ' Lt eioo Durehs,cbt nnseres<br />

statistischen Materials folgende Anlwort : , J" 1'0 Zahlenangahen<br />

Es sind aus früheren Jahren nur weDlgo zuvor ÖSI:I1S" I" S h 'ft vc:m<br />

.. . , . k' 'h cl Die UnUllltluel 6 , (10 (; 1'1<br />

uber d,e Pbtb,sesterbhch e,t va' an en,<br />

I 'd I t in der<br />

Dr. E m i 1 1\1 ü 11 e r über dns VorkommoD ~ o r LOUgODlIC ~Wll~u8~Cr:go kom-<br />

S h ' f hl -· 1 er die lllcr vCrzUgHWOl I!Iß I<br />

c woiz, giebt wellig Au 8C .ss u) , ' Zubl dor Langen8cbwiodmenden<br />

Gegenden, EI' giebt als npproxlOlnllvo ), .<br />

suchtfdlle, die jührlioh auf 100000 Eillwohnor euMalluu, au, , ,<br />

l aG füt, die , ganze S c h " sowoit sciuu orhlllte"un JlI,tthe,lnogelf<br />

WCIZ ,<br />

reichteD,<br />

182 für acht voJlsliiudig bcobllcbl.t,' O.ntono,<br />

196 den hochindu.triolle" Va"toll ZUI'ICh,<br />

145 " Cnnlon Thurgall,<br />

135 :: " Apponzell 8, Rb"<br />

200 St, GaUen,<br />

. ." • . kJtin(,ß ZI,hJ G ·de..<br />

\'00 emem<br />

üuer den er n.ber Dur Angaben aus CHoer . k .. uutrie .... 111<br />

sass, Speciell aus eJDlgen<br />

• •<br />

RU<br />

1:' b 'k.n uuu Shc uroliD<br />

j4 il TI tl<br />

8011110ften lauten eie:


38<br />

250 flir Flawyl,<br />

200 " lI1ngelsberg,<br />

180 n Degersbeim.<br />

Jlie'. Zahlen stammen aus der zweiten Jlälfte der secbeziger Jahre.<br />

rm P111 DccruniulU jüngeren Datums sind diejenigen 1 welche den Jahres·<br />

bericbten des eiJgouössischen statistischen BOl'en.us entnommen sind I dns<br />

5('it einigen Jabren specielle Angaben über die Todesnrsacben in denjenigen<br />

Cnntonen lUncht! l\UB denen mehl' als 90 Pl'oc. ärztlich bezeugte Todtenscbeine<br />

n.ul:\.l1gen I fül' einige der wlchtigsten Todestll'sachen abE'r auch die<br />

aus der ganzen Schweiz zusammengestellten Zahlen mitth.ilt. Leider<br />

lieferu nuu gema. die Cantaue St. Gallen uud Appenzell nur aus einzelnen<br />

Bezil'ken vollständig verwertbhal'B Scheine und 6S sind aus diesem Grunde<br />

gerade fiil' di~ Hauptsitze ~er Stickerei nur fra.gmentarische Angaben aus<br />

den J8.bre~llertcbten erhältlich.<br />

Die Z.hl der Lungensch windsuchttodesfälle helief sich in der ganzen<br />

. cbweiz aaf:<br />

1877 : 5459, 1878 : 5686, 1879 : 5755,<br />

d. h. auf durchschnittlich 201 auf 100000 Einwohner berechnet. In derselben<br />

"T eise berechnet hatte ;<br />

1876/78 1877 1878 1879<br />

Der Canton ThurO':lu t) ••••••<br />

169<br />

167<br />

Bezirk ninterl.ud (Appenzen a. Rh.)<br />

214<br />

243<br />

Stadt Altstiitten (St. Gallen)<br />

232 3,1,6 424<br />

" 81. Gallen<br />

383 335 328<br />

Bezirk Nelltoggenbur~ (St. G.lie~)<br />

192 207<br />

" Uutertoggenblll·g nnd Wyl<br />

190 213<br />

• Goss.u (St. Gallen)<br />

" Sarg.ne (St. Galleu) .<br />

217<br />

.. ... 271<br />

Zur El'gänzllug der A b<br />

. h d nga en fiir St G 11<br />

175<br />

364<br />

Je er folgenden von mir selbst . n. an und Appenzell entnehme<br />

.. mmengestellten Tabelle folgende Z~~~end;~ d~rtigen Todtenachei Deu zu-<br />

App;nzell mit 2R2 Todesf:illeu ur dle Jahre 1877 uud 1878:<br />

St. Gallen n 970 hatte 232 per Jahr auf 100000 E' h<br />

. n n 244 mwo ner<br />

Die Richtigkeit der 1'11 ~ 1 n n "" 11<br />

guh'utheiJs Ruf An 1 ul1ol" schen Zablen<br />

genscbwindsucbtt dgafl~n VOll Privatpersonen) h"ttvord~nsgesetzt (sie beruhen<br />

