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Wartmann (1887) - Swiss Embroidery

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INDusrrRIE UND HANDEL<br />

DES<br />

1867-1880.<br />

HERAUSGEGEBEN VOM KAUFM. DIRECTORIUM IN ST. GALLEN.<br />

BEARBEITET<br />

VON<br />

DR. HER MAN N WAR T MAN N<br />

AC'l'UAR DES RAUFM. DTRRC'I'ORIUMS.<br />

--7i 1YLIT TABELLEN UND KAR'l'EN. ;~-<br />

ST. GALLEN.<br />

IN COMillISSION BEI HUB E R & C~, E. (E. FEiIR).<br />

<strong>1887</strong>.


4<br />

des kaufmännischen Directoriums, welcher bei allen statistischen Zusammenstellungen<br />

und Ausrechnungen mit nie ermüdender Geduld die<br />

l-In,uptarbeit getan hat, 1)<br />

Dass es sehr wünschenswert gewesen wäre, unsere Betrachtung<br />

auch noch andern Seiten des wirtschaftlichen Lebens zuzuwenden und<br />

die Erscheinungen auf dem Gebiete des eigentlichen Gewerbes, der<br />

Landwirtschaft, des Verkehrswesens in ihren Kreis zu ziehen, hauptsächlich<br />

aber die Rückwirkungen der geschilderten industriellen und<br />

commerciellen Entwicklung unseres Kantons auf die ökonomischen<br />

und sittlichen Zustände seiner Einwohner viel eingehender zu verfolgen,<br />

geben wir bereitwilligst zu, Es lag Solches nicht bloss in<br />

unserem Plan, sondern es sind sogar schon einzelne Vorarbeiten dazu<br />

an die Hand genommen worden, Auch aus den Zahlenübersichten des<br />

letzten Abschnitts allgemeine Schlüsse auf die in vollem Gange befindliche<br />

Umgestaltung unserer Geld- und Creclit-Wirtschaft zu ziehen,<br />

hMte nahe gelegen, . Die Erfahrung hat uns aber darüber belehrt,<br />

dass auch auf diesem Gebiete eine Arbeitsteilung zweckmässig und<br />

nötig ist, und dass wir in verschiedener Beziehung alle Ursache haben,<br />

unsere Aufgabe nicht weiter zu fassen, als es unsere berufliche<br />

Stellung als Actum' des kaufmännischen Directoriums in St, G~tllen<br />

naturgemäss mit sich bringt und v erÜLngt , vVir müssen bitten, damit<br />

vorlieb zu nehmen,<br />

St, Gallen, den 28, Mtirz <strong>1887</strong>,<br />

1) Es ist dn,bei zu bemerken, dass für alle diese Zusanullenstellungen und Ausrechnungen<br />

noch eimml.l auf das urspJ'üngliche, teilweise eJ'gilllzte JVbterial zurückgegangen wurde, Ahweiclnmgen<br />

in den Zahlen des vorliegenden zusammenfassenden Berichtes mit den entsprechenden<br />

ZlLhlen der von dem Directorium herausgegebenen Jahresberichte sind da,hel' das Ergebnis<br />

diesel' nochmaligen, griincllichen Revision nach gleichmässig für die ganze Periode aufgestellten<br />

und durchgeführten Grundsätzen und dürfen nun wohl abschliessende Gültigkeit in Anspruch<br />

nehmen.<br />

An diesel' Stelle mag auch noch bemerkt werden, dass wir bei Entwerfung der grossen<br />

Indu~trielmrte zuerst dip Höhenlage von 1000 Meter als obere Grenze der Industrie anzunehmen<br />

gedachten, dass uns clmm aber die höher liegende Ortschaft \'Vildhaus gezwungen hat, diest!<br />

Grenze auf' 4000 1-220<br />

1-212<br />

Allgemeine Lage, Zolltarife und HrxnclelsvertJ'äge, F'ctbJ'ikgesetz. 1- 84<br />

. Allge!neine Lage 1. Revision des französischen Zolltal'ifs 4. Erneuerung des Handelsvel'tl'ags<br />

II1lt Fl'ankl'elCh 11. Zollerhöhung in Russland 18, Erneuel'ung des Handelsvel'II'ags lI1it Italien 18.<br />

Neuei' östel'l'eichischel' Zolltal'if 25, Wandlungen dei' deutschen Zolillolitik 28. Neuei' deutschm' Zoll.<br />

tal'if 39, El'neuenmg des Handelsvel·tl'ags lI1it Deutschland 4.5, Revision des schweizel'ischen Zolltal'ifs<br />

50. Vorarbeiten 54. Erste Beratung des Entwurfs durch die Bundesversammlmw 62.<br />

Einführung erhöhter Finanzzölle 71. Zweite Beratung 75. Schweizerisches Falll'ikgesetz si<br />

Die einzelnen Zweige der Bawnwolliuclustrie , Seite 85-212<br />

Rohstoff 85, Silinnm'ei, Bestand 90. Mechanische Ei11l'ichtungen 91. Triebkraft. Heizung<br />

und Beleuchtung, Qualitative Production 92, Quantitative Leist.ung 95. Fabrikgesetz. Absatz 96.<br />

Gal'l1handel. Erträgnisse 97" Arbeitszeit 99, Löhne 100, Arbeiterwohnungen. Fabrik-Krankenkassen<br />

101. Fabrik - Sparkasse. Kleinkinderschule. Krippe 102. Haftpflicht, Statistik 103.<br />

Zwirnel'ei 104, Weberei 106. Dichte Weissweberei 106. Mous~elineweberei 108. Plattstichweberei<br />

1U. Buntweberei. Bestand 112. Mechanische Einrichtungen U3. Triebkraft. Heizung<br />

und Beleuchtung. Gal'l1bezug 114. Qualitative Production 115, QuantitlLtive Leistung. Fabl'ikgesetz<br />

U8, Haftpflicht. Absatzgebiete 119, Erträgnisse 123, Arbeiterverhältnisse 124. Arbeiterwohnungen,.<br />

Löhne 126, Kranken- oder lItHfs-Kassen 127. Statistik 129. Stickel'ei 'in Kettenstich<br />

(Grobstickerei). Bestand 130, Allgemeiner Geschäftsgang 133. Maschinen: einnadlige<br />

135, mehrnadlige 138. Qualitative Production: Yorhangstickerei 140, Oolonnen 142. Specialartikel<br />

143. Quantitative Leistung. Absatzgebiete 144, Geschäftsbetrieb 149, Erträgnisse<br />

und Löhne 150. Statistik 151. Maschinenstickel'ei. Wachstum und Verbreitung 153. Maschinen<br />

157, Schifllimaschine 160. Materialbezug 163, Qualitative Production 164, Quantitative Leistung<br />

167, 1


6<br />

. Seite 221--353<br />

BlWk in St. Gallen 222. St. Gallische Hypothelmrlmsse 230. Creditanstalt in St. Gallen<br />

234. Deutsch-Schweizerische Creditbank in St. Gallen 240. Handwerkerbank in St. Gallen 243.<br />

Sogen. Eidgenössische Bank, Comptoir St. Gallen 245. St. Gallische Kantonalbank in St. Gallen<br />

246. Bank für Appenzell Aussel'l'oden 268. Appenzell Aussel'l'odische Kantonalbank 270.<br />

H.heintalische Creditanstalt in Altstätten 275. Werdenbergische Spar- und Leih-Anstalt in<br />

Buchs 278. Spa,r- und Leih-Kasse l/If artau-Sevelen in Azmos 281. Creditanstalt Grabs' Sarga~serlä.ndische<br />

Spar- und ~eih-Anstalt in W,üenstadt 283. Leih- (und Spar-) Kasse de~ Seebezlrk~<br />

111 ~znach 286. L81hbank in Happerswil 287. ToggenbUJ'gerbank in Lichtensteig 289.<br />

Bank III l/lfll 293. Toggenburgerbank in Lichtensteig 289. Bank in Wil 293. Erspal'lliskassen<br />

2?8. Helvetia, allgemeine Versicherungsgesellsclmft 300. Helvetia, schweizerische FeuerverslCherungs-GesellschlLft<br />

307. Die Bilanzen der aufgeführten Geld- und Credit-Institute 312. SplLrkassen<br />

LIes Kantons St. Gallen in den Jahren 1866, 1880 und 1881 346.<br />

1.<br />

Industrie der Gewebe ..<br />

Die st. gallische BaurnW"ollindustrie.<br />

Allgemeine Lage. Zolltarife und Handelsverträge.<br />

Fabrikgesetz .<br />

.~~---<br />

. ~~ s ist heute nahezu ein J al1l'zehnt verflossen, seit wir unsern ersten Allgemeine r,age.<br />

~ Versuch einer neuern Industrie- und Handels-Geschichte des Kantons<br />

St. Gallen, d. h. wesentlich einer Geschichte der st. gallischen<br />

Baumwollindustrie und des Handels mit ihren Producten, zum Abschluss<br />

gebracht haben. Als das Endergebnis der ganzen, zur Darstellung gebrachten<br />

Entwicklung und aIs den eigentlichen Charakter der damaligen<br />

Lage bezeichneten wir für unsern Handel den dnrch die Verträge<br />

der Sechziger-J (1,hre eingeleiteten, allgemeinen Übergang von der Prohibition<br />

oder übermässigen Pl'otection zu einem freiern Verkehre, immerhin<br />

noch mit bedeutenden Einschränkungen; für unsere Industrie<br />

die Znrückdrängung von den ordinären Massenartikeln auf die nicht<br />

für den fabrikmässigen Grosshetrieb geeigneten Specialartikel im weitern<br />

Sinne des Wortes und die (braus hervorgehende Nötigung zu einer<br />

Veredlung ihrer Production. 1) Wir glaubten damals als sicher anneh-<br />

") Siehe Industrie und Handel des Kantons St. Gallen auf Ende 1866. In geschichtlicher<br />

Darstellnng. St. Gallen 1875; S. 472 ff. - 1m allgemeinen ist als Ergebnis der dortigen Untersuchungen<br />

festzuhalten, dass die Erzeugnisse unserer Baumwollindustrie zuerst in den europliischen<br />

Festlandsstaaten ihren ziemlich ungehinderten Absatz [[LucIen, dmm durch die Ausbildung'<br />

des Prohibitions- und Protectionssystems in den Ländel'll des Oontinents hauptsächlich auf die<br />

iiberseeischen Märkte angewiesen wurden, endlich durch die Handelsverträge sich neuerdings eine<br />

regelmässige Kundschaft für die Halbfabricate und wichtigsten Specialartikel in den meisten<br />

europäischen Staaten erwerben konnten, so dass die Bedeutung dieser Staaten für Ul1sern Handel<br />

wtihrencl der Vertmgsperiode wieder sehr wesentlich gestiegen ist.<br />

1


2 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Bal1111Wollinclustrie.<br />

men zu dürfen, dass sich die angedeuteten, eben zu vollem Durchbruch<br />

gelangten Strömungen noch für längere Zeit in den gleichen Bahnen<br />

bewegen und nach der gleichen Richtung weiter führen werden.<br />

In wie fern sich diese Annahme in Bezug auf die Industrie als<br />

richtig bewährt hat, wird sich bei der Betrachtung ihrer einzelnen<br />

Zweige herausstellen. Dass sich aber die Voraussetzung des weiteren<br />

Fortschreitens zu einem freiem internationalen Austausch der Producte<br />

in keiner Weise erfüllt, sondern in ihr gerades Gegenteil verkehrt hat,<br />

das wissen wir heute ohne jedes Besinnen.<br />

Indem wir nun danm gehen, jenem ersten Versuche eine Fortsetzung<br />

bis in die jüngsten 'rage zu geben, ist es unsere nächste Aufgabe,<br />

aus dem allgemeinen Ga.nge der Zeitereignisse die Ursachen dieser<br />

auffallenden Erscheinung klar zu legen. Denn für die unbefangene<br />

Betrachtung steht es wohl zweifellos fest, dass es keineswegs inneren,<br />

in der Sache selbst liegenden Gründen zuzuschreiben ist, wenn die<br />

meisten Staaten die mit mehr oder weniger Entschiedenheit eingeschla.­<br />

gene, dem Freilmndel zuführende Bahn verliessen, sobald der Ablauf<br />

der Verträge die Möglichkeit zu einer Umkehr gewährte. Ganz unberechenbare<br />

politische Ereignisse und Umwälzungen waren es vielmehr,<br />

welche die natürliche Entwicklung unterbrachen und mit ihren llllmittelbaren<br />

und mittelbaren Folgen einen durchgreifenden Einfluss<br />

auch auf die volkswirtschaftlichen Verhältnisse ausübten.<br />

Zwar hatten schon die lÜmdelsverträge, welche am 14. und<br />

2 2 . Juli 18 6 8 und mn 13. Mai 18 6 \) mit Österreich, Italien und<br />

Deutschland abgeschlossen wurden) uns keine oder nur unbedeutende<br />

besondere Begünstigungen gebracht, der zweite dieser Yerträge sogar<br />

eine durchgehende, wenn auch nicht bedeutende Zoll erhöhung auf<br />

sämtliche Baumwollfabricate. 1 ) Allein dem financiell so sclnver bedrängten<br />

und politisch immer noch unfertigen Italien konnte man es<br />

eben nicht sehr verdenken, wenn es durch mässig erhöhte Zölle eine<br />

') Vrgl. darüber a. a. O. S. ,107 ff., wo der Gang der Untcrlmmllungen mit Dcutschland,<br />

Italien und Österreich in Kürze dargestellt ist.<br />

Allgemeine Lage.<br />

Vermehrung seiner Einnahmen zu erlangen suchte; von Österreich<br />

hatte man nie viel erwartet, und Deutschland hatte gleich bei Beginn<br />

der Unterhandlungen erklärt, dass es sich im wesentlichen bloss um<br />

die Anwendung des neuen deutsch-französischen Vertragstarifs auch<br />

auf die Schweiz handeln könne, nicht aber um weitergehende Beo'ünstiguno'en<br />

h Man ist J' a bei uns daran g:ewöhnt, dass die kleine<br />

b e! ~<br />

Sclnveiz in der Regel durch solche Verträge nur nachträgliche Zulassung<br />

zu Demjenigen erhält, was die Grossen vorher unter sich ausgemacht<br />

haben, und durfte sich damals vollkommen bei dem Gedanken<br />

beruhigen, dass die ausgesprochenel'massen allgemein vorwaltende Absicht<br />

der fortschreitenden Erleichterung des internationalen Austausches<br />

von selbst auch für uns "yeitere Früchte zeitigen werde.<br />

Da brachte das Jahr 1870 den deutsch-französischen Krieg.<br />

Als derselbe am 10. Mai 1871 in dem Frieden von Frankfurt<br />

seinen Abschluss fand, hinterliess er auf lange hinaus eine schroffe Verschärfung<br />

der natiOlmlen Gegensätze, war da.s deutsche Kaiserreich wieder<br />

ersta.nden und das französische des dritten Napoleon verschwunden.<br />

An die Spitze der dritten französischen Hepublik trat Ad. 'rhiel's,<br />

der bereclteste Vertreter der rrheorie vom Schutze der nationalen<br />

Arbeit, mit Pouyer-Qnertier, dem Grossinclustriellen von Rouen, als<br />

Finanzminister .<br />

Gewiss wäre unter dem ersten Eindrucke der furchtbaren Niederlage<br />

und unter clem Einflusse der tiefen Erbitterung gegen die Sieger<br />

und gegen das gestürzte Kaisertum auch dessen eigenste Schöpfung<br />

der Handelsverträge c1ureh eine sofortige gründliche Umkehr .Frankreichs<br />

zum Schutz- nnd Abschliessnngssystell1 beseitigt worden, wenn<br />

die Männer der neuen Regierung freie H~tl1d gehabt und nicht die auf<br />

zehn .Jahre abgeschlossenen Verträge noch für längere Zeit eine N eugestaltung<br />

der internationalen Ha,ndelsbeziehungen verwehrt hätten. 1)<br />

'). Die durch den Krieg


lJl(lu~triu tlur UewelJl'. - Diu ,r,. gf\lli~cllU Ba\llllwollil1tlu~triu.<br />

Revision des frUrnzösischcn<br />

ZollhuHs.<br />

Bevor indes die ersten der von Napoleon IH. abgeschlossenen Hanc1elsverträge<br />

kündbar wurden, hatte schon allgemein wieder einG ruhigere<br />

Stimmung Platz gegriffen und waren Thiers und Pouyer-Quertier<br />

von ihren hohen Stellungen zurückgetreten. Und als es sich um die<br />

ersten Einleitungen zur Erneuerung der formell gekündeten Verträge 1)<br />

handelte, stand sogar ein dem Freihandel geneigtes Ministerium<br />

an der Spitze der Geschäfte,2) von d81Yl sich nicht bloss die ungestörte<br />

Fortdauer der bisherigen Beziehungen erwarten liess, sondern<br />

eine Weiterführung der im Jahre 18ßO angebahnten Erleichterungen<br />

des gegenseitigen Handelsverkehrs. Die grosse Mehrzahl der französischen<br />

Hanclelslmmmern spmch sich entschieden für Aufrechthaltung<br />

des Freihandelsprincips und Erneuerung der Verträge aus und<br />

nicht weniger der französische OberhandeIsrat (Oonseil superieur du<br />

Commerce et de l'Agriculture). Dieser war ganz mit dem Ministei'ium<br />

darüber einverstanden, dctss die zunächst vorzunehmende Revision des<br />

Genemltarifs, durch welche die Grundlage für die Unterhandlungen<br />

mit dem Auslande gewonnen werden sollte, im wesentlichen darin<br />

zu bestehen habe, dass der bisherige Conventionaltarif an die Stelle<br />

des bisherigen Generaltarifs gesetzt werde; unbedeutende Erhöhungen<br />

einzelner Ansätze des Conventionaltarifs wurden ausdrücklich nur<br />

verhmgt, um dem vorauszusehenden Begehren der fremden Unterhändler<br />

nach Zugeständnissen einigerumssen entsprechen zu können;<br />

und lediglich aus praktischen Rücksichten sollten die bisherigen, noch<br />

sehr zahlreichen Wertzölle in Gewichtzölle umgewandelt werden, eine<br />

Umwandlung, die auch von den meisten Hal1Clelslmmmern energisch<br />

empfohlen worden wal'.<br />

So schienen die Aussichten recht erfreulich zu stehen für die<br />

Eröffnung der zweiten Periode der Handelsverträge.<br />

Auch die ersten, vom "Comite consultatif des Arts et Mmmfactures"<br />

ausgehenden Vorschläge zur Umwandlung der bisherigen Wert-<br />

1) Der fmnzösiseh-schweizerische Vertrag wal' ftln 22. November 1875 llUr den 2'1. November<br />

1876 gekündet ,'{orden, wurdo clftl1ll aber immer wieder auf kurze Fristen verlängert bis<br />

zum Ahschlusse des nonen Vertrages im Frühjahr 1882.<br />

2) Leon Sn,y 1i'inanzminister, 'l'eis~on)Hc do Bort II


Illllustl'ie der Gewebe. -<br />

Die st. gitlliseho lhumwollillllustric.<br />

bende französische Crochetstickerei von der schweizerischen Concurrenz<br />

zu befreien und den Anfängen der Maschinenstickerei auf französischem<br />

Boden jedes Hemmnis aus dem VI{ ege zu räumen. 1)<br />

Im September 1876 hatte der Conseil superieur seine Aufgabe vollendet;<br />

das Ergebnis seiner Beratungen lag in dem Entwurfe zu dem<br />

neuen französischen Generaltarif vor. Der Bundesrat glcLubte daher<br />

mit der Einberufung einer besondern eidgenössischen Fachcommis­<br />

Slün zur Prüfung sowohl der Vorschläge für Umwandlung der ,Vertin<br />

Gewichtzölle, wie der sonstigen Vorschläge des Handelsrats nicht<br />

mehl' zögern zn sollen. Am 1. December trat diese Commission, 27 Mann<br />

stark, in Bern zusammen und teilte sich sofort in drei Sectionen: 1: Section<br />

für Gewebe und Maschinen 2); 2. für Uhren, Bijouterie, Mnsikdosen,<br />

Präcisionsinstnunente; 3. fLir die übrigen Artikel; und jede der<br />

drei Sectionen arbeitete ein besonderes Gutachten ans zur Wegleitung<br />

für die schweizerische Gesandtschaft in Paris und die ihr beizugebenden<br />

Fachmänner bei den, wie man glaubte, demnächst beginnenden<br />

Verhandlungen mit den höchsten französischen Behörden.<br />

Die erste Section ermangelte nicht, in ihrem Gutachten nachdrücklichst<br />

auf den gmlZ bedeutenden Rückgang der Baumwollpreise seit<br />

Anfang der Sechziger-J ahre aufmerksam zu machen, so dass schon die<br />

Beibehaltung der gleichen Ansätze einer Zollerböhung gleichkomme,<br />

und deswegen auf Grund genauer Berechnungen den bisherigen An-<br />

1) Die V orschHlge des Comite commltatif (Berichterstatter für Dlwlllwollgewebe<br />

Präsidcnt der Pftriser Hanelelslmmmer), huteten:<br />

1. Gestickte Moueseline-Vorhänge; roh Fr. 1. 70 pr. K. (bisher 10 %)<br />

2. gebleicht 2. - ( 10 0 jo)<br />

3. " 'l'üU-Vorhänge 4. -- ( 150.'0)<br />

4. lYIaschinen- und Handstickereien 4. (10°.'0)<br />

5. Brocllirte J\!Iousseline, roh 1. [,5 ( 10 0 jo)<br />

6." gebleicht " 1. 70 ( 10 0 jo)<br />

G.lioy,<br />

Die VorBchHige des ConBeil superie\1l' (Berichtersüttter für Bftumwolle F. lin onl-Duvlü)<br />

lieBsen dcn Unter~chicd von ,.roh" und "gebleicht" fallen, mthmell tbgegen für die Monsseline-V 01'­<br />

lülng'e denjenigen von ,.Stückware" und "itbgepltsst" ituf und sehten tlen Zoll filr die erstem<br />

auf Fr. 1. 95, f'iir die lebltel'll lmf Fr. 4. 0.5, für '1'üll-Vorhänge auf Fr. 6. 75, für J\!h\schinenund<br />

Hltndstickereien mü' }


8<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollindnstrie.<br />

der französische Handelsminister unter dem 5. Februar 1877 zu der<br />

ausdrücklichen Erklärung herbei: dass der Generaltarif - für welchen<br />

die Vorschläge des Oonseil superienr ja berechnet vmren - diejenigen<br />

Staaten nicht betreffe, die mit Frankreich im Vertragsverhältnis stehen;<br />

dass die gegenwärtige Situation a,ls Ausgangspunkt für die U ntel'­<br />

handlungen anzusehen und die UnlVvandlung der Wert- in Gewichtzölle<br />

"bona fide und contradictol'isch" vorzunehmen sei. Das tönte<br />

freilich recht beruhigend und schien volle Gewähr dafür zu bieten,<br />

dass seiner Zeit den schweizerischen Fachleuten unparteiische und<br />

gebührende Mitwirkung bei der endgültigen Festsetzung der umzuwandelnden<br />

Ansätze eingeräumt vyerde. Mehl' konnte und wollte man<br />

nicht verlangen. Die französische Regiernng verpflichtete sich auch<br />

förmlich auf jene Erklärung; indem sie den Bundesrat ermächtigte,<br />

der Bundesversammlung von deren allgemeinem Inhalte Kenntnis zu<br />

geben, als es sich um die Beteiligung der Schweiz bei der Weltausstellung<br />

von 1878 und die Bewilligung der hiefür erforderlichen<br />

Oredite handelte. 1)<br />

Die Erhöhungen des Oonseil supeneur auf unsere Artikel wurden<br />

nun vorläufig unter diejenigen gerechnet, welche die besondere<br />

Bestimmung hatten, den französischen Unterhändlern die Mittel zu<br />

unschädlichen Ooncessionen zu geWähren und allzu weit gehenden Zumutungen<br />

für Zollreductionen entgegen zu treten. 2) Doch verschwand<br />

das Misstrauen gegen die volle Loyalität des französischen Vorgehens<br />

nach dem eben erlebten Vorspiele nicht gänzlich.<br />

IN ährend man aber an dem Vorabend des Beginns der wirklichen<br />

Unterhandlungen zu stehen glaubte, kam in Frankreich selbst eine Reihe<br />

der heftigsten politischen Kämpfe zum Ausbruch, 'welche die Aufmerkheftigsten<br />

Angriffe und IGtmpfe gewesen sind. - N oben den Gutachten der g'rossen eidgenössischen<br />

C0111mission giengen übrigens vorher und nachher zahlreiche Eingaben von Kantonsreg'ierungen,<br />

Handels- und Inclllstrievereinen und Privaten ein, welcho das Hn,ndelsclepal'tement<br />

fih' die Unterhändler im Auszug zusammeustellen und durch den Druck vervielfältigen liess.<br />

') Botschaft des Bundesrates übel' den am 23. FebnUtr 1882 mit Fmnkreich abgeschlossenen<br />

Handelsvertrag, Bunclesblatt 1882, 1. 534 f., und Botschaft des Bundesrates übel' die Beteiligung<br />

der Schweiz an der Pariser vVeltausstellnng von 1878, Bundesbl>\tt 1877, 1. 454 f.<br />

2) Siehe oben S. 4.<br />

samkeit für längere Zeit gänzlich von diesen Zollfragen ablenkten. Es war<br />

das Jahr des Gouvernement du Oombat und der Staatsstreich-Projecte.<br />

Erst der 1 ß. December brachte die lösende Krise und damit dem La,nde<br />

die Möglichkeit, wieder ruhig seinen friedlichen Aufgaben zn leben. Am<br />

10. März 1878 legte das Ministerium endlich den Entwurf zu dem<br />

neuen Generaltarif der K


10 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

würde, sah die Kammer der Depntirten sofort ein und fühlte sich<br />

daher gar nicht veranlasst, der kühnen Phantasie ihrer Commission zu<br />

folgen. Das Ergebnis ihrer Debatten, die vom 31. Januar bis 4. Juni<br />

1880 GO Sitzungen ausfüllten, stellte vielmehr für den ConventionaltcLrif<br />

im allgemeinen wenigstens die Beibehaltung der bisherigen Situation,<br />

wenn auch keinen Fortschritt in freihäncllerischer Richtung in<br />

Aussicht. Daran änderten ~mch die Anstrengungen des hochschutzzöllnerisch<br />

gesinnten Senates nichts mehr, und damit musste man am<br />

Ende zufrieden sein, angesichts des inzwischen eingetretenen offenen<br />

Übergangs zur Schutzzöllnerei in den andern continentalen Industriestaaten.<br />

1).<br />

Wenn wU' indes soeben gesagt haben, dass der neue französische<br />

Generaltarif im allgemeinen für den Vertragstarif die Fortdauer des<br />

bisherigen Zustandes erW~Lrten liess, so bildeten leider gerade die Feinweberei<br />

und Stickerei eine Ausnahme hievon. Für sie waren Ansätze<br />

stehen geblieben, die den frühern Verdacht eines absichtlichen Ausschlusses<br />

ihrer Producte bei Anlass der Umwandlung der Wertzölle 111<br />

1. Plumetis et Gazes fa90nnes 20 % V. \,V.<br />

2. Rideaux: pesant moins c1e 10 k. aux 100 m 2<br />

plus c1e 10 k. aux 100m 2<br />

de tune applieation, de grelUldine, de<br />

tulle brode<br />

2. Mousselines brochees ou brodees lIU crochet, pour<br />

ameublement ou pour vetell1ents (eernes)<br />

4. Broderies fL la mllin ou fL la m8canique:<br />

ell coton<br />

pr. K.<br />

Fr. 2. 50<br />

G.<br />

10. ---<br />

en soie " 20. -<br />

Der Mann, der diesen Ansätzen zu Gevatter stand, war der Deputirte JilI. Meline. Seiner sehr<br />

eingehenden Berichterstattung kann grosse Sachkenntnis nicht abgesprochen werden; WlLS er aber<br />

der COl1lll1ission zu bieten wagte, mag zur Genüg'e aus der einen Behauptung hervorgehen: dass<br />

in der Schweiz 100 Stiche mit 10-20 Rp. bezahlt werden, in Frankreich mit 27-45 Hp. -<br />

C0111ll1ission du Tarif general des Douane8, Proces-Verballx des Se:1nces p. 1024,.<br />

1) Auch die Comll1ission des S8Imts begmm ihre Arbeit mit einer" Untersuchung liber<br />

die Leiden des Handels und der Industrie und die Mittel zu deren Abhülfe"; natürlieh um<br />

diese Abhülfe in prohibitiven Schutzzöllen zu finden. D:1s Procluct ihrer Arbeit gelangte vom<br />

14. Februar bis 24. März 1881 in dem Semet zur BohancUung. Die Kammer beendigte ihre neue<br />

Beratung des vom Senate modificirten 'l'lIrifs am 2. April und der Senat tmt ihren :ßiIodificationen<br />

am 8. April bei, womit die F'mge erledigt und die Grundlage für die Untel'hancllung'en<br />

mit dem AusllLnde gegeben wal', da die sonst übliche zweite Bemtung der Gesetz8WOl'­<br />

schläg'8 durch die Erklärung der Dringlichkeit für (llIs Zollgesetz weg·fit'l.<br />

9.<br />

3. 25<br />

Erneuerung' des Hltndelsvertmg's mit Fmnkrcieh. 11<br />

Gewichtzölle zur vollsten Gewissheit erhoben. 1) Und dem entsprach<br />

auch der Gang der Special-Unterhandlungen über die Erneuerung des<br />

Handelsvertrags von 1864, welche endlich, am 1. September 1881,<br />

ihren officiellen Anfang nalmlen.<br />

Einverstanden war man zum vOl'neherein darüber, dass die neuen<br />

Vertragstarife nur diejenigen Artikel umfassen sollten, welche in der<br />

gegenseitigen Einfuhr beider Länder eine wichtige Rolle spielen; die<br />

übrigen Artikel wollte man nicht mehr binden, um sich freiere Bewegung<br />

bei den Unterhandlungen mit andern Staaten zu sichern. Von<br />

französischer Seite wurde als Grundlage für den französischen Vertragstarif<br />

der neue Genentltarif mit einer Reduction von 24 % auf den<br />

meisten Fa,bricaten vorgeschlagen; diesel' neue Generaltarif war aber<br />

in der Hauptsache der alte Vertragstltrif mit Zuschlag eben diesel'<br />

24 %.2) Der VOl'schhtg Frankreichs kam daher factisch anf Belassung<br />

der bisherigen Eingangszölle heraus, soweit sie Gewichtzölle gewesen<br />

waren oder eine billige Umwandlung in Wertzölle erfahren hatten.<br />

Die Schweiz versuchte dem französischen Generaltarif den Entwurf<br />

eines neuen Zolltarifs gegenüber zn stellen, welcher im Jahre 1878<br />

aus der ersten Beratung der Bundesversammlung hervorgegangen wal'<br />

und a,nf zahlreichen Artikeln wesentlich französischer Einfuhr Erhöhungen<br />

der bisherigen Zollansätze aufwies. Es war denn doch nur natürlich,<br />

dass Frankreich, wenn es von sich aus in der Hauptsache die<br />

Fortdauer der Ansätze von 1864 anbot, VOll der Schweiz das Gleiche<br />

verlangte und bei der doch sehr starken schutzzöllnerischen Strömung<br />

1) Diese sehliesslichen Ansätze waren:<br />

Gewebe unter 3 k. lIuf 100m 2<br />

Mousseline brochee Oll broclee au croehet pom ameublements<br />

ou pour vetements<br />

Plumetis et g'lLzes fa\10nne8<br />

Ricleaux dll lllousseline brodee, non encaclres, pesant<br />

moins cle 10 k. aux 100 m 2<br />

Hic1e~ulx de mousseline bro(18e, non encadnJs, pesant<br />

pr. K.<br />

F'r. G. 70<br />

" 3. GO<br />

" 6. 20<br />

10 k et plus, et enclldres G.<br />

llideanx de tune appliclltion, de g'remtdine, de tune brode 9.<br />

Broderies ,11ft lllain on fL hl lllecanique " 8.<br />

2) Diese ttutt'lLllencle ZifFer rührt dtther, dass die französischen Industriellen die innol'll Abgllben,<br />

dip durch die Ans~Lt7,e tles GCl1era.lt.arifs ausgeglichen werden sollten, auf 20--24 % berechneten.<br />


12 lndnHtriu ,ler UewülJl'. - Dip Ht. galli~che lhLlIlll wollill


Il1lhd,rie dur Gewebe. - Die ~t. g~dli~che BltlllllWollimlustrie.<br />

Wein zolls auf Fr. 3. 50 abhängig genmcht werden müssen. Während<br />

nun Herr Droz hierüber mit dem Bundesrate correspondirte, trat Rouviel'<br />

mit dem Ministerium Gambetta vom Schauplatz ab, so dass sich<br />

die schweizerischen Unterhändler nach Eingang der zustimmenden Antwort<br />

von Bern neuen Persönlichkeiten gegenüber sahen: dem Ministerpräsidenten<br />

Freycinet und dem Handelsminister rrirard. Beide erschienen<br />

in der folgenden Sitzung vom] O. Februar und bea,ntworteten· die<br />

eventuelle Annahme des Weinzolls von Fr. 3. 50 durch die Schweizer<br />

zu deren grösstem Erstaunen mit der Erklärung, dass als Gegenleistung<br />

für diese Concession keineswegs eine weitere Herabsetzung des französischen<br />

Eingangszol1s für Stickereien, sondern für die anclern vorbehaltenen<br />

Artikel in Aussicht gestellt worden sei. Alle möglichen<br />

Gründe für und wider wurden noch einmal vorgebracht, bis Herr DroZl<br />

der unerquicklichen Discussion dmch die kategorische Erklärung ein<br />

Ende machte: dass der VertnLg nicht unterzeichnet werde ohne eine<br />

weitere Entlastung der Stickereien als Preis für die Herabsetwng des<br />

schweizerischen 'Veinzolls.<br />

Es folgte eine kur'l;e Unterbrechung der Sitzung und darauf endlich<br />

sehr ausdrücklich als lftztes vVort 1) der französische V Ol'schlag:<br />

Fr. 4. 50 französischer Eingangszoll auf schweizerische Maschinenstickereien<br />

gegen Fr. ß. ;)0 schweizerischen Eingangszoll auf französische<br />

Weine. Herr Droz behielt sich den Entscheid des Bundesrates<br />

auf diese letzte Proposition vor.<br />

Es konnte um so eher zugesagt vverc1en, als inzwischen die lVlaschinenstickerei<br />

sich durch technische Fortschritte ganz neue Gebiete<br />

erobert und den Durchschnittswert ihrer Prodnction im Vergleich zu<br />

den Zeiten der VonLrbeiten für die Unterhandlungen bedeutend gehoben<br />

hatte. :Für alle übrigen ge8tickten und hrochirten Gewebe wal'<br />

') ,,1\IL le Presidellt (Minister b'reycinet) declal'c qll'au point, 011 en sont ~lrl'lVeeS le~<br />

ncgociations, de nOllVCFLUX pourparlcrs ]je snuraient modifier LL clccision du GOllvernemcnt frfLll­<br />

",ais sm cd.te (1Uestion. Aus,'i, en tonte lOYl1Ute et avec tOllS les cgards dus lL une Fllissance<br />

lllllie, demFLllcle-t-il au GOllvcrllllment füclem,l ,1e bien se puncher do lrt pensec, qn'il se tl'OU VB<br />

en pl'esencc du ,1crnicr mot (le ht F'l'illlCe". Texte ct 1'I'oc('s-verJml1x des Oonf'erences, p. 295.<br />

Erncucrung dcs Ham1elsvBrtl'


1ti<br />

Indu~tric der Gewehe. - Die At. g',lllischc Baumwollinc1nstrie.<br />

schüren, Zeitungsartikel und Erklärungen jeder Art,l) um die Mitgliecler<br />

der Bundes" Versammlung und die öffentliche Meinung für<br />

diese oder jene Ansicht zu gewinnen. Auch in den Commissionen<br />

der Häte fanden beide Ansichten ihre Vertreter. 2) Aber es darf wohl<br />

1) Auch das Directorium erliess nntenn 31. März eine öffentliche Erklärung des Inhalts,<br />

dass es die Nachteile, welche der Vorlmngstiekerei ans der Genehmignng des Vertrags erwachsen<br />

werden, im höchsten Grade boeburo; dennoch aber mit aller Entschiedenheit für die Genehmignng<br />

eintreten müsse, weil die weit überwiegenden Interessen der Maschinenstickerei es unbedingt<br />

ratsam erscheinen lassen, da<br />

1. der Gewichtzoll von Fr. 4. 50 die Fortehmer der im lebhaftesten Aufschwung begriffenen<br />

Beziehungen zu Frankreich nicht unmöglich mache;<br />

2. die Verwerfung des Vertrages und eine auch nUl' zeitweise Unterbrechung der jetzigen<br />

Beziehung'en zu Frankreich unfehlbar eine bedeutende Ausdehnung und Stärkung der<br />

fmnzösischen lVIaschinenstickerei und damit eine bleibende schwere Schädigung und Gefährdung'<br />

unS8rer wichtigsten Landesindustrie ZUl' Folge hätte;<br />

3. überdies nach dem ganzen Gang'e dcr Unterhl\l1dlungen leider nicht anzunehmen sei,<br />

dass neue Verlmncllungen für die Stickerei zu bessern Bedingungen führen würden, von<br />

einer Verlängerung des bisherigen Vertrags aber oder des status quo über den 15. lVIai<br />

hinaus, nach den wiederholten kategorischen Erklärungen Frankreichs ernstlich gar<br />

keine Hede sein könne.<br />

2) Die Opposition in der nationalrittlichen COlumission stand unter der Führung des Herrn<br />

Dr. Simon Kaiser, dessen lVIinderheitsg'utachten Vertntg' und Unterhändler in einer Tonart angTiff,<br />

welche 8ich I-Ierr Bundesrat Droz nm aus dem Sprichwort erkHtren konnte: "Le style<br />

c'cst l'holllme". Aus den weitläufigen Ausführungen des Herrn Kaiser treten hauptsächlich folgende<br />

Einwendungen gegen die Genehmigung hervor: der Vertrag ist t'ol'llwll verfltssung'swidrig,<br />

weil 1. bis zur endgültigen Feststellung eines neuen schweizerischen Zolltarifs, an dem<br />

[111e verfassungsmii.ssigen Factoren mitzuwirken haben, Verträge mit Conventiomtlütrifen gar<br />

nicht abgeschlossen werden dürfen (Art. 89); - weil 2. nach Art. 29 der Verfassung' von 1874<br />

die Grundsätze, nach welchen der schweizerische Zolltarif lwfzustellen ist *), auch bei Ab­<br />

Rchliessung von Hl\l1delsverträgen zu befolgen sind, sofem nicht zwingende Gründe entgegenstehen;<br />

jene Grundsätze sind aber bei den Verhftndlungen mit Frankreich ohne Not preisgeg'eben worden;<br />

- und weil 3. nach Art. 22 des Vertrags die französischen Handlungsreisenden ohne Patenttaxe<br />

Bestellungen in der Schweiz l1lmehmen dürfen, während in einer Heihe von schwei­<br />

%81'ischen Kltntonen solche Tltxen von den schweizerischen Handlungsreisenden erhoben werden<br />

(mit Berufung auf Art. 31 lit. c der Verfassung), also die Franzosen besstn' gestellt wären, als<br />

die Schweizer selbst, unter Beeintritchtigung des Besteuerungsrechts der Kantone. - l11atcl'iell<br />

gewinnt die Schweiz durch den Vertmg kein erweiterte,: Absatzgebiet und schädig·t elltfiir ihre<br />

eig'ene Production. -- Die Minorität der ständerätlichen Commission scheint nach dieser Leistung<br />

des Herrn D1'. Kaiser ihrerseits die Ausarbeitung einfls besondern Berichts nicht mehr für nötig<br />

erachtet zu haben.<br />

Die Berichterstatter der Mehrheiten der beiden COllllllissionen, Herr Geigy-Merüw und Herr<br />

H. Rieter, setzten elen Anfechtungen der Minderheit in der Hauptsftche folgendes entgegen: Formell<br />

sei für den Tarifentwurf von 1878 von der Bundesversammlung die zweite Lesung absichtlich vorbelmlten<br />

worden, "um den Gang der in Anssicht stehenden Handelsverträge nicht zu hemmen und<br />

:::) Art. 29 stellt für die Erhebung der Eingal1gszölle folgende Grundsätze auf: a) die für die inliindische 111-<br />

tuf 17°(0 erhöht wlll'de.<br />

3


Zol1ürhöhullg in<br />

RlU~f\lnnrl.<br />

Erlleuerung des<br />

Handelsvertrags<br />

mit Ita.lien.<br />

18<br />

Tnrlushic der Gewehr. -- Die st. gallische Baumwollindushie.<br />

Schntzzöllnel'ei ganz ungeahnte Erfolge brachte und das eben noch in<br />

siegreichem Vorrücken begriffene Fl'eihanc1elssyst.em weit hinter die Zeit.<br />

der er8ten Hanclel8vertl'~Lge zurückwarf.<br />

Die neue Aera des Schutzzolls uml der verschärften Imtionalen<br />

Absonc1el'l1ng wurde durch Russland eingeleitet. Doch erregte es wohl<br />

Unbehagen, aber keine ernsten Befürchtungen einer Rückwirkung auf<br />

andere Staaten, als die russische Regierung am 2ö. November 187ß,<br />

in voller Vorbereitung für elen türkischen Krieg, einen Ukas veröffentlichte,<br />

nach welchem vom l. (13.) Januar 1877 an die Entrichtung<br />

der Zollgebühren in Goldmünzen oder in Coupons garantirter,<br />

a,uf (tusländische Valuta lautender Obligationen vorgeschrieben wurde;<br />

ein Vorgehen, das besonders in Deutschland grossen Unwillen hervorrief.<br />

Bei ruhiger Betrachtung wird man es begreiflich finden, dass<br />

Russland, in der bestimmten Aussicht einer neuen, starken Entwertung<br />

seiner Papiervaluta durch den bevorstehenden Krieg, diese Entwertung<br />

nicht dem fremden Importeur zum Vorteil, seinen doppelt bedürftigen<br />

Finanzen zum doppelten Nachteil gereichen lassen wollte. Die Massregel<br />

hatte zunächst einen financiellen Charakter, wenn sie auch in<br />

der 'rat einer empfindlichen Verschärfung des russischen Schutz- und<br />

Absperrungssystems gleichkam.<br />

Näher berührte es uns, als Itctlz:en nach dem Beispiele Frankreichs<br />

ebenfalls daran gieng, die ablaufenden Verträge zu kündigen und einen<br />

neuen Generaltarif mit wesentlich erhöhten Ansätzen (tuszuarbeiten.<br />

Allerdings erklärte elie italienische Regierung bei der Vorlage des<br />

neuen 'l'arifs an die Kammern, chtss derselbe vor allem aus dazu bestimmt<br />

SeI, als wirksame Repressalie von dem Auslande vertragsmässige<br />

Zollerleichtel'l1ngen zu erzwingen oder zum mindesten die<br />

meistbegünstigte Behandlung der italienischen Ausfl1hrartikel. Auch<br />

hatte sie schon im Herbste 187 [) auf' Grund des ersten Entwurfes zu<br />

jenem 'rarife sich mit der Schweiz über die wichtigsten Ansätze zum<br />

Zwecke einer raschen Erneuernng des Vertrags zu verständigen go-<br />

Erneuerung des Handelsvertrags mit ItlLlien.<br />

19<br />

sucht 1); endlich hatten die Kammern noch vor der Annahme des neuen<br />

1) Der schweizerisch-italienische Vertrag, von der Schweiz am 31. December 1868, von<br />

ltrlolien am 1. April 1869 ratificirt, wal' auf acht Jahre nach dem Tage der Auswechslung der<br />

R,rlotificationen (30. April 1869) abgeschlossen. Den Anlass zur Erneuerung des italienischen<br />

Gcneraltl1rifs gab der auf 31. Januar 1876 bevorstehende Ablauf eles itlLlienisch-französischen<br />

Hmldelsvertrags. ItlLlien wünschte nun lLngelegentlich, auf diesen Zeitpunkt, bezw. den 1. JrtnulLr<br />

oder spätestens den 1. .Juli 1876, alle seine Tarifverträge, also ausser demjenigen mit Frankreich<br />

auch diejenigen mit Österreich und der Schwei~, neu 7.U ordnen, um sein ganzes Zollwesen<br />

mit einem Mrt.le 7.U revidiren. Es stellte cbher an die Schweiz das Verblongen, ihren<br />

Vertmg von 1869 schon auf jenen Zeitpunkt preiszugeben und gegen einen neuen zu vertlLuschen.<br />

Dlt indes vomus7.usehen wrH', cbss dessen AnslLtze weniger günstig lHlsfrtllcn würden -­<br />

denn auch die Zölle sollten ihren Anteil an den erhöhten T~nsten übernehmon ; l1U\.n spmch von<br />

einer Erhöhung der ZolleinnahmE'n um 30 - 40 Millionen -, WlLr die Geneigtheit, diesem ,Vunsehe<br />

zu entsprechen, znlll vOl'l1cherein nicht gross. (S. Protokoll dor Delegirtell-Versmnmlung des<br />

schweizerischen Handels- und Industrie -Voreins vom 3. Mai 1875). Dennoch schien der V 8lhuf<br />

der Confcrenzen, welche vom 29. September bis 8. October 1875 in Bern über die El'lleuel'Ung des<br />

schweizerisch-italienischen Vertrags stlLttfnnden, eine Zeit llLllg die Hofli111llg' zu rechtfertigen, dass<br />

die nenG VereinblLmng lLuf Ende November ZUl' VorllLge an die gesetzgebenden H,äte reif werden<br />

würde, und die neu esten Erfahmngen zeigen, dass die Schweiz sehr g'ut daran g·et.an hlLtte, damlLls<br />

möglichst rasch znzngreifen und auf schnellen Abschluss zu dringen, sta.tt zu hinterhalten oder<br />

doch der Verschleppung gleichmütig zuznsohen; denn die Stimmung WlLr damals itlLlienischerseits<br />

noch vel'hltltnismässig giinstig und die Unterhnndlungen nahmen im allgell18inen einen sehr<br />

freundlichen Verlnuf. Die oigentlichen bevollmächtigten Unterhändler waren Luigi Lnzzat.i, Parlamentsmitglierl<br />

und Professor des VerfasRlmgsrechts an der Universität Pndua, von Seite Italiens,<br />

und Alfons Köchlin-Geig,Y, Alt-Ständemt von BlLsel, von Seite der Schweiz. Dem letztel'll tmt.<br />

bei Behandlung der BfLlllnwoll-Krltegorie himptsächlich Herr Alt-NationlLlrat Fierz lLn die Seite,<br />

dem als itltlienischer Faclll1mnn Herr Vitt. EIleIla, Divisionschef im Ministerium für AckerblLu<br />

und HlLndel, gegenüber staue1. In elen acht Sitzungon, die in Zeit von zehn Tftgen gehalten wurden,<br />

einigte nmn sich in dcr 'l\lot beinahe üher alle Positionen, wclehe für beide PlLrteien von besonderer<br />

Wicht.igkeit waren. Die Ba.mnwoll-Kategorie machte allerdings die grössten Sehwierigkeiten;<br />

doch wmdo auch mit lli'tcksicht iLU±' sie olme UmstlLnde schon in der ersten Conferenz zugegehen,<br />

rlass die Ansätze des Genoraltarifs nicht endgültig sein sollen und diese Kategorie eben<br />

für die Unterhandlungen mit der Schweiz vorbehalten worden sei. ("POUl' les produits llllLnllfact11l'es<br />

des concessions poul'l'ont egalement etr8 ü1ites, si Ja Suisse accepte le [lrincipe d'une<br />

classification fondeo sm' llL gnt.chmtion de ht vlLleur, le ]Jrojct j!rescl/te P(/)' le [Jollvei'iIClllel/t itaZim<br />

hal/t nn tarirJi/a;cillllllll efe. POUl' llL clLtegorie du coton, l'Itit.1ie s'est borneo, en trlLitlLnt avec<br />

la France, ft. une discussion du prineipe, (/!JIl1lt 1'011711 se }'esCi'l'Ci' de negocier (leec Zn 81lisse le tarif'<br />

de eette cate.r;orie." Erklämngen des Herl'11 Luzzati in der Conferenz.) Die Abmachungen übel' diese<br />

KlLteg'orie ergll,ben: 6 Hubriken Gal'lle mit Ansät.zen von Fr. 18-60; 6 Rubriken rohe Gewebe<br />

mit. Ansätzen von Fr. 52-90; daneben noch die unghickliche llnbrik Tüll, Gaze und lYlousseline<br />

mit dem Ansi1tze von Fr 275, welcher, auch für die Stickereien, ohne den geringsten<br />

,Viderspruch angenolllmen wnrde! Diese höchst anfl'nllonde Tl1tsache ist ofl'enbar nur daraus zn<br />

erklä.ren, dass die schwoizerischen Experten unter "lYlousselines" lediglich die lLllerfeinstell leichten<br />

Gewebe vorstftnden, die 8tiekerei ihnen aber fel'ller bg und an die Möglichkeit einer italienischen<br />

Concurrenr, in derselben noch gm' nicht gedacht wUl'de. Der Zuschhl,g für g'ebleichte GlLrne<br />

WlLl' auf 15°/, festgeset.zt, für gefärbte rmf Fr. 25 pr. q., für gezwil'l1te auf 30 %; der ZuschllLg'<br />

für gebleichte Gewehe [Iouf 1;' O/Il, mü' fllol'bige und geffLrbte auf Fr. 30 pr. q., für bedl'Uckte anf<br />

Fr. 50 pr. q. zn dem Ansat.ze auf die gebleichten. - Siehe die Protokolle dor Conforenzen.


20 Industrie der Gewebe. - Die st. gilllisehe BitUlu wollindustrie.<br />

Generaltarifs (April/Mai 1878) einem neuen Vertragstarife mit Frankreich<br />

ihre Genehmigung erteilt, welcher durchschnittlich 10 - 20 %<br />

niedrigere Ansätze aufwies (Juli 1877). Allein jene Vorverhandlungen<br />

mit der Schweiz im Herbste 1875 führten zu keinem Abschluss, und<br />

der zwischen den französischen und itaJienischen Unterhändlern vereinbarte<br />

Vertrag wurde vonE'rankreich als zu ungünstig zurückgewiesen.<br />

Dafür kam es im Decem bel' 1878 zu der Erneuerung des<br />

Vertrags zwischen Italien und Österreich mit gegenseitigen wesentlichen<br />

Concessionen. Fjs schien daher aller Grund zu der Annahme<br />

vorzuliegen, dass für die Pl'oclucte der Baumwollindustrie die erhöhten<br />

Ansätze des Generaltarifs auch 111 erster Linie als Kampfmittel<br />

berechnet und bisher nur deswegen unangetastet geblieben seien, um<br />

bei den Unterhandlungen mit der Schweiz zu Concessionen verwertet<br />

zn werden; wie die Ansätze a,uf W 011- und Leinwandfabricate bei elen<br />

Unterhandlungen mit Frankreich und Österreich Venvertung gefunden<br />

hatten und zu Gunsten dieser Länder ermässigt worden waren. Als<br />

man indes im Januar 1879 durch eine schweizerische A borclnung nach<br />

Hom den Versuch machte, auch den schweizerisch -italienischen Vertrag<br />

mit Benutzung der Vorverhancllungen von 1875 auf den 1. Februar,<br />

als den Zeitpunkt, auf welchen der Vertrag mit Östeneich ins<br />

Leben trat, nnter Dach zu bringen, erklärte Italien, anf die Kategorien<br />

der Baumwolle, Seide nnd Wolle nicht eintreten :zu können, ehe<br />

es mit Fntnkl'eich einig geworden. Gam folgerichtig behielten nun die<br />

schweizerischen Unterhändler die Positionen -Wein, Glas- und Krista.llwaren<br />

auch ihrerseits für spätere Behancllung vor. 1) Da überdies der inzwischen<br />

in Kraft getretene italienische Generaltarif und der in erster<br />

Beratung genehmigte Entwurf eines neuen schweizerischen Zolltarif:s<br />

die ursprüngliche Basis der ersten Vorberatungen wesentlich verschoben<br />

hatten und Italien zudem den Abschlnss eines Zollcartells zur Verhütung<br />

des Schmuggels als Vorbedingung für jeden neuen Vertrag :zur<br />

1) BUlHlesblitt.t 1879, 1. 304. Die schwehel'i~(;he Abol'dmmg- best~tnd lLllS elen Herren Minister<br />

Piolb und Küchlin-Goigy, tlenen die Herren HotY--Schmidt ~ von 'vVintertlll' unrl Zolldirector<br />

Franscini in Lugm10 ~L1s Ex.perten beigegeben W~LreJJ.<br />

Erneuerung des Handelsvertrags mit Italien. 21<br />

Sprache brachte, stellte es sich bald deutlich genug heraus, dass augenblicklich<br />

von einer raschen, befriedigenden Neuordnung der besondel'll<br />

Beziehungen zwischen den beiden Ländern nicht die Rede sein könne.<br />

Es blieb nichts übrig, als einen provisorischen Meistbegünstigungs­<br />

Vertrag abzuschliessen, wenn man nicht auf den 1. Februar den Zollkrieg<br />

haben wollte. 1) Obschon sich der Bundesrat sel11' wohl bewusst<br />

war, dass chtbei weitaus der grössel'e Vorteil auf italienischer Seite lag,<br />

glaubte er doch, diesen Ausweg ergreifen zu sollen, und schloss von<br />

sich aus auf den 28 .. Januar 1879 bis zum 31. December des gleichen<br />

Jahres eine solche Convention mit Italien ab 2), welche dann im März die<br />

nachträgliche Genehmigung der Bundesversammlung erhielt und nach<br />

ihrem Ablauf noch viel' MaI verlängert worden ist. So traten mit<br />

dem 1. Febnmr 1879 für die Proc1ude unserer B~mmwollinclnstl'ie die<br />

Ansätze des italienischen Generaltarifs an die Stelle derjenigen des<br />

Vertragstarifs von 18 H8, ein Tausch, bei dem die Maschinenstickerei<br />

gewann, die Grobstickerei chtgegen und vor allem die leichte Feinweberei<br />

wiederum eine empfindliche Einbusse erlitt. 3)<br />

1) Auf eine neue provisorische VerHingen1l1g des Vertmgs von 1869, wie sie vom 1. Mai<br />

1877 bis Ende 1878 stattgefunden hatte, wollte Italien aus dem begreiflichen Grunde nicht eingehen,<br />

weil eine solche Erneuerung a11ch das Inkmfttreten des Vertrags mit Östen-eich unmöglich<br />

genmcht hätte, cla die nieclrigerell Ansätze unseres 186ger Vert.mgstlwifs selbstversttincUieh<br />

ltuch von Oesterreich, wie ftllen übrigen Vertragsstcuüen, beansprucht wurden, so lange sie für<br />

uns Gültigkeit hatten.<br />

2) Siehe die Botsclmft des Bundesmtes vom 3. März 1879, Bundesblatt 1879, 302-310.<br />

3) Für die Baull1wollgftl'lle stellte der neue Tarif statt der bisherigen drei Klassen (bis<br />

20,000 lll. das 1/2 k, bis HO,OOO m. und übel' 30,000 m.) mit. Fr. 15, 20 und 25 den q. sieben Klassen<br />

mit Fr. ] 8-60 a.uf; für die rohen Baumwollgewebe datt der bisherigen zwei Klassen (7-11 k<br />

auf 100 m 2 wiegend, mit höchstens 35 Fäden ll,uf 2 mm 2 , und andere) mit Fr. 50 und 65,<br />

(Fr. 57 und Fr. 74 gehleicht), drei Khlssen mit je zwei Untera,bteilungen und Ansätzen von<br />

Fr. G7-100 (gebleicht 20 % Zuschlag); fitl'bige und gefärbte Gewebe zahlten statt bisher Fr. 90<br />

p. q. }I'r. 35 Zuschla.g p. q., bedruckte statt Fr. 115. ,50 p. q. Fr. 70 Zuschlag p. q. \Veiter WlLr die<br />

bisher in der zweiten Klasse der Gewebe enthaltene Mousseline nun wirklich mit Gaze und 'l'üll<br />

zu einer Position vereinigt, nnter einem Zollansatz von Fr. 800!! Für gestickte Gewebe enthielt<br />

der neue 'l'~Lrif nur noch eil/eil Ansaty- von ebenfttlls ./1'1'. aoo (bisher Fr. 232 für gestickte und<br />

brochirte GlLze und Mousselinc, Fr. 500 + 5 % vom "\Vert für MlL8chinenstickereien). Der neue<br />

Zolbnsa,tz ~Lllf JYIousseline wollte sogar von elen ita,lienischen Zollbeamten in ihrem Übereifer<br />

schon vor dem Ablauf des Vertmgs von 1869 ~tllf L1118ere undichten Gewebe in Anwendung gebracht<br />

werden unter dem sonderbaren Vorwand, dass "Mousseline" in dem Vertntgsbrif - weil<br />

nicht mtm8ntlich fLufgeführt - überhaupt nicht entlmlten gewesen sei; eine Theorie, die denn


22 111l1ustrio der Gewebe. - Die st. gallische DaUlllwollindl1stl'ie.<br />

So ungel'lle sich die letztern Industriezweige den neuen Ansätzen<br />

unterzogen, trösteten sie sich doch mit dem Gedanken, chtss man sich<br />

m emem bald vorübergehenden Provisorium befinde und dass die<br />

schlimmsten Härten des Generaltarifs ohne Zweifel durch die vor der<br />

'l'üre stehenden, abschliessenden Unterhandlungen übel' die Vertragsel'lleuernng<br />

demnächst wieder beseitigt werden. Allein einmal gieng<br />

es noch bis zum 3. November 1881, bis das neue Verabkommen<br />

zwischen Italien und Frankreich in Paris unterzeichnet wurde; dann<br />

wollte die Schweiz nicht weiter mit Italien eintreten, bevor aucb der<br />

schweizerisch-französische Vertrag seine Erneuerung gefunden und alle<br />

Stadien passirt hätte; und als auch das glücklich erlebt war, brachte<br />

der 'rod des schweizerischen Gesandten in Hom und die neue Besetzung<br />

seiner Stelle eine neue Verzögernng in die Angelegenheit. So war<br />

schon das .Jahr 1883 heran gekommen, als endlich die Schlussverhandlungen<br />

in H,om ihren Anfang nahmen. 1) Inzwischen hatte man<br />

sich ~Lllf Einladung des Bundesrats mit eingehenden Gutachten, Berechnungen<br />

und Mustervorlagen gewaffnet, um jederzeit zum Nachweise<br />

über die Unbilligkeit der italienischen Ansätze gerüstet zu sein<br />

und seine Gegenvorschläge zu begründen. 2)<br />

doch durch die vom lmufmlinnischen Directol'ium aufgerufene Intervention der Bundesbehörden<br />

mwh von der italienischen Regierung :wl'ückgewiesen wmde. Ohne Zweifel ist es "uch diesen<br />

Heclanmtionen znzuschreiben, dass dürch königlichen Erlass vom 10. April 1879 die gbtten,<br />

schleiemrtigen Gewebe im Gewicht von übel' 3 k. "uf 100 m 2 als nicht in die Kategorie Mousseline<br />

gehörend erklärt wurden, 8,ber mit Ausschluss al7e}' ,ljI'IIIIISlr}·tfl/, die ansdrücklich eIer<br />

neuen Position zugeschieden blieben. Dnrch diese Verfügnng f"llen nach unserer Geschäftsspmche<br />

die gröberen ghLt,ten JVIousselinesorten (meist Putterstoffe) in die oberste Khcsse der<br />

rohen Bmunwollgewebe mit Pr. 80 und 100; wogegen die zum Teil höchst geringen "mousselines<br />

myees, [], c,ureaux, d,lmassees" dem gleichen Zollmlsatz unterstellt sind, wie die Stickereien,<br />

cl. h. einem vVertzoll von 20-60 %.<br />

I) Als Vertreter der Schweiz functionirten dabei die Henen Minister Ihvier uml N "tionalmt<br />

Geigy-NIeriml.<br />

2) Die Aufforderung, ,dIes MateriEll für die Unterhandlungen nnverzllglich bereit zn nmchel1,<br />

gelrmgte im October 1881 [\n das lnmfmännische Dircctorium, jedenflllls in Folg'e der drLmals<br />

unmittelblU' bevorstehenden Verstlincligllng zwischon It"lien und Fmnkreich. Mit Beihülfe des<br />

hiesigen Indu8trieverelns wUl'de hiemuf im Decßlllbcr ein einHisHliches Gut,LChten lLusge"rbeitet,<br />

im Anschluss an die vom schweizerischen Handelsclep:1rtement anfgestellten Fragen, und mit<br />

allen Delegen begleitet. DlLS Gutachten begründete für U118er8 SpecüLhrtikel folgende VorschHtgc:<br />

Aufhebung der Position 100 (Tim, Ga,zo, lVlousseline) in dom Sinne, dass die J\!Iousseline,<br />

wie früher in den obersten Kbssen der rohen Gewebe ßntlmltcn wltre, ev. für die feinen<br />

Erncucl'111lg des Hnmlelsvcrtncgs mit, rt"lien.<br />

Musste es nun schon für ein höchst ungünstiges Vorzeichen gelten,<br />

dass unser längst bereit liegendes Material gar nicht einvel'langt wurde,<br />

während gleichzeitig ha,rtnäckige Gerüchte von neu projectil'ten itaJienischen<br />

Zollel'höhungen auf 11nsere Stickereien etuftauchten, so übertraf es<br />

dennoch alle sehlimmen Erwartungen, als das Ergebnis der Unterhandlungen<br />

für die sehweizerisehe B~Lmnwollind11strie zu Tage trat. Nicht nur,<br />

dass für keine einzige Position unter elie Ansätze des Generaltarifs herabgegangen<br />

wurde; sondern diejenigen Positionen, welche nieht sehon<br />

in dem Vertrage mit Franlueieh für die Dauer desselben gebunden<br />

worden waren, sollten dem freien Gutfinden Italiens überlassen bleiben:<br />

darunter die Garne, unsere leiehten Gewebe und unsere ganze<br />

Stiekerei. Und zwar, ohne dass die Schweiz ihrerseits irgenc1wie eine<br />

der Bedeutung nach entsprechende Gruppe italienischer Artikel frei behalten<br />

hätte. 1) Zur Hechtfertigung dieser gänzlichen Preisgebung der<br />

Baumwollindustrie führte die bundesrätliehe Botschaft vom 1 ß. April<br />

1883 die entsehiedene Weigerung Italiens an, irgend wie auf die Kategorie<br />

"Baumwolle" einzutreten, und den verhältnismässig geringen An-<br />

. teil der Schwei~ an der gesamten italienisehen Einfuhr von Baumwollfabrieaten.<br />

Vvas zunächst jene Weigerung Italiens anbelangt, so ist denn<br />

undichten Gewebe bei den rohen Geweben noch eine eigene neue Rubrik: "Gewebe von weniger<br />

,,18 3 k. auf 100 11l 2 , roh, gebleicht oder gefärbt" beigefügt werde, mit einem Ans"tz von höchstens<br />

Fr, 300; Zuweisung der g'emusterten undichten Gewebe an diejenige rcUgemeine Rubrik<br />

der Gewebe, zu welcher sie nach der F"denzahl gehören, ev. ohne Berücksichtigung der Fadenzahl<br />

in die zweite Rubrik der dritten Il:hsse mit Fr. 100; einheitlicher Ansatz von Fr. 200 für<br />

die gestickten Gewebe, eventuell Grobstickereien (Kettenstich) Fr. 150 (im Notücll auf Tüll<br />

Fr. 200) und Maschinen- und feine Hmldstickereien Fr. 300. Für die gebleichten Gewebe wUl'de<br />

ein Zuschlag von 15 Ofo, für die frcrbigen ein solcher von 1


24<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. grtllische Baumwollimlustrie.<br />

doch nicht eimmsehen, vvarum dieselbe von Seite der Schweiz nicht sofort<br />

mit einer ähnlichen hätte beantwortet werden dürfen 1); und die von<br />

Italien gelieferten statistischen Ang


26 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische BfLllmIYollinclustrie.<br />

Dass es ihnen damit in der Hauptsache gelang, hatten sie vor allem<br />

dem zufälligen Umstande zu verdanken, dass der Ablauf jener Verträge<br />

zusanllnenfiel mit der grossen Krise, deren Vorboten ihren Scha,tten<br />

schon über die Wien er Ausstellung von 1873 geworfen hatten, und mit<br />

den Unterhandlungen übel' die Erneuerung des zehnjährigen Ausgleichs<br />

mit Ungarn, welche auch die El'l1euerung des Zoll- und Handelsbündnisses<br />

zwischen den beiden Reichshälften in sich begriff. Die Krise in<br />

den mittleren Siebziger-Jahren gab den erwünschten Anlass, al1es Unglück,<br />

welches sie übel' die österreichische Industrie und Hanc1els,velt<br />

brachte, den Handelsverträgen in die Schuhe zu schieben. 1) Ungarn,<br />

das sich in dem ersten Decennium seiner Selbstherrlichkeit eine furchtbare<br />

Schuldenlast aufgebürdet hatte, sah in hohen Finanzzöllen das<br />

letzte Rettungsmittel vor dem Bankerott; die im österreichischen Reichstage<br />

sitzenden Vertreter der Grossindustrie und ihr Anhang waren aber<br />

entschlossen, diese übrigens auch der österreichischen Regierung keineswegs<br />

unerwünschten Finanzzölle nur dann zu gewähren, wenn ihre Insteigen.<br />

Der Vertragstarif vom 9. März 1868 zeichnete. sich in der Kategorie Baumwolle vor<br />

allem durch eine merkwürdige Einfachheit der Ansätze aus, indem für sämtliche rohen, nicht<br />

drei- oder mehrdrätig gezwirnten Gll,l'l1e llur ein Ansatz von H. 8 Papier pr. q., für die gebleichten<br />

und gefärbten (nicht gezwirnten) ein Ansatz von H. 12 und für die gezwirnten ein<br />

Ansatz von H. 18 vorgesehen wal'; alle glatten und einfärbigen dichten Gewebe bezahlten H. 40<br />

pr. q.; die gemusterten rohen ebenfalls; gebleichte, gefärbte, bedruckte und elie bobbinetartigen<br />

Vorhangstoffe H. 80; unclichte Gewebe (mit Ausnahme von Tüll, Spitzen etc.) H. 120; Tüll,<br />

Spitzen und gestickte VValtl'en H. 160. Auch dies Ansätze repräsentiren zum Teil Wertzölle von<br />

weit mehr als 10-14 °/0. - In Folge des Vertrags mit England wlll'den sodann auf den 1. .Januar<br />

1870 elie Ansätze auf Baumwollgewebe folgendermassen festgesetzt: a) Gemeinste (Dochte, Gurten,<br />

Netze) H. 12; b) g'emeine, d. h. glatte dichte, roh und gebleicht; gemusterte dichte, roh H. 16;<br />

c) mittelfeine (d. h. g'latte dichte, gefärbt; g'emusterte, gebleicht odel' gefärbt) H. 20; d) undichte,<br />

roh; dichte, mehl'üLrbig' oder rotgefärbt. ; bob binetartige Vorhangstoffe etc. H. 80; e) feine undichte<br />

H. 45; f) feinste: 'l'iHl, Spitzen, Stickereien etc. H. 60.<br />

1) In dem Ja,hrbuch des deutschen Reichs für 1874 führt K. Th. Richter das bisherige<br />

Zurückbleiben der mercmltilen Entwicklung Österreichs wesentlich darauf zurück, dass Fabrication<br />

und Handel nicht genugsam geschieden seien, d. h. dass der F"bricltnt mit allen möglichen<br />

Artikeln selbst Handel treibe, statt sich der Vermittlung des Grosshandels für den Ahsatz<br />

seiner Produde zu bedienen; auf den Mangel einer g'eniig'enclen FabriclLtion von Massenware;<br />

auf den Mangel einer Veruindung des Geld- und Creditwesens mit der Industrie und auf eine<br />

mangelh


'\Yantllungcn der<br />

lIentscheu Zoll­<br />

IJolitik.<br />

28 Imlustrie der Gewebe. - Die st. gELllische B'LUnnvollinclustrie.<br />

Aufregung über die Rückkehr Österreichs zu seinen alten Gewohnheiten<br />

im Zollwesen, so ungerne man sie des schlimmen Beispiels wegen sah,<br />

und gab sich mit, der stillschweigenden Fortdauer des Meistbegünstignngs-Vertrags<br />

von 1868 zufrieden, da uns nach aller Voraussicht und<br />

nach allen bisherigen Erfahrungen bei Abschluss eines neuen Vertrags<br />

doch nicht mehl' bewilligt würde. Immerhin ist zu beachten, dass unter<br />

der Herrschaft des jetzigen Provisoriums auch unsere Beziehungen zu<br />

dem Vorarlberg nur auf sehr kurze Kündungsfrist gesichert sind.<br />

Eine ganz andere Bedeutung hatte es für uns, als vor den Augen<br />

der ersta,unten vVelt in dem kurzen Zeitraum weniger Monate die<br />

Wandlung vor sich gieng, welche das deutsche Reich in den schärfsten<br />

GegenStLtz stellte zu der Zollpolitik, die der verjüngte preussische Staat<br />

durch sein mit Recht berühmtes Zollgesetz von 1818 angebahnt, der<br />

Zollverein durch den Abschluss der Handelsverträge verwirklicht und<br />

das neue Reich selbst in den ersten J allren seines Bestandes weiter<br />

geführt hatte. 1)<br />

1) Vrgl. Industrie und Hanclel etc., S. 383 ff., und Krökel: Das preussisch-dentsche Zolltm'ifsystem<br />

(Supplement VII der Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik). Es bleibt Preussens<br />

Ruhm, durch jenes Zollgesetz zuerst von allen emopäischen Cultmvölkern und ohne jede<br />

äussere Nötigung ein wahrlmft gross gec1achtes und weitblickendes Programm für eine humfLlw<br />

Zollpolitik im höheren Sinne des Worts aufgestellt und hernach bei allel' Nüchternheit in der praktischen<br />

Ausführung nie mehl' ganz aus den Augen verloren zn Imben. Sehr richtig zeichnet<br />

Krökel die natiolmle und allgemeine Bedeutung deß Zollgesetzes von 1818 mit folgenden Worten:<br />

"Indem also der zweite Staat des deutschen Bundes ein gemeinsames Zollsystem erhielt, wurde<br />

damit für das übrige Deutschland der fertige und sichere Anlmüpf1ll1gs- und Mittelpunkt zu<br />

einer künftigen Zolleinigung gegeben, zugleich aber auch zollpolitisch dem damalig'en Stanc1e<br />

der gewerblichon Entwickelung Rechnung' getragen. In der Mitte von lauter Staaten, die sich<br />

abschlossen, konnte ja Preussen nicht vollkommene Handelsfreiheit einführen .. , . Doch im Princip<br />

verschieden von der Prohibition hatte clas neue preussische System die offenkundige 'rendenz,<br />

den allgemeinen Handel zu befördern und zu erleichtern. Es stellte Preussen mutig auf die<br />

Seite jener Bestrebungen, welche die gegenseitige Ergänzung der in der Natur und nnter den<br />

Menschen mannigfach zerstreuten Gaben erleichtern, die Völker einander nähern und an die<br />

Stelle von nationalem Hass friedliche Beziehungen und freundliche Gesinnungen setzen." (S. 17).<br />

Ebenso bemerkenswert ist auf S, 53 f. der Nachweis, wie die sich ablösenden schutzzöllnerischen<br />

und freihändlerischen Sehwanknngen bei den preussischen und zollvereinlichen Tarifrevisionen<br />

in ganz unmittelbarem Zusalllmenhange stehen mit den Schwlmkungen allgemeiner<br />

wirtschaftlicher Bedrängnis oder wirtschaftlichen Aufschwungs, die ihrerseits ihre Ursachen ganz<br />

ausserhalb der Zollpolitik haben. Auf keinem Gebiete werden wohl überhaupt absichtlich unc1<br />

ullELhsichtlich UrsadH' und ~Wirkung lÜlufiger und lieber verwechselt.<br />

\"1 andlungen der deutschen Zollpolitik.<br />

29<br />

Man dürfte nicht sagen, dass der Vorga,ng Österreichs entscheidend<br />

auf diese Umwandlung eingewirkt hätte; tLber sehr förderlich ist<br />

er demselben doch unbedingt gewesen.<br />

Das deutsche Zollparlament, welches nach dem Kriege von 1866<br />

an elie Stelle der bisherigen Zollvereins-Conferenzen mit dem Ll:beru1n<br />

Veto jedes einzelnen Vertragscontrahenten trat, fand die Situation für<br />

die Dauer der damals bestehenden Verträge gegeben. Es begnügte<br />

Rich indes nicht damit, das System der Verträge auch auf diejenigen<br />

Staaten auszudehnen, welche bis zu. jenem Zeitpunkte noch nicht<br />

in da,sselbe einbezogen waren 1); es schritt vielmehr selbständig weiter<br />

auf der zum vollen Freihandel führenden Bahn und erteilte unmittelbar<br />

vor dem Ablauf seiner kurzlebigen Existenz einem neuen Tarife<br />

seine Zustimmung, durch welchen verschiedene Zollermässigungen eingeführt<br />

und eine schöne Anzahl Zollansätze von geringem Ertrage gänzzlich<br />

a,us dem Tarife beseitigt wurden, unter gleichzeitiger Ersetzung<br />

des financiellen Ausfalls durch eine wesentliche Erhöhung des Einfuhrzolls<br />

auf Kaffe. 2)<br />

Die öffentliche Meinung schien so völlig mit der Regierung und<br />

dem Pa,rlamente einig zu gehen, dass man schutzzöllnerische Anwandlungen<br />

nur noch belächelte und die vorgeschrittensten Vertreter des<br />

Freihandels sich über die Preisgebnng des Systems der Handelsverträge,<br />

die nach dem Sturze des französischen Kaiserreichs erwartet wurde,<br />

mit der Betrachtung hinwegsetzten, ChLSS solche Verträge den Übergang<br />

zum vollen Freihandel nur verzögern, indem man dadurch veranlasst<br />

werde, an sich wünschbare Zollreductionen von Gegenleistungen eines<br />

') Auch die Schweiz war unter diesen Staaten, indem ihr Vertrag mit Deutschland erst<br />

im Mlti 1869 wm Abschluss kam; unaufkündblLr bis 31. December 1877; von dort aufkündbar<br />

auf ein Jahr. Vrg'l. Industrie und Handel etc., S. 467 f.<br />

") Von 5 Thaler auf Thlr. 5. 25 Gr. per Centner. - Auch uns fiel dmch den 'l'arif vom<br />

17. Mai 1870 (in Kraft getreten am 1. October) ohne unser Zutun ein kleiner Vorteil zu, indem<br />

der Zoll auf Stickereien von 30 'l'hlr. auf 26 'l'hlr. ermässigt wmde. Entsprechende Ermlissigungen<br />

für Baulllwollgarne und -Gewebe, welche zuerst nach dem VorschhLge der Regierung<br />

mit geringer Mehrheit ang'enomlllen worden waren, mussten nachher wegen des heftigen<br />

\"1iderspl'uchs der süddeutschen E'raction wieder preisgegeben werden, um den ganzen Tarif zu<br />

retten.