genommen . eIDer<br />

o .s alle' d<br />

gau S<br />

a e<br />

.<br />

1e 11<br />

an<br />

fi<br />

gelt<br />

k .<br />

dei' Lun-<br />

1 1m anton Tl zen cbwelz .<br />

mehrung' nicbt b' lUrgau um 16 p<br />

um CIrCa. 8 Proc. zu·<br />

d - est'mmt b' roc. In St G II .<br />

urfte sie u.D!ah nae welsbar da h . . n. en 1st eine Verge<br />

a r der· . ,c wabrscl· l ' h<br />

ste I leD sicb k . Jemgen für Th lein IC I für Appenzell<br />

L elO. Unte h· · urgau gl . hk<br />

ung eD 8chwindsucht t r\sc. lede beraus aus \ 1 1 eIe .ammen. Immerhin<br />

nung' gl!\angte sr k' s er) l lchkeit. dn-reh' d' .;ve C leu eIDe DeeinfluBBung der<br />

l.U • IC luduatri . 1e lDzwisch<br />

H('it ~bel" d"' I" . e l1l irgend wel h . eu zu groBser Ausdehm<br />

ur te fllr d· B c er Rleht }<br />

. a~s8gcb{:nd Hein 1 in Je eUl"theil un . di ung lorval·ginge.<br />

Jentgcu der GC8amllltLe;:ll~her die Sterhli~hk6i:Ber Fra~e folgende Tabelle<br />

Bucht, gegenüber getitellt is: ruug , d. b. Dur tnit B~:: Shckereio.l"b~iter der·<br />

. g auf Lungeusch wind-<br />

St. GaUen<br />

30<br />

Stic-kereinrhl'iter G p5.'lmm t bf\'öl ktrun r<br />

miinnl. w(>ihl. tlltal männl. 'KeiM. total<br />

p877 lJ 20 3,1, 207 :!55 462<br />

1 .~78 26 25 51 241 267 öOIl<br />

A ppen zell a. R. C<br />

S77 6 2 8 46 17 111<br />

1~78 2 ·1 6 3B 58 96<br />

(1877 21 21 20 32 52<br />

A ppenzpll i. R.<br />

1878 16 16 17 24 41<br />

Total 48 88 136 569 683 1252<br />

. Nimmt man zwische~ 1876 nnd J 880, den zwei Zählungsjahren der<br />

Stlckerelllfbelter, eine glelchmässige Vermehrung derselben an, gleich wie<br />

dasselbe für die Berechunng deI' Volkszahl ehenfalla gescbeben ist, 80<br />

würden 18118 Stickereiarbeiter auf eine Gesammtbevälkernng von dnrch­<br />

.schnilUich 259220 kommen und es hetrüge somit die Zahl der Lnngen-<br />

8chwindsucbttndesfälle, auf 100000 berechnet, pe,' Jahr für die Ge.ammtbevölkerung<br />

241, für die Sticker aber 375.<br />

Eine Vergleichung dieser Zablen i


40<br />

50 und<br />

Obis 14 15 bis 29 30 bis 49<br />

darüber aU<br />

An Lungenschwindsucht Gestorbene 19 88 84 71<br />

7'3 33'6 32'0 27'1<br />

in Procenten<br />

8 36 36 29<br />

auf 100000 Einwobner ,<br />

hingegen im Cant


42<br />

b findet dass trotz besserer N ahruug und<br />

der Phpicns von Untertogg·Sn, u: g , LUll~en _ und lIIagcnaffectioneu über­<br />

Wobnung bei deu Jungeu hc CIll<br />

band ""hmeu, , Z 't b en auch die Militärärzte, durch die stets<br />

L fi br um leue ., eganu ,<br />

nge, " I r t hl der Diensttauglichen erschreckt, sICh geuauer<br />

sich renumrlel'lH ,. d roce ". Azab hme um zusehen und bezeichneten die Sticker<br />

h lln l'rc:.arhen leSet UR . k I<br />

nnc ," ", L t wo vielf.ch mangelhafte Körperentwlc e ung<br />

ab eme Cat~gorle von cu cn,<br />

und }lissbildung des Thorax vorkom me, ,<br />

In der That giebt eine Menge .nderer erfahrener A~"zt~ zn , dass _me<br />

aJlmiilig. Y.rkrülllnlUng der Wirbelsäule eme .sehr gewohnh ch,. F~lge des<br />

Stickens sei umlnamentlicb in Bezll'keu, wo fruh er dIe WebereI hluhte und<br />

in Folge der Arbeit 3m Webstuhl nein schiefer Rücken" k ei n nngewöhnlicbes<br />

Vorkommniss wal', soll der schiefe Thorax ganz auffallend ha ufi,g<br />

nuzutrefJ.n sein. lnsbesoudere - das bekennt J edermauu - wenn d,e<br />

Lente nllzujung mit dem Sticken beginnen, entwickelt sich rasch eine<br />

bedentende Asymmetrie und Jer Brustkorb entwickelt sich überhaupt sehr<br />

manselbnl\. In reiferen Jabl'en beginnende Sticker scheinen weit weniger<br />

daTunt~r zu leiden.<br />

Deim weihlichen Geschlecht, das selten am Stickstuhl , meist nur am<br />

Fädierlisch arb.itet, treten fast ausschliesslich Scoliosen anf,<br />

llaud in Hand mit diesen Difformitäten und EntwickelungsmängelD<br />

tritt eine andere Reibe von Erscheinungen zu Tage; rasche Abnutzung der<br />

Kräfte, chronische Erschöpfn ng, allgemeine Scbwäche , Blutmangel. Nicht<br />

se.lten machen Leute ~ou einigen vierzig Jahren scboD einen greisenhaften<br />

Emdl'uck und fühlen SICh selbst ahgeleht, abgenutzt. Sehr viele bieten das<br />

BIhl dar, das Ulan bei armen Webern mancher Gegenden so oft findet<br />

hagere, schmalbrüstige, blasse Fignren, Allerdings bleiben zahlreiche Sticke:<br />

a~cb ganz unberührt von den Nnchtbeilen ihres Berufes; am häufigsten<br />

gIlt das oben Gesagte von den Stickern die ihr Gewerbe I H 'd t'<br />

b t "L 'a s auslU US 1'18<br />

.e rel en ~~d rast Tag und Nacht ihrer Arbeit obliegen; ehenso bei Lüderhcht'~.<br />

bel rnnkern oder sonst ausschweifenden L euten Ab b'<br />

zu eInem gewissen Grad i t b . .' magerung 18<br />

diese bei solidem Leben u:d e;s::gehenden , Stl:kern Regel; doch bleiht<br />

gerke;t der Leute hindert n' h~ d d~, ConstltutlOn statIonär und die Mahindurch<br />

abHegen können lC 'I ass Ie~elbeD i,hrem Berufe oft Jahrzehnte<br />

abgeht.<br />

,zuma wenn Ihnen eIDe gehörige Nahrnng nicht<br />

N.ben der Abnahme an R" ,<br />

Müdigkeit machen sieb b' orpergewlcht und dem Gefühl anhaltender<br />

E l' . , angehenden SI' k h<br />

rsc Hnuungen sehr gewöb r h b ,IC er n noe ein Pan.r andere<br />

bekannt sind und die A 'b n,;c b emel'khch, die den Arbeitern sehr wobl<br />

der I k t e, ge er oft veranl d<br />

1e crpl'ofession abzuratben E ' a~Ben, an jungen Leuten von<br />

Adtbes?,uotb, n .,'zklopfeu, NaaenbIu! 8 s mN~ dl ~s: Stechen auf der Brust,<br />

as ,teehen b ' d en. ur In m'" G<br />

61 eu meisten angeb d' asslgem rade scheint<br />

sl~('hu~? ,veist hier und da die h eD 'ken ,StIckern aufzutreten, Die Unter-<br />