30 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische BlHunwollimlustrie.<br />

Dritten abhängig zu machen. 1) So schien der Zeitpunkt vor der Türe<br />

zu stehen, in welchem die fortschreitende Umwandlung des industriell<br />

immer noch mässig schutzzöllnerischen deutschen Tarifs in einen reinen<br />

Finanzzoll- Tarif vollendet und damit elie deutsche Industrie mündig<br />

erklärt werden sollte.<br />

Ein neuer, entschiedener Schritt nach dieser Richtung wurde dem<br />

deutschen Reichstag im Jahr 1873 durch Aufhebung der wichtigsten<br />

Eisenzölle zugemutet. 2 ). Es wirkte doch etwas verdutzend auf die eifrigen<br />

Anhänger des reinen Freihandels, als diese Vorlage zwar keine<br />

Zurückweisung erfuhr, aber der lebhafte Widerstand der Interessirten<br />

unter der Führung des wirtembergischen Freiherrn von Varnbühler wenigstens<br />

so viel durchsetzte, dass noch eine Übergangszeit von nahezu<br />

vier Jahren be\villigt und der Zeitpunkt für die Inkrafttretung des<br />

neuen Gesetzes auf den 1. Ja,nuar 1877 verschoben wurde. Dass auf<br />

diesen Termin noch einmal ein Kampf um das ganze Gesetz entbrennen<br />

werde, liess sich wohl voraussehen; dass jedoch dieser Kampf um<br />

die Aufhebung der Eisenzölle den Ausgangspunkt darbieten werde, um<br />

') Vrgl. LlL111111ers im Jahrbuch des deutschen Reichs frn' 1871, S. 235 fi'., wo sich u. A. 1'01-<br />

gencle Sätze finden: "Unsere Sbatsmänner so gut wie die ganze Presse und das ganze gebildete<br />

Publicum, mit vereinzelten, meist interessirten Ausnahmen, huldigen heute freihändlerischen<br />

Ideen, die folglich nicht sowohl erst. hervorgerufen, wie vielmehr nur zur Energie belebt und auf<br />

bestimmte praktische Forderungen concentrirt sein wollen." "Sollte die einsichtsvolle Initiative<br />

der Reichsregierung in dieser Hinsicht etwa zu frühe erlt,hmen, so würde ohne Zweifel eine rasch<br />

anschwellende Freihandels-Agitation für einen reinen und rationellen Finanzzolltarif den el'forderlichen<br />

Druck auf Bundesrat und Reichstt,g zu üben unternehmen." Und weiter: "Nicht sowohl<br />

der Krieg, als der feindliche 'Ville der Pariser Machthaber und ihr geheimer Unghmbe an die Wohltl,ten<br />

des Freihandelssystems selbst schon zur klLiserlichen Zeit haben den deutsch-französischen<br />

Vertrag zerrissen. Der Friedensschluss hat ihn nicht herstellen können. Sogar der englischfranzösische<br />

Vertrag, ths erste c1enlnvül'llige Product diesel' europäischen Freilmndelshewegung,<br />

ist ernstlich bedroht. Es ist demnach nicht unwahrscheinlich, dass die Entwicklung in ihr altes,<br />

natürlicheres Bette zurückkehren wird: die autonome Tarifreform der Reiche und Staaten. Diese<br />

lmt selbst vor den modernen, der Freihandelst,cndenz angepassten Verträgen einen grossen Vorzug:<br />

sie nimmt der NlLtion und ihrer Vertretung ein so wichtiges Recht, wie die Bestimmung<br />

der Zölle, nicht praktisch übel' den Kopf weg, Da9 ist nicht bloss constitutionellem Wesen angemessener;<br />

es ist auch sichere)' in Betreff der Zukunft, wie Frankreichs heute drohender Rückfrdl<br />

in die Schutzzöllnerei beweist."<br />

2) Auch Locomotiven und Eisenbahnwagen, Dampfk8ssel und Maschinen und einige andere,<br />

untergeordnete Artikel sollten frei werden. Für eine Reihe weiterer Artikel, darunter Weissblech,<br />

grobe Eisen- und Stahlwaren, traten el'lnässig·te Zölle ein. Der Ausgangszoll auf Lumpen, der<br />

letzte des deutschen Zoll tarifs, wurde aufgehoben.<br />

vVamllungell der deutschen Zollpolitik. 31<br />

das ganze bisherige Zollsystem aus den Angeln zu heben, ahnte noch<br />

niemand. 1)<br />

Zunächst suchten selbstverständlich die bedrohten Eisenindustriel­<br />

Ien durch eine energische Agitation die Sympathien des Publicums und<br />

der allerhöchsten Stellen für sich zu gewinnen. vVas ihren Klagen<br />

willige Hörer und von allen Seiten lauten vViderhall verscha,ffte, wa,r<br />

der Umstand, dass eben jetzt die im t:3ommer 1873 in Österreich zum<br />

Ausbruche gekommene Krise sich rasch über ga,nz Europa. ausdehnte<br />

und dem wirtschaftlichen 'ra,umel ein allergründlichstes Ende bereitete,<br />

welcher das siegreiche Deutschla,nd nach dem glücklichen Ausgang seines<br />

grossen Kampfes ergriffen und zu den bedenklichsten Ausschreitungen<br />

geführt hatte. Es lag nun sehr nahe und war sehr bequem, das<br />

eben herrschende Handels- und Gewerbesystem für das unaufhaltsam<br />

um sich greifende Unbehagen und den selbstverschuldeten Zusammenbruch<br />

vieler Schwindelunternehmungen verantwortlich zu erklären und<br />

die Vertreter jenes Systems für die Äusserungen des Unbehagens a,ls<br />

Ziel hinzustellen. Beim Kaiser aber sollen die Beschwerden der rheinischen<br />

Stahl- und Eisenwerksbesitzer eine so günstige Aufnahme gefunden<br />

haben, dass ihr der ganz unerwartete Rücktritt des langjährigen<br />

rrrägers der deutschen Handelspolitik, des Staatsministers Delbrück,<br />

von dem bisher mit höchster Anerkennung verwalteten Posten eines<br />

Präsidenten des Reichskanzler-Amtes zugeschrieben wurde. 2) Dieser<br />

') Lamll1ers führte im deutschen Jahrbuch für 1873, S. 289, die unerwartete Nachgibigkeit<br />

gegen die Eisenindustriellen auf eine ausnahmsweise Erschlafi'ung der Reichstagsmehrheit<br />

durch eine besonders hwge und rmstrengende RBichstagssitzung (vom 12. März bis 25. Juni)<br />

zmück. "Der Reichstag würde, hätte man denken sollen, mit beiden Händen zugegriffen und<br />

höchstens noch einige Streichungen und Ermässigungen mehr g'efordert haben. Aber er wal'<br />

eh,mals nach Pfingsten durch die lang'e Session in einen Zustancl von Schwäche und Überreizung<br />

geraten, der ihm dieser Vorlage gegenüber eine moralische Schlappe zuziehen sollte.<br />

Es gehwg den vermeintlich bedrohten schutzzöllnerischen Interessen, hinsichtlich der wichtigen<br />

Eisenzölle einen Aufschub der Abschaffung' bis zum 1. Januar 1877, also um mehr als<br />

elrei Jahre, durchzusetzen. Die Regierungen boten einen Zollerlass r,n und die nationale Volksvertretung<br />

nahm ihn nur teilweise und zögernd an! Hier hat der neugewählte Reichstag in<br />

dcn ntlchsten Sessionen jedenfalls etwas gutzumachen."<br />

2) Der Kaiser soll bei der Geburtstags-Gratultttion vom 22. März an elen Prllsidenten des<br />

Reichskanzleramtes ungnädig'e '-IV orte über diese Angelegenheit gerichtet haben, die Delbrück<br />

Zum Rücktritt vemnlassten. S. Lammers im Jahrbuch für .Gesetzgebung, Verwaltung und VolkswidNchaft.<br />

des c1entRchen HeichR I, S. 36ß. - Seither hat freilich ein Anonymus in der Del1t~chcn


32 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Bal1111wollimlustrie.<br />

Hücldritt im April 187ß enegte allgemeine Überraschung und erweckte<br />

begreiflicherweise bei den Anhängern des Schutzzolls weitgehende Hoffnungen,<br />

bei den Anhängern des Freihandels das erste Misstrauen in die<br />

schliessliche Stellung der Hegierung zu dem. immer weitere Kreise ergreifenden<br />

Streite. Der Ausschuss des deutschen Handelstags kam den<br />

Eisenindustriellen insofern entgegen, als er Anfangs November 187 ß<br />

den Reichskanzler um fortdauernde Suspendirung des Gesetzes vom Juli<br />

1873 ersuchte, damit nicht vor der Erneuerung der Handelsverträge<br />

dieses wichtige Compensationsobject bedingungslos preisgegeben werde;<br />

und der Bundesrat brachte auf Antrag des Reichskanzlers einen Gesetzentwurf<br />

über die Erhebung sogenannter Ausgleichsabgaben gegenüber<br />

solchen Staaten, die ihre Ausfuhr durch Prämien begünstigen, an den<br />

Heichstag: eine Massregel, nach welcher die sonst auf den 1. Januar<br />

1877 zollfrei erklärten Eisenwaren mit einem Einfuhrzoll von der Höhe<br />

der französischen Ausfuhrprämie belegt werden sollten, was factisch<br />

auch auf eine Suspendirung oder Aufhebung der betreffenden Bestimmungen<br />

des Gesetzes von 1873 herausgekommen wäre. Dazu traf eben<br />

in den Tagen der Entscheidung die Nachricht von der oben schon erwähnten<br />

Vorschritt für Erhebung der russischen Eingangszölle in Gold<br />

ein, vermehrte den Missmut und gab Anlass zu einer scharfen Interpellation<br />

im Heichstage. Trotz alledem wurde am 12. December ein<br />

Antrag von Windthorst: die Aufhebung der Eisenzölle zu sistiren, mit<br />

201 gegen 1 ß Stimmen abgelehnt. Nach dieser Abstimmung wal' auch<br />

von der Vorlage übel' die Ausgleichsabgaben oder Retorsionszölle nicht<br />

weiter die Rede und die so hart angefochtene Zollfreiheit der meisten<br />

Eisenartikel trat daher auf den bestimmten Zeitpunkt wirklich ins Leben.<br />

Die Aufhebung der Eisenzölle insbesondere und der Schutzzoll als<br />

Heilmittel der fortdauernden wirtschaftlichen Erschlaffung im allgemeinen<br />

lieferten aber nichts desto weniger ein treffliches Feldgeschrei<br />

für die im vollsten Gange befindliche Agitation zu den Wahlen in den<br />

neuen Heichstag.<br />

Rundschau, Be]. 36, S. 428, angedeutet, dass ein ZUSalmnenstoss mit dem Reichslmnr,ler anHisslich<br />

des Reichs-.Eisenbahn-Projccts die Veranlassung von Delbrücks Rücktritt gewesen sein dürfte.<br />

\'Vandlnngen der deutschen Zoll politik.<br />

Die rrronrec1e, mit welcher der neue, in seiner ganzen Physiognomie<br />

nicht wesentlich veränderte H,eichstag am 22. Februar 1877 eröffnet<br />

wurde, sprach wohl ihr Bedauern aus übel' die Fortdaner der gedrückten<br />

Lage von Handel und Verkehr "bei uns, wie in FLl1dern Ländern"; gah<br />

f\,ber gleichzeitig auch der Überzeugung Ansdruck, dass die inne1'l1<br />

Zustände cles deutschen Heichs keinen wesentlichen Anteil f1l1 den<br />

Ursachen der Übelstände haben, "die in allen Ländern gleichmässig<br />

gefühlt werden". Immerhin brachte der Bundesrat LIas im Vorjahr<br />

nicht zur Behandlung gekommene Gesetz übel' die Ausgleichsabgabe<br />

oder elen Hetol'sionszoll von 1 Mk. 50 Pfg. auf 100 k. Stabeisen und<br />

ganz grobe Gusswaren und grobe Eisen- und Stahlwal'en wiederum<br />

a,n den Heichstag. Es wurde nach sehr leblutften Debatten abgelehnt. 1)<br />

Doch hinterliessen die Erklärungen der Minister bei diesen Verlmmllungen<br />

den Eindl'l1ck, dass elie feste und zielbewusste Leitung Delbrücks<br />

einer l1nsicher11 und schwankenden HaJtung Platz gemacht<br />

habe, bei welcher weitere Wandlungen keineswegs ausgeschlossen<br />

seien. 2 ) Die Schutz7,01lpartei wal' daher auch rll1l'ch die Helle Niederlage<br />

im Heichstage durchaus nicht entmutigt. Sie schloss sieh zu einem<br />

bleibenden "Vereine dentJsehel' Industrieller zur Beförc1el'llllg uml vVahl'ung<br />

nationaler Arbeit" zusammen und richtete an elen Kaiser die<br />

') Die Debatte ge~taltet() Nich ~ll einclll heftigen Kampfe ~wischen Frcihallllcl Ulld S('hnt~zoll<br />

uml nahm inRofcl'll einen höchst eigcntümlichen Verlauf, als bei der AllstinU1llll1g ~nerst, mit<br />

glL!1Z geringer Mehrheit ein Amendement ttngen0ll1111en wnrde, c1l1l'ch welches die Zollbegünstigung<br />

anf g'robe Gnsswal'en und .EiRenschienen beRchrrLnkt bl0iben solltf;, währ811d anderReitfl tlie<br />

Absicht vorwaltete. die sog. Ausgleiehsrtbga,be auf alle Eisenartikel t1,lls~mlehncn, die anf den<br />

1. Januar 1877 zollfrei erklärt worden Wltl'en; eine Absicht" die schon im BnndeRmt olme den<br />

entRchiedensten vViderRprueh Preuss811R die Mehrheit erhalten hätte. N,tch der eventuellen Anna,hmc<br />

jenes Amendements folgte die definitive Verwerfung deR orsten Artikels und damit der<br />

gml7,en Vorlage mit 212 gegen 111 Stimmen unter Mitwirkung ztthlreichcr Schut~~öllner, wel­<br />

~hen d'LS nun im be8ten Fttlle .Eneiehllare zn wenig wal'. - Schon h("i L10n vorhergehemlcn<br />

Büdgetbcmtungen W'1l'en übrigens die beiden Parteien l1nHisslich der Zolleinnahmcn scharf tUl<br />

einander gera,ten.<br />

') Der preussische }i'inl1n~minister Cmnplmusen schloss seine Rede zu Gunsten der VorLtge<br />

mit den etwas rätRelhltften \"1orten: "ich bin nie ein l'l1eliclLlor Freihiincller gewesen uml hof1'e auch<br />

nie ein entschiedener Schutzzöllner werden r,u dürfen"; und untcr der wiederholten ErkHLrung des<br />

Ihtndelsministers Achenbach: "die Regierung sei und bleibe für eine gemilssigt libemle Zollpolitik"<br />

konnte nmn sich in der Tat ausserordentlich V cl'schiedones denken. Dem nenen PrilRi(lenton des<br />

U.·ichshtllzlpl'fIlllts, v. Hofnmnn, wnl'llen olllwhin sclmLz7.öllnorischo N(~igllll.!s·('n 7,U gf'iI eh l'iellt' 11.<br />

u<br />

3B


34<br />

Industrie der Gewebe. - Die st.. gallische Baull1wolJindustrie.<br />

Bitte um sofortige Anordnung einer Untersuchung über die Lage und<br />

Bedürfnisse der deutschen Industrie unter Zuziehung von Fachmän-<br />

11ern. 1 ) Ihr folgte der westfälische Landtag, wo sich Schutzzöllner und<br />

Ultramontane zu dem unmittelbaren Gesuche an den König verbündeten,<br />

dass er zur Abhülfe der Notstände, soweit solche im Wege der Gesetzgebung,<br />

namentlich der Zoll- und Steuer-Gesetzgebung, der Handelsverträge<br />

und der Regelung des Transportwesens. zu bewirken sei, die<br />

erforderlichen Mittel in Erwägung ziehen möge (21. Juli).<br />

Hatten solche Eingaben auch keinen unmittelbaren Erfolg, so erfuhren<br />

sie doch auch keine Zurückweisung. Sehr förderlich zeigte sich<br />

für die Bewegung im 'weitern der immer ungünstigere Verlauf der Unterhandlungen<br />

mit Österreich über die Erneuerung des Handelsvertrages<br />

von 1868 und die immer deutlicher hervortretende Absicht der österreichischen<br />

Regierung, den bisherigen Conventionaltarif durch einen<br />

ausgeprägt schutzzöllnerischen autonomen 'rarif zu ersetzen; ein Bestreben,<br />

das in Deutschland selbstverständlich eine sehr gereizte Stimmung<br />

hervorrief un:l die vielerorts ausgesprochene N eigung J<br />

Gleiches<br />

mit Gleichem zu vergelten.<br />

Dem kam ganz zeitgemäss der Entwurf eines autonomen Zolltarifs<br />

für das deutsche Reich entgegen, welcher einer auf den 13. December<br />

nach Leipzig einberufenen Ausschuss- und Delegirten-Versammlung des<br />

Centralverbancls deutscher Industrieller vorgelegt und nach rascher Einigung<br />

schon am folgenden Tage zur Überreichung an den Reichskanzler<br />

genehmigt wurde. 2)<br />

Als im Februar 1878 der Heichsta,g wieder zusammentrat - er<br />

wurde am 6. ohne 'l\'onrede eröffnet -, blieb er zwar mit neuen<br />

schutzzöllnerischen Vorlagen für einmal verschont. Dagegen verpflanzte<br />

sich die bisher auss81'halb desselben mit wachsendem Erfolg betriebene,<br />

') Einstimmig'er Beschluss einer von 442 Mitgliedern besuchten Versammlung in Fmnkfmt<br />

mn liifltin, vom 16. Juni.<br />

2) Dieser Entwurf w


36<br />

Jllllustl'ie tlur Gewe10. - Die st. g-ttllischo B


38<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. g'l11ische Baumwollinclustrie.<br />

Wie vorauszusehen, genehmigte der Bundesrat den Vorschlag des<br />

Reichskanzlers (12. December). Um sich den Schein völliger Unparteilichkeit<br />

zu ,vahren, entfernte er zwar aus den Motiven die in dessen<br />

Schreiben ganz offen ausgesprochenen schl1tzzöllnerischen Anschauungen;<br />

sorgte aber für eine Zusammensetzung der Commission, welche<br />

Ch1S unbedingte Vorhenschen der Schutzzöllner durchaus sichel' stellte. 1)<br />

Als die El'l1ennung der 15 Mitglieder erfolgt war, zeigte es sich denn<br />

auch, dass von allen nur die Bevollmächtigten der Hansestädte und<br />

Mecklenburgs die Ansichten des Freihandels vertmten. Der Vorsitz<br />

wurde dem wirtembel'gischen Freiherrn v. Varnbühler übertn1gen, dem<br />

Mc1nne, welcher im J::1hr 1866 als Minister sein Land in den Krieg gegen<br />

Preussen geführt hatte, dem Gründer der volkswirtschaftlichen Vereinigung,<br />

d. h. der geschlossenen Schutzzollpartei im deutschen Reichstage.<br />

Ein zweites Schi'eiben des Reichskanzlers an den Bundesrat (vom<br />

15. December) zu Randen diesel' Commission gab ihr sehr bestimmte<br />

Weisungen über das, was von ihr erwartet wurde. 2) Am letzten 'rage<br />

des Jahres 1878 erfolgte die Kündigung der Handelsverträge mit Bel-<br />

1) 3 Mitglieder sollte der Reichskanzler ernennen, 3 Pl'eussen, 2 Baiel'l1, je 1 Sachsen,<br />

vVirtemborg, Baden, Hessen, Mecklenburg, Slwhsen-Vveimar und die Hansestädte.<br />

2) Ausser clen eigentlichen Fimmzzöllen auf Tabak, Petroleum, Kaffe u. drg·l. sollte ein<br />

Eingangszoll von 5-10°(0 a~lf alle und jede ausländischen Erzeugnisse, gewisse Rohstoffe ausgenommen,<br />

gelegt und dadurch eine Mehreinnahme von ca. 70 Millionen JYIark für den Reichsfiscus<br />

erlangt werden (der seit 1877 zu Recht bestehende T[1l'if liess vielleicht die Hälfte [tUer Artikel<br />

frei eingehen, und für 1877 W[lr berechnet worden, dass von dem GeslulltWGrt der Wareneinfuhr<br />

von 3877 Millionen Mark nicht weniger als 2853 Millionen auf zollfreie Artikel fielen). Als<br />

ersten leitenden Gesichtspunkt hob das Schreiben das Interesse der (inanciellen Reform hervor,<br />

deren VV Gsen dnrch folgende Worte chltrakterisirt wird: "Nicht in Vermehrung der für die<br />

Zwecke des Heichs und der StalLten notwendigen Lasten, sondern in der Übertmgung eines<br />

grössern Teils der unverll1cidlicllfm Lasten auf die weniger drückenden inclirecten Steuern besteht<br />

das IVesen der Finanzreforlll, zu deren Verwirklichung auch die Zolltarif-Itcvision dienen<br />

soll." Als Grundlage diesel' Revision ist die Hückkehr zu dem frühern Grundsatze ller allg'cmeinen<br />

Zollpflichtigkeit der eingehenden vVaren anzunehmen. "IV enn hiel'llltch vom financiellen<br />

Gesichtspunkt aus, aut' welchen ich das Hauptgewicht le.IJe, die von mir befürwortete IViederherstellung<br />

der Hegel allgemeiner Zollpflicht sich empfiehlt, so lässt ein solches System meines<br />

Eracht.ens auch in volkslOil'tsclwftlicher Beziehnng sich nicht anfechten. Ich lasse dahin gestellt,<br />

ob ein Zustand vollkommener gegenseitiger J;'reiheit des int.el'l1u,tionalen Verkehrs, wie ihn die<br />

Theorie des Freihandels als Ziel vor Augen hat, dem Interesse Deutschhtncb entsprechen würde;<br />

so lange auer die meisten der Länder, auf welche wir mit nnserem Verkehr angewiesen sind,<br />

sich mit Zollschranken Ulngeben und die Tendenz zur Erhöhung derselben noch im Steigen bo-<br />

Neuer deutscher ZolItarif. 39<br />

gien und der Schweiz, welche noch der Aufstellung eines autonomen<br />

Zolltarifs im Wege standen. Die Bahn war freigemacht und die Abwendung<br />

von den Pl'incipien der Vel'tragsperiode in den Regierungskreisen<br />

schon so gut wie vollzogen.<br />

Am 3. Januar des neuen, entscheidenden J ahl'es machte sich die<br />

'rarifcommission ans Werk, nachdem sich ihr Präsidium Tags zuvor in<br />

Friedrichsruhe beim Reichskanzler nähere Instructionen . geholt hatte.<br />

Als Termin, auf welchen der autonome Tarif zur Vorlage fertig sein<br />

sollte, wurde ihr der 1. März bezeichnet: eine geradezu lächerlich kurze<br />

Frist für die ruhige und umsichtige Ausarbeitung eines ganz neuen Zollsystems.<br />

Allein die Heidelberger Ministerconferenz und der Centralverband<br />

deutscher Industrieller hatten ja gehörig vorgearbeitet und die<br />

Hauptsache schon getan, jene für die Finanzzölle, dieser für die Schutzzölle.<br />

Der absolut einseitige 'rarifentwurf cles Centralverbands wurde<br />

den Beratungen der Conmüssion zu Grunde gelegt; um vorurteilslose<br />

Untersuchungen handelte es sich nicht mehr, nachdem der doppelte<br />

Zweck der Revision zum vorneherein festgestellt war.<br />

Am 12. Februar trat der Reichstag zusammen. Durch die Tronrede<br />

liess Fürst Bismarck der Welt die bevorstehende Umwandlung der<br />

deutschen Zollpolitik ankündigen. Sie enthielt die vollständigste Absage<br />

an die Periode der Conventionaltarife und zugleich die härteste<br />

Anklage gegen die Delbrück'sche Aera. "Die verbülideten Regierungriffen<br />

ist, erscheint es mir gerechtfertigt und im wirtschaftlichen Interesse der Nation geboten,<br />

uns in der Befriedigung unserer financiellen Bedürfnisse nicht durch die Besorgnisae einschränken<br />

zu lassen, dass durch dieselben deutsche Producte eine geringe Bevorzugung vor [LUslänclisehen<br />

erfahren." Das jetzige Zollsystem schütze einzelne Industriezweige und wirke für diese,<br />

wie ein Privilegillm; es begegne daher bei den Vertretern der nicht geschützten Zweige der<br />

Erwerbstätigkeit der Abneigung, welcher jedes Privilegium ausgesetzt ist. "Diesel' Abneigung'<br />

wird ein solches Zollsystem nicht begegnen können, welehes innerhalb der durch cllts financielle<br />

Int.eresse gezogenen Schnlnken der ycsu11Iten inländischen Production einon V Ol'zug vor der aus­<br />

Hi,nclischen Production auf den einheimischen Mltrkt gewährt" . . . . .. "Bei der bevorstehenden<br />

Hevision des Zolltarifs kmm nur unsor eigenes Int.eresse massgebend sein. Dieses Interesse wird<br />

vielleicht demnüchst zn neuen VerhandluJ1yen übel' TaJ'it'certrii,qemit dem Auslande t'ühren. Sollen<br />

abel' solche Verhamllnnyen 1IIit dei' Aussicht aut' einen till' Deutsclilanil glücklichen EI't'olg be.qol1-<br />

nell werden, so ist es lIöti.IJ, 'Vol'hel' (tuf' dem autonoJllen TVey ein Zollgesetz zn schatten, welches<br />

die gesaillte inUindische P1'(}(lllctioll deI' ausWIIl7isc7lf1! yeYfl1iibel' in die JIIöylichst gilnsti.IJe La.IJe<br />

bl'in.IJt." (15. December.)<br />

Neuer deutschel'<br />

2011tarif.


40<br />

Industrie der Gewebe. -<br />

Die st. gallische Baumwollindushie.<br />

O'en beraten über die Mittel, welche die Gesetzgebung zu gewähren<br />

E:><br />

vermag, um Übelstände, unter denen wir auf wirtschaftlichem Gebiete<br />

leiden,- zu heben oder zu vermindern. Die Vorschläge, welche ich meinen<br />

Bundesgenossen teils gemacht habe, teils zu machen beabsichtige,<br />

haben zunächst den Zvveck, durch Beschaffung neuer Einnahmequellen<br />

für das 11,ei('11 die einzelnen Regienmgen in den Stand zu setzen, dass<br />

sie [tuf Fortel'hebung derjenigen Steuern zu verzichten vermögen, welche<br />

sie und ihre L~mdesvertretung als die am schwersten aufzuhringenden<br />

erkennen. 7,llgleich bin ich der Meinung, dass unsere wirtschaftliche<br />

Tätigkeit in ihrem gesamten Umfange auf diejenige Unterstützung<br />

vollen Anspruch hat, welehe die Gesetzgebung übel' Steuel'll und Zölle<br />

ihr zu gewähren vel'luag und in den Ländern, mit denen wir verkehren,<br />

vielleicht über das Bedürfnis hinaus gewährt. - Teh ha,lte<br />

es für meine Pflicht, dahin zu wirken, dass wenigstens der deutsche<br />

Markt der nationalen Pl'oduction in so weit erhalten werde, als dies<br />

mit unseren Cl esamtinteressen vertr~i,glich ist, uml dass demgemäss<br />

unsere Zollgesetzgebl1ng den bevvährten Grundsätzen wiederum näher<br />

trete, Fmf welchen die gedeihliche Wirksamkeit des Zollvereins fast<br />

ein Imlbes Jahrhundert beruht hat, und welche in unserer Handelspolitik<br />

seit dem J al1l'e 18 ß [) in wesentlichen 'reilen verlassen worden<br />

sind. Tch vermag nicht zu erkennen, dass tatsächliche Erfolge dieser<br />

'IV endung unserer Zollpolitik ZUT Seite gestanden haben." 1) So sprach<br />

der Kanzler durch den Kaiser zu dem Reichstag, und diese Worte<br />

der Tronrede waren auch das Grnndthema der Bismarck'schen Reden,<br />

mit welchen der Fürst in der grossen Debatte vom 20.-22. Februar<br />

übel' die Genehmigung eines provisorischen Hamlelsvertmgs mit Üsterreieh<br />

die neueste Wandelung seiner wirtschaftlichen Ansichten zn<br />

erklären suchte. Während Delbrück in ebenso einfachen, als schla­<br />

O'enden Worten die folg:erechte Entwicklung der preussisch-deutschen<br />

b<br />

U<br />

1) Man wird bemerken, dass hier von der Notwendigkeit des autonomen Tarifs ~ür die<br />

Unterhandlungen übOl' die Erneuerung der Hn,ndelsverhäge - ein Gesichtspunkt, dor ,lll dem<br />

Bisnmrck'seholl Schreihen I'DIll Ir •. ])pcembf'l' 1878 noch sehr lcbh~trt betont wlll'dc - kom \Vort<br />

mehl' gesn,gt ist..<br />

N euer deutscher Zolltarif'.<br />

41<br />

Zollpolitik von 1818 bis zu der Periode der Handelsverträge und die<br />

Wirkungen der letztem darlegte, 1) gieng aus den Ausführungen des<br />

Reichskanzlers doch immer wieder die sehr charakteristische 'l'atsache<br />

hervor, dass ihm in erster Linie financielle Erwägungen zu der neuen<br />

Einsieht verholfen hatten und ihn bei derselben festhielten. 2)<br />

Wie nun die Dinge lagen, galt es vor allem, dem zu erwartenden<br />

neuen Zollgesetze mit seinem autonomen Tarife unbedingt die Annahme<br />

zu sichern llnd eine entschiedene Mehrheit im. Reichstag dafür zu gewinnen.<br />

Nach frühem Beschlüssen des Bundesrats sollte die Erhöhung<br />

der Finanzzölle eine besondere V orhLge bilden. Da, indes zu erwarten<br />

stand, dass die Hauptgruppe der liberalen Partei wohl für die Finanzzölle,<br />

aber nicht für die Schutzzölle, die Hauptmasse des Centrums umgekehrt<br />

wohl für die Schutzzölle, aber nicht für die Finanzzölle stimmen<br />

werde, sorgte der Reichskanzler daJür, elass nun auch die von der<br />

Heidelberger Conferenz vereinbarten Finanzzölle der rl'arifcommission<br />

zur Beratung, d. h. zur Einverleibung in den Schutzzolltarif übergeben<br />

wurden. Damit wal' klar genug angedeutet, dass von einer grundsätzlichen<br />

Auseillanderh~Llt.ung und verschiedenen Behandlung der FimLnz"<br />

und Schutzzölle nicht mehr elie Rede sein dürfe. 3 ) Weiter mussten elie<br />

1) Nachdem Dolbrück mitgeteilt, dass in den ,hthrcn 1860-186'1 in Dentschhmd ~L1lf 100<br />

Köpfe 304 Pfc1. Baumwolle, 86 Pfcl. Wolle, 392 Pfd. Kaffe und 63 Pfd, Wein eingeführt worden<br />

seien, in elen J[Lhren 1873-77 603 Pfcl. BELUll1wolle, 181 Pfd. Wolle, 466 Pfd. KEttre uncl 3 UJ Pfd.<br />

Wein, fuhr er fort: "Der bestehende Notstand kann also nicht von dem 1865er 'l\wif henlihren.<br />

vVill man elie Erfahrungen der letzten Jahre zum Massstab für die Beurteilung' dor wirtschaftlichen<br />

Gesetzgebung nehmen, so muss man eigentlich alle denkbaren Systeme vorurteilen: denn os<br />

herrschte in diesel' Zeit in Amerika das ]lrotectionistische, in Englallll das freihäncllel'ische und<br />

in Deutschland ein dazwist;hen liegendes System, und iibemll siml die gleichen Symptome der Not.<br />

Diese mnss also anf allgemeineren Gründen beruhen, als der handelspolitischen Ciesetzgelmng,"<br />

2) Es entschlüpfte ihm dabei clftS llHlrkwürdige Geständnis, c1flSS es eigentlieh sein Ideal<br />

gewesen, den Zolltarif auf ganz wenige Fimtn:t,zölle 7.Ill'iiek:t,nführen, IULeh dem sog. englisehen<br />

Princip. "Ich hfLhe es befürwortet; aber sagen Sie "clbst, meine HOlTen, habe ich cbrill bei irgend<br />

jemand Gegenliebe gefunden, ist mir darin irgend jemand nur irgend einen Finger breit entgegen<br />

gekommen? Ist nicht der erste Versueh, mit dem 'l\tb>tk dieses System einzuleiten, ist der nicht<br />

mit. einer Unfrenndlichkeit aufg'enommen worden, die mir ganz nou war, in den Fl'lcctioncn, mit<br />

clenen ich früher in Verbindung gestanden habe '( ..... Ich mnss ttlso sagen, dass diesel' Versuch<br />

von mir g'anz ehrlich genutcht. worden ist."<br />

3) Nur die Verbrauchssteuern von Tftbak, Bier und Brmmtwein wurden für eine gesonclerk<br />

Behandlung vorbehalten.<br />

6


42<br />

Industrie der Gewebe. -<br />

Die st. gallische Bmnl1wollinclustrie.<br />

sehr zahlreichen landwirtschaftlichen Interessenten, die sogenannten<br />

Agrarier, im Reichstage auch für die Vorlage gewonnen werden. 1 ) Die<br />

rrarifcommission beschloss daher die Einführung von Vieh- und Getreidezöllen<br />

; und als diese nicht so hoch ausfielen, wie sie der vom Congress<br />

deutscher Landwirte ausgearbeitete rrarif verlangte, versicherte der berühmte<br />

Brief des Reichskanzlers vom 16. April an den bairischen Freiherrn<br />

von Thüngen die Vertreter der deutschen Landwirtsclmft seiner<br />

vollsten Sympathie mit ihren Forderungen und seiner kräftigsten Unterstützung<br />

bei Jer Behandlung des Tarifs im Reichstage; indem er sie<br />

zugleich malmte, sich selbst zu rühren, zu vereinigen und Anträge zu<br />

stellen. Eine recht verständliche Sprache!<br />

Inzwischen hatte die Tarifcommission so ziemlich auf den ihr gestellten<br />

'l'ermin ihre Arbeit vollendet 2) und der Bundesrat das Ergebnis<br />

ohne weitere Prüfung genehmigt, 3) dem neuen Zolltarif die<br />

"allgemeinen Motive" und den sogenannten "Kampfzollparagraphen"<br />

beigegeben und ihn hierauf dem. Reichsta,g zur Behandlung übersandt. 4)<br />

1) Schon die Delegirten-Versmm111ung des Centl'alverbandes deutscher Industriellen vom<br />

15/16. Februar deutete [tuf diese Notwendigkeit hin dureh die Erklärung: "dass der Verband<br />

vom Standpunkte einer geschützten nationalen Industrie- und Gewerbtätigkeit aus gegen den<br />

entsprechenden Schutz der vftterländischen Landwirtsclmft, also auch gegen einen müssigen Geh'eide-<br />

und Viehzoll, nichts zu erinnern finde und davon keinen Nachteil wedel' für die deutsche<br />

Industrie, noch die in derselben beschäftigten Arbeiter befürchte". Die Lftndwirtschllft verlangte<br />

aber "vor allem einen tüchtigen Zoll [mf Getreide". (Siehe Schreiben des Freiherrn v. Thüngen<br />

vom 12, April an Graf vVilhelm Bismarck)<br />

2) Die erste Beratung' wal' auf den 9. März fertig geworden, die zweite ftuf den 26. März.<br />

3) Nur die oldenburgische Regierung hfttte den Mut, ihr Missfftllen auszusprechen sowohl<br />

über die Verschmelzung der in Heidelberg beschlossenen Finftnzvorbge mit den übrigen<br />

Tarifpositionen, [ÜS mlCh darüber, dass der Gesetzentwurf über den Zolltarif, entsprechend der<br />

vVichtigkeit des Gegenstftndes, nicht an die betreffenden Bundesmtsausschüsse zur Prüfung und<br />

Berichterstattung verwiesen wurde, und chss ihr zur PrL1fung des Entwurfs und zur Instruirung<br />

ihrer Bevollmächtigten übel' denselben nur eine Frist von 3 Tagen (vom 30. März bis 2. April!!)<br />

gegönnt wal', und zwar, ohne dass dem eing'esandten 'rarife irgend welche Motive oder Erläutenmgen<br />

beigegeben waren.<br />

4) Auch die Motive stellten das finftncielle Bedürfnis als Yemnlassnng der l'tevision in<br />

erste Linie: "An die Stelle des alten Zoll vereins 1st das deut8che Reich mit ansehnlichem<br />

eigenem Fillftllz1Jedftrf getreten. vVährencl der Zollverein aus seinen Einnahmen Auszahlungen<br />

an die Mitglieder der Zollgemeinsclmft leistete, sind jetzt noch besondere Matricularbeitrtlge<br />

seitens derselben an dfts Reich zu zahlen" ... 'vVeil die Verfassung des früheren Zollvoreins für<br />

Abänderungen der Zolhlnsätzo Einstimmigkeit verlangte, Imm die Fortbildung des Tftrifs wesentlich<br />

auf dem vVege des Abschlusses von Zoll- und Hftndelsverträgen mit fremden Staftten zu<br />

Neuel' deutscher Zolltarif.<br />

43<br />

Unmittelbar nach den Osterferien gedachte nmn auf die V Ol'lage emzutreten.<br />

Während diesel' Ferien rüsteten sich beide Parteien ZUlU<br />

Kampfe und veranstalteten zahlreiche Versammlungen, welche Resolutionen<br />

für und wider annahmen und mehl' oder weniger kräftige Petitionen<br />

i:l,bgehen liessen.<br />

Am 2. Mai wurde die allgemeine Debatte eröffnet; am 9. fand sie<br />

damit ihren Abschluss, dass der Reichstag den Antrag auf Einsetzung<br />

besonderer Commissionen für Finanz- und Industriezölle ablehnte und<br />

eine einheitliche Commission aus 18 Schutzzöllnem und 6 Freihändlern<br />

zur Prüfung des neuen Zolltarifs bestellte.<br />

Es liegt zum Glück nicht in unserer Aufgabe, den weitem Gang<br />

der Beratungen im Schosse der Commission und des Reichstages zu verfolgen.<br />

1 ) Dass sie schliesslich in eine wilde Ji:l,gc1 der Interess.enten und<br />

stltnde, was zu allmäliger Abminderung dos früheren Schutzes der einheimischen Prod l1ction<br />

führte. Diese Politik konnte dem wirtsclmftlichen Interesse der N fttion nur unter der doppelten<br />

Voraus~etzung entsprechen: rlftss 1. die übrigen Staaten, dem deutschen Beispiele folgend, "das<br />

Exportmterosse übel' die ~~chel'Ung des einheimischen NÜll'ktes stellten" und dass 2. "keine fl\r<br />

Deutschland ungünstige Andonmg in den wirtsclmftlichen Machtverhältnissen der Nationen<br />

gegenl\ber dem Zustande zur Zeit des Abschlusses der Handelsverträgo in den Sochziger Jahren<br />

eintrat". Beide Yomussetzungen haben sich llber nicht erfüllt, und deswegen sei der bisherige,<br />

im wesentlichen lll1f den Yertragsverhandlungen mit Österreich und li'mnkreich beruhende<br />

deutsche Tarif unter den gegenwärtig'en Verhältnissen in volbwirtsclmftlicher Beziehung nicht<br />

mehl' g·enilgend ... " "Die ,yerschiebullg in der ökonomischenNIftchtstellung der N fttionen, verbunden<br />

mit manchfaltlger Uberproduction in


44<br />

Iml11~trie der Gewebe. - Die st. gallisehe Baumwollindushie.<br />

einen wahren schutzzöllnerischen Veitstanz ausarteten, in welchem jede<br />

Begierde nicht bloss übel'


4ß<br />

Inchmtrie der Gewebe. - Die st. ga,llische B'Hullwollinc1ustrie.<br />

Das Einzige, was erlangt werden konnte, war auch hier ein sogenannter<br />

Meistbegünstigungs-Vertrag auf kurze Kündungsfrist (23. M~ti 1881),<br />

welcher Jedem freie I-Ittnd liess und Österreich nicht im geringsten abhielt,<br />

im nächsten J (th1'e seinen 187 8er Tarif mit ausdrücklicher Berufung<br />

auf den deutschen Zolltarif von 1879 noch eimmtl nach aufwärts<br />

zu revidiren, mll den Vorsprung, den ihm Deutschland mit seinen Zollerhöhungen<br />

abgewonnen hatte, wieder mehr als auszugleichen.<br />

Sobald es sich in den ersten Monaten des Jahres 1881 immer deutlicher<br />

herausstellte, dass die Unterhandlungen mit Österreich nicht zu<br />

dem gewünschten Ziele führen würden, hatte die deutsche Regierung<br />

der Schweiz die Bedingungen eröffnet, unter denen sie sich zu einer<br />

weiteren Verlängerung des Vertrages von 1869 verstehen wollte. Es<br />

waren folgende: Streichung der "Weintrauben " aus den Artikeln, für<br />

die jener Vertrag gegenseitige zollfreie Einfuhr ausbedungen hatte; 1)<br />

Aufhebung der vertragsmässigen Zusicherung des freien Veredlungsverkel1Ts<br />

2) und eine schärfere Fassung der besonderen Bestimmungen<br />

übel' den Grenzverkehr.<br />

Eine in dieser Weise modificirte Verlängerung des bisherigen Verhältnisses<br />

schien dem Bundesntte nicht wünschbar. Er berief daher<br />

auf den 4. Mai eine besondere Expertencommission, welcher auch der<br />

schweizerische Gesandte in Berlin, Herr Dr. Roth, beiwohnte, und legte<br />

ihr die Fntge vor: ob bei den vorhandenen Aussichten ein neuer definitiver<br />

VertraO' mit Deutschhtnd oder ein Provisorium auf dem Fusse der<br />

h<br />

Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nettion angestrebt oder endlich<br />

gar kein Vertrag abgeschlossen werden sollte ~ 3) Die Uommission<br />

1) Diese Ausnahme wlll'de verhtngt, weil dlll'ch die ll1as~enhafte Einfuhr, besonders italienischer<br />

vVeintrauben, die chtnn in Deutschland ausgepresst wurden, eine Umgehung des Weinzolls<br />

stattfand.<br />

2) vVeil auch der gegenseitige freie VerecUungsverkehr zwischen Deutschland und Österreich<br />

aufhören und Frankreich das Recht genolllmen werden sollto, mit Berufung auf die JliIeistbegünstigungs-Clansel<br />

des Fmnkfurter Friedens Ansprüche auf einen freien Veredlungsverkehr<br />

mit der elsässischen Druckerei zu erhe1)en, gegen welchen die elsässischen Spinner und ,V eber<br />

Einsprache erhoben. - S, Protokoll der Conferenz v. 4. Mai 1881, A.<br />

3) Diese Expertenconnuission bestand fms den Herren Minister Dr. Hoth, Nlttionalrat Geigy,<br />

Ständerat Blumer und Bertheau-Hürlinmnn, unter dem Vorsitze des Herrn Bundesrat Ruchonnet<br />

Erneuerung des Handel~vortntgs mit Deutschland.<br />

47<br />

entschied sich für den Versuch, zu einem neuen Vertrage zn gelangen,<br />

besonders, um die Zukunft des freien Veredlungs verkehrs so weit<br />

immer möglich zu sichern. Dass Deutschland an seinem neuen Tarif<br />

nicht jetzt schon wieder rühren lasse, nachdem dieser Tarif eben noch<br />

aus allen Registern als untrügliches Universalmittel für alle wirtschaftlichen<br />

Nöte des Reiches gepriesen worden war, konnte man<br />

voraussetzen. 1) Da somit die Frage von Vertragstarifen zum vorneherein<br />

wegfiel, gestaltete sich die Aufgabe der vom 12.-22. Mai in<br />

Berlin geführten Unterhandlungen ziemlich einfach. Der neue Vertrag,<br />

der aus ihnen hervorgieng, war im wesentlichen der alte Meistbegünstigungs<br />

-Vertrag mit jenen oben angeführten Abänderungen,<br />

welche die deuts,che Regierung zur Bedingung der Erneuerung geals<br />

damaligem Vorsteher des schweizerischen Handels- und Landwirtschafts-Departements. _<br />

Das kaufmännische Directorium hatte schon in einer Eingabe vom 6. Juni zu Handen des Bnndesrats<br />

die feste Erwartung ausgespr.ochen, dass durch die Verlmndlungen wenigstens der g'egenseitige<br />

freie Veredlungsverkehr gesichert werde. Auch einen Versuch für Herabsetzung der neuen<br />

deutschen Zölle auf Bamllwollgarne, undichte Gewebe und Stickereien forderte es, ohne indessen<br />

grosse Hoffnung auf dessen Erfolg zu setzen.<br />

1) Der in den ersten Programm-Schriften und -Heden der deutschen Zoll revision ausgesprochene<br />

Gesichtspunkt: dftSS die Revision auch dazu dienen solle, den Abschluss neuer, vorteilhafter<br />

Vertdige mit dem Ausland zu erlangen, war in dem weitetn Verhmfe der Zolldebattrm g'änzlich<br />

fftllen g'elassen worden; im Gegenteil wurden die hohen Schutzzölle anderer Staaten als Ausfluss<br />

staatswirtschaftlicher höherer Einsicht zum nachahmungswerten Beispiel vorgeführt.; und<br />

kaum wal' der neue Tarif festgestellt, so fasste der Centralverbancl deutscher Industriellen, der<br />

Berater und Vorarbeiter des Reichskanzlers bei der ganzen sogenannten Reform, in der Frag'o<br />

der Handelsverträge folgende Resolutionen (in der Generalversammlung vom 22, September 1879) :<br />

1) Die vollständige Durchführung des neuen autonomen Zolltarifs soll auch beim Abschluss<br />

neuer Handelsverträge unbedingt festgehalten werden. 2) Das etwaige Zugeständnis der Meistbegünstigung<br />

ist nur auf kündbare oder kürzere Fristen und nur unter den erforderlichen Vo.rbelmlten<br />

zu g'ewithren. 3) Vor dem Abschluss von Hrmdelsverträg'en sind die beteiligten Interessenten-Kreise<br />

gutachtlich zn hören. - Dem entsprechend gab der Reichskanzler in den Steuer­<br />

Debatten des Frühjahrs 1881 im Reichstag die ktttegorische Erklärung ab, dass er fest entschlossen<br />

sei, jeder Modification des Tarifs nach der freihändlerischen Seite zu widerstreben und nach der<br />

Seite des grösseren Schutzes, einer höhern Revenue vom Grenzzoll, hilfreich znr Seite zu stehen,<br />

soweit sein Einfluss reiche; unter der vorausgehenden Erklärung: "Ohne leidenschaftlicher Schutzzöllner<br />

zu sein, bin ich doch ein leidenschaftlicher Finanzzöllner, wegen der Überzeugung, dass<br />

die Finanzzölle, die Grenzzölle, fast ausschliesslich vom Aushtncle getragen werden, namentlich<br />

für Fabricate, und dass sie immer eine nützliche schutzzöllnerische Rilckwirkung haben." Für<br />

den gewöhnlichen Sterblichen einigel'lnassen orakelhaft tönende Aussprüche; besonders ist es<br />

für den gemeinen Menschenverstand nicht leicht begreiflich, wie Grenzzölle, die als Schutzzölle<br />

wirken, auch als Finanzzölle besonders wirksam sein sollen. Das ist doch nur in einzelnen<br />

l


48<br />

Industrie der Gewebe. -<br />

Die st" gallische Bmunwollinc1ustrie.<br />

macht hatte. 1) Über die absolute Verweigerung jeder Concession auf<br />

den erhöhten Zollansätzen half die Erwägung hinweg, dass dabei die<br />

Schweiz auch ganz freie Hand behalte für die Neugestaltung ihres Zolltarifs,<br />

und die kurze Zeitdauer von 5 Jahren, auf welche der Vertrag<br />

abgeschlossen war. Er wurde von der Bundesversammlung beinahe<br />

olme Widerspruch angenommen, aber auch nur in der Meinung, welcher<br />

der Bundesrat in seiner Botschaft vom 9. Juni Ausdruck gab: dass<br />

das Gebotene zwar nicht befriedige, dass jedoch gegenwärtig keine<br />

Aussicht vorhanden sei, etwas Besseres zu erlangen, und daher dieses<br />

Ergebnis immerhin einem vertraglosen Zustande vorzuziehen sei. Es<br />

dürfte sich fragen, ob im Jahre 1886 diese Ansicht noch vorherrschen<br />

wird, nachdem durch den Handelsvertrag zwischen. der Schweiz und<br />

Frankreich dem deutschen Reiche ohne irgendwelche Gegenleistung<br />

ganz bedeutende Begünstigungen seitens der Schweiz von selbst in den<br />

Schoss gefallen sind. Nach unserer Ansicht ist ein Vertragsverhältnis<br />

auf Grundlage der sogenannten Meistbegünstigung mit schutzzöllnerischen<br />

Staaten geradezu eine Unnatur und vernünftiger Weise unvereinbetr<br />

mit dem gleichzeitigen Abschluss von Tarifv8l'trägen auf Grundlage<br />

gegenseitiger Concessionen mit anderen Staaten. Kommt ja schliesslich<br />

ein solches Verhältnis darauf hinaus, dass der eine Contrahent den doppelten<br />

Vorteil vollständig freier Bewegung und des Mitgenusses allel'<br />

Begünstigungen geniesst, welche Dritten imf feste Zeit zugesichert werden;<br />

während der andere Contrahent dmch seine Concessionen an Dritte<br />

1) Für den ungestörten l


50<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. g[lJlische B[l,umwollinclustrie.<br />

Revision des schweizerischen Zollbrifs.<br />

51<br />

Rovision des<br />

schweizerischen<br />

Zolltarifs.<br />

Absonderung unwiderstehlich entgegenwirken und den Völkern und<br />

ihren Lenkern die iI:tl Grossen, wie im Kleinen gültige Wahrheit neuerdings<br />

zum Bewusstsein bringen werde, dass sie alle auf einander angewiesen<br />

sind und dass die Wohlfahrt des Einzelnen nur bei der W ohlfahrt<br />

des Ganzen chtuernden Bestand hat. Es ist und bleibt unsere<br />

feste Überzeugung, dass in dem Freihandel eines der wichtigsten Momente<br />

der civilisatorischen und sittlichen Entwicklung der Menschheit<br />

liege. Ideen aber, welche von der eigentlichen Gl'undströmung ihrer<br />

Zeit getragen sind, können wohl durch besondere Störungen zeitweise<br />

verdunkelt und zurückgedrängt werden; jedoch nur, um sich wieder<br />

mit um so stärkerer Macht geltend zu machen, sobald jene Störun.gen<br />

aufgehört haben. Freilich muss leider zugegeben werden, dass das<br />

Evangelium der kurzsichtigen nationalen Selbstsucht und eines überreizten<br />

nationalen Selbstgefühls schon lange nicht mehl' mit solcher Energie<br />

und solchem Erfolge gepredigt wurde, wie gerade in unseren Zeiten.<br />

Auch unser Land ist davon nicht unberührt geblieben und konnte<br />

sich den Einwirkungen der eben geschilderten Vorgänge in den N achbarstaaten<br />

nicht ganz entziehen. Seine Interessen wurden durch sie so<br />

sclnver verletzt, dass der Versuch einer möglichsten Abwehr und Vergeltung<br />

der erlittenen Schädigung durch ähnliche Mittel beinahe notwendig<br />

hervorgerufen werden musste. Sehen wir zu, wie sich die neue Aufnahme<br />

der Schutzzolltheorie durch die grossen Continentalstaaten in<br />

dem bisherigen Gange der schweizerischen Tarifrevision widerspiegelt.<br />

Das Bedürfnis zunächst einer formellen gründlichen Revision des<br />

schweizerischen Zolltarifs vom Jahre 1851 ergab sich schon aus dem<br />

Abschluss des Tarifvertrages von 18ß4 mit Frankreich. Als nämlich<br />

der mit diesem Vertrage verbundene Conventionaltarif auf den 1. Juli<br />

18 ß 5 nicht allein gegenüber Frankreich, sondern auch gegenüber<br />

Deutschland und Italien ins Leben treten sollte,l) sah sich der Bundes-<br />

1) Durch diese Massregel trat die Schweiz ihrerseits auch in den Genuss der SpeciaIt[l,rife,<br />

welche Deutschhlnd um] Italien dallmlsFrankreich schon ~ugestanden Imtten. Da ferner Nord-<br />

rat veranlasst, auf jenen ZeitpunH zur Bequemlichkeit des Publicums<br />

eine neue Ausgabe des schweizerischen Zollbl'ifs zu veranstalten, in<br />

welcher die in Kraft gebliebenen alten Ansätze des allgemeinen Tarifs<br />

und die neuen des Conventionaltarifs in ein Ganzes zusammengestellt<br />

waren. Dabei zeigte es sich aber sofort, dass eine solche einfache Verschmelzung<br />

des Alten und N euen nicht wohl angehe. 1) In der Botschaft,<br />

durch welche der Bundesrat die provisorische Anwendung des<br />

französischen Conventionaltarifs auch gegen Deutschland und Italien<br />

rechtfertigte und um die nachträgliche Zustimmung der Bundesversammlung<br />

zn seiner Verfügung ersuchte, erklärte er selbst eine definitive<br />

Bereinigung und Hevision unseres Zolltarifs nach dem Abschluss<br />

der weitern, in bestimmter Aussicht stehenden Verträge mit unseren<br />

Nachbarstaaten als unumgänglich notwendig. 2) Die nationalrätliche<br />

Commission, ·welche übel' diese Frage Bericht erstattete und das Vorgehen<br />

des Bundesrates billigte, war damit vollkommen einverstanden<br />

und hob nachdrücklich die formellen und materiellen Mängel des bestehenden<br />

Zusbndes hervor. Sie erklärte schon damals durch den Mund<br />

ihres Berichterstatters, des spätem Bundesrates Dr. J. Heer, dass die<br />

Revision eine grundsätzliche sein und nach bestimmten, leitenden Prinamerika,<br />

Grossbritannien und Belgien in jenem Zeitpunkte schon in dem vertraglich geordneten<br />

Verhältnisse der Meistbegünstigung zu der Schweiz standen und die Schweiz überhaupt auf'<br />

das Verlangen von ürsprungszeugnissen fmf clie eingehenden "Varen verzichtete, trat fhctisch<br />

mit dom 1. .Juli 1865 der schweizerisch-französische Conventionaltarif an die Stelle des ersten<br />

schweizerischen allgemeinen Zolltarifs.<br />

1) In dem gleich zu erwähnenden Berichte der nationalrtitlichen Commission heisst es in<br />

diesel' Beziehung: "Zu bedauern ist jedonfalls auch, dl1SS im ConventionaItarife überall auch<br />

für die schweizerischen Ansätze die Ru bricirungen und Benennungen des französischen Tarifs<br />

zu Grunde gelegt wurden, die nun mit den in unserem 'l'arife herkömmlichen vielfach nicht<br />

gut übereinstimmen und daher bei der Formation der neuen Zusammenstellung ausserordentliche<br />

Schwierigkeiten bereiteten und hie und da zu Weitlänfigkeiten nötigten, welche den neuen Tl1l'if<br />

geradezu unförmlich erscheinen lassen."<br />

2) "Bei welchem Anlasse dann auch die Frage zu belmndeln sein wird, ob der dannzumal<br />

festzustellende neue allgemeine 'l'arif ohne AUSlmhme allen Staaten gegenüber in gleicher Weise<br />

gehandhabt, oder ob auf den Erzeugnissen deljenigen Staaten, welche die Schweiz nicht auf<br />

dem Fusse der meistbegünstigten Nation behandeln, Zuschlagszölle erhoben werden sollen, wie<br />

solche auch im neuen allgemeinen österreichischen Zolltarif vorgeschrieben sind." Bundesblatt<br />

1865. UI, 94.


52<br />

Industrie der Gewebe. -<br />

Die st. gallische B,nullwollindustrie.<br />

clplen durchgeführt werden müsse. 1) In einem Zusatzprotokoll endlich<br />

zu dem Ha,nc1elsvertrage mit Italien vom 22. Juli 1868 verpflichteten<br />

sich die Contrahenten förmlich, "so bald als möglich einen zusammengefa,ssten<br />

und einheitlichen Tarif zum Gebrauch der Behörden und Angehörigen<br />

beider Länder auszuarbeiten." 2)<br />

Im Jahr 1870 schickte sich der schweizerische Bundesrat el'l1stlich<br />

an, dieses Versprechen seinerseits einzulösen. Die Oberzolldirection<br />

nahm die Vorarbeiten eifrig an die Hand und wurde dabei von selbst<br />

zu dem Versuche geführt, mit der formellen Umarbeitung des bisherigenTarifs<br />

auch eine grundsätzliche materielle Umgestaltung zu verbinden,<br />

entsprechend dem Wunsche der nationalrätlichen Commission<br />

von 1865. 3 ) Eine vom Zolldeparteulent auf den 31. Juli 1871 einbe-<br />

') In formeller Hinsicht verlangte elie Commission, dass die bisher eingehaltene Zusammenstellung<br />

des schweizerischen Zolltarifs nach Zollklassen, d. h. nach der Höhe der Zollansätze, ersetzt<br />

werde durch eine Zns[1,]llmenstellung cles Stoffs nach "Materien", d. h. nach den zusammengehörigen<br />

,Varengattungen ; in 11Iatedellel' Hinsicht wies sie auf die ganz widersinnigen Erscheinungen<br />

hin, welche durch die Abänderung der einen, die unveränderte Belasslll1g der andel'l1 Ansätze zu<br />

TfLge traten: so wal' der Zoll auf die feinsten Gusswaren durch den Conventionaltarif auf Fr. 1<br />

per Centner hinuntergesetzt worden, für i'ohe Fisch bänder, Vorlege- und andere Schlösser blieb<br />

er auf Fr. 3. 50; gezogene B,öhren bis zu 9 mm. Caliber bezahlten nach dem Conventionaltarif<br />

noch 30 Hp., solche von grösserem Caliber blieben ebenfalls auf Fr. 3. 50 etc. Der Bericht schliesst<br />

mit folgenden ,Volten: ",Vir bezwecken mit der Hervorhebung diesel' Übelstände nur das darzutun,<br />

dass die definitive Hevision unseres Zolltarifs, sobald einmal die Periode der (Unterhandlungen<br />

übel' den Abschluss der) Handelsverträge, die ein natürliches Provisorium bildete, vorüber<br />

sein wird, nicht bloss ein Bedürfnis ist, sonclel'l1 dass sie, wenn sie ein befriedigendes Hesultat<br />

liefern soll, notwendig verbunden sein muss mit eine!' [jrundsützlichen Eröl'tel'un[j Wlsel'es .qCtl1Zen<br />

Systems wHI mit der Aufstellui1Y und Ein7taltung bestimmter, leitender Pl'incipien j dass sie aber<br />

deshalb schwerlich a18 eine blosse Büreauarbeit behandelt, sonclel'll unter Mitwirkung der erleuchtetsten<br />

und unbefangensten Fachmftnner an die Hrmd g'enolllmen werden lllUSS." Bundesblatt<br />

1865. III, (460-468.)<br />

2) Bundesblatt 1868. IH., 477.<br />

3) In einem Schreiben vom 4. Mai 1870, durch welches der Oberzolldirector seine erste<br />

Vorarbeit zu einer Vorlage an das Departement den Zolldirectoren cles 1., 11. und IH. Kreises<br />

zur Beguta,chtung mitteilt und die leitenden Gesiehtspunkte hervorhebt, wird zwar [1,]n Schlusse<br />

deutlich bemerkt, "dass es sich ,jetzt nur mll einen aberlllaligen provisorischen Tarif handeln könne,<br />

der in seiner neuen Forlll Veralliassung und Belehrung geben würde, wie auf die Zeit des Abhwfs<br />

der Verträge ein definitiver Tarif einzuführen sei." Dennoch wurde, so viel wir aus dem<br />

uns vorliegenden Materiale ersohen, der Conferenz vom 31. Juli bis 4. August 1871 ein Entwurf<br />

des Oberzolldirectors für einen vollstltndig umgearbeiteten Tarif zu Grunde gelegt, dessen Ansätze<br />

zwar die bisher als Maximum acceptirten Fr. 30 per Cüntner nirgends i'tberschritten, aber<br />

gleichwohl nach der DUl'chschnittseinfuhr der Jahre 1867-69 für die Buncleskasse einen Mehrbetrag<br />

von 2 Millionen ergeben hätten.<br />

Hevision eles schweiy.erischen Zollbrifs.<br />

53<br />

rufene Conferenz von Zolldirectoren und andern Experten prüfte und<br />

billigte in der Hauptsache die Vorb,ge, welche aus den Arbeiten des<br />

Oberzolldirectors hervorgegangen war. Allein am Ende musste man<br />

sich doch überzeugen, dass vor dem Ablauf der abgeschlossenen Handelsverträge<br />

mit ihrenConventionalt~trifen von einer systematischen<br />

Neuordnung unseres Zollwesens nicht die Rede sein konnte, da jene<br />

Verträge eine financiell unerlässliche Ausgleichung der gewünschten<br />

Reduction der einen Ansätze durch die Erhöhung von anderen nicht<br />

gestatteten. Man begnügte sich also mit der besseren Einteilung und<br />

deutlicheren Passung des bestehenden rrarifs, wie er durch die verschiedenen<br />

Verträge modificirt worden war und zuerst mit dem Zusatz "provisorisch",<br />

nachher ohne denselben allgemeine Gültigkeit erlangt hittte,<br />

ohne dass hierüber jemals ein förmlicher Beschluss gefc"tsst oder der alte<br />

Tarif durch Gesetz neben dem neuen als aufgehoben und dieser als<br />

einzig rechtsgültiger, schweizerischer Zolltarif erklärt worden wäre. 1)<br />

Damit hatte es für einmal sein Bewenden. 2 )<br />

Doch war schon bei diesen Verhandlungen, welche zeitlich mit<br />

denjenigen über eine durchgreifende Revision der Bundesverfassung<br />

Gleichzeitig hatte auch HOlT Salomon Zellweger in Trog'en im Einverständnis mit dem eidgenössischen<br />

Oberzollc1irector zwei neue Entwürfe ausgearbeitet: den ersten auf Grundlage von<br />

Wertzöllen in Anlt'hnung an das holländische System (5 °jo); den andern mit Anslitzen n8.ch dem<br />

Gewichte, die für teure Luxusgegenstände bis auf ]'1'. 100 per Centner stiegen, im Dlll'chschnitt<br />

jedoch sehr massig gelmlten waren, wit' überhanpt seine beiden Projecte die notwendigsten Lebensbedürfnisse,<br />

sowie die Hiilfsstoffe für Landwirtschaft, Gewerbe und Inrlustrie dlll'chgreifend entlasteten<br />

und nur noeh mit einer ControlgeLühr belegten. Sein erstes Project stellte eine J ahreseinlllLlun8<br />

von ca. 12 ' /, Millionen, das zweite ein solehes von nahezu 14 Millionen in Aussicht,<br />

also eine Mehreinlllthme von 4 bezw. 6 :Millionen Franken übel' den Dnrchschnittsertrag' von<br />

ca. 8 ' /2 Millionen der 4 vorherg'chenden Jahre.<br />

Auch der schweizerische Handels- und Industrie-Veroin rüstete sich Zlll' NIitwirkun o' bei einer<br />

Zollrevision, durch welche die Zollansätze erhöht werden sollten; liess jedoch den Gege~stand für<br />

einmal wieder fallen, fLls er darüber belehrt wurde, dass es sich vorläufig bloss um eine formelle<br />

Revision handle. Die Idee der Einführung einer Verzollung nach dem Werte fand bei<br />

seinen Sectionen nicht viel Beifall.<br />

') Gesetzliche Geltung hat (hther bis Zlll' Stunde nm der Tarif von 1851.<br />

') Unter dem Datum des 3. August 1872 legte das Zolldepartement den neugestalteten Tftrif mit<br />

seinem Schlussberichte dem Bundesrate Y.lll· Genehmigung vor, die am 14. August ltusgesprochen<br />

wurde. Der Charakter der Umarbeitung wirc1 durch folgende ~Worte des Berichtes bezeichnet:<br />

"Der andere Vifunsch der natiollltlrätlichen Commission: es möchte auch in materieller Hinsicht<br />

der 'l'arif umgearbeitet werden, damit gewisse Missverhältnisse in den il,ollansätzen entfernt


Vorarbeiten.<br />

54<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

zusaInmenfielen, die unbedingte Notwendigkeit einer Erhöhung der Zolleinnahmen<br />

für den Fall betont worden, dass in Folge der Verfassungsrevision<br />

das ganze Militärwesen dem Bund übergeben würde. Mit der<br />

Annahme der neuen Bundesverfassung vom 2 \). Mai 1874 trat dieser<br />

Fall ein und damit gestaltete sich die Frage einer materiellen Umgestaltung<br />

des Zolltarifs zur Vermehrung der Bundeseinkünfte zu einer<br />

dringlichen. 1) Es stand nun ausseI' Zweifel, dass auch die Schweiz bei<br />

Ablauf der Verträge von der Kündung Gebrauch machen werde, um<br />

mit der Erneuerung eine Revision ihres Zolltarifs zu verbinden.<br />

Im Frühjahr 1876 fand das schweizerische Zolldepartement es an<br />

der Zeit, das Project wieder aufzunehmen und an die nötigen Schritte<br />

zn dessen Verwirklichung zu denk81l. Als der Delegirten-Versammlung<br />

des schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins vom 10. April davon<br />

Mitteilung gemacht w1ll'de, erliess sie an den neuen Vorort 2) die<br />

Einladung) "in geeigneter Weise dahin zu wirken, dass zu der gegenwärtig<br />

eingeleiteten Revision des schweizerischen Zolltarifs auch Vertreter<br />

des Handels und der Industrie beigezogen werden möchten."<br />

In seiner Antwort auf eine entsprechende Zuschrift erklärte das Depa,Ttement,<br />

"dass die Tarifrevision, was die Zollansätze betreffe, nach<br />

den Grundsätzen von Art. 29 der Bundesverfassung an die Hand genommen<br />

werde; l1nbelangend die Fassung der Tarifpositionen sei es<br />

für das Publicum, wie für die Zollverwaltung wünschbar, dass diejeniwürden,<br />

konnte vor der Hand seine Erledigung nicht finden. Eine vielfach ganz zu rechtfertigencle<br />

Herabsetzung mehrerel' unserer jetziger Zolltaxen müsste zur Ausgleichung des financiellen<br />

Ausfa,lls einer munhaJten Erhöhung anderer Anslitze rufen, was aber einseitig unserseits nicht<br />

eintreten chl,l'f, bis und so lange die bestehenden Verträge und vereinbarten 'raxen nicht kündbrLr<br />

sind. Erst 1878 wird ernstlich daran gechtcht werden können.<br />

"D;Ls vorliegende lVImmscript ist, wie schon angedeutet, auf Grund der bestehenden Verträge<br />

abgefasst und nur hie und da der Wortlaut der einzelnen Positionen entweder vereinfrtcht<br />

oder verdeutlicht worden. . . . .. Erhöhungen gegenüber dem bisherigen Tarif sind hiebei keine<br />

oingeführt, hinwieder einige geringe Ennässig'ungen und ErHiute1'l1l1gen, die ohne alle 'l'ragweite<br />

sind, im Interesse der rascheren und billigeren Zoll behandlung aufgenommen worden."<br />

1) Allerdings fiel durch die neue Bundesverfassung die bisherige Zollentschädigung an die<br />

Krtntone weg (siehe Industrie und Handel des Kantons St. Gallen, S. 452 f.). Doch genügte dies<br />

bei weitem nieht ZUL' Ausgleichung der durch Übernahme des gesamten Militärwesens erwachsenden<br />

Mehrbelastung.<br />

2) Die vorörtliche Leitung gieng rlaumls von St. Ga,llen an Bltsel übel'.<br />

Revision des schweizerischen Zolltarifs. -- Vorarbeiten.<br />

55<br />

gen Bestimmungen des Tarifs, welche seit ihrem Bestehen zu keinen<br />

Schwierigkeiten Anlass gegeben, möglichst unverändert gelassen werden."<br />

Sobald der in Arbeit liegende, nach dem Ergebnis bisheriger Erfahrungen<br />

corrigirte Tarifentwurf aufgestellt sein werde, solle er dem<br />

V ororte zur Entgegennahme seiner Ansichten und vVünsche übermittelt<br />

werden. "Inzwischen dürfte es von Nutzen sein, wenn der Vorort die<br />

besonderen, jedoch zu motivirenden Wünsche der verschiedenen Gewerbszweige<br />

in Bezug auf Ermässigung oder Erhöhung bisheriger Zollansätze<br />

oder Verbesserung jetziger Tarifbestimmungen sammeln und<br />

da.s Ergebnis begutachtend dem Departement zur Kenntnis bringen<br />

wollte." 1)<br />

Ungesäumt wurde diesel' Anregung durch ein Oircular an die Sectionen<br />

entsprochen. Es kam indes nicht viel dabei hemus, indem sich<br />

noch nirgends ein grosses Bedürfnis nach tiefgreifenden Änderungen<br />

zeigte, vielmehr die Vertreter von H~Llldel und Industrie sich im allgemeinen<br />

durcha,us befriedigt über die bestehenden Zustände aussprachen<br />

und deswegen ruhig in abwartender Stellung der Revision entgegensahen.<br />

2 ) Man schrieb ihr in erster Linie einen financiellen Olmrakter<br />

zu und erwartete daneben allenfalls noch eine neue formelle<br />

Umarbeitung des bisherigen Zollta.rifs und eine Ausgleichung der l1uffallendsten<br />

Ungleichheiten und Unbilligkeiten desselben. An solchen<br />

') Das betreffende, in ziemlich unbestimmt.en Ausdrücken gehaltene Schreiben des Departements<br />

vom 12. iVIai ist oben möglichfJt wörtlich ausgezogen. Der angerufene Art. 29 der Bundesverfassung<br />

vom 29. Mai 1874 lautet, soweit er hier in Betracht kommt:<br />

Bei Erhebung der Zölle sollen folgende Grundsätze beachtet werden:<br />

1. Eingangsgebühren.<br />

a. Die für die inländische Industrie und Landwirtschaft erforderlichen Stoffe sind im Zolltarife<br />

möglichst gering zu taxiren.<br />

b. Ebenso die zum Lebensbedarf erforderlichen Gegenstände.<br />

c. Die Gegenstände des Luxus unterliegen den höchsten 'l'axen.<br />

2. Die Ausgangsgebühren sind möglichst mässig anzusetzen.<br />

2) Auch das kaufmlinnische Directorium hatte damals möglichst allseitig Na,chfrage nach<br />

besonderen "\Vünschen gehalten, aber nm wenige und ziemlich unwesentliche entgegennehmen<br />

können. Es begnügte sich damit, dieselben zusammenzustellen und ohne weiteres Zutun von<br />

seiner Seite dem Vororte einzusenden, der dann das ganze bei ihm eingegangene Material vereinigte<br />

und in einern besonderen Broschüre (datirt vom 1. November 1876) dem Departement<br />

vorleg·te.


56<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baulllwollindustrie.<br />

war denn auch in der rrat kein Mangel, schon wegen der oben erwähnten<br />

unvermittelten NebeneinandersteIlung alter und neuer l 1 arifansätze;<br />

besonders aber a,uch deswegen, weil der aus einer Umwandlung<br />

der früheren Wege- und Brücken- Gelder in einen einheitlichen<br />

Grenzzoll hervorgegangene erste schweizerische Zolltarif, trotz seiner<br />

Modificationen durch die Verträge, die Erinnerung an diesen Ursprung<br />

noch unverkennbar darin an sich trug, dass durchschnittlich die schwer<br />

wiegenden Gegenstände mit ganz unverhältnismässig höheren Zollansätzen<br />

belegt waren, als diejenigen leichtern Gewichtes: ein Princip,<br />

für welches in dem neuen Zeitalter der Eisenbahnen dcl,s Verständnis<br />

gänzlich abhanden gekommen und dessen Unbilligkeiten wohl nur darum<br />

bisher nicht zu allgemeinem Bewusstsein gelangt waren, weil die<br />

durchgehends niedrigen Zollansätze überhaupt nicht drückten und keinen<br />

dringenden Anlass zu näherer Prüfung und Vergleichung boten.<br />

Da stellte sehr unerwartet ein unterm 2. October an die lümtonsregierungen<br />

ergehendes Circular des Zollc1epartements die Angelegenheit<br />

auf einen wesentlich neuen Boden.<br />

Dieses Circula,r war die Folge einer Einga,he, durch welche der V 01'­<br />

ort des schweizerischen Handels- und Industrie -Vereins das Departement<br />

"behufs besserer Verwertung des eingegangenen Materials und<br />

grösserer Übersichtlichkeit der geäusserten Wiinsche und Begehren um<br />

die Ausarbeitung eines Fragenschema ersucht hatte, innerhalb dessen<br />

diese letztem in zweckmässiger Weise eingereiht werden könnten." 1)<br />

Jenem Verlangen des Vorortes nun sollte das erwähnte Circuhtr entsprechen,<br />

gieng aber viel weiter, als die Zuschrift VOll1~ 12. Mai, auf welcher<br />

die ursprüngliche Fragestellung an die Sectionen des Vereins beruht<br />

lmtte, und eröffnete geradezu unbegrenzte Revisions-Aussichten. 2)<br />

Schon die ersten beiden Fragen: nach den annehmbaren Tarifansätzen,<br />

') Wir hätten g'edacht, dass der Vorort Basel, mit Herrn Köchlin-GeigT an der Spitze,<br />

wohl von sich aus das Material mwh praktischen, allgemeinen Gesichtspunkten hlitte zusamlllenstellen<br />

können, ohne hiefür die Anleitung cles Departements einzuholen.<br />

2) Das Circular wurde, wie es in demselben heisst, erlassen, weil" bei allem bereitwilligen<br />

Entgegenkommen, welches das Departement bei delll Vororte des schweizerischen Handels- und<br />

Revision des schweizerischen Zolltarifs. - Vorarbeiten.<br />

57<br />

um die Producte der Landwirtschaft und Industrie für den in- und ausländischen<br />

Markt concurrenzfähig zu machen, und nach den Artikeln,<br />

welche im Inlande einen erheblichen Absatz finden könnten, zu deren<br />

nutzbringender Herstellung aber unsere Industrie bei den jetzigen r:rarifansätzen<br />

nicht befähigt sei, - schon diese ersten beiden Fragen waren<br />

recht eigentlich eine Herausforderung an alle Privatinteressen, sich die<br />

Tarifrevision zu Nutze zu machen, um Vorteile jeder Art zu erlangen<br />

oder doch zu begehren. vVie damit die Beibehaltung von Art. 29 der<br />

Bundesverfassung als Grundlage der Revision zu vereinigen war, wurde<br />

freilich nicht gesagt; obschon ga,nz offenbar der wesentlich financielle<br />

Industrie-Vereins gefunden hat, es sich doch vomussehen lässt, dass es letzterem kaum möglich<br />

werden dürfte, allen nationalökonomischen Interessen, welche bei Behandlung dieser Angelegenheit<br />

in Frage kOlllmen, Ausdruck zu verschaffen."<br />

,,\'Vir erachten es deshalb als zweckfördernd, auch an die hohen Kantonsregierungen zu<br />

gelangen, um dnrch deren geneigte Vermittlung allen beteiligten Interessen Gelegenheit zn gebw,<br />

ihre lViinsche zur Geltung zu bringen."<br />

Das nicht in allen Teilen übennässig klare Fragenschema lautete:<br />

1. Welches sind diejenigen Stoffe, welche mit Riicksicht auf' Art. 29 Ziff. 1 lit. ader<br />

Bundesverfttssung und auf die Bedürfnisse unserer Industrie und Landwirtschaft einer Tttrifreduetion<br />

bedürfen, und welches sint! für dieselben die annehmbaren Tarifsätze, um jene Stoffe<br />

für den inländischen resp. ausländischen Markt concul'l'enzfähig zu machen?<br />

2. Welches sind diejenigen Erzengnisse, zu deren nutzbringender Herstellung unsere Industrie<br />

bei den jetzigen Tarifansätzen nicht befähigt ist, und welches sind in diesel' Kategorie diejenigen<br />

Artikel, welche im Inland vorzugsweise einen erheblichen Absatz finden könnten, welches die<br />

nach Ihrem Erachten vorzuschlagenden Tarifsätze '(<br />

3. Werden auch hinsichtlich der in Art. 29 Ziff. 1 lit. b der Bundesverfassung bezeichneten,<br />

wlllnötigen Lebensbedarf erforderlichen Gegenstände Tarifänderungen vorgeschlagen und welche'?<br />

4. Welches sind diejenigen Handelsartikel, die nach Art. 29 Ziff. 1 lit. c der Bundesverfl\ssung<br />

als Gegenstände des Luxus mit den höchsten Zoll taxen belegt werden sollten, und<br />

welches sind, mit Rücksicht auf eine zu erzielende Mehreinnahme tLn Zöllen, die in Aussicht zu<br />

nehmenden Tarifsätze ?<br />

5. Werden hinsichtlicb der Ausgangsgebühren (Art. 29 Ziff. 2 der Bundesverfassung) Änderungen<br />

der gegenwärtigen 'l'arifsätze ttls wünschbar Brachtet und eventuell welche '(<br />

G. Werden im allgemeinen für Ein- und Ausfuhr hinsichtlich der Klassifizirung und Bezeichnung<br />

der Waren, hinsichtlich der Forlll resp. Einteilung des 'l'arifs und hinsichtlich des<br />

Systems der Tarifirung nach Stückzahl, Wert, Zugtierlasten, Gewicht, Änderungen gewünscht<br />

und welche '(<br />

7. ~Welche Änderungen im allgemeinen werclpn hinsichtlich der Organisation und des<br />

Betriebes der Zollverwaltung als nötig und mit Rücksicht auf eine zu ermÖglichende Handelsstatistik<br />

als wünschbar erachtet '?"<br />

Dltneben sollte es nicht ausgeschlossen sein, auch solche Fmgen, die nicht in dem Schenu\<br />

8l1thalt.en wären, zur Erörterung zu bringen.<br />

8


58<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baulllwollindustrie.<br />

Charakter unserer Zolleinrichtungen durch eine solche Fragestellung in<br />

den Hintergrund trat und unserer Zollgesetzgebung Absichten unterlegt<br />

wurden, die dem Sinn der Verfassung nach gar nicht in derselben lagen.<br />

Auf diese Einladung zur Eröffnung aller 'Wünsche und Beschwerden<br />

begann denn der Strom officieller und privater Eingaben über den<br />

ganzen Tarif, über bestimmte Partien, am allermeisten aber über einzelne<br />

Positionen desselben, reichlich zu fliessen. 1) Auch der Vorort beeilte<br />

sich, das bei ihm eingegangene Material so gut wie möglich unter<br />

die sieben Punkte dt:s Fragenschemas zu verteilen und seine höchst beachtenswerten<br />

allgemeinen Gesichtspunkte beizufügen, welche für die<br />

Revision massgebend sein sollten; 2) daneben machte er jetzt schon aufmerksam<br />

auf den engen Zusammenhang der Revision mit der Erneuel'1ll1g<br />

der Handelsverträge und betonte die Notwendigkeit, vor dieser<br />

Erneuerung mit der eigenen Revisionsfrage ins Reine zu kommen. 3)<br />

Bei solcher Anhäufung des Materials hielt es das Zolldepartement<br />

für zweckmässig, sich nach einer besonderen Persönlichkeit umzusehen,<br />

1) Das kaufmännische Directoriuill wurde durch das kantonale Depa,rtement für Hltndel<br />

und Gewerbe - Angelegenheiten vel'ltnlasst, sich übel' das Circular zu äussel'll, beschränkte sich<br />

aber, als wichtigste Gesichtspunkte für die Revision möglichste Vereinfachung' des ganzen schweizerischen<br />

Zollwesens, Befreiung der Rohstoffe der Landesindustrien von dem Einfuhrzoll und vorläufige<br />

Fernhaltung allel' Concessionen an Vertl'ltgsstaaten ltUS dem neuen schweizerischen Zolltarife<br />

hervorzuheben. Vrgl. Die kaufmännische Corpol'lttion und das kaufmännische DirectoJ'iulll<br />

von 1864-1880, Seite 82 ff. (wo auf Seite 82 Zeile 4 v. u. das Verweisungszeichen *) hinter "sie"<br />

stehen sollte).<br />

2) Für die vorzunehmenden Veränderungen an dem 'l'ltrife stellte er folgende 5 Ka,tegorien auf:<br />

,,1. Entlastung von Rohstoffen und Halbfabricaten.<br />

2. Entlastung von Lebensbedürfnissen.<br />

3. Veränderung in der Kbssification einzelner Artikel, namentlich in Bezug auf das Richtig'­<br />

stellen der Ansätze von Rohstoffen und Halbfabricaten zu denjenigen der GanzfabriCltte<br />

und in Bezug auf richtige Ausscheidung der Luxusartikel.<br />

4. Erhöhung gewisser grosseI' Consunmtions-Artikel von allgemeinem Gebl'ltuch aus fi11[tnciellen<br />

Gründen.<br />

5. Vereinfachung des Tarifs, soweit möglich Anpltssung desselben an denjenigen eines auswärtigen<br />

Stfllttes."<br />

]


60<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gltllische BlLUlllwollinclust.ric.<br />

Dieses System stand einerseits in ÜbereinstÜ11l11ung mit dem Sinn<br />

und Geist von Art. 29 der Bundesverfassung - jedenfalls widersprach es<br />

demselben nicht -; anderseits erschien die progressive Besteuerung der<br />

vVare nach Massgabe der zum Rohstoff hinzugetretenen Arbeit durch<br />

die scharfe Ausbildung dieses Princips in den Zoll systemen der übrigen<br />

festländischen Staaten nicht nur berechtigt, sondern beinahe notwendig;<br />

und endlich ergaben die darauf begründeten nenen Zollansätze 1) ganz<br />

ungesucht ziemlich genall diejenige Summe, welche von der Tarifrevision<br />

verlangt wurde. Die Prüfung der Frage: wo ausnahmsweise Verhältnisse<br />

Abweichungen von dem Systeme verlangen und rechtfertigen,<br />

über]iess der Bearbeiter den Verhancllungen des Departements nüt den<br />

Fachexperten, glaubte aber den W1ll1sch aussprechen zu dürfen, dass<br />

ohne zwingende Gründe nicht von der allgemeinen Regel abgegangen<br />

werden möchte, um den schon eröffneten Kampf der verschiedensten<br />

Priv~Ltinteressen unter sich und die sich laut ankündigende Begehrlichkeit<br />

nach Zollbegünstigungen jeder Art in gewissen Schranken halten<br />

zu können. Ende März lag die abgeschlossene Arbeit nebst einem Vergleiche<br />

ihres financiellen Ergebnisses mit demjenigen der Anwendung<br />

der wichtigsten andern Zolltarife - des deutschen, französischen, italienischen,<br />

englischen --


Erste Bera.tung<br />

des Entwurfs<br />

durch die Bnudes~<br />

versammlung.<br />

G2 lndmtrie der Geweue. - Die st. gallische B[lulllwollindustrie.<br />

Durch Botschaft vom 1 G . Juni 1877 brachte der Bundesrat den<br />

ihm vom Zolldepartement vorgelegten Entwurf an die Beratung der<br />

Bunc1esvers~tmmlung. Unter den "leitenden Gesichtspunkten für Aufstellung<br />

des Zolltarits" finden wir in der Botschaft zuvördel'st die Erklärung,<br />

"dass die schweizerischen Zölle im wesentliche{l den Charakter<br />

von Finanzzöllen behalten sollen, d. h. dass das Zollsystem das inclirecte<br />

Abgabensystem des Bundes sei und dem Wesen der FreihandelsprlllClp18n<br />

nicht widerstreiten dürfe." In financieller Beziehung verlangte<br />

sie von der durchgeführten Revision eine "Erhöhung der jährlichen<br />

Brutto-Zolleinnahmen um wenigstens 8 Millionen mit Zugrunc1elegung<br />

des letzten sechsjährigen Durchschnittsertrages der Einfuhr und<br />

ohne Rücksichtnahme auf mögliche, durch die Tarifrevision selbst veranlasste<br />

Importverminderungen und auf jene Reductionen, welche nach<br />

definitiver Erledigung der parlamentarischen und internationalen VerlU\,llcUungen<br />

sich ergeben dürften." Im Namen der Expel'tencommission<br />

empfahl sie Gleichzeitigkeit der Beratungen über den neuen 'rarif und<br />

der Verhandlungen über den Abschluss neuer Handelsverträge mit dem<br />

Auslande, um sich des engen Zusammenhanges diesel' wichtigen Fragen<br />

stets bewusst zu bleiben und ihre gegenseitige Einwirkung auf<br />

einander jederzeit in Betracht ziehen zn können. 1)<br />

In der Wintersitzung des Jahres 1877 behandelte nun der Ständerat,<br />

in der Sommersitzung des Jahres 1878 der N ationalra,t den Entwurf<br />

des neuen ,-rarifs: ersterer auf Grundlage eines Uommissionalberichtes<br />

des seither verstorbenen Herrn Karl Rudolf Stehlin von Basel,<br />

letzterer auf Grundlage eines Commissionalberichtes des Hrn. Dr. SÜll on<br />

Kaiser von Soloturn.<br />

Beide Commissionen erklärten das dem neuen Entwurfe zn Grunde<br />

liegende Princip als annehmbar. Während sich aber die Arbeit des<br />

ständerätlichen Berichterstatters auf eine knappe und klare Beleuchtung<br />

der ganzen innel'n und äussern Anlage des neuen 'rarifs und<br />

') S. Bundesblatt 1877, In. 229-256. - Als charakteristisch für die eingelangten Eingaben<br />

wird hervorgehoben, "dass in weitaus den meisten den Bedürfnissen des Bundes, d. h. emer erheblichen<br />

Mehreinnahme durch die Zölle, geringere Rechnung getra.gen werde."<br />

Revision des schweizerischen Zolltarifs. - Erste Beratung.<br />

G3<br />

seiner voraussichtlichen Wirkungen, besonders der Vorzüge und Mängel<br />

des Scalasystems, beschränkte; nicht mehr sagte, als notwendig war,<br />

aber dieses mit höchster Verständigkeit und Verständlichkeit 1): ergieng<br />

sich die nationalrätliche Berichterstattung in erster Linie über<br />

eine ganze Reihe theoretischer Fragen, und zwar weder mit übermässiger<br />

Gründlichkeit, noch übermässigel' Klarheit und ohne dass<br />

die Rückwirkung der besprochenen Theorien auf die Beurteilung und<br />

Behandlung des Entwurfs deutlich zu Tage getreten wäre; im weitem<br />

widmete sie einigen "besonderen Verhältnissen" ein eigenes Capitel,<br />

nämlich dem Platze Genf, dem Veredlungsverkehr , dem inzwischen mit<br />

aller Heftigkeit entbrannten Kampfe der Eisenproducenten und Maschinenfabricanten,<br />

dem hier zuerst auftauchenden Begehren der Baumwollspinner<br />

um besondere Berücksichtigung und der Frage der Differentialtarife<br />

der Eisenbahnen, - alles anregend, nichts erschöpfend. 2)<br />

-----------<br />

') Nur mit der Ansicht des Herl'll Stehlin, dass die Revision des Zolltarifs zuerst dUl'ch<br />

die Kündigung des Handelsvertrags mit Frankreich veranlasst worden und der financielle G esichtspnnkt<br />

erst während der Vorarueiten mehl' in den Vordergl'Und getreten sei, können wir uns<br />

nicht einverstanden erklären, angesichts der 'ratslwhe, dass schon im Jahr 1872 die Vermehrung<br />

der Bundeseinnahmen durch eine Zollrevision als notwendige Folge einer Revision der Bundesverfassung<br />

fmerkannt worden WlW, und angesichts der Instruction an den Bearbeiter des ersten<br />

EntwUl'fs von 1877. Nach unserer Ansicht ist bei den Bundesbehörden gerade umgekehrt der<br />

financielle Gesichtspunkt von Anfang an der wichtigste und massgebende für Anhandnahme der<br />

Revision gewesen, neben welchem erst nach und nach müel: dem Einflusse der Zollrevisionen<br />

des Aushtndes und der Unterhandlungen übel' die Erneuerung der Handelsverträge die zollpolitische<br />

Bedeutung der Revision immer kräftiger betont wUl'de und zu vollem Bewusstsein kam.<br />

2) Es lohnt sich wohl der Mühe, den Gang der beiden Berichte in Kürze zn verfolgen und<br />

ihre Hauptgcsichtspunkte hervorzuheben.<br />

1. Bericht der ständerätlichen Commission, cl


64<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

Hatten die VerhancUungen über die bundesrätliche Vorlage 1111<br />

Ständerate einen ruhigen, sachlichen Verlauf genommen, so griff im N a­<br />

tiOllalmte der in volkswirtscllaftlichen Fragen als Autorität geltende,<br />

Revision des schweizerischen Zollbrifs. - Erste Bemtung. ß5<br />

angesehene Vertreter des Argaus, Hf. Feer-Herzog, beinahe mit Leidenschaft<br />

in die Debatte, um die Bundesversammlnng bei Anlass der Aufstellung<br />

des neuen Tarifs zu einem Kctmpfe gegen die ringsum dro-<br />

übermässige Zollhembsetzungen einem mschen Ruine preiszugeben. *) Die Vertauschung der<br />

bisherigen Zollklassen nach der Höhe der Ansätze mit einem logischen, die Anlage eü1Bl' Handelsstatistik<br />

ermöglichenden Systeme von Kategorien bei möglichster Durchführung der Verzollung<br />

nach dem Gewichte wurde gebillig·t und ebenso die Scala, welche der Berechnung der Gewichtzölle<br />

zu Grunde gelegt worden WH,r, allerdings nur als l~egel, nicht als absolut zu h~mdlmbencle<br />

Norm oder Scllltblone, und mit Hervorhebung der Schwierigkeit einer sichern Berechnung' des<br />

Durchschnittswet·tes· vieler Artikel oder Rubriken und der sichern Auseimtnderhaltung der Begriffe<br />

von Rohstoff, Halbfabricat, Fabricat, Confection und Luxus. Im einzelnen drückt der<br />

Bericht Zweifel aus übel' die Zweckmässigkeit des höchsten Zollansatzes von Fr. 100 für 100<br />

Kilo, an dessen vorläufige Annahme der Vorbehalt des Zurückkommens g'eknüpft wurde; auch<br />

lmdere Ansätze betmchtete er mehl' als provisorisch und dazu bestimmt, bei den Unterhandlungen<br />

mit den NachbMn noch Concessionen machen zu können. Als financielles Ergebnis sah<br />

die Commission nach ihren lYIodificationen an den Ansätzen dos Tarifs eine Vermehrung' der<br />

Bundeseinnahmen um Fr. 7,700,000 voraus (gegen 9,178,000 der bundesrätlichen Botschaft) und<br />

wies zur Beruhigung allfälliger Bedenken g'egen die unnötige Höhe diesel' Vermehrung nachdrücklich<br />

damuf hin, dass die Vertragsunterlmndlungen mit dem Auslande unzweifelhaft jene<br />

vorläufig berechneten Mehreinnahmen noch ganz erheblich rednciren wel'Clen. - In den gesetzlichen<br />

Bestimmungen, welche dem Tarif beigegeben wnrden, sollte festgestellt werden, dass<br />

diesel' allgemeine Tarif nur gegenüber denjenigen Stllaten zur Anwendung komme, mit welchen<br />

die Schweiz in keinem Vertmgsverhält.nisse stehe. Ferner wurde hier ausdrücklich bemerkt,<br />

dass die Verzollung a.llg·emein nach dem Bmttog'ewicht stattzufinden habe. - Dies das Vi esentlichste<br />

aus dem Berichte der ständerätlichen Commission. (Bundesblatt 1877, IV. 608-628.)<br />

2. Der nationalrätliche Bericht -- datirt vom 25. April 1878 -- folgt im ganzen dem<br />

ständerätlichen, aber mit mannigfachen Abschweifungen. Er stellt den Satz auf: dass der Tarif<br />

von 1851 ein nationale)' 'l'arif g'ewesen sei, der "nicht nur einen fiscalischen Zweck zu Gunsten<br />

der Bundeskasse hatte, sondern auch die Aufgabe, nach Abschllffung der Zölle im Innern<br />

und nach Schaffung der schweizerischen Zolleinheit den Kantonen für ihre frühere Berechtigung<br />

eine gewisse Entschlidigung zu verschaffen"; der neue Tarif dagegen sei ein inteJ'lwtionaler,<br />

"cla nach dem Gange der Verhandlung'en bei der Revision die Rücksicht auf die Verträge<br />

mit dem Ausland gewisserlUassen als erste in den Vordergrund getreten zu sein und dem neuen<br />

vVerke einen eigentümlichen Chamkter aufgedrückt zu haben scheine." **) Hiemn knüpft<br />

sich eine theoretische Erört~rung übel' Freilmndelsprincip, Schutzzoll, Reeiprocität und nivellirende<br />

Wirkung der Eisenbahnen, - eine Erörterung', deren Spitze, wenn wir überhaupt<br />

mit Recht eine solche suchen, sich gegen die Auffassung des Freihandelsprincips zu wenden<br />

scheint, wie sie im ständerätlichen Berichte formulirt ist. - Die neue Einteilung des 'farifs<br />

nach Viarengattungen - ILttegorien - statt des bisherigen Klassensystems wird acceptirt, aber<br />

mit Rücksicht auf die Bequemlichkeit der zollamtlichen Abfertigung "eine Verminrlerung der<br />

Specificlltionen" für nötig erachtet. - Folg·t eine Betmchtung übel' die wirkliche Notwendigkeit<br />

der Vermehrung der Bundeseinnahmen durch Eingangszölle und die verschiedenen andern<br />

*) AnSlJielung z. B. auf die Eisell- und Glasindustrie. Gegenüber dieser Erwägung des Berichterstatters hatte<br />

wohl auch die entgegengesetzte Uue Berechtigung, welche nicht einzusehen vermochte, Warlll11 z. B. die ganze schweizerische<br />

Bevölkerung für ein so llotwendiges Erzeugnis, wie Fensterglas, fortwiihrenc1 bis 20 Procellt Zoll bezahlen<br />

sollte, währond die Zahl der schweizerischen Glashütten trotz dieses Zolls in deu letzten Jahrzehnten VOll 7 auf 2<br />

hinunter gesunken war.<br />

**) Eine in dioser I J1 0rlll entschieden unrichtige Behaupt.ung, wie die Geschichte der Eutstehung des nouen<br />

fl'arifs genugsam dargetan haben dürfte.<br />

WeO'e, die mall hiebei hätte einschlagen können (centimes additionnels, englisches Systom), um<br />

8chiiesslich doch clas Eintreten auf den Entwurf zn empfehlen, der n,1]8 einer "gerechten ,Vürdigung'<br />

der schweizerischen Verhältnisse" hervorgeg


66 Industrie der Gewel)e. - Die st. gallische Brmmwollinclustrie.<br />

hende schutzzöllnerische Politik des Auslandes fortzureissen. Ihm sollte<br />

der neue Tarif das Mittel bieten, um das schwankende System der<br />

Handelsverträge zu stützen, die freihäncllerischen Parteien in andern<br />

Staaten zu stärken und bei den Unterhandlungen mit dem Auslande<br />

Begünstigungen für unsere Ausfuhr zu erlangen. Einen Generaltarif<br />

als Kampfmittel bei der Erneuerung der Verträge und zur Repression<br />

auswärtiger Misshandlung, das wollte Feer-Herzog in erster Linie aus<br />

dem Entwmfe machen, und damit gab er ihm nun allerelings den internationalen<br />

Charakter, elen ihm Simon Kaiser schon vorher zuerteilt<br />

hatte, mit aller Schärfe. Es ist nun geradezu merkwürdig zu sehen,<br />

wie es dem damals schon kränklichen und IZebl'echlichen Manne Q'elan o '<br />

U " b 0'<br />

durch die aufregende vVirkung zweier Reden nicht bloss die nationalrätliche<br />

Commission und nicht bloss clen N ationalnLt, an elen seine<br />

Worte unmittelbar gerichtet waren, sondern auch elen Ständerat für<br />

msche Beschlüsse von scheinbar grosser Tragweite zn gewinnen. 8o/,m.t<br />

sollte nach ihm die Schweiz gewaffnet dastehen zu Angriff und Abwehr<br />

im Zollkampf. Der Zolltarif allein genügte ihm unter Umständen dafür<br />

nicht. Auch Artikel 34 des schweizerischen Zollgesetzes von 1851<br />

wurde als Rüstzeug hervorgeholt, ein Artikel, der dem Bundesrate unter<br />

dem Beding späterer Einholung der Genehmigung der Bundesversammlung<br />

das Recht erteilt, bei eintretenden Teuerungen und bei Zollbelb'ückungen<br />

'von 8eite fremder 8tacden vorübergehend gewisse Zolhmsätze<br />

zu erhöhen. Den in dieser Bestimmung liegenden Gedanken in Anwendung<br />

auf die augenblickliche Lage genauer zu fassen, behielt sich<br />

die erste Rede vor für den Fall, dass nach dem Vorschlage der CommISSIOn<br />

die Periode des Inkrafttretens des neuen Tarifs noch unbestimmt<br />

gelassen würde. 1)<br />

Unter dem Eindruck dieser Rede fügte die nationalrätliche Oom-<br />

') Die erste Hede wurde am 11. Juni gehalten, die zweite am 26. Juni; beide sind in<br />

einem Separatllbdruck aus der Grenzpost erschienen mit einem N achtmg: Zur Lag'e der schweizerischen<br />

Industrie.<br />

Die erste Hede berief sich zunächst auf die natiOlmlrätliche Zollcommission von 1849<br />

welche mit den weiten Bestimmungen von Artikel 25 (jetzt 29) der Bundesverfassung die Rüc.k~<br />

sicht auf die Lage der beteiligten Industrien, die Concurrenz eines Einfuhrartikels mit inlii.ndischer<br />

Industrie oder inländischen kleinen Gewerben, die Interessen des Zwischenhandels<br />

Itcvision des sehweizerisdlGn ~ollt


68 Indns[,rie tlcr CiewelJü. - Die Kt. galliRehe B,mmwollinduRtrie.<br />

werden können, soweit. nicht. Vertnu!.'sbest.immunu:en ent.g·eg·enst.ehen·<br />

CJ LI \.. ,<br />

die Erhebung einer solchen Zuschlagst.~Lxe wird vom Bundesrat.e, unt.er<br />

': ol'belmlt der Genehmigung der Bundesversammlung, a.ngeordnet..<br />

Da indes der Paragraph eines bIossen Gesetzent.wurfs, der jtL en;t.<br />

nach (]em AbschhUls der neuen Vert.räge in Knd't geset.:d werden sollte,<br />

~wenn er überhaupt. das Hefel'endum best.mltl, als Kampfmittel bei den<br />

Unterhandlungen nicht viel /In wirken versprach, verlangte Feer-Herzog<br />

in seiner zweiten Hede ganz folgerecht, dass das rrarifgesetz samt diesem<br />

KcLmpfzollartikel nun auch als dringlich erkhirt werde, um mit<br />

dem 1. Januar des Jahres lt:l79 in Kraft zn tret.en, soweit nat.ürlich<br />

nicht für einmal noch bestehende Verträge dem entgegenstanden. Für<br />

den Fall aber, dass solches nicht beliebt würde, bracht.e er mit. Berufung<br />

auf den schon erwähnten Artikel 84 des Zollgesetzes den Antrag<br />

ein, dass der Bundesrat durch dringlichen Bundesbeschluss ermächt.igt<br />

werden solle, a/lch VOI' Iukmftt1'eten des ncuen Zolltarif" unter Vorbehalt<br />

der Genehmigung durch elie Bundesversammlung Erzeugnisse solcher<br />

8taa.ten, welche die Schvveiz nicht auf dem E'usse der meist begünstigten<br />

N a.tion behandeln, oder deren allgemeiner rrarif schweizerische Producte<br />

mit besonders hohen Zöllen beschwert, mit einer entsprechenden<br />

Zuschlagstaxe auf den Ansätzen des neuen Tarifs zu belegen. Und diesel'<br />

letztere Antrag wurde von beiden Räten angeliommen, da die Dringlichkeit<br />

für das neue Zollgesetz nicht beliebte, vielmehr der aus diesel'<br />

ersten Beratung hervorgegangene rrarif mit samt dem grundsätzlich<br />

ebenfalls angenommenen Kampfzollparagraphen einer zweiten Berat.ung<br />

nach dem Abschluss der Handelsverträge vorbehalten blieb. 1 )<br />

') Der gcmein~a,l1le Bunc1esbeschluss, dnrch welchen die erste Beratung des Zolltarifs Wlll<br />

Abschluss gebracht und dem Entwurf die vorläufige Genehmigung erteilt wurdo, chttirt vom<br />

28. Juni 1878. - Gerne hiUten wir die VerlmncUungen im Schosse der beiden lütte wenigstens in<br />

einer Anmerkung noch etwas eingehender clu.rgestellt, wenn uns die Protokolle der Bundesversammlung<br />

zU!' Verfügung Rtiinden. So beschränken wir uns ltuf einen Stoss-Seufzer über die unglaubliche<br />

lVIangellmftigkeit der amtlicllPn Publicationen bdr. die Tätigkeit der höchsten Bundesbehörden.<br />

Da erscheint z. B. in dem Bundesblatte zuerst pine bunclesrätliche Botschaft über eine Vorlage,<br />

die gltr nicht beigedrnckt ist. Dann folgen die Berichte der Specialcommissionen der Rät.e über<br />

die gleiche uns un bekannt.e Vorlrtge. In wie weit diese Vorlage durch die Beratungen der Commissionen<br />

moclificirt wird, lW1g lllan ung'efähl' aus deren Bericht ermten, wie man aus der Botschaft<br />

ungefähr ermten konnte, Ulll was os sich überhaupt lmndelt. Für die gftnze, nun folgende<br />

Hevi~ion tlus schwei~eriRch()n Zolltm·itR. --- lüsLl~ Beratung.<br />

69<br />

Was W~Ll' nun mit. der Anna.hme des Feer-Herzog'schen Antrags gewonnen<br />

'! Offenbar nichts weiter als die Möglichkeit, nach Ablauf der<br />

Verträge diejenigen Staaten, mit welchen kein neuer Vertrag zn stande<br />

kam, durch auslHLhmsweise Zollerhöhungen zu schiic1igen. Eine an sich<br />

nicht sehr wirksame Drohung, deren Effect schon durch die Aufnahme<br />

eines ähnlichen Kampfzollparagraphen in den Zollgesetzgebungen der<br />

andern Staaten paril't werden konnte, - wie es denn auch wirklich<br />

geschah -, und deren Verwirklichung an sich schweren Bedenken unterliegen<br />

musste. Denn das lässt sich nicht. in Abrede stellen, (letss ein Zollkrieg<br />

doch immer ein Krieg bleibt, der die guten Beziehungen zu einem<br />

sons1; befreundetenL~Ll1de unter allen Umständen schwel' beeinträchtigen<br />

muss und in kurzer Zeit sehr schlimme politische Folgen nach sich<br />

ziehen kann. Man durfte daher schon deswegen voraussehen) dass der<br />

Bundesrat sich gewiss nicht beeilen werde, von der ihm ohne sein Zutun,<br />

wohl eher gegen seinen Wunsch übertragenen Vollmacht Gebrauch zu<br />

machen, wenn ihm auch die Bahn hie/lu geöffnet würde. BeiJmhe unbeO'reifiich<br />

und constitutionell Q'enLclezu ul1zulässi ()' b<br />

erscheint uns aber<br />

b<br />

LJ<br />

die Vollmacht, ZuschhLgstaxen auf einen fl'arif zn erheben, der selbst<br />

erst Entwurf ist und dazu noch dem Referendum unt.erliegt. ,Vie sollte<br />

es denn bei solchen Zuschlägen kommen, wenn elie Ansätze selbst nie<br />

in Rechtskraft traten ~ Man scheint bei diesem Zurückgreifen auf die<br />

Bestimmung von 1851 übersehen zu haben, dass seit 1874 das Referendum<br />

in die Bundesverfassung eingeführt worden ist, und hätte<br />

doch höchstens Vollmacht erteilen dürfen zur Erhebung von Zuschlägen<br />

auf den Ansätzen des zu Recht bestehenden alten Zolltarifs.<br />

Die ganze Feer-Herzog'sche Politik war überhaupt basirt auf die<br />

Vorausset.zung, dass vor allem die in Frankreich auftauchenden schutz-<br />

Behandlung des Gegenstflndes c1mch die eidgenössiRchell Räte, für die ganze Discussion und die<br />

ltUS ihl' hcrvol'g'ehenden verworfenen oder angenolllmenen Specialanträge ist lllan lediglich auf<br />

die in jeder Be~iehung höchst unvollkolllmenen Bcrichtershtttungcn der ZeitungsblMter lwgewiesen,<br />

die in keinor Vveise als Gl'l1lldlH.ge fiir eine zuverlässige Darstellung benutzt werden<br />

dürfen. Was schliesslich aus allem hel'ltusgekomlllon ist, wenn iiberhaupt etwas herauskömmt,<br />

lllag man in der amtlichen Gesetzessammlnng' suchen.<br />

Es ist in der 'l\tt keine ltngenohmc und keine leich te Sache, elen Entstehungs- und ~Entwicklungs-Process<br />

eler wicht.igsten Arbeiten unserCl' obersten Behöl'den zu verfolgen.


70 Industrie der Gewebe. - ])ie st. gttllische Bftumwollindustrie.<br />

zöllnerischen Gelüste abzuschrecken seien, und dass bei den neuen Zolltarifen<br />

des Auslandes unel den neuen Verträgen mit demselben nur<br />

die verschiedenen handelspolitischen Gesichtspunkte in Kampf geraten<br />

und ctusschlaggebend sein werden. Von der W cLlldlung, welche in<br />

Deutschland mit gänzlicher Unterordnung dieser Gesichtspunkte unter<br />

finanzpolitische Pläne bevorstand, scheint er noch keine Ahnung gehabt,<br />

und derjenigen, die eben im Jahre 1878 in Österreich vor sich<br />

giellg, scheint er keine grosse Bedeutung beigemessen zu haben, wie<br />

überhaupt die gemweste Bekanntschaft und Vertrautheit mit den französischen<br />

Verhältnissen und Zuständen seine besondere Vorliebe und<br />

Stärke gewesen ist.<br />

Ist das effectvolle, aber schliesslich doch unfruchtbare Auftreten<br />

Feer-Herzog's aus seiner in wichtigen, ja den entscheidenden Punkten<br />

nicht zutreffenden Auffassung der Gesamtlage erklärlich, so fehlt uns<br />

dagegen jede vernünftige Erklärung für das Vorgehen des schweizerischen<br />

Zolldepa,rtements, welches nach glücklichem Abschluss der ersten<br />

Beratung über elen neuen Tarif das Ergebnis dieser Beratung im Gctobel'<br />

1880 noch einmal zur Begutachtung in alle Interessenkreise hÜ17<br />

aussandte, als üb es an den schon eingega,hgenen 452 Eingaben noch<br />

nicht genug gehabt und nicht ganz sicher hätte sein dürfen, dass auch<br />

ohne specielle Einladung die zudringlichsten Privatinteressen in der<br />

Zwischenzeit zwischen erster und zweiter Beratung noch mehr als genug<br />

die Lärmtrommel rühren und alle Hebel zur Erreichung ihrer Ziele<br />

noch einmal ansetzen würden. 1)<br />

Mit diesem Gang der Beratungen über die Revision des schweizerischen<br />

Zolltarifs und dem Stillstand von ungewisser Dauer, in den sie<br />

nun durch die Verschiebung der zweiten Beratung gerieten, wal' indes<br />

den financiellen Bedrängnissen der Bundeskasse nicht abgeholfen. Hier<br />

musste vorgegangen werden durch die unverweilte Einführung erhöhter<br />

') Das Directorinm beschränkte sich in seiner Antwort flUf diese Ein1ftdung in der Hflnptsache<br />

ftuf noclllllftlige llflchdritckliche Empfehlung des Ersfttzes der wirklichen Eingftngszölle ftuf<br />

Rohstoffe dnrch eine blosse Controlgebühr, wie es sich übprhaupt mit einziger Ausnflhme der<br />

Abwehr flusnfthmswcise erhöhter Ansätze ftuf die Stickereibödr.n nielllftls in elen Streit übel' einzelne<br />

Positionen eingelassen lmt.<br />

Revision des schweizerischen Zolltflrifs. - Erhöhte Finftmzölle. 71<br />

Finanzzölle , an die sich keine widerstreitenden Interessen knüpften.<br />

Der Bundesrat griff hiefür auf die Positionen Tabak, Petroleum, Kaffe,<br />

Thee und Gewürze aller Art und legte der Bundesversammlung vom<br />

Sommer 1879 den Entwurf eines auf den schon mehrfach angeführten<br />

Artikel 34 des Zollgesetzes von 1851 begründeten BUl1desbr:schlusscs<br />

für die Erhöhung der Zollansätze auf die genannten Produde vor, der<br />

dringlich erklärt werden sollte. Bedenkt nmn, dass jener Artikel nur<br />

von vOJ'übeJ'gehenden Zollerhöhungen im Falle von Teuerungen oder Zollbedrückungen<br />

fremder Staaten - d. h. natürlich von Repressalien gegen<br />

solche Bedrückungen - spricht, so begreift man in der Tat nicht,<br />

wie der Bundesrat zu seinem Antrage kam. 1) Mit vollstem Rechte<br />

wollte die Bundesversammlung nur von einem BW1Clesgesetze übel' diese<br />

Materie wissen und beschränkte sich für einmal auf definitive Annahme<br />

der vorgeschlagenen und teilweise noch verschärften Erhöhungen für<br />

Tabak,2) mit Beifügung der Vollmacht, den Eingangszoll auf Branntwein<br />

von Fr. 7 auf Fr. 20 zu erhöhen, sobald es tunlich erscheine,<br />

d. h. sobald die abgelaufenen oder modificirten Handelsverträge es gestatten<br />

würden (20. Juni). Der Ertrag der erhöhten Ansätze auf Tabak<br />

allein wurde auf 2,500,000 Fr. angeschlagen. Um sodann einer<br />

unmässigen Einfuhr der unter das neue Gesetz faollenden Artikel während<br />

der Referendumsfrist vorzubeugen, wodurch die Absicht des Gesetzes<br />

für längere Zeit vereitelt worden wäre, wurde am gleichen Tage<br />

der Bundesrat durch einen als dringlich erklärten Bundesbeschluss bevollmächtigt,<br />

die erhöhten Zollansätze sofort in Anwendung zn bringen,<br />

unter der selbstverständlichen Bedingung, dass der bezogene erhöhte<br />

') Es lässt sich überhftupt bei dem gftnzen Gftnge dieser Zoll-Angelegenheiten, von Anfftng<br />

bis zum: Ende, nur ftllzusehr eine feste und zielbewusste, den Stoff nftch jeder Richtung durchdringende<br />

und beherrschende Leitung vermissen; in Folge dessen blieben die wichtigsten grundsätzlichen<br />

Entscheide den zufälligen Schwankungen der Bemtung in einer grossen Versunuulung<br />

unterworfen.<br />

2) Die Zollcrhöhungen [tuf Tabak gestalteten sich folgendenuassen:<br />

Tabftkrippen oder -Stengel, unvemrbeitete Tftbakblätter etc. Fr. 2.5. - (bisher Fr. 7).<br />

Cftrotten und Stangen zur Schnupftftbftkfabrication " 30. - (" ,,16).<br />

Rauchtftbak in Rollen etc., Kmüftbak " 50. - (" ,,16).<br />

Schnupftftbak " 50. - (" ,,16).<br />

Cigftl'ren und Cigftrretten " 100. - (" "30).<br />

}1Jillfühl'Ullg erhöhtor<br />

Finnllzzilllo.


72<br />

Industrie der Gewebe. -<br />

Die st. gttllische Bmnnwollindustl'ie.<br />

Zollbetrag zurückzuerstatten sei, falls das Gesetz in einer V olksabstimmung<br />

verworfen würde. 1) Ein Referendumsbegehren brachte es indes<br />

nicht einmal auf zwei Drit.tel der erforderlichen Stimmen.<br />

So wal' für das dringendste financielle Bedürfnis gesorgt und trat<br />

diesel' Gesichtspunkt bei den weiteren Verhandlungen übel' elen Zoll-<br />

. l' . 1 FI' t 1 UIll s'o enel' b O'I'<br />

tarif naturgemäss ZIem lC s'chel'<br />

1 111 (en 111 ergrunü.<br />

drängten sich nun neben den Kampfzöllnern allmälig die wirklicben<br />

Schutzzöllner hervor, angefeuert und unterstützt durch die nur zu gerechtfertigte<br />

Erbitterung übel' die Zollerhöhungen Italiens ~ den neuen<br />

französischen Generaltarif und die inzwischen zum vollen Durchbruch<br />

gekommene Schutzzollpolitik Österreichs und Deutschlands, sowie durch<br />

jene oben erwähnte Einladung des Zolldepartements zur erneuerten allgeuleinen<br />

Prüfung und Begutachtung des aus der ersten Beratung der<br />

Bundesversammlung hervorgegEmgenen Ta,rifentwurfs. Auf allen Seiten<br />

ertönte der überlaute Ruf nach Repressalien: die richtige Stimmung<br />

für politische Streber, die unter dem~ neuen Parteinamen der "Wirtschafter"<br />

die Führung der Bewegung an sich zogen und keine Gelegenbeit<br />

v Ol'beiliessen , um sich mit dem~ Universalmittel des Sehutzzolls als<br />

Helfer aus jeder Not anzubieten. Der Zollta,rif wurde zum Agitationsmittel.<br />

Gegen Alle, welche nicht mit~lchrieen, war der wohlfeile Hetzruf<br />

"Manchester" zur Hanc1. Der Bedarf der Agitation na,ch Zeitungs~trtikeIn<br />

und Brochüren war so stark. dass vorübergehend sogcn' Existenzen<br />

(brauf<br />

b<br />

uegründet<br />

,_<br />

werden konnten.<br />

Der Kalupf kam in der Hauptsache rascher zum Austrag, als mim<br />

erwartete; nicht bei der zweiten Beratung über den neuen schweizerischen<br />

Zolltarif, sondern bei der Frage übel' die Genehmigung oder<br />

Verwerfung des Handelsvertrags mit :b'rilnkreich. Denn dass durch die<br />

Annahme des neuen Conventiomtltarifs, obschon er bei weitem~ weniger<br />

Positionen umÜtsste, als der Vertragshtrif von 1864, in der Haupt-<br />

1) Es wird noch in Erinnerung sein, wie diese Vollnmcht so ltusgel~gt wurde, dll,SS ~ schon<br />

die telegraphische Weisung an die Zollämter V01' der amtlichen VeröffentlIchung des Bes.~hlusses<br />

_ für welche die Bundeskanzlei 3 'fltge Zeit ]Jedurfte - zur Erhebung der neuen Zolle bet<br />

· 1 I t s von der Bnndesvorrcehtige<br />

und wie die gegen diese Auslegung r8mons l'lrenc en mpor enr.'<br />

sRlllmlung - hedrmcrliehenveisc - lt]Jgewiesen wurden.<br />

Revision des schweizerischen Zolltarifs. - Einwirkung des fmnz. Hn,ndelsvertrags. 73<br />

sache für die nächsten 10 J abre auch die schweizerischen EingangszöHe<br />

festgesetzt waren, lag auf deT Hand, indem die in Paris vereinbarten<br />

Ansätze für die Dauer des Vertrags Frankreich und den meistbegünstigten<br />

Staaten gegenüber ihre unbedingte Gültigkeit behielten<br />

und durch kein Gesetz mehl' abgeändert werden konnten. Es ist daher<br />

sehr begreiflich, dass die eigentlichen Schutzzöllner - diejenigen, denen<br />

der neue, nach ihrer Idee bei der zweiten Bemtung noch wesentlich zu<br />

verschärfende Tarif nicht in er8ter Linie Kampfmittel, sondern Selbstzweck<br />

war - über diese Wendung der Dinge in gewaltige Aufregung<br />

und Entrüstung gerieten; unbegreiflich aber ist es, wie die sogencu1l1ten<br />

"Wirtschafter", die Woll- und Leinenfabricanten an der Spitze 1) und<br />

den Schwarm der ihrem Schlachtrufe folgenden Gewerbevereine hinter<br />

sich, in ihrem Ansturm gegen den Vertrag so völlig aussel' Acht lassen<br />

konnten, wie das Gedeihen unserer grossen Exportindustrien neben<br />

und mit dem Gedeihen der Landwirtschaft ganz ul1luittelbar den Wohlstand<br />

unseres Landes und damit wahrlich mittelbar auch das Gedeihen<br />

des Gewerbes bedingt ; denn wie in einem verarmten Lconc1e die Gewerbe<br />

blühen sollen, ist uns wenigstens nicht ersichtlich. 2)<br />

Um so entschiedener standen die wichtigsten Exportindustrien und<br />

die Landwirtschaft für den Vel'trag ein und bewirkten dessen Annahme<br />

mit grosseI' Mehrheit. Gleichzeitig jedoch erliessen die Räte zur Besänftigung<br />

der erregten Gemüter die Einladung an den Bundesrat: eine Untersuchung<br />

über die Lage derjenigen Industrien und Gewerbe zu veran-<br />

') Die Wollfabricanten sollen hauptsächlich die Mittel zu der Agitation geliefert haben.<br />

2) Noch weniger begl'eiflieh ist es, wie der Präsident der l1lttiol1alrätlichen Zollconllni~sion,<br />

welcher Ruch die Prüfung des Handelsvertmgs mit Fmnlueich iibergehen worden war, gltnz<br />

vergessen konnte, dass eben er es gewesen, welchAr im Jahr 1878 die Verschiebung der zweiten<br />

Bemtung des Zolltarifs bis nach Ahschluss der Handelsverträge vemnlasst lmtte. Nun bea,ntmgte<br />

er als BerichterstRtter der Minderheit der Comll1ission umgekehrt: Cb8S ZUJ/Üc7ISt pin neuer<br />

Zolltltl'if auf dem Wege der Gesetzgebung festzustellen sei, welche auch die nötigen MoclRlitäten<br />

anzugeben hltbe, nach denen von jenem Ta,rife durch Verträge Abweichungen gestattet<br />

werden können. Meistbegl'tnstigungs-Vertt'äge sollten nach ihm nun überhllupt nicht mehl' Rbge8chlossen<br />

werden.<br />

IVir freuen uns, dRSS der st. gRllische Gewerbeverein _. mit wenigen lLlldel'll - sich ~denn<br />

doch nicht so weit verblenden liess, um sich in diesem Kampfe der einheimischen Industrie<br />

gegenliber zu stellen.<br />

10


74<br />

Industrie der Gewebe. -<br />

Die st. galliHche Baulllwollindustrie.<br />

stalten, welche sich übel' die Handelsverträge beschweren, und zu prüfen,<br />

in welchem Masse zur Hebung diesel' Industrien und des Handwerks beigetragen<br />

werden könnte, sei es durch Umarbeitung des Zolltarifs, sei<br />

es durch Unterstützung von Handwerker- und Kunstgewerbe-Schulen,<br />

oder durch andere Mittel. Ferner wurde der Bundesrat eingeladen,<br />

noch im Laufe des Jahres 1882 der Bundesversammlung Vorschläge zu<br />

machen behufs endgültiger Bereinigung des schweizerischen Generaltarifs,<br />

wobei nach stillschweigendem Einverständnis in erster Linie eben<br />

auf die notleidenden Industrien und Gewerbe Rücksicht genommen werden<br />

sollte, soweit es die nicht gebundenen Ansätze noch erlaubten.<br />

Auch musste bei diesem Anlass der Streit zwischen den Eisenproducenten<br />

und Maschinenfabricanten, den Spinnern und Webern einerseits, den<br />

Druckern und Stickern anderseits zum Austrag gebracht werden, da<br />

diese Gegner mit freien Positionen auf dem KaInpfplatze blieben; die<br />

Weber um so erbitterter, als der Vertrag mit Frankreich in der Tat für<br />

die Feinweberei sehr ungünstig ausgefallen wal' und die Unterhandlungen<br />

mit Italien neue Schädigung für sie in Aussicht stellten.<br />

Die nächste Rückwirkung des Vertrags mit Frankreich auf unsern<br />

rrarif wal' nun die, dass alle Erhöhungen der Einfuhrzölle, welche der<br />

Conventionaltarif in sich schloss,l) sowie die eine Zollermässigung für<br />

Wein und Essig in Flaschen, durch einen Beschluss des Bundesrates vom<br />

12. Mai 2) in den bestehenden schweizerischen Zolltarif aufgenommen<br />

und diejenigen Ansätze, welche seiner Zeit durch den Vertragstarif von<br />

1864 modificirt, nun aber frei geworden waren, durch die ursprünglichen<br />

Ansätze des 1851er rrarifs ersetzt wurden; 3) eine Massregel,<br />

welche nach der Berechnung des Bundesrats eine jährliche Zollerhöhung<br />

') In diesen Erhöhungen war auch die unterm 20. Juni 1879 eventuell beschlossene Erhöhung<br />

des Einfuhrzolls für gebrannte Wasser, Branntwein etc. inbegriffen.<br />

2) S. Bundesblatt 1882, H. 805 ff. - Auch hier können wir die Berufung auf Art. 34 des<br />

eidg. Zollgesetzes von 1851 kaum für zutreffend halten. (\Trgl. oben. S. 66 u. 71). Bundesrat und<br />

Bundesversammlung scheinen es sich mit der Interpretation von Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen<br />

überlmupt ziemlich leicht gemacht zu haben, wenn es sich um Zollerhöhungen,<br />

bezw. um Vermehrung der Zolleinnahmen handelte.<br />

3) Ausgenommen eine Anzahl speciell aufgeführter Artikel, welche der Entwurf von 1878<br />

mit niedrigeren Ansätzen belegte.<br />

Revision des schweizerischen Zolltltrifs. - Zweite Beratung.<br />

75<br />

von Fr. 1,380,000 mit sich bringen sollte 1) und durch die Bundesversammlung<br />

mit einigen ModificH,tionen unter dem 30. Juni bestätigt<br />

wurde. 2)<br />

Die zweite Beratung des Zolltarifs wurde eingeleitet durch ellle Zweite Beratuug.<br />

neue Botschaft des Bundesrates vom 3. November 1882. 3 ) Aus diesel'<br />

Botschaft ist vor allem hervorzuheben, dass der Bundesrat von der Aufstellung<br />

eines nach seinem Ausdruck "ideellen" Generaltarifs neben dem<br />

aus den Verhandlungen mit dem Aushmd hervorgegangenen Vertragstarif<br />

nichts mehr wissen wollte, weil nach seiner Ansicht ein Generaltarif<br />

erst nach 10 Jahren, d. h. nach Ablauf des Vertrags mit Frankreich,<br />

praktischen Wert erlangen würde. Man hielt ihm entgegen, dass<br />

mit andern Staaten nicht auf 10 Jahre und mit dritten noch gar nicht<br />

abgeschlossen sei, sondern immer noch Provisorien bestehen, so dass<br />

') S, Botschaft des Bundesrates vom 5. Juni 1882, Bundesbhttt 1882, IH.100-113.<br />

2) Die Bundesversammlung wal' übrigens so vorsichtig, erstens ihren Beschluss als dringlich<br />

zu erkHiren und zweitens dem Beschlusses-Entwlll'fe des Bundesrates zwei weitere Artikel<br />

beizufügen, durch welche die Gültigkeit der neuen Ansäb;e auf die Zeit "bis zur definitiven Feststellung<br />

des in der nächsten ordentlichen Session der Bundesversammlung zu beratenden Generaltarifes'<br />

beschränkt und auch bestimmt wurde, WltS zu geschehen hltbe, wenn der neue allgemeine<br />

Zolltarif in einer Volksabstimmung verworfen wllrde.<br />

3) S. Bundesblatt 1882, IV. 3,55-376. - Als Ziele der ,!'m'ifrevision stellte die Botsclmft<br />

dieses Mal nicht weniger als 8, teilweise etwas schwer unter sich zn vereinigende Punkte auf:<br />

1. Anpassung an die Grundsäb"e des Tarifs von 1878; 2. Annäherung der Tarifsätze des freien<br />

Teils des Tarifs an diejenigen des gebundenen Teils; 3. Unterstützung' unserer in:länc1ischen Proc1uction;<br />

4. Befähigung zu fel'l1ern Unterhandlungen mit dem Auslande; 5. möglichste V 8l'einfachung<br />

des Tarifs; 6. Vermeidung des Systems der Hückzölle; 7, keine fühlbare Verteuerung<br />

der materiellen Lebensbedingungen des Vollces ; 8. Befriedigung unserer materiellen Bedürfnisse.<br />

- Im ganzen hinterlässt uns das Vorgehen des Bundesrates unbedingt den Eindruck, dass er,<br />

bezw. der Vorstand des Zolldepartements, sich der ha,ndelspolitischen Bedeutung des Zolltarifs<br />

gar nie recht bewusst geworden ist oder bewusst werden wollte, und nun, lHtchdem die Mehreinnahmen<br />

für die Bundesklsse gesichert waren, den unbequemen Verhandlungen übel' den neuen<br />

Tarif ein möglichst rasches Ende zu bereiten wünschte; wobei nach allen Reiten geschillert<br />

wurde, um nur über die letzten Schwierigkeiten hinweg zu kommen. Es entspricht die ganze<br />

Behandlung der Zollfrage durch den Bundesrat von Anfang bis zu Ende eben vollständig der<br />

Auffassung, welche die frUhere Verbindung des Handels- und Zolldepartements beseitigt und die<br />

Zollverwaltung mit der Finanzverwaltung verbunden hat; eine Anordnung, welche für die gewöhnliche<br />

Geschäftsführung ihre Vorteile haben und auch der ersten Bestimmung' unserer Grenzzölle<br />

durchaus gemäss sein mag; in Zeiten aber, wo sich die Ausarbeitung neuer Zolltarife mit<br />

dem Abschlusse neuer Handelsverträge krenzt und nicht bloss financielle, sondern auch volkswirtschaftliche<br />

Anforderungen von höchster Bedeutung an den Zoll tarif gestellt werden, ihre<br />

entschiedenen Nachteile hat.


76<br />

Industrie der Gpwebe. -- Die st. gallische Baull1wollindustrie.<br />

e111 ~\'llgemeiner 'rarif als Kanlpf- und Pressions-Mittel schOn jetzt Berechtigung<br />

und Bedeutung habe und in kurzer Zeit noch weit grössere<br />

erhmgen werde. Der Nationalrat, bei den'! dieses MaJ die erste Beratung<br />

la.g, entschied (1o\'he1' nicht nach der Ansicht des Bundesrates<br />

und behandelte den neuen 'rari±' nicht 'bloss als Ergänzung des Vertragstarifs,<br />

sondern als wirklichen, neben diesem bestehenden allgemeinen<br />

'rarif, der auch für eine Reihe durch den Vertrag mit Frankreich fixirtel'<br />

Positionen zweite, höhere Ansätze aufstellte; freilich unter Modalitäten,<br />

welche den Wert diesel' erhöhten Ansätze bei Unterhandlungen<br />

ausserordentlich fraglich machen.<br />

Schon der dem Conventionaltarif vorgesetzte 'ritel "Gebrauchstarif"<br />

muss den allgemeinen Tarif als eine höchst ungefährliche Waffe<br />

erscheinen lassen, gleich den auf Papier gemalten chinesischen Kanonen<br />

seligen Angedenkens. Denn wenn der eine 'rarif mit niedrigen Ansätzen<br />

GebnUlchstarif ist, so wäre doch der andere mit hohen Ansätzen folgerichtig<br />

derjenige, der nicht gebraucht wird. Um indes übel' die Ungefährlichkeit<br />

des becLbsichtigten Schreckmittels noch mehl' zu beruhigen,<br />

wurde nicht etwa, festgesetzt, dass der Generaltarif oder, wie man<br />

ihn möglichst neutral nannte. der Tarif B selbstverständlich bei dem<br />

wirklichen Ablauf eines Vertragsverhältnisses zur Anwendung komme,<br />

sondern nur die Bestimmung getroffen, dass er durch Beschluss des<br />

Bundesrates .rJanz oder teilweise in Anwendung gebracht werden könne)<br />

soweit internationale Vereinbarungen nicht entgegenstehen, oder sofern<br />

ein Staat die Schweiz nicht auf dem Fusse der meistbegünstigten<br />

Nation behandle, oder auch wenn schvveizerische Interessen durch<br />

hohe Ein- oder Ausfuhrzölle bedroht seien. 1) Überdies sind solche Beschlüsse<br />

des Bundesrates der Bundesversammlung zur Kenntnis zu bringen,<br />

welche sie aufheben oder modificiren und von sich :ws jederzeit<br />

"Schlussnahmen zur Anwendung des Tarifs B fassen" mag. 2) Dieser<br />

1) vVenn das letztere massgebenc1 wäre, müsste der TELrif B sofort gegen alle Festlanc1-<br />

staaten in Anwendung gebracht werden, soweit eben "die Verträge nicht entgegenstehen".<br />

') Man denke dabei auch an die so häufig verschiedene Auffassung der beiden gesetzgebenden<br />

Räte. - Der Bundesrat hatte unter der Voranssetzung, chtss ein einheitlicher Tarif<br />

Revision des schweizerischen Zolltarif,.;. - Zweite Bern,tung. 77<br />

wäre somit nach den Beschlüssen des Nationalrates nichts anderes, als<br />

ein erweiterter, ganz besonders sorgfältig verclausulirte1' Kampfzollparagraph<br />

, gegen den sich mit noch grösserem Hechte wieder alles<br />

Dasjenige einwenden liesse, ,vas oben gegen elen Feer - Herzog'schen<br />

Kampfzollparagraphen gesagt worden ist.<br />

Ein wohl erwogener Generaltarif, welcher unfehlbar eh1 eintritt,<br />

wo kein Vertru,g zu stande kommt oder vorhanden ü,t, und in welchem<br />

die Ansätze so weit erhöht sind, als es möglich ist, ohne uns selbst<br />

und unsere Industrie durch Verteuerung notwendiger Lebensbedürfnisse<br />

oder Halbfabricate zu schädigen: das ist das einzige ohne Bedenken<br />

anwendbare und wirksame Kampfliüttel, das der Schweiz gegen die<br />

Zollplackereien des Auslands zu Gebote steht und neben dem, wenn<br />

es uns einmal zur Verfügung stände, der Kampfzollparagraph füglich<br />

wegfallen dürfte. Denn sich selbst ernstlich zu schädigen, um Andere<br />

zu ärgern, hätte doch keinen Sinn.<br />

Gewiss wäre der Zustand, der aus der Anyvendung zweier verschiedener<br />

rrarife hervorgehen und Ursprungszeugnisse und andere Widerwärtigkeiten<br />

mit sich bringen müsste, kein an sich erwünschter und<br />

erfreulicher. Er würde indes schwerlich lange andauern und wäre wohl<br />

in elen Kauf zu nehmen, wenn es gelingen sollte, durch seine Wirkung<br />

das System zu brechen, das uns zu ersticken droht. Aber klar und<br />

deutlich) nicht als unbestimmte Drohung, und für Alle gleich soll vorliegen,<br />

was sie von uns zu erwarten haben, wenn sie uns billige Concessionen<br />

gewähren, und was für Folgen es mit sich bringt, wenn sie<br />

bloss nehmen, aber nicht geben wollen. 1)<br />

zur Anmthme gelange, für sich die Ermächtigung begehrt, in den oben vorgesehenen Fällen<br />

nach Erfordernis der Umstände eine Erhöhung' der entsprechenden Ta.rifsätze bis auf das Doppelte<br />

des bestimmten Betrags in Anwendung zu bringen.<br />

1) Ohne in ~tllel1 Einzelheiten mit dem Inhalte der Rede einig zu gehen, welche Herr<br />

Nationalrat Cramer-Frey von Zürich in der Sitz~Ulg vom 'J.. April gehalten und neulich unter<br />

dem Titel: "Zur Zollbriffrage" veröffentlicht hat, stimmen wir seinem Gec1ankengltnge in der<br />

Hauptsache und seinem Schlussworte vollständig bei. Auch wir sind der Ansicht, "dass unser<br />

Endziel nur gefördert werden könne, wenn auch wir an dem gegenwärtigen allgemeinen Kampfe<br />

uns ein wenig beteiligen, das Endziel nämlich, drtss allüberall lLllmälig die Einsicht zurückkehre,<br />

es gereiche eine gegenseitig etwas liberalere Zoll politik doch allen Nationen zu grös-


78<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. g'allische B,tumwollindustrie.<br />

War der Nationalrat den Anschauungen des Bundesrats in Betreff<br />

des einheitlichen Tarifs nicht beigetreten, so schloss er sich dagegen<br />

in anderer Richtung den Vorschlägen der bunclesrätlichen Botschaft<br />

gänzlich an: so in der Herabsetzung der höchsten rrarifansätze des allgemeinen<br />

oder modificlr·ten 1878er Tarifs auf die höchsten Ansätze des<br />

Conventionaltarifs 1 ) - mit dem einzigen Vorbehalte der Tabakfabricate<br />

-; ferner in der Anwendung des endlich zur Anerkennung gelangten<br />

Grundsatzes, die begehrte Erleichterung der inländischen Production<br />

dmch den Zolltarif vor allem in der tunlichsten Herabsetzung der<br />

Eingangszölle auf ihren Roh- und Hülfsstoffen und in der Aufhebung der<br />

Ausfuhrzölle auf ihre Erzeugnisse stattfinden zu lassen, wodurch gleichzeitig<br />

die früher schon für einzelne Industrien zm Sprache gebrachte<br />

Forderung von Rückzöllen zm Ruhe verwiesen werden konnte. 2) In<br />

serem Nutzen, als c1l1s gegenwärtig in Mode stehende Abschliessungssystem." Ganz besonders<br />

frenen wir uns (brüber, dass Herr Cramer-Frey hl,ut seinen nachträglichen Bemerkungen zu der<br />

Überzeugung von der Um,weckmässigkeit der eventuellen, ga,n7.en oder teilweisen Anwendung<br />

des Generalhtrifs oder des 'l'arifs B g'ekolllUlen ist. Für uns liegt in der Beseitigung dieser<br />

Bestimmung der ,Vert des ganzen neuen Zollgesetzes als Kampf- oder Pressions - Mittel entlmlten.<br />

Alles Andere, als das klare "entweder - oder" des General- oder des Vertragstarifs ist<br />

für nns eine wirkungslose Halbheit, wohl geeignet, endlosen Streit und Zank und Verdmss zu<br />

erwecken, aber ohne clen gewünschten Erfolg zu sichern. Das ist schlimmer [ols nichts. Wer<br />

den Zweck will, muss tl·uch die Mittel wollen. Gegenüber den Festsetzungen, wie sie der Nlttionalrat<br />

getroffen hat, hätten wir unbedingt dem Antrag Geigy noch den Vorzug gegeben,<br />

der auf einen besonderen Generaltarif ganz verzichten, cl;l,gegen für eine beschränkte Anzlthl<br />

wichtiger Einfuhrartikel auf die Zeit des Ablaufs der Hltnclelsverträge kräftig erhöhte Ansätze<br />

vorsehen wollte, als Gruncllage der Unterhandlungen übel' Erneuerung der Verträge. Das möchte<br />

vom reinen hltnclelspolitischen Gesichtspunkte aus auch genügen; dagegen fiele dabei der Gesichtspunkt<br />

der ,Förderung der nationalen Production" durch den Zolltarif gänzlich dll,hin und<br />

wird deswegen der Antrag Geigy die Unterstüt.zung der mehl' oder weniger schutzzöllnerischen<br />

Elemente nie erlangen.<br />

') Man scheint es demlUwh als unbillig erachtet zu haben, dltss z. B. die ungebundenen<br />

Herrenhüte, die sog'enmmten Üylinder, und Spielkarten mit Fr. 75-100 verzollt werden sollten,<br />

nltchdem die Damenhiite und Glltcehandschuhe durch den Vertrag mit Frankreich auf Fr. 30<br />

gebunden worden waren. So sehr wir die äusserliche Berechtigung dieses R,äsonnements anerkennen,<br />

sehen wir doch keinen innern Grund ein, warum bloss der Gleichförmigkeit wegen auf<br />

die schöne und durchaus nicht drückende Einnlthme aus einzelnen diesel' Positionen verzicbtet<br />

werden soll. Die Reduct.ion hätte wenigstens gelegentlich noch als Concession verwertet werden<br />

können. Procentual blieb der ursprünglich vorgeschla,gene Zollltnsatz von Fr. 75-100 für<br />

alle damit belegten Artikel no('h vollständig innerhalb und zum Teil bedeutend unter der durch<br />

den Vertrag mit Fmnkreich allerdings arg dlll'chlöcherten, wegleitenden Scltla.<br />

2) Aus diesem Gesichtspunkt wurde der Eingangszoll von 1879 [tuf dns Rohmaterial der<br />

Revision des schweizerischen Zolltarifs. - Zweite Berat.ung.<br />

79<br />

financieller Beziehung war man mit den Anforderungen wesentlich genügsamer<br />

geworden, seit der Tabakzoll und die anlässlich des Vertrags<br />

mit Frankreich in Kraft gesetzten Zollerhöhungen eine jährliche Mehreinnahme<br />

von wenigstens 2 Millionen sicherten und die Zollerträgnisse<br />

sich seit dem Jahre 1878 überhaupt wieder zu heben begonnen hatten,<br />

so dass von einer Finanznot des Bundes nicht mehr die Rede war. 1)<br />

Dem heftigen Streit zwischen den Spinnern und Webern einerseits,<br />

den Druckern und Stickern anderseits, war durch eine vom<br />

Zolldepartement veranstaltete Vorconferenz von Vertretern der beteiligten<br />

Industrien einigermassen die Spitze abgebrochen und das Ergebnis<br />

eier Conferenz von dem Nationalrat in den Tarif aufgenommen<br />

worden. 2) Nur bei einigen Positionen der Rubrik "Eisen" erwies sich<br />

jede Vermittlung als unmöglich.<br />

So schien die Tarifrevision allmälig unter Ausgleichung der schärfsten<br />

Gegensätze spruchreif zu werden und bedurfte zu ihrer endlichen<br />

Erledigung durch die Bundesversammlung nur noch der auf die Sommersitzung<br />

von 188i3 angesetzten Beratung durch den Ständerat, als diese<br />

Behörde gegen alle Erwartung die hiefür festgesetzte Zeit mit einem<br />

Streite über die Vorfrage verbrauchte: ob beide Tarife als ein zusammengehöriges,<br />

untrennbares Ganze dem Heferendum zu unterstellen<br />

seien oder jeder gesöndert für sich ~ Der N iLtionalrat hatte sich für<br />

das erstere entschieden; der St.änderat entschied nach einer langen<br />

Tabakfltbrication von Fr. 25 auf Fr. 20 reducirt; die Mnschinenfabricltnten wurden ;l,uf die ermässigten<br />

Eisenzölle und den ltufgehobenen Ausgltngszoll auf lYhschinen verwiesen, die Liqueurfabl'ica.nten<br />

auf den grossen Wertuntel'schied zwischen ihren Hillfsstoffen und ihrem Fabricate·<br />

') Der Bundesrat selbst glaubte sich mit einer weitem Verll1l'hrung von ca. 1 '<br />

" Millionen<br />

begnügen zu dürfen. Es ist indes wohl zu beherzigen, was in der Cramer-Frey'schen Rede über<br />

die financielle Stellung des Bundes, der die einträglichsten indirecten Steuern an sich gezogen<br />

hat, zu den Kantonen gesagt wird.<br />

2) Die Conferenz hatte für rohe Bltumwollgewebe zwei Kategorien aufgestellt: 1) Gewebe<br />

bis und mit 38 Fäden auf 5 mm 2 Fr. 10; 2) Gewebe mit mehl' als 38 Fäden auf 5 lllm 2 Fr. 16.<br />

W ltr schon bei diesem Vorschlag die Einführung des Faclell7.ählers ni.cht eben erwünscht, so<br />

begreift man noch weniger, wie der Nationalrat sogar die am Gewebe so schwierig mit. Sicherheit<br />

zu bestimmende Gltl'l1nunul1er als weiteres Unterscheidungszeichen aufnahm und auch elie<br />

Gewebe mit weniger als 38 Fäden auf 5 111m 2 in die zweite Klasse vel'set~te, sofE'l'l1 sie aus Gal'll<br />

übel' NI'. 80 al1g'efertigt sind.


80 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollinclustrio.<br />

Debatte zunächst für das zweite, besann sich dann aber eines andern,<br />

nachdem der Nationalrat mit grosser Mehrheit beschlossen hatte, bei<br />

seinem Entscheide zu verbleiben und zwar mit gutem Grunde; denn<br />

dass eine kaum zu vermeidende, bei den widerstreitenden Interessen<br />

unter allen Umständen unsichere Abstimmung noch am ehesten zu<br />

einem annehmenden Ergebnisse führen dürfte, wenn alle Interessen<br />

vereinigt bleiben und mit einander stehen und fallen, scheint einleuchtend.<br />

Wir können daher in unserer vorliegenden Arbeit noeh nieht<br />

über den Ausgang der siebenjährigen Revisionsarbeit beriehten und<br />

müssen abwarten, ob die sehwaehen Punkte, die naeh unserer Ansieht<br />

dem Werke anhaften, in dem letzten Stadium der Behandlung<br />

noeh beseitigt werden oder nieht. Leider ist augenblieklieh jedenfalls<br />

so viel riehtig, dass man nieht mit voller Befriedigung auf den bisherigen<br />

Verlauf der so wiehtigen Angelegenheit zurüekblieken und<br />

ebensowenig mit voller Beruhigung ihrem Absehlusse entgegensehen<br />

kann. So weit wird es indes naeh allel' Voraussieht doch nicht kommen,<br />

dass aus blindem Verdnlss übel' die neu erwachten Aus- und<br />

Abschliessungsgelüste unserer Nachbarn die wirklichen Interessen der<br />

vorhandenen gl'ossen Exportindustrien , auf welchen zum guten 'reile<br />

die ökonomische Existenz der Schweiz beruht, dem vermeintlichen Interesse<br />

des Kleingewerbes oder erst noch zu scha,ffender, für den einheimischen<br />

Bedarf berechneter Industriezweige hintm1gesetzt oder geopfert<br />

werden. Wo diese Interessen mit einander in Conflict kommen,<br />

müssen die letztem zurückstehen; wo dies nieht der Fall ist, mag ja<br />

aueh bei uns auf besehränktem Gebiete experimentirt werden, bis die<br />

Erfahrung, gesundere politisehe Verhältnisse und - wohl nieht am<br />

wenigsten - eine Reihe fetter Jahre nach der langen Reihe magerer<br />

Jahre der gegenwärtigen unbehaglichen und daher so veränderllngslustigen<br />

Stimmung ein glüekliehes Ende gemaeht haben werden.<br />

Schweizerisches Fabrikgesetz.<br />

Von der übrigen, in Folge der Verfassungsrevision von 1874 sehr<br />

tätigen volkswirtschaftEehen Gesetzgebung des Bundes in dem Zeitraume<br />

unserer Berichterstattung soll hier nur noch das Gesetz über<br />

die Arbeit in den Fabriken vom 23. März 1877 etwas eingehender berührt<br />

werden. 1)<br />

Wir geben bereitwillig zu, dass die schweizerischen Industriellen<br />

die Aussicht auf ein solches Gesetz nicht mit der gleichen Begeisterung<br />

begrüssten, wie der damalige VorstE1nd des Eisenbahn- und Handels­<br />

Departements, der schon vor Annahme der neuen Verfassung das Material<br />

zur Ausführung ihres Artikels 34 2 ) zu sammeln begann. Doch ist<br />

es auch nicht allgemein richtig, wenn man von einem schroffen Widerstand<br />

der Vertreter von Handel und Industrie gegen den genannten<br />

Verfassu11gsartikel und gegen eine daraus hervorgehende eidgenössische<br />

Gesetzgebung übel' die Fabrikarbeit spricht. Die allgemeine Tendenz<br />

eines gesetzlichen Schutzes der Arbeiterbevölkerung gegen besondere<br />

Gefährde, die mit der Ausübung ihres Berufes verbunden ist, voraus<br />

aber eines Schutzes der Frauen und Kinder gegen zu weit gehende Zumutungen<br />

des fabrikmässigen Geschäftsbetriebes, wurde auch in mercantilen<br />

und industriellen Kreisen vielerorts vollständig gewürdigt und<br />

ohne jeden Vorbehalt als berechtigt anerkannt. Aber übel' das Mass<br />

des wirklich Notwendigen, Zweckmässigen und Zulässigen sind die Ansichten<br />

allerdings von Anfang an ziemlich weit auseinander gegangen<br />

und durch das Gesetz, wie es schliesslich mit geringer ::YIehrheit aus<br />

') Einen bequemen Überblick übel' ,die Bundesgesetzgebung der Schweiz unter der neuen Verfassung'<br />

gibt Prof. G. Cohn im In. Supplement der Jahrbücher für Nationalökonomie. Jena 1879.<br />

Das Gesetz übel' die Ausgabe von Banknoten und die Stellung der Schweiz zu der Münz- und<br />

Währungsfrage werden wir in einem spätem Abschnitte diesel' Schrift noch berühren. Das<br />

dornige und unerquickliche Gebiet der Eisenbahn-Gesetzgebung und -Verwaltung, sowie das<br />

Verkehrswesen überhaupt" haben wir bei unsern bisherigen Arbeiten absichtlich nicht in den<br />

Kreis der Betrachtung gezogen, in dem Gefühle, (bss eine gründliche Behandlung diesel' Verhältnisse<br />

einen Aufwand von Mühe und Arbeit erfordern würde, der beinahe übel' unsere Kräfte<br />

gienge und voraussichtlich doch höchst unfruchtbar bliebe.<br />

2) Art. 34 lautet: Der Bund ist befugt, einheitliche Bestimmungen übel' die Verwendung<br />

von Kindern in :E'abriken und über die Dauer der Arbeit erwachsener Personen in denselben<br />

aufzustellen. EbenRo ist er berechtigt, Vorschriften zum Schutze der Arbeiter gegen einen die<br />

Gesundheit und Sicherheit gefährdenden Gewerbebetrieb zu erlassen.<br />

11<br />

81<br />

Schweizel'isches<br />

Fabl'ikgesetz.


82<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. g'allische Baumwollindustrie.<br />

der Volksabstimmung vom October 1877 hervorgieng, selbst für solche<br />

nicht vollständig ausgeglichen worden, die durchaus keine grundsätzlichen<br />

Gegner desselben sind. 1)<br />

Drei Punkte waren es hauptsächlich, gegen welche sich der Widerstand<br />

auch der Wohlgesinnten bis zuletzt richtete: der allgemeine eilfstündige<br />

Normal- oder richtiger M:uimal-Arbeitstag, die unbegrenzte<br />

Haftpflicht der Arbeitgeber und der gänzliche Ausschluss der Kü~der<br />

aus den Fabriken bis zum vollendeten vierzehnten Altersjahr.<br />

Was den N ormal- oder Maximal-Arbeitstag anbetrifft, waren wir<br />

zwar immer geneigt, in letzter Linie den Jüngern des Aesculap das entscheidende<br />

Wort einzuräumen. Dennoch sind unsere ernsten Bedenken<br />

über die Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit der Concurrenzfähigkeit<br />

verschiedener IndustTiezweige auch jetzt noch nicht gänzlich beseitigt.<br />

Unter allen Umständen ist die Fortdauer der bisherigen verständigen<br />

1) Für die keineswegs schroff al)weisende Stellung, welche das kaufmännische Directorium<br />

und der schweizerische Handels- und Industrie-Verein, als dessen Vorort das Directorium dalllals<br />

funct.ionirte, zu dem schweizerischen Fabrikg'esetze eingenommen haben, verweisen wir zunächst<br />

auf die Schrift: Die kaufmännische Oorporation und das kaufmännische Directorium in den<br />

Jahren 1864-80 S. 53 ff., und im weitem auf die Eingaben vom 15. September 1874, 27. Juli<br />

1875 und vom 27. November 1875, welche im Namen des genannten Vereins an das schweizerische<br />

Eisenbahn- und Handels-Departement und den BundesrH,t gerichtet worden sind. Die<br />

erste dieser drei Eingaben - vom Ausschusse an das Departement gerichtet - behandelt in<br />

Beantwortung eines betr. Oirculars des Dep;ntements die allgemeinen Fragen der Kinderarbeit<br />

in den Fabriken, der Regulirung der Arbeitszeit von erwachsenen Fa,brikarbeitern und des<br />

Schutzes der Arbeiter geg'en einen die Gesundheit und Sicherheit gefährdenden Gewerbebetrieb;<br />

die zweite - ebenfalls an das Departement gerichtet -- enthält die Abänderungsvorschläge der<br />

Deleo'irten-Versammlung vom 27. Juli 187.5 zu dem Entwurfe der Experten-Oommission mit erläute~'ndem<br />

Beg'leitschreiben; die dritte - vom Ausschuss an den h. Bundesrat gerichtet -<br />

wemlet sich gegen eine Reihe von Bestimmungen des bundesrätlichen Entwurfs und gibt l1lwh<br />

Behandlung der einzelnen, beanstandeten Punkte dem Gefühle unumwundenen Ausdruck, "dass<br />

die Vorlage über ein schwei7,erisches Fabrikgesetz ohne genügende Kenntnis der wirklichen Ver~<br />

hältnisse, die sie beschlägt und regeln will, und ohne Voruntersuchungen, wie sie der Wichtigkeit<br />

des Gegenstandes angemessen sind, entstanden und aURgearbeitet worden ist." Diese dritte<br />

EinO'abe schliesst daher mit dem Gesuche:<br />

" "Da~s die Behandlung des vorliegenden Gesetzentwurfs über die Arbeit in den Fabriken<br />

durch die hohe Bundesversammlung verschoben und dagegen beschlossen werden möge, dieser<br />

Behandlung vorgängig eine genaue Untersuchung über die zu erwartende Wirkung der wichtigsten<br />

Bestimmungen des Entwurfs auf die verschiedenen Industrien der Schweiz stattfinden<br />

zu lassen, nach dem Vorbilde der englischen Untersuchungen in ähnlichen Fällen."<br />

Als beste Anleitung zu einer solchen Untersuchung wurde die Schrift des Hrn. Professor<br />

G. Oohn: "Übel' parlamentarische Untersuchungen in England" beigelegt.<br />

Schweizerisches Fabrikgesetz. 83<br />

und rücksichtsvollen Anwendung des Artikels über den N ormalarbeitstag<br />

unbedingt notwendig. 1) - Die Besorgnisse über die besondere und<br />

unbegrenzte Haftpflicht der industriellen Arbeitgeber sind dnrch das<br />

inzwischen ausgearbeitete und in Kraft getretene Haftpflichtgesetz wesentlich<br />

beruhigt worden. 2) - Als unbedingt verfehlt müssen wir aber<br />

heute noch den gänzlichen Ausschluss der Kinder bis zum vollendeten<br />

vierzehnten Altersjahre von der Fabrikarbeit betrachten olme gleichzeitige<br />

Ausdehnung der Alltagsschule bis zu diesem Alter. Es ist uns<br />

in der 'rat unbegreiflich, wie man sich so leicht über die aus diesel'<br />

Bestimmung nüt absoluter Notwendigkeit hervorgehende doppelte Ge~<br />

fährde hinwegsetzte: dass die Kinder der Bevölkerung wirklicher Fabrikdistricte<br />

in der Zwischenzeit zwischen deIn schulpflichtigen und<br />

fabrikfähigen Alter entweder sich selbst überlassen bleiben oder aber<br />

ohne alle Einschränkung zu einer weit anstrengenderen Hausarbeit. angehalten<br />

werden; beides gerade für diese Jahre viel gefährlicher, als<br />

eine leichte Beschäftignng in der Fabrik unter schützenden Bestimmungen.<br />

~)<br />

Es wird übrigens unsere Aufgabe sein, m dem zweiten Abschnitte<br />

dieser Arbeit die Wirkungen des Fabrikgesetzes auf die verschiedenen<br />

Industriezweige unseres Gebiets möglichst genau festzustellen. Für ein-<br />

1) Als durchaus notwendiges Sicherheitsventil ist in diesen Artikel die ErhLubnis zur ausnahmsweisen<br />

oder vorübergehenden Verlängerung der Arbeitszeit aufgenommen worden, für<br />

welche bis auf die Dauer von zwei Wochen die Bewilligung von der zuständigen Orts- oder<br />

Bezirksbehörde, sonst aber von der Kantonsbehörde einzuholen ist.<br />

2) Das "Bundesgesetz bßtreffend die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb" datirt vom 25. Juni<br />

1881 und bestimmt als Maximum der Entschädigung den sechsfachen Jahresverdienst des Geschädigten,<br />

bezw. die Summe von Fr. 6000. -<br />

3) \"1 as eigentlich mit elen Kindern in diesem Zwischenalter geschehen soll, hat, so weit<br />

wir sehen, noch niemand gesagt. Selbst ein so scharfsichtiger und tiefblickeneler Forscher,<br />

wie G. Oohn, lässt diese Frage einfrwh bei Seite und glaubt gegen die Ausbeutung der Kinder<br />

in der Hausindustrie das Heilmittel in der Ausdehnung des Fabrikgesetzes über diese Industrie<br />

zu finden; freilich ohne anzugeben, wie er sich z. B. in den Berggemeinclen un8er8 Industriegebiets<br />

mit ihren zerstreuten W olmstätten die Durchführung der beschränkenclen Bestimmungen<br />

des Fabrikgesetzes denkt, besonders wieder gerade für die Zeit, wo die Schulpflicht der Kinder<br />

und damit auch die Fühlung der Schule mit dem häuslichen Leben der Kinder aufhört. - \"1ir<br />

können übrigens nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit eindringlich auf die höchst bedeutsame<br />

Studie hinzuweisen, welche G. Oohn unter dem Titel "Über internationale FarikgeBetzgebung"<br />

in dem 37. Bande der Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik veröffentlicht hat.