Ieurllls nach d' I P YSI ahschen Sy t '<br />

macht I ,Je ,se ten VOn grosa6r Bed ,mp Ome eIner trockenen<br />

. . n der welt überwiegenden 1:.1 h eut.ung WIrd, nuer öftere Recidiveu<br />

un d es ,md ver thl' h e I'zahl der F " 11 '<br />

' " WU IC Dur Muskel h a e 1st nichts zu finden<br />

COD t IDwrhchen A t sc merzen d'<br />

l1S rengung gewisser M k'l ' le von der übernülssigen<br />

ua e gruppen herrübren. lEer und<br />

.,<br />

..,<br />

"'J<br />

d/l freilich sind sie die Vorboten tuberculöser Erkranknng der Relpiiltioa ..<br />

ol'gane - dieser von allen Beobachtern am übereinstimmenoeten als eine<br />

die Sticker ganz besonders häufig befallende be,eichneten Krankheit. .Der<br />

Sticker wird schwindsüchtig", berichtet ein sehr hervorra!!ender, mit der<br />

Stickerei wohlvertranter Arzt, >I unrl es ist ein Jammer, welche :.\fengeD tu·<br />

bercu]ösel' Sticker beim Arzte aufmarschireo, Es sind vorzugswei.e zwei<br />

Gruppen: die Lumpe, welcbe ibren Lohn mit Venus und Bacchus durchbringen<br />

und gewissenhaft Blanen machen und die sehr soliden, einstuhligen<br />

Familienväter und haushälterischen Leute , welche nach zehn Jahren einige<br />

1000 Francs in der Spare"sse hahen, aber 16 bis 18 Stunden arbeiten und<br />

rasch zu Grunue gehen, Die regelmässigen Stickel' der Fahrlken sind weit<br />

besser darmI. Schlimm steht es mit denen, die schon im 16" 17. J/lhre<br />

anfangen; auch mit solchen, die früher Danern gewesen." - Wenn vereinzelte<br />

Stimmen behaupten, d ass auch bei anderen Berufsarten die Lungenschwindsucht<br />

grössere Verhreitung gewonnen und dase kein Unterschied<br />

zn Ungunsten der Sticker best ehe, scheint mir diese abweichende Ansicht<br />

darin ihren Grund zu haben, d ass di e Betreffenden unter einer öconomisch<br />

günstig situirten, reichlicher Nabrung und guter Wohnung sich erfreuenden<br />

Sticker bevölkerung ihre Erfahrungen gesammelt, Die Anschauungen der<br />

Mehrzabl der Aerzte scheint eben in den in früheren Abscbnitten mitgetheilten<br />

Zahlen eine allzu unwiderlegliche Bestätigung zu finden,<br />

Was di e anderen, hei den Stickern vorkommenden Lungenkrankbeiten<br />

betrifft, constatirt schon ein Gutachten der St. Gallischen Aerztegesellscbaft<br />

vom Jahre 1879, dass zwar die cat.,,-rhalischen Erkraukungen in grosseI'<br />

Zahl vorkommen, dass sie aber in der industriellen Beschiiftigllngsw.ise<br />

entschieden nicht ihre Ursache haben, Schwerere Erkrankungen der R ..<br />

spirationsorgane, wie Pneumonieen, Pleuritiden ete. bezeichnet es als selten,<br />

:vas auch ganz mit den mir zugegangenen Angaben der Kr/lnkeneass.n<br />

ubereinstimmt. Diesen zufolge beträgt die Zahl der Krankheiten der RespIratIOnsorgane<br />

bei den Stickern 24 Proc. aller Krnnkbeit.frille und die Kraokheitsdaner<br />

beträgt durchschnittlich per Fall 21 Tage. Auch eine Notiz ao.<br />

Appenzell a, R. scheint die relative Seltenheit anderer scl'\l'erer LungenkrankheIten<br />

als Lungenschwindsucht, zu bestiitigen, denn 1876 bis 1~79 starben<br />

~on einer dnrchschnittlichen Zahl von 4840 Stickerei8rbeitern nU!' 12, somit<br />

J8hrlich nur 3 an solchen.<br />

Ganz auffallend häufig leiden die Sticker an Krankheiten der Ve~dauungsol'gaue,<br />

die in den Listen der K""nkeucasseu fürs Jahr 1880 IWt<br />

26 P"OO. der ges8mmten Erkrankungen figuriren uud wit einer durchs~hnittlichen<br />

Dauer von 18 Tugen, Das oben angeführte Gutachten stüute<br />

s~cb Sogar auf eine Zusammenstellung aus der 38 Peoc. sich ergahen.<br />

c.<br />

•<br />

SInd, ., tli h<br />

n il mel,st acute und chronische Mngencat8rl'he, deren. ausse1'Gl'den<br />

n. ungkclt VOn alleu Seiten hervorgehoben wI~d, w"bel .hald d~ .tele<br />

"uchen der Arbeiter bald UomüsslgkOlt, weDlger 10 Sp.,8eD als Im Gel'llnk<br />

t •<br />

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t' 1 ....'th'DII'.IIj"'.~<br />