84:<br />

Industrie del' Gewebe. -<br />

Die st. gallische Baumwollinclustl'ie.<br />

mal dürfen wir uns auf das Gesagte beschränken, dem wir noch die<br />

eine Andeutung beifügen, dass dieses Gesetz in der gleichen Richtung<br />

gewirkt hat und wirken wird, wie die oben g~schilde.rte Umges~altun~<br />

der Zoll- und Vertrags -Verhältnisse und die mdustnelle EntwIcklung<br />

der wichtigsten Culturstaaten überhaupt: nämlich nachteilig auf die<br />

Fabrication der grossen Stapelartikel und eben dadurch fördernd auf<br />

die Pflege der Speeialitäten und derjenigen Industriezweige, welche besondere<br />

technische Fertigkeiten, Erfindungsgabe und Geschmack verlangen.<br />

Die Belege hiefür werden durch die Betrachtung der einzelnen<br />

Industriezweige geliefert werden, zu welcher wir nun übergehen.<br />

85<br />

Die einzelnen Zweige der Baumwollindustrie.<br />

Bevor wir zu der näheren Betrachtung der einzelnen Zweige<br />

unserer Baumwollindustrie übergehen, sehen wir in Kürze zu, wie sich<br />

der Verkehr mit ihrem Rohstoffe während der Periode unserer Berichterstattung<br />

gestaltet hat.<br />

Der Baumwollmarkt stand beim Beginne derselben noch unter<br />

den N achwirknngen des amerikanischen Bürgerkriegs, welcher alle gewohnten<br />

Verhältnisse auf den Kopf gestellt und Baumwollpreise herbeigeführt<br />

hatte, wie sie bisher nur einmal, in den Zeiten der Continentalsperre,<br />

erlebt worden waren. Die Aufhebung der Sklaverei rief auch<br />

'\<br />

nach Beendigung des Kriegs den schlimmsten Prophezeiungen für elie<br />

I<br />

i<br />

Zukunft der nordamerikanischen Baumwollprocluction, und der Glaube<br />

an diese Prophezeiungen wirkte noch längere Zeit mässigend auf den<br />

Rückgang der Preise. Allein, kaum hatten sich die Verhältnisse der<br />

Baumwollstaaten gefestigt, so gewann ihre Baumwollcultnr unter dei'<br />

Herrschaft der freien Arbeit eine ganz ungewohnte Intensität und<br />

Ausdehnung. 1) Die Preise gien gen - allerdings mit Schwankungen -<br />

anf die früher gewohnten Ansätze znrück, und der während der Baumwollnot<br />

aushülfsweise herangezogene Rohstoff aus allel' Herren Ländern<br />

Rohstoff.<br />

') Die Gcsmnternte wurde geschätzt:<br />

Ballen<br />

(zn 220 Kilo)<br />

1866/67 a,uf 2,204,089 1874/75<br />

"<br />

1867/68 2,498,895 1875/76<br />

"<br />

"<br />

1868/69<br />

" 2,439,039 1876;'77 1869;70 3,1!l4,946<br />

"<br />

1877,'78<br />

"<br />

"<br />

1870/71<br />

" 4,852,317 1878/79 "<br />

1871/72<br />

J!<br />

2,974,3.51 1879/80<br />

"<br />

1872173 3,930,508 1880;81<br />

187.1,74<br />

"<br />

4,170,388<br />

"<br />

"<br />

Ba.llen<br />

(zn 220 Kilo)<br />

3,832,991<br />

4,669,288<br />

4,485,423<br />

4,811,265<br />

5,073,531<br />

5,757,397<br />

6,.589,829<br />

lla


86<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

verschwand nach und nach gänzlich. Um die Mitte der Siebziger-J ahre<br />

durfte der Ausnahmszustand als beendigt gelten, und seitdem decken die<br />

Südstaaten der Union und Ägypten wieder fast ausschliesslich unsern<br />

Bedarf. Indische Baumwolle wird nur von einzelnen Grobspinnereien<br />

verwendet, und das Product anderer Länder - Brasilien, rrahiti etc. -<br />

erscheint nur gelegentlich und versuchsweiRe.<br />

Die Zunahme des Baumwollverbrauchs unserer Spinnerei seit 1874<br />

kam zuerst hauptsächlich dem ägyptischen Stoffe zu gute, sowohl weil<br />

sie wesentlich durch die rasche Ausdehnung der Maschinenstickerei<br />

bedingt war, die nur Makogarne verwendet,' als auch weil die Preise<br />

der ägyptischen und amerikanischen Sorten sich oft auffallend nahe<br />

standen, ja längere Zeit hindurch Mako sogar billiger zu haben "val',<br />

als Louisiana. In jüngster Zeit aber, seitdem die Feinspinnerei in<br />

schwere Bedrängnisse geraten ist und merklich zurückgeht, vermehrte<br />

sich zumeist der Begehr nach amerikanischer Baumwolle, wobei auch<br />

die Verdrängung der Krappfärberei 'durch die Alizarinfärberei fühlbar<br />

mitwirkte. Da nämlich dieser neue Färbeprocess nicht mehr, wie<br />

jener früher allgemein übliche, eine besonders starke Faser verlangt,<br />

wird nun für die Türkischrot-Garne statt der kräftigeren Mako vorherrschend<br />

die schwächere Louisiana verwendet. 1) Der amerikanischen<br />

Baumwolle wird das Zeugnis ausgestellt, dass sie in Bezug auf Reinheit<br />

durch Verbessenmg der Säuberungsmaschinen und sorgfältigere<br />

Behandlung bedeutend gewonnen habe; die Faser im sich aber sei mit<br />

der Zeit kürzer, gröber und schwächer geworden: eine Folge der<br />

immer schärfern Ausnutzung des Bodens.<br />

Der Stapelplatz für die ägyptische Baumwolle iRt Alexandria, von<br />

wo sie gewöhnlich über Venedig, Triest oder Marseille 2 ) ihren vVeg<br />

nach der Schweiz nimmt; die Hauptmärkte für die nordamerikanische<br />

Baumwolle sind Neu-York, Neu-Orleans und Galveston. Während nUll<br />

der Mako-Spinner in der Regel bei Beginn der Campagne - im Spätherbst<br />

- in Ägypten selbst seinen ganzen Jahresbedarf einkauft und<br />

Rohstoff.<br />

87<br />

den Markt III Liverpool nur aushülfsweise für den Bezug besonderer<br />

Qualitäten benutzt, oder wenn er mit Reinen Vorräten zu frühe auskömmt,<br />

versieht sich der Grobspinner meist nur für 2 bis 4 Monate<br />

mit dem nötigen R,ohstoft'e. Der Spinner ist daher, obschon er sich bei<br />

seinen Einkäufen der Vermittlung von Agenten bedient, ganz allgemein<br />

auch Baumwollspeculant und klagte als solcher in den letzten Jahren<br />

bitter darüber, wie sich die nordamerikanische Speculation selbst der<br />

gewaltigsten Erntevorräte bemächtige, sie zurückhalte und so die Preise<br />

künstlich in die Höhe treibe, bis die grossen Bestellungen eingegangen<br />

seien. Ist dann das Schäfchen im Trocknen, so lässt man dem Geschäfte<br />

den natürlichen Lauf, wodurch erst die wahre Situation zu Tage tritt.<br />

So vviederholte sich schon mehrere Jahre nach einander die widersinnige<br />

Erscheinung, dass die Preise stiegen, wenn die Vorräte am<br />

höchsten standen, und sanken, wenn diese ganz bedeutend zusammengeschmolzen<br />

waren; nachdem eben die Spinner ihre Magazine mit dem<br />

teuren Stoffe gefüllt hatten.<br />

Die Durchschnittspreise für unsere "wichtigsten Sorten stellten sich<br />

nach der Baumwollstatistik der Herren Geilinger & Blum in Wintertur<br />

in den Jahren 1866/67-1880/81 folgendermassen:<br />

Mako fair Midd1. 01'1. Fair Sumte<br />

Mako fair lYIidd1. 01'1. Fair Surate<br />

Pence Pence Pence Pence Pence Pence<br />

1866/67 15 ' ;4 12,85 8 3 ,4 1874/75 6 5 /16 7,87 5'<br />

1867/68 10 7 /8 10,Ob 8" {2 1875176 63 /8 ') 6,62 4 ' /2<br />

1868!69 12 3 /4 12,12 9 3 /4 187677 6 3 's 6,50 5 3 ;lG<br />

186970 117/8 10,98 8" ,8 1877/78 7 3 ;8 6,,51 4 '5 /'6<br />

1870/71 8 5 / S 8,57 5 13 /16 1878'79 7 3 /4 6,26 5<br />

1871,072 10 ' /2 10,78 7 1 /2 187f)/80 7 ' /16 7,06 5 ' /4<br />

1872173 9 3 !4 9,56 6 3 ,16 1880/81 6"/16 6,62 4 3 /8<br />

1873,/74 8' /2 8,52 5 5 /16<br />

Noch genauern Aufschluss über die Preisbewegung des Baumwollmarktes<br />

gibt die nachstehende Tabelle, welche wir der Gefälligkeit deR<br />

Herrn Bertheau-Hürlimann in Rapperswil verdanken:<br />

') Daneben auch häufig Mako: Abfallg'arne für Eintrag.<br />

2) Seit Eröffnung der Gotthardbahn sucht Genua Marseille den Rang ::Ibzul::lufen.<br />

') Diesel' Preis ist ::luch [Luf 8. 20, wie anf 8. 19, der "Cotons-Statistique" (herausgegeben<br />

auf die schweizerische Lmlclesausstellung von 1883) anzusetzen. Alle vorhergehenden Preis[Lngaben<br />

für Mako sind clemgemäss auf S. 20 je um ein J::Ih1' zurückzustellen.


--<br />

88 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Bamnwollindustl'ie.<br />

J anuar<br />

F ebrllar<br />

M äl'Z<br />

A pril<br />

lV fai .<br />

J uni<br />

J uli<br />

} \ugnst<br />

s<br />

eptembel'<br />

(j ctobel'<br />

N ovell1ber<br />

Mon at<br />

D ecell1bel' .<br />

J ahl'esc1urchschnitt<br />

.J annar<br />

F ebl'llal'<br />

M äl'Z<br />

A pril<br />

M<br />

aI •<br />

.J uni<br />

J uli<br />

A ngust<br />

s eptemhel'<br />

o<br />

dübel'<br />

N üvell1hel'<br />

D ecember .<br />

: I<br />

1867'<br />

~Iako I Orleans 1 Dhollerah<br />

fair midlll. fair<br />

:<br />

17 15 5 /8 1 121/2<br />

16 14 5 /8 111 3 /4<br />

16 133 1 /4 1<br />

111 / 4<br />

15 3 /4 13 11<br />

14 11 1 /4 9 1 /4<br />

15 1 /2 11 5 /8 9 1 /'1<br />

15 11 8 3 /4<br />

13 1 /4 10 5 /8 8<br />

11 1 /2 10 1 /4 7 1 /4<br />

10 8 3 /'1 6<br />

9 3 /4 9 6 3 /4<br />

9 7 7 /8 6<br />

13 9 /16111 7/1ü 9 .;:")<br />

-<br />

187'4-<br />

9 3 /8 8 9 ftü 5 9 /1ü<br />

1<br />

8 5 /s I 81 /4 5<br />

8 1 /8 I 8 5 3 /16<br />

81/4<br />

8 5 /16 51/~<br />

1<br />

8 I 8 7 /tü 5 5 /8<br />

8 1 /8 I 8 5 /8 5 9 /1e<br />

~ I 87 !tß 5 5 /16<br />

8 3 /8 5 3 / 8<br />

8 8 1 /4 5 3 /16<br />

7 7 /8 8 1 /4 5 3 /16<br />

8 8 3 /1(; 5 1 /16<br />

8 1 /2 8 1 /8 5 1 /16<br />

J ahl'esdurchschnitt ~I 8"/lG I 5 5 lte<br />

1868 1869<br />

~IRko 1 Orleans I Dhollerall Dlako<br />

1 Orleans 1 Dhollerah<br />

fair mitlll!. I fair fair mitldl. fair<br />

7 3 /4 7 3 /8 1 5 1 /2 1P/4!11 8 5 /8<br />

8 3 /'1 8 3 /1ül 6 7 /8 13 1 /2 112 7 /1ü 10 3 /s<br />

10 3 /4 10 8 1 /2 1123/41121/8 10 1 /8<br />

12 1 /2 11 7 /8<br />

1<br />

10 1 /2 13 1 /8 12 5 /8 10 5 /8<br />

13 1 /2 12 5 /8 10 1 /2 12 3 /4 12 10 1 /8<br />

12 1 /4 1P/4 9 3 /8 12 1 /2 11 7 /8 10<br />

12 111/2 8 7 /8 13 1 /'1 12 3 /'1 10 3 /s<br />

11 1 /4 9 7 /8 7 1 /2 13 5 /8 13 1 /1ü 10 5 /8<br />

12 11 1 /8 8 1 /s 14 13 13 /1ü 10 3 /4<br />

11 3 /4 10 1 /2 7 3 /4 12 1 /2 12 1 /2 9 5 /8<br />

111/2 11 3 /s 8 1 /2 12 1 /2 12 1 /4 9 1 /2<br />

111/2 111/2 8 1 /2 12 3 /4 12 3 /8 9 1 /2<br />

11 5 /1G 10"/8 I 83 /8 12 11 /12112 3 /8 10<br />

I<br />

187:5<br />

I<br />

1876<br />

8 3 /8 7 3 /4 4 7 /8 7 5 /8 7 3 /1ü 4 11 /1ü<br />

8 7 /8 7 7 /s 5 1 /4 6 5 /s 6 13 !t6 4 7 /1ü<br />

8 3 /4 8 1 /8 5 1 /4 6 1 /s 6 3 /8 4 1 /S<br />

8 3 /'1 8 5 /1ü 5 1 /4 6 1 /2 6 13 /1ü 4 11 /1ü<br />

9 8 1 /1G 5 1 /4 61/4 . 6 3 /8 4 7 /1e 1<br />

9 8 1 /1e 5 1 /4 5 7 /8 6 3 /16 4 3 / 8<br />

8 5 /s 7 7 /1G 5 1 /16 5 3 /4 6 1 /8 4 3 /8<br />

8 1 /4 7 1 /2 4 15 !t6 5 7 /8 6 3 /16 4 5 /1e<br />

8 1 /4 7 7 /1ü 4 7 /8 6 3 /8 6 1 /8 4 7 /1ü<br />

7 3 /4 I 7 3 /1ü 4 11 / 16 6 1 /8 6 1 /8<br />

7 3 /4 1 7 1 /4 4 3 /4 6 1 /2 6 3 /8<br />

I 47 /1ü<br />

I<br />

4 13 !tü<br />

7 1 /2 7 3 /1ü 4 11 /1ü 6 3 /4 6 3 /4 5 1 /1ü<br />

---<br />

8 3 /s 8 1 /2 5 6 7 /1ül 6 7 ltü 4 1 /2<br />

*) Bei den Jahresdurchschnitts-Zahlen sind die übel' Sechszehntel hinausgehenden Bruchzahlen<br />

jeweilen durch die aufwärts oder abwärts nächstliegenden Sechszehntel, bezw. Achtel, Viertel, Ha,lbe<br />

odor Ganze ersetzt worden, z. B. 8 47 /48 durch 9, 117/24 durch 115/10, 10 41 /64 durch 10 5 /8 etc.<br />

Rohstoff. 89<br />

l __ 187'~ ____ ~~7~ {- _187~ -,,~I __ ~S7'~ 11<br />

I<br />

I-~c~=~.~=~~ __.~~~=~~_=~~~ ~~a~o I Or~ealls DhO,Il,Cl:ah nl,a~(o 1 OI'~eallS I 1Dho~l~rah ß~a,ko 1. ,<br />

OI'~callS I[ Dho~l.erah il~a~o OI'~caIiS t nho.ll,l'l'ah<br />

fan' . IIIlllIIl. I lall' lilIl' I IIl1lltll. tnll' tall' i lIIultl!. I flul' lau' I IIIllltil. I tmr<br />

._--. - ~-~--~~~-~---~--~--<br />

121/ 1<br />

11 3/ 0 11 /<br />

L lG 1 83/ I 81/ I 6"/ 101/ 1101 / - 75 / ·-1103/~--:O~:-1-7[>/:<br />

2 ! '1<br />

12 3 /4 11 11 /t6 10<br />

12 1 /8 11.1 7 /1G I 9 D 11G<br />

12 11 3 /4 9 5 /1G<br />

I 121 /2 11 3 /1G 9 D /IG<br />

12 3 18 . 11 9 1 /4<br />

11 3 /4 10 1 /s 8 1 /2<br />

9 1 /2 8 1 /8 (jl/4<br />

10"/8 9 1 14 7 1 /.1<br />

I 10 1 /4 9 6 7 /8<br />

i<br />

I n 3 /s 9 7 /16 7<br />

9<br />

I~ 3 /8 (j3/'1<br />

11 1 //IG<br />

10 1 f,1 i P15/ 1G 6 11 /1(;<br />

7 7 /8 i 7 11 /1G 6 8 /s 1 111 /4 11 7 !te 1 8 1 /10<br />

8 1 /8 7 3 /4 6"11(; 11 1 /s 11 3 /8 I 8<br />

7 7 /s 7\)/1(; I 5 7 /8 11 11 3 /8 8<br />

8 1 ts 8 1 !tG 6'>!tG 1Il/4 11'1/'1 8 1 /1G<br />

10 fP/R (j3/ S<br />

n a /4 \)1/s 6<br />

~J1/2 n l /s 6 1 /8<br />

8 7 /8 8 3 /.1 7 11 1 /'1 11'>/8 7 7 /s f)1/2 n 1 /s (jl/S<br />

Pl/ S 9 1 h 7 H >/lG 9 8 h 10 6 3 /4<br />

9 , pD!te; I 7 1 /4 f)'> /8 10 1 h 6 7 /8<br />

9 1 h Pll/tGI 7 1 /'1 n 3 /s p 13/1G 6 3 tH<br />

9 3 /4 n 3 /" 7 1 /4 f)l/2 10 1 /2 7 3 /Hi<br />

I<br />

\)3/,1 9 15 /1GI 7 7 /1G P7/s !10 6 1 ü /1G I "/IG<br />

8il/4I~I~ 10 1 /2 110 7 /8 \<br />

7 1 /2<br />

1878<br />

__ ~-'<br />

-I--<br />

I<br />

6 1 /2 6 D /lG !<br />

6 3 /8 61/ I<br />

2 I<br />

6 1 /2 I 6"/lG I<br />

6 3 /4 I 6 3 /H<br />

6 B /4 6 1 /8<br />

7 (P/s<br />

7 1 /8 6 3 /8<br />

9 1 /8 6 3 /4<br />

8 5 /s 6 13 /1(;<br />

7'>/8 6 11 /2<br />

7 1 /8 6 1 /1G<br />

8 1 /s 5 7 /8 I<br />

7 5 /tr; 6 3 /8<br />

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9 1 /8<br />

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6<br />

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W>/s n B /lG 6<br />

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I<br />

5"/8<br />

9 8 /8 I 8 7 /8 I 5 3 /'1<br />

P3/'1 ~:l/S \~G~t/,~t<br />

_~879 __ 1 __ 1S8(~<br />

55/tn 7-3/,11- 51/2-~1/1G 71/ 8<br />

1<br />

-7 3iu;-1<br />

5'>/1G 8 I 5 1 /2 I 4 B /H 7 1 /'1 7 5 /1G 1<br />

5 1 /1(; 7 5 /8 5 1 /2 \ 4"/tr; 7 1 /2 7 1 /2 I<br />

4 7 /8 7 3 /'1 I: 5 15 !tn 4 1 /2 7 3 /8 7: 1 /8 [<br />

4 3 /.1 8'>/8 6 H /tG 5 1 /8 7 6 1 '>/lGi<br />

4 15 /1G 8'>/s I 6 13 /1G 5 7 /1G 6 7 /8 6 11 /1G<br />

8<br />

1 /41<br />

15 6 /1G 5 7 /16 6 3 h 6 7 /8<br />

5 5 /tG 8 6"/8 5 1 /'1<br />

I<br />

6 5 /s I 6 lf> /1(;1<br />

6:'/s I 7 1 /IG<br />

I<br />

6 7 /8 7<br />

7 1 /8 6 13 /tG<br />

5 1 /'1 7'>/8 1 6 15 /1ü 5')/1r;<br />

5 1 /1(; 6314 1 6"h I 5 1 h<br />

4 1 /.1 7 I 7 7 /1n 5 3 /1G<br />

4 1 /1 ~\ 7 5 1 /2 7 1 /2 6 7 /8<br />

=== ---<br />

s 7: 3 /'1 (j7 ItG I 5 7 1 /tG 7 1 /tG<br />

I<br />

12<br />

I<br />

I<br />

5 3 /1<br />

5 3 /"<br />

4 lf '!ln<br />

4 1G b<br />

4 1f >/1(;<br />

4 1 "/11><br />

4 13 /1(;<br />

4 7 fg<br />

[)l/ S


90 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baull1wollinclustrie.<br />

Spinnerei.<br />

91<br />

Spinnerei.<br />

Bestand.<br />

Die st. gallische Spinnerei hat in dem Zeitraume unserer Berichterstattung<br />

nicht unerhebliche Veränderungen in ihn:;m Bestande erfahren.<br />

Abgegangen sind vier kleine Spinnereien mit zusammen etwa<br />

12,000 Spindeln. 1) Neu dazu gekommen ist die mit einer mechanischen<br />

Weberei verbundene Spinnerei Mel8, errichtet durch das marner Haus<br />

Jahanne8 Heer und 1876 mit 22,000 Spindeln in Betrieb gesetzt, bis<br />

1880 auf 43,092 Spindeln gebracht.<br />

Eine bedeutende Erweiterung erfuhr die Spinnerei Schilsbach bei<br />

Flums, indem die Zahl ihrer Spindeln im Jahre 1873 von 44,000 anf<br />

77 ,000 vermehrt und Schilsbach dadurch zur grössten Spinnerei des<br />

Kantons erhoben wurde. 2)<br />

Von den übrigen st. gallischen Spinnereien haben sich die mit<br />

1-bndstühlen arbeitenden, wo die Verhältnisse es irgend wie erlaubten,<br />

ganz oder teilweise mit Selbstspinnern versehen und so eine innere<br />

Umwandlung erfahren. Vollständig neu mit Selbstspinnern ausgerüstet<br />

') Eschenbach (gegründet 1864 oder 1865, in Concurs geraten 1867 oder 1868); Mogelsberg<br />

(abgebrannt 1869); Anzenwil, Gemeinde Gantel'swil (abgebrannt 1870); Ermenswil, Gemeimle<br />

Eschenbah (aufgogeben 1876).<br />

Die 1880 noch bestehenden st. gallischen Spinnereien ordnen sich nach ihror Entstehungszeit<br />

wie folgt (unter dem Gl'ünchmgsjahre, wie es uns angegoben wurde, ist bald der Beginn des<br />

BfLues; bfLld deljenige des Betriebs zu verstehen, was für unsern Zweck ziemlich gleichgültig ist):<br />

Gl'ülldullgSjahr<br />

Spinnerei Hürlimann (ursprünglich Naef, jetzt Bertheau-Hürlimann) in Rapperswil 1803<br />

St. Georgen hei St. Gallen (J. J. Rieter in Wintorthur, ursprünglich Actienunternohmen)<br />

. . , . . . . . . . . . . . . . . 1810/11<br />

Jona (Gebrüder BrrLncUin) . . . . . . . . . . . . . 1812<br />

Lichtensteig (.J. Naef Sohn älter, l1l'sprünglich Aloys Marti) . 1816<br />

Buchontal bei St. Gt111en (J. J. Hieter in Winterthur) . . . 1817<br />

Sorental (GebI'. WlUti, Ul'spriinglich Staub, Honegger & Wli.lti) 1823<br />

Brunnadel'll (Nikoltlus Dütschlor) 1828<br />

Neckertal (.J. H. Raschle) 1833<br />

"<br />

Uznaborg (Actiemmternehmen) 1835<br />

Niederuzwil (Mathias Naef) 1837<br />

Stein ach bei St. Georgen (Actionuntel'llehmen) . 1838<br />

"<br />

Murg (GebI'. Dlumer in Glal'us) . . . . . 1838<br />

Dietfurt (Actienunternelunen) . . . . . . 1859<br />

Schilsbach bei Flums (Collectivgesellschaft). 1866<br />

" Mels (Joh. Heer in Glarus). . . . . . . 1876<br />

2) Diese Spinnerei wurde, genau genommen, nicht von den Gebr. SpölTi in Vrald begründet,<br />

wie auf S. 489 unseres ersten Berichts gemeldet wlll'de, sondern von diesen zitrcherischen Spinnel'l1<br />

in Verbindung mit mehreren Feinwebern aus dem zürcherischon Wald und einer Mühlhauser Firma.<br />

Die Erweitf'rung des Etablissements wal' übrigens mit den 77 ,000 Spindeln noch nicht llbgcschlossen.<br />

wurden die Spinnerei Niederuzwil - der Firma, Jlfathias Nae/ zugehörig,<br />

1875/76 - und die Spinnerei Buchental bei St. Gallen - der Firma<br />

J. J. Rieter &- Camp. in Wintertur zugehörig, 1877.<br />

Dmch diese Verändenmgen vermehrte sich die Zahl der Spindeln<br />

von ca. 220,000 im Jahre 1866 auf 296,865 im Jahre 1880 - wovon<br />

261,770 Selbstspinner -, verteilt ~LUf 454 Spillnstühle in 15 Eta,blissements.<br />

Von wesentlichen Verbessernngen und Neuerungen in den mechanischen<br />

Einrichtungen der Spinnerei ist uns nichts bekannt geworden,<br />

wenn wir nicht die allgemeine Eirifühnmg der selbstputzenden lüLrdiermaschinen<br />

und die Verbesserungen a,n den Hübner'schen Peigneusen oder<br />

Kämmaschinen dazu rechnen, die sowohl vergrössert und dachll'ch<br />

qmmtibtiv leistungsfähiger genmcht wurden - bis 45 % und 50 % -,<br />

aJs auch für die Venl,rbeitung von B,wmwollsorten kürzeren Stapels eingerichtet<br />

werden konnten, während sie früher fast allsschliesslich für<br />

langstaplige Mako und Sea Ishmd Verwendung fanden. 1) 1m Jahre<br />

18 Ü 6 waren Peigneusen erst in zwei st. gallischen SpinD ereien VOl'­<br />

hHmlen. Seither sind sie in ZWeI weitem Etablissements eingeführt<br />

worden und haben bis zum Jahre 1880 die Zahl 63 erreicht. - Die<br />

H,ingdrossel- M~Lschinen 1mben bisher trotz ihrer grossen Leistungsfähigkeit<br />

bei uns nm vereinzelt zm Erstellung von Bündelgal'nen für elie<br />

Weberei Anwendung gefunden, da es bis 1880 noch nicht gelang,<br />

diese Maschine für die Anfertigung von Bobinen einzurichten. Kleinere<br />

Verbesserungen sind an fast allen Maschinen angebmcht worden, welche<br />

der Spinnerei zudienen: an den vielfach lUngelmuten Öffnungs- und<br />

Heinigungsma,schinen, an den Carden, Streckwerken und, Spindelbänken;<br />

die Schwierigkeit, gm1Z feine Nummern auf Selbstspinnern zu<br />

spinnen, ist vollständig überwunden, und durch die Gesamtheit diesel'<br />

') Um dio V orbessol'ung der mlfhngs dor l


lIeizllllg und Beleuchtung.<br />

Qualitative Productioll.<br />

92<br />

Inc1u~trie (leI' Gewebe. - Die st. gnJlische BlHlmwollindnstrie.<br />

kleinem Fortschritte und Vervollkommnungen die Leistungsfähigkeit<br />

doch wesentlich gesteigert worden.<br />

Der Überga,ng von elen Randstühlen zu den Selbstspinnern bedingt<br />

bekanntennassen eine grössel'e Triebkraft und hat daher die ältern, an<br />

kleinen und oft sehr unregelmässigen Wasserflüssen gelegenen Spinnereien<br />

genötigt, den Dampfbetrieb neu einzurichten, wo er noch nicht<br />

vorhanden war, oder zu verstärken, wo er aushülfsweise schon benutzt<br />

wurde. vVohl steht der Verteu1'l1l1g des Betriebs eine ganz bedeutende<br />

Mehrleistung der einzelnen Spindel und eine VermindeTUng der Arbeitslöhne<br />

durch vermindertes Bec1ienungspersonal gegenüber; 1) dennoch arbeiten<br />

diese Etablissements im Vergleich zu den neuen, grossen Anlagen<br />

an kräftigen Bergwassern mit starkem Falle, wie sie sich besonders<br />

1m S~trgEtnserlande vorfinden, unter sehr ungünstigen Bedingungen.<br />

Die für aushü]fsweisen Dampfbetrieb eingerichteten 7 Spinnereien<br />

unsers Kantons 2) zählen zusammen 80,813 Spindeln und Imhen 3ßß<br />

Dampf-Pferdekräfte zu ihrer Verfügung. Für elen Wasserbetrieb besitzen<br />

die sämtlichen 15 Spinnereien drei WasselTäder und 12 Turbinen.<br />

Die vVasserluaft ist bei einzelnen so zu sagen unbeschränkt.<br />

Dampfheizung haben 13 Etablissements, Luftheizung 2; beleuchtet<br />

werden 10 dnrch Gas, 5 durch Petroleum.<br />

Bei der qmtlitati ven Production der st. gctllischen Spinnerei spiegelt<br />

sich der nJlgemeine Geschäftsgang unserer Bamrnvollindustrie in der<br />

Spinnerei.<br />

93<br />

Tatsache ab, dass seit der zweiten Hälfte der Siebziger-JaJ1l'e beinahe<br />

durchgehends gröber gesponnen wird und die meisten Etablissements<br />

in der Durchschnitts- oder Mittelnummer des Gespinnsts einen - oft<br />

sehr beträchtlichen - Rückgang aufweisen. Am_ stärksten zeigt sich<br />

derselbe bei denjenigen Sl~innereien, die his dorthin vorhenschend<br />

für die Feinweberei arbeiteten: eine natürliche Folge und zugleich<br />

ein deutliches Zeichen der Ungunst, unter welcher jener Industriezweig<br />

aus später zu entwickelnden Ursachen in neuester Zeit gelitten hat und<br />

noch leidet. Glücklicherweise gewährte die Ausdehnung der Maschinenstickerei<br />

einigen Ersettz für die Einschränkung der Feinweberei, so chtss<br />

manches Sortiment, welches bisher für feine WebO'arne einO'erichte't<br />

b<br />

b<br />

war, nun auf Stickgarne umgewandelt und für solche neu in Tätigkeit<br />

gesetzt werdeu konnte. Einen vollen Ersatz für den Ausfall der<br />

feinen vVebgarne vermögen etber die Stickgarne allein bei noch so befriedigendem<br />

Geschäftsgange nicht zu gewähren; dagegen wäre er mehl'<br />

als gesichert, wenn es der schweizerischen Weberei gelänge, sich i:1Uch<br />

für die vorteilhafte Fabrica,tion der dichten Stickböelen einzurichten.<br />

Innerhalb der Maschinenstickerei machte sich übrigens ebenfalls eine<br />

fortschreitende Vorliebe für elie Verwendung gröberer Gi:trnsorten geltend,<br />

so dass in neuerer Zeit unter den Stickgarnell N 1'. 50 ungefähr<br />

diejenige Rolle spielt, welche früher NI'. 70 gespielt hat. Und nicht<br />

"veniger behalf sich die Buntweberei in den nmgeren Jahren der jüngsten<br />

Zeit mit clurchsclmittlich gröberem Stoffe. I)<br />

') lYbn rechnete früher für Spinnereien mit filtern Vorwcrken und Handstühlen ca. 250 Spimleln<br />

bei NI'. '10, ClL.800 Spindeln bci Nr.180 lLUt' cine Pferdekmft; für Spinnureien mit nruen Vorwerken<br />

nnd Sdbstilpinnül'll redlllet nmn clL.00 Spindeln bei Nr. '10 und ca. 500 Spindeln bei NI'. 80 ,"uf eine<br />

l'j'm·


94 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische BfLUlnwollindustrie.<br />

Zu erwähnen ist hier ferner, dass die Feinweberei immer strengere<br />

Anforderungen an absolute Heinheit des Gespinnstes stellt, wodurch<br />

der Abütll der Feinspinnerei grösser und ihre sonst ungünstige Situation<br />

noch erschwert wird. Endlich ist dantuf anfmerksCLlll zu machen, wi'e<br />

die in Schneller abgeteilten, abgehaspelten Bündelgame in neuerer Zeit<br />

fortschreitend dmch die Bobinen ersetzt werden, die gleich vom Spinnstuhl<br />

zur weitem Verarbeitung kommen, sei es nun als Einschhtgspuhlen<br />

bei der Weberei oder in der meclmnischen Zettlerei für Gewebe<br />

und in der Zwirnerei für Stick- und Nähgame. Nm die Game<br />

für die Plattstichweberei und die zum Bleichen und Färben für die<br />

Büntweberei bestimmten Garne werden noch in Päcken oder Bündeln<br />

zu fünf oder zehn Pfund englisch verkauft; 1) doch sind in neuester Zeit<br />

Versuche gemacht worden, (letS Garn auch in der Gest~tlt von Bobinen<br />

elen Bleicl1e- und Färbeprozess durchmachen zu lassen. Zu voller Befriedigung<br />

ist indes dieses Experiment nm für die Bleich81'ei gelungen,<br />

für die Färberei noch nicht wegen ungleichmässiger Dmchdringung<br />

des festaufgewundenen Garns mit dem Farbstoff und Zusammenklebens<br />

der einzelnen Fäden. 2) Verkauft werden die Bobinen dmchgehends<br />

nach Schweizergewicht. 3) Dagegen 'wird die Garnnummer in unserer<br />

ganzen Industrie noch ausschliesslich nach englischem System berechnet,<br />

cl. h. nach der Z~Lhl der Schneller von 560 Haspelumgängen c== 840<br />

englische Yards, die auf ein englisches Pfund gehen. Wir könnten nicht<br />

setgen, dass dieses altüberlieferte, mit dem sonst allgemein angenommenen<br />

metrischen Mass und Gewicht in keinem Verhältnisse stehende<br />

System das denkbaT beste wäre, und bedauerten es daher lebhaft, :'Lls<br />

dia drei Congresse ohne praktisches Ergebnis blieben, welche im Anschlusse<br />

an die Wiener Ausstellung zur Erhwgung einer einheitlichen<br />

Ganmumerirung veranstaltet wurden.<br />

') Bis Nr. 60 gewöhnlich in Päcken zu 10 Pfund, von Nr. 60 an in solchen zu 5 Pfund.<br />

") Die Dobinen-l3leicherei ist nach Hingel'l1 Vorversuchen in dem Jn,hro 1870 dl1l'ch I-Tm.<br />

Alexander HünerwlLdel aus Lenzbl1l'g' eingeführt, von (lieselll zwei J'Lhre spätor als seine Erfindung<br />

an Hrn. Bickel verkauft wOl'dcn, dOl' sich dann in vVildegg etablil·te und bis zum J"hre 1880<br />

diese Eleicherci einzig in der Schweiz betrieb.<br />

3) Für die Papiorhülsen wird nur in clen seltenen Ftillen, wo sio dl1l'chgehend verhLngt<br />

werden (bei der Bleicherei oder für die SeidenfabriClLtion), ein Abzug von ca. 2 % gemacht.<br />

SpinnereI.<br />

95<br />

vVie sehr die quantitative Leistung unserer Spinnerei durch die fortschreitende<br />

Zunahme der Selbstspinner und auch durch den Übergang<br />

zn omem gröberen Gespinnste gesteigert worden ist, geht daraus hervor,<br />

dass im Jahre 1866 bei wenigstens zwölfstündiger Arbeitszeit die<br />

Spindel durchschnittlich im Jahr 10,92 schweiz. Pfund Baumwolle zu<br />

10,37 engl. Pfund Garn verarbeitete, im Jahre 1880 aber bei ei11'­<br />

stünc1iger Arbeitszeit 15,85 schweiz. Pfund Baumwolle zu 15,26 engl.<br />

Pfund Garn. 1 ) Dabei ist indes nicht zu übersehen, dass das durch-<br />

') Die DurchRclmittsnummer dei' ganzen st.. gallischen SpinnOl'ei würde sich nach diesen<br />

Zahlen für das Jahr 1880 auf ca. Nr. 65 stellen. Als einzelne Beispiele vermehrter Leistungsfiihiglwit<br />

in Folge der Ausrüstung mit neuen Spinnstühlen und genügendem Dmnpfbetrieb führen<br />

wir an, dass in einem Etablissement die Leistung per Spindel und Tag für Zettolgal'Ilo Nr. 00<br />

von 2,4 Schneller bei zwölfstümliger Arbeitszeit fmf 3 Schueller bei eilfstündiger Arbeitszeit erhöht<br />

wurde und der Gal'llverbmuch für Nr. 80 per Spindel von jiihrlich 7 Pfund auf dom HrLndstuhl<br />

auf wenigstens 0 Pfund auf dem Selbstspinner stieg. - Nach einer andern Angabe scheint<br />

sich die dreizehnstümlig'e ArbeitRzeit mit I-bndstühlen der eilfstilndigen mit Selbstspinnel'l1 an<br />

Leistungsfiihiglwit ziemlich gleichgestellt zu haben. Der Bmullwollverbrrl,uch und die Garnproduction<br />

der st. gallischen Spinnerei stellte sich in den Jahren 1867-1880 nach unsern El'hebungen<br />

folgendol'massen:<br />

Baumwolle in Schwoizer-Ccntncl'l1<br />

j\gyptischo N ol'clrtl1lcl'ikanische Indische Andere Znsammen narlle in Ollgl. ContnOl'll<br />

1867 *) 18,'111 10,350 700 865 30,355 26,508<br />

1868*) 10,210 10,520 700 300 30,739 27,028<br />

1869 *) 10,545 9.800 700 1020 31,155 27,646<br />

1870*) 19,047 10,663 700 450 30,860 28,200<br />

1871 **) 20,123 11,307 700 300 32,430 29,113<br />

1872**) 10,844 10,418 700 500 31,462 28,332<br />

1873***) 10,107 10,156 700 520 30,483 27,727<br />

1874***) 21,842 10,563 700 300 33,405 30,202<br />

1875 t) 22,743 11,381 700 100 34,024 31,798<br />

1876 24,458 11,489 700 100 36,747 34,374<br />

1877 27,744 11,509 400 161 39,905 37,007<br />

1878 24,846 14,622 170 39,638 35,142<br />

1870 22,777 19,735 110 210 42,841 37,745<br />

1880 27,500 10,040 334 46,064 42,251<br />

*) Darunter 6 Etablissements nach ungflf'tLhrer Schätzung, entsprechend ihren sptitern Angl1ben.<br />

**) Darunter 5 Etablissements nach ungefährer SclüLtzung.<br />

***) " 4 'j '1 11 II<br />

t) Auch noch von hieran sind die Zahlen diesOl' Statistik nur a,nnäherndrichtig, schon deswegon,<br />

weil wir von einzelnen Etablissements jeweilen ihre AnglLben über dlLS Betriebsjahr, von<br />

andern über das Kalendeljahr erhalten, so dass sich die Angaben nicht gelllLu decken. Sodmm<br />

kommen uns von einigen Spinnereien regelmlissig so auffallend bequeme Decillmhmhlen zu, dass<br />

an deren Abrundung nach oben oder unten nicht zu zweifeln ist. Das Gesamtbild, welches fms<br />

diesen Zn,hlen hervOl'g'eht, ist indes doch ohne Zweifel ein richtiges. - Die - übrigens nicht<br />

bedeutenden - Abweichungen der vorstehenden Zahlen der Jahre 1875-1880 von denjenigen<br />

dor gleichen Jahre in un8ern Jn,hresberichten rühren in der Hauptsl1che davon her, dass wir bei<br />

u118ern jti.hrlichen Erhebungen die Spinnerei N. Dütschler mit 2500 Spindeln übersehen hl1be11, in<br />

der irrigen Annahme, sie gehöre auch zu den n,bgegangen8n kleinem Spinnereien aus frühercr<br />

Zeit. Ausserclem lmt auch eine genaue Hevision sämtlicher Angaben einzelne Irrtümer in den jährlichen<br />

Zusammenstellungen ergeben.<br />

Quantitative<br />

I.JcistUllg.


96 Industrie der Gewebe .. - Dio st. g·,ülischo Bn,umwollindustrie.<br />

Spinnerei.<br />

97<br />

Pabl'ikgesetz.<br />

Absatz.<br />

schnittlich gröbere Proc1uct einen verhältnismässig geringeren Wert darstellt,<br />

als das frühere feinere, und dass der Betrieb bei allen nenen und<br />

umgeänderten Etablissements nicht bloss mittelbar durch die Verzinsung<br />

und AmOTtisation der bedeutend höhern Anlagekosten teurer geworden<br />

ist, sondern- wie schon oben bemerkt - in vielen Fällen auch unmittelbar<br />

durch stärkere Inanspruchnahme der Dampfkraft. Vor allem aber<br />

ist die volle Wirkung der Erweiterung und bessern Ausrüstung unserer<br />

Spinnerei durch das mit dem 1. Januar 1878 in Kraft getretene schvveizerische<br />

Fabrikgesetz benachteiligt worden; denn das liegt doch auf der<br />

Ihnd, dass der Ausfall in der Prodnction bei der Ersetzung des zwölfstündigen<br />

Arbeitstags durch den eilfstünc1igell sich naturgemüss um so<br />

mehr dem vollen Zwölf tel nähern muss, je untergeOTdneter die Rolle ist,<br />

welche in dem betreffenden Industriezweig die Handarbeit neben der<br />

Maschinenarbeit spielt. Nun ist aber gerade bei der neuem Spinnerei<br />

die Mitwirkung des Arbeiters im VerhüJtnis zu der Leistung der M:tschine<br />

auf ein Minimum reducil't und somit von der Möglichkoit eines<br />

Ersatzes für die geringere Ausnutzung der M"lschine durch bessere Bedienung<br />

derselben keine Rede. 1)<br />

Seinen Absatz findet das Product unserer Spinnereien weitaus ZUlU<br />

grössten Teile im Inhml: bei den Zwirnel'n für die Stickgarne der<br />

Maschinenstickerei (Makogarne NT. 50-100)) bei den Fabricanten von<br />

Grobstickereien für die Kettenstichgarne (Omm- 2mdLouisia}lagaTl1cNT.14<br />

-80)) bei der Buntweberei (Louisiana- tmcl 111ako,gal'nc JVr. 16-60)) bei<br />

der mechanischen feinen Weissweberei und der Plattstichweberei (Mako­<br />

,garne Nr. 50--160)) bei der vVeis8webel'ei für Drucktüchel' (Louisianagarne<br />

N1'. 88-44). Von dem A uslancl fallen für unsere st. gallische SpinnOl'ei<br />

al~ Kunden zumeist in Betracht: die süddeutsche Zwirnerei (Makogarne<br />

NJ'. 24-120))2) die sächsische Hanclschuhweberei (Makoga1'}wNJ'. '70<br />

- 80) und die elsässische, süddeutsche und sächsische Feinweberei<br />

') Der Ausfall in der Production durch die Reduction ller Arbeitszeit von 12 auf 11 Stunden<br />

bei dem Bohiobe mit Selbstspinnern wird von unsern Spinnern sehr überoinstillllllol1l1 auf ziemlich<br />

genau don vollen Zwölftel oder ca. 8 0 .'0 geschlitzt. .<br />

2) Der Absatz f'iil' die deutsche ZWil'J1Ol'oi hat in llen let;7,ten Siebziger-Jn.hrün el'heb11ch zugenommen<br />

und wenigstens teilweise den Ausfall ersetzt, welcher durch den Rückgang unserer<br />

Handweberei veranlasst wurde.<br />

(111akogarne '70-140) j doch ist der Bedarf der zwei letztern Kunden<br />

ausserordentlich ungleich je nach dem Geschäftsgang und den genlde<br />

von der Mode begünstigten Artikeln. An dem Absatz von Baumwoll­<br />

O'arnen für die französische Feinweberei (1l1akogarne NI'. '70-150) ist<br />

b<br />

unser Kanton nicht stark beteiligt, ebenso nicht an der Ausfuhr einzelner<br />

specieller Garnsorten nach Italien und Österreich. 1)<br />

Der Absatz der Garne in's Ausland und derjenige an unsere mechanischen<br />

Webereien und grössern Zwirnereien wird schon längst nicht<br />

mehr ausschliesslich oder nur vorzugsweise durch den Garnhändler vermittelt,<br />

sondern geht meist unmittelbar von dem Spinner an seine<br />

Kunden. Dagegen sind der kleinere Zwirner, sowie der Fabricant von<br />

Grobstickereien und von Plattstichgeweben für ihren Bedarf an Garnen<br />

noch ausschliesslich auf die Garnhandlung angewiesen. Die neU81'e<br />

Entwichjung der Maschinenstickerei hat die Bedeutung des Garnhandels<br />

wieder gehoben, nachdem ihm die Concentrirung der Weberei in<br />

grossen Etablissements bedeutenden Abbruch getan hatte.<br />

Die Erträgnisse der Spinnerei während der vierzehn Jahre unserer<br />

Berichterstattung waren durchschnittlich nicht günstig. Zuerst hatte sie<br />

die schlimme Zeit der Ausgleichung der Baumwollpreise nach dem<br />

amerikanischen Bürgerkrieg zu bestehen: eine Zeit der heftigsten Preisschwankungen<br />

und der wildesten Speculation mit dem Rohstoffe, bis<br />

sich allmälig die von den Wenigsten vorausgesehene Tatsache herausstellte<br />

, dass Amerika auch ohne Sclavenarbeit seine frühere Stellung auf<br />

dem Baumwollmarkt wieder einzunehmen und vollständig auszufüllen<br />

im Stande sei, und damit auch die Preise wieder ihr früher gewohntes<br />

Niveau erreichten. Im allgemeinen war während der Übergangszeit<br />

und auch seither die Bewegung der Baumwollpreise mit kurzen Unterbrechungen<br />

eine stetig weichende und deswegen eine nachteilige für<br />

den Spinner, da es eine begreifliche und regelmässige Erscheinung ist,<br />

dass olme energische Gegenwirkung anderer Factoren ein Abschlag des<br />

') Einer frühem bescheidenen Ausfuhr unserer Gl,me nach Böhmen für :lie dortige Weberei<br />

haben die neuern östelTeichischen Zollel'höhungen ein gäll7.liche~ Ende bermtet.<br />

13<br />

Gal'Ilhttndel.<br />

Erträgnisse.


98<br />

Industrie dpr Gewebe. - Die st. gallische Daulllwollindnstrie.<br />

Rohstoffs sofort auch den Preis des Fauricats herunter drückt, ganz<br />

ohne Rücksicht darauf, ob dieses noch aus dem teurern Stoffe angefertigt<br />

sei. Der unaufhaltsam weichenden Tendenz der Banmwollpreise<br />

wirkte aber nur im. Anfang der Siebziger-J cLhre, unmittelbar nach dem<br />

Abschlusse des französischen Kriegs, ein ausnLthmsvyeise starker Begehr<br />

entgegen. Die Jahre 1871 bis 1873 bilden daher für die Spinnerei den<br />

Glanzpunkt unserer Periode. In diesen Jahren konnte sie ihre ganze<br />

Produdion zu den lohnendsten Preisen sofort in Geld umsetzen und<br />

dem Bedarfe doch nicht von genügen, so dass noch englische GLtrne<br />

eingeführt wurden, weil die am stärksten begehrten Nummern zeitweise<br />

auf dem einheimischen Markte gar nicht erhältlich waren. 1 ) Mit dem<br />

Jahre 1874 a,ber liess der Begehr zuerst für die feinen Game sehr rasch<br />

nach; die Lager füllten sich und die Preise sanken immer tiefer. Bald<br />

ergriff die fortschreitende Erschlaffung des Garnmarkts auch die mittlern<br />

und gröbern, für die JYlctschinenstickerei und Buntweberei bestimmten<br />

Nummern; die letztern wegen des schlechten Geschäftsgangs der Buntweberei,<br />

die er~tern wegen übermässiger Concul'l'enz, indem bisher für<br />

die Feinweberei arbeitende Sortimente nun vielfach für die ihnen am<br />

nächsten stehende Produdion der Stickgarne eingerichtet wurden. Dazu<br />

kam die Verteurung des Betriebs durch das schweizerische Fabrikgesetz<br />

und, um das Mass der -Widerwärtigkeiten voll zu machen, die kräftige<br />

Zollerhöhung auf Garne in den neuen österreichischen und deutschen<br />

Tarifen. So vereinigte sich alles, um unserer Spinnerei die Erinnerung<br />

an die zvyeite Hälfte der Siebziger-Jahre zu einer höchst peinlichen<br />

zu machen. Mit Mühe schleppte sie sich olme grosse Katastrophe<br />

durch diese Zeit der Bedrängnis.undnahm die undankbarsten und detaillirtesten<br />

Aufträge ihrer Kunden entgegen, die sie sonst weit von sich<br />

gewiesen hätte. vVenn die Spinner in diesen Jahren durchschnittlich<br />

neben den Betriebskosten eine bescheidene Verziusllng ihres Capitals<br />

herausgebracht haben, so ist Ltlles bei einander; von einem wirklichen<br />

I cl rä h tl i IN?<br />

~ 7i ',. 5 6 7' R ,9 10 11 1<br />

-+-l--+-I-, -+-1-<br />

, --I-f--j---<br />

-+-l--,-+--I-1---I--.f-f---<br />

1<br />

- f--i-- --1---+-+--1---+--1-1-<br />

- j--1-+-+-1-- f- f-+-<br />

'23ft 5 6 7 89 10 11 1~<br />

') Die auf den ersten Blick autTallende Tatsache, dass trotz des guten Geschäftsgangs die<br />

Übersicht übel' die Gal'llproduction auf 8. 95 für diese Jahre kleinere Zahlen aufweist, erkHLrt<br />

sich daraus, dass c1nrchschnittlieh einige Nummern feiner gesponnen wurde.


Spinnerei.<br />

99<br />

Unternehmer- oder Geschäftsgewinn wal' keine Rede. Sämmtliche Etablissements<br />

wurden je nach ihrer Anlage von einer grössern oder geringern<br />

Entwertung betroffen. 1) - Das Verhältnis der Garnpreise in<br />

einigen unserer wichtigsten Nummern zu den Baumwollpreisen ist aus<br />

der beistehenden Tabelle ersichtlich.<br />

Die Arbeitszeit der Spinnereien vval' von 1867 bis zum Inkrafttreten<br />

des schweizerischen Fabrikgesetzes 12 Stunden täglich. Das genannte<br />

Gesetz führte bekanntlich für alle Fabrikindustrien ohne Ausnahme<br />

den eilfstündigen N ormal- oder richtiger Maximal-Arbeitstag<br />

ein: eine Neuerung, die von den Spinnern heftig, aber erfolglos bekämpft<br />

und mit begründeten, schweren Bedenken aufgenOlnmen wurde, cb sie<br />

ganz ohne Frage die Production vermindert und verteuert, dadurch<br />

die Rentabilität herab drückt und die Concurrenzfähigkeit der schweizerischen<br />

Spinnerei auf dem Weltmarkt schwächt. Der Spinnereibesitzer<br />

kann sein Anlage- und Betriebscapital um so weniger vorteilhaft verwerten,<br />

je kürzel' die Arbeitszeit ist; das ist und bleibt rl'atsache und<br />

soll und darf bei der Beurteilung unserer industriellen Zustände und<br />

ihrer Vergleichnng mit denjenigen des Auslandes in Berücksichtigung<br />

gezogen werden. Ob der Nachteil, welcher c1nrch elen eilfstündigen Ar~<br />

beitstag der Industrie zugefügt wird, anderseits aufgewogen werde<br />

durch ein grässeres Wohlbefinden der Arbeiterbevölkerung und ob deswegen<br />

von einem allgemeineren Gesichtspunkte ans die gesetzliche Bescl1Tänknng<br />

doch ein volkswirtschaftlicher Fortschritt sei, das ist wieder<br />

eine Frage für sich, über welche wir nicht zn entscheiden habeIl.<br />

Dringend erforderlich ist es jedenfalls für den fernern Bestand unserer<br />

Industrie, dass ihr die Möglichkeit gewahrt bleibe, dÜl'ch die Bewilligung<br />

verlängerter Arbeitszeit vorübergehende günstige Geschäftsconjuncturen<br />

kräftig ~tuSzLlnntzen. Dass in dieser Beziehung bisher eine<br />

verständige Anwendung des Fabrikgesetzes dessen Härte für elie Industrie<br />

tnnlichst gemildert hat, wollen wir gleich hier ein für alle<br />

Mal bereitwillig anerkennen.<br />

Arbeitszeit.<br />

1) Nellere Yllt eingerichtote EhLbli8sements schiitzen ihre Anlagekoston fLuf ].


Löhne.<br />

100<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische BlLlullwollindustrio.<br />

Allerdings wurden gerade zur Zeit der Einführung des Fabrikgesetzes<br />

dessen Beschränkungen wegen des schlechten Geschäftsgangs<br />

insofern weniger empfunden, als wohl einzelne Etablissements sich<br />

ohnehin zu einer zeitweisen Reduction der- Arbeitszeit entschlossen<br />

hätten oder doch augenblicklich in einer Verminderung der Production<br />

keine grosse Beeinträchtigung erblickten. D~tgegen verschärfte sich die<br />

nachteilige Einwirkung des Gesetzes für die meisten Spinner dadurch,<br />

dass - zum Glücke für die Arbeiter - die immer weitere Ausdehnung<br />

der Maschinenstickerei eine allgemeine und durchgreifende Herabsetzung<br />

der Löhne in der Spinnerei unmöglich machte, wenn dieser Industriezweig<br />

nicht den Verlust auch der letzten tüchtigen Elemente seiner Arbeiterbevölkerung<br />

riskiren wollte. Hatten die Spinner doch so schon längst über<br />

den Entzug ihrer bessern Arbeiter durch jene überall umsichgreifende<br />

Ooncurrenzindustrie zu klagen. Versuche, die Löhnung der Arbeiter entsprechend<br />

der Reduction der Arbeitszeit ebenfalls zu reduciren, wurden<br />

wohl fast überall gemacht, hatten aber nur da bleibenden Erfolg, wo<br />

für den Arbeiter ein Übergang zu einer besser lohnenden Beschäftigung<br />

ausgeschlossen war. Wo dies nicht der Fall, stellten sich die<br />

Taglöhne bald wieder auf die frühere Höhe und musste Stunden- oder<br />

Stückarbeit sogar verhältnismässig besser bezahlt werden, um den Ausfall<br />

auszugleichen, den das Gesetz für die nicht im Taglohn Arbeitenden<br />

von selbst mit sich gebracht hatte. Auch zeitweise Überarbeit verursachte<br />

grössere Auslagen und ebenso der Ersatz der Kinderarbeit durch<br />

die Arbeit von Erwachsenen, in Folge des Verbots der Verwendung von<br />

Kindern bis zum vollendeten vierzehnten Jahre.<br />

Die Lohnerhöhungen, welche in der ersten Hälfte der Siebziger-Jahre<br />

bei gutem Geschäftsgange bewilligt worden waren, standen den1l1ach<br />

grossenteils auch am Ende unsers Zeitraums bei sehr veränderter Bachlage<br />

noch oder wieder in Kraft. Wenn die Gesamtsumme der ausbezahlten<br />

Löhne einzelner neu ausgerüsteter Spinnereien dennoch abgenommen hat,<br />

so rührt dies lediglich daher, dass solche Etablissements für die Bedienung<br />

ihrer neuen Maschinen circa 25% weniger Arbeiter bedürfen. Die<br />

Durchschnittslöhnung des einzelnen Arbeiters stellte sich nach der folgenden<br />

Übersicht im Jahre 1880 um circa 30 % hesser, als 1867; womit indes<br />

Spinneroi.<br />

101<br />

nicht gesagt sein soll, dass sich die ökonomische Lage der Arbeiter deswegen<br />

absolut um so viel gebessert habe, da ja dieser Lohnerhöhung -<br />

wie allgemein bekannt - ein durchschnittliches Sinken des Geldwerts<br />

oder der Kaufkraft des Geldes gegenüber steht.<br />

Aufseher Spinner Cardorie Spindclbank<br />

1867 1 ) Fr. 2.50 bis 5.- Fr. 2.- bis 3.25 Rp. 80 bis Fr. 1.70 Hp. 90 bis Fr. 1.30<br />

1874<br />

" 3.25 5.- 2.20 325 Fr. 1.30 bis 2.50 [l'r. 1.40 bis 1.80<br />

"<br />

1877<br />

" 3.70 " 5.- " 2.20 " 3.65 " 1.40 " 2.90 " 1.60 " 2.-<br />

1880 3.50<br />

" " 5.- " 2.20 " 3.50 " 1.50 " 2.90 1.40 2.10<br />

" "<br />

Ansetzerin Aufstecker Hasplerin Meclmniker<br />

1867 Rp. 95 bis Fr. 1.30 Rp. 60 bis Fr. 1.15 Hp. 85 bis Fr. 1.40 Fr. 2.80 bis 4.-<br />

1874 Fr. 1.- bis 1.50 Fr. 1.- bis 1.50 Fr. 1.25 bis 1.50 3.20 5.-<br />

1877<br />

" "<br />

" 1.- " 1.65 " 1.- " 1.50 " 1.25 " 2.10<br />

" 3.60 " 6.-<br />

1880<br />

" 1.40 " 1.65 " 1.- " 1.65 " 1.10 " 1.95 " 3.60 " 6.-<br />

Eines der wirksamsten Mittel, sich die bessern Arbeiter zu erhalten,<br />

bietet die Verfügung über anständige Arbeiterwohnungen um billigen<br />

Preis. Die meisten Spinnereien haben sich fast gezwungen gesehen, dafür<br />

Vorsorge zu treffen und besondere Häuser, öfters mit Gärtchen und etwas<br />

Pflanzlalld ausgestattet, zu diesem Zwecke zu bauen oder käuflich an<br />

sich zn bringen. Es versteht sich, dass die eigens für Arbeiterwohnungen<br />

neu errichteten Gebäulichkeiten in der Regel ihre Bestimmung wesentlich<br />

besser erfüllen, als die zl1sammengekanften ältern Gebände. Die Zahl der<br />

Familien, für welche die st. gallische Spinnerei über Arbeiterwohnungen<br />

verfügt, beträgt circa 280.<br />

Besondere Fabrik-Krankenkassen - teils von der betreffenden<br />

Firma allein fundirt und verwaltet, teils von ihr gemeinschaftlich mit<br />

1) Es ist dabei zn bemerken, dass bis zum Inkrafttreten des Fabrikgesetzes das Aufstecken<br />

ledig'lich von Kindern besorgt wurde, chts Ansetzen von erwachRenen Mädchen und Frauen;<br />

lediglich von Frauen bedient wlll'clen und werden die Spindelbänke und die Hasplerei; die Carderie<br />

wird von lmlbgewachsenen Kmtben und Männel'll besorgt; das Ül}l'ige ist ausschliesslich<br />

Männcrarbeit. Die Verschiedenheiten der einzelnen Ansätze erkllLren sich aus der verschiedenen<br />

lVIischung des Personals und aus der Lage und Umgebung cles Etablissements. Eine Spinnerei<br />

des Seebezirks berichtet uns über die Lohnverhältnisse allgemeiner:<br />

Kinder Frauen Männer*)<br />

1867 Rp. 85 bis Fr. 1.20 Fr. 1.20 bis 1.30 Fr. UJO bis 2.40<br />

1874 Fr. 1.20 bis 1.40 ,. 1.50 " 1.90 "2.20,, 2.60<br />

]877 " 1.30 " 1.4.5 " 1.80 " 2.- "2.50,, 3.25<br />

1880 " 1.25 " 1.50 " 1.\JO " 2.05 " 2.50 " 8.80<br />

*) Auf Heller und l\iechauilwr offellb,u' ansgeHchlosSCll.<br />

Al'beitel'­<br />

wohnungen.<br />

Fabrik­<br />

Krankenkassen.


l~abl'ik­<br />

Sparkasse.<br />

IGeinkindel'M<br />

schule.<br />

Krippe.<br />

102<br />

InduRtrie der Gewebe. -<br />

Die st. gaJlische BaUlllwollinduRtrie.<br />

den Arbeitern nach vereinbarten Statuten eingerichtet und besorgt -,<br />

finden sich bei eilf Etablissements, eines ist sogar mit zwei Krankenkassen<br />

cLusgerüstet, einer reinen Fabrikkasse und einer gemischten; mit<br />

den Krankenkassen zweier andern Spinnereien, welche ein und derselben<br />

Firma cwgehören, ist auch die Beteiligung an einer allgemeinen<br />

·W·itwen- und Alterskasse für sämtliche von dieser Firma beschäftigten<br />

Arbeiter verbunden. Bei den einen Kassen geschieht. die Hülfe hei<br />

Krankheitsfällen in der Form, dass die Kosten der ärztlichen Behandlung<br />

bezahlt werden; andere dagegen leisten den Erkrankten einen<br />

meist im. Verhältnis zum Wochenlohn hemessenen täglichen Beitrag von<br />

BO Rappen bis Fr. 1. gO für eine bestimm.te Zeitdauer - zwei bis drei<br />

Monate -; wieder andere bieten ihre Untmstützung in beiden Formen,<br />

und eine bezahlt bei jedem 1. 1 0desfa.lle noch 10 Fr. extra. 1)<br />

Übrigens lässt sich nicht verkennen, dass durch die l:LUsserordentlich<br />

rasche Verbreitung. welche in nenester Zeit die allgemeinen Krankenund<br />

Sterbe-Vereine jeder Art finden, die Wohltat und Notwendigkeit der<br />

speciellen Fabrik-Krankenkassen weniger lebhaft gefühlt wird; während<br />

bei denjenigen dieser Kass.en, welche die Arbeiter in Form. von Lohnabzügen<br />

zu Beiträgen verpflichten, der Verlust der Beiträge bei Austritt<br />

aus dem Dienste des betreffenden Etablissements mehr oder wepiger als<br />

Beeinträchtigung empfunden wird. Durchaus zweckmässig und unanfechtbar<br />

ers~heint die Verwendung der Bussen für Übertretung des Fabrikreglements<br />

zu einer Unterstützungskasse dieser oder jener Art für<br />

das Arbeiterpersonal.<br />

Eine eigene Fabrik-Sparkasse besitzt nur eineSpinnerei ; 2) ein anderes<br />

EbLblissement hat im Jahre 18 () 7 eine besondere Kleinkinderschule geoTündet<br />

die von BO-3 5 Fabrikkindern und 8 -10 andern Kindern beb<br />

'<br />

sucht wird, und ein drittes envähnt einer Anstalt für 20 kleine Kinder,<br />

d. h. wohl einer Krippe, in welcher die Kinder den Tag über besorgt<br />

wenlen während die Eltern in der Fabrik arbeiten. - Der Gefährde<br />

)<br />

') Nach unsern Erhebung'en von 1880 besassen 8 Etablissements beSOl1l1cre Krankenkassen mit<br />

einem Gesamtvermögen von Fr. 80,000 in runder Summe; ein weiteres Etablissement bezahlt von<br />

sich [WS, ohne eine eigene Krankenkasse ZU führen, durchschnittlich Fr. 1200 jährlich an Krankenunterstützungen.<br />

") Gesamtguthaben der 58 Einleger lUlf 31. Decembcl' 1880: Fr. 19,913.70.<br />

Spinnerei.<br />

103<br />

der Haftpflicht begegnen die FcLbrikbesitzer seit Erlass des schweizerischen<br />

Fabrikgesetzes fast allgemein dadurch, dass sie ihre Arbeiter insgesamt<br />

für eine bestimmte Summe in die Unfallversicherung aufnehmen<br />

lassen. 1)<br />

Die statistische Verteilung unserer Spinnerei nach den Bezirken gestaltete<br />

sich bei der Aufnahme von 1880 fo]gendermassen:<br />

Bezirk E~~~!~::e- Spindeln<br />

Davon<br />

SelbstsI'.<br />

'rabIat 3 25,893 14,768 100<br />

Sal'gans 3 143,092 142,728 288<br />

Seebezirk 3 76,176 71,0'16 224<br />

Neutoggenburg 3 14,400 8,900 38<br />

Alttoggenburg 1 18,624 18,624 62<br />

Untertoggenburg 1 7,680 7,680 31<br />

Gos~au 1 11,000 3,024 21<br />

15 296,865 261,770 764<br />

Arbeiter<br />

llläl1ul. weibl. Kinder (14-16 J.)<br />

..-~............... ---~-.....-........<br />

led. verh. Knab. 1\1ädcl1.<br />

48 {O 12 7<br />

226 94 55 42<br />

142 80 49 45<br />

24 22 16 1


Zwirnerei.<br />

104 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baull1wollimlustriA.<br />

Unsere Zwirnerei hat von jeher fast ausschliesslich für die Stickerei<br />

gearbeitet und in neuerer Zeit durch die rasche Entwicklung der Maschinenstickerei<br />

ebenfalls eine rasche Zlllmhme und Verbreitung erfahren.<br />

Besonders stark ist sie verhältnismässig im Appenzellerland vertreten, 1)<br />

wo sie sich auch ernstlich in der Fabrication von Nähfaden versueht ,<br />

und zwar nicht ganz ohne Erfolg, obschon bisher noch nicht in grösserem<br />

Masstabe.<br />

Die alten runden HolznuLschinen, die zu ihrem Betriebe eine<br />

äusserst geringe Kraft bedurften, sind bis zum Abschlusse unseres Zeitraums<br />

vielleicht zur Hälfte durch neue eiserne Flügeldrosseln ersetzt<br />

worden, bezogen von den Herren Escher, Wyss & Oie. in Zürich und<br />

J. J. Rieter in Wintertur. Diese neuen Maschinen verlangen je eine<br />

Pferdekraft auf etwa 100 Spindeln und können selbstverständlich nicht<br />

in jedem lotterigen Häuschen aufgestellt werden; sie leisten aber auch<br />

das mehrfache der früher gebräuchlichen Maschinen. 2) Die neu eingerichteten<br />

Zwirnereien bedürfen daher meist subsidiär (5) oder ganz (3)<br />

der Dampfkraft und weniger, aber bessere Arbeiter.<br />

Die Lohnzwirnerei wird in den kleineren, über das ganze Land<br />

zerstreuten Etablissements von ein paar hundert Spindeln noch ziemlich<br />

lebhaft betrieben, - allgemein üblich ist sie noch für die bekanntermassen<br />

sehr reducirte Grobstickerei -; dagegen arbeiten die grössern<br />

und besser eingerichteten Zwirnereien auf eigene Rechnung und kaufen<br />

ihr Garn direct von den Spinnereien und deren Agenten oder ~L1lch<br />

von den Garnhäncl1ern.<br />

Ihren Absatz findet die st. gallische Zwirnerei zum weitaus grössten<br />

rreile an die Stickerei des Inlands. Unsere Weberei hat nur in der kmzen<br />

Blütezeit der Ausfuhr von Taffachellassen nach Japan grössere Quantitäten<br />

von Zwirnen verwendet; vorher und nachher nahm sie die Dienste<br />

der Zwirner nur in sehr geringem Masse zur Anfertigung einzelner<br />

Specialitäten in Anspruch. Was an Stickgarnen nach Sachsen und an<br />

') Die Aufnahme von 1880 weist 37 appenzellische Zwirnereien mit 15874 Spindeln und<br />

253 Arbeitel'll auf.<br />

2) Die Verwendung von Ringdrosseln für die Zwirnerei fällt erst in die jüngste Zeit nach<br />

dem Jahre 1880.<br />

Zwil'llerei. 105<br />

ebensolchen und gezwirnten Garnen für die rrricotweberei nach Frankreich<br />

gieng, war im Vergleiche zu dem einheimischen Bedarfe überhaupt<br />

nie sehr bedeutend und ist in den letzten Jahren fortschreitend zurückgegangen.<br />

Hatte diese Ausfuhr Anfa,ngs der Siebziger-Jahre sich vielleicht<br />

auf etwa eine halbe Million gehoben, so handelte es sich am Ende<br />

unseres Zeitraums höchstens noch um ein paar hunderttausend Franken.<br />

Eine sehr tadelnswerte Unsitte unserer Zwirnerei, von der sich<br />

nur einzelne ehrenhafte Finnen ferne hielten, ist seit einigen Jahren<br />

die Übersetzung der Stickgarne um 10 bis 20 Nummern, so dass z. B.<br />

die Nummer 50 unter dem rritel von NI'. 60 und 70 verkauft wird, bloss<br />

um die Fiction festzuhalten, als ob noch mit den frühern, feinen Garnen<br />

gestickt werde, während die Massenartikel der Maschinenstickerei schon<br />

längst auf gröbere Nummern übergegangen sind! Es wäre sehr zweckmässig,<br />

wenn mit solchen Manövern, die zuerst auf wirkliche Täuschung<br />

ausgehen und nachher wenigstens noch den Anschein der absichtlichen<br />

1'äuschung an sich tragen, gründlich abgefahren würde. 1)<br />

Die Statistik der st. gallischen Zwirnerei nach den Bezirken stellte<br />

sich auf das Jahr 1880, wie folgt:<br />

Bezirk<br />

Etablissemonts<br />

St. Gallen 7<br />

Rorschach 1<br />

Unterrheintal 2<br />

Uberrheintal 3<br />

Wel'denberg 1<br />

Sal'glLns 2<br />

Seebezirk 1<br />

Obel'toggenburg' 2<br />

Neutoggenburg' 1<br />

Alttog'genburg 2<br />

Untel'toggenburg 2<br />

Gossau 1<br />

25<br />

Nimmt man<br />

bei neu und gut<br />

Arbeiter<br />

weibliche<br />

,.-_....,,-----,<br />

Spillclelll Spnhl- Haspel- mäuul. ledig ver* Kinder<br />

masch. In asch. heiratet<br />

Total<br />

6624 34 18 15 64 34 8 121<br />

700 4 1 9 1 10<br />

960 14 1 6 2 2 11<br />

2648 10 7 11 24 11 46<br />

400 1 1 1 8 9<br />

1158 3 3 2 8 1 2 13<br />

900 1 2 9 9<br />

290 1 2 3 1 1 7<br />

846 2 1 1 6 2 3 12<br />

782 2 2 3 7 3 13<br />

410 1 4 3 4 11<br />

768 2 1 2 3 4 9<br />

---- ----<br />

16486 75 36 42 150 63 16 271<br />

die durchschnittlichen Anlagekosten für<br />

ausgerüsteten Zwirnereien zu Fr. 70 an,<br />

Angost.<br />

10<br />

3<br />

1<br />

1<br />

2<br />

1<br />

Lehrl.<br />

1<br />

4<br />

18 5<br />

1 Spindel<br />

bei a,lten<br />

') Dazu wird hoffentlich die Controlstelle für Baumwollgarne führen, welche in den jüngsten<br />

'rag'en in St. Gallen ihre Tätigkeit beg'onnen hat und in erster Linie zn diesem besonderen<br />

Zwecke von dem Directorium unter Mitwirkung des Industrievereins und der vereinigten Zwirn er<br />

ins Leben gerufen wurde.<br />

14


Weberei.<br />

Dichte V{eiss­<br />

-weberei.<br />

106<br />

Industl'ie del' Gewebe. - Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

zu Fr. 20, und teilt man die eine Hälfte der 1880 vorhandenen Spindeln<br />

neuen, die andere Hälfte alten Maschinen zu, was nach sachverständiger<br />

Schätzung der Wahrheit wenigstens sehr nahe kommen dürfte,<br />

so würde sich das Anlagecapital für unsere Zwirnerei aufrund Fr. 700,000<br />

stell eIl. Als jährliche Durchschnittsproduction einer Spindel dürfen wenigstens<br />

30 Kilo angenommen werden bei Flügeldrosseln, höchstens<br />

20 Kilo bei den alten Rundmaschinen ; was nach obigem Masstab verteilt<br />

für 1880 eine Jahresproduction von ca. 400,000 Kilo ergäbe. Die Wertvermehrung,<br />

welche das Garn durch das Zwirnen erfährt, darf für<br />

das Jahrzehnt von 1870-80 bei den Garnen für die Maschinenstickerei<br />

auf 80-90 Happen, bei denjenigen für die Grobstickerei auf 25 bis<br />

30 Happen per Kilogramm angesetzt werden. Als Durchschnittslohn<br />

des einzelnen Arbeiters wäre die Summe von Fr. 600 anzunehmen,<br />

wonach sich die gesamte jährliche Lohnsumme auf Fr. 180,000 stellen<br />

würde.<br />

Die st. gallische Weberei teilt sich zunächst in Weissweberei und<br />

Buntweberei. Während aber die Hauptmasse der letztern für sich einen<br />

einheitlichen) n,bgeschlossenen Industriezweig bildet, zerfällt die erstere<br />

vvieder in mehrere unter sich gesönderte Gruppen: die Tuchweberei, die<br />

Mousselineweberei im weitern Sinne, d. h. die Fabrication von undichten<br />

und halbdichten Geweben, und die Plattstichweberei. Keine dieser Gruppen<br />

kann eine hervorragende Bedeutung innerhalb unserer Gesamtindustrie<br />

beanspruchen; doch verlangt jede eine eigene, kurze Betrachtung.<br />

Die Fabrication weisser dichter Baumwollgewebe oder von Baumwolltüchern<br />

war dem Kanton St. Gallen bei Einführung des mechanischen<br />

Webstuhls in kürzester Zeit fast gänzlich verloren gegangen. 1)<br />

Nur einige feinere Specialitäten blieben zuerst noch der Handweberei<br />

vorbehalten; allein auch diese mussten seither schon längst von dem<br />

Handweber aufgegehen und der mechanischen Weberei überlassen werden.<br />

2 ) Die mechanische Anfertigung weisser dichter Gewebe schien in<br />

') Vl'gl. darüber Industrie und Handel des Kantons St. Gallen auf Ende 1866, S, 509 fl:'.<br />

2) Den letzten Vorräten von Hand gewobener Cambric-Stickböden verschaffte der zeitweise<br />

Unterbruch des V ßl'kehrs mit England durch den deutsch-französischen Krieg VOll 1870j71 erwünschtrll<br />

Absatz.<br />

Weberei. 107<br />

unserm Kanton überhaupt nicht ernstlich Boden fassen zu wollen. Sie<br />

beschränkte sich lange auf das 1860 gegründete Etablissement Guldin<br />

& Gmür in )J!Iels) dessen weisse Mouchoirs mit und ohne farbigen Rand<br />

teils für den einheimischen Gebrauch berechnet waren, teils durch die<br />

Vermittlung st. gallischer Handelshäuser im Auslande Absatz fanden. 1)<br />

Daneben wurde die 1859/60 mit 204 Stühlen in Betrieb gesetzte Weberei<br />

Neuha~ls in der Gem.einde Eschenbach zum kleineren Teile auch für die Fabrication<br />

dichter Gewebe, anfänglich von sogenannten Rotfarbwaren, später<br />

von Percale für den Winterturer und Zürcher Markt, eingerichtet. Im<br />

. Jahre 1875 gieng dann die ursprünglich Egli-Wagner'sche mecbanische<br />

Mousselineweberei J?Zawü 2) käuflich in den Besitz des Herrn H. Ottikm'<br />

in Rickenbach über, der sie, durch einen Umbau vergrössert, gänzlich<br />

für die Anfertigung dichter Gewebe ausrüstete: weisser ghLtter Baum wolltücher<br />

für Bettzeug und Leibwäsche, halbleinener fayonnirter Gewebe<br />

(Servietten, Handtücher u. dgl.) und auch fa,rhiger Artikel (sog. Oxforc1s,<br />

d. h. farbige Hemden, Blousen u. dgl.), alles für den einheimischen Markt<br />

berechnet und mit erfreulichem Erfolge. 3) Erst in den letzten J al1l'en<br />

unserer Berichtszeit ist eine grosse, in jeder Beziehung trefflich ausgestattete,<br />

mechanische Weberei glatter weisser Baumwolltücher auf<br />

st. gallischem Boden durch das Glarner Haus Johannes Heer in Verbindung<br />

mit seiner Spinnerei JJ!{els in Betrieb gesetzt worden, und zwar<br />

140 Stühle im J ahl'e 1876, weitere 140 im Jahre 1879 und noch einmaI<br />

200 im Jahre 1880. Diese VVeberei verarbeitet nur eigene Garne,<br />

Mittelnummer 50; etwa die Hälfte ihrer Production ist für die Glarner<br />

Druckerei bestimmt, die andere Hälfte für den sonstigen inländischen<br />

Bedarf an Baumwolltüchern. 4)<br />

') 1866 wal' diese Weisswebel'ei mit 82 Stühlen vOl'gemerkt, bei del' statistischen Aufn


llfousselille·<br />

weberei.<br />

108<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baulllwollindust.rie.<br />

Die Mousselinewebel'ei im weiteren Sinne oder die Fabrication<br />

halb dichter und undichter Gewebe (Jacconat, Midouble, Nanzouc, Mousseline<br />

und Gaze) teilte in einem gewissen Abstande das Geschick der<br />

Tuchweberei. Auch auf ihrem Gebiete bemächtigte sich der fortschreitend<br />

vervollkommnete mechanische Stuhl eines Artikels nach dem andern:<br />

zuerst der glatten Gewebe, dann der gestreiften und carrirten,<br />

endlich auch der damassirten und der eigentlichen Jacquardgewebe.<br />

Nicht minder wurden die einst so gesuchten weissen und farbigen Mode­<br />

Artikel der leichten Flawiler und Herisauer Feinweberei grossenteils<br />

von der mechanischen Weberei an sich gezogen. Was davon übrig blieb,<br />

hatte nicht mehr Lebenskraft und Bedeutung genug, um dem raschen<br />

Überwuchern der Maschinenstickerei Widerstand zu leisten, und gieng<br />

in der zweiten Hälfte der Siebziger-J ahre fast spurlos in dieser auf. Aus<br />

dem Vorort der st. gallischen Feinweberei ist Flawil in raschem Umwandlungsprocess<br />

wenigstens ein Hauptort der st. gallischen Stickerei<br />

geworden. 1)<br />

Von der ganzen halbdichten und undichten Weissweberei blieben<br />

bis in die neueste Zeit dem Handweber nm noch einzelne Specialitäten<br />

glatter Gewebe überlassen, die wegen ihres Masses oder aus irgend<br />

einem andern Grund dem mechanischen Stuhl nicht convenirten, so z. B.<br />

ganz breite Vorhangböden oder Böden für hochfeine Specialitäten der<br />

Maschinenstickerei, und ein fast Jahr für Jahr zusammenschrumpfender<br />

Bruchteil der hauptsächlich im appenzellischen VOl'derlande - Rehtobel<br />

und anstossende Genleinden - betriebenen Vorhangweberei in Mousseline-damassee<br />

(sogenannte Pelze) und Mousseline-Jacquard. Aber Ver-<br />

1) Der Zerfall der Fhtwiler J\lIodeweberei scheint vomehmlich seit dem Jethre 1872 zu dettil'en.<br />

Von clet an bis zum J ethre 1880 verdienen nur noch einige getzeetrtige Tricot- und N etdelstetb­<br />

Art.ikel, welche zeitweise in grossen QUltntitäten nach Indien giengen, besondere ErwlU1llung;<br />

ausserdem die meist für N ordamcrika bestimmten leichten H albleinen- und Grenadine-Gewebe:<br />

die erstem mit leinenem Zettel und baumwollenem Einschlctg, ecru, auch mit fm'bigen Streifen<br />

und Carreaux; die letztern mit Zettel von Seide oder Eiseng'arn und Eintrag von Bltumwolle;<br />

beides Damenldeiderstoffe, deren kurze Blütezeit in die Jahre 1873-1875 flillt. -- Ihre grösste<br />

Blüte in den Vierziger- und Fünfziger-Jahren hatte die specielle Flawiler ~Weberei vorzüglich<br />

der Rührigkeit und Geschicklichkeit des einen Hauses J. ,e· c. rVi,qet zu verdanken.<br />

Anfangs der Siebziger-.fahre mögen noch etwa 500 ~Webstühle für die Flctwiler Fltbricanten<br />

in Tätigkeit gewesen sein. Die statistische Aufnahme von 1880 führt noch 103 Hanclwebstühle<br />

in der Gemeinde Flawil ltuf, ohne aber beizufügen, wie viel davon wirklich in Tätigkeit w


110<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

Das Product der leichten Weissweberei kömmt teils 1m Inland<br />

als Stickböden zur Verwendung, teils wird es in alle Weltgegenden<br />

ausgeführt. Doch wurde der Absatz im Inland in den letzten Ja,hren<br />

unserer Berichterstattung verkümmert durch den Rückgang des Verbrauchs<br />

von gestickten Mousselinevorhängen, im. Ausland durch die hartnäckige<br />

Ungunst der Mode, durch die englische Concurrenz und erhöhte<br />

Zolltarife. Wir haben es daher nicht sehr zu bedauern, dass unser Gebiet<br />

auf diesen Industriezweig grösstenteils verzichtete, sobald er nicht<br />

mehr als Hand- 1lnd Hausweberei betrieben werden konnte. Stellt sich<br />

unsern Stickfabricanten und 1lnsern Exporteuren doch auch die benachbarte<br />

zürcherische mechanische Mousselineweberei gern zur Verfügung,<br />

die sich sehr schöner technischer Fortschritte rühmen darf, aber trotzdem<br />

nach gerade in eine ganz bedenkliche, kaum auf die Länge erträgliche<br />

Lage geraten ist.<br />

Ob die Ansicht berechtigt sei, dass speciell die mechanische Gardinenweberei<br />

bei sorgfältigerer Pflege als selbständiger Industriezweig haltbar<br />

und der Ausdehnung fähig gewesen wäre, wagen wir nicht zu entscheiden.<br />

Dass sie dagegen der Verelliung fähig wäre, bezweifeln wir<br />

nicht; denn ihre durchsichtigen Fabricate mögen wohl den Zweck der<br />

Mückenabhaltung als Bettvorhänge vollständig erfüllen; zu dem Schönsten<br />

und Besten aber, was der Jacquardstuhl in der leichten vVeissweberei<br />

hervorzubringen vermag, gehören sie offenbar nicht. Lohnend<br />

ist indes diese Fabrication doch kaum mehr, seit ihr neben der sehr<br />

billig arbeitenden sächsischen Concurrenz in den Spitzengeweben von<br />

Nottingham und Calais für Rideaux und Vitrages ein neuer, gefährlicher<br />

Rivale erwachsen ist. 1)<br />

und scheint überlmupt bis zu diesem JaJ1l'e dnrchschnittlieh mehr als die Hälfte sämtlicher Stühle<br />

betragen zu haben. Seither hat sie bedeutend abgenommen und ist auf etwa 70 zurückgeg~tngen.<br />

Auf diesen Stühlen werden 7/4, 8/4 und "/. oder 73, 81 und 94 cll1.-Stüeke in doppelter Breite<br />

von 146, 162 und 188 em. gewoben.<br />

In unsern Nachbarkantonen beschränkt sich die llIechanische leichte IVeissweberei [Luf<br />

eine J\lIousRelineweberei mit 128 Stithlen bei l'Valc1statt und fLllf eine Weberei mit 200 Jacqual'dstühlen<br />

und 40 gewöhnlichen Stühlen für fayonnirte J\lIousseline bei Bischofzell.<br />

') Wa,s Bein: Die Industrie des sächsischen Voigtlandes, 11. 371-378, über die Schicks~de<br />

der sächsischen Gardinenwebel'ei in dem letzten Jahrzehnt berichtet, lautet auch nieht sehr er­<br />

III u tigencl.<br />

Weberei.<br />

111<br />

Als Absatzgebiete für unsere Gardinenweberei Immen und kommen<br />

heute noch zumeist Spanien und das spanische Amerika nebst holländisch<br />

Indien in Betracht.<br />

Auch die Plattstichweberei, ein wesentlich a\ppenzellischer Industriezweig<br />

und reine Bandweberei, war schon beinahe auf den Aussterbe­<br />

I~tat gesetzt und schleppte sich die ganze Zeit von Mitte der Sechzigerbis<br />

gegen Ende der Siebziger-Jahre mühselig dahin, Jahr für Jahr<br />

weiter zurückkommend, soweit es Stückware für Kleider betraf. Etwas<br />

besser ergieng es den Plattstich -Vitrages. Doch nur die farbigen und<br />

weissen Plattstich -Bandes und -Entredeux für Kleidergarnituren erfreuten<br />

sich zeitweise grosseI' Beliebtheit, wetteiferten mit den gestickten<br />

ähnlichen Artikeln und beschäftigten immer einige hundert Stühle bei<br />

anständiger Löhnung.<br />

1) Die Ausfuhl'zahlen der Plattstichg'ewebe in Baumwolle IHLch den Vereinigten Staaten<br />

stellen sich von 1878-1884 folgendermassen :<br />

Plattstichgal'nituren Stückware Plattstichgal'llituren Sti:iclnvare<br />

1878 178,969. 31 434,963. 13 1882 642,352. 33 1,891,727. 84<br />

1879 290,302. 81 525,252. 45 1882 433,843. 86 818,113. 39<br />

1880 294,367. 98 979,520. 46 1884 365,542. 03 421,029. 02<br />

1881 381,279. 64 1,800,609. 25<br />

Da fasste ga,nz unerwartet im Jahre 1878 der nordamerikanische<br />

Markt wieder eine entschiedene Vorliebe für die seit 1857 so sehr<br />

vernachlässigten Plattstichgewebe und stellte sich plötzlich mit einem<br />

so lebhaften Begehr ein, dass mit dem vorhandenen Arbeitsmateriale<br />

gar nicht Genüge geleistet werden konnte. 1 ) In den J::thren 1879-1881<br />

wurden daher zahlreiche neue Stühle aufgestellt und in Bewegung gesetzt.<br />

Gleichzeitig kam unter dem ermutigenden Einfluss eines geradezu<br />

glänzenden Geschäftsganges eine grössere Mannigfaltigkeit in die Fabrication.<br />

In das bisher fast ausschliessliche Weiss auf Weiss dieser Gewebe<br />

suchte man durch die Verwendung farbiger Muster auf weissem<br />

Grund oder farbigen Grundes für weisse Muster Abwechslung zu bringen;<br />

nicht ohne Glück. Ganz besondere Beliebtheit erwarben sich die rohen<br />

Plattstichgewebe mit weissen und farbigen Mustern.<br />

Dennoch war die neue Herrlichkeit nur von kurzer Dauer. Schon<br />

mit dem Jahre 1882 ~ um für einen Augenblick in das laufende Jahrzehnt<br />

hinüberzugreifen - stellten sich die Vorzeichen einer neuen Er-<br />

Plattstichweberei.


112<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

Weberei.<br />

113<br />

13untweberei .<br />

..,Bestand.<br />

schlaffung ein, die denn auch mit dem Jahre 1883 im vollsten Masse<br />

hereingebrochen ist. Die Plattstich-Vitrages waren inzwischen beinahe<br />

gänzlich den englischen Spitzengeweben unterlegen, die Plattstichgarnituren<br />

- Bandes und Entredeux - in Folge der ausserordentlich<br />

wohlfeilen Produdion der Maschinenstickerei wieder in Rückgang gekommen.<br />

Dieser ganze, an sich so schöne Zweig der Kunstweberei<br />

steckt somit in einer schlimmern Lage, als je.<br />

In deIn Kanton St. Gallen ist es übrigens lediglich die an das appenzellische<br />

Vorderland angrenzende Gemeinde liggersriet) welche eine<br />

nennenswerte Zahl von Plattstich stühlen aufweist 1). Der Ahsatz des<br />

Fabricats wird dagegen zum grössten Teil durch st. gallische Häuser<br />

vermittelt. - Als Abnehmer sind neben den Vereinigten Staaten noch<br />

England, Indien und etwa elie mohammedanischen Gebiete N ordafrilm's<br />

namentlich aufzuführen. Kleinere Posten finden ihren Weg auch nach den<br />

meisten übrigen Ländern, mit welchen wir in lebhaftem Verkehre stehen.<br />

Eine ganz bedeutende st. gallische Industrie ist nach wie vor die<br />

Buntweberei geblieben, wenn auch der kräftige Aufschwung, in welchem<br />

wir sie in der Mitte der Sechziger-J ahre verlassen haben, baId erlahmte.<br />

Zu den damals schon vorhandenen oder in Entstehung begriffenen mechanischen<br />

Etablissements sind nur noch zwei neue hinzugekommen: die<br />

Weberei J Stähelin bei Lichtensteig 2) und die von dem Hause Matlüas<br />

N aef in Niederuzwil aufgeführte Weberei Felsegg an der Tur, in der Gemeinde<br />

Henmt. 3 ) Die meisten Etablissements vermehrten zwar die Zahl<br />

ihrer Stühle und dies mitunter ganz erheblich; {) allein nach der allgemeinen<br />

Annahme ist durch diese Vermehrung der mechanischen Stühle<br />

nur ungefähr der Abgang der bunten Handweberei ausgeglichen worden,<br />

welcher sich besonders seit Mitte der Siebziger-J ahre in Folge schlechten<br />

') Eggersriet wies bei der Aufnahme von 1880 55 Plattstichstühle auf, der ganze Kanton<br />

St. Gallen 110, das Appenzellerlancl dageg'en 4088.<br />

2) In Betrieb gesetzt 1869 mit 120 Stühlen; der Sitz des Gesch1ifts ist im Bunt bei Wattwil.<br />

3) In Betrieb gesetzt 1869 mit 200 Stühlen.<br />

4) Die st1irksten Vergrösserungen erfuhren die Buntweberei der Gebr. MettleI' in Bütswil<br />

(1869 an J. R. Raschle & eie. in Wattwil übergegangen) von 208 auf 400 Stühle, J. Sttihelin<br />

von 120 auf 248, J. 1,ooser in Kappel von 62 auf 169, Buntweberei Bazenheic1 (1875 an J. R. JYIettler<br />

& Sohn in St. Gallen übergeglLugen) von 48 auf 106, Buntweberei Altstätten von 175 auf 224,<br />

U. Widmer & eie. in Oberuzwil von 104 auf 140 (1882 auf 162.)<br />

Geschäftsganges der Weberei und der verlockenden Concurrenz der M~Lschinenstickerei<br />

überall mehr oder weniger empfindlich fühlbar machte.<br />

Alles in allem genommen wäre sich also in der Periode unserer Berichterstattung<br />

- zum mindesten in dem J al1l'zehnt von 1870 bis] 880 -<br />

der Bestand unserer Buntweberei ungefähr gleich geblieben. 1)<br />

Von durchgreifenden Verbesserungen der mechanischen Einrichtungen<br />

ist bei der Buntweberei noch weniger die Rede, als bei der<br />

Spinnerei. Wohl sind bei einzelnen Etablissements die alten Stühle<br />

durch schneller laufende neue ersetzt und ist bei einzelnen ~Lndern der<br />

Gang der bisherigen Webstühle durch die Anwendung verstärkter Triebkraft<br />

einigermassen beschleunigt worden. Allein von einer Erhöhung<br />

der Leistungsfähigkeit, wie sie z. B. in der Spinnerei die Umwandlung<br />

der Handstühle in Selbstspinner mit sich brachte, kann deswegen noch<br />

lange nicht gesprochen werden. Bei der Art, wie in unsern Buntwebereien<br />

gewöhnlich sämtliche Stühle, in einem gl'ossen SaaIe vereinigt,<br />

gleichmässig von einem und demselben Motor abhängig sind, müssen<br />

sich teilweise Abänderungen des Betriebs und die teilweise Einführung<br />

von Neuerungen an den eigentlichen vVebmaschinen in den llleisten<br />

Fällen als untunlich herausstellen. Dass aber der Um änderung und N eu­<br />

Ausrüstung einer ganzen Fabrik jederzeit die grössten Bedenken und<br />

Schwierigkeiten im ,Vege stehen und dass man sich hiezu nur im äussersten<br />

Notfall entschliesst, ist doch sehr begreiflich. Von diesem Gesichtspunkte<br />

aus wird die oft gerügte Apathie unserer mechanischen<br />

') Ihrem Gründungsjahre, bezw. dem Jahre ihrer Inbdriebsetzung' nach ordnen sich die<br />

st. g'allisehen mechanischen Buntwebereien, wie folgt:<br />

J. B. Müller & eie. in Wil 1853. ,J. J. Naef (.ietzt Hofer & eie.) in Krinau 1865.<br />

U. ,Vidmer & Gie. in Oberuzwil 1857. Nikla.us Nüssli in Ebnat 1865 (1882 abgebnmnt).<br />

Mechanisehe Buntweberei Altst1itten 1859. E. Dürst-NüsRli (jetzt J. R. l'IIettler & Sohn)<br />

Mechanische Buntweberei Walenstadt 1861/62. in Bazenheid 1865.<br />

Gebr. MettleI' (jetzt J. R. Raschle & eie.) III J. 1,ooser in IÜLppel 1865.<br />

Bütswil 1861/62.<br />

Joh.1,enthold in Nesslan 1865 (seit 1884 aUS80r<br />

Gebr. Berlinger in Ganterswil 1864.<br />

Betrieb).<br />

B1inziger, Kolp & eie. in Ebnat 1865. Joh. Gnipper in Neu St. Johrull1 1865.<br />

J. R. Raschle & eie. in Wattwil 1865 (Azll1os, 1866/67.)<br />

Fischbacher & Koch in St.Petel'zell (bei Schönen- J. Stähelin bei Lichtensteig 1869.<br />

grund) 1865. lYlltthias Naef (Felsegg) i. d. Gem. Henau 1869.<br />

Vrgl. dazu unten, S. 118, die Zahlen über den GarnconsUlll unserer Buntweberei.<br />

15<br />

lVIecll!tuisclle<br />

Einrichtungen.


114<br />

Industrie der Gewebe. -- Die st. gfl,1lische Baumwollinclushie.<br />

Weberei.<br />

115<br />

Triebkraft.<br />

Heizung und<br />

Beleuchtung.<br />

Garnbezng.<br />

Buntweberei gegen Neuerungen in ihrem Betriebe wenigstens bis zu<br />

einem gewissen Grade in einem mildern Lichte erscheinen.<br />

Was hier noch im einzelnen zu berichten ist, beschränkt sich auf die<br />

Ersetzung


116<br />

Industrie


Q~~~:i:,~~~e<br />

Fabl'ikgesetz.<br />

118 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

Ilvas die quantitative Leistung der Buntweberei anbetrifft, so hat<br />

Sie wohl in der ersten Zeit unserer Berichtersta,ttung Jahr für Jahr<br />

noch zugenommen, so lange der Geschäftsgang befriedigend blieb und<br />

die Maschinenstickerei nicht allgemein in die Weberbezirke eindrang.<br />

Nachher vermochte die langsame Vermehrung der mechanischen Stühle<br />

den raschen Abgang der Handstühle nicht mehr auszugleichen; und die<br />

Verkürzung der Arbeitszeit von 12 auf 11 Stunden durch das Fabrikgesetz<br />

verstärkte die rückläufige Bewegung. 1)<br />

Der Ausfall in der Production der mechanische~l Weberei durch<br />

die gesetzliche Verkürzung der Arbeitszeit um eine Stunde wird auf<br />

circa 5 % berechnet. Er beträgt weniger als in der Spinnerei, weil<br />

1) Die nachstehende Tabelle gibt den annähernden Garnverbrauch del:jenigen Firmen,<br />

welche bloss mit mechanischen Stiihlen arbeiten oder neben der mechanischen VVeberei auch<br />

Handweber beschäftigen, was die Regel ist. Es fehlen dagegen diejenigen Firmen, welche bloss<br />

Handweber beschäftigen. Deren gibt es indes überhaupt nicht mehr viel und unter diesen nm<br />

einzelne, deren Garnverbrauch in gröss8re Zahlen geht. Als Gesamt-Garnv8l'brauch der reinen<br />

Hanclweberei-Firlllen dürften unsern Ziffern kaum mehr, als noch ca. 5 % zugerechnet werden.<br />

Die Leistung des mechanischen Stuhls wird auf etwa das Dreifache der Leistung des<br />

HlLnclstuhls angeschlagen.<br />

Ga'i"l1Verb'i"auch de}' Buntweberei iu englischen Centne}'}~:<br />

(VOll diesen Za.hlen siufl diejenigen bis ZUlU ,Jahre 1875 für 8 Etablissements mit zusallllUßn ca. 400 Stühlen<br />

nach den Angaben für spätere Jahre ergänzt, da. für die frii_hel'll Jahre [18ß7-1875] keine Angaben erhältlich waron.<br />

]


120<br />

Industrie der Gewebe. -<br />

Die st. gnJlische Bftl1ll1wolli11l1ustrie.<br />

dessen Kaufkraft vorübergehend geschwächt haben; wie unsicher die<br />

Zustände des nördlichen Sumatra sich noch darstellen; wie viel auf<br />

Romeo noch zu tun bleibt, und wie sich daher die Verhältnisse dieser<br />

weiten Gebiete mit der Zeit nur bessern können.<br />

An den grossen Sunda-Archipel schliesst sich derjenige der Philippinen)<br />

wo Manila trotz scharfer Concurrenz der englischen Druckerei<br />

und Weberei im. ganzen seine Bedentung als Abnehmer bunter Schärpen<br />

und Mouchoirs und zeitweise erheblicher Quantitäten von schwarz und<br />

farbig carrirter Mousseline ungeschwächt beibehalten hat. - Dagegen<br />

nahm der Verbrauch schweizerischer rraffachellasse für Japan so zu<br />

sagen J alu für Jahr ab und war am Schlusse unserer Berichtszeit<br />

kaum noch der Rede wert.<br />

In Vorclerindien bezieht die Insel Ceylon wachsende Quantitäten<br />

bunter Mouchoirs und abgepasster Gewebe oder Schärpen (Sarongs und<br />

Cambayas) in verschiedenen Qualitäten und Dimensionen; während die<br />

Hindubevölkerung des Festlandes verhältnismässig ein sehr schwacher<br />

Kunde für unsere bunten Gewebe bleibt, so dass nur die zwei gewaltigen<br />

Hauptstädte Ca,lcutta und Bombay für einige an sich untergeordnete<br />

Artikel - Specialitäten einzelner Häuser - ernstlich in Betracht<br />

kommen.<br />

An die zweite Stelle unter den sämtlichen Absatzgebieten der Buntweberei<br />

ist in dem letzten Jahrzehnt ohne Frage das AtTika der schwarzen<br />

Race vorgerückt. Engiische, französische und deutsche Häuser<br />

bezogen zunehmende Quantitäten bunter Mouchoirs, zuerst für die Factoreien<br />

der Westküste, später noch mehr für die Ostküste, wo sich<br />

in Sansibar das einzige, aus der verunglückten Brenner'schen Expedition<br />

(18 ß 9 -71) 1) hervorgegangene schweizerische Haus befindet,<br />

welches olme fremde Vermittlung mit den V ölkem des dunkeln Erdteils<br />

verkehrt. Hier an der afrikanischen Ostküste geht das Gebiet der<br />

Mouchoirs und der Schärpen in einander über, und auch sogenannte<br />

Cotonnettes sind anzubringen.<br />

1) Übel' diese vom Kaufmännischen Directoriul1l in Verbindung mit einigen St. Galler<br />

Firmen veranstaltete Expedition und deren Folgen s. die Schrift; Die kaufm. Corporatlon und<br />

das kaufmttnnische Dircctoriull1 in St. Gallen in den Jahren 1864-1880, S. 5-8.<br />

Weberei.<br />

121<br />

Schwierig ist es allerdings für unsere bunten Gewebe, in Afrika<br />

den Kampf mit den sie nachahmenden, gedruckten englischen Tüchern<br />

zu bestehen, und noch schlimmer ist es, dass die englische Buntweherei<br />

sich neuestens ebenfalls auf die Fabrication der afrikanischen Massenartikel<br />

wirft und sie spottschlecht, aber auch spottwohlfeil für diejenigen<br />

Gebiete anfertigt, wo der englische Einfluss vorherrscht und<br />

der englische Kaufmann den rron angibt. Gleichermassen lieben es die<br />

Holländer, ihre zahlreichen Factol'eien mit dem eigenen Fabric~Lt zu<br />

versehen; während wir nicht bloss keine eigenen Factoreien haben,<br />

sondern die Verhältnisse nicht einmal a;us eigener Anschauung kennen.<br />

Wer könnte diesen Zustand als eine Gewähr dafür betrachten, dass<br />

uns die in rascher Entwicklung begriffene Erschliessung von Innerafrika<br />

auf die Dauer bleibende und reiche Früchte bringen werde ~<br />

Südafrika oder das Capland fällt für die Buntweberei gar nicht<br />

III Betracht; Nordafrika ist ein schwacher Kunde für gewisse Specialitäten<br />

und gehört zum Teil schon dem weiten Ländercomplexe an,<br />

den wir unter dem Namen der Levante zusammenfassen, und unter<br />

dem wir alle diejenigen afrilnmischen, asiatischen und europäischen<br />

Länder begreifen, die mittelbar oder unmittelbar unter dem Scepter<br />

des Grossherrn von Constantinopel stehen oder bis vor kurzem darunter<br />

gestanden haben. Lässt sich die heutige Bedeutung dieses Absatzgebietes<br />

für unsere bunt gewobenen Tücher mit der frühern auch nicht<br />

mehr vergleichen, so ist die Levante doch immer noch einer unserer<br />

grösstell Abnehmer, steht als solcher unbedingt in dritter Linie, und<br />

hat als Ganzes in der Periode unserer Berichterstattung kaum. an<br />

Wichtigkeit abgenommen. Mögen Kleinasien, Syrien und Mesopotamien,<br />

d. h. die Plätze Smyrna, Aleppo und Bagc1ac1 - angeblich wegen Vervollkommnung<br />

der einheimischen Handweberei - sehr fühlbar zurückgetreten<br />

sein, so sind dafür die Beziehungen zu den neuen politischen<br />

Gestaltungen auf der Balkanhalbinsel und auch zu Ägypten um so viel<br />

lebhafter geworden. Der eine grosse Artikel für diese Länder sind<br />

die oben schon erwlilmten "Alagias" - früher "Moreas" genannt -,<br />

welche in neuerer Zeit die Printanieres, die einst die erste Rolle ge-<br />

16


122<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallischo Bn,ulllwo1lillc1ustrie.<br />

spielt haben, in den Hintergrund drängen. 1) Daneben gehen unter den<br />

verschiedensten Namen noch allerlei andere Fabricate, meist in sehr<br />

lebhaften Farben und gewöhnlich Specialitäten einzelner Häuser.<br />

Einer der frühesten Abnehmer unserer Buntweberei ist das Kaiserreich<br />

Brasilien gewesen, wo in den nördlichen Provinzen die grosscarrirten<br />

"Mouchoirs Madras", in den südlichen die feinen, klein- und<br />

grosscarrirten "Ginghams" schon in den Dreissiger-Jal;J'en recht begehrt<br />

waren. Die letztem sind inzwischen beinahe verschwunden und durch<br />

die gröberen Cottonnades ersetzt worden. Überhaupt zählt Brasilien<br />

nicht mehr zu den Hauptkunden unserer Buntweberei, da einerseits<br />

der dortige Verbrauch st. gallischer Buntwaren merklich abgenommen<br />

hat, anderseits zuerst die Levante, dann Hinterindien und Ostetsien,<br />

endlich Afrika als viel grössere Abnehmer auf die Bühne getreten sind.<br />

Von den spanisch - amerikanischen Ländern dürfen am ehesten<br />

Mexiko und Cuba noch einige Bedeutung für unsere Buntweberei beanspruchen.<br />

Auch andere westindische Inseln beziehen gewisse Sorten<br />

von Mouchoirs in bescheidenen Quantitäten.<br />

Fast ganz verloren gegangen sind uns die Vpreini,qten Staaten als<br />

Käufer bunter Gewebe, seit hier die Sclaverei aufgehoben und die<br />

während des Bürgerkrieges zur Vermehrung der Einkünfte eingeführten<br />

Schutz- und Prohibitivzölle auch nach Abschluss des grossen Kampfes<br />

beibehalten wurden. In der emancipirten Negerbevölkerung erwachte<br />

sofort der Ehrgeiz, es auch in der Bekleidung ihren frühern Herren<br />

möglichst gleichzutun; sie wollte deswegen von den früher speciell<br />

für sie fabricirten und gekauften bunten Tüchern nichts mehl' wissen.<br />

Andere bunte Gewebe aber, die bei Weissen und Farbigen Aufnahme<br />

und Verwendung finden könnten, sind durch die unvernünftig erhöhten<br />

Zölle so gut wie ausgeschlossen.<br />

Von den europäischen Staaten bezogen bis zum Erlass ihrer neuesten<br />

Zolltarife zumeist Italien) dann auch Spanien und Frankreich noch ein-<br />

') Moreas und Printanieres sind gestreifte Gewebe, die erstem zweischäJtig gewoben, die<br />

letztem dreischäftig; die erstem zeichnen sich durch besonders dichten Zettel aus. - Vrgl.<br />

darüber Industrie und Handel etc. bis Ende 1866, S. 506 und 511, wo es in Anmerkung 8 heissen<br />

sollte: vip-I"fädige oder zweibiindige.<br />

Weberei.<br />

123<br />

zeIne Erzeugnisse unserer gewöhnlichen Buntweberei zum eigenen Gebrauche.<br />

Die Zollerhöhungen, die um die Grenze des achten und neunten<br />

Jahrzehnts eingeführt worden sind, haben diesen Bezug auf ein Minimum<br />

herabgebracht. Dagegen blieben London und Ll:VeJ]Jool) Hambttrg)<br />

Paris) Bordeaux und 111arseme die Vermittler eines ansehnlichen überseeischen<br />

Absatzes der st. gallischen Buntweberei und hat TVien grossenteils<br />

die Vermittlung der Ausfuhr nach den neuen Donaustaaten übernommen;<br />

während die früher11 lebhaften Beziehungen unserer Buntweber<br />

zu den holländischen Exporthäusern sich sehr verminderten.<br />

Diese überseeischen Geschäfte durch Vermittlung der grossen ausländischen<br />

Exportplätze haben den nicht zu unterschätzenden Vorteil<br />

rascher und sicherer Abvvicklung für sich. Bei eigenem directem Export<br />

erheischen die Creditverhältnisse der Levante auch bei Verkauf auf<br />

Bestellung die grösste Vorsicht und birgt der Verkehr mit Indien und<br />

Ostasien auch bei dem sogenannten Indent-System,1) welches dort vielfach<br />

an die Stelle der früher allgemein üblichen COl1signatiol1 getreten<br />

ist, noch vielfache Gefährde in sich; das im Verkehr mit Brasilien bis<br />

heute üblich gebliebene Consignations-System vollends mit seinen langen<br />

Zahlungsfristen kömmt bei den heftigen Cursschwankungen fast einem<br />

Hazardspiele gleich.<br />

Von gleichmässigen Erträgnissen der Buntweberei ist nach dem<br />

Gesagten nicht wohl zu sprechen, da ja die Erträgnisse gleichzeitig sehr<br />

verschieden sein können, je nachdem ein Haus vornehmlich für den<br />

einheimischen, den indirecten oder directen überseeischen Absatz arbeitet,<br />

und im letztern Falle erst wieder je nach den verschiedenen Gebieten,<br />

mit welchen es vorzugsweise verkehrt fJ.'atsache ist jedenfalls, dass<br />

durch die in der Zeit unserer Berichterstattung merkwürdig rasch herangewachsene<br />

holländische Concurrenz, der sich die englische zugesellte,<br />

auf den wichtigsten Absatzgebieten der Nutzen, mit welchem<br />

') Bei dem Indent-System wird dem hiesigen Exporteur der Prei~, um welchen die Ware<br />

von dem iiberseeischen Käufer iibel'l1ommen werden 8011, genannt; dir" Mittellmnd tritt d'Lbei<br />

bald als wirklicher Käufer auf, bald als ConsiglHttionsnehmer; zuweilen teilt sie sich auch mit<br />

dem Verkäufer in das Risico. Es ha,ndelt sich dabei also um ein Mittelding zwischen einem<br />

festen Bestellungs- und einem reinen Consignations-Geschäft.<br />

Erträgnisse.


124 Industrie der Gewebo. - Die st. galli8che Bl1lllllwollil1llustde.<br />

unsere Buntweberei früher arbeitete, ansserordentlich geschmälert \'vorden<br />

ist, und dass das mit kurzen Unterbrechungen fortwährende Sinken<br />

der Silbercurse auf den indischen und ostasiatischen Märkten sehr empfindlich<br />

in gleicher Hichtnng gewirkt hat. 1) Was man dort glücklich<br />

verdient zu ha.ben glaubte, wurde mehr als einmal durch einen neuen,<br />

kräftigen Hückgang der Curse gl'ossenteils oder wohl ganz wieder aufgezehrt.<br />

Die Jahre 1867-1880 gehörten daher für unsere Buntweberei<br />

im allgemeinen nicht zu den fetten. Verhältnismässig am günstigsten<br />

gestaltete sich die Periode von 1871-1875, weniger gut diejenige<br />

von 1867-1870 und am ungünstigsten diejenige von 1876-1880,<br />

so sehr, dass die zwei letzten Jahre 1879/80 neben der Verzinsung<br />

des Betriebscapitals und der vollen Anlagekosten wohl nirgends mehr<br />

einen Unternehmergewinn übrig liessen; nur wer seine Fabrikanlagen in<br />

seinen Büchern schon ganz bedeutend herabgesetzt hatte, konnte noch<br />

von einem Heinertrage sprechen.<br />

Al'beitel'- D d' G<br />

verhältnisse. a 1e l'osszahl unserer mechanischen Webereien aus der Mitte<br />

und der zweiten Hälfte der Sechziger-J ahre stammt, waren die neuen<br />

Etablissements in den ersten Jahren unserer Berichtszeit darauf angewiesen<br />

und eifrig damit beschäftigt, ihre Arbeiter neu einzuüben<br />

und einzulernen. Dabei ergab sich begreiflicher ',lVeise ein sehr grosser<br />

Unterschied, je nachdem die Fabrik in einem Industriebezirke eingerichtet<br />

wurde, dessen schon vorhandene Weberbevölkerung nun lediglich<br />

zum Teil von dem Handstuhl auf den mechanischen Stuhl überzugehen<br />

ha.tte, oder aber in einem Bezirke, wo bisher die Landwirtschaft<br />

unbedingt vorherrschte, die Bevölkerung überhaupt erst an industrielle<br />

Beschäftigung gewöhnt werden musste und keine Vorliebe für gleichmässige,<br />

andauernde Arbeit in geschlossenen Häumen zeigte. Dass sich<br />

dort der Übergang viel leichter und schneller macbte, als hier, lag in<br />

der Natur der Sache.<br />

vVeberri. 125<br />

Er war übrigens in der Tat höchst zeitgemäss gewesen. Denn kaum<br />

hatte sich die mechanische vVeberei ordentlich eingerichtet, so setzte<br />

die beispiellos schnelle Entwich:1ung der Maschinenstickerei mit voller<br />

Kraft ein und begann den anclern Industriezweigen, darunter auch<br />

der Weberei, die Arbeitskräfte übera.ll streitig zn machen. Dass sie<br />

zunächst diejenigen an sich zog, welche durch die Einführung der mechanischen<br />

Weberei frei geworden waren,1) konnte nur allseitig als<br />

V orteil empfunden werden. Bald aber - besonders . seit dem Überhandnehmen<br />

der Einzelsticker - nahm der Zulauf der tüchtigsten<br />

Arbeiter und Arbeiterinnen zu der Stickerei für die Weberei geradezu<br />

bedenkliche Dimensionen an. Nicht bloss gieng die Zahl der Hanc1-<br />

weber sowohl in den Bezirken des untern, wie des obern Turtals<br />

von Jahr zu Jahr stark zurück; sondern eskanl sogar nicht selten<br />

vor, dass zeitweise ein Teil der mechanischen Stühle in den Fabriken<br />

nicht besorgt werden konnte und stillstehen musste. Am längsten und<br />

zähesten leistete das eigentliche alte Webergebiet des mittleren Turtals<br />

dem Eindringen der Stickerei Widerstand, und es ist der toggenburgischen<br />

Weberei, nach 'welcher unsere bunten Gewebe geradezu<br />

unter dem Namen "Toggenburger Artikel" gehen, die ganze Zeit über<br />

gelungen, trotz der Bedrängnis durch die Stickerei, fast ausschliesslich<br />

mit einheimischer und zum weitaus grössten Teile sesshafter Bevölkerung<br />

zu arbeiten. Fremde, zuwandernde Elemente wurden und werden<br />

hier nur ausnahmsweise eingestellt, fühlen sich selten behaglich und<br />

setzen in der Regel ihren Stab bald wieder weiter. Man sieht sie auch<br />

in der Hegelohne Bedauern wieder scheiden.<br />

Anders verhielt es sich mit den grossen Webereien, welche in<br />

bisher ganz agricolen Gegenden gegründet wurden und von Anfang<br />

an Mühe lmtten, hier die nötige Arbeiterzahl zu finden und an sich<br />

zu ziehen. Diese Etablissements sahen sich nun durch die Concurrenz<br />

') Der Silbercurs bewegte sich in Singapore in clen JlLhre11 18ß7-7


126 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

Weberei.<br />

127<br />

w~~;~~~~~;n.<br />

Löhne.<br />

der reichlichere Löhne verheissenc1en Stickerei genötigt, förmliche auswärtige<br />

Arbeitercolonien anzuwerben, sei es aus Etnc1ern Schweizerkantonen,<br />

wo notleidende Industrien einen Teil ihrer Arbeiter gerne<br />

abgaben, sei es aus Deutschland, aus Welschtirol, aus Piemont. Unter<br />

solchen Arbeitercolonien macht sich dann freilich im Frühling und Herbst<br />

oft ein lebhafter Personalwechsel geltend, und die Schulbehörden der<br />

betreffenden Gemeinden vvissen viel von den Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten<br />

zu erzählen, welche ihnen aus dieser flottanten Bevölkerung<br />

erwachsen. l\1it der Leistungsfähigkeit der von ihrer Heimat<br />

vollständig abgelösten und darum in ihrer ganzen Existenz lediglich<br />

auf die Fabrik Etngewiesenen Arbeiter erklären sich die Fabrikbesitzer<br />

durchschnittlich sehr wohl zufrieden. Ein Teil der Fremdlinge wird<br />

voraussichtlich auch allmälig bei uns feste Wurzel fassen und sich<br />

bleibend bei uns einbürgern; das höchste Ziel der Mehrzahl wird aber<br />

darin bestehen, in spätem Jahren mit einigen Ersparnissen wieder nach<br />

der Heimat zurückzukehren.<br />

Als das wirksamste Mittel, sich einen tüchtigen Stock zuverlässiger<br />

Vorm'beiter beisammen zu halten, erprobt sich ~"uch bei der ,71[ eberei<br />

die Anweisung freundlicher und billiger Arbeiterwohnungen, vor allem<br />

eben da, wo die Arbeiter nicht vorzugsweise aus der umwohnenden<br />

bäuerlichen Bevölkerung gezogen sind, die mit Vorliebe ihre unverheiratete<br />

Jugend zu regelmässigem Geldverdienst in die Fabrik schickt.<br />

Die Zahl der Arbeiterwohnullgen, welche der st. gallischen Web81'ei<br />

zur Verfügung stehen, beträgt ca. 250. Einzelne Etablissements erleichtern<br />

ihren besten Arbeitern den Ankauf eigener Heim wesen durch<br />

Vorschüsse.<br />

Die Löhne der Weberei sind bis zum Jahre 1877 unter dem Einflusse<br />

eines durchschnittlich befriedigenden Geschäftsganges und der<br />

Concurrenz der Stickerei allgemein gestiegen. Dann brachte die Einführung<br />

des Fabrikgesetzes mit der Verkürzung der bis dahin durchgehends<br />

üblichel1zvvölfstünc1igen Arbeitszeit auf eilf Stunden eine leichte<br />

Reduction des Tagesverc1ienstes der Stücklohn-Arbeiter. Bis zum Jahre<br />

1880 aber hatte sich diese Reclnction trotz des schlechten Geschäfts-<br />

ganges schon wieder mehr als ausgeglichen, wie aus der nachstehenden<br />

Übersicht hervorgeht 1):<br />

"\Vebel'lneistel' 'Veber Zeltler Spuhler Schlichtor<br />

1867 Fr. 3. 50 bis 4. 50 1. 50 bis 2. 25 1. 70 bis 2. 50 -. 70 bis 1. 80 2.80 bis 4.-<br />

1874<br />

" 4. " 4. 50 1. 60 2. 80 1. 90 3.- -. 90 1. 80 3. 20 4. 50<br />

1877 ,. 4. 20<br />

"<br />

" 4. 75 1. 60 " 3.- 2.- " 3. - -.95 2. - 3.30 4. 75<br />

1880<br />

"<br />

" 4. 40 " 5.- 1. 60 " 3.- 2.- " 3.- 1.- 2.- 3.40 5.-<br />

"<br />

Färber Appreteur l\:Iechallilwr '.raglöhllel'<br />

1867 Fr. 1. 75 bis 3. 20 1. 10 bis 3. - 3. - bis 5.- 1. 50 bis 3. 25<br />

1874<br />

" 2. - 3. 20 1. 40 " 3. -- 3. 50 6.- 1. 50 3. 25<br />

1877<br />

"<br />

" 2. - " 3. 20 1. 60 t.1.-<br />

" ()<br />

3.50 6.- 1. 50 3. 25<br />

1880<br />

" "<br />

3. 25<br />

" 2. 20 " 3. 20 l. 60 " 3. - 3. 50 " 6.- 1. 80 "<br />

Besondere obligatorische Kranken- oder Hülfskassen der Arbeiter<br />

finden sich bei zwölf mechanischen Webereien vorgemerkt, und zwar<br />

weisen ihre Statuten in der Hauptsache so auffallend gleichartige Bestimmungen<br />

auf, dass ganz offenbar die ersten Einrichtungen dieser<br />

Art von den spätern zum Muster genommen worden sind. 2 ) Fast überall<br />

handelt es sich in erster Linie um einen kleinern oder grössern stehenden<br />

Fonds, man darf wohl sagen um ein Garantiecapital) geliefert<br />

durch die betreffenden Fabrikeigentümer und ausgewiesen durch eine<br />

verzinsliche Obligation derselben. Dieses Capital oder Vermögen darf<br />

1) Es ist dabei zu bemerken, dass das Spuhlen bis ZUl1l Erlass des Fabrikgesetzes ganz,<br />

seither noch zum g'rösser1l Teil von Kindel'l1 besorgt wurde, dass elie Zettelmaschinen und die<br />

Webstühle meist von Frauen bedient werden und dass auch in der Appretur da und dort Fmuen<br />

zur Verwendung kommen. Die obigen Ansätze gründen sich auf die Angaben von sechs Firmen,<br />

die zum Teil bloss mechanisch weben, zum Teil auch Handweber beschäftigen und deren<br />

Angaben je nach Lag'e, Umgebung und besondel'l1 Verhältnissen sehr erhebliche V8rschiedE'nheiten<br />

aufweisen; so ist es z. B. ganz charakteristisch, wie Fltbriken mit agricoler Umgebung die<br />

Taglölm8r wesentlich wohlfeiler, die Mechaniker wesentlich teurer zur Verfl1gung haben, als<br />

diejenigen in industriellen Bezirken. Im allgemeinen wird man annehmen dürfen, dass unsere<br />

Zahlen jeweilen mit ziemlicher Sicherheit die höchsten und niedrigsten Ansätze bieten; obschon<br />

von mehl' als einer Seite herichtet wird, dass es ein sehr tüchtiger Weber - offenbar auch bei<br />

besonders günstigen Artikeln - bis auf einen Tltgesverdienst von 1


128 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollimlustl'ie.<br />

WelJ8l'ei. 129<br />

Sparkassen.<br />

bloss in Notfällen angegriffen werden; für gewöhnlich fliessen nur dessen<br />

Zinse in die eigentliche Hülfs- oder Verbrauchskasse, deren Haupteinnahmen<br />

durch die regelmässigen Beiträge der Mitglieder, 7 1 h bis<br />

20 Rappen wöchentlich,l) durch Eintrittsgelder, 50 Rp. bis Fr. 1. 50,<br />

und durch Bussen gebildet werden. 2) Aus der Hülfskasse werden nun<br />

in Krankheitsfällen Arzt und Arzneimittel, sowie auf die Dauer von<br />

höchstens ßO bis 90 Tagen Taggelder von 40 Rp. bis Fr. 1. 50 an den<br />

Kranken bezahlt, im Todesfall auch die Begräbniskosten bestritten.<br />

Eine einzige Kasse gewährt dazu Unterstützung für das Wochenbett<br />

verheirateter Frauen und für die nächsten Hinterlassenen eines Verstorbenen<br />

- in der ersten und zweiten Klasse des Erbgesetzes -,<br />

letztere in der Form eiller besondern Auflage unter den Mitgliedern<br />

der Kasse beim Todesfall. 3 ) Die Verwaltung der Hülfskasse auf Grund<br />

ihrer Statuten wird durch die zu einem Vereine oder einer geschlossenen<br />

Geselbchaft verbundenen Mitglieder derselben beRorgt. 4 )<br />

N eben diesen obligatorischen Kassen, die jeweilen sämtliche Arbeiter<br />

und Arbeiterinnen eines Etablissements umfassen, haben sich<br />

die männlichen Arbeiter zweier Buntwebereien noch zur Bildung freiwilliger<br />

Unterstützungskassen zusammengetan, um die Leistungen der<br />

pflichtigen zu ergänzen und zu verstärken.<br />

Besondere Sparkassen für ihre Arbeiter halten vier Buntwebereien.<br />

Auf Ende 1880 wiesen sie ein Guthaben von zusammen Fr. 78,ß08. 10<br />

1) Eine einzige freiwillige Kasse erlaubt unter Zustimmung der Oommission freiwillige<br />

Verdoppelung des bestimmten Beit.rags von 12'/2 Rp. per ·Woche, um sich auch doppelte Unterstützung<br />

zu sichern. - Bei gleichen Beiträgen von allen Mitgliedern ist auch das 'raggeld oder<br />

die Unterstützung für alle gleich. In der Regel richtet sich aber beides nach der ungefähren<br />

Lohnhöhe, d. h. nach den drei Gl'Uppen 1) Spuhler, 2) Zettler und Weber, 3) solche, die Fr. 3<br />

und mehl' per Tag verdienen.<br />

2) Sowohl eigentliche Fabrikbussen, als solche für Nichtbeobachtung statutarischer Vorschl·iften.<br />

Sehr zu empfehlen auch für anderweitige Anwendung' wlire die fast überall erschpinende<br />

Bestimmung, dass unw'l,hre Entschuldi.gungen doppelt bestraft werden.<br />

3) Es ist dies die Hülfsk"sse der Buntweberei 'vValenstadt. Doch wurde schon im ersten<br />

Jahre ihres Bestandes das für Wöchnerinnen auf 1 Fr. festgesetzte Tag'geld (21 Tag'e, dazu Bezahlung<br />

der Arzneikosten) auf 80 Rp. und die auf 50 Rp. festgestellte Todesfallsteuer auf 30 Rp.<br />

herabgesetzt.<br />

4) Der Gesamtbestand diesel' Kassen wies im Jahre 1880 die Summe von eH.. Fr. 50,000<br />

auf. - Ein Etablissement besass daneben noeh einen besonclern Alterskassefonds von Fr. 1400,<br />

ein anderes einen be sondern Fonds von Fr. 1069. 85 für genesende Kranke; beide Summen sollten<br />

natürlich nur den ersten Stock für die Bildung von wirklich leistungsfähigen Kassen darbieten.<br />

auf. 1) Bei andel'll Firmen können die Arbeiter Guthaben gegen höhere<br />

Verzinsung, als die öffentlichen Sparkassen sie gewähren, stehen lassen<br />

oder auch einlegen.<br />

Die statistische Verteilung unserer Weberei nach den Bezirken<br />

gestaltete sich bei der Aufnahme von 1880 folgendermassen :<br />

Stühle<br />

weiss<br />

I. Mechanische Weberei.<br />

bunt<br />

Arbeiter<br />

Kinder<br />

(14-16 J.)<br />

weibliche<br />

Bezh'k Etab!. glatt fa(;on. Jacq. glatt Jacq. ZlISUlll. milnnl. ledig verh. Knab . .I\1ild. ZlISUlll. Ang.') Lehr!.<br />

,----''----. ~ ---"-.. ~---<br />

Oberrheintal 1 224 224 89 72 60 7 5 233<br />

Werdenberg 1 150 126 276 85 85 49 17 24 260<br />

Sal'gans 3 558 600 1158 134 289 215 22 34 694<br />

Seebezirk 1 240 40 20 300 25 148 12 8 24 217<br />

Obertoggenburg 5 507 15 522 106 124 133 11 16 390<br />

Neutoggen burg 4 684 684 202 227 175 24 34 662<br />

AlttoO'D"enburO" nn 0<br />

2 3 ) 3 503 506 112 132 143 29 40 456<br />

Untertoggenbg. 6 187 50 2 404 643 184 2H 187 23 16 624<br />

Wil 1 130 130 54 82 25 6 18 185<br />

24 988 90 152 3072 141 4443 991 1373 999 147 211 3721<br />

V'leiss<br />

H. Handweberei. 4)<br />

Plattstich<br />

8 3<br />

22<br />

3,1 4<br />

7<br />

34 3<br />

32 7<br />

26 2<br />

36 2<br />

15 3<br />

214 24<br />

Bezirk<br />

Bunt<br />

glatt fac;onnirt weiss u. bunt<br />

ZusamIllen<br />

Tablat 2 2<br />

H,ol'sclmch 7 58 65<br />

Untel'l'heintal 2 2 1 2 7 1<br />

Oberrheint.al 1 12 13<br />

Werdenberg 8 12 28 48<br />

Seebezirk 9 9<br />

Obertoggen burg 569 5ß9 6<br />

NeutoO'O"enburO"<br />

öt') n 25 87 2 826 940 11<br />

Alttoggenburg 73 29 13 646 761 4<br />

Untertoggenburg 22 97 27 360 506 5<br />

Wil ~89 289 6<br />

Gossau 1 9 26 36 1<br />

.-_._--- ---,---. ----<br />

130 236 110 2769 3245 34<br />

-------<br />

Fergger.<br />

') Darunter die Sparkasse von J. B. :Müller & Oie. in Wil allein Fr. 63,303.40.<br />

2) Als .Angestellte" sind bald nur die wirklichen Bureamtrbeiter, bald sämtliche mit<br />

festem Jahresgehalt Arbeitende angegeben worden.<br />

3) Dazu eine mechanische Schlichterei mit 3 Angestellten, 5 männlichen und 8 weiblichen<br />

Arbeitern (von den letztem 7 ledig und 1 verheiratet).<br />

4) Es ist dabei zu beachten, dass einerseits ein grosser Teil der Handwebstühle nicht das<br />

ganze Jahr hindurch regelmässig in Betrieb steht, sondern nur in den Wintermonaten, und dass<br />

anderseits die st. gallische Weberei noch eine Anzahl von Arbeitern in dem Grenzgebiete der<br />

Kantone Appenzell und Turgau, sowie über dem Rhein im Vorarlberg beschäftigt.<br />

17<br />

Statistik.


Stickerei in<br />

'Kettenstich.<br />

(GI'obstickereL)<br />

Bosta,ud.<br />

130 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baulllwollindustrie.<br />

Rechnen wir als noch nicht getilgtes Anlagecapital Fr. 2000 für<br />

den Stuhl/) so erhalten wir für die mechanische Weberei in runder<br />

Summe ein Gesamt-Anlagecapital von Fr. 9,000,000. Das Betriebscapital<br />

wäre durchsclmittlich wohl wenigstens auf Fr. 1500 per Stuhl<br />

anzuschlagen, also auf ca. Fr. 7,000,000. 2 ) Als Durchschnittswert der<br />

Production, d. h. des producirten Gewebes, dürften für den mechanischen<br />

bunten und für den weissen fac;onnirten oder Jacquard-Stuhl<br />

ca. Fr. 2500, für den weissen gbtten Stuhl ca. Fr. 1500 anzunehmen<br />

sein, also insgesamt annähernd Fr. 10,000,000, wozu als Productionswert<br />

der Bandweberei mit Berücksichtigung der ausserkantonalen Arbeiter<br />

noch etwa weitere Fr. 3,000,000 kommen würden. Den durchschnittlichen<br />

Jahreslohn eines Arbeiters in einer mechanischen Weberei<br />

glauben wir nach den uns vorliegenden Angaben mit ziemlicher Sicherheit<br />

auf Fr. 700 -750 stellen zu dürfen. Die gesamte jährliche Lohnsumme<br />

stand in der Mitte der Siebziger-J ahre am höchsten und hat<br />

damals Fr. 4,000,000 ohne Frage wesentlich überstiegen; seither ist sie<br />

wegen Abnahme der Handweberei zurückgegangen und dürfte die 4 Mill.<br />

Franken kaum mehl' erreichen. 3 ) Dazu wären noch ungefähr Fr. 400,000<br />

für Gehalt der Angestellten zu rechnen, Alles für das Jahr 1880.<br />

Unter ganz eigentümlichen Verhältnissen hat von jeher unsere<br />

Stickerei in Kettenstich gearbeitet, für welche im Gegensatze zu der<br />

erst später in den Vordergrund tretenden Stickerei in Plattstich der<br />

Name Grobstickerei üblich geworden ist. 4 ) Man wird sich aus unserer<br />

1) Die Erstellungskosten einer neuen mechanischen Weberei mit Gebäuden, Triebwerken<br />

und Vorwerken werden bei normalen Verhältnissen ziemlich übereinstimmend auf ca. Fr. 3000 per<br />

Stuhl angesetzt, nur bei ausnrthlllsweise günstig gelegenen oder dann bei gf1nz grossen Etablissements<br />

von übel' 400 Stühlen auf ca. Fr. 2500.<br />

2) Die Schätzungen sind sehr verschieden, finden sich aber in der Mehrzfthl bei normalen<br />

Gal'llpreisen auf c[t. Fr. 1000 fllr einheimischen und ca. Fr. 2000 für überseeischen Vertrieb der<br />

Fabricate zusammen; für den ausschliesslichen Betrieb von Consignationsgeschäften wird das<br />

Betriebscapital sogar fLUf ]'1'.2500-3000 per Stuhl angesetzt.<br />

") Sechs Bllntwebereigeschäfte mit zusammen 1790 mech[tnischen Stühlen beziffern die<br />

von ihnen an Fabrik- und H[tnd-Arbeiter bezahlten Gesallltlöhne folgendermassen :<br />

1867 Fr. 1,834,807; 1874 Fr. 2,174,843; 1877 Fr. 1,976,151; 1878 Fr. 1,814,533; 1880 Fr. 1,819,260.<br />

4) S. darüber Industrie und Handel auf Ende 1866, S. 546.<br />

Gro bstickeroi. 131<br />

frühern Darstellnng erinnern, wie diese Industrie von der ersten Zeit<br />

ihres I~ntstehens an ihre Arbeiter, bezw. Arbeiterinnen) vorzüglich über<br />

dem Rhein im österreichischen Vorarlberg gesucht und gefunden, wie<br />

sich die Stickerei von dort über die süddeutschen Bodenseegegenden<br />

bis zum Schwarzwald hinunter verbreitet hat und erst nach dem Abschluss<br />

der napoleonischen Kriege auch im schweizerischen Rheintal,<br />

dem appenzellischen Vorder- und MittelJand und in Innerroc1en in<br />

grösserem Masstabe aufgenommen wurde. 1)<br />

Ausländische Arbeitskräfte waren es also von jeher, welche den<br />

Grossteil der Grobstickereien anfertigten, die von St. Gallen aus in<br />

den Handel gebracht wurden. Die Vermittlung zwischen dem eigentlichen<br />

Arbeitgeber und dem weit zerstreuten, zahlreichen Volke der<br />

Arbeiter besorgten die sogenannten "Fergger" (Fertiger). Diese nahmen<br />

von dem Kaufmann oder Fabricanten die mit dem Stickmuster<br />

bedruckten Stickböden und das zur Ausführung erforderliche Garn in<br />

Empfang, lieferten die gestickte Ware ihm wieder ab, waren ihm für<br />

Stoff und gute Arbeit verantwortlich und erhielten den vereinbarten<br />

Lohn: ohne Abzug bei guter Arbeit und guten Zeiten, zuweilen auch<br />

bei schlechter Arbeit und guten Zeiten; mit entsprechendem oder<br />

auch nicht entsprechendem Abzug bei schlechter Arbeit und schlechten<br />

Zeiten, zuweilen auch bei guter Arbeit und schlechten Zeiten. Wo<br />

der Fergger sich seine Arbeiter aussuchte, wie er mit ihnen verkehrte:<br />

das war lediglich seine Sache. Der wirkliche Arbeitgeber und der<br />

Arbeiter kannten sich nie und hatten nicht die geringste Beziehung<br />

zu einander. So gieng es früher und so geht es im grossen und ganzen<br />

noch heute 2), und so ist die Kettenstich - (Crochet-) oder Grobstickel'ei<br />

die ganze Zeit übel' in der Hauptsache eine Hand- und Haus-Industrie<br />

geblieben, und zwar eine solche, welche nicht das ganze Jahr hin-<br />

1) S. lb.ndel und Industrie auf Ende 1866, S. 100. 160. 377. - Im Rheintal scheint allerdings<br />

auch schon in den letzten Jfthrzehnten des 18. Jn.hrhunderts viel gestickt worden zu sein.<br />

2) Zu bemerken ist dabei nur, dass sich, vornehmlich seit der Aufnahme der Vorhangf:tickorci,<br />

der selbständige Fabricant als JYIittelglicd zwischen den Kanf'lllann und Fergger gestellt<br />

hat und in der Hegel als solches anerkannt und benutzt wird. Die Mehrz[thl dipseI' Fabricanten<br />

sitzt in dem Appenzcller Vorderlmld und hat dort anch eino locale Mittelstelhmg zwisehen<br />

der Handelsstadt St. Gallen und den überrheinischen Arbeitern inne.


132<br />

lllflll~trie der UlJwlJ1JL~. - Die ~t. gldli~lJh() Bl\l1111wollimln~trilJ.<br />

durch gleichmüssig betrieben, sondern über den Sommer gl'ossenteils<br />

mit der mannigfachsten anderweitigen Arbeit vertauscht und erst im<br />

Spätherbst wieder hervOl'genommen wird. Die übel' den Winter angefertigte,<br />

grosse Masse der Ware kömmt im Frühjahr zur Versendung.<br />

Die Einhaltung ganz genauer Lieferzeit für grössere B estenungen<br />

wal' unter diesen Verhältnissen immer eine schwache Seite der Grobstickerei<br />

und die Begebung grösserer Aufträge übel' den Sommer mLhezu<br />

eine Unmöglichkeit. Erst in neuester Zeit hat die Einführung llndrasche<br />

Vel'breitung der einnacUigen Kettenstichmaschine wenigstens insoweit<br />

eine Änderung gebracht, als diese ziemlich teure Maschine nicht so<br />

leicht für mehrere Monate einfach in den Winkel gestellt wird, wie der<br />

Stickrahmen oder '1 1 am bour. Vollends wo eine grössere oder ldeinere<br />

Zahl einmtclliger oder gar mehrnadliger Maschinen zu einem fabrikmässigen<br />

Etablissement vereinigt wurden, suchte man diese selbstverständlich<br />

das ganze Jahr hindurch gleichmässig zu beschäftigen.<br />

Solche Ansammlungen von Kettenstichmaschinen hat es aber überhaupt<br />

nie viele gegeben; und die Mehrzahl derselben vvurde nach kurzem<br />

Bestanc1ewiecler aufgelöst, weil sich eben nur zeit- und ausnahmsweise<br />

volle Beschäftigung für sie fand.<br />

Einen wesentlichen Einfluss auf den Bestand und die ganze Physiognomie<br />

der Crochetstickerei hat die einnadlige Maschine dadurch<br />

ausgeübt, dass sie seit Anfang der Siebziger-Jahre für die eigentlichen<br />

Massenartikel immer mehr an die Stelle der Handarbeit trat und dass<br />

durch die annähernd dreifache Leistung der Maschine iln Vergleich zu<br />

der Hand bei almelllnendem Bedarf eine Menge Arbeitskräfte für diesen<br />

Industriezweig entbehrlich wurden und sich meist der aufsteigenden<br />

Maschinenstickerei in Plattstich znwimdten. Eine gründliche Umwandlung<br />

b::Lhnte sich in dieser Beziehung gegen den Schluss des letzten<br />

Jahrzehnts im Vorarlbel'g an, wo in den Berggegenden die bisherige<br />

Handarbeit in merkwürdig raschem Übergange grossenteils durch die<br />

einnadlige Kettenstichmaschine, in dem 111- und Rheintale durch die<br />

Plattstichmaschine ersetzt wurde. Es ist dabei freilich zu beachten,<br />

dass im Vorarlberg von jeher die eigentliche Massenware der Grobstickerei<br />

in Monsseline angefert.igt wurde, die sowohl


134<br />

Industrie eier Gewebe. - Die st. gnJlische IhUlllwollindustrie.<br />

gestickte Mousseline für Möbel, Vorhänge und Kleider beim Eintritt<br />

nach Frankreich für die nächsten zwei Jahre einen Zoll von 15 0/0<br />

des Wertes bezahlen sollten, nachher noch einen solchen von 10 0/0.<br />

Dadurch wurde unsern Artikeln der Crochetstickerei der so lange verschlossene<br />

französische Markt wieder zugänglich, für welchen diese<br />

Industrie bis zu den rfagen des ersten Kaiserreichs ha,uptsächlich gearbeitet<br />

hatte, an dem sie gross geworden war. Schon zu dem Zollansatz<br />

von 15 % war es ihr durch ihre billige Handarbeit möglich,<br />

neuerdings festen Fuss in Frankreich zu fassen. Die Ermässigllng<br />

auf 10 0/0 vollendete ihre Überlegenheit übel' die einheimische Con­<br />

CUlTenz, so dass Frankreich in kürzester Zeit einer der wichtigsten,<br />

wenn nicht der wichtigste Kunde für unsere gestickten Mousselinevorhänge<br />

aller Art wurde. Durch das Hinzutreten dieses neuen Factors<br />

steigerte sich der Begehr nach den Producten der Grobstickerei d8l'­<br />

massen, dass Preise und Löhne rasch in die Höhe giengen und alle<br />

Hände vollauf beschäftigt waren. In der Freude an diesen Erfolgen<br />

übersah man aber nur zu lange die eben (1::tmals im Stillen bedrohlich<br />

heranwachsende Gefährde durch die Vorlumgweberei von Nottingham<br />

oder legte ihr doch nicht das gebührende Gewicht bei. Und als<br />

sich diese Concurrenz um die Mitte der Siebziger-J ah1'e nicht mehr<br />

bloss in England , sondern auch a,uf verschiedenen a,nc1eren Märkten<br />

höc.hst unangenehm fühlbar zu machen begann, da hatte inzwischen<br />

die französische Stickerei in der einnacUigen Kettenstichmaschine dcl,s<br />

Werkzeug erlangt und handhaben gelernt, durch welches sie befähigt<br />

wurde, den Kampf um den einheimischen Markt mit Erfolg wieder<br />

O"eO'en uns aufzunehmen. Von da an rlatirt sich zuerst der Stillstand,<br />

b b<br />

dann ein langsamer Hückgang unserer Grobstickerei, der schliesslich<br />

in eine förmliche Krise auszuarten drohte, als die neue Schutzzollpolitik<br />

unserer Nachbarn genl,de die Erzeugnisse dieses Industriezweigs<br />

vorzüglich mit ganz oder fast prohibitiv wirkenden Sc.hutzzöllen traf.<br />

Im Jahre 1879 traten die erhöhten Ansätze des neuen italienischen<br />

und deutschen Zolltarifs für uns in Kraft; im folgenden Jahre kam<br />

in Frankreich der neue allgemeine rfarif unter Verhältnissen zu stande,<br />

die eine Hettung des französischen Marktes für die Kettenstichartikel<br />

Grobstickerei.<br />

135<br />

durch den nachfolgenden Handelsvertrag schon mit voller Sicherheit<br />

. als eine Unmöglichkeit voraussehen liessen.<br />

Es wal' daher mehr als genügender Grund vorhanden, dass die<br />

Vertreter der Grobstickerei in sehr gedrückter Stimmung in das neue<br />

Jahrzehnt eintraten, welches ihnen ringsum nur trübe Aussichten<br />

eröffnete. Der einzige tröstliche Gedanke bei allem Missgesc.hick lag<br />

darin, dass wenigstens in dieser Industrie keine grossen Capitalien<br />

festgenagelt sincl, die durch den schlechten Geschäftsgang gefährdet<br />

werden.<br />

Der Maschinenstickerei in Plattstich nacheifernd hat sich, wie schon<br />

angedeutet, die Maschine auch der Kettenstich- oder Crochet-Stickerei<br />

zn bemächtigen gesucht. In einnaclligen und vielnad1igen Maschinen<br />

wurden mit grosseI' Auschmer die mannigfaltigsten Versuche gemacht<br />

und viel Sinnreiches zu tage gefördert, das sich indes praktisch nur<br />

teilweise bewährte.<br />

Die ersten einnadligen Kettenstichmaschinen wurden (im Jahr 18651)<br />

von dem Mechaniker Hartmann in Trogen 1) angefertigt. Einer seiner Arbeitel',<br />

Schatz von W eingal'ten, brachte wesentliche Verbesserungen an<br />

denselben an, nahm in Deutschland das Patent auf die Erfindung und<br />

begann sie an seinem Heimatsort geschäftsmässig auszubeuten. 2) Die<br />

ursprünglich Hartmann'sche Maschine geht c1::tr1er gevvöhnlich uuter dem<br />

N amen von Schatz. Fast gleichzeitig löste auch Bonnaz in Paris das<br />

Problem, trat aber seine Erfindung käuflich dem Mechaniker Cornily ab,<br />

der die nun bald nach ihm, bald nach B0l1llaZ genannte Maschine im Jahre<br />

1868 zum ersten Male JUtch St. Gallen brachte. Beide Maschinen beruhen<br />

in der Hauptsache auf dem Princip der gewöhnlichen rfret-Nähmaschinen,<br />

das den Erfordernissen des Kettenstichs angepasst wurde.<br />

Ihr Hauptllnterschiec1 best.eht darin, dass bei dem System Schatz der<br />

1) Seither in Amerika verstorben.<br />

2) Auf der Hartnmlln'schen Maschine wurde der zu bestickende Stoff in der Breite von 14/4<br />

übel' zwei Walzen gespannt, von welchen 81' vorzu ll,bgerollt werden konnte; das Nadelfeld wal'<br />

nur circa 50-60 Cln. breit. Bei diesel' Einrichtung wal' der Stickboden nicht straff und fest<br />

genug gespannt, so dass z. B. bei Bordüren der Guipüre-liand mit Papier unterlegt werden musste,<br />

um bestickt werden zu können. Sclmtz half diesem Hauptübelstande der Hartmann'schen Maschine<br />

dadlll'ch "h, dass er den Sticlrboc1en in der Brcite des Nadelfeldcs auf eine feste Rahme spannte.<br />

Maschinell<br />

lCh",adUge.