0, grobe F ehler in der Erllührung, dIe Haltung e!c. a s }<br />

d ',8che, Momcnt hervorgeboben werden. Letzterer ist ohne Z ..'ejj81<br />

.. le b" I\.UIl8'e, " hier und da von Diarrhöen untel'broohene, Olbsltip,.ticlIl'"<br />

·.UZ.<br />

wOhl sC b<br />

,"elben<br />

'<br />

uud auch clie häufig vorkommenden<br />

lliiIDo:rr!,o'd@<br />

dIeser Ursache ihre Entstehung.


44<br />

, d C' I tionsorgnne sind merkwürdiger Weise in<br />

D' Krankh61ten erlrcu a hl h<br />

'" d C ' mit 1'4 Proc vertreten, obwo man nnc<br />

d I, hnlisten er as.en nm ' fi k' 'h<br />

,'0 "ao R' I' ten auf eine relativ grosse Tbu gelt I res<br />

d A naben der ecrut1rungs ,. F<br />

"0 n~ "<br />

Y k<br />

LI' 11 n Auch die beträchtliche ' requenz der<br />

mm('llS batte sCu \essen so e . . d' h<br />

01' 0 kh u trI' denen die Muskelrbeumahsmen le ervor-<br />

Muskelkran . e,teu , uu r II ) 'd'<br />

ragendste<br />

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Rolle sp"<br />

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on so<br />

II<br />

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(10'8 Proc aller lüankheits ä e<br />

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,SOWie<br />

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• b" t' t d' e erwähnte V ermnthnng, da acute l' euma ISC e<br />

Thatsnche egUlls 'g en , "h I' h h " fi '<br />

L€'l,lE'n . 10 , me 'h l'erell St . Gallischen Bezirken ganz nngewo . n IC<br />

. h au 6 g Val- '<br />

E' I \erzte bebaupten freilich, dass trotz d,esem NiC t gun ren<br />

kommen. 'luze oe, . I' h h" fi k e<br />

nllf den Krnnkenlisten, Herzfebler bei den Stickern ~,.m 'c an g vor omm n,<br />

~icbt gering scheint die Zahl d~r Krankheilen der Geschlechtsorgane<br />

bei den Stickern zu sein. Selbst amtliche Benchte sngen ausdl'uchlICh, dass<br />

in einzelnen Gegenden viel häufiger Fälle von ~yphilitiscl:er Erkrankung<br />

beobacbtet werden, seit die Stickindllsb~e allgememe Verbreitung gefunden;<br />

so namentlich in St, Gallen und Umgegend, Es ist aber wob I zu berücksichtigen,<br />

dass die emporbliibende neue Indnstrie eine Menge fremder,<br />

einzeln lebender jung.r Arbeiter beiderlei Geschlechts herbeigelockt hat und<br />

dass wohl diesem Umstande am meisten das Ueberbandnehmen der Syphilis<br />

z8znschreiben ist, Diese soll übrigens in gleicbem Maasse auch bei den<br />

anderen Berufsarten bänfiger geworden sein, Soviel wird allerdings zugegeben,<br />

dass Gonorrhöen, sexuelle Erschöpfung bei den Stickern, Uteriucongestionen,<br />

.Ienstrnationsstörungen aller Art, Fluor albus bei den Fädlerinnen<br />

etwas sehr Gewöhnlicbes sind und dass bei dem engen Verkehr der<br />

ersteren mit den von ibnen abbängigen letzteren geschlechtliche Excesse<br />

gar nicht selten vorkommen.<br />

Von anderen Krnnkheitsgruppen fällt für unsere Aufgabe kaum eine<br />

andere nocb besonders in Betracht, als die Augenleiden, Es ist bereits<br />

früher mit Zahlen belegt worden (8, 278), dass dieselbeu bei den Stickern<br />

weit seltener ein Grund der Dienstuntauglichkeit sind, als bei anderen Berufsarten,<br />

Die Angen der Sticker werden allerdings stetig und in hohem<br />

},!assse b enn~prucbt, aber es ist sowobl die Beleucbtung der Sticklocale in<br />

der Regel eme, sehr gut,e 1 als auch die Distanz der stets im Auge zn<br />

beb~lt.nden Zeichnung eIDe derartige, dass die Augen nicbt ernstlicb gescbadlgt<br />