136<br />

Industrie der Gewebe. - Die st gallische Bil.ull1wollindust.rie.<br />

Stickboden fest aufgespannt und die Hackennadel gewisser massen III<br />

zwei Teile zerlegt ist, indem der Faden durch eine gewöhnliche Nadel<br />

von unten herauf durch den 'aufgespannten Stoff geführt und oben<br />

durch das an einem kleinen Cylinder angebrachte Häckchen gefasst<br />

und festgedreht wird, während die Stickerin mit diesem Cylinder dem<br />

aufgedruckten Mllster nachfährt; dagegen geht die HfLckennadel bei<br />

dem System Bonnaz einfach auf und nieder, indem sie durch eine<br />

unter der Platte angebrachte Kurbel in die richtige Stellung zu dem<br />

Muster gebracht, der Stoff aber durch das bei der Nadel angebrachte<br />

sog. "Füsschen", nötigenfalls mit Nachhülfe der Stickerin, unter die<br />

N adel geschoben und so gedreht wird, wie es das Muster verlangt.<br />

Es bedurfte längere Zeit, bis sich diese Maschinen in unserer<br />

Stickerei einbürgerten; obschon sie quantitativ das MehrffLche der Handarbeit<br />

leisten, da eine geübte Stickerin ohne Schwierigkeit täglich drei<br />

Schneller ventrbeitet. 1 ) Die zuerst ablehnende Haltung gegen die einnacUige<br />

Stickmaschine erklärt sich nicht allein aus dem Schwergewicht<br />

der lieben Gewohnheit, welche zunächst allen Neuerungen in einem<br />

complicirten Geschäftsbetriebe widerstrebt, sondern auch aus dem für<br />

den einzelnen Arbeiter doch ziemlich hohen Preise der Maschine 2) und<br />

noch mehr aus einzelnen unleugbaren Nachteilen, welche ihr im Vergleich<br />

zur Handarbeit anhaften. Die Umrisse können bei reichen und<br />

feinen Mustern mit der Maschine zum Teil überhaupt nicht, zum Teil<br />

wenigstens nicht ebenso rein und sicher ausgeführt werden, wie von<br />

einer geschickten Hand, besonders ist es der Schatz - Maschine nicht<br />

möglich, saubere Blattspitzen und ähnliche Formen auf den Stoff zu<br />

bringen; die schwache Seite der COl'l1ely-Maschine liegt vorzüglich in<br />

den Füllungen, welche durch die Bleiche und AppretLlr auseinander gezogen<br />

werden und dann nicht mehl' voll decken. 3) Femel' gibt es weit<br />

mehl' Beschädigungen des Stoffs und infolge dessen so viele Neben-<br />

') Bei ausnahmsweise g'ünstigen JliIustel'll soll die ttiglicho Leistung sogar auf 4 und 4 ' /.<br />

Schneller gebmcht werden können.<br />

2) Die COl'l1ely-Maschine kostete zuerst Fr. 600 (jetzt kaum noch mehl' als die Htilfte);<br />

der Preis der Schatz-Maschine stellte sich von Anfang an nur i1uf etwa Fr. 300.<br />

") Bei farbigen Stickereien, die nicht gebleicht und i1ppretirt werden, mllt diesel' Nachtpil<br />

lmtiirlich weg.<br />

Gro bstickorei. ] 37<br />

kosten für Verweben und Nachsticken, (1:1ss durch dieselben nicht selten<br />

der geringere Sticklohn mehr als ausgeglichen wird. Dagegen ermöglicht<br />

die Maschine die Verwendun9' allel' Garnsorten auch der O'anz<br />

eJ 'b<br />

feinen, sowie regelmässige und rasche Lieferung und deswegen die<br />

Übernahme gl'össerer Bestellungen ohne Rücksicht auf die Jahreszeit.<br />

Ein weiterer Vorteil der Bonnaz-Maschine besteht darin, da,ss sie vermittelst<br />

einer einfachen Verstellung der Nadel auch für den Moos-Stich<br />

verwendbar ist. Die einnacUige Maschine er~wies sich daher im allgemeinen<br />

brauchbar für leichte Mousselinestickerei und für die rohere<br />

Guipüre-Application mit fortlrtufenden Mustern, bei welchen nicht oft<br />

a.bgesetzt werden muss, und hat sich in der zweiten Hälfte der Siebziger­<br />

Jahre wirklich der Massenartikel auf Mousseline und Guipüre (Colonnen,<br />

Vitrages, Bordüren und Vorhänge) fast ausschliesslich bemächtigt.<br />

Feinere Stickereien aber, besonders reichere Tüllrideanx, blieben meist<br />

der Ha,ndarbeit vorbehalten; wie überhaupt heute noch Käufer, die auf<br />

vollständig tadellose Arbeit halten, für reichere Ware von Maschinenarbeit<br />

nichts wissen wollen und deren Producte gänzlich zurückweisen.<br />

Veredelnd Imt die einnac1lige Maschine jedenfaJls nicht auf die Crochetstickerei<br />

eingevvirkt. Da sie ferner überall aufgestellt und nach kurzer<br />

Einübung der Arbeiter in Betrieb gesetzt werden kann, entzieht sie<br />

nns gl'ossenteils den Vorteil der eigentümlichen, trotz ihrer a.nscheinenden<br />

Complicirtheit sicher ineinander greifenden Organisa.tion unserer<br />

Handarbeit und der überlieferten Schulung unserer Arbeiter und erleichtert<br />

die Verpflanzung diesel' Industrie in andere Litnc1er ..-<br />

Die<br />

Möglichkeit, feinere Specialartikel mit der einnadligen Maschine herzustellen,<br />

ist in nenester Zeit allerdings auch von einzelnen Fabricanten<br />

unse1'S Industriegebiets bewiesen worden, nachdem ma.n längere Zeit<br />

von der Überlegenheit der französischen Maschinenstickerei in Kettenstich<br />

gehört hatte. Allein dafür braucht es dann sorgfältig ausgebildete<br />

und gutbezahlte, unter der unmittelb~tl'en Anleitung und Aufsicht<br />

des Fabricanten arbeitende Stickerinnen.<br />

Für die Bonnaz- oder Cornely-Maschine ist seither auch ein besond~rer<br />

Feston- und Soutache-Apparat eingeführt worden. Überhaupt<br />

hat diese Maschine die Schatzische auf die Seite gedrängt und herrscht<br />

18


Mchl'nntlligc.<br />

138<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Bmunwollindustrie.<br />

nun m unserer Grobstickerei vor. Es wird angenommen, dass sich am<br />

Ende unserer Berichtszeit die Production von Hand und diejenige mit<br />

der einnacUigen Maschine ungefähr die Wage gehalten haben.<br />

Eine m ehrnadlige Kettenstichmaschine wurde zuerst von Hrn. E1'Jtst<br />

Bmtrry aus St. Gallen erfunden. Zur Ausführung seiner Idee wandte<br />

sich Hr. Bourry im Jahre 1866 an die Firma J. J. Rieter in vVintertur.<br />

Es bedurfte indes dreijähriger Versuche, bis in der mechanischen -Werkstätte<br />

dieser Firma, in Töss befriedigend arbeitende Maschinen na,ch<br />

dem Bourry'schen Princip hergestellt waren. Dem Markte konnten die<br />

ersten im Jahre 1870 übergeben werden.<br />

Diese vielnacllige, sehr complicirte Kettenstichmaschine gleicht im<br />

aJlgemeinen der Pla,ttstichmaschine mit einer Nadelreihe. Der 7/4 breite<br />

Stoff wird in gleicher Weise, wie bei dieser, vertical aufgespannt und<br />

durch einen Kurbelpantograph mit Transporteur jeweilen nach dem<br />

Muster dirigirt; gleichzeitig werden durch die Bewegungen der Kurbel<br />

auch die Nadeln fortwährend in die richtige Lage zu dem Stofre, bezw.<br />

dem Muster gebracht und vorwärts und rückwärts in Bewegung gesetzt.<br />

Die Sticklänge ist 3 1 h Stab; die Nadelapparate arbeiten in horizontaler<br />

Richtung, können in der Zahl von 8-30 aufgesetzt, der Rapport<br />

a,lso je ni:1,ch Bedürfnis in der Breite von ca, 5-20 Zoll genommen<br />

werden. Das Aufdrucken der Muster fällt ganz weg. Ein Übelsta,nd<br />

haftete dieser Maschine zuerst noch darin an, dass der lange Hacken<br />

der dicken Nadel bei der Rückwärtsbewegung auf mechanischem Wege<br />

in eine an der Nadel angebrachte Rinne gepresst werden musste, um<br />

den Stickboden nicht zu verletzen, und sehr energische Risse in denselben<br />

machte, wenn der Apparat nicht ganz gut functiOllirte oder<br />

gar der Hacken brach. Später wurde diesem Übelstande abgeholfen.<br />

N eben der mehrnaclligen Rieter-Maschine wurde von anderer Seite<br />

anfangs der Siebziger-J ahre in der mechanischen Werkstätte St. Georgen<br />

bei St. Gl:"tllen eine ähnliche Ma,schine construirt, welche wesentlich<br />

aus einer Reihe (15) horizontal neben einander liegender, ebenfaJls<br />

durch den Kurbelpantograph mit Transporteur in Tätigkeit gesetzter<br />

Bonnaz - Maschinen besteht. Eine teure Maschine, deren Preis sich<br />

auf etwa Fr. 6GOO stellte, wtLhrend die Bourry-Rieter-Maschine auf<br />

Gro bstickerei. 139<br />

Fr. 5000 zu stehen kam. - Obschon nun die mehrnadligen Kettenstichmaschinen<br />

na,ch diesem System im Laufe der Zeit erhebliche Vereinfachung<br />

und verschiedene Verbesserungen erfuhren,l) erlangten sie<br />

doch nie eine grössere Verbreitung, eimmtl wegen der Concurrenz der<br />

im Verhältnis zu dem Preise wenigstens ebenso leistungsfähigen und<br />

viel beweglicheren einnadligen Maschine; sodmm weil diese grossen<br />

Maschinen eigentlich nur für die Specialartikel, wie Krägen, Cravatten<br />

u. drgl., mit besonderem Vorteil zu verwenden waren, solche Specialartikel<br />

c"tber nur zeit- und stossweise in grossen Quantitäten begehrt<br />

sind; endlich und hauptsächlich, weil durch den Rückgang der Grobstic<br />

kerei in den letzten Jahren die Löhne der H ausarheit dermassen<br />

heruntergedrückt wurden, dass ein Fahrikbetrieb mit so kostbaren Maschinen<br />

daneben nicht mehr aufkommen konnte. Von den vielleicht<br />

30-40 vielnaclligen Mctscllinen mit liegenden Nctdeln ist daher eine<br />

Anz~thl schon seit längerer Zeit gänzlich in den Ruhestand versetzt<br />

worden, und auch die übrigen erfreuten sich desselben mehr oder<br />

weniger, je nach dem Geschäftsgang.<br />

Etwas besser ergieng es einer zuerst sechs-, cbnn vier-, später<br />

auch zweinadligen Kettenstichmaschine, die im wesentlichen aus ebenso<br />

vielen, etagenweise übel' eim1,l1der liegenden Schatz-Maschinen besteht.<br />

Während nun die Stickerin auf dem obersten Boden dem aufgedruckten<br />

Muster nachfährt, werden die drei unteren Böden ohne ihr Zutun durch<br />

Transmission in gleicher vVeise bestickt und wiederholen dasselbe Muster.<br />

Diese Maschine wurde zuerst mit Hülfe des oben erwähnten Mechanikers<br />

Hartmann von Bdlwillel'-111m'7c in St. Gallen constl'1lirt, ist bedeutend einfacher<br />

und nicht bloss für Mode-Artikel, sondern auch für die V ol'hangfn,brication<br />

~mf 'l\tll oder Mousselino sehr wohl geeignet; freilich inner­<br />

Imlh der Schranken, die überhaupt für die einm"tdlige Maschine gelten.<br />

Da auf diesel' mehl'l1aclligen Maschine eine geübte Stickerin mit Leichtigkeit<br />

8--9 Schneller täglich verarbeitet, also etwet das Acht- bis Neunfache<br />

einer Handstickerin und annähernd das Dreifache einer einnad-<br />

') Um solche hat sich Herr Ebnete}' zum Adlerberg bei St. Gallen in Verbindung mit<br />

dem Mechaniker Herrn JJ[a[tg von BühLeh verdicnt geumcht und 1878 in Paris eine wesentlich<br />

vercinfachte Maschine ausgestellt.


Qualitative<br />

Ill'odnction.<br />

VOl'hallg'stickCl'ci.<br />

140<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Bamnwollindustrie.<br />

ligen Maschine leistet, hätte die Erfindung voraussichtlich eine Zukunft<br />

gehabt, wenn die Vorhangstickerei in Flor geblieben wäre. Bei elen<br />

neuesten Arbeitslöhnen der Hand- und Haus-Stickerei aber kann der<br />

Vorteil dieser Maschine nur noch auf circa 10 - 15 0/0 angeschlagen<br />

wel'clen; denn er wird nicht bloss durch den teurel'l1 Fabrikbetrieb<br />

und die Anlagekosten beeintTächtigt, sondern a,uch dadurch, dass die<br />

Maschine die Muster kräftiger ausführt und deswegen erheblich mehl'<br />

Garn bedarf, als die Handarbeit. Und auch dieser bescheidene Vorteil<br />

trifft nur für reichere Muster zu; die gewöhnliche lVIousseline- und Applications-Stickerei<br />

muss doch der einnadligen Maschine überlassen bleiben. 1)<br />

Alle mehl'l1aclligen Maschinen werden von vVasser oder Dampf getrieben<br />

und bedürfen einer sehr geringen bewegenden Kraft.<br />

Die Kettenstich- oder Grob-Stickerei teilt sich natnrgemäss ll1 die<br />

drei Gruppen der Vorlmngstickerei, der sogeml,nnten Colonnenstickerei<br />

und der Stickerei der Mode-, Confectiol1s- oder Specütl-Artikel.<br />

Weitaus die wichtigste diesel' drei Gruppen ist die V orhangstickel'ei.<br />

Ausgegangen von der Bestickung von Mousseline, hat sie hel'nach auch<br />

die Tüll- und Guipüre-Gewebe zu Stickböden benutzt und schliesslich<br />

in der Verbindung von Mousseline mit Tüll und Guipüre durch die<br />

sogenannte Application eine gl'osse Mannigfaltigkeit hervorgebracht. 2)<br />

Stores, abgepcl,ssto und nichtabgepasste RidmLUx, Vitrages und Lambrequins<br />

kamen in den verschiedensten Mustern und Stoffen auf den Markt. 3)<br />

1) vVir wollen nicht unterlassen, hier noch beizufügen, dass sich va)' Hm·tmann und<br />

DOl1lm~ auch dor Mechmüker Sonderfyycr im Itudel'h,wh bei Rhcinegg' mit der Constmction<br />

eimmdligel' und scehsnadliger Maschinen 11


142<br />

Indu~trie der Gewebe. - Die Ht. gallische BaumwoUindustrie.<br />

Grobstickerei.<br />

143<br />

Colonnell.<br />

Wie es m solchen Fällen gewöhnlich zu geschehen pflegt, suchte SIe<br />

zunächst ihren Ha,ltpunkt gegen die neue Concurrenz nicht in der sorgfältigen<br />

Pflege der mLtürlichen Vorzüge ihrer Erzeugnisse, in der möglichsten<br />

Aneignung der Vorzüge des Gegners, soweit diese auf die eigene<br />

Fabrication übertragbar waren, und in dem entschlossenen Preisgeben<br />

des bei näherer Prüfung als unhaltb~tr Erkannten, sondern weit mehl'<br />

in möglichster Unterbietung dmch die Verwendung ganz geringer Böden,<br />

ebenso geringe garnsparende Muster und ähnliche Künste. Bald machte<br />

sie sich aber doch auch daran, mit Benutzung der Kräfte der Zeichnungsschule<br />

und des reichen Materials, das sich in dem 1877 gegründeten<br />

Industrie- und Gewerbe-Museum ansammelte, ihre lange völlig<br />

stationär gebliebene Musterzeichnerei aufzufrischen und sich in verschiedenen<br />

neuen Genres zu versuchen; nicht ohne jedes Gelingen, 1)<br />

doch ohne durchschlagenden Erfolg, so dass das mit allel' Anstrengung<br />

neu Errungene bisher auch nicht von ferne Ersatz für das Verlorne<br />

bietet. Überdies stand das Schlimmste, der fa8t gänzliche Verlust des<br />

französischen Markts, am Schlusse unserer Berichtszeit erst noch bevor.<br />

Damit trat dann allerdings für die Vorhangstickerei in Mousseline<br />

eine förmlidle Katastrophe ein. Nicht ganz so schlimm ergieng es<br />

den applicirten Vorhängen, welche glücklicherweise in N ordamerilnt<br />

aufgenommen wurden,2) und am erträglichsten kamen die sehweren<br />

Tüllvorhänge weg, die für N ordamerilm immer verlangt blieben und<br />

neuestens auch auf emopäisehen Märkten eher Eingang finden.<br />

Je mehr die Bedrängnisse der V O1'1uwgstickerei anwuehsen, desto<br />

mehr warf sich die Grobstiekerei auf die für den indischen Markt<br />

bestimmten sogenannten Co10nnen: in schrägen Streifen bestickte, für<br />

Kleider verwendete Mousselinegewebe der mittleren (~ualitäten, etUCh<br />

Tüll,3) fast dmchgehends weiss auf weiss. Für die Anfertigung dieses<br />

einfaehen Massenartikels war allerdings die einnadlige Maschine wie<br />

besonders erfunden. In Verbindung mit den unerhört billigen Mous-<br />

1) Eine Specialausstellung für Kettenstichstickerei, welche das kaufmi:Lnnische Directorium<br />

im Mai 1880 veranstaltete, zeigte schon mmmigfache Ansi:Ltze zum Bessern.<br />

2) Ohne Zweifel mUt daneben auch in Betracht, dass die mit der Application verbum1ene<br />

Arbeit des Ausschneidens die Übertragung diesel' Stickerei etwas weniger leicht und einfr,ch macht.<br />

B) Ca. 80 % in MOllsseline, ca. 20 % in TinL<br />

selinepreisen der letzten Jahre und. den ebenso niedrigen Arbeitslöhnen<br />

brachte sie die Preise der Colonnen so weit herunter,1) dass ihr Verbrauch<br />

ganz erheblich zunahm und dass zeitweise, trotz der Überflutung<br />

des indischen Marktes mit Consignationsware, von dem Exportem<br />

und dem Agenten ordentlich verdient wurde, während freilieh<br />

der auf dem hiesigen Markte verkaufende Fabricant stets mit<br />

der magersten Bezahlung und der Arbeiter mit dem geringsten Lohne<br />

vorlieb nehmen mussten, die kurzen Zeiträume ausgenommen, in welchen<br />

ein Confeetions- oder Specialartikel eine grössere Anzahl von<br />

Maschinen beschäftigte und von der Colonnenstickerei abzog.<br />

Solche Artikel tauchen indes nur spärlich ~tuf und verschwinden<br />

in der Regel ebenso schnell, als sie aufgetaucht sind, seit die intensive<br />

Tätigkeit der Maschine die Möglichkeit bietet, jedem Begehr sofort<br />

im vollsten Masse zu entsprechen und eine Menge für die V 01'­<br />

lmngstickerei freigewordener und von der Colonnellstickerei elend bezahlter<br />

Arbeitskräfte jeden Augenbliek zur Verfügung stehen, um eine<br />

etwas besser lohnende Specialität auf das rücksichtsloseste auszubeuten.<br />

Eine Vorsaison, in welcher die Neuheit in guter Qualität in Zug kömmt,<br />

eine Hauptsaison, in welcher sie in allen Quantitäten leichten Absatz<br />

findet, eine Nachsaison, in welcher sie in miserabler Qmtlität mit Not<br />

an den Mann gebracht wird: das ist in neue ster Zeit das beste Sehicksal,<br />

das sie erwartet.<br />

Es ist ganz bezeiclmend, dass sich diejenigen Nebenartikel, welche<br />

schon in der Zeit der vollbesehäftigten Vorhangstickerei und vor der Verbreitung<br />

der einnacUigen Maschine eine bedeutende Rolle spielten: die<br />

unter dem sonderbaren Namen "Antimacassars" oder" Tidies" in den<br />

Handel gebrachten Sehutz- oder SesselJrücher, überhaupt Möbeldecken<br />

jeder Art, sowie die Vorhanghalter (embrasses), Jahre hindmch lebhaft<br />

begehrt blieben und lohnende Beschäftigung boten; während die<br />

in der zweiten Hälfte der Siebziger-J ahre und anfangs der Achtziger-<br />

Jahre auftretenden, grossen Modeartikel der Damencravatten in Ketten-<br />

1) Zu beachten ist auch, dass für die Colonnen sehr lange Lieferzeit gewi:Lhrt werden<br />

kann, weil sie nur eine kurze Saison haben. Die Hauptmasse kömmt ntimlich in den letzten<br />

MOlmten des Jahrs zur Versendung und in den ersten des folgenden J[thres an Ort und Stelle<br />

zum V 8rkauf.<br />

Specialul'tikel.<br />

Schlltzllichev.


QnrLllUtrttive<br />

I .. eistullg.<br />

Almatzgf'biC"te.<br />

14:4<br />

Industrie der Gowebl!. - Die st. go,llische J=hunnwollindustrie.<br />

und Moos-Stich und die Kragen in Application und Spachtel arbeit sich<br />

einer ausserordentlich kurzen Blütezeit erfreuten. - Neben den genannten<br />

drei Hauptartikeln der Confectionsstickerei sind noch zu erwähnen:<br />

elie Lampenunterlagen, die schweren rreppiche und Portieren<br />

in bunter Moos-Stickerei, verschiedene Mouchoirs mit Crochetstickerei;<br />

als kleinere Artikel, die zeitweise eine Anzahl Maschinen und Hände<br />

beschäftigt haben und noch beschäftigen. - Gar nicht unwichtig ist die<br />

Rolle, welche die einnacllige Kettenstichmaschine in elen Confectionsgeschäften<br />

für D~\.l11en - und Kinderkleider spielt. Da sind es hauptsächlich<br />

die Schürzen, welche durch die mannigfaltigste, oft bei aller<br />

Einfachheit recht geschmackvolle Verzierung mit Stickerei für den einheimischen<br />

Verbrauch ein Artikel von ungeahnter 'Wichtigkeit geworden<br />

sind und kaum mehr ohne solche Verzienmg getragen werden.<br />

Übel' die quantitative Production der Kettenstich- oder Grobstickerei<br />

ist mit auch nur mmi.tbernde1' Sicherheit in Zahlen nichts zu<br />

sagen. Erst seit wenigen Jahren bietet die Sönderung dieser Stickerei<br />

und derjenigen in Plattstich im Verecllungsverkehr einen gewissen Anhaltspunkt,J)<br />

und erst mit dem 1. J~Lmutr 188;") ist endlich nach langen<br />

Mühen eine schweizerische Ansfuhrstatistik erreicht worden, die von<br />

da, iiLn Auskunft erteilen wird. SMnden uns Zahlen fÜT eine Htngere<br />

Reihe von Jahren zur Verfügung, so würden sie sehr wahrscheinlich<br />

dem Gewichte nach einen geringeren Rückgang aufweisen, als man<br />

anzunehmen geneigt ist, weil die Zunabme der Colollnenstickerei quantitn,tiv<br />

eülen Teil des Ausfalls in der Vorhangstickerei wieder erset7.t<br />

haben mag. Darin liegt indes ein sehr schwacher Trost.<br />

Die Absatzgebiete der Grobstickerei erstrecken sich so zu sn,gen<br />

übel' alle in den europiüschen CnlturfOrlllen lebenden Länder. Von den<br />

übrigen kömmt nur Vorderindien ernstlich in Betracht, seit die einst<br />

nicht unbedeutende Bnntstickerei für den Orient (Persien und die 'rürkei)<br />

fast gänzlich aufgehört hat.<br />

') Nach den unvollständigen, uns zur Verfügung stehenden Zahlen WtLre der Verecllnngsverkohl'<br />

in Grobstickereien in clen Jrtln'ell 1880---·1884 von ca. 4000 lwf Clt. 3300 Doppelcontner<br />

zurückgegangen.<br />

Gro bstickerei.<br />

Als Kunde für die Vorhangstickerei auf Mousselin8, sowohl in<br />

der Form von abgepassten Fenstergardinen (Iüdeaux und Stores), Bettvorhängen<br />

und Bettdecken, als von Stückware für Vitrages, 1) stand<br />

während der Zeit unserer Berichterstattung ohne Frage Frankreich<br />

in der vordersten Reihe. So sehr hatte nach dem Inkrafttreten des<br />

schweizerisch - französischen Handelsvertrags von 1864 die erste Invasion<br />

der schweizerischen Grobstickerei das bisher in Frankreich mit<br />

dem Monopol für diese Artikel versehene Tarare ttllS dem Felde geschlagen,<br />

dass Tantre selbst sich mit unseren Stickereien versorgte.<br />

Erst mit Hülfe der einnadligen Maschine gelang es - wie schon oben<br />

bemerkt - der französischen Stickerei, neuerdings festen Fuss zu fassen<br />

und der unsrigen Schritt für Schritt wieder Boden abzugewinnen, und<br />

zwar von den bessern und lohnenderen Qualitäten ausgehend. Die wachsende<br />

Überlegenheit des französischen Fabricats übel' das schwei7.erische<br />

wird zu nicht geringem Teile dem Umstande zugeschrieben, dass die<br />

französische Stickerei mit Vorliebe in fabrikmässig geschlossenen Etablissements<br />

betrieben wird, wo die Arbeit besser überwacht werden<br />

kann und in Folge dessen gleichmässiger, schöner und genauel' ausfällt,<br />

freilich auch tem'er zu stehen kömmt, als bei unserer zersplitterten<br />

Hand- und Haus-Industrie; dass aber der Franzose auf gleichmässig<br />

tüchtige Arbeit besonderes Gewicht legt, ist al1gemein bekannt.<br />

Überdies stand Tarare von jeher eine treffliche Ausrüstel'ei 7.u1' Ver~<br />

fügung, was bei dem französischen Markte ebenfalls gar sehr in Betracht<br />

zu ziehen ist. 2)<br />

Die gestickten Tüllvorhänge waren in Frankreich nie beliebt, die<br />

Applications in Form der belgischen Stores nur in N orclfrankreich<br />

ziemlich verhreitet. Erst gegen das Ende unserer Berichtszeit begmmen<br />

auch andere Applications in weitern Kreisen Aufnahme zu finden, als<br />

gerade die bestimmte Absicht Frankreichs zu tage trat, die Umwalld-<br />

') Itanmges, Pois und Fleurs in grössern Mustern; die kleineren lVTmter hatte die Phttstichweberei<br />

ton sich gezogen. Diese Stüokware, meist 7/-, breit, wurde vorzugsweise durch GlLiser<br />

Fabricll,ntcn geliefert und zuerst durch st. gallische Vermittlung, naohher diroct nach l


146<br />

Industrie der Gewebo. - Die st. gallische Baumwollindushie.<br />

lung der Wert- in Gewicht-Zölle bei Anlass des neuen Zolltarifs von 1880<br />

zu benutzen, um unsere Orochetstickerei wo möglich wieder ganz von<br />

seinem Gebiete zu verdrängen; eine Absicht, die es während der ganzen<br />

Dauer der Unterhandlungen über die Erneuerung des Handelsvertrags<br />

consequent im Auge behalten und schliesslich trotz der triftigsten Gegenargumente<br />

und der lebhaftesten Remonstrationen von schweizerischer<br />

Seite in der Hauptsache durchgesetzt und glücklich erreicht hat. 1)<br />

Die eigentlichen Specialartikel fanden in Frankreich keine oder<br />

kaum erwähnenswerte Aufnahme.<br />

Deutschland bezog von den Fabricaten unserer Grobstickerei abgepasste<br />

Mousselinevorhänge, noch mehr Mousselinevorhänge mit Guipüre­<br />

Rand, abgepasst und am Stück, und applicirte Guipüre-Vorhänge, ebenfalls<br />

abgepasst und am Stück, in sehr grossen Quantitäten; Tüllvorhänge nur<br />

in bescheidenen für den Bedarf der reichen Grosstädte. Dieser Absatz ist<br />

durch den deutschen Zolltarif zu gunsten von Sachsen bis auf ein Geringes<br />

ruinirt worden. 2 )<br />

Einer unserer stärksten Kunden für gestickte Vorhänge jeder Art<br />

war bis in die neueste Zeit Italien. Sein Bechtrf vermehrte sich seit<br />

der financiellen Erstarlmng des jungen Königreichs zusehends. Bei<br />

der allgemeinen protectionistischen Revision der Zolltarife, zu welcher<br />

der Abhtuf der ersten Periode der Handelsverträge den Anlass gab,<br />

war aber auch hier wieder unsere Grobstickerei eines der ersten Opfer.<br />

Einigen Schweizer Fabricanten zu liebe, die auf italienischem Boden<br />

mit Hülfe der einnadligen Maschine die Kettenstichstickerei in grösserem<br />

Masstabe einführen, wird unseren Erzeugnissen der Eintritt<br />

teils unmöglich gemacht, teils wenigstens erschwert, und zwar wetteifernd<br />

durch hohe Zollansätze an sich und durch möglichst vexatorische<br />

Anwendung derselben. Was vorläufig noch den Markt behtwptet,<br />

sind besond8Ts die bessern Mousseline- und die feinem Tüll-Vorhänge,<br />

die gewöhnlichen Sorten Guipüre-Application mit Guipüre-Rand, kurz<br />

1) S. ob. S. 134.<br />

2) Der Versuch einzelner Fabricanten, sich den deutschen Markt dadurch zu retton, dass<br />

sie selbst nach Deutschland iibersil1olton, bozw. eine Filiale dort gründeten, die Ware drausson<br />

sticken und auf dem Wegc dos Veredlungsverkehrs in der Schweiz ausrüsten liesscn, hatte nur<br />

sehr geringen Erfolg und wurde nach kurzer Zeit in der Ha,uptsiwhe wieder ll,ufgegeben.<br />

G 1'0 bstickerci. 147<br />

diejenigen Genres, die in It::tlien selbst noch nicht angefertigt werden<br />

können. Doch beginnt dem teurern gestickten Vorhang auch in Oberitalien,<br />

von Mailand ausgehend, das N ottinghamer Fabricat entgegen<br />

zu treten.<br />

Ohne die Nachhülfe einheimischer Ooncurrenz hat auch Spanien<br />

die frühere Vorliebe für unsere gestickten Mousselinevorhänge verloren,<br />

ist indes heute bei dem rec1ucirten Bestand der Vorhangstickerei immer<br />

noch einer unserer grösseren Kunden.<br />

Ziemliche Bedeutung bew::1hrten bis in die jüngste Zeit die Nieclerhmcle:<br />

Holhtnd als Abnehmer von Mousselinevitrages und von Bordiüen,<br />

Belgien für die gleichen Artikel, für alle Arten t1bgepasster Rideaux<br />

und für seine eigenartigen Mousseline-Stores mit t1pplicirtem Mechtillon<br />

und Ranc1. Leider ziehen sich diese wohl1mbenden Kunden als Käufer<br />

gestickter Vorhänge fast gänzlich zurück und wenden sich den gewobenen<br />

englischen, französischen und sächsischen Gardinen zu.<br />

In Russland ist vorzüglich Warschau immer bereit, unsern Kaufleuten<br />

und Fabricanten gestickte Vorhänge jeder Art abzunehmen;<br />

die Z::1hlungsbereitschaft steht aber gerade im umgekehrten Verhältnis.<br />

~- Dänemark und Skandinavien bezogen, meist durch deutsche Vermittlung,<br />

Vitrages und einfache Stückware für Vorhänge in nennenswerten,<br />

reichere abgepasste Vorhänge in sehr unbedeutenden Quantitäten;<br />

legen aber neuestens ebenfalls eine bedenkliche Vorliebe für<br />

die Spitzengewebe an den 1\tg.<br />

Eine gewisse Anhänglichkeit


148<br />

Industrie dlJr Gewebe. - Die st. gallische BllUlllwollindustrie.<br />

Dell wirklichen Ausschlag für die Massenproduction eines Mode­<br />

Artikels der Stickerei geben in der Regel die Vereinigten Staaten von<br />

N ordameriluL. Was dort günstige Aufnahme findet, wird dann aber<br />

sofort mit einer Heftigkeit betrieben, welche die baldige Übertreibung<br />

mit Sicherheit voraussehen lässt. Sehr angenehm hat es unsere Grobstickerei<br />

empfunden, dass die Bevölkerung der Vereinigten Staaten den<br />

gestickten Tüll vorhängen nie ganz untreu geworden ist. Wohl wurden<br />

sie durch die erste Invasion der Spitzenvorhänge ganz gewa,ltig in den<br />

Hintergrund gedrängt, vermochten sich indes auch in der schlimmsten<br />

Zeit doch auf dem Markt zu behaupten und sogar bald einen Teil des<br />

verlorenen Bodens wieder zu gewinnen. Der regelmässige Bedarf des<br />

a.merilmnischen Marktes ist es vor allem, der unserer Grobstickerei die<br />

Verwendl1ng einer bescheidenen Zahl von mehrnacUigen Maschinen mit<br />

mechanischem Betriebe gestattet.<br />

In Mittelamerilm ist der Verbntuch von Grobstickereien seit dem<br />

Abgange der gestickten l1,oben und Slmwls nie mehl' von Erheblich­<br />

Imit gewesen. Höchstens chtss in Mexiko, der Stetdt, kleine Partien<br />

gestickter Mousselinevorhänge und eben gangbarer Specialartikel Absa,tz<br />

finden.<br />

In B:Fasilien n


l~:'~l'~~~l~~:<br />

150<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Bmul1wollinclustrie.<br />

halten vermöge. Das wird kaum viel besser werden, so lange gentde<br />

diejenigen Culturstaaten, welche an kLtnstlerischer Bildung und Geschmack<br />

voranstehen, einerseits unsern Fabricaten den Zugang durch<br />

Protections- und Prohibitions-Zölle erschweren oder verunmöglichen,<br />

Emdel'seits bei der augenblicklich noch in Zunahme begriffenen V 01'­<br />

liebe für spitzen artige oder schwere bunte Stoffvorhänge verbleiben.<br />

Es ist für einmal aus den angedeuteten Ursachen eine Erschhtffung<br />

in die Vorhangstickerei gekommen, die vor einer günstigeren Gestaltung<br />

der äussern Verhältnisse für diese Industrie schwerlich von innen<br />

heraus zu überwinden sein wird. Kann aber diesem vor kurzem noch<br />

so blühenden Zweige unserer Stickerei auch nicht plötzlich neue Triebkl'aJt<br />

eingehctucht werden, so möge wenigstens dafür gesorgt werden,<br />

CÜtSS er nicht gänzlich absterbe. Wirklich verloren ist nur derjenige,<br />

der sich selbst aufgibt.<br />

Aus ctllem bisher Gesagten geht schon zm Genüge hervor, chtss die<br />

Grobstickerei bis gegen die Mitte der Siebziger-Jahl'e für den Kaufmmm,<br />

den Fabricanten und den Arbeiter sehr lohnend wal'; (htsS dann<br />

aber die Einführung der einmtdligen Maschine in Fnmkreich, die wachsende<br />

Concul'l'enz der englischen und französischen Vorhangweberei,<br />

und die allseitigen Zollerhöhungen eine durchgreifende Verminderung<br />

des Absatzes und damit ein Sinken der Preise und Löhne bewirkten,<br />

wodurch die Kettenstich -Stickerei für alle Beteiligten im Zeitraum<br />

weniger Jahre zu einem der undankbarsten Industriezweige hembgedrückt<br />

wurde; die kurzen Lichtblicke der Aufnahme von Specinla,rtikeln<br />

durch die Hauptmärkte ausgenommen. Eine grosse Anzahl von<br />

Fabricanten und Kaufleuten, die bisher ausschliesslich oder hauptsächlich<br />

die Vorhangstickerei und den Verkauf ihrer Erzeugnisse betrieben<br />

hatten, wandten sich nun davon ab und giengen zu der Maschinenstickerei<br />

über. 1 ) Nicht weniger strömten die Arbeiterinnen als ]'ti,dlerinnen<br />

und Nachstickerinnen diesem oder überhaupt einem andern<br />

Industriezweig zu, wo immer es Gelegenheit gab.<br />

1) In Walzenhause~l h~ttte es z. B. 1875 nach sicherer Ang·ltbe 26 Kettenstich-Fltbricltntenj<br />

jetzt vielleicht noch die Hälfte.<br />

Grohstickerei.<br />

151<br />

Die Lohnansätze gestalteten sich ungefähr folgendermassen :<br />

Hltndarbeit auf J\l[ousse1il1e 1867 für den Schneller Fr. --. 75 bis Fr. 1. 10<br />

1872 " 1. 10 1. 40<br />

1880 " -. 70 " ,. -. 90<br />

Tüll 1867 Fr. -. 90 bis Fr. 1. 10<br />

1872<br />

1. 20<br />

1. 80<br />

1880<br />

" "<br />

" " -.90 1. 10<br />

"<br />

Einmtd1ige J\l[ltschine 1872<br />

1880<br />

Fr. -. 90 bis Fr. 1.--<br />

"<br />

" " -.65 " " -.80 1 )<br />

Die StrLtistik der st. gallischen Grobstickerei stellt sich auf das<br />

Jahr 1880 wie folgt:<br />

]'abriken<br />

l\faschiuell<br />

Bezirk BtablissmnelltR Eiulladlig Mehrual1lig<br />

St. Gltllen 1 28 10<br />

'l'abbt 1 126 2 ) 3<br />

Rorsc1mch<br />

Untenheintlt1 2 12 13<br />

Obenheinb1<br />

Werdenherg<br />

Sal'gans<br />

Obertoggenburg<br />

Nontoggenhurg<br />

A1ttoo'o'enhuro'<br />

bb<br />

t1<br />

Untertoggenburg<br />

Wi1<br />

GOSSltU<br />

4 166 26 3 )<br />

l\faschillCll<br />

Hausindustrie<br />

Handarbeit<br />

Eiulladlig lYlehl'llac1lig {ohne IVlaschillC)<br />

54<br />

42<br />

111<br />

148<br />

204<br />

9<br />

51<br />

1<br />

1<br />

2<br />

4<br />

6<br />

633<br />

6<br />

2<br />

4<br />

12<br />

50<br />

331<br />

662<br />

60<br />

5<br />

56<br />

1<br />

1165<br />

Fergger<br />

Der Kanton Appenzell wies in 4 Fabriken 57 eimmdlige 4) und<br />

20 mehrnadlige Maschinen auf, 208 einnadlige Maschinen und 226 I-Iandstickerinnen<br />

ohne Maschinen in der I-Iausindustrie. Von den drei Bezirken<br />

des V O1'arlberg können wir nur berichten, dass sie zusammen<br />

1232 einnadlige Maschinen besassen (nämlich Bregenz 624, Feldkirch<br />

553 und Blndenz 55) und dass daneben in dem einen Bezirk Bregenz<br />

1) Dis zum hhr Ul84 sltnken die Löhne auf 50-80 Rappen für Mousse1ine- und 70 Rp.<br />

bis Fr. 1. 10 für Tüllstickerei von Ibncl; 50-70 Rp. für elie oimmcllige J\l[ltschine.<br />

2) Darunter 2 l


152<br />

Industrie der Gewebe. "-- Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

1655 Hand-Sticker und -Stickerinnen gezählt wurden. Die Zahl der in<br />

Deutschland für uns arbeitenden Stickerinnen wagen wir nicht zu<br />

schätzen.<br />

Betrachten wu' die Maschinen als das Anlagecapital der Grobstickerei,<br />

so mag als solches mit Berücksichtigung des Werts der Gebäude<br />

der vier fabrikmässigen Etablissements ungefähr die runde Summe<br />

von Fr. 500,000 angenommen werden. 1) Das Betriebscapital entJ-;ieht<br />

sich bei dem vorherrschenden Betrieb der Grobstickerei als Haus- und<br />

Hand-Industrie einer auch nur annähemdrichtigen Schätzung. Der Wert<br />

der Production der speciell st. gallischen Crochetstickerei mochte im<br />

Jahr 1880 noch etwa 2 1 /2 Mill. Franken betragen,2) der Gesamtwert der<br />

in den Handel kommenden Stickereien Ül Kettenstich wenigstens das<br />

Vierfache. 3) Bei der Berechnung der von diesem Industriezweig ausbezahlten<br />

Löhne ist zu bedenken, dass die Zahl der vollen Arbeitstage<br />

für eine H~tusstickerin durchschnittlich kaum über 200-250 anzuschlagen<br />

ist; der Jahreslohn hätte sich somit für eine Handarbeiterin<br />

im Jahre 1880 auf ca. Fr. 200, für eine Arbeiterin an der einnaclligen<br />

Maschine auf ca. Fr. 350 bis 400 gestellt. Die wenigen Arbeiterinnen<br />

an der mehrnadligen Maschine kamen hei fabrilnnässigem Betrieb und<br />

einem Taglohn von wenigstens Fr. 3 auf ca. Fr. 900 zu stehen. Die<br />

gesamte jährliche Lohnsumme wurde im Jahre 1880 noch auf circn<br />

Fr. 2,000,000 berechnet, wovon die sti1rkere Hälfte nuf das Vorarlberg<br />

und von der schwächern Hälfte etwa 2/3 auf das Inland, 1/3 auf<br />

Deutschland fielen.<br />

1) Der Ankaufspreis der eiunadligen Stickmaschine ist dmchschnittlich 7,U Fr. 450 angenommen,<br />

der Ankaufspreis einer mehl'l1adligen auf Fr. 5000, einer vierllll,dligen auf Fr. 1800.<br />

2) Wir begründen diese lLllerdings sohr unbestinllnto Schät.zung fLUt' die ca. 4000 Doppelcentner,<br />

welche filr das J fLhr 1880 noch durch den Verec11ungsverkehr fLusgewiesen werden und nach<br />

dem gewöhnlich angenommenen Durchschnittswerte von Fr. 20 per Kilo einen Wert von fLcht<br />

Millionen Franken repräsentircn. Der Kanton St. Gallen dürfte l,bor ca. 1/:, so viel Maschinen<br />

und höchstens 1/4 so viel Handarbeiter hesclüiJtigt haben, als das Ausln,nd.<br />

3) 1


154<br />

Industrie der Gewobe. -<br />

Die st. gftllische Banll1wollimlnstrie.<br />

Siegeslaufe unwiderstehlich an die Spitze unserer ganzen Baumwollindustrie<br />

gefördert wmde. Die Zahl der Maschinen vermehrte sich<br />

jährlich nach tausenden; grössere und kleinere Fabriken schossen fast<br />

über Nacht aus dem Boden heraus. Schätzte man im Frühjahr 1870<br />

die Anzahl sämtlicher Maschinen schon (1) auf ca. 3000, so wies die<br />

erste statistische Aufnahme der Maschinenstickerei im December 1872<br />

6384 Maschinen auf, davon 4484 im Kanton St. Gallen, 1142 im Kanton<br />

Appenzell und 758 im Kanton 'Turgau. Vier Jahre später ergab eine<br />

zweite Aufnahme 9942 Maschinen in den drei Kcmtonen, nämlich 6732<br />

im Kanton St. Gallen, 1798 im Kanton Appenzell und 1412 im Kanton<br />

Tm·gau. Und wiederum nach vier Jahren, im Sommer 1880, Wcl,r ihre<br />

Zahl auf 12,681 gestiegell, nämlich 8355 im Kanton St. Gallen, 2228<br />

im Kanton Appenzell und 2098 im Kanton Tm·gau. Dazu kamen noch<br />

1404 Maschinen im V orarlberg (1876 waren es erst 187 gewesen) und<br />

692 Maschinen (gegen 295 im Jahre 1876) in verschiedenen andern<br />

Kantonen der deutschen Schweiz, davon 464 im Kanton Zürich; -<br />

zusammen 14,777; also während des ganzen Jahrzehnts eine dmchschnittliche<br />

Vermehrung von 1200 Maschinen jährlich.<br />

Aber auch dabei hatte es sein Verbleiben nicht. Obschon die<br />

letzten drei Jahre unserer Berichtszeit keineswegs einen sehr günstigen<br />

Geschäftsgang aufweisen, ergab eine neue Aufnahme im Sommer 1882<br />

nur für die drei Kantone St. Gallen, Appenzel( und Turgau eine weitere<br />

Zunahme von 1352 Maschinen, und die kurze Herrlichkeit dieses<br />

für die Maschinenstickerei noch einmal sehr günstigen Jahres 1882,<br />

zusammentreffend mit ganz schlimmen Zeiten für mehrere andere Industriezweige<br />

und einer grossen Mutlosigkeit der Landwirtschaft nach<br />

einer Reihe von Fehljahren, veranlasste vollends eine neue, ganz l1msslose<br />

Vermehrung der Maschinen, welche deren Gesamtzahl auf wenigstens<br />

20,000 gebracht und offenbar nicht bloss zur vollsten Sättigung,<br />

sondern für längere Zeit zur Übersättigung geführt hat.<br />

Das erste Gebiet, in dem sich die Maschinenstickerei recht intensiv<br />

festsetzte und verbreitete, ,'varen die nahe bei St. Gallen gelegenen<br />

Bezirke Gossau, Untertoggenburg und rrablat. Im Bezirk Gossau<br />

nahm die weitere Ausdehnung der nenen Industrie ihren Ausgang von<br />

MlL~chinenstickerei.<br />

155<br />

der Fabrik der Herren IJ. Rittmeyer 10 Gie. bei Brnggen; im 'l'al)l:ü von<br />

dem Stickereigeschäft der Herren Senn hause}' ce: . f;f;Tallise1') denen sich bald<br />

die Firma Bion & T'schllmpc)') die unternehmeilclste von allen, an elie<br />

Seite stellte; in Untertoggenburg giengen die Gebrüder Gi.9c}' und Grob­<br />

Raschle in Degersheim voran, mit welchen später die Firma Gebr. Iü~ltn<br />

l'ivalisirte. Auch der Bezirk Alttoggenburg gehörte zu den vordersten in<br />

der Heihe, nachdem Kirchberg durch die Herren Haene- Wiget unclHubcr<br />

eine der allerersten Stickfabl'iken erhaUen hatte. Vom Untertoo'O'enbur<br />

hiS b<br />

o '<br />

aus griff die Maschinenstickerei in die anstossenc1en Gemeinden des Bezirkes<br />

Neutoggenburg hinüber; und als aUe Hauptsitze der st. gEtllischen<br />

Grobstickerei machten sich auch die Bezirke Untel'- und Oberrheintal früh<br />

mit den neuen Maschinen vertraut. Im Appenzellerland liess sich nur<br />

das Mittelland l1nter der Führung von Speicher rasch herbei, wo Oberrichter<br />

J. G. Althe)'}" Treffliches leistete und weitaus in erster Linie stanc1. 1 )<br />

Die übrigen Landesteile von Ausserroden und der Halbkanton Innerroden<br />

bewcl,hrten sich eine ziemlich zurückhaltende Stellung und holten<br />

den mittlern Bezirk erst in der zweiten Hälfte der SiebziO'er-Jahre Cl ein ,<br />

als die Einzelstickerei in Aufnahme kam, unter deren Einfluss nun eine<br />

ganze Anzahl von bisher vorherrschend itgricolen turgauischen und<br />

st. gallischen Bezirken sich förmlich zu Stickergebieten umgestalteten.<br />

Wir nennen die Bezirke Münchwilen) Wil, Obertoggenburg und vor<br />

allem den Bezirk Werdenberg, der eine geradezu merkwürdige Umwandlung<br />

durchmachte. Kam doch dort bei der Aufnahme von 1872<br />

eine Maschine imf 122 Einwohner, 1876 schon auf 33 und 1880 gm'<br />

auf 20 Einwohner: - eines der schlagendsten Beispiele für die gründliche<br />

Verschiebung der altgewohnten VerhHJtni~se, welche die neue Industrie<br />

vielerort.s in ihrem Gefolge mit sich führte.<br />

Auch das mittlere 'l\ugau stellte in der )l;weit.en Hälfte der Siebziger-J<br />

ahre zahlreiche Maschinen auf. Am freiesten von solchen hielten<br />

sich die fruchtbaren st. g~tllischen und turganischen Gelände CLm Bodensee,<br />

Untersee und Rhein bis SchafI'hausen einerseits, die st. gallischen<br />

Gegenden im Seez- und Lintgebiete imclel'seits. Das Vorarlberg wurde<br />

J) El' errichtete li-l5G die or.ste Stidrf'lLbl'ik von ~O JVl


15ß<br />

Inüu~trie der Uewehc. - Die 8t. g'lllli8che BlLUlllwollil1lln8tl'ie.<br />

erst 111 den letzten Jahren unserer Berichtszeit von dem Maschinenfieber<br />

ergriffen, dann ab.er kräftig. In dem östlichen Teile des Kantons<br />

Zürich leistete gleichzeitig der schlechte Gang der Spinnerei und<br />

der leichten vVeissweberei dem Umsichgreifen der Stickerei Vorschub.<br />

Bedenkt man die für unsere Verhältnisse geradezu grossartigen<br />

Capitalien, welche die Einführung der Maschinenstickerei erfordert, so<br />

darf man deren VerbreitJmg in unserm Industriegebiet während der<br />

Zeit von 18() 7 -1880 wohl ohne Übertreibung ganz ersüLunlich nennen.<br />

Wir zweifeln, ob sich sonst je eine so gründliche und ausgedehnte<br />

industrielle Neugestaltung in so kmzer Zeit auf Schweizer Boden vollzogen<br />

hat.<br />

Kaum von geringerem Interesse, als die Ausbreitung der Maschinenstickerei<br />

an sich, ist die Form, in welcher dieselbe erfolgte. Verstand<br />

es sich in den ersten J ahren (des Emporkommens der neuen Industrie)<br />

ganz von selbst, dass die Maschinen in kleinern oder grössern Fabriken<br />

zusammengestellt wurden und gaJt deswegen diese Stickerei zuerst ganz<br />

cLllgemein als Fabrikindnstrie, so tauchten doch bald daneben so viele<br />

einzelne Maschinen 8,uf, 1) dass m


15S<br />

Im1tmtrie der Gewebe. -- Die st. gallische 13aumwollimlusLrie,<br />

Übel' die Erfindung des schon seit dem Jahre 1862 an einzelnen<br />

Maschinen angebrachten, doch erst in der zweiten Hälfte der Sechziger­<br />

Jahre allgemein gebräuchlich gewordenen Festonapparats hat schon<br />

unsere frühere Darstellung berichtet) ebenso über die Erfindung des<br />

Bohrapparats. 1) Beide Apparate gelten nun als beinahe selbstverstäncUiches<br />

Zubehör einer vollständig ausgerüsteten Maschine. Die<br />

erstere Erfindung ist in dem Jahre 1877 durch den Saurer'schen Kreisfestonapparat<br />

ergänzt worden, der sehr schön arbeitet, aber nur für<br />

feinere Specialitäten zur Verwendung kommt; die letztere durch den<br />

von Martini, Tanne]' & eie. in Frauenfeld zuerst angefertigten Chal'l1ier­<br />

Bohrapparat 2) und durch den von Mechaniker Buhne?' in Herisau zuerst<br />

aufgebrachten Stupfapparat, der von rückwärtR her die Löcher,<br />

welche die BohrmaRchine von vorne in den Stoff gehohrt hat, gleichmässig<br />

ründet und ausweitet, nachdem sie umstickt sind. - Ausserdem<br />

ist noch des Sontache-Apparats zu erwähnen, d. h. einer an die<br />

uewöhnliche Stickmaschine anzusetzenden Vorrichtung zum Aufnähen<br />

b<br />

von Schnüren u. drgl. imf den Stickboden ; ein Apparat, der natürlich<br />

nur für gewisse Specialartikel zur Anwendung kömmt und im Jahre<br />

1880 aus der Saurer'schen Werkstätte hervorgieng.<br />

Schon längst wird von den Stickfabricanten und Stickern mit<br />

einem, unbestimmten Bcmgen dem Zeitpunkt entgegengesehen, in welchem<br />

die von Hand getriehene Stickmaschine der von Wassei' oder<br />

Dampf getriebenen das Feld räumen muss. Gelöst ist heute das Problem<br />

des mechanischen B,etriehs nicht bloss in dem, Etahlissement der<br />

Herren Rittmeyer,3) wo seit 1865/66 der Dampf- und Wasserbehieb<br />

eingeführt ist, sondern auch durch die Herren Saurer in Arbol1, wo<br />

die gewöhnliche Stickmaschine mit der grössten Regelmässigkeit und<br />

') S. Industrie und Handel auf Ende 1866, S. 565 f. - Dem dort Gesag'ten llHLg noch beigefügt<br />

werden, dass die Firma P. Srtll1'e} , (~, Söhne in Arbon um das Jahr 1867 einen Fe~ton­<br />

~'LppH,rat fLufgebracht lmt, der zuerst allgemein in Gebmuch lmm; die Firnm lll'Lhm für cheson<br />

Appamt das Patont in Sachsen nnd fand auch dort guten Absatz. Der einfachste und wohlfeilste,<br />

für die g'ewähnliche Alltagswlu8 genügende FestOJmppamt ist derjenige, welchen im J ahro 1870<br />

~\Uerst der Mech~'Ll1iker Sulmer in Heris~w anfertigte und welcher seither grosse Verbreitung ümd.<br />

2) Bei diesem ApP~'LnLt ist jeder Bohrer für sich beliebig durch Einlegen odor Zurückle~'en<br />

in und ausser Tätigkeit zu setzen; eine für Specialittiten sehr vorteilhlLft zu verwendende Emrichtung.<br />

S) S. Industrie und Handel auf Ende 18ß6, S. [)65.<br />

Mflschinenstickerei.<br />

Leichtigkeit am Dampf arbeitet und dem Sticker, bezw. der Stickerin<br />

nur die Führung des Pantographs übrig lässt.<br />

Gewiss ist die Befürchtung nicht ohne Grund, dass der allgemeine<br />

Übergang von dem Handbetriehe zu dem mechanischen Betriebe auch<br />

auf diesem Gebiete eine förmliche Umwälzung mit sich bringen und<br />

eine Menge von Existenzen gefährden würde. Allein die unabweisliehe<br />

Vorbedingung für die allgemeine Einführung des mechanischen Betriebs<br />

ist doch diejenige, dass dieser Betrieb vorteilhafter, d. h. wesentlich<br />

wohlfeiler sei, als der Handbetrieb, und dies scheint auch mit der<br />

Saurer'schen, durch Dampf- oder Wasserkraft getriehenen Maschine<br />

vorerst noch nicht erreicht, wenn sie auch weit rascher arbeiten soll,<br />

als die Rittmeyer'sche. Die überhandnehmende Einzelstickerei hat die<br />

Stich pr eise so sehr heruntergedrückt und die Erstellungskosten der Maschine<br />

mit mechanischem Betriebe sind noch so hoch,l) dass die praktische<br />

Verwertung der an sich höchst interessanten Erfindung in grösserem<br />

Masstabe vorderhand wohl noch nicht viel Aussicht hat. Es ist<br />

indes kaum daran zu zweifeln, dass die mechanische Maschine in längerer<br />

oder kürzerer Zeit diejenigen Vereinfachungen und Verbesserungen<br />

erfahren wird, welche für ihre praktische Verwertung erforderlich sind;<br />

und wenn diese Zeit gekommen sein wird, ist es allerdings von höchster<br />

Wichtigkeit, dass die Erfindung in erster Linie unserer Stickerei erhalten<br />

hleiht und nieht die Erfinder gezwungen werden, den Lohn für<br />

ihre Arheit und für vieljährige , kostspielige Versuche auswärts zu<br />

suchen, weil dem eigenen Lande ein Gesetz über den Patent- oder<br />

Erfindungsschutz hartnäckig verweigert wird. Üherhaupt liegt es selbstverständlich<br />

im höchsten Interesse unserer Industrie, dass jede technische<br />

Verhesse1'l1l1g und Neuerung ihr sofort zur Verfügung gestellt<br />

werde, was ehen so selbstverständlich nicht erwartet werden kann,<br />

wenn der Verhesserer oder Neuerer seine Rechnung beim Ahsatz ins<br />

Ausland besser findet.<br />

Sehr wesentlich für die rasche Ausbreitung der Einzelstickerei<br />

wal' die Preisermässigung der Maschinen. Hatte die ursprüngliche,<br />

1) Die lllPc1mniRche Maschine kömmt. wenigRtell8 (ll'ri Mal RO 110eh zn stehen, wie dip<br />

Halldn1aschine.<br />

1;')9


Schiffth""'chi"p.<br />

160<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. g·a,llische Balllllwollindustrie.<br />

dreistäbige Maschine zu 6/4" Rapport zuerst einen Preis von über<br />

Fr. 3000, so kam um das Jahr 1870 eine 3 1 /2stäbige Maschine zn<br />

4/'1" Rapport, mit Feston- und BohrapP~Lrat, auf Fr. 2800 zu stehen,<br />

1880 nur noch auf Fr. 2200. 1 )<br />

Von ein e I' wichtigen Erfindung auf dem Gebiet der Maschinenstickerei<br />

ist indes doch zu berichten. Wir meinen die sogenannte<br />

Schiffiimaschine mit mechanischem Betrieb. Ihre ersten Anfänge reichen<br />

freilich übel' den Beginn unserer Berichtszeit hinauf, und zu praktischer<br />

Venvertung in grösserem Masstabe gelangte sie erst nach Abschluss<br />

derselben.<br />

Sie beruht auf dem Princip der Nähmaschine mit Schiffchen (System<br />

Howe). Ihr Hauptunterschied von der gewöhnlichen Stickmaschine liegt<br />

also darin, dass die Nadel nicht abwechselnd von einem Wagen durch<br />

den vertieal aufgespannten Stoff gestossen und auf der andern Seite<br />

von einem zweiten Wagen aufgenommen und mit ihrem ganzen Nädling<br />

ausgezogen wird, um nachher in gleicher Weise den Weg wieder<br />

zurück zn machen; sondern die Nadel nimmt den Faden von einer<br />

Spuhle auf und führt ihn nur so weit durch den Stoff oder Stickboden,<br />

dass hei einer kleinen Rückwärtsbewegung des Nadelstabs eine Schlaufe<br />

gebildet wird, durch welche nun das auf der andel'l1 Seite des Stoffes<br />

angebrachte, mit seiner eigenen kleinen Spuhle versehene Schiffchen<br />

fährt und den Stich so fest macht; worauf die Nadel den Faden wieder<br />

auf der gleichen Seite zurück- oder anzieht. Die Stickerei, die dadurch<br />

hervorgebracht wird, steht dem gewöhnlichen Plattstich sehr nahe, ohne<br />

indes ebenso gleichmässig voll und schön zu decken, indem sich die<br />

Stiche nicht genau gleichlaufend neben einander legen lassen.<br />

Isaak Gröbli) ein Fabricant in Oberuzwil, war es, der zuerst auf<br />

den Gedanken kam, dieses Princip auf die vielnacUige Stickmaschine<br />

überzutragen. Zur Ausführung seiner Idee verband er sich mit dem<br />

tüchtigen Stickfabricanten J. Wehrli in St. Fiden bei St. Ga,llen; woraus<br />

sich erklärt, dass diese Schiffchenmaschine später bald Gröbli-, bald<br />

Wehrli-Maschine genannt wurde. Schon im Sommer 1863 fertigten<br />

diese zwei Männer eine kleine Probemaschi!e mit 24 Nadeln an, ohne<br />

-<br />

1) Jetzt (1885) ist der Preis· der Masohino sogar auf Fr. ] 700 gesunken.<br />

NLL~chinen~(,i('[cl'rei .<br />

indes zu einem befriedigenden Hesultat, d. h. zu einem gleichmässigen,<br />

reinen Stiche und zu einem tadellosen Producte zu gelangen.<br />

Sie fühlten das Bedürfnis der Beihülfe eines tüchtigen Maschinenconstructeul's<br />

und suchten diese Beihülfe bei der rühmlich bekannten<br />

Werkstätte von J. J. Rieter & Cie. in 'l'öss bei Wintertm'. Aber auch<br />

die Versuche, welche nun in Töss gemacht wurden, brachten es wegen<br />

mangelhafter Fadenspannung nicht zn dem gewünschten Ziele, so lange<br />

sie sich an das einspitzige Schiffchen der Nähmaschine hielten, das für<br />

jeden neuen Stich an seinen ursprünglichen Platz zurück gehnLcht werden<br />

und wieder von diesem ausgehen musste. Die befriedigende Lösung des<br />

Problems \vurde erst durch das zweispitzige Schiffchen erreicht, welches<br />

durch die Bewegung des mit dem Pantograph verbundenen Schiffchenschalters<br />

in gleicher vVeise vorwärts und rückwärts, von rechts nach<br />

links und wieder von links nach rechts, geführt wird und nach beiden<br />

Seiten gleichmässig arbeitet. 1)<br />

Mit dieser Verbesserung war die richtige Grundlage gefunden, und<br />

von ihr ausgehend wurde im Jahre 1866 die erste dreistäbige Schifflimaschine<br />

gebaut. Nach weitern zweijährigen Versuchen und Vervollkommnungen<br />

der einzelnen Bestandteile erfolgte die Anfertigung von<br />

viel' 3 1 /2stHbigen Maschinen mit je 212 Nadeln, bei einem Rapport von<br />

4 cm. Bei diesen vier Maschinen waren die bisherigen eisernen Röhren<br />

des Wagens durch ein ausserordentlich fest gefügtes Gitterwerk aus<br />

Fayoneisen ersetzt, um einen durchaus sichern und ruhigen Gang der<br />

Maschine zu gewinnen. Damit wal' die Schiffiimaschine allmählig so<br />

weit praktisch anwendbar gevvorden, dass die Herren Wehrli und J .. J.<br />

Rieter & Cie. eine Stickfabrik in vVülflingen bei vVintel'tur mit solchen<br />

Maschinen ausrüsten und fül' eigene Hechnung in Betrieb setzen konnten.<br />

Die Zahl der Stühle diesel' mechanischen Stickerei stieg bellcl auf 20;<br />

für je 10 bedarf es einer Pferdekraft. Die Bedienung der einzelnen<br />

Maschine geschieht durch zwei Mädchen, deren eines den P~mtograph<br />

führt, das andere die Nadeln, Spuhlen und Schiffchen beaufsichtigt.<br />

Die Stichzahl betrug ca. 20 in der Minute odel' bei eilfstündigel' Ar-<br />

:<br />

-~~--1) SeÜller gelang es andorn ~Iaschinencol1stl'ucteurel1, eine gute Fadenspmmung auch in<br />

Verbindung mit dem einspitzigen Schiffchen herzustellen, so dass dieses ganz eben so gut arbeitet,<br />

wie das zweispitzige, und für kleinere Hltpporto sogm' allein anwemllmr i~t"<br />

21<br />

lU1


]62 Indnstrie der Gewebe. - Die st. g·ttllische Banmwollindnstrie.<br />

beitszeit unter Berücksichtigung der Z"Vischenarbeiten ca. 10,000 im<br />

'rag; annähernd das Fünffache der Handmaschine. Diese ganz bedeutende<br />

Vermehrung der quantitativen Leistung ist der eine grosse<br />

Vorzug der Schiffchenmaschine ; der zweite besteht darin, dass sie sowohl<br />

für den Plattstich, als auch für den Steppstich eingerichtet werden·<br />

kann, und zwar so, dass der Übergang von der einen Stick art auf die<br />

~tndere während des Betriebs möglich ist, ohne einen Stich zu versäumen.<br />

Dagegen ist dann freilich dieser Maschine bisher jede Ausführung<br />

von durchbrochenen Mustern versagt geblieben, und haftete<br />

ihrer Arbeit noch längere Zeit eine gewisse Rohheit und Magerkeit<br />

an, deren Spuren jetzt noch häufig genug zu Tage treten. Sie kam<br />

daher fast nur für sogenannte Fadenmuster zur Verwendung, d. h. für<br />

grosse, viel Garn brauchende, deswegen für die gewöhnliche Maschine<br />

undankbare und bei dem Sticker sehr unbeliebte Muster; und dieser<br />

Beschränkung in ihrer Verwendbarkeit ist ihr langsames Aufkommen<br />

ohne Zweifel noch mehr zuzuschreiben, als der Weigerung der Firma<br />

J. J. Rieter & Oie., weniger als 50 Maschinen (a Fr. 7000) zugleich<br />

an andere Stickfabricanten abzugeben;1) denn auch als mit dem Jahre<br />

1877 /78 die schon mehrfach erwähnte Firma F. SEmrer & Söhne in<br />

Arbon ebenfalls solche Maschinen anzufertigen und in beliebiger Zahl<br />

auszugeben begann, fanden sie bis zum Schluss unsers Zeitraums nur<br />

vereinzelt Eingang. Ihre Zeit war erst gekommen, als die Tüllstickel'ei<br />

in den Bereich der Mascliinenstickerei gezogen wurde. Der nächste<br />

zehnjährige Bericht wird daher von ihrem Aufblühen zu erzählen<br />

haben; hoffentlich nicht auch schon von ihrem Niedergang. 2)<br />

1) Diese Annahme wird doch wohl durch die Tatsache bestätig·t, dass die Maschine auch<br />

in Englalld und Amerika keinen nennenswerten Erfolg hatte, wohin sie unter Patentnahme von<br />

J. J. Rieter & Oie. verbmft wurde, nachdem die Erfinder sie in der Schweiz nicht zu Bedingung'en<br />

unterbringen konnten, durch welche sie für ihre Erfindung'skosten gedeckt worden wären.<br />

2) Als diejenigen lllE'chlmischen Werkstätten, welche die Anfertigung von Plattstichmaschinen<br />

zn ihrer Speeialität gemacht haben, sind neben J. B. Rittmeyer & Oie. noch besonders zu erwähnen:<br />

St. Georgen bei St. Gallen, Gebr. Rüttimann in St. Gallen, Burckhardt bei St. Fiden,<br />

Gubler in li'rauenfeld, Büsser, jetzt Wiesendang'er, bei Bruggen, F. Saurer & Söhne in Arbon,<br />

Martini, Tanner & Oie. in Fmuenfeld, Gebr. Benninger bei Niederuzwil, Gebr. Labhardt in Steckborn,<br />

Rietmann in Netstn,l, Grüninger in St. Gallen. Rüttimmm, Burckhardt, Gubler, Labhardt,<br />

Rietmann und Grüninger sind seither eing·egangen. Schifflimaschinen sind bis 1882 nur dmch<br />

die zwei Firmen .L J. Rieter und li'. Samer & Söhne angefertigt worden.<br />

Maschinenstickprei. 163<br />

Von neuen Hü]fsmaschinen für die Stickerei ist allenfalls der Vergrössernngsapparat<br />

für Muster zu erwähnen, der seit der Mitte der<br />

Siebziger-Ja,hre in verschiedenen Variationen in Anwendung gebracht<br />

wird, um die Arbeit der Vergrösserer zu vereinfachen und Zeit und<br />

Geld zn ersparen.<br />

Von dem gewaltigen Materiale, welches durch die Maschinen-<br />

stickerei zur Verarbeitung kömmt, gehen die aus Makobaumwolle angefertigten<br />

Stickgarne ausschliesslich l:WS unsern Spinnereien hervor.<br />

Doch bezieht sie der Stickfabricant, bezw. der Kaufmann, erst aus zweiter<br />

Hand, nämlich von dem Zwirner, der die couranten Sorten auf Lager<br />

hält und Specialitäten auf Bestellung ausführt. vVurdell zuerst hauptsächlich<br />

die N nmmern 80 -100, 4 - 6fach, für die Maschinenstickerei<br />

verwendet, so brachte die Verbreitung der Producte dieser Industrie<br />

durch alle Klassen der Bevölkerung und die zunehmende Sucht der<br />

Unterbietung in Folge übermässiger Ooncurrenz eine entsprechend vermehrte<br />

Verwendung gröberer Garne mit sich. Ganz unaufhaltsam setzte<br />

der Übergang auf niedrigere Nummern besonders seit dem. Jahre 1875<br />

ein, und langte bis zum Ende unserer Berichtzeit schon bei NI'. 50/60<br />

als Hauptnummern an.<br />

Neben der Zwirnerei verspürte auch die Gcl,rnfärberei durch das<br />

Aufkommen farbiger Artikel zeitweise eine sehr belebende Hückwirkung<br />

von der Maschinenstickerei. Nicht weniger die zürcherische Seidenz,;yirnerei,<br />

von "yelcher die Stickseide ausschliesslich bezogen wird, da<br />

einzelne Versuche mit italienischer Trame nicht befriedigten.<br />

N ur zum geringen Teil ist es der einheimischen Weberei gelungen,<br />

die Fabrication derjenigen Stoffe an sich zu ziehen, welche die MaschinenstickeTei<br />

für ihre Stickböden verwendet. Der grosse Stapelartikel<br />

der aus mittleren Makol1lul1m.ern clichtgewobenen, seit dem Anfang der<br />

Siebziger-Jahre massenha,ft verarbeiteten Oambrics wurde von der trefflich<br />

hiefü1' eingerichteten, mechanischen vVeberei Englands stets in<br />

gleichmässig guter (~nalität und zn Preisen geliefert, mit denen die<br />

elsässische Weberei nur zeitweise, die schweizerische bisher gar nie<br />

ernstlich concurriren konnte. Ein wesentlicher Grund der Überlegenheit<br />

des englischen Fa,bricats liegt l:wch darin, dass dasselbe in einem<br />

~Iatcl'ialiJeZllg.


t~~~it\~:.~.e<br />

164<br />

rl1dll~Lrie tler Geweht!. ~ Die d. g'lLlli~che Ihnlllwollil1dnstril~.<br />

ausgewaschenen Zustande geliefert wird, in dem es ctlll besten für die<br />

spätere Bleiche nach dem Besticken vorbereitet ist, da auch die Stickgarne<br />

in der Regel halb gebleicht zur Verwendung kommen. Besser<br />

convenirten der Maschinenstickerei die einheimischen halb dichten und<br />

undichten Gewebe, deren Verbrauch indes weit hinter demjenigen der<br />

CCLlllbl'ics zurücksteht und mit cler Mode grossem Wechsel unterworfen<br />

ist. Der Bezug solcher Stoffe vom Ausland beschränkt sich, abgesehen<br />

von dem englischen 'l\tll, auf ein mässiges quantum französischen<br />

Nanzoucs.<br />

Dass sich unsere Web8l'ei und Färberei nicht so rasch, wie es das<br />

Bedürfnis erforderte, für die Anfertigung der von Zeit zu Zeit neu<br />

iLufkommenden Modestoffe, wie Zephir und ähnliche leichte, farbige<br />

Gewebe einzurichten vermochte und bei der ungewissen Dauer des<br />

Bedarfs auch Kosten und Mühe für die erforderlichen Einrichtungen<br />

nicht gerne einsetzte, ist begreiflich. 1) Diese Modestoife wurden meist<br />

von England und Frankreich geliefert; nicht selten von den englischen<br />

und französischen Kunden selbst, um hier ün Lohn oder, nach dem<br />

fremden Ausdruck, in Fa


166<br />

Industrie der Gewebe. - Die Ht. galliHche. BaulllwollinduHtrie.<br />

Sticklöhne des J aln'es 1875, die förmlich zur möglichsten Erspal'l1is<br />

an Stichen nötigten, um üicht 'zu Preisen zu gelangen, welche diese<br />

Artikel zum grossen Teile unverkäuflich gemacht hätten; dann wiederum<br />

aus entgegengesetzter Ursache die Jahre 1879 - 80, in welchen die<br />

Specialartikel auf ein Minimum zurückgegangen waren und in Folge<br />

davon elie ganze, auf circa 10,000 angewachsene Zahl der Maschinen<br />

sich notgedrungen die alten Stapelartikel streitig machen musste. So<br />

grosse Fortschritt,e daher auch in der gewöhnlichen Weiss - Stickerei<br />

gemacht worden sind und so Schönes auch von ihr geleistet werden<br />

kann und geleistet wird, so stand doch ohne jede Frage die mittlere<br />

Qualität der weissen Bandes und Entredeux am Ende unserer Berichtszeit<br />

wesentlich tiefer, als am Anfang. Die geringe und geringste Ware,<br />

welche in den letzten Siebziger-J ahren massenhaft auf den Markt geworfen<br />

wurde, war 10 Jahre früher noch gänzlich unbekannt; obgleich<br />

schon in dem Handelsberichte von 1869 die erste Klage über "Schundware"<br />

auftaucht. Was damals mit diesem Namen bezeichnet wurde,<br />

ist seither noch weit übertroffen worden.<br />

Neben den weissen Bandes und Entredeux Immen als Specialartikel<br />

von Bedeutung zuerst gestickte Kragen in verschiedener Grösse<br />

und Form auf, darunter solche mit entsprechenden Ärmeln: die besonders<br />

reichen, sogenannten Parures. In dem Handelsberichte übel' das Jahr<br />

1872 wird die Seidenstickerei zum ersten Male erwähnt; 187 ii erscheint<br />

die Baumwoll- und Wollstickerei auf leinene und halbleinene Kleiderstoffe<br />

; 1874: werden die seidenen Damencl'avatten - Seide auf Seide -<br />

und in Seide gestickte wollene und seidene Kleider- und Möbelstoffe<br />

hervorgehoben; 1875/76 sta,nden farbige Kleidergarnituren auf den<br />

verschiedensten Stoffen, ganz besonders auf Cachemir, in solcher Gunst,<br />

dass mehrere tausend Maschinen dadurch Beschäftigung ümden und<br />

man von einer bleibenden Verbreiterung der Grundlage der Maschinenstickerei<br />

sprechen zn dürfen glaubte. Allein schon 1877 geriet die<br />

farbige Gal'l1itnrenstickerei wieder vollständig in Abga,ng, während die<br />

seidengestickten Dan18ncravatten (N02Uds u. eh·gI.) auf Seide und Mousseline<br />

ihren Höhepunkt erreichten und die ersten Versuche der fcLrbigen<br />

Stickerei auf weissem Grunde nicht ungünstig aufgenommen wurden.<br />

Maschinenst.ickm'ei. 167<br />

Doch hatten diese letztem bei der Ausrüstung noch mit grossen Schwierigkeiten<br />

zu kämpfen und verursachten durch Abfärben in der Bleicherei<br />

oder Appretur nicht selten bedeutende Verluste. Einen vollen Erfolg<br />

sollten sie damaJs noch nicht finden, so wenig als die spitzenartigen<br />

Stickereien, von denen zum ersten Male im Jahre 1878 die Rede ist.<br />

In den paar letzten J aln'en unserer Berichtszeit hielt sich nur noch<br />

der eine Specialartikel der baumwollgestickten Mousselinecravatten.<br />

Mit dem Anbruch des neuen Jahrzehents verschwand auch dieser. Inzwischen<br />

aber machte die Not erfinderisch, führte zu früher als unmöglich<br />

erachteten Fortschritten in der Technik der Maschinenstickerei<br />

und befähigte sie, im Jahre 1882 mit einer wahren }1'ülle von neuen<br />

Artikeln auf den Markt zu treten. Spachtelstickerei J<br />

Tüllstickerei, Luftstickerei<br />

und die farbige Robenstickerei leiteten einen neuen Aufschwung<br />

ein, dessen leider al1zn kurze Dauer der eben durch ihn hervorgerufenen<br />

Überproduction und Pfuscherei zuzuschreiben ist.<br />

Die quantitative Leistung der Maschinenstickerei zu beziffel'l1 ist<br />

bei dem so ausserordentlich zerteilten Geschäftsbetriebe und der Verschiedenartigkeit<br />

der zur Verwendung kommenden Muster und Stoffe<br />

ein Ding der Unmöglichkeit. Das Einzige, was wir hierüber beibringen<br />

können, sind die ungefähren Zahlen von 1500 und 2500 Doppelcentnem,<br />

welche auf dem Wege des Veredlungsverkehrs in den Jahren 1879<br />

und 1880 im Ausland für st. gallische Rechnung gestickt "vorden sind.<br />

Weitaus der grösste Teil dieser auswärts gefertigten ,Vare gehört elen<br />

geringen und geringsten, am wenigsten lohnenden Cambricstickereien<br />

an und wurde von der vOri:1,rlbergischen Bevölkerung geliefert. So lange<br />

nur die sächsische Stickerei aushülfsweise in unsere Dienste gezogen<br />

wurde, d. h. etwa bis in die Mitte der Siebziger-Jahre, erreichte der<br />

Veredlungsverkehr höchstens die Ziffer von einigen hundert Doppelcentnern.<br />

Einer1. fernern ungefähren, aber sehr einseitigen Anhl:tltspunkt<br />

über elie quantitative Leistung der gesamten lVIaschinenstickerei bietet<br />

die tägliche Durchschnittsleistung des einzelnen Stickers, die sich auf<br />

2000 bis 2500 Stiche beziffert, aber natürlicher Weise je nach der<br />

Qncmtitative<br />

Iseistuug.


}l'ahrikgeseb.,<br />

Absatzgebiete.<br />

](38 fnduskie


170 InduRtrie der Gewebe. - Dil: Rt. gallische J:hwlllwollillllustrie.<br />

der Ma,rkt ist, cLUt' dem auch der Amerikaner das Neueste sucht, haben<br />

die Vereinigten Staaten so zu sagen alle, im Laufe der Zeit aufgetauchten,<br />

bedeutenderen Artikel der Maschinenstickerei bereitwillig<br />

direct von St. Gallen aufgenommen. Ja, man darf beinahe sagen, da,ss<br />

es überhaupt kein Artikel zu grösserer Bedeutung gebracht ha,t, wenn<br />

er nicht von dem amerikanischen Markte aufgenommen wurde. Höchstens,<br />

dass England oder Frankreich einem von der Union verschmähten<br />

Artikel einen hinreichend lohnenden Markt geboten haben, um ihn für<br />

längere Zeit zu halten.<br />

Dank der amerikanischen Consularstatistik sind wir im Stande vom ,<br />

Jahre 1864 an Auskunft in Zahlen über den Export von Stickereien<br />

nach der Union zu geben. Nur ist bei diesen Zahlen nicht zu vergessen,<br />

dass die allgemeine Rubrik Stickereien bis zum Jahre 1877<br />

neben den Maschinenstickereien auch die Grobstickereien unid die gewobenen<br />

Plattstichgamituren (Loom trimmings) enthält.<br />

Ausfull1" 11011 SUckel"eien nach den Vet'einigten Staetten laut den Übel'sichten des ameJ"ikanisc7len<br />

ConsIIlats ') in St. Gallen.<br />

1864 Fr. 352,277 1873 Fr. 10,853,320<br />

1865 1,132,231 1874<br />

" 16,403,314<br />

1866 3,236,138 1875<br />

" 15,912,519<br />

1867 3,154,087 1876<br />

" 14,580,501<br />

1868 3,050,127 1877<br />

" 16,195,602<br />

1869 3,896,701 1878 16,200,371<br />

1870 6,962,403 1879<br />

" 18,421,204<br />

1871<br />

" 10,293,787 1880 " 21,894,369 2 )<br />

1872<br />

" 11,437,174<br />

N ach den Vereinigten Staaten von Nordamerika steht England<br />

den anderen Abnehmern unserer Stickereien doch noch weit voran.<br />

Seine Aufnahmsfähigkeit ist wohl neben dem ganz besonders in die<br />

Augen fallenden, stoss- und sprungweisen Anschwellen des amerikanischen<br />

Absatzes vielerorts einigermassen unterschätzt worden und<br />

über Gebühr in den Hintergrund getreten. 3) Es rührt dies vennut-<br />

') Zuerst hatten wir einen amerikanischen Handelsagenten, dann einen Consular-Agenten<br />

und nachher einen richtigen Consul.<br />

2) Bis 1884 stieg die Ausfuhr weiter auf mindestens 30 Millionen.<br />

3) Der erste Jahrgang unserer schweizerischen Ausfuhrstatistik weist über alle Erwartung<br />

bedeutende Zahlen für England auf, welche die als sehr hoch betmchtete Schätzung von 15 Mill.<br />

für das ganze Jahr schon in den ersten 6 Monaten nahezu erreichen. Es ist indes anzunehmen,<br />

dass ein 'l'eil der Ansfuhr für die Vereinigten Sta,ltten ihren Vveg über Engln,nd nimmt.<br />

Maschinenstickerci.<br />

171<br />

lich zum guten '1'eile auch daher, dass sich das englische Geschäft<br />

weit mehr zersplittert, als das amerikanische, welches in verhältnismässig<br />

wenigen Händen liegt und schoncleswegen lohnendere und<br />

günstigere Ergebnisse für den Einzelnen aufweist. An dem englischen<br />

Geschäfte ist in neuerer Zeit niemand mehr reich geworden, seit ein<br />

Stickereilager nach dem andern in London aufgetan wurde und jeder<br />

nur halbwüchsige Fabricant einen besondern Vertreter unter dem Heere<br />

von Agenten hat, welches sich den Markt streitig macht. Auch wird<br />

Lonclon mit Vorliebe für die Abschiebung liegen gebliebener Lagerware<br />

benut~t, da sich hier schliesslich fast für jeden rosten noch eine<br />

V erwenc1 ung finden lässt. Die mittlere und geringe Ma,ssenware herrscht<br />

daher in dem Verkehre mit England unbedingt vor und wird von hier<br />

ohne Zweifel zum grösseren '1'eile nach den überseeischen Colonien<br />

weiter spedirt. Die feineren und reicheren Artikel der Maschinenstickerei<br />

fanden selten in grossen (~uantitäten bereitwillige Aufnahme<br />

bei den englischen Käufern. Von den Specialartikeln wurden die Damencravatten<br />

(Seide auf Seide, Seide auf Perca1e, Baumwolle auf M011Sse1ine),<br />

die farbigen Roben und in neuester Zeit die '1'üllstickereien<br />

besonders beliebt, aber auch diese sänltlich mehr in den mittlern und<br />

geringem, als in den guten (~ualitäten.<br />

Der geschäftliche Verkehr mit England wickelt sich 1111 ganzen<br />

sichel' und rasch ab; obschon die übermässige ConculTenz die Creditverhältnisse<br />

nicht gebessert und gar sonderbm~e Erscheinungen hervorgerufen<br />

hat, wie z. B. das neuestens allgelnein üblich gewordene Vord"Ltiren<br />

der Facturen. 1) In der Auswahl der Agenten ist Vorsicht sehr<br />

am Platze.<br />

In dritter Linie kömmt cLls Abnehmer unserer Maschinenstickereien<br />

B'rankreich in Betracht; aber doch in wenigstens ebenso weitem Ab-<br />

') Dieses Vorclatiren ist in jeder Beziehung ein würdiges Seitenstück zu dem Numlllern­<br />

Üb0l"8etzen bei den Stickgamen. L'm anscheinend die f1'[lher n,llgemein übliche Z[Lhlungsfrist a,uf<br />

Ende des nächsten Monats ml,ch Absendung der ,Vare festzuhalten und dem Käufer durch verliingerte<br />

Zll,hlungsfrist doch einen Vorteil :mzuwenden, chttil·te man die Factum zuerst l1ln einen<br />

Monat vomus, z. B. vom 15. April statt vom 15. März. Jetzt hat sich diese Vorcbtirung bis n,uf<br />

8 Mona,te verlängert, wird aber bei Festsetzung der Preise in Iteclmung gebmcht. Die ganze<br />

Unsitte läuft daher auf einen Selbstbetrug hinaus.


172 Industrie der Gewebe .. - Die st. gn,llische Haum wollindustrie.<br />

stand von England, als dieses von Ameriket. 1 ) Weitaus der grösste<br />

Teil sämtlicher nach Frankreich exportirter Stickereien geht nach Paris<br />

und verbreitet sich erst von hier aus über das ganze Land oder findet<br />

seinen Weg weiter nach denjenigen europäischen und aussereuropäischen<br />

Ländern, welche sich überhaupt oder doch mit den feinen Mode­<br />

Artikeln in der französischen Hauptstadt zu versehen pflegen. Der<br />

französische Markt ist daher verhältnismässig weit wichtiger für unsere<br />

Specialisten in Neuheiten, als für die Fabricanten der Massenartikel,<br />

da der einheimische Bedarf für letztere an sich nicht besonders gross<br />

ist und überdies zum Teil durch die Maschinenstickerei vonßt. Quentin<br />

befriedigt wird.<br />

Der französische Käufer ist bei seinen Bestellungen sehr vorsichtig,<br />

um nicht zu sagen kleinlich. Er lässt sich für teurere Artikel nicht<br />

weiter ein, als er schon zum vOl'lleherein seiner Abnehmer sichel' ist;<br />

dann soll ihm aber sofort geliefert werden, was er anbringen kann.<br />

Unter solchen Umständen hat der Verkehr mit ihm seine besondern<br />

Schwierigkeiten und verlangt für die Erstellung neuer Muster und<br />

die Nachlieferung kleiner Quantitäten bedeutende Mühe und erhebliche<br />

Kosten, ohne je ins (hosse zu gehen. Dafür gilt der französische<br />

Geschäftsmann anderseits auch für höchst ehrenhaft und pünktlich in<br />

Erfüllung aller eingegangener Verpflichtungen. Nicht laut genug anzuerkennen<br />

und zu rühmen ist z. B. die Art und Weise, wie er nach<br />

Abschluss des Krieges mit Deutschland alles Bestellte nachbezog und<br />

alles Bezogene nachbez~Lhlte, ohne nur einen Versuch zu machen, seine<br />

auswärtigen Geschäftsfrennde an elen Verlusten, die ihm der Krieg<br />

gebracht hatte, mittragen zu htssen. Uns8rs Wissens hat damals a,n<br />

seinen französischen Kunden kein hiesiger Kaufmann oder Fabricant<br />

einen Rappen verloren, ausgenommen einige Verzugszinse für die Zeit,<br />

in welcher der Verkehr gänzlich unterbrochen war. 2)<br />

') Im hhr 1881 belief sich der Export von Maschinull- und }In,ndstickereien nach Fnmkreich<br />

- Vorhänge ausgeschlossen - auf 6'/2 Mill. Franken.<br />

2) Es sind zum Teil sogar fi1r diese Zeit noch freiwillig unvurütngte Verzugszinsu von<br />

1 1 /2-2 % bezahlt worden. - Von den für den einheimischen Mltrkt kaufenden französischen<br />

Häusern, für welche das oblon Geml.gte gilt., sind die in Paris sessh,tften, für den Export nach<br />

Südam8rika einkaufenden Commissionshäuser wohl zn nnterschoiclen. bei welchen nm zu häufig<br />

die 11I1Gh unsel'l1 Bl1gTitl:'cn keineswegs ehrenhafte Praxis vorhenseht, Bestellungen anf neue<br />

Masehin enstiekerei. 173<br />

Bei solcher Natur des Geschäftsverkehrs mit Frankreich muss die<br />

Einrichtung grösserer Lager in Paris weit weniger berechtigt, notwendig<br />

und vorteilhaft erscheinen, als in London. Dennoch war sie<br />

eine Zeit lang sehr im Schwange, vornehmlich weil bis vor kurzem<br />

. unsere Ausrüstung noch hinter der französischen zurückstand. Überdies<br />

ist sogar der kleinere schweizerische Fabricant immer wieder gerne<br />

bereit, seine Lagerware in Paris persönlich zu Markt zu bringen, trotz<br />

allel' schlimmen Erfahrungen, die damit schon gemacht worden sind<br />

und Jahr für Jahr wieder gemacht werden.<br />

Zu erwähnen bleibt noch, dass für Pariser Häuser auch nicht<br />

unerheblich "in Fa.gon" gestickt wird, d. h. im Lohn, bei geliefertem<br />

Muster und Material, vorzüglich in feinen Seidenstickereien ; obschon<br />

die Feinstickerei in kostbaren Stoffen in der Umgegend von Paris selbst<br />

eine grössere Anzahl von Maschinen beschäftigt.<br />

Von den übrigen europäischen Staaten ist auffallender Vif eise Spanien<br />

unser grösster Abnehmer geworden, sobald sich ehLs viel geplagte<br />

Land wieder geordneter Zustände erfreute. Freilich ist nun eben deswegen<br />

auch dort die Concurrenz eine erdrückende geworden. Die wichtigeren<br />

Plätze des Landes wimmeln von Agenten und Reisenden, die<br />

sich gegenseitig die Preise heruntel'drücken und dem früher ausnehmend<br />

prompt bezahlenden spanischen Käufer lange Credite förmlich<br />

~mfdrängen. Immerhin ist der Geschäftsverkehr mit d8111selben in der<br />

Hauptsache auch heute noch ein wohl geregelter und solider, besonders<br />

im Vergleiche zu demjenigen mit Italien, das wenig kauft und<br />

durchschnittlich schlecht bezahlt.<br />

Ehrenhafte Ausnahmen abgerechnet, liegt in dem iblienischen<br />

Handelsstande immer noch ein kleinlicher Krämergeist, der etUf jede<br />

erlaubte und unerlaubte W eise ~ich kleine Vorteile zu verschaffen und<br />

einer genauen Erfüllung seiner Verpflichtungen zu entziehen sucht. Je<br />

weiter nach Süden, um so schlimmer werden diese Zustände.<br />

])ass der Absatz von Maschinenstickereien mtch Deutschland in<br />

Musterstücke, die Anklang finden, nicht demjenigen Hause zu übergeben, von welchem sie erworben<br />

wurden, sondel'l1 sie wo möglich bei anclern Stickereigeschäften um ein patU Procente<br />

billiger nnter~ubringen. Ebenso wenig ehrenhaft ist es freilich von Seiten schweizerischer<br />

Stickereigeschäfte, wenn sie solche Aufträge annehmen oder sich gar um dieselben bewerben.


Geschäftsbetrieb.<br />

174<br />

[lldu~tl'ie der Gewebe. - Dit· Bt. g


I<br />

(<br />

176 Industrie rlor Gewebe. - Die st. gallische Baul1lwollinclustrie.<br />

Privat-Stickereien. Das Ergebnis dieseR Entwicklungsganges der Maschinenstickerei<br />

zeigt sich am deutlichsten darin, dass bei unseren schon<br />

mehrfach berührten statistischen Aufnahmen 1872 bei einer Gesamtzahl<br />

von 6384 Maschinen in mnden Zahlen 9 % im Besitze von Actiengesellschaften,<br />

35 % im Besitze von Fabricanten und 56 % im Besitze<br />

von Lohnstickern - darunter ca. 7 % Einzelsticker - waren; 1876<br />

bei einer Gesamtzahl von 9942 Maschinen 9 % im Besitze von Actiengesellschaften,<br />

31 % im Besitze von Fabricanten und 60 % im Besitze<br />

von Lohnstickern - darunter ca. 10 % Einzelsticker ; 1880 endlich bei<br />

einer Gesamtzahl von 12,681 Maschinen 7 % im Besitze von Actiengesellschaften,<br />

23 % im Besitze von Fabricanten, und 70 % im Besitze<br />

von Lohnstickern - darunter 18 1 /2 % Einzelsticker. 1)<br />

In den vorstehenden Zahlen, welche sich seither ohne Zweifel in<br />

gleicher Richtung noch viel schärfer ausgestaltet haben, zeigt sich eine<br />

ganz verhängnisvolle Verschiebung der Verhältnisse unserer Maschinenstickerei.<br />

Die selbständige Fabrication ist in schneller Abnahme begriffen;<br />

9/10 der ganzen Stickerei sind Lohnstickerei geworden,2) und<br />

von diesen arbeit.en etwa 2/3 unter den Einschränkungen des Fe1,brikgesetzes,<br />

ein Drittel bewegt sich vollständig frei. Ob in dieser Abnahme<br />

der selbständigen Fabrication ein wirklicher Nachteil für die<br />

Entwicklung und die Zukunft der Maschinen stickerei liege, wagen<br />

wir unserseits nicht zu entscheiden. Auf der einen Seite scheint wohl<br />

in dem Vorhalldensein einer möglichst grossen Zahl selbständig denkender<br />

und arbeitender Fabricanten neben dem Kaufmann, der seine<br />

nächste Aufgabe in dem Vertriebe der fertigen Ware erblickt, eille<br />

grössel'e Gewähr für technische Fortschritte und Vervollkommnungen<br />

und somit für einen natürlich gesunden Zustand zu liegen, als wenn,<br />

wie dies immer allgemeiner der Fall wird, die Sorge für stets neue<br />

Muster und Genres und die Sorge für deren Absatz auf allen Märkten<br />

1) Rechnet mfLn die fLuoh noch fLusserhalb des Fabrikgesetzes stehenden Besitzer von<br />

2 MfLschinen ebenfalls zu den Einzelstickern, so steigt ihre Zahl auf 2.51/2 0/0.<br />

2) Genau genommen wäre die Lohnstickerei noch höher anzusetzen; denn zu den Stickfabricanten<br />

sind alle diejenigen gerechnet worden, welche gfLnz oder teilweise auf eigene Mustel<br />

. arbeiten.<br />

lVln schill()l\~tic kcrl'i.<br />

177<br />

der Welt in den gleichen Händen mht. Auf der andel'll Seite wird<br />

es auch wieder sein Gutes haben, wenn die Anfertigung und die Aus­<br />

We1,hl der Muster, der Einkauf des Materials, die Ausgabe desselben<br />

zur Verarbeitung imd die Versendung der fertigen Fabricate von einem<br />

nnd demselben Kopfe geleitet und besorgt wird. 1)<br />

Aussel' aller Frage aber steht es, dass die rasche Entwicklung<br />

der Einzelstickerei und damit des Übergangs zur Hausindustrie den<br />

fabrikmässigen Betrieb der Maschinenstickerei schon bisher schwel'<br />

beeinträchtigt hat, und ihn auf die Daner grossenteils fast unmöglich<br />

machen dürfte. Denn das liegt auf der Hand, dass der Einzelsticker<br />

mit seinen gewöhnlich höchst einfachen Einrichtungen und bei der meist<br />

ausschliesslichen Verwench1l1g eigener Arbeitskräfte, ganz abgesehen<br />

von der beliebigen Verlängerung der Arbeitszeit, in der Regel wohlfeiler<br />

arbeiten kann und wird, als der Fabricallt, der seine Anlagecapitalien<br />

verzinsen, ausser den Maschinen auch seine Fabrikgebäude<br />

amortisiren und seine Stickermeister , Stickel', Fädlerinnen ) Nachstickerinnen,<br />

N adelgräder, eventuell auch seinen eigenen Mechaniker<br />

oder Monteur so bezahlen soll, dass sie durch ihrer Hände Arbeit<br />

ihren genügenden Lebensunterhalt finden; ~wiederum ganz abgesehen<br />

davon, dass das Zusammenleben der Fabrikarbeiter gewöhnlich mehl'<br />

Bedürfnisse und Ansprüche erweckt, als die stille, ruhige Hausarbeit<br />

mit den eigenen Angehörigen. Und auch das liegt auf der Hand, dass<br />

der Haus- oder Einzel-Sticker, der die allgemeinen Marktverhältnisse<br />

nicht aus eigener Anschauung und Erfahrung kennt und sie überhaupt<br />

nicht zu beurteilen vermag, der gewöhnlich aus seinem Verdienste<br />

von der Hand in den Mund lel)t ,vveit mehr allen augenblicklichen<br />

Schwankungen des Geschäft~ unten,vorfen ist und gegen den Druck<br />

harter Arbeitgeber, wie schlechter Zeiten weit weniger Widerstandskraft<br />

besitzt, als der gl'össere Fabricant. Die Lage des Stickfabricanten<br />

hat sich daher schon in elen letzten Jahren unserer Berichtszeit sehr<br />

') Sehr 'we8entlichen Anteil an der Allflmhme der li'a,brication durch tlie Kaufleute selbRt<br />

ist sowohl schlechter Treue der FfLbricanten in dem Resel'viren von lVlustel'll, ,Üs auch dem Umstande<br />

zuzuschreiben, d:tBs ihl'enlcit, :tuch die Fabricanten zU!' Verbesserung ihrer bedrängten<br />

LfLge in neuester Zeit; vielfach zum directen Export gegriffen haben und "ls Kaufleute ihren<br />

bisherigen Kunden ConcUl'l'cm aut' den fremden JliIlLrkten nmchen .


Erträgnisse.<br />

178<br />

Tnclu~trie det' Gewehc. -- Die d. galliRchc Ba.nmwollinclm:t.rip.<br />

vvesentlich verschlimmert und ist seither vielerorts beinfLhe unerträglich<br />

geworden. Mit vollem Recht schreibt er das erschreckende Sinken<br />

der Sticklöhlle der übermässigen Vermehnmg der Einzelmaschinen zu,<br />

und sehr begreiflich ist es, wenn er im11'ler nachdrücklicher verla.ngt,<br />

dass auch der Einzelsticker, d. h. der Besitzer von 1 und 2 Maschinen,<br />

den Beschränkungen des Fabrikgesetzes unterworfen oder aber der<br />

Stickfabricant diesel' Beschränkungen ebenfalls enthoben werde. Allein<br />

das eine wie das andere Verlangen begegnet den grössten theoretischen<br />

und praktischen Schwierigkeiten, und wir werden wohl noch lange<br />

dem ungelösten Problem gegenüberstehen: wie eine Industrie, die<br />

gleichzeitig als Ibus- und Fabrik-Industrie betrieben wird, von Staats<br />

wegen vernünftig reglementirt werden kann. 1)<br />

Nur da ist dem fabrih:mässigen Betrieb auch heute noch seine natürliche<br />

Überlegenheit gesichert, wo es sich um. die Anfertigung schwieriger<br />

und teurer Specialartikel in grösserem Masstabe handelt, welche<br />

steter Überwachung und Anleitung bei der Arbeit und besonders sorgfältiger<br />

Behandlung und haushälterischer Verwendung des Materials<br />

bedürfen.<br />

Dass neben dem schon oben in Kürze angedeuteten, allgemeinen<br />

Geschäftsgange auch die bisher geschilderte Entwicklung der Maschinenstickerei<br />

ihren sehr fühlbaren Einfluss auf die Erträgnisse und deren<br />

Verteilung ausgeübt hat, lässt sich voranssetzen.<br />

Die Jahre 1867-68 gehörten nicht zu denen, in welchen aus<br />

dem Vollen geschöpft werden konnte. Für die kleinem Fabricanten<br />

wenigstens war der Absatz schwierig zu finden. Von einer Arbeit mit<br />

Verlust war aber auch für diese Klasse der Producenten noch keine<br />

Rede. Die darauf folgenden drei Jahre de~ ersten, grossen Aufschwungs<br />

brachten reichen Verdienst für alle ~tn der Maschinenstickerei Beteiligten.<br />

Der Fabriksticker , der selbständige Lohnsticker , der Stickfabricant<br />

und der Kaufmann, den Maschinenfabricanten nicht zu vergessen,<br />

befand sich vortrefflich dabei und der Wohlstand des Landes<br />

hob sich zusehends; wobei allerdings in Hechnung zu bringen ist, dass<br />

') Uber neueste Versuche 7,Ur Selbsthülfe durch freie Vereinigung wird in dem künftigen<br />

Jahresberichte des kaufm. Directoriums Näheres gesagt werden können.<br />

Ma~chinen.~tie k e I'U i.<br />

ein groSSeI' Teil des einströmenden Segens sofort in neue Stickfabriken<br />

nnd McLsclünen gesteckt wurde, deren AnhLge- und Ankaufskosten doch<br />

zu allerel'st wieder verdient und a,mortisirt sein wollten, ehe von einem<br />

wirklichen Reingewinn und einer sichern Vennehnmg des Volksvermögens<br />

mit Recht gesprochen werden durfte.<br />

Die vorübergehende Stockung des Absatzes, "velche nach dei' übermässig<br />

raschen Produetionsvermehrung diesel' Jahre eintrat, traf ÜLst<br />

ausschliesslich die Maschinenbesitzer, d. h. die damals noch unbedingt<br />

vorherrschenden Fabricanten im weitern Sinne des Worts. Die Preise<br />

des Products giengen durchschnittlich um einen vollen Drittel zurück;<br />

aber die Stickerlöhne konnten nicht erheblich herabgesetzt werden,<br />

da die Arbeiter und Arbeiterinnen f'ÜT die gewaltig vermehrte Anzahl<br />

der Maschinen kaum aufzutreiben waren. Auch der Kaufmann fand<br />

trotz der niedrigen Preise noch seine Rechnung; dem) der Begehr<br />

nach Maschinenstickereien hatte durchaus nicht abgenommen, sondern<br />

vermochte in seinem Wachstum nur nicht gleichen Schritt zu halten<br />

mit demjenigen der Productioll. In den Jahren 1872-73 wurde wohl<br />

von manchen Stickfabricanten schon mit Schaden gearbeitet; die Maschinen<br />

und Fabrikgebäude erfuhren eine sehr fühlbare Entwertung<br />

und zum ersten Male äusserten sich ernstliche Befürchtungen, dass bei<br />

längerer AnchLuer dieser Zustände eine Krise über die bisher so blühende<br />

Industrie hereinbrechen möchte.<br />

Statt dessen erhob sich um elie Mitte des J a,hres ] 874: eine neue<br />

Flut.welle, welche die Preise spl'Lll1gweise in die Höhe trieb nnd elen<br />

JYIaschinenbesitzern - Lohnstickel'l1 und wirklichen Fabricanten _<br />

reichlich 'wieder einbrachte, was sie in elen rmar vorhergehenden Jahren<br />

eingehüsst hatten oder was ihnen entgangen wal'. Sie konnten ihre<br />

Preise beinahe nach Belieben stellen und strichen den Löwenanteil ein<br />

von dem Tribute, den die ausländischen M~i,rkte nnserer Stickerei damals<br />

willig beza,lllten. Der Fabriksticker pl'ofitirte allerdings auch eilligermassen<br />

davon durch erhöhte Löhne " der Kaufmann dao·eo·en. von der<br />

(j b /<br />

nnvermntet und mit ungewöhnlicher Heftigkeit eingetretenen Preiserhöhung<br />

übelTascht, musste zuerst nmnche übernommene Lieferung<br />

ohne Nut.zen oder gar mit eigenem Schclden ausführen lnssen und hatte<br />

179


180<br />

[J1{l11~trie der Gcwcl,e. - Die st. g'tdlische HlLUlllwollinL1ustrie.<br />

auch später oft Mühe, Bestellungen überhaupt oder doch zu Preisen<br />

unterzuhringen, welche ihn für seine Arbeit und Mühe ebenfalls entschädigten.<br />

Ihren Höhepunkt, was Erträgnisse anbelangt, erreichte die<br />

Maschinenstickerei wohl im Jahre 1875, welches in der Geschichte dieses<br />

Industriezweigs beinahe als das "to lle Jahr" bezeichnet werden darf.<br />

Mit der Ernüchterung von diesem 'raumel beginnt aher auch die Leidensgeschichte<br />

der fabrikmässig betriebenen Maschinenstickerei , die es unter<br />

dem Drucke der sich über das ganze Land verbreitenden Einzel- oder<br />

Haus-Stickerei seither nie mehr auf einen grünen Zweig gebracht hat.<br />

trotz lebhaften Begelll's nach ihren Fabricaten. Der Einzelsticker stellte<br />

sich für courante Ware dem Kaufmann zu billigeren Bedingungen znr<br />

Verfügung, und der lohnstickende Fabrikbesitzer musste sich wohl oder<br />

übel da,zu verstehen, elie Aufträge des Kaufmanns zu den gleichen Stichpreisen<br />

zu übernehmen; obschon ihn bei seinem Betriebe die' gleiche<br />

Arbeit wenigstens um Ö. wenn nicht um ß bis 8 Rappen auf 100 Stich<br />

teurel' zu stehen kömmt. Auch der eigentliche Stickfabricant litt nicht<br />

viel weniger, als der Lohnstickel' mit Fabl'ikbetrieb unter diesen Verhältnissen.<br />

Heide mussten im besten Falle mit einem minimen Gewinn<br />

vorlieb nehmen, viel häufiger aber umsonst arbeiten und nicht selten<br />

noch ganz erheblich zusetzen trotz der Lol~nreductionen, mit welchen<br />

sie ihre Arbeiter begreiflich nicht verschonen, aber auch nicht in vollem<br />

Masse des Preisrückgangs heimsuchen konnten. Der Kaufmann litt zvvar<br />

nicht unmittelbar unter der Entwertung des F~Lbricats; doch hatte anch<br />

er grosse Mühe, elie sieh jährlich steigernde lVIassenprocluction so unterzubringen,<br />

class für ihn noch etv,ra"s Ordentliches ~Lbfiel. So geriet in<br />

den letzten ,hhren unserer Berichtszeit die viel bewnnc1erte u11(l ]Jeneidete<br />

Maschinenstickerei


182<br />

[nc1ustl'ie dcl' Gewebe. -~ Die Bt. gallische B'Llllllwollimlustl'ie.<br />

Mfl>:ehinenstiekel'ei.<br />

lR3<br />

nicht verschliessen, dass das Verhältnis von Stickel' und Fädlerin, die<br />

durchaus und ganz unmittelbar auf gemeinschaftliche Arbeit angewiesen<br />

sind und in fortwährendem persönlichem Verkehre mit einander stehen,<br />

der wunde Punkt in den Arbeiterverhältnissen der Maschinenstickerei<br />

ist; besonders in kleinern Fabriken, wo keine specielle Aufsicht übel'<br />

das Arbeiterpersonal stattfindet oder der Fabrikbesitzer gar aus der<br />

Zulassung oder Begünstigung der Zuchtlosigkeit eine Anziehungskraft<br />

für eine gewisse Sorte von Arbeitern zu machen sucht.<br />

Wesentlich besser steht es damit bei der Einzel- oder Haus-Stickerei,<br />

wo die eine Maschine in der Regel und auch zwei Maschinen häufig<br />

ausschliesslich von den Familienmitgliedern bedient "yerden, ohne dass<br />

dadureh der regelmässige Gang der Haushaltung erheblich gestört würde.<br />

Dafür entsteht bei dieser Hausindust-rie die Gefährde der übermässigen<br />

Ausnutzung der Kinder für die Fädlerei, wovon in neuester Zeit recht<br />

bedenkliche Beispiele an die Öffentlichkeit gebracht worden sind. Auch<br />

in Bezug auf die gesundheitssehäcllichen Einflüsse ist der Hausbetrieb<br />

der Maschinenstickerei im Nachteil gegenüber dem Fabrikbetriebe.<br />

Denn darüber dürfte man kaum verschiedener Ansicht sein, dass die<br />

Locale einer auch nur normal eingerichteten Stickfabrik durchschnittlich<br />

ein gesunderer Aufenthalt sind, als die Räumlichkeiten, in welchen<br />

die ein oder zwei Maschinen der Hausindustrie untergebracht<br />

sind; ob diese Räumlichkeiten nun notdürftig einem schon bestehenden<br />

Gebäude an- oder eingefügt, oder aber für sich ~11s besonderes kleines<br />

Bauwerk aufgestellt worden seien. Noch mehr fällt ins Gewicht, dass<br />

gerade der fieissige Einzelsticker stets der Versnchung ausgesetzt ist,<br />

durch übermässige .Ausdehnung seiner Arbeitszeit die Gesundheit zu<br />

ruiniren , da die Handhabung der grossen Stickmaschine auch nach<br />

allen an ihr angebrachten Vervollkommnungen und Erleichterungen<br />

doch immer noch eine anstrengende Arbeit.ist, bei welcher sich schon<br />

mancher unmerklich die Schwindsucht oder t1lldere schwere Leiden<br />

geholt hat. . Es ist daher ein N ormahLrbeitstag von 11 Stunden für<br />

den Normalsticker vollauf genügend, wenn er Gesundheit und Leben<br />

nicht ernstlich gefährden will.<br />

Die Arbeiter der Maschinenstickel'ei sind mit Ansnahme eines<br />

verschwindend geringen Bruchteils aus den Söhnen und Töchtern uusers<br />

Laudes hervorgegangen. Ist es doch noch .Jedem in lebhaftester<br />

Erinnerung, wie eine Zeit lang nicht bloss elie eben heranwachsende<br />

und ins praktische Leben eintretende Generation der Handarbeiter<br />

und Arbeiterinnen in hellen Haufen der Stickerei zuströmte, sondern<br />

auch schon längst in anclern Industrien, in Handwerk und Landwirtschaft<br />

mit gutem Erfolge tätige Leute der gewohnten Beschäftigung<br />

den Rücken wandten, um sich in mittlern oder gar in alten Tagen<br />

eiligst noch zum Stickel' auszubilden, so gut es eben gehen wollte.<br />

Spinnerei, Weberei und feine Handstickerei klagten über die<br />

Desertion ihrer Arbeiter und zwar zumeist der besseren; die Landwirtschaft<br />

empfand den Entzug von Arbeitskräften höchst unangenehm;<br />

das Handwerk blieb grossenteils fremden Elementen überlassen,<br />

weil das Sticken unsern jungen Männern "nobler" vorkam, und die<br />

jungen Mädchen zu Stadt und Land hielten die Fädlerei mit allem,<br />

was drum und dran hängt, mit der vierzehntägigen Lohnzahlung in<br />

klingender Münze und mit dem freien Sonntag für eine menschenwürdigere<br />

oder auch für eine kurzweiligere Beschäftigung, als den früher<br />

gewohnten Dienst des Kindermädchens oder der Küchenmagd ; dafür<br />

waren ja die des Dienens gewohnten Angehörigen der monarchischen<br />

Länder jenseits des Bodensees vorhanden. Es darf in der Tat von<br />

einer kleinen socialen Umwälzung gesprochen werden, welche durch<br />

die ungeahnte Entfaltung der Maschinenstickerei in den Verhältnissen<br />

und Lebensgewohnheiten unserer Handarbeiter hervorgerufen wurde.<br />

Dass damit nicht zu viel gesagt ist, mag daraus ermessen werden,<br />

dass nach der statistischen Aufnahme von 1880 der neue Industriezweig<br />

in den drei Kantonen St. Gallen, Appenzell und Turgau mit<br />

zusammen 375,000 Einwohnern nahezu 30~000 Arbeiter beschäftigte,<br />

welche zum allergrössten Teile der einheimischen Bevölkerung entnommen<br />

und andern Lebensstellungen entzogen oder vorenthalten worden<br />

sind. Es ist uns eine· einzige E'irma bekannt, welche zur sofortigen<br />

Besetzung rasch nacheinander ins Leben gerufener Stickfabriken Arbeiter<br />

aus dem Ausland - Piemont -- und aus anderen Kantonen<br />

- Solotul'l1, Argau, Graubünden - herbeigeholt hat.


IAlhne.<br />

184<br />

Tnrlustrie der Gewebe. Die st. g'ftllische Ibmnwollindnshie.<br />

Der Lohn sowohl des Fabrikstickers, wie die Bezahlung des Lohnstickers<br />

anf eigener Maschine ist von Anfang an nach der Zahl der Stiche<br />

berechnet worden, und zwar nach dem Hundert. Dabei fällt auch der<br />

Happort in Betracht, da der schmalere begreiflicherweise mehr Arbeit<br />

und Material verlangt, als der weitere, und innerhalb des Rapports<br />

die Qualität des Musters, ebenfalls mit Rücksicht auf dessen grössere<br />

oder geringere Anforderungen an Arbeit und JVlaterial. Hundert Stiche<br />

eines spitzenal·tigen oder eines zweifarbigen Musters bedürfen mehr<br />

Arbeit, als hundert Stiche eines einfarbigen Musters ohne Höhlungen<br />

oder sonstige besondere Stich arten , und hundert Stiche eines feinen<br />

Musters bedürfen eines weniger häufigen Unterbruchs der Arbeit durch<br />

neues Einfädeln und weniger Stickgarn, als hundert Stiche eines groben,<br />

sogenannten fadenfressenden Musters. Das letztere kömmt zwar für den<br />

Fabriksticker nicht in Betracht, der nicht auf eigene Rechnung arbeitet,<br />

sondern im Dienste des Fabricanten, der ihn eingestellt hat und ihm<br />

alles Material liefert ; dagegen gar sehr für den Lohnsticker, der von<br />

dem Kaufmann oder Fergger Ware zur Ausführung übernimmt nnd<br />

mit Ausnahme des Stickbodens alles Übrige von sich aus liefern muss,<br />

bezw. auf seine Rechnung geliefert erhält. Ferner gehen dem Lohnsticker<br />

bei richtiger Rechnung an dem Stichpreise ab die Kosten für<br />

die Amortisation der Maschine, für Heizung, Beleuchtung und Miete<br />

der benutzten Räumlichkeit. 1) Die Stichpreise der nebenstehenden<br />

Tabelle sind diejenigen, welche während der 14 Jahre unserer Berichtsz;eit<br />

für mittlere, an Lohnsticker ausgegebene Muster, G/4 Rapport,<br />

bez;ahlt wurden. Für 4/4 Rapport sind durchschnittlich 4-5 Rappen<br />

~Luf 100 Stiche mehr zu rechnen.<br />

Die Zahl der Stiche, welche em geübter und fleissiger Stickel'<br />

zuerst bei zwölfstünc1iger, jetzt bei den leichteren und verbesserten<br />

') Die Ausgaben für clas Material (Stickgal'l1, Wachs, Schmieröl etc.) werden je nach<br />

llom Muster auf 4-10 Hpn. für 100 Stich angeschlagen, die Kosten fiir Amortisation etc. an1'<br />

G Rpn. fiir 100 St.ich. Für elie Bezahlung der Fäcllerin hatte der Lohnsticker, der sich nicht<br />

mit eigenen Leuten behelfen konnte, bis 1880 wenigstens 10 Rpn. pro 100 Stiche zu rechnen.<br />

- Bis 1875 w1ll'de der übel' den Taglohn des Fabrikstickers hinausgehende 'rag'esverdienst,<br />

hezw. der Untel'l1ehmergewinn des Lohnstickel's [Luf durchschnittlich 7 Rpn. fü]' 100 Stiche berechnet.,<br />

von 1876-80 noch [1uf 2 Rpn.; in den letzten JaJ1l'en ist er ganz verschwunden, wo<br />

nicht ausnahmsweise günstige Verhältnisse vorlagen.<br />

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24


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lI1aschinenstickerei.<br />

neuen Maschinen bei eilfstündiger Arbeitszeit im Tage macht, beträgt<br />

durchschnittlich 2000-2500, je nach dem Muster. Der 'raglohn des<br />

Fabrikstickers hat sich bis 1875 auf ca. Fr. 4) von da an auf ccl,. Fr. 3<br />

gestellt. Die Fädlerin bezog in jener ersten Periode einen durchschnittlichen<br />

Taglohn von Fr. 2. 50, in der zweiten von Fr. 2. Der 'raglohn<br />

der Nachstickerin darf auf ca. Fr. 2 angesetzt werden.<br />

Hier ist auch der Ort, mit einem Worte noch des Verdienstes<br />

zu erwähnen, der Hunderten und Tausenden aus der Maschinenstickerei<br />

erwächst durch das Ausschneiden, d. h. das Zerschneiden und Auskopfen<br />

der vom Stickstuhl kommenden Stücke in die abgepassten Streifen,<br />

wie sie in den Handel gebracht werden, und das Entfernen des Stickbodens<br />

bei Spachtelware und spitzenartigen Stickereien, soweit solches<br />

nicht durch die Operationen des Bohrers oder durch Wegätzen besorgt<br />

wird; ferner durch die Ausl'üsterei, d. h. das Aufmachen auf Cm·ton,<br />

das Einlegen in Schachteln, das Etiquettiren u. s. w. Nicht nur hat<br />

jedes grössere ExpOl'thaus seine eigene Ausrüsterei; sondern es gibt<br />

auch besondere Geschäfte, welche J alU' ein, Jahr aus mit einer ziemlichen<br />

Anzahl von Arbeiterinnen nur die Ausrüsterei betreiben. 1) Die<br />

Ausschneiderei aber verteilt sich in ungezählte Privatwohnnngen zn<br />

Stadt und Land, gewährt alleinstehenden Frauenspersonen eine freilich<br />

kärgliche Existenz oder noch häufiger in bescheidenen Verhältnissen<br />

lebenden ]~amilien eine höchst willkommene Nachhülfe ; tyobei<br />

freilich wieder der Übelstand nicht zu vermeiden ist, chLss bisweilen<br />

auch Kinder über alle Gebühr bis tief in die Nacht hinein zu dieser<br />

Arbeit angehalten werden, um ein paar Rappen mehr zu verdienen.<br />

Der Lohn für das Zerschneiden und Auskopfen oder Auszacken der<br />

Festons richtet sich nach dem gelieferten Quantum und wird für gewöhnliche<br />

W tLre in gewöhnlichen Zeiten Fr. 1 für die Arbeit eines<br />

ganzen 'rages selten übersteigen. 2) Für das Ausschneiden im engem<br />

Sinn 3) wurden in der Blütezeit der Spachtelstickerei von einer f1eis-<br />

1) Bei der statistischen Aufnahme von 1880 wmden im Kanton St. Gallen 75 kleinero<br />

und grössere selbständige Ausrüsterei-Geschäfte gezählt mit 582 Arbeiterinnen; dazu 919 Ar­<br />

Leiterinnen und 11 Arbeiter in der mit Exporthäusern verbundenen Ausrüsterei.<br />

2) Gewöhnlich wird 2 1 / 2 Rp. für den Streifen bezahlt.<br />

3) Entfernen des Stoffes mitte1st der Scheere an gewissen Stellen des l\fusters.<br />

24<br />

185


Al'heitel'-<br />

wohnungen.<br />

Krankenkassen.<br />

186<br />

Industrie der Gewebe. -<br />

Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

sigen und geschickten Ausschneiderin mit Leichtigkeit Fr. 2-3 täg~<br />

lich verdient.<br />

Von Arbeiterwohnungen kann bei der Maschinenstickerei nur da,<br />

die Rede sein, wo sich diese Industrie in grossen Etablissements concentrirt;<br />

was ja verhältnismässig nur an wenigen Orten der Fall ist.<br />

Bei der Mehrzahl solcher Etablissements sind sie vorhanden, und zwar<br />

III Q'eradezu musterhafter Weise. 1)<br />

h Die Zwi.tterstellunbO' der Maschinenstickerei als Haus- und Fabrik-<br />

Industrie und das Vorherrschen kleiner Etablissements bei dem fabrikmässigen<br />

Betriebe erklärt es auch zur Genüge, dass Fabrik-Kran:cenund<br />

Hülfskassen hier nur bei wenigen grossen und ältern EtablIssements<br />

- R.ittmeyer, Kronbühl, Engelburg, Gossa,u - vorhanden sind. 2 )<br />

N eben solchen Fabrikkassen, welchen auch die Arbeiterinnen als Mitglieder<br />

angehören, entstanden schon seit der ersten Hälfte. der Sec~ziO'er-Jahre<br />

locale oder regionale Krankenvereine für StIcker, dIe<br />

.... b<br />

P'l'össten in St. Gallen und Umgebung. 3)<br />

Cl Im Jahre 1871 tauchte zuerst der Gedanke auf, diese zerstreuten<br />

kleineren Vereine zu einem CentralverbfLnde zu vereinigen, welcher<br />

den Mit'gliedern Garantie für gleichmässige Unterstützung bieten, ihnen<br />

1) Vor allen dürfen die Arbeiterhttuser der Actienstickerei Kronbühl in der. Gen:ein.de Wittenbach<br />

und der Rittmeyer'schen Stickerei in der Gemeinde Stmubenzell -: b81de Je .~me ~tunc~e<br />

von St. Gallen - n~it höchstem Lobe erwähnt werden. Die letztere Fll'ma .hat uberd:es em<br />

besonderes Mädchenasyl eingerichtet, mn sich einen Stock ordentlicher Fäcllennnen zu slChern.<br />

In diesel' Anstalt erhalten die Mädchen neben Kost und Logis auch den durch .. das Ge~:tz e:.­<br />

forc1erlichen Erg'änzungsuntenicht und Anleitung zu allen Haushaltungsgesclmften. . SIe ~.e -<br />

pflichten sich zu einem Aufenthalt von drei Jahren; ihr jährlich waehsender L~l111 wll'd wahrend<br />

der Dauer ihres Aufenthltlts capitalisirt und ihnen beim Austritt in Form e111es Sparcassascheins<br />

ausgelüindigt.<br />

2) Diese 4 Krankenkassen zusammen wiesen auf Ende 1~80 47? lllf.innliche. un.d 4~5 w~ibliche<br />

Mitglieder und ein Vermögen von Fr. 17,452. 68 auf. An Ihre 111ltnnhchen Müghe~el wmde~I<br />

im Jahre 1880 Fr. 4,842. 7D, [Lll die weiblichen Fr. 3,066.15, zusammen also Fr. 7,908. 8i) an Untelstützungen<br />

allsbezllhlt. -- Zu bemerken ist ferner, dass die I~asse ~n Eng~~bu~:g vo~ den AI~<br />

gestellten und Arbeitern der drei bei einander gelegenen Sticker81en Schonbuhl, 'Iannenbel h<br />

und EnO'elburg geführt wird.<br />

") Für St. Gallen und Umgebung bestanden längere Zeit sogar .zwei Ve~'ein~ : der sO~'enannte<br />

kleine" und der O'ros8e" Verein; der erste soll im Jahre 1863 mIt 79 MItghedern :emen Anfan<br />

O' O'enommen h~ben. Ende der Sechziger-J ahr8 verschmolzen sich die beiden Vereme zu dem<br />

jetz~ I~och bestehenclen "Krankenunterstützungsverein der Sticker von St. Gallen, Tablat, Straubenzell<br />

und Gaiserwald", dessen Bestand und Leistungen von 1870/84 aus nachstehenden Zahlen<br />

ersichtlich sind:<br />

) ,<br />

lVlaschinenstickerei.<br />

187<br />

so weit möglich Freizügigkeit ohne Verlust der bei emer Loca1kasse<br />

erworbenen Rechte sichern und den Loc[tlvereinen oder Sectionen da,<br />

wo deren eigene Mittel nicht ausreichten, ausgleichend zu Hülfe kommen<br />

sollte. Zehn Sectionen traten damals dem "Centra1verbande der<br />

Krankenunterstützungsvereille der Sticker" bei. Nach den ersten drei<br />

Jahren seines Bestandes waren es immer noch zehn. Erst seit im Jahre<br />

1875 eine gründliche Statutel1l'evision stattgefunden, gedieh die Vereinigung<br />

durch langsame, aber stetige Vermehrung ihrer Sectionen. Bis<br />

zum Mai 1880 brachte sie es auf ihrer 20 mit 1600 Mitgliedern; gegenwärtig<br />

- 1885 - sind es 39 mit 3488 Mitgliedern. 1)<br />

Die Hauptbestimmungen seiner Statuten gehen dahin, dass jede<br />

Section wenigstens 15 Mitglieder haben muss 2) und verpflichtet ist,<br />

von jedem, Mitgliede monatlich Fr. 1 für ihre Kasse zu erheben und<br />

jährlich 50 Rpn. für die Centralkasse. 'Wird ein Mitglied krank, so<br />

erhält es aus der Sectionskasse eine wöchentliche Unterstützung von<br />

Fr. 12 bis auf die Gesamtsumme von höchstens Fr. 500,3) und kann<br />

eine Sectionskasse diese statutarische Unterstützung aus ihren Mitteln<br />

nicht mehr leisten, so tritt die Centrallmsse ergänzend ein. 4) Die<br />

Leitung des Verbandes steht bei einem Comite von 7 .Mitgliedern,<br />

von welchen 4 frei durch die alljährliche Generalversmnmlung ge-<br />

]\[itglie- Unterstützungen Kassa1Jestanc1 beim J\litglie- UntCl's~Ützungcn Kassa.bestulld beim<br />

del'zahl<br />

''-----,<br />

Summo Rechnungs~tbschl. den'zahl Rechnullgsabschl.<br />

l~aticntCll Patienten SUllllne<br />

1870 316 90 Fr. ]848.- Fr. 2965. ~17 1878 347 95 Fr. 7568.- Fr. 4127. 72<br />

1871 334 106 2231. - 33155.67 1879 337 82 6544. - 372,1. 14<br />

1872 319 106 3235. --<br />

" 2723.88 ]880 370 77 15368. - " 5906.-<br />

1873 342 80 2368.- 2362. 63 1881 377 79 5842.- 3450.-<br />

1874 331 73<br />

" 2389.- 228~3. 48 1882 390 67 M34. 50 4320. --<br />

1875 315 59 1827. - 2625.27 1883 'U2 73<br />

"<br />

4438.50 5513.81<br />

1876 335 74 25M.-<br />

" 4943. 20 1884 M5 82 5648.- 6018.91<br />

1877 3,11 66 4182.- 5902.95<br />

"<br />

1) Übel' die Grenze der Schweiz ist der Verband bisher noch nicht gegangen.<br />

2) Aufmlhmsfähig sind Stickel' und definitiv Angestellte in Stickereien von 18-50 Jahren.<br />

Bis zum zurückgelegten 30. Jahr wird kein Eintrittsgeld lJezllhlt, vom 31.-40. Jahr 1


Haftpflicht.<br />

188 Industrie der Gewebe. - Die st. gltlli8che Baumwollimlustrie.<br />

wählt, 3 - nämlich Präsident, Kassier und Actum' - durch diejenige<br />

Section bezeichnet werden, welche als Vorort functionirt. Der<br />

V orort hat wenigstens alle drei Jahre zu wechseln. An die jährliche<br />

Generalversammlung schickt jede Section bis auf 50 Mitglieder einen<br />

Abgeordneten und so für je 50 weitere Mitglieder. Ihr Hauptgeschäft<br />

ist neben den W::Lhlen die Abnahme der Jahresrechnung.<br />

In den Jahren 1870 -79 haben die Sectionen des Oentralverbandes<br />

an zusammen 1494 Patienten Unterstützungen im Gesamtbetrage<br />

von Fr. 59,664. 60 verabfolgt; an die Centrallmsse wurden Fr. 2,430.­<br />

eingezahlt und Fr. 2350. - aus derselben abgegeben. Das Gesamtvermögen,<br />

bezw. der Kassabestand sämtlicher 23 Sectionen mit 1744<br />

Mitgliedern stellte sich mit Inbegriff der Centrallmsse Ende 1880 auf<br />

Fr. 30,214. -; an Krankenunterstützungen und Beercligungskosten<br />

wurden in jenem J::Ll1l'e ausbezahlt Fr. 14,430. 1 )<br />

Die Haftpflicht hat für die Stickerei eine höchst untergeordnete<br />

Bedeutung, da der Betrieb dieser Industrie so zu sagen gar keine<br />

Gefährde bietet und U'nfälle bisher unsers Wissens noch gar nie vorgekommen<br />

sind.<br />

MASCHI NEN -STICKERE I<br />

nach der statist Ardnahme VOIn Jahre 1880,<br />

Als AnhLgecapitaJ der st. gallischen Maschinenstickerei im Jahre<br />

1880 dürfen wohl l:1uf die Ma,schine, Gebäulichkeiten inbegriffen, Fr. 3000<br />

gerechnet werden; dabei wäre für die Amortisation auf den ältern Fabrikanlagen<br />

und Maschinen schon eine gewisse SU111me in Abzug gebracht.<br />

Das gesamte AnlagecapitaJ würde sich demnach in runder Summe auf<br />

25 Mill. Franken stellen, Den Durchschnittswert der Jahresproduction<br />

einer Stickmaschine, Stoff und Ausrüstung inbegriffen, schätzt man bis<br />

zum Jahr 1875 auf etwa Fr. 5000, für das Jahr 1880 aber nur noch auf<br />

') ~Wir fügen hier noch die wichtigsten Zahlon der Jahre 1881-84 bei:<br />

Sectlonen l\Jitgliec1el' Unterstützungen Vermögcllsbestand<br />

1881 27 1968 Fr. 17,391. 20 Fr. 35,385. -<br />

1882 33 2780<br />

" 21,861. - 44,791. 50<br />

1883 37 3138<br />

"<br />

" 24,052.40 " 50,670.21<br />

1884 39 3488<br />

" 32,878. 75 " 60,156.60<br />

Die Krankheiten, welche bei den Stickern am meisten vorkommen, sind Brnst- und Mltgenleiden.<br />

- Näheres über die sanitarischen Folgen der Maschinenstickerei bietet die treffliche<br />

l'cbhltncUung' des Herrn Fabrikinspector Dr. Schule!' über diesen Gegenstand in der Deutschen<br />

Vierteljahrsschrift für öfIentliche Gesundheitspflege, Bel XIV, H. 2.<br />

r<br />

1 Mascl,ine<br />

stGallen~<br />

~=!ff'- OberRheiniaL<br />

...... JVerdenber.fJ<br />

~ Sr.zrga7lS<br />

'" ~::l:~irk<br />

t!1 Ober TO{/genbllT'§<br />

. Neu, .-<br />

All "<br />

I Wil<br />

{/Tzter>"<br />

l Gossau<br />

~ Vordel'lalld<br />

~ MilteluUid<br />

~Hin1e7'ILLnd.<br />

~l1Ulerrode/l<br />

Arbon<br />

:; Bisdwfoell<br />

rJ Miinchmilen<br />

'"olJ JVeüifelden<br />

~ FrdtertiNd<br />

p KreuxiiTlqen<br />

201-250<br />

70-100<br />

51- 75<br />

1f.[-50<br />

31- 4,0<br />

26- 30<br />

2l-25<br />

1& - 20<br />

10 -15<br />

Wurst.er,Ral1degger &C~ 'finterthut'.


Maschinenstickerei.<br />

189<br />

I<br />

höchstens Fr. 4000. Dies ergäbe für unsern Kanton die abgerundete Gesamtziffer<br />

von 32 Mill. Franken. Das Betriebscapital für einen Stuhl ist<br />

auf die Hälfte des Wertes der Jahresproduction, für 1880 also auf Fr. 2000<br />

jährlich anzuschlagen und für rund 8000 Stühle auf 16 Mill. Fr. 1 ) Der<br />

durchschnittliche Jahreslohn für die Bedienung einer Maschine - Sticker,<br />

Fädlerin und Nachstickerin - darf beim Abschluss unserer Berichtszeit<br />

noch unbedingt auf wenigstens Fr. 2000, die gesamte jährliche Lohnsumme<br />

also auf mindestens 16 Mill. Fr. angenommen werden. 2 ) Dazu bedenke<br />

man die Gehalte und Löhne für Büreau-Angestellte, für Zeichner,<br />

Vergrösserer und Ausrüsterinnen, den Verdienst, welcher elen Lithographen,<br />

Papierhändlern, Kistenschreinern, Buchbindern u. a. aus der<br />

Maschinenstickerei zufliesst, und man wird deren Bedeutung für unsern<br />

Kanton und unser ganzes Industriegebiet ermessen und die Spannung<br />

begreifen, mit welcher die Schicksale dieses Industriezweigs verfolgt<br />

und die Berichte darüber bis in die letzte Hütte aufgenommen werden.<br />

Die bezirksweise Verteilung in den drei Kantonen St. Gallen,<br />

A ppenzell und TUl'gau nach den drei Aufnahmen von 1 S 72, 1876 und<br />

1880 und damit zugleich die Ausbreitung der Maschinenstickerei von<br />

einer Aufnahme zur andel'l1 wird in den nebenstehenden Kärtchen zur<br />

Anschauung gebracht. 3)<br />

Die statistische Verteilung der st. ga,llischen Maschinenstickerei<br />

nach den Bezirken und Gemeinden, der appenzellischen und turgauischen<br />

nach den Bezirken der drei Kantone gestaltete sich bei den<br />

drei Aufnahmen von 1872, 1876 und 1880 in Zahlen, wie umstehend 4):<br />

') Wer dieses Betriebscapital liefert, kann uns hier gltnz gleichgültig sein.<br />

2) Nach diesen Ansätzen wäre für das Jahr 1880 das Anlagecapital für die fJctnze schweizerische<br />

Maschinenstickerei - mit Inbegriff des Vorarlbergs 14,777 Maschinen - in runder Summe<br />

fLUf 45 lVIill., das Betriebscapital auf 30 Mill., die Jahresproduction auf 60 Mill., der gesamte<br />

Jahreslohn auf 30 Mill. Franken anzusetzen, ganz enorme Summen, selbst wenn für BetriebsclLpital,<br />

Production und Lohn noch ein erheblicher Abzug für stillsteh ende Maschinen gemacht<br />

wird, deren Zahl übrigens bei der Aufnahme von 1880 nur ca. '/2 % betrug.<br />

3) Wir bemerken dabei, dass für das Kärtchen von 1872 die Volkszählung von 1870 als<br />

Grundlage angenommen worden ist, für dasjenige von 1876 die Mittelzahl der Zählungen von<br />

1870 und von 1880, für das Kärtchen von 1880 selbstverständlich die Volkszählung von 1880.<br />

4) Da bei der Statistik über die Arbeiter der nötige Raum für die Beifügung der Angestellten<br />

und Lehrlinge, sowie der Fergger fehlte, bemerken wir hier, dass die Zahl der erstem<br />

für den Kltnton St. Gallen 198, für A ppenzell 92 und für Turgau 17 betrug, die Zahl der Lehrlinge<br />

für St. Gallen 28 und für Appenzell 8, die Zahl der Fergger für St. Gallen 8, Appenzell 8<br />

und 'rl1l'gau 2.


190 Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baul1lwollindustrie.<br />

, Maschinenstickerei.<br />

191<br />

Gemeinden<br />

Maschinen<br />

Kanton<br />

~.----------------------------------------------------------~<br />

2-7 Maschinen in einem<br />

Einzelstickel'<br />

Zusammcn<br />

in Fa.briken VOll 8 und mehr<br />

J\'Iaschincn<br />

Local<br />

st. Gallen.<br />

Arbeiter<br />

~--------------------------~----------------------------<br />

männlich<br />

weiblich<br />

Kinder unter 16 Jahren<br />

ZusamUlcn<br />

Knaben<br />

Mä,dchell<br />

1872 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880<br />

St. Gallen . . . . 275 263 217 62 34 37 9 2 1 346 299 255<br />

----------------------------~------~--~~~:.~-=~<br />

1872 1876 1880<br />

349 224 249<br />

1872 1876 1880<br />

394 277 286<br />

1872 1876 1880<br />

26 3 4<br />

1872 1876 1880 1872 1876 1880<br />

43 6 10 812 510 549<br />

Bezh'7c Tablat.<br />

'rabIat . .<br />

Wittenbach<br />

Häggenswil<br />

Muolen ..<br />

171 214 216<br />

166 212 188<br />

16 28<br />

337 442 432<br />

88 75 57<br />

7 5 3<br />

7 7 10<br />

16 29 37<br />

118 116 107<br />

10<br />

4<br />

1<br />

15<br />

10<br />

1<br />

6<br />

2<br />

19<br />

27<br />

4<br />

3<br />

8<br />

42<br />

269 299 300<br />

173 218 195<br />

11 29 41<br />

17 31 45<br />

470 577 581<br />

274 247 291<br />

118 98 187<br />

11 19 41<br />

17 24 44<br />

420 388 563<br />

330 301 351<br />

234 230 180<br />

7 26 39<br />

12 25 48<br />

583 582 618<br />

14<br />

13<br />

2<br />

29<br />

1<br />

12<br />

13<br />

4<br />

4<br />

5<br />

1<br />

14<br />

21<br />

26<br />

4<br />

9<br />

60<br />

9<br />

28<br />

1<br />

38<br />

4 639 558 650<br />

35 391 368 406<br />

7 24 45 92<br />

1 38 50 94<br />

47 1092 1021, 1242<br />

Bezirk Rorschacll.<br />

Mörswil<br />

Goldach<br />

Steinach<br />

Berg<br />

Tübach<br />

Untereggen<br />

Eggersriet<br />

Rorschacherberg<br />

Rorschach<br />

8 8<br />

34 34<br />

8<br />

16<br />

8<br />

34<br />

8<br />

16<br />

13<br />

2<br />

8<br />

4<br />

10<br />

8<br />

17<br />

2<br />

10<br />

4<br />

9<br />

3<br />

2<br />

14<br />

13<br />

9<br />

2<br />

19<br />

3<br />

7<br />

1<br />

2<br />

1<br />

1<br />

6<br />

1<br />

4<br />

3<br />

1<br />

4<br />

8<br />

1<br />

4<br />

4<br />

3<br />

28<br />

37<br />

10<br />

4<br />

1<br />

31<br />

37<br />

14<br />

7<br />

1<br />

30<br />

35<br />

17<br />

13<br />

5<br />

11 21 27<br />

3 8 19 22<br />

2 2 2 2 4 2<br />

~3_8 ___ 3_7 ____ 2_4 ____________ ~2 ________ ~2 __ ~2~ __ ~3~8 __ ~39 28<br />

80 103 90 45 47 62 14 23 27 139 173 179<br />

28 27 29<br />

37. 23 35<br />

10 14 17<br />

4 5 13<br />

1 4<br />

11 1\3 24<br />

8 19 22<br />

2 4 1<br />

38 28 26<br />

139 140 171<br />

30 35 32<br />

39 29 42<br />

9 17 19<br />

4 8 15<br />

1 5<br />

13 20 22<br />

10 26 29<br />

251<br />

45 35 31<br />

152 176 196<br />

4<br />

4<br />

1<br />

1<br />

1<br />

4<br />

15<br />

2<br />

1<br />

3<br />

. 1<br />

1<br />

5<br />

11<br />

2<br />

1<br />

6<br />

25<br />

6<br />

3<br />

3<br />

2<br />

1<br />

5<br />

20<br />

3<br />

1<br />

4<br />

1<br />

1<br />

10<br />

67 70 64<br />

91 55 78<br />

22 34 36<br />

8 13 28<br />

229<br />

26 41 51<br />

18 46 52<br />

493<br />

93 69 57<br />

331 339 378<br />

Bezirk Unterrheintcll.<br />

Tal ....<br />

Rheinegg ..<br />

St. Margreten<br />

Au<br />

Bernegg<br />

Balgach<br />

Diepoldsau<br />

24 38 38 22 15 10 3 5 5 49 58 53<br />

47 .52 68 40 40 28 1 87 92 97<br />

3 5 10 3 2 6 6 7 16<br />

8 44 46 6 18 19 2 18 14 59 83<br />

18 27 27 31 27 4 5 18 31 M 72<br />

8 31 49 23 35 35 2 5 25 33 71 109<br />

18 20 12 20 65 101 11 41 137 49 126 250<br />

--~--~--~--~~-=~~~--~--~~~--~~<br />

105 203 240 141 204 230 23 60 210 269 467 680<br />

49 48 48<br />

86 77 96<br />

6 1 16<br />

14 30 81<br />

31 41 72<br />

32 51 102<br />

47 85 243<br />

265 333 658<br />

48 54 60<br />

90 99 122<br />

5 1 17<br />

15 '42 97<br />

38 54 84<br />

37 62 116<br />

37 89 261<br />

270 401 757<br />

8<br />

13<br />

2<br />

1<br />

3<br />

13<br />

40<br />

2<br />

4<br />

1<br />

7<br />

1<br />

1<br />

10<br />

12<br />

3<br />

9<br />

2<br />

2<br />

6<br />

18<br />

40<br />

1<br />

1<br />

1<br />

4<br />

6<br />

13<br />

108 104 108<br />

1 198 181 219<br />

13,2 34<br />

6 , 33 73 184<br />

70 96 156<br />

7 78,117 226<br />

12 115 181 526<br />

26 615 754 1453


~- ---<br />

192<br />

Gemeinden<br />

Bezirk Oberrheintal.<br />

Rebstein<br />

Marbach<br />

Altstätten<br />

Eichberg<br />

Oberriet .<br />

Rüti ..<br />

Industrie der Gewebe. -<br />

Die st. gallische Baul1lwollindustrie.<br />

Maschinen<br />

------------------------~--------------.----------~<br />

in Fabriken von 8 und mehl' 2-7 :Maschinell in einem Einzelstickol' Zusammen<br />

Maschinen<br />

Local<br />

-<br />

1872 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880<br />

28<br />

8<br />

70<br />

8<br />

114<br />

39<br />

18<br />

162<br />

17<br />

51<br />

287<br />

45<br />

27<br />

157<br />

18<br />

107<br />

32<br />

386<br />

24<br />

18<br />

130<br />

7<br />

17<br />

2<br />

198<br />

72<br />

21<br />

120<br />

25<br />

49<br />

4<br />

291<br />

73<br />

21<br />

108<br />

29<br />

39<br />

6<br />

276<br />

3<br />

5<br />

26<br />

8<br />

6<br />

1<br />

49<br />

9<br />

7<br />

36<br />

21<br />

13<br />

4<br />

90<br />

26<br />

15<br />

85<br />

27<br />

36<br />

5<br />

194<br />

55<br />

31<br />

226<br />

23<br />

23<br />

3<br />

361<br />

120<br />

46<br />

318<br />

63<br />

113<br />

8<br />

668<br />

144<br />

63<br />

350<br />

74<br />

182<br />

43<br />

856<br />

männlich<br />

weiblich<br />

IH72 1876 1880 1872 1876 1880<br />

Maschillen~tickerei . 193<br />

Arbeiter<br />

Kindor uuter 16 .T ahrcll<br />

Knahen<br />

l\Iädchcll<br />

18'12 18'16 1880<br />

Zusammen<br />

18'72 18'16 1880 18'12 1876 1880<br />

53 72 140 63 80 158 5<br />

3 12 16 6 133 168 30'1<br />

30 26 62 30 37 71 G<br />

d<br />

"<br />

n 6H 136<br />

227 167 340 272 203 400 16 2<br />

17 9 10 532 381 '155<br />

22 54 74 26 55 85 2<br />

1<br />

9<br />

5:3 118 160<br />

23 62 180 24 82 206<br />

4 7<br />

8 55 145 :398<br />

3 8 43 4 10 50<br />

7 18 93<br />

---------- -----------... ~ --._-_.----<br />

-=3;:.:c5-=-8_..:.38,:.::9~-=8:..:.3.:..9_-=::41:::9_..:.4:..:.6.:..7---.::.970 30 2 16 '14 :35 24 851 89B 1849<br />

Bezirk, lVm'denberg.<br />

Sennwald<br />

Gams<br />

Grabs<br />

Buchs<br />

Sevelen<br />

Wartau<br />

12<br />

8<br />

38<br />

26 50 13 34 52 10 14 58 35 74 160<br />

8 8 4 15 33 7 18 70 19 41 111<br />

18 16 8 20 51 2 2 53 10 40 120<br />

165 174 27 26 1 15 48 39 207 248<br />

48 63 4 6 2 8 54 77<br />

___ 14_. __ 28~~3~4~------~9--~2~8----------4---2-5----~1~5----4~1---8--7<br />

72 293 34:5 25 109 196 21 55 262 118 457 803<br />

35 28 158 39 31 171<br />

Hl B4 111 24 39 1m<br />

10 31 120 13 35 136<br />

40 152 248 65 167 283<br />

25 74 30 83<br />

_1_5__<br />

2~7 __ 7~~2~ __ 1~7~_3~'0~ __ 85<br />

lH) 29'1 '18:3 158 :3:32 88H<br />

1<br />

4<br />

2<br />

'I<br />

1<br />

8<br />

1<br />

12<br />

1<br />

11<br />

1<br />

6<br />

14<br />

5<br />

10<br />

19<br />

86<br />

45<br />

2H<br />

12D<br />

60<br />

7:3<br />

'12<br />

mm<br />

:353<br />

242<br />

261<br />

546<br />

165<br />

7<br />

7<br />

60<br />

3 88 67 160<br />

.--_..._---_._------------ . -- ---_._,,-_.-<br />

15 28 H6 40 312 (j65 1727<br />

Bezh'k Scwgalls.<br />

Vilters<br />

Mels ...<br />

Flums<br />

Walenstadt .<br />

Quarten. .<br />

12 3 4 6 3 22<br />

1 2 1 2<br />

222 224446<br />

40 48 6 2 3 1 2 5 7 44 56<br />

~ _____ 7~3 __ ~7~7 ____ ~2~~1~0 __ ~15~ __ ~5 __ ~10 __ ~1~4 _____ 7 93 106<br />

113 137 10 17 24 8 15 31 18 145 192<br />

22<br />

2<br />

4 4 6 3<br />

7 31 49 8<br />

7 25 106<br />

26<br />

3<br />

5 7<br />

53 56<br />

6 32 111 1 ____<br />

2<br />

48<br />

5<br />

1 10!) 1H<br />

1 1 2 3 16 86 109<br />

4 _____ 2 2 1~ 16 59 2H3<br />

18 60 185 17 90 203 a 5 4::: [


194<br />

IndL1strie der Gewebe. -<br />

Die st. gallische Baulllwollinclustl'ie.<br />

lVIaschinenstickel'ei.<br />

195<br />

Gemeinden<br />

in Fabriken von 8 und mehr<br />

l\Iaschinen<br />

1872 1876 1880<br />

Maschinen<br />

----------------------------~<br />

2-7 l\Iaschinon in einem<br />

Einzelstickel'<br />

Zusammen<br />

Local<br />

1872 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880<br />

Arbeiter<br />

~----------------------------<br />

männlich<br />

weiblich<br />

Killder uuter 16 Jahren<br />

Knaben ----::l\""m"'d-:'ch-e'-, ~<br />

ZUSlllllmen<br />

1872 1876 1880 187:! 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880<br />

Bezid: ObCl'togpenlJlt'l'p,<br />

Wilc1haus . .<br />

Alt St. Johann<br />

Stein . . .<br />

Nesslau . .<br />

Kl'Ullllllenan<br />

Ebn:tt<br />

Kappel . .<br />

16<br />

H<br />

72<br />

2<br />

8<br />

8<br />

21<br />

18<br />

[)<br />

32<br />

29<br />

20<br />

19<br />

13<br />

33<br />

31<br />

7<br />

2<br />

29<br />

17<br />

3<br />

44<br />

34<br />

22 53<br />

28 59<br />

38 53<br />

37 54<br />

49 76<br />

80 114<br />

74 128<br />

177 136 328 537<br />

7<br />

2<br />

29<br />

17<br />

3<br />

16<br />

19<br />

31<br />

29<br />

27<br />

52<br />

59<br />

53<br />

54<br />

76<br />

6 17 57 1 1 3 3 4 1'(' 36 114<br />

3 21 67 2 2 5 43 128<br />

34 34 63 3 1 6 3 72 69 116<br />

21 29 62 2 3 1 4 9 44 70 117<br />

3 30 87 6 7 63 163<br />

44 67 113 .10 74 126 ,1 3 2 3 1 14 101 H5 255<br />

34 71 127 40 83 135 3 3 9 6 7 11 811 164 282<br />

--------------- ------------------------------<br />

136 260 53'1 157 288 59', 13 12 13 23 30 31 329 590 1175<br />

BeziJ·J.: Ncutog.r;enblfrp.<br />

Wattwil<br />

Lichtensteig<br />

Oberhelfetswil .<br />

Brllnnac1el'n<br />

Helllbel'g<br />

St. Pctel'zell<br />

Kl'imw . .<br />

12 29<br />

20<br />

57 37<br />

8 19<br />

41 33<br />

17<br />

20<br />

37<br />

8<br />

31<br />

38<br />

25<br />

11<br />

25<br />

31<br />

18<br />

16 35 1 3 19 38 48 71<br />

3 20 23<br />

14 17 3 7 17 71 58 71<br />

38 37 3 5 6 28 43 51<br />

31 40 4 14 29 43 64 100<br />

38 46 8 8 15 67 79 99<br />

2 2 3 2 5<br />

---~-----------------------------------------~~.<br />

139 180 IH 37 89 2,17 314 420<br />

118 138 151 110<br />

38<br />

71<br />

28<br />

38<br />

65<br />

37<br />

18<br />

'12<br />

30<br />

52<br />

55<br />

2<br />

236<br />

71<br />

23<br />

67<br />

51<br />

100<br />

94<br />

5<br />

411<br />

47 43<br />

23<br />

79 46<br />

82 35<br />

41 45<br />

66 58<br />

2<br />

265 252<br />

59<br />

118<br />

98<br />

6<br />

479<br />

2<br />

9<br />

4<br />

9<br />

20<br />

2<br />

2<br />

1<br />

5<br />

1<br />

1<br />

5<br />

7<br />

6<br />

8<br />

4<br />

16<br />

13<br />

47<br />

1<br />

')<br />

.)<br />

20<br />

6<br />

34<br />

1<br />

8<br />

9<br />

H3<br />

167<br />

68<br />

104<br />

164<br />

596<br />

83<br />

42<br />

93<br />

68<br />

118<br />

119<br />

4<br />

527<br />

153<br />

58<br />

151<br />

110<br />

218<br />

205<br />

11<br />

906<br />

Bezid: AlttoggeJ/bw·g.<br />

Bütswil .<br />

Lütisblll'g<br />

lYIosnang .<br />

Kil'chbel'g<br />

32 58 68 25 30 42<br />

18 12 8 11 24 38<br />

18 39 40 17 26 34<br />

67 102 93 102 151 197<br />

135 211 209 155 231 1111<br />

4 11 20 61 99 130<br />

11 26 34 47 72<br />

7 17 33 42 82 107<br />

41 57 107 210 310 397<br />

-----------~------<br />

96 186 347 5118 706<br />

61 77 129<br />

3'1 42 69<br />

42 66 106<br />

210 271 394<br />

69 87 13\1<br />

35 ,18 76<br />

49 67 110<br />

222 298 471<br />

_3_4_7__<br />

45-::6 __ 6:...:.'9_8 _--,-37,-5_-,5...:.,0,;..0_,;..79:...:.6__<br />

8 2 3<br />

4 18 H3 170 284<br />

9<br />

3<br />

4<br />

" i) 1<br />

4<br />

4<br />

2<br />

12 5<br />

~<br />

98<br />

00<br />

148<br />

145<br />

222<br />

27 11 5 29 10 16 488 590 886<br />

------ -~------------~--------<br />

4:::..:7_--=2,;..0 _--=9__-=42=----=28 3,1 S11 1004 1537<br />

Bezirk UllteJ'toggfIJ/ml'g.<br />

Mogelsbel'g<br />

Gll,ntel'swil<br />

Jonswil .<br />

Obel'l1zwil<br />

Henau<br />

Fhtwil<br />

DE'gel'sheim<br />

62 129 109<br />

8 8 8<br />

32 37 52<br />

81 78 87<br />

34 56 54<br />

130 179 194<br />

196 252 240<br />

543 7119 744<br />

126 144 170 18 44 60 206 1117 mm<br />

:::; 14 18 1 7 17 23 113<br />

13 28 48 2 8 15 47 73 115<br />

40 64 69 9 20 28 130 162 184<br />

35 50 56 6 10 13 75 116 123<br />

113 129 115 19 31 39 262 339 348<br />

104 92 111 36<br />

---<br />

39 56<br />

-----------_.~<br />

336 383 407<br />

439 521 58', 91 153 218 1073 1413 1549<br />

202 U9 336 203 262 361 29 11 18 42 38 10 476 560 725<br />

17 18 a1 19 21 3.1 2 4 42 39 66<br />

47 64 115 57 75 12G 6 8 7 9 1i3 11H 143 261<br />

128 121 179 151 126 19ß 13 4 5 la 8 12 305 25H 392<br />

76 109 123 92 128 143 2 3 6 2 176 239 269<br />

261 2ßO a36 307 300 401 25 4 3 29 7 4 622 571 744<br />

829 329 404 375 343 480 40 26 4 66 29 13 810 727 901<br />

------------~---- ----------------------------<br />

1060 1150 1524 1204 1255 1742 117 48 40 16H 85 52 2550 2538 3358


196<br />

Industrie der Gewebe. -<br />

Die st. gallische Ballmwollindustl'ie.<br />

Maschinellstickel'ei.<br />

197<br />

in FaLrikcu VOll 8 und mehr<br />

l\Iasehinen<br />

Maschinen<br />

2-7 ]\:[aschinell in einern<br />

Einzelstickel'<br />

Local<br />

Zusammcn<br />

.-------------------------------<br />

männlich<br />

weiblich<br />

Arbeiter<br />

Kinder nuter 16 Jahren<br />

Knaben<br />

Zusammcn<br />

l\iäc1chen<br />

BeziJ'k lVii.<br />

Wil<br />

Bl'oll1shofen<br />

Zllzwil<br />

OlJel'bül'en .<br />

Niederbüren<br />

Niec1el'helf'etswil<br />

1872 1876 1880<br />

10<br />

10<br />

1872 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880<br />

18 18 21 18 29 1 4 22 37 51<br />

6 28 6 6 34,<br />

31 40 56 1 22 28 32 62 84.<br />

10 9 14 25 2 10 20 6 34. 54:<br />

12 12 10 14 24 1 2 11 26 38<br />

27 19 23 26 45 2 2 13 35 55 77<br />

-------------------------------------<br />

67 58 89 118 207 7 35 73 106 220 3B8<br />

------------------~----~--~--~~<br />

1872 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880 1872 1876 1880<br />

22<br />

32<br />

6<br />

11<br />

35<br />

_1_0_6 ___<br />

31 51 27 36 61 1 4<br />

4 32 4 38 1<br />

52 84 36 53 95 2 2 4 2 1<br />

30 54 6 34 64<br />

23 77 10 24 86 1 1 4 5<br />

38 38 42 41 51 1 1 2 4<br />

---<br />

17_8 __ ~3~36~' __ ~1~21~~1~H~2 __ ~39~5 ____ ~4 __ ~3~ __ 6~· __ ~1~0 __ ~14<br />

1<br />

50<br />

72<br />

13<br />

26<br />

80<br />

71<br />

H<br />

108<br />

64<br />

52<br />

83<br />

112<br />

70<br />

184<br />

118<br />

165<br />

m<br />

1<br />

3 241 387 740<br />

Bezirk GOSS(w.<br />

GOSSl,U .<br />

Andwil . .<br />

IValdkil'ch .<br />

Gaisel'walcl .<br />

Stmubonzcll<br />

148 178<br />

26<br />

178<br />

26<br />

.56<br />

16<br />

69<br />

·1<br />

74<br />

6<br />

12<br />

1<br />

40 48 48 l6 33 45 u "<br />

134 230 U8 62 74 62<br />

299 301 297 43 51 56 13 22 38 355 374. 3H1<br />

23 41 216 270 293<br />

3 6 17 33 38<br />

7 13 5H 88 106<br />

13 19 205 317 329<br />

-------- ---- -----, --------"-_.. -------------- ----------<br />

621 "~83~~7H~7 __ ~1~H3~~2~31~ __ 2_4._3 ____ ~38~~68~ _ _=11~7 __ ~8~52~~10~8=2~1=1=57<br />

Gesamtergebnis für den<br />

Kanton' St. Ga,llcn . 24.82 3802 4.011 164.2 2212 2700 360 718 164.4 44.84 6732 8355<br />

218<br />

18<br />

53<br />

203<br />

s:-n<br />

823<br />

228<br />

28<br />

71<br />

220<br />

254<br />

801<br />

282 253 269 322 7 10 6 35 25 10 513 532 620<br />

37 19 33 43 1 2 2 40 63 81<br />

105 64 86 108 10 1 3 11 5 138 159 221<br />

271 235 285 327 27 19 24 47 19 37 512 543 65H<br />

a69 ___ 44_6 ___ a~2~6 __ 4_25 ___ 3_3 __ 8 __ 10 ___ 9_7_ 84 1_4 __-=-HO:....:7_---=-67:.::2'----- 818<br />

1064 1017 99H 1225 78 38 44 IH2 131 66 2110 1969 23HH<br />

------------~------~~~~--~--~~~~~~<br />

4B82 4H34 80H7 5134 5836 H250 453 156 186 727 478 373 106H6 11404 17H06<br />

Appcnzell A. R.<br />

V ol'derhUld .<br />

lYIittelbnd<br />

Hinterland .<br />

130 245 224<br />

274 341 385<br />

168 248 241<br />

132<br />

100<br />

148<br />

170<br />

128<br />

310<br />

216<br />

130<br />

388<br />

10<br />

13<br />

36<br />

35<br />

24<br />

82<br />

110<br />

51<br />

190<br />

272<br />

387<br />

352<br />

Kanton<br />

4.50<br />

4H3<br />

64.0<br />

550<br />

566<br />

819<br />

AllllenzelI.<br />

272<br />

387<br />

3.~2<br />

379<br />

405<br />

513<br />

537<br />

541<br />

798<br />

24D<br />

304<br />

251<br />

387<br />

401<br />

,169<br />

516<br />

588<br />

780<br />

31<br />

94<br />

104<br />

46<br />

71<br />

140<br />

6" i)<br />

77<br />

216<br />

73<br />

170<br />

196<br />

99<br />

133<br />

245<br />

142<br />

95<br />

286<br />

625 H11<br />

H55 1010<br />

H03 1367<br />

1258<br />

1301<br />

2080<br />

Appcllzell I. R.<br />

97 152 lU5<br />

24 .56<br />

77 10 7 21<br />

131 215 2H3<br />

- -----. ,----_._-----"-----"-- --_._-~-----<br />

148 372<br />

1142 17H8 2228<br />

lR1<br />

1142<br />

131 2DO 56 128 325 82 42 42 97 37 65 366 338 722<br />

- - -----------. ------------.:...:.--_~_...:::..:::....-----'::'":":'......._'.'."::':'...._:.::::<br />