W~~d6n. Anders bei den Fädlern. Hier sind .A.ccommodationsstörnnr~'<br />

Schwache der Augen und leichte Conjunctiviten etwas sehr Alltiig'<br />

n 'c eBs, w'heballekBeobaebter übereinstimmend zugeben, Dasselbe bericbtet<br />

r, usc ee aus Plauen im V 'gtl d d<br />

sne h nugen u -b' er dleG S dh 't d' 01 an e, er sehr einlässliche Unter-<br />

dortigen zahlreiche ;,,~~ k~' dun lnsbesondere den Zustand der Augen der<br />

schulen 5'4 P u b<br />

a k<br />

er ,1D er anstellte, Er faud in den dortigen Volksroc.<br />

me r urzS1chbg K' d<br />

Niebtfiidlern und h d e 10 er unter den Fiidlel'n, als unter den<br />

aue an an eren Krankh't d A d<br />

Fädler währeud sie b' '3 el en er ugen litten 3'1 Proc, er<br />

Er eonstatirle<br />

'<br />

eine u<br />

nur e,<br />

_<br />

1 Proc<br />

.<br />

der N' btf"dl h '<br />

IC Il er uac ZUwelS6n waren.<br />

m 80 grosscre Zunah d K ' , ,<br />

Zeit sich die Kinder m"t d F"d ~ me er ul'zslchtlgkelt, je längere<br />

em 'n ein be h"ff t h<br />

lich, d.ss 11'5 Proe derF'·dl -b b sc a 'I: aUen und ermittelte elld-<br />

, 'a er u er an pt übe E fi dl' bk ' 8<br />

lD den Augen sicb bekl 'I' r mp u l C e't und cbmerz<br />

, agen, < mgegen fin 1 t h '·b" d<br />

mit dem, WaB icu in Erfab b ce aue er I u eremshmmeD<br />

d rung ge I'acht dass k 'h I '<br />

en u&C'hweislicb durch dieB h"f' ' . aum Je se werere Augen elese<br />

a tJgung mIt Fädeln hervorgerufen werden.<br />

\<br />

45<br />

Wenn wir das Angeführte nocbmals überblicken, so kommeD' wfr maeifelhaft<br />

zn dem Scblnss, dass eine Schädigung Von Gesundheit ud<br />

zW S'k'bh'<br />

Kraft der mit, der bc erel, esc äfbg,ten Bevölkerung vielfach stattg~fDDden<br />

bat, dass iDsbesondere d,e Jngendlichen Arheiter in ihrer körperlicheu<br />

Entwickelung durch dies~ industrielle Beschäftigung schwer beeinträchtigt<br />

worden sind, dass auch d,e LungenschwlDdsncht nnter den Stickern eine 80<br />

grosse Verbreitung gefunden hat, wie nnter clen Angehörigen wenig anderer<br />

Industriezweige, Fragen wir nach den Ursachen dieser Erscheinung r 80<br />

kommen wohl allerlei begünstigende Momente in Betracht, aber an Bedeutnng<br />

überragt sie alle Ein einzelnes, die Schwere der zu leistenden Arheit,<br />

die Störung, welche Circnlation nnd Respiration durch die erforderliche<br />

Haltung und Bewegung erleiden. Um diese Behaupttmg, die zwar oft,<br />

namentlich von den Stickern selbst angefochten wird, zn hegründen, mag<br />

mir gestattet sein, hier nochmals auf die früher gegebene Schilderung der<br />

Functionen der Sticker zu verweisen nnd einige Details zur Unterstützung<br />

meiner Anschauung neu anzuführen,<br />

Die Arbeit der Sticker zerfällt, wie früher erwähnt, in mehrere l\


40<br />

. . d' A·b 'tsleistung bei der Drehung der Kurbel,<br />

d ·mgcr l~t 18 1 el . . .<br />

Bedenten ge, I P t grapben Bei ersterer neIgt Jewellen<br />

b . cl • Führung lOS an 0 •<br />

ganz JUtullO CI ('I • "b . wenn die I{w'bel nach abwärts ge-<br />

Ob k',rper etwa!! 'VOI nu er I<br />

B<br />

der g:mz e er c. .' d Lf wenD sie die umgekehrte ewegullg<br />

' .1 d TIchh,t fHeh ,ne er al , .<br />

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