1428 2166 860 1385 2209 311 299 3H8 533 514 588 284H 3626 5361<br />

:..:::......--==~.::::.::~--=::;:<br />

Bezirk.<br />

Fl'lLllenfeld<br />

Münchwilcll<br />

Weinfeldell<br />

Bischofzell .<br />

Al'boll<br />

Kl'ellzlingen<br />

Steckborn .<br />

Diessenhofen<br />

26 57<br />

97 H3<br />

127 228<br />

105 222<br />

58 74<br />

28<br />

55 D5<br />

4.68 !H7<br />

73<br />

169<br />

208<br />

241<br />

84<br />

36<br />

80<br />

sm<br />

D 16<br />

53 14D<br />

64 102<br />

43 51<br />

77 123<br />

12 23<br />

13 5<br />

2<br />

271 471<br />

6,)<br />

277<br />

155<br />

118<br />

152<br />

78<br />

19<br />

6<br />

870<br />

6<br />

7<br />

1<br />

1<br />

4<br />

IH<br />

lfanton<br />

4<br />

33<br />

25<br />

]3<br />

7<br />

11<br />

1<br />

16<br />

117<br />

71<br />

4,1<br />

28<br />

47<br />

14<br />

35<br />

156<br />

198<br />

149<br />

136<br />

16<br />

68<br />

77<br />

325<br />

355<br />

286<br />

204<br />

62<br />

101<br />

154<br />

563<br />

434<br />

403<br />

264<br />

161<br />

113<br />

2 ._---- 6<br />

94 337 758 1412 20H8<br />

rrurgau.<br />

31 52 151 4.) 5D 170<br />

150 227 560 170 258 630<br />

187 274 433 211 320 481<br />

13U 192 388 162 230 421<br />

126 135 263 142 161 310<br />

15 41 152 20 43 172<br />

66 66 104 81 61 122<br />

2 6 3 7<br />

4<br />

12<br />

16<br />

10<br />

13<br />

1<br />

4<br />

17<br />

13<br />

21<br />

4<br />

4<br />

5<br />

1<br />

14<br />

14<br />

21<br />

6<br />

1<br />

24<br />

31<br />

22<br />

16<br />

12<br />

8 11<br />

43 28<br />

54 25<br />

25 27<br />

24<br />

8 11<br />

14 4<br />

81 121 333<br />

445 545 1232<br />

356 661 H53<br />

333 468 857<br />

2H7 324 57H<br />

36 H6 336<br />

163 146 231<br />

5 13<br />

714 H8H 2057 831 1135 2313 60 66 58 106 176 106 1711 2366 4.534<br />

~~~~~:..:::......--~--=~--==~--=:..:::......--~--~--~~~ .~~~~~~--~


198<br />

lmltmtrie der GewelJe. -<br />

Die st. gaJlische Ba,umwollindustric.<br />

j


200<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische Baumwollinc1ustrie.<br />

Zollerhöhungen verschlossen, und auf den überseeischen herrscht England<br />

unbedingt vor, abgesehen von der Levante, die den Glarnern<br />

überlassen bleibt. Es ist aber dabei wohl zu beachten, dass sich der<br />

Absatz nach Italien während der 14 Jahre unserer Berichtszeit ganz<br />

erheblich reducirt hat, wesentlich in Folge der rasch heranwachsenden<br />

einheimischen Concurrenz, und dass die günstige Stellung unserer<br />

Druckerei in Spanien lediglich dadurch bedingt ist, dass England bisher<br />

nicht zu dem Abschlusse eines Handelsvertrags mit Spanien gelangte<br />

und nicht in dem Verhältnisse der Meistbegünstigung zu Spanien<br />

steht.<br />

Die Türkischrot-Druckerei ist natürlich durch den Übergang vom<br />

Garancin auf das Alizarin noch weit näher berührt worden, als die<br />

Buntdruckerei. Ihre Fetbricate erfuhren dadurch eine ganz bedeutende<br />

Verwohlfeilung, die zwar dem Absatze Vorschub leistet, aber die alte<br />

Vorliebe für diese soliden Artikel doch nicht wieder in vollem Umfan<br />

O'e zu erwecken vermochte. Die bald aufdringlich schreienden, bald<br />

h<br />

sentünental zarten Anilinfarben haben sich zu sehr überaJI in den<br />

V ordergrund gedrängt und allgemeine Aufnahme gefunden.<br />

Ihre Gewebe bezog die st. gallische Druckerei fortwährend aus<br />

den zürcherischen und glarnerischen Webereien; nur ganz ausnahmsweise<br />

aus England.<br />

Von dem Fabrikgesetz wurde SIe so zu sagen gar nicht berührt.<br />

An Lohn bezieht der erwachsene männliche Arbeiter täglich<br />

Fr. 3-4 1 /2, die Frau Fr. 1 1 /2-2 1 /2, das Kind (14-16 Jahre) Fr. 1<br />

bis 2; Alles ungefähr wie am Schlusse unserer ersten Berichterstattuno'<br />

1)<br />

h'<br />

Nach der Statistik von 1880 beschäftigte die st. gallische Druckerei<br />

an Arbeitern:<br />

männlich weiblich Kinder 7.nS/1,n1111011 Angestellte T./ehl'linge<br />

,---'<br />

ledig verheiratet<br />

146 48 45 16 255 14 2<br />

') Eine Änderung in der Arbeitszeit ist in Blumenegg seit dem Jahre ] 884 dadurch eingetl'eten,<br />

dass die Gaseilll'ichtung auch im 'Vintel' die volle Ausnutzung der 11 Stunden gestattete.<br />

Druckerei.<br />

Beim Abschlusse unserer ersten Berichterstattung waren auf<br />

st. gallischem Boden noch drei Tuch-und zwei Garn-Färbereien in<br />

'l\lrkischrot vorhanden. Von den ersten wurde die eine .- Sequin­<br />

Solivo in Rapperswil - schon] 868 aufgegeben, wegen der Abnahme des<br />

BegeilTs nach türkischroten Geweben überhaupt. Die z·weite - Hel:nrich<br />

von Joh. Hürlimann in Rapperswil - s


202<br />

Industrie der Gewebe. -- Die st. gallische Baumwollindustrie.<br />

ständig überlassenen Märkte, voraus Hinter- und Vorder-Indien, wurden<br />

wieder mehl' als je die vvichtigsten Abnehmer unserer türkischroten<br />

rrücher,l) wichtiger als Italien und Frankreich, die in den letzten<br />

Jahren der Krappfärberei fast allein noch als unmittelbare Kunden<br />

in Betracht gekommen waren. Die Lohnfärberei für Deutschland auf<br />

dem Wege des VerecUungsverkehrs wurde durch den Übergang von<br />

Elsass-Lothringen an das neue deutsche Reich sehr empfindlich beeinträchtigt.<br />

Es soll damit nicht gesagt sein, dass sich dieser Industriezweig<br />

deswegen in glänzenden Verhältnissen befinde; aber (lEtS darf doch<br />

gesagt werden, d~Lss er beim Abschluss unserer Berichtszeit wieder<br />

festen Boden unter den Füssen hatte und übel' seine in Frage gestellte<br />

Existenzfähigkeit bis auf weiteres völlig beruhigt sein durfte.<br />

Nicht eigentlich in ihrem Bestande gefährdet war unsere Rotgarnfärberei<br />

durch das Aufkommen des Alizarin; denn unsere Buntweberei,<br />

für welche sie fa,st ausschliesslich arbeitet, bedurfte der Rotgarne<br />

unvermindert nach wie vor, und die eigene Einrichtung für die Rotfärberei;<br />

wie für das Indigo und andere häufig zur Verwendung kommende<br />

Farben, passte ihr in den meisten Fällen doch nicht. 2) Der<br />

Übero'amr war demnach für die Garnfärber mehr eine mit Mühe und<br />

b u .<br />

Kosten verbundene Unbequemlichkeit, als eine wirkliche Gefährde.<br />

Dennoch brachte er das 18ß8 neu eingerichtete, auf eine wöchentliche<br />

Prodnction von 48 Centnern gebrachte Etablissement in Oberuzwil<br />

vorübergehend zum Stillstand.<br />

Ihre 1\i.cher und Garne bezieht die RotfiLrberei, vvie die Druckerei,<br />

zumeist aus einheimischen vVebereien und Spinnereien. Nur die Damastgewebe<br />

für den italienischen Consum werden fast ausschliesslich und<br />

leichtere Gewebe für Indien 7,Uln Teil von England geliefert. Dass die<br />

Alizarülfärberei die Verwendung von Louisiana-, statt der stärkeren<br />

Makogarne ermöglichte, ist oben bemerkt worden. 3)<br />

1) Auch die Lev::ll1te, Westafrika (mittelbar) und Südamerika kommen dabei in Betracht.<br />

2) Unsers vVissens sah sich nur die Buntweberei WiLlenstac1t veranlasst, die Alizarinfärberei<br />

selbst lLufzunehmen.<br />

") S. S. 86.<br />

Ji'äruel'ei.<br />

203<br />

Die Arbeitszeit in elen Rotfärbereien lmt schon vor Einführung<br />

desli'abrikgesetzes 11 Stunden täglich nirgends übersehritten. Der<br />

durchschnittliche 'raglohn für einen Arbeiter stellte sich 1880 auf<br />

Fr. 2. 50; die Fntuen und Kinder kommen bei der Färberei kaum in<br />

Betracht.<br />

Unter den 13 Bunt- oder Couleurs-Färbereien für Garne, welche<br />

1m Jahre 1880 vorhanden waren, befinden sich nur ß selbständige,<br />

meist der Buntweberei zudienende Lohnfärbereien, sämtlich in kleinen<br />

Dimensionen; die übrigen sind Abteilungen gl'osser Webereigeschäfte<br />

und arbeiten nur für diese. 1) Wenn diese Färberei auch keine hervorragende<br />

Stellung in unserer Gesamtindustrie einnimmt, darf man doch<br />

sagen, dass sie sich jeweilen mit den wichtigsten N euenmgen und Fortschritten<br />

in ihrem Fache vertraut macht und ihre Aufgabe, mindestens<br />

für die Weberei, durchaus befriedigend erfüllt. Schwieriger wal' es zuerst,<br />

die nach und llCLCh neu auftauchenden Anforderungen der Maschinenstickerei<br />

zu befriedigen. Seit aber in nenester Zeit, vor allem in der<br />

Tüllstickerei, die Verwendung meist ziemlich indifferenter Farben (ecru,<br />

creme, ivoire u. dgl.) eine grosse Ausdehnung erreicht h~1t und auch<br />

weit mehr in farbigen Garnen gestickt wird, hat sich ganz besonders<br />

das früher nur für die Appretur und Färberei von halb dichten und undichten<br />

Geweben - Mousseline, Jacconat, Plattstich - eingerichtete<br />

Etablissement des Hl'11. Gottt1'iecl Hauser inWüen bei Herisau rasch den<br />

neuen Bedürfnissen angepasst und seine Leistungsfähigkeit durch bauliche<br />

Erweiterungen in den letzten Jahren ganz bedeutend gesteigert. 2)<br />

Auch von den kleineren st. gallischen Gal'l1färbereien weisen einzelne<br />

sehr erfreuliche Vervollkommnungen und vermehrte Leistungsfähigkeit<br />

auf.<br />

1) In der statistischen Aufnahme von 1880 sind die Couleurs-C+iLrnfärbereien der moclm ..<br />

nischen Buntweberei J. B. lvliille1' in ,va, ca. 7 Arbeiter, und von L. A. Heer in Oberuzw/l, damals<br />

12 bis 15 Arbeiter, jetzt die doppelte Anzahl, übersehen worden. Von elen 17 Coulems­<br />

Garnfä,rbereien kamen je 1 auf die Bezirke Oberrheinta,l, Sargans, Seebezirk unel "ViI, 2 auf den<br />

Bezirk Neutoggenblll'g, 3 auf elen Bezirk Alttoggenburg und je 4 fLUf elie Bezirke Obcrtoggenburg<br />

und Untertoggenburg.<br />

2) Dieses Etablissement, welches Hr. Hauser im Jahre 1872 als sehr heruntergekommene<br />

kleine Lohnfäl'berei übernommen hat, färbt anch Stickseide, lllLUptsächlich aber Tüllstickel'eien.<br />

Es beschäftigt gegenwärtig Cft. 180 Arbeiter.<br />

Buut- oder Couleur-Färberei.


Bleicherei,<br />

SeugeTei und<br />

APPTotUT.<br />

204<br />

lndustrie der Ci ewobo .. _- Die st. gallische Bmullwollindustrie.<br />

Der Taglohn ist der gleiche, wie bei der Rotfärberei.<br />

Die bunte Tuchfärberei beschränkt sich immer noch auf em bescheidenes<br />

Etablissement in St. Gallen, welches sich il!- der Hauptsache<br />

mit Umfärben getragener Kleidungsstücke beschäftigt.<br />

Die Zahl der Arbeiter in der st. gallischen Färberei jeder Art bei<br />

der Aufnahme von 1880 war cÜ'ca 270, darunter nur 6 Frauen und<br />

2 Kinder. Angestell te zählte man 15.<br />

Das Hauptquartier der Ausrüsterei 1m weitern Sinne, cL h. der<br />

Bleicherei, Sengerei und Appretur} ist seit dem Abgang der st. gallischen<br />

Leimvandindustrie Herisau geworden, wo sich das genügende Quellwasser<br />

vorfindet, welches bei unserer Stadt leider vielfach vermisst wird.<br />

Doch weist auch die Stadt St. Gallen mit ihrer näheren und weiteren<br />

Um.gebung eine erhebliche Anzahl solcher" Fabriken" auf, und die von<br />

18ß7~1880 neu entstandenen stehen der Mehrzahl nach auf st. gallischem<br />

Gebiete: so die in den Jahren 1873-76 von der Herisauer<br />

Firma Tl'ibelhorn & 111eyer beim sog. Eisenhammer in der Nähe von ObeJ'­<br />

glatt erbaute grosse Bleicherei; die 1867 lediglich für die Buntweberei<br />

von Hrn. Eduarcl 111ess1ner erstellte Appretur bei Dietfurt an der Tur;<br />

die für WeissW~1ren eingerichteten Appreturen von Zölper ce- Huber 1)<br />

zum Adlerberg und Carl LengweileJ' bei St. Gallen. 2) Dafür ist freilich<br />

in St. Gallen auch die grosse Erpf'sche Appretur mit dem Jahre] 868<br />

gänzlich eingegangen.<br />

Es ist in un8erm frühern Berichte dc1rgestelltworden, WIe und<br />

warl1ll1 die Leistungen der Ausrüsterei in der Mitte der Sechziger­<br />

J~1hre ganz und gar nicht mehr befriedigten und genügten, besonders<br />

seit die aufkommende Maschinenstickel'ei neue und grössere Anforderungen<br />

an sie stellte. Es ist dort auch schon angedeutet worden,<br />

auf welchem 'lVego und durch welche Mittel den im.mer unleidlicheren<br />

Übelständen abgeholfen werden sollte. 3)<br />

Der entscheidende Schritt zu einer gründlichen Verbesserung der<br />

Bleicherei geschah im Jahre 18ß8, als der Herisauer Bleicher J. Signer<br />

1) Ursprünglieh Ebnete)', dann G1'ob.<br />

2) Neuestens ist noch EU,gste)' in der Lachen, 1/2 Stunde westlich von St. Gallen, dazu<br />

gekommen.<br />

3) S. Industrie und Handel auf Ende 1866 S. 592 u. 596.<br />

A usriisteroi.<br />

205<br />

auf AnTeglmg und durch Vermittlung der Industrie-Commission des<br />

K~Llltons Appenzell A. R., speciell des Herrn J. Steiger-Meyer in Herisau,<br />

sich durch den englischen Fachmann Reynolds aus N ottingham in das<br />

dortige Bleicheverfahren einführen liess und sich zwei N ottinghamer<br />

Waschmaschinen anschaffte, die Vortreffliches leisteten und baJd allgemein<br />

in Gebrauch kamen. 1) Im ferneren, überzeugten sich unsere<br />

Bleicher von der N?twendigkeit gründlicherer Kenntnisse über die bei<br />

der Bleich81'ei zur Verwenc1ung kommenden Chemikalien, um sie selbst<br />

prüfen und mit Sicherheit anwenden zu können. 2) So vollzog sich<br />

nach und nach eine durchgreifende Besserung der Bleich81'ei und damit<br />

auch der Appretur, für welche die Bleicherei ja die Grundlage bildet.<br />

Diese Besserung wurde dadurch sehr wesentlich gefördert, dass<br />

die gewaltige Ausdehnung der Maschinenstickerei verschiedenen Etablissell'l.ents<br />

Gelegenheit gab, sich lediglich für deren Artikel einzurichten<br />

und von dem System, dass J ede.r Jedes zu liefern habe, abzugehen.'<br />

. Andere, kleinere Appreturen beschränkten sich auf Kettenstichware.<br />

Es hat somit die schon längst gewünschte Arbeitsteilung auf dem Gebiete<br />

der Ausrüsterei bis zu einem gewissen Grade Eingang gefunden.<br />

Aber auch die noch notwendigere Erhöhung der Bleiche- und<br />

A ppret-Preise, olme welche die Besserung wohl keinen Bestand gehabt<br />

hätte, trat ein, und zwar wurde sie unter dem Drucke der unhaltbar<br />

gewordenen Verhältnisse 3) seitens der Appreteure in sehr rücksichtsloser<br />

und einseitiger Weise durchgeführt. Im Mai 1869 nämlich vereinigten<br />

sich diese zu einer fest geschlossenen Verbindung, setzten von<br />

1) Es handelte sich bei denselben hauptsächlich um das warme Ausw2"schen mit Seife,<br />

statt, des bisher üblichen kalten Walkens, das nur für die glatten Gewebe genügt. - Die erste<br />

Nottinglmmer Waschmaschine hatte übrigens die Bleicherei N. lWessmcr im Lindental bei St. Gallen<br />

für sich kommen lassen, Die Maschine allein genügte aber noch nicht.<br />

2) V gl. darüber den Bericht von Hl'l1. SteigeJ'-111ciJc)' in den appenzellischen Jahrbüchern,<br />

zweite Folg'e, VIII, 1, S. 24 ff. Mit Recht betont dieser Bericht auch die grossen Bemühungen<br />

und Verdienste des Herrn Oberst Heim'ich ]!feiJer (von der Firma Tribelhorn & lVleyer) um rlie<br />

Hebung der Appretur und Bleicherei. Da,gegen scheint nach dem, was uns bekannt geworden,<br />

die Wirksamkeit des dort erwähnten schottischen Fachnmnns den Erwartungen nicht entsprochen<br />

zu 1mben.<br />

") Es fand damals die sb viel Aufsehen erregende, mit ziemlichem Liirm in Scene gesetzte<br />

Arbeitseinstellung der st. gallischen und appemellischen Appreturarbeiter statt, unter dem stürmischen<br />

Begehren nach Verkürzung der Arbeitszeit, bezw, Erhöhung des Lohnes.


206<br />

Industrie der Gewebe. - Die st. gallische BlLUmwollindustrie.<br />

sich aus eine neue Preisliste für die verschiedenen ·Artikel und A pprete<br />

fest und erklärten sie vom 1. Juli lW einfach in Kraft. 1 ) Die Kaufmannschaft<br />

fühlte sich durch ein solches Vorgehen selbstverständlich<br />

sehr unangenehm berührt, tat sich ebenfalls zusammen und erklärte<br />

sich bereit, mit dem "Ausrüsterverein", wie sich die vereinigten Appreteure<br />

nannten, über eine auch ihrerseits als berechtigt und notwendig<br />

erachtete Revision der Preisliste in Unterhandlung zu treten. Allein<br />

die Herren Appreteure erklärten jede Unterhandlung für überflüssig<br />

und ihre neue Preisliste als unabänderlich. Die Kaufmannschaft musste<br />

sich für einmal fügen, fasste aber von da an fest den Gedanken ins<br />

Auge, sich durch ein von ihr abhängiges Etablissement von dem so<br />

schroff auftretenden Ausrüsterverband, neben den sich im folgenden<br />

Jahre auch eine Vereinignng der Bleicher und Senger stellte, möglichst<br />

zu emancipiren. Es tauchten damals verschiedene Projecte für<br />

die Gründung einer neuen, grossen Bleicherei und Appretur als Actienunternehmen<br />

durch U m w~wdlung und Erweiterung eines bestehenden<br />

1) Diese PreiRliste wurde späterhin unter dem Einflusse des g'uten Geschäftsg:1l1ges dcr<br />

Maschinenstickerei, erhöhter Anforderungen und steigender Betriebsunkosten noch mehrere Male<br />

teilweise erhöht. Am höchsten stanclen die Preise im Jahre 1876.<br />

Die Bleiche-, Sengerei- und Appret-Preise für die wichtigsten Artikel wurden denmach<br />

festgestellt, wie folgt; Alles mit 10 % Sconto bei vierteljährlicher Abrechnung: *)<br />

Bleiche Seugel"ei<br />

Appl'et<br />

1869 (1876)<br />

Mousseline, glatte, 7/1 und °/4 breit,<br />

16 Stab lang . . . . . .<br />

j.J<br />

Jlir ousseline, fac;onnirt, 7/, und °<br />

breit, 16 Stab lang . . . .<br />

Jacconats, glatte, 7/4 und 0/. breit,<br />

16 Stab lang . . . . . .<br />

Cambrics, 7/4 breit, 32 Stab lang,<br />

für Druckerei . . . . . .<br />

Plattstich, 7/., breit, ] 6 Stab lang<br />

Gestickte Mousselinevorhänge, 12/4<br />

bis 18/4 , das Pltar. . . . .<br />

Gestickte Tüll- u. Guipül'evorhänge,<br />

35Rp.<br />

30<br />

50<br />

Fr. 1. 20 Rp.<br />

35 Hp.<br />

40 Rp. bis Fr.1<br />

20 Rp.<br />

15<br />

20 ,.<br />

64<br />

20<br />

10-15 Rp.<br />

70 l{'p. bis 1


208 Industrie der Gewebe. - Die st. g'allische Baumwollindustrie.<br />

wann und wie er sie wieder erhielt, durfte er ruhig oder unruhig<br />

abwarten. Seither sind nicht bloss verschiedene neue Etablissements<br />

entstanden, sondern ziemlich alle bestehenden haben mehl' oder weniger<br />

durchgreifende Änderungen erfahren, welche ihnen die Übernahme<br />

und Ausführung grösserer Aufträge erlllöglichen. Immerhin ist der<br />

Übelstand nach wie vor nicht zu vermeiden, dass die Arbeit der Ausrüster<br />

sich auf Sommer und Winter sehr ungleich verteilt. Während<br />

in diesem bei· nur normalem Geschäftsgang Über arbeit längere Zeit<br />

hindurch absolut unvermeidlich ist, fällt in den Sommermonaten nicht<br />

bloss 1/4, sondern häufig auch 112 'rag Arbeit für ebenso lange aus,<br />

mit entsprechender Reduction des Lohnes für die Appl'eturarbeiter,<br />

wogegen die kräftigen Bleicher über diese Zeit zu Feldarbeiten (Heuen<br />

u. clrgl.) verwendet werden, soweit die Bleicherei ihrer nicht bedarf.<br />

Eine genaue Handhabung der Bestimmung des Fabrikgesetzes übel'<br />

den Normalarbeitstag ist chther bei der Ausrüsterei schlechterdings<br />

unmöglich; um so erfreulicher, dass die allgemeine Anwendung der<br />

von Niclaus Messmel' in St. Gallen erfundenen Tupfmaschine für Maschinenstickel'eien<br />

und Plattstichgewebe schon vor Erlass dieses Gesetzes<br />

die früher beim Tupfappret verwendeten Kinder entbehrlich gemacht<br />

hat.<br />

Der Wochenlohn des Bleiehers stellt sich bei Beköstigung auf<br />

Fr. 10, der Taglohn olme Beköstigung auf Fr. 3-4, der 'llaglohn<br />

des Sengers und Appreturarbeiters bei normaler Arbeitszeit auf Fr. 2 -3.<br />

Durchschnittlich hat wohl die Erhöhung der Bleiche- und Appret-Preise<br />

auch eine Erhöhung der Arbeitslöhne um ca. 20 % mit sich gebracht.<br />

Die Statistik der st. gallischen Ansrüsterei anf 1880 ergibt nachstehende<br />

Zahlen:<br />

Sengerei, Bleicherei und Appreturen.<br />

Sengerei und Bleicherei.<br />

------<br />

17 2 1 9 5 (2)<br />

i) Auch Sengel'oi.<br />

2) Davon 1 Etablissement auch Sengol'ei.<br />

Bezirk<br />

St. Gallen 4<br />

Oberrheintal 1<br />

Sargans 1<br />

N eutog'genburg 2 1<br />

I<br />

Alttoggenburg 1<br />

Untertoggßllburg 1<br />

Gossau 4<br />

14<br />

Augestellto<br />

Arbeiter<br />

Bleicherei<br />

Triebkraft Triebkraft der<br />

Senget'ei<br />

Bezirk Etablisse~ Sen-<br />

der Sen- Bleichel'eien<br />

ments gerei Garn u. ~lnd. gereien ~<br />

Stück Garn Stück Blmchol'OI 1Vassel' Dampf<br />

Wn,sser allein Buba.<br />

St. Gallen 3 1 1 1<br />

-1<br />

Tablat 1 1<br />

Unterrheintal 1<br />

Oberrheintal 2 2<br />

I<br />

Neutoggenburg 5 4 1<br />

1 10 5<br />

Untertoggenburg 2 1 1')<br />

(1)<br />

Wil 1<br />

Gossau 2 2 2 ) (1)<br />

Etablissements<br />

Lehr-<br />

linge<br />

männ- weiblich .<br />

lieh ~~ KInder<br />

5 2 123 47 12 2<br />

Appreturen.<br />

Triebkraft<br />

Arbeiter<br />

r-::-:---,::-'~:-:::---,--, Auge- r-:----::'':-:-:---~,<br />

Wasser Dampf Dampf stellte mänu- weiblich<br />

allein subsiel. allein lieh ~~ Kinder<br />

6 3 4 22 234 147 126 19<br />

209<br />

Zusamillon<br />

191<br />

548<br />

27


210<br />

Industl'ie del' Gewebe. -<br />

Die Bt. grtllische ßmllnwollindustrie.<br />

Damit wären wir am Schlusse unserer Übersicht über die Entwicklung<br />

der st. gallischen Baumwollindustrie während der Jahre 1867<br />

bis 1880 angelangt.<br />

Es lässt sich ohne absichtliche Selbstti1uschung nicht in Abrede<br />

stellen, dass sich während dieser Periode einschneidende Umwälzungen<br />

in unserer eigentlichen Lanc1esinc1ustrie teihveise vollzogen, teilweise<br />

aber auch erst angebahnt haben, und dass bis zu dem Abschlusse<br />

unserer vierzehnjährigen Berichtszeit durch den natürlichen Lauf der<br />

Dinge und durch willkürlich herbeigeführte Verhältnisse die Aussichten<br />

für unsere Industrie und unsern Handel wesentlich getrübt und verdüsteI't<br />

worden sind.<br />

Es scheint uns ausser Zweifel, dass wir in denjenigen Industriezweigen,<br />

bei deren Betrieb vor a11em die mehr oder weniger gute<br />

maschinelle Ausrüstung, der wohlfeilere Betrieb und die günstige örtliche<br />

Lage den Ausschlag geben, den durch Jahrzehnte behaupteten<br />

V orsprung schon bleibend verloren haben oder im Begriffe stehen, ihn<br />

bleibend zu verlieren. Wir denken dabei in erster Linie an die Spinnerei<br />

und an die mechanischeWeissweberei, in zweiter an die Buntweberei;<br />

obschon bei dieser dl1l'ch zeitgemässe teilweise Umwandlung<br />

der Fabrication, besonders durch die sorgfältigste Pflege von Specialitäten,<br />

und durch rührige Ausnutzung der sich neu eröffnenden Verkehrswege<br />

und Absatzgebiete noch vieles erreichbar sein sollte. Wir<br />

sind in diesen Industriezweigen früher aufgestanden, als die übrigen<br />

Völker des europäischen Continents, und hatten den verdienten Vorteil<br />

davon zu geniessen. ·Wenn nun aber die andern Nationen sich<br />

ebenfalls den Schlaf aus den Augen reiben und im Gefolge durchgreifender<br />

politischer Neugestaltungen auch auf den Ge bieten friedlicher<br />

Arbeit das lange Versäumte nachzuholen beginnen, so ist das<br />

freilich unbequem für uns; Grund zu Klagen und Anschuldigungen<br />

sehen wir jedoch darin nicht. Auch auf industriellem Gebiete hat alles<br />

seine Zeit und ist dem vVechsel unterworfen, und die meisten unserer<br />

ältern Fabriken haben ihre Schuldigkeit getan.<br />

Etwas anderes ist es, wenn durch künstliche Absperrung einem<br />

ehrlich arbeitenden Volke die Lebensbedingungen erschwert und fast<br />

Seh lass betrrtch tung , 211<br />

unmöglich gemacht, wenn ganze Industriezweige dadurch Krisen entgegen<br />

geführt werden. Da ist es wohl begreiflich und natürlich, wenn<br />

eine bittere Stimmung gegen die Bedränger Platz greift.<br />

Die Berechtigung zu Klagen streiten vvir hier gewiss nicht ab;<br />

nützen werden sie indes auch hier nichts, und schliesslich werden auch<br />

diese Bäume nicht in den Himmel wachsen. - Es bleibt eben doch<br />

nichts anderes übrig, aJs Dasjenige, was nicht mehl' haltbar ist, entschlossen<br />

preiszugeben und auf ~tl1derer Seite Ersatz zu suchen; im<br />

weite rn sich so gut wie möglich zu wehren und durchzuschla,gen; die<br />

grösste GeisteskraJt aber auf diese Gebiete zn werfen, deren erfolgreiche<br />

Cultivirung wirklich schöpferische Tätigkeit und ein nicht leicht übertragbares<br />

Ineinandergreifen der verschiedensten Organe erfordert. Eine<br />

solche Industrie besitzen ,;vir zum Glück in nnserer so mächtig herangewachsenen<br />

Stickerei, die uns für das Verlorne Ersatz gebracht hat<br />

und noch lange Ersatz gewähren wird unter der einen Bedingung, dass<br />

sie in Bezug auf Technik, auf fortwH,hrende Verjüngung durch neue<br />

Ideen und auf Unternehmungsgeist die Vorherrschaft auf ihrem Gebiete<br />

unbestritten behaupte.<br />

Gewiss ist es heute mehl' als je am Platze, sich unbarmherzig<br />

klar zu machen, dass es der Anspannung allel' Kräfte bedarf, um die<br />

ringSUln aufsteigenden Schwierigkeiten zunächst nur zn bestehen, erst<br />

mit der Zeit zu überwinden. Blicken wir aber auf die schon längst<br />

hinter uns liegenden Bedrängnisse früherer Zeiten zurück,l) so dürfen<br />

wir wohl auch der augenblicklich so bedrohlich aussehenden Zukunft<br />

besseren Mutes entgegen gehen und auf die bange Fntge: wo es hinaus<br />

solle mit unserer Industrie ~ wieder c1>ntwOl'ten, wie früher: über die<br />

ganze Welt hinau::; trotz Zoll und Sperre und Concurl'enz 2); denn ~mch<br />

1) VOl'7.Üg lich diejenig'en del' Dl'eissigel'- und Vierzigel'-.Trthl'e, wo genrtu die gleichen Klrtgen<br />

ertönten, wie heute.<br />

2) S. TVcyclmal1J1 in den Vel'handlungen del' st. grtllisch - appenzellischen gemeinnütziLen<br />

Gesellsclmft ~Oln 14. October 1845, S. 86 u. 105; Industl'ie und Hlmc1cl des lümtons Sb. Grtllen<br />

auf Ende 1866, S.478.<br />

Wil' wollen übrigens durclmus keine Gel'ingschätzung ltusspl'echen gegen die Bemühungen,<br />

einen 'Teil del'jenigen Al'beitskräfte, welche bei del' Gl'ossindustl'ie fül' den Expol't fl'ei werden,<br />

auf die fül' den einheimischen Bcclrtrf rtl'beitende Industl'ie und fLnf Gewel'be und Hrtnclwerk<br />

. fLbzuleiten; wil' sind vielmehl' übel'zeugt, drtss in diesel' Uichtung noch l'echt viel Nützliches


212 Industrie der Gewebe. - Die st. gftllische Bmullwollindustrie.<br />

heute noch leben wir der Überzeugung, "dass ein Welthandel, betrieben<br />

von einem tüchtig gebildeten, fieissigen und rührigen Volke auf Grundlage<br />

einer soliden, ihrer Aufgabe durchaus gewachsenen Industrie, durch<br />

äussere Massregeln nicht zu vernichten ist, sondern die Ursachen seines<br />

Zerfalls in sich selbst tragen müsste."<br />

getftll und erreicht werden kann. Aber einen wirklichen, vollwertigen Ersfttz für die Exportindustrie<br />

zu gewähren, ist dfts eigene Lftnd lmndgreiflich nie im Stftnde. Die Erhaltung der<br />

Exportindustrie und Ullsers Anteils ftln Welthftndel ist und bleibt daher ftuch die unmngängliche<br />

Bedingung', um der Schweiz ihre jetzige Stellung und Bedeutung zu erlmlten, und ohne<br />

sie würde unser Volk hftld genug in einem kleinlichen Stilleben versumpfen. Das möge nicht<br />

vergessen werden!<br />

Die st. gallische Seidenindustrie.<br />

Neben der so ausgedehnten B~LUmwollindustrie spielt die Seidenindustrie<br />

in unserm Kanton eine sehr bescheidene Rolle.<br />

Die Stoffioeberei) soweit sie sich hier vorfindet, ist ein Anhängsel<br />

der zürcherischen Seidenindustrie und wird 'i\um 'reil directe von diesel'<br />

beschäftigt. Das einzige st. gallische Seidenhaus ist die Ende der Fünfziger-Jahre<br />

gegründete Firma E. Schubiger ((): Cie. in Uznach.<br />

Diese errichtete zu ihrer Handweberei im Jahre 1873 eine mechanische<br />

Weberei von 200 Stühlen zu Uznach selbst, 187ß eine zweite<br />

von 50 Stühlen in Kaltbrltlln. 1 ) Die mechanische Weberei eignet sich<br />

besonders für die Anfertigung einfärbiger, glatter und kleinmustrigel'<br />

Gewebe (sog. 'rretten- oder Ratiere-Artikel). Auch werden die seit<br />

einigen Jahren sehr in Aufnahme gekommenen, roh gewobenen und<br />

nachhol' am Stück gefärbten, halbseidenen Stoffe ausschliesslich ~U1f<br />

dem mechanischen Stuhle hergestellt. Die Handweberei behauptet dagegen<br />

jetzt und voraussichtlich auch für die Zukunft ihre Stellung in<br />

der Anfertigung der mehrschiffiigen Gewebe.<br />

Das Product der st. gallischen Seiclenstoffweberei geht teils durch<br />

Vermittlung der zürcherischen Exporthäuser, teils direct, nach den verschiedensten<br />

europäischen und überseeischen Ländern. Je nach dem<br />

Geschäftsgang und dem Wechsel der Mode ~wechselt oft nicht bloss<br />

Stoffwebel'ei.<br />

1) Die letztere c1mch Übenml1lne einer mechanischen Buntweberei, welche 1867 mit kräftiger<br />

Unterstützung der Gemeinde Kaltbrunn - \Vasserkmft, Boden, Fr. 20,000 baal' -- von drei<br />

Untemehmern eingerichtet wOl'llen Wal', nach kurzem Behieb an die Firma G. Jenny bei der<br />

Ziegelbrücke übergieng und von diesel' in eine Cftlicot-\Veherci umgewftlldelt wurde. Sie ist seit<br />

1880 tun 50 Stühle erweitert worden, hat also gegenwärtig deren 100. - Heide Etablissements<br />

der Hm. Schubigel' (/!. Gie. sind ausschliesslich von Wasser getrieben und mit Petroleum beleuchtet,<br />

das grössere mit Dampfheizung' vorsehen.


Beuteltucllweberei.<br />

214<br />

Industrie der Gewebe, - Die st, gfLllische Seidenindustrie,<br />

die Fabrication sehr rasch, sondern auch die Bedeutung der verschiedenen<br />

Absatzgebiete; bald steht dieses im Vordergrund, bald jenes.<br />

Stetig abgenommen hat voraus der Absatz nach Deutschland, dessen<br />

letzte Zollerhöhung im Sommer 1885 dem frühern, so lebhaften Verkehre<br />

in kürzester Zeit ein gänzliches Ende bereiten wird. Auch der<br />

Absatz nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika geht rasch<br />

zurück, indem unter dem Schutze der hohen Zölle und durch die<br />

Einwanderung zahlreicher geübter Arbeiter die dortige Seiden weberei<br />

von Jahr zu Jahr an Ausdehnung gewinnt.<br />

Der Tagesverdienst des Handwebers, bezw. der Weberin, die in<br />

der Hausindushie, wie in der Fa,brik, fast ausschliesslich vorherrscht,<br />

ist durchschnittlich auf Fr. ]. 50 anzusetzen; in deI' Fabrik stel1t er<br />

sich auf Fr. 1. 80-3. 50.<br />

In der mechanischen Seidenweberei wa.ren 1880 14 männliche,<br />

238 weibliche (davon nur 36 verheiratete) Arbeiter und 22 Kinder<br />

beschäftigt, da.zu 16 Angestellte und ein Lehrling, Handwebstühle<br />

wurden damals 830 gezählt, und zwar:<br />

Bezirk IVerdenberg 20 Seebezirk '120 Bezirk Alttoggen burg 100<br />

Sal'gans 37 Bezirk Obertoggcnbnrg 63 Untertoggenburg 13<br />

Gaster 128 Neutoggcnburg M Vlil 5,<br />

Die Fabricc1tion von Beuteltuch oder von Seiden,qClze für die Müllerei<br />

hat sich durch die Entwicklung und Umgestaltung dieses Gewerbes<br />

bedeutend gehoben und die Zahl ihrer Firmen seit 1866 gerade verdoppelt.<br />

1 ) Es sind nun deren acht: eine st, g~1llische, eine appenzellische<br />

und sechs zürcherische, Die Weber aber, welche von diesen acht Firmen<br />

beschäftigt werden, sitzen mit Ausnahme zweier kleiner Colonien in<br />

Herisau und Flawil sßtmtlich ~wf den schönen Abhängen des appenzellischen<br />

K~lrzenb('rgs oberhalb Tal) dem Ausgangspunkt dieses lndustriezweigs,<br />

und auf den benachbarten Höhen bis gegen Trogen<br />

einerseits und über Oberegy hinaus bis an die rheintalische Grenze<br />

') Über elie Einfiihrung dieses Industriezweigs durch Piel'l'e Du/our von Lyon s, Industrie<br />

und Handel auf Ende 1866 S, 638. - Die dort crwähntp. Zürcher Firma, in deren Dienst p, DufoUl'<br />

zuerst trat, war Heinrich Bodmer.<br />

Beu tcl tuchfabrication,<br />

anderseits. Jene Colonien in Flawil und Herisau, zwei alten Sitzen<br />

der Feinwebel'ei,' wurden von der Firma Durau?' 'I ' ('3, al'e 1'11 T"l I<br />

t,·, co un1 (as<br />

Jahr 1875 gegründet, a.ls die Concurrenz der neuen Finnen den schon<br />

länger bestehenden ältern ihre Arbeiter im appenzellischen V orderlande<br />

abspenstig zu machen suchte und diese dadurch teil weise widerspenstig<br />

machte. Grössere Ausdehnung gewannen sie nicht,1) weil die<br />

N ~chfrage nach Beuteltuch mit dem Jahre 1880 ihren Höhepunkt erreIcht<br />

zu haben scheint und der frühere Mangel an tüchtigen Webern<br />

11:1 appe:lzellischen Vo~derlancle durch starke Ausdehnung des FabricatlOnsgeblets<br />

uml den Ubergang von Arbeitern anderer Industrien und<br />

Gewerbe zur Seidenweberei einem Überfluss von Webern Platz gemacht<br />

hat.<br />

Die Erklärung für die auffallende 'ratsache, dass die Beuteltuchfabrication<br />

so fest an ihren ersten Sitzen haftell blel'bt<br />

,1S<br />

't d ann . zu<br />

s.uchen, dass sie noch in den alten, kellerartigen Räumen, den ei gentlI:hen<br />

"Webkellern", betrieben werden muss, um die richtige Qualität<br />

(heser Ge~ebe zu erhalten. Darin liegt auch die Erklärung, wenn der<br />

~ ersuch emer D~tisbul'ge}' Firma, mit .Hülfe appenzellischer Arbeitskräfte<br />

dIese Industrie an den Niederrhein zu verpflanzen und sie dort fabrikn:äs~ig<br />

~u betreiben, nur s~hr unvollkommen gelungen ist; 2) wogegen<br />

em ähnlIcher Versuch der Ubertra.gung nach TValclkirch im Schwarzwald<br />

bleibenden Erfolg zu haben scheint, weil dort der Betrieb in O'an<br />

I . h Z<br />

g eIcher Weise eingerichtet wurde, wie bei uns, und dazu wohl auch<br />

di~ klim~tischen Verhältnisse des Schwarzwalds und die LebensgewohnheIten<br />

semer Bewohner denjenigen des Appenzellerlandes weitaus näher<br />

stehen.<br />

Durch diese Ableger in Deutschland wird hinter dem Walle eines<br />

hohen Schutzzolles unser Absatz nach "dem neuen Reich" erheblich beeinträchtigt<br />

und mit der Zeit wohl ganz verloren gehen. 3) Dafür bedürfen<br />

~) S~it 1880, sind sie ,~og'ar wieder ganz bedeutend zurückgegangen,<br />

) D18se Dmsburger 1< u'nm hat nun auch Arbeiter in unsern Reviercn llJ ihre Dienste<br />

genOl1l~11en und lässt mlf' dem Wege des VerecUullgsverkehrs daselbst weben.<br />

8) Der Verlust des deutschen Marktes wäre wohl für zahlreiche Arbeite' , h' fi dl' I<br />

dagcgen f" r F b· t ' I t 1 se 1 emp n lC 1,<br />

, , ur eIe a l'lcan en l1lC 1 eben schwer zu verschmerzen eh, für Deutschland jetzt sch<br />

ohnc Jcden Nutzen üLbricirt wird,. ". on<br />

215


Zwirnerei.<br />

216 Industrie der Gewebe. -- Die st. g'fLllische Seiclenindustrie.<br />

in Folge der technischen Umgestaltungen in der Müllerei die früher<br />

ausschliesslich von Frankreich und Holland bedienten Länder romanischer<br />

Zunge, sowie Frankreich selbst, unseres schwerern Fabricats,<br />

sind uns recht gute Kunden geworden und werden es nach 1111er V Ol'­<br />

aussicht auch dann noch bleiben, wenn es Frankreich gelingen sollte,<br />

seine Fabrication den neueren Bedürfnissen anzupassen, so lange wenigstens<br />

nicht durch künstliche Schutzzölle in den natürlichen Gang der<br />

Dinge eingegriffen wird. Zuvorderst stehen als Kunden der Beuteltnchweberei<br />

die grossen Getreideländer Ungarn, Russland, N Ol'damerika.<br />

Die Erträgnisse dieses beschränkten, aber schönen Industriezweigs<br />

sind durch die vermehrte Concurrenz sehr vermindert) ja auf verschiedenen<br />

Absatzgebieten bis auf weiteres förmlich zu nichte gemacht<br />

worden. Besteht doch das gewöhnliche Mittel für neue Firmen, neben<br />

den alten in das Geschäft zu kommen, in rücksichtslosem Unterbieten<br />

der bisherigen, lohnenden Preise. Auch ist die Vermehrung dieser Produc<br />

ti on zeitweise ohne Frage über den Bedarf hinausgegangen, was<br />

ebenfalls auf die Preise drücken musste und die Fabrication weniger<br />

lohnend machte.<br />

Die Löhne der Arbeiter - fast durchgehends Männer - haben<br />

darunter nicht gelitten und stellen sich per Tag auf Fr. 3-6. Dabei<br />

bedarf die Arbeit aber grosser Sorgfalt. - Die Zahl der Beuteltuchstühle<br />

betrug 1880 im Kanton St. Gallen nur 68) 1) im Kanton<br />

Appenzell dagegen 1441. 2) Der Wert der jährlichen Produdion wird<br />

auch bei den jetzigen niedrigen Seidepreisen auf 4-4 1 /2 Mill. Franken<br />

geschätzt; etwa 1 1 /2 Million davon ist Arbeitslohn.<br />

Die in Tal etablirte Seidenzwirnerei von 1000 Spindeln, mit zwei<br />

Windere?:en in Diepoldsat( und im vorarlbergischen Dorfe TIVeilel'J hatte,<br />

wie die Seidenindustrie überhaupt, seit der Mitte der Siebziger-J ahre<br />

mit der unaufhaltsamen und unerhörten Entwertung der Seide zu kämpfen;<br />

1877 kam das schweizerische Fabrikgesetz dazu, welches die bisher<br />

vorzugsweise für die leichte und saubere Arbeit verwendeten Kinder<br />

1) 12 im Bezirk Rorschach, 5 im Bezirk Untel'l'heintfLl, 50 im Bezirk UntertoO'g'enbur o'<br />

1 im Bezirk GOSSfLU. Cl b'<br />

2)1295 im VorderlfLnd, 4 im MittellfLncl, 32 im Hinterhtnd und 110 in Innel'l'oden (Oberegg),<br />

WollinduHtl'ie. 217<br />

dieser Industrie grösstenteils entzog nnd sie damit unfähig machte, gegenüber<br />

der auswärtigen, besonders der iblienischen Concmrenz auf die<br />

Dauer das Feld zu behaupten. Sie serbelte noch einige Jahre nud<br />

ist augenblicklich mit der gänzlichen LiquichLtion beschäftigt. Bei der<br />

statistischen Aufnahme von 1880 gab sie noch 1 i17 Arbeiterll, c1anmtel'<br />

51 Kindern, Verdienst.<br />

Von emer<br />

st. gallischen -W-ollindustrie<br />

kann leider auch heute noch nicht gesprochen werden; es wäre denn,<br />

dass n111n elie Verwendung von IlVollgal'llen in der TVirkerei dahin<br />

rechnen wollte. Diese Speci11lindustrie, die übrigens neben der VVolle<br />

auch Baumwolle, Seide und andere Stoffe verarbeitet, ist indes in<br />

unserm Kanton nur durch zwei Geschäfte vertreten, eines von ziemlich<br />

bescheidenen Dimensionen in TYattwil 1 ) und ein zweites grösseres<br />

in St. Gallen. Dieses letztere hat jedoch seine Einrichtungen und Arbeiter<br />

gerade für gewirkte W~1ren ausserhalb des Kantons St. Gallen.<br />

In St. Gallen und Umgegend beschäftigt es gegen 200 PerFlOnen in und<br />

ausser dem Hause mit der Fabrication anderer Confectionsal'tikel der<br />

verschiedensten Art, entfaltet dabei ebenso viel Geschmack und Geschick,<br />

als R.ühl'igkeit, und leistet den erfreulichen Bevveis, dass nicht<br />

bloss auf der breiten Heerstrasse unserer Grossindustl'ie, auf welcher<br />

sich alles drängt, Erfolge zu erreichen sind, sondern auch auf elen Nebenwegen<br />

der Specialartikel. Es wü,re nur zu wünschen, dass diese N ebenwege<br />

von tüchtifIen Leuten mehl' betreten und O'eI)fieo't wl'irden<br />

LJ b (J '.<br />

N ene Versuche zur Einführnng der ~W 011- und Halbwollweberei<br />

in unserm Kanton, welche das kaufmännische Diredorlum in Verbindung<br />

mit dem Gewerbevel'ein in den Jahren 1876-77 unternommen<br />

hat, führten wieder zu keinen bleibenden praktischen Erfolgen. 2)<br />

') 1880 mit 5 H,nndstiihlen und 1 Kettenstnhl, 16 Arbeitern im HfLUs nnd 30 [tusser dem<br />

Hause fLufgeführt.<br />

2) S. dm'über die Schrift: Die kfLufmännische CorporfLtioll und das lmnl1nännische Directol'inm<br />

in St. Chllcn in den J[thrrn 1864--80, S.29 f.<br />

28


218<br />

Von weiteren Industrien besitzt der Kanton St. Chllen eme bescheidene<br />

EiHeninrlustl'ic.<br />

Eisenind ustrie,<br />

bestehend cLUS VIer mechanischen vVerkstätten, davon ZW81 mit eigeneil<br />

Giessel'eien. VOll diesen VIer Etablissements hefindet sich Je emes m<br />

den Bezirken rrablat -- die M~tschinenfahrik 8t. Geol'.r;en - und Gossau<br />

--- O. WiesendClnger ce: eie. bei Bruggen; die übrigen zwei -- Gebr. Ben11l:ngeJ'<br />

und Adol{' Bühle?' - stehen unmittelbar neben eimtndel' bei Niederuzwü.<br />

Ganz neu entstanden ist seit 1 Sßß nm das zweite, das sich un8ers<br />

,lVissens von semel' Gründung 1m Jahre 187TJ his jetzt lediglich mit<br />

der Herstellung von Stidnnaschinen beschäftigt luü. Die mechanische<br />

VVerkstätte des Hl'l1. Bühler ist eme 1m Jahre 187 [) durchgeführte Erweiterung<br />

semer schon seit 1839 hestehenden Giesserei. 1) Von den<br />

VIel' Etctblissements stand im Jahre 1880 bei unserer statistischen Aufnahme<br />

emes vorübergehend still; die übrigen drei zusammen beschäftigten<br />

:199 Arbeiter nebst 22 Angestellten und 7 Lehrlingen, die Arbeiter<br />

mit e111em Dmchschnittslohn von wenigstens Fr. 4. - täglich.<br />

In der Hauptsache dürfen diese mechanischen Werkstätten wohl cd::.:<br />

eine Hülfsindustrie unserer einheimischen rrextilindustrie betrachtet<br />

werden. Tansende von Stickmaschinen , gmlze und teil weise Einrichbungen<br />

von meelmnischen ,IV ebereien, von Appreturen und Bleichereien<br />

sind aus ihnen hervorgegangen; daneben spielte die Erstellung von<br />

,IV assennotoren, namentlich rrnrbinen, und die Ausrüstung von Mühlen<br />

uud rreigwarenfabriken 1m 1n- und Auslande die grösste Holle.<br />

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21\)<br />

Die nebenstehende Übersicht stellt noch einmal, anf Grund emel'<br />

möglichst sorgfältigen Hevisiol1 der Originalaufnahmen von 1880, die<br />

gesamte Statistik der st. gallischen Industrie 11l dem Schlnssjahre unserer<br />

Berichtszeit znsammen , als Abschluss der dargestellten 14jii,hrigen<br />

Entwicklung und hoffentlich zugleich als Ausgangspunkt. für den ersten<br />

der von nun tl,n beabsichtigten, regelmässigen zehnjH,hrigel1 Berichte.<br />

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l) Im Juni 1877 gieng dieses Etablissement zum ßiI:l1hlenbau LUJel'.


220<br />

I~infuhr- und Biunenhn.ndel.<br />

Die Verteilung der industriellen und Handelsbevölkerung 111 dem<br />

Hauptumfange nnsers Industriegebiets, den drei Kantonen St. GaJlen,<br />

Appenzell und Tnrgau, im Verhältnisse znr Gesamtbevölkerung, bringt<br />

das nebenstehende Kärtchen zur Anschauung. 1)<br />

--~:)----:~vi.fj;;-;;'~L-;hi;:;;-;lI;tf~f-,-;I'--;;l~llt-;:irji'''''n{ff7?en -b~.~ei~h-;~~ -j<br />

1.-.[ die EinN",luiCl'-'''2M der/Je.·';'·}'" p oKih""et';',. .1<br />

I ,<br />

Über den<br />

Einfuhr'=·· und Binnenhandel<br />

unsers Kantons, die übrigens naturgemäss keine besondern, von den<br />

entsprechenden Verhältnissen der ganzen Schweiz oder doch der ostschweizerischen<br />

Landschaften insgemein abweichende Erscheinungen<br />

l.Lufweisen, könnten wir in der Hauptsache nur wiederholen, was wir<br />

vor zehn Jahren geschrieben haben, 2) und auf die gewerbliche und<br />

landwirtschaftliche Production und den Absa,tz ihrer Erzeugnisse näher<br />

einzutreten, liegt nicht Ül nnserer Aufgc"Lbe und würde zndem unsere<br />

Kräfte übersteigen. Wirwendell uns daher zum zweiten Capitel unserer<br />

Arbeit, welches wir bei der früheren, grundlegenden Darstellung<br />

weniger passend vorangestellt haben.<br />

') Zu der »indudriellen uml Handelsbevölkenmg'« haben wir folgende l'tubriken der schweizerischen<br />

Berufsstatistik von 1880 gerechnet: Ir. E. Textilimlustrie, F. Chemische Gewerbe (in<br />

welchen Färberei, Bleicherei und Appretur und die Zeugelrllckerei inbegriffen sinel), G. J\!ütschinenund<br />

Werkzeugülbricatiol1; Uf. A. Eigentlicher Handel und B. Blmk-, Agelltnr- und Versicherungswesen.<br />

') S. Industrie und Handel anf Ende 1866 S. 6,j.'1-656.<br />

i % dn (~etiafliint BI'Yijlk(,I't!II~,<br />

I r S!6.t.dlcn a 7,:; : Vi<br />

i , Tob/al<br />

;>7,1l ! VI<br />

i I Ro!'scluu:h 22, I; i J11<br />

t ~ Unter Rheinial 2a,40! IV<br />

'1l ObcrRlzemial :H, f; I V<br />

..-! JVerdenbeQl 27, 7 ! IV<br />

r-I ...\"(u:qans 20 I') " lJI<br />

(d Ga.\·fep. 17, G U<br />

Seehexi,.h 24,.'i I m<br />

t.!:I Ober' TogpenlJliJ'!J. 3.0, f) VI<br />

t.i Neu .... 41, + vn<br />

I All..... .. -1-3.2 VII<br />

! I l/rzlep ,. " 52, 8 ! IX<br />

! I rVil :J2, l 1 Y<br />

I l t;OS8illL. 41 D 1 V11<br />

I ' I<br />

! ~ Jlorderland<br />

I ~ Afiltell


Geld .. , Credit- und Assecuranz .. lnstitute ..<br />

on den st. gallischen Geld-und Credit-lnstitllten, welche Wlr 111<br />

r'O'lt"'" unserer ersten geschichtlichen Darstellung von Industrie und Handel<br />

des Kantons St. Gallen besprochen und im Jahre 1866 aIs noch bestehend<br />

verlassen haben, ist seither ein einziges und verhältnismässig unbedeutendes,<br />

die Handwerkerbank, eingegangen. Dagegen sind bis 1880 zu<br />

Stadt und Land eine ganze Reihe neuer hinzugekommen: in St. Gallen<br />

selbst die St. GallÜlche Kantonalbank und die Filiale der Kantonalbank<br />

für Appenzell- Ausserroden, in Altstätten die Rheintalische Creditanstalt,<br />

in Buchs die Werdenbergische Spar- und Leihanstalt, in Grabs<br />

die dortige Creditanstalt, in Azmos die Spar- und Leihkassa Wartau­<br />

Sevelen, in 'lValenstadt die Sarganserländische Spar- und Leihanstalt,<br />

in Wil die dortige Bank. Man wird in diesen Gründungen nicht allein<br />

ein Zeugnis der allgemeinen grössern Beweglichkeit im Geld- und Creditverkehr<br />

und der bessern Ausnutzung der vorhandenen ökonomischen<br />

Mittel und Kräfte überhaupt zu erblicken haben; sondern auch einen<br />

Beweis der raschen Umgestaltung der Mehrzahl unserer früher (1,USschliesslich<br />

oder vorherrschend landwirtschaftlichen Bezirke in Industriegebiete:<br />

eine Folge vor aIlem der oben eingehend betrachteten<br />

Entwicklung der Maschinenstickerei.<br />

Indem wir nun dal'an gehen, die SchicksiLle und Leistungen der<br />

einzelnen Institute nach einander in möglichster Kürze vorzuführen,


2:J2<br />

Ueld-, U]'udit- unü Assecl1nLnz-lnstitule.<br />

beginnen wir mit denjenigen Anstalten, die ihren Sitz in der IÜLuptstadt<br />

haben, und unter diesen mit der ältesten, der im Jahre 1837<br />

gegründeten<br />

Bank in St. Gallen. 1)<br />

Die sogenannte ,,


224<br />

Geld-, Uredit- und Assecuranz-Institute.<br />

leicht noch für längere Zeit hinterhalten hätte. Die Ausgleichstelle<br />

für den Verkehr der Concordatsbanken unter einander wurde in Zürich<br />

eingerichtet.<br />

Gleichzeitig mit den Bemühungen der eidgenössischen Gesetzgebung<br />

für Regelung und Beaufsichtigung des gesamten schweizerischen<br />

Banknotenwesens widmete auch der Grosse Rat des Kantons St. Gallen<br />

speciell den Verhältnissen der Bank in St. Gallen seine teilnehmende<br />

Aufmerksamkeit und förderte aus seinem Schosse Anträge zu tage<br />

auf Besteul'Ung des Bankcapitals, der Banknotenemission und sogar<br />

auf ein gänzliches Verhot der Notenausgabe und Monopolisil'Ung derselben<br />

für den Kanton, bezw. die indessen von diesem aufgestellte<br />

Kantonalbank. 1)<br />

Die letztere Idee wurde zwar bei näherer Prüfung von dem<br />

Grossen Rate seIhst aufgegeben, und das neue Gesetz übel' die directen<br />

Steuern, in welchem der Grundsatz der Besteurung des Bankcapitals<br />

niedergelegt war, wurde in der Volksabstimmung verworfen. Um so<br />

fester hielt man an der N otenbesteurung, und zwar mit 1 0/0 der<br />

Emissionssumme. Vergeblich recurrirten die Bank in St. Gallen und<br />

die Toggenburg61'bank gemeinschaftlich an Bundesrat, Bundesversammlung<br />

und Bundesgericht. Ein formeller Einwand gegen unrichtige Auskündung<br />

des Gesetzes, bezw. zu frühe Inkraftsetzung desselben, wurde<br />

zwar vom Bundesgerichte anerkannt und veranlasste die Verschiebung<br />

der praktischen Anwendung seiner Vorschriften um einige Monate;<br />

die materielle Einsprache wurde aber überall ~Lbgewiesen, und die<br />

Steuer musste in vollem Betrage übernommen und getragen werden,<br />

bis das zweite, eben aus Anlass des Recurses unserer Banken sobald<br />

nach der Verwerfung des ersten ,·vieder aufgenolIlluene, schweizerische<br />

Banknotengesetz vom 26. März 1881 das Maximum der von den Kantonen<br />

zu erhebenden Notensteuer a,uf 6 0/00 der Emission festsetzte. Dazu<br />

1) Bis dahin waren die Banken nach dem Gesetz vom 25. Mttrz 1863 übel' die Einkommenssteuer<br />

und übel' die Besteurung der anonymen Gesellschaften nur einer einlllaligen jährlichen<br />

Einkommensteuer von 5 % ihres Reingewinns an den Staat, daneben auch der indirecten Abgribe<br />

der Notenstempelung unterworfen.<br />

BlLnk in St. Gallen.<br />

225<br />

kam freilich noch eme Controlgebühr von 1 %0 zu Handen des Bundes,<br />

so dass die FJrleichtenlllg schliesslich nur 3 0 / 00 betrug. 1)<br />

') Nach dem Gesetz betreffend die directen Steuel'll vom 2. Juni 1877, wdches durch die<br />

VollrsrLbstimmimg vom 2. September mit 23,6U7 Stimmen gegen 1)768 beseitigt wurde, hätten die<br />

lmonymen Gesollsclmften ihr Actiencapital und ihren Reservefonds als Verlllögen, ihr Einkommen<br />

dagegen nur noch mit 3 % verstp.uel'l1 milssen (Art. 2 u. 11).<br />

In ihren Recursen an die Bundesbehörden suchten die Banken darzutun, dass die projectirte<br />

BesteUl'llllg dRr Banknoten gegen den durch Art. 31 der BUl1l1esverfassung und § 22 der st. gallischen<br />

KantonSVOl'l'lLssung gewlihrleisteten Grundsatz der Handels- und Gewerbe-Freiheit verstosse; indem<br />

eine jlihrliche, besondere Notenst.eu8r von 1 % die normalen Erträgnisse des Banlmotengeschäfts<br />

in einem so hohen Grade absorbire, dass dieses chtdurch fast unmöglich oeler zwecklos gemiLCht<br />

werde. Die Blll1k von St. Gttllen wies zur Begründung dieses Satzes ziffermässig nach, dass die<br />

Notensteuer, zu 1 0 10 gerechnet, in den letzten 10 Jahren durcbschnittlich 73,7 % des Notenertrages<br />

beansprucht, in zwei Jahren dieses Jahrzehnts SOglW den Notencrtrag überstiegen hätte.<br />

Dem Bunrlesi'IIte lltg die Prüfung der Zulässigkeit des Gesetzes lHwh lVhssg'lLbe der Bundesvedhssung<br />

ob, mwh deren Art. 31 die Besteurl1ng eines Gewerbebetriebs elen Gl'l1ndsatz der<br />

HlLndels- und Gewerbe-Freiheit selbst nicht beeinträchtigen (hll'f. Der Bundesmt slLh llLut Sehlussl1lÜll110<br />

vom 16. Oetober 1878 die Beweisfilhl'l111g der Banken nicht für genügend [t,n, "weil sie filr<br />

dieselbe nur den aus dem ,Vechsel-Disconto-Geschäft erzielbaren Gewinn in Betmcht ziehen,<br />

nicht aber den höhel'll, eier aus den anclern Geschäftszweigen fliesse" .<br />

Die Bundesversammlung trat im Juni 1879 dieser Anschmmng bei; obschon sie selbst<br />

kurz vorhol' in dem BlLnknotengesetze vom 18. September 1875 den Grunelstüz aufgestellt bette,<br />

cl


226<br />

Gold-, Credit- und Assecumnz-Institute.<br />

War die Notenemission der Bank in St. Gallen bis zum Hechnungsabschluss<br />

1877 auf 6,537,2GO Franken angewachsen, so wurde sie unter<br />

dem ersten Eindruck der Notensteuer zuerst auf 4 1 /2, dann auf 4 Millionen<br />

herunter gesetzt; mit dieser Summe ist sie auch in dem letzten, für<br />

uns in Betracht fallenden Hechnungsabschluss vom 31. December 1880<br />

aufgeführt. Schon im ersten J ahl'e des neuen Jahrzehnts begann aber<br />

auch die Bank in St. Gallen von der durch das eidgenössische Banknotengesetz<br />

ganz bedeutend erhöhten Umlaufsfähigkeit der neuen,<br />

gleichförmig ausgestatteten Noten Nutzen zu ziehen und die Emission<br />

allmälig wieder zu vermehren, so dass sich diese in neuester Zeit mit<br />

8 Millionen dem gesetzlich erlaubten Maximum, d. h. dem doppelten<br />

BetTage des einbezahlten Actiencapitals von 4 1 /2 Millionen, rasch nähert.<br />

Der Heservefonels der Bank hat im Jahre 1871 mit Fr. 900,000<br />

die statutarisch vorgeschriebene Höhe von 20 % des Actiencapitals<br />

erreicht. - Die Ausgabe von Obligationen stand anf Ende des Hechnungsjahres<br />

1865/66 mit J;lr. 2,103,989. 79 am höchsten und ist von<br />

da an fast Jahr für Jahr zurückgegangen. Bei dem stets sinkenden<br />

Discontosatz wurden zuerst keine neuen OblibO'ationen mehr ausaeO'eben<br />

b b ,<br />

dann die ausgegebenen allmälig gekündet und zurückbezahlt. - Der<br />

Jahresdurchschnitt der verzinslichen Gelder in Contocorrent stieg selten<br />

über eine ha,lbe Million, und derjenige der Girogelc1er blieb in noch<br />

viel bescheideneren Grenzen. Die Bank von St. Gallen hat daher im<br />

Verlaufe der Zeit immer ausschliesslicher nur mit ihren eigenen Mitteln<br />

gearbeitet.<br />

Das Disconto- und Hinterlagen-Geschäft der Bank wurde in den<br />

welche die Banknote in (1;1,s Gebiet des Münzreg,"1s verweisen wollten; auf den zweiten, welcher<br />

(bs Recht der Gesetzgebung über die A//sgul!e lind Eilllösullg VOll Bank/lOtcl1 ebenfalls dem Bundc<br />

zuweist und ihm niclit gestn,ttot, ein Monopol für die Am1g'1,be von B:mlmoten aufzustellen, sowie auf<br />

die Gew,ihrleistung der Freiheit von Handel und Gewerbe für Diejenigen, welche die Berechtigung<br />

zu dem Monopol oinfach aus der Natur des Zettelbankgeschäfts lLbleiten wollten. Dem WiLl' der<br />

Nachweis beigefügt, dass die KantOlmlbitnk gar nicht im Falle wäre, von sich aus nach den<br />

Grundsätzen einer soliden Gesclülftsfühmng die Bedürfnisse des st. gallischen Geschäftsverkehrs<br />

nach Circuh1,tionsmitteln zu befriedigen, (hss daher bei dem Verbot der Notenausgabe durch die<br />

zwei andern st. glLlIischen Zettelbanken deren Noten zum grössten 'l'eile durch solche ausserkantomtler<br />

Bltnkinstitute ersetzt würden, also für den StlLat jedenfalls kein grosser financieller<br />

Gewinn, wenn nicht gf1l' ein financieller Nachteil in Aussicht stände. - Guhwhten vom 29. De­<br />

COlll bel' 1876. A bgcllruekt I1,ls Beilage zu llom Verwaltllngsbcricht für dafl .J ah]' 1875/76.<br />

Bank in St. Gallen.<br />

227<br />

ersten Jahren unserer Berichtszeit offenbar durch die neue Concurrenz<br />

der Kantonalbank nicht bloss in seiner natürlichen Entwicklung aufgehalten,<br />

sondern sogar einigermassen zurückgedrängt. Dann gewann<br />

es jedoch mit Beginn der Siebziger-Jahre, begünstigt durch den industriellen<br />

und commerciellen Aufschwun!:!<br />

u<br />

unseres Landes<br />

,<br />

nachhaltiae b<br />

neue Bedeutung und Zunahme. Im Schlussjahre 1880 stieg die Gesamtsumme<br />

der eingegangenen Wechsel auf über 46 Millionen Franken, die<br />

höchste bisher überhaupt erreichte Summe. 1) Pla,tzwechsel, Schweizerwechsel<br />

und Wechsel auf das Ausbnd haben ziemlich in aleichem Verb<br />

hältnisse zugenommen, und zwar alle drei Gruppen mehr in Bezug auf<br />

die Höhe des Betrags, als auf die Zahl der Abschnitte. Die Hubrik der<br />

Hinterlagenwechsel ist sich ohne Schwankungen immer annähernd gleich<br />

geblieben und bewegte sich in runden Za,hlen zwischen 8-10 1 /2 Mill.<br />

N eben dem Wechselgeschäft kommen die wenigen hunderttausend<br />

Franken, die durchschnittlich in Contocorrent gegen Hintel'bge dargeliehen<br />

werden, kaum in BetTacht ; und noch unbedeutender ist<br />

das Geschäft, welches der Bank aus der Aufbewahrung von Depositen<br />

erwächst. Der Bl'l1tto-Ertrag und die zur Auszahlung gelangende<br />

Dividende sind daher so zu sagen gänzlich von dem Wechseldisconto<br />

und dem Zinsfuss für Hinterhl,gen abhängig. Der Durchschnitt des<br />

Brutto-Ertrags stellt sich während der 14 Jahre unserer Berichtszeit<br />

auf 6,07 %, derjeni,ge der Dividende auf 5,04% des arbeitenden eigenen<br />

Capitals, d. h. des eÜlbezahlten Actiencapitals und Hesel'vefonds. - Als<br />

Ausweis des letztern Fonds darf in der Hauptsache der Wertschriftenconto<br />

und elie durch Anteilscheine repräsentirte Beteiligung der Bank<br />

an der st. g~tllischen Hypothekarkasse gelten, welche zwei Posten sich<br />

zusammen gewöhnlich zwischen Fr. 8-900,000 bewegen.<br />

Die überlieferte Vorsicht in c1er Geschäftsführung hat die Bankverwaltung<br />

auch in der Berichtszeit nicht verlassen. Ihr hat sie es<br />

zu verdanken, dass sie in den 14 Jahren von 1867 bis 1880 nur<br />

Fr. 5999. - als Verlust buchen musste.<br />

') Wenn der Verwaltungsbel'icht für 1877/78 übel' 54lYIillionen aufweist, so ist zu beachten,<br />

(1:1,88 es sich hier infolge Verlegung des Hechnungsabschlusses vom 30. September ,tuf den 31. December<br />

um den Zeitmnm von fünf Viertelj,L111'en IHLlldelt.


228<br />

Gcl(I-, Crec1it- und Asseclll'ftnz-Institute.<br />

Nur weil bei unserer Berichterstattung von 1866 über die Bank<br />

der angelogentlicheWunsch der Verlegung des damals noch üblichen<br />

Hechnungsabschlusses von Ende September auf Ende des Kalenderjahres<br />

und der Veröffentlichung eines Wochenausweises der Bank ausgesprochen<br />

worden ist, erwähnon wir hier ausdrücklich, dass jene<br />

Verlegung seither im Jahre 1878 durchgeführt wurde und dass der<br />

z\,\Teito ,iVumlch durch den Art. 4;3 des schweizerischen Banknotengesetzes<br />

von 1881, welcher sämtlichen schweizerischen Emissionsbanken<br />

die Veröffentlichung von Vlfochenallsweisen vorschreibt, seine Erledigung<br />

gefunden hat.<br />

Übersicht über den Bestand des Actiencapitals und Reservefonds, das Wechselgeschäft,<br />

den Contocorrent- und Giro-Vel'keh,', die Banknotencil'culation, den Kassenumsatz und die<br />

Geschäftsergebnisse de!' Bank in St. Gallen vom 1. October 1866 bis 31. December 1880.<br />

(Gründungsjahr 1837.) ')<br />

Eingezahltes Adiencapital 1867-1880 Fr. 4,500,000.<br />

Reservefonds auf den 30. September 1867<br />

1868<br />

Fr. 814,859. 64<br />

" 836,113. 91<br />

1869 858,613. 91<br />

1870 " 883,113.91<br />

1871 bis 31. December 1880 "900,000. -<br />

Platzwefhscl Sehweizerwechsel Wecllscl auf ausHtnl1. !'Iätze<br />

Stück Betmg Stück Betrag Stück Betmg<br />

lilr. Ct. ]lr. Ct. Fr. Ct.<br />

1866/67 3797 11,868,252. 88 2761 11,871,138. 67 113 702,110. 20<br />

1867/68 2876 10,151,708.92 2436 11,719,281. 58 233 1,456,393. 10<br />

1868/69 3175 11,292,425. 40 2570 10,972,738. 36 181 1,200,079. 10<br />

1869/70 3016 8,884,273. 18 2616 11,247,141. 57 134 1,073,531. 45<br />

1870/71 2690 8,606,212. 09 2736 14,474,249. 62<br />

1871/72 3631 10,281,8li2. 57 4127 20,315,373. 58 45 216,034. 00<br />

1872/73 4372 13,828,015. 14 3584 19,073,383. 20 42 171,542. 70<br />

1873/74 4163 12,647,321. 10 3589 20,914,978. 80 20 124,709.75<br />

1874/75 4235 12,724,938. 49 3260 21,093,li72. 40 106 426,885. 95<br />

1875/76 3615 13,521,085. 56 2517 17,647,577. 26 16 42,406. 31<br />

1876/77 4800 10,713,925.41 2485 15,984,066. 51 20 69,451. 90<br />

1877/78(1511on.) 5411 22,900,273. 68 2803 18,906,375. 76 367 1,47L1,497.51<br />

1879 4761 18,358,577. 13 2621 17,171,318. 88 356 1,179,400. 52<br />

1880 5355 20,010,584. 66 2697 16,899,144. 17 437 2,254,523. 21<br />

Dank in St. Gallen. 229<br />

Jlinterlagenwecbscl Total Durchschnitt!. Wechsoltliscollto ')<br />

~<br />

Stück Betrag Stück Betrag D.W. H.W.<br />

Fr. rt. Fr. Ct. % %<br />

18li6/67 1952 10,427,900. -- 8621 34,869,401. 75 3,9 4,7<br />

1867/68 <strong>1887</strong> 10,423,500. - 7422 33,750,883. 60 3,3 4"t<br />

1868/69 1653 9,434,150. - 7588 32,899,392. 86 3,3 4,4<br />

1869/70 1521 9,(51)550. - 7287 30,856,496. 20 3,H6 4,G5<br />

1870/71 1381 8,359,325. --- 6807 31,439,786. 71 4,25 4,85<br />

1871/72 1420 8,836,300. - 9223 39,649,570. 75 4 "1,5G<br />

1872/73 1134 8,744,950. -- 9132 41,817,891. 011 5"15 5,78<br />

1873/74 1126 9,800,300. - 8898 43,487,209. 65 4,7G 5,27<br />

1874/75 1078 10,025,400. - 8679 45,170,896. 84 4,2:) 4,!17<br />

1875/76 1042 9,609,750. - 7206 40,820,819. 13 3,82 4,G9<br />

1876/77 1008 8,661,690. - 8298 44,429,133. 82 3,7 4,6<br />

1877/78 1315 10,959,090. - 9908 54,2'10,286. 95 3,% 4,7;'<br />

1879 991 8,161,840. - 8729 36,709,296. 53 3,43 4,5<br />

1880 916 7,093,490. - 9405 46,257,742. 04 3,08 4,4<br />

3,94 4,75<br />

VerzinslicllC Gelder<br />

in ContocorI'Cnt<br />

Darlilihen in COlltO'<br />

rorrent<br />

Girogeldcr<br />

Banknoten·<br />

circulation<br />

Durchst3hnitt Durchschnitt Durchschnitt Durchschnitt<br />

Fr. Ct. Pr. Ct. Ii'r. Ct. Fr. CL<br />

1866/67 639,000. - 157,036. - 1,838,368. --<br />

1867/68 640,100. - 174,307. -- 1,986,145. -<br />

1868/69 657,300. - 136,610. -- 1,839,600. -<br />

1869/70 633,800. - 236,104.- 1,814,980. -<br />

1870/71 522,180. - 218,830. -- 2,026,823. -<br />

1871/72 (109,593. 40) 2) 451,269. -- 207,035. -- 2,723,580. -<br />

1872/73 138,654. - 502,679. - 73,294. - 3,459,706. ---<br />

1873/74 191,921. - 497,739. - 80,964. - 4,273,200. -<br />

1874/75 446,189. - 427,149. - 104,671. - 5,144,600. -<br />

1875/76 501,109. -- 416,394. - 98,913. - 5,156,700. --<br />

1876/77 283,783. - 404,456. - 89,980. - 5,077,900. -<br />

1877 j78 398,074. - 301,490. - 201,123. -- 4,015,000. -<br />

1879 515,000. - 231,000. - 203,468. - 3,901,000. -<br />

1880 570,000. - 260,800. - 288,803.- 3,860,390. --<br />

') Es ist c1ahei zn hemerken, dass la.ngsichtiges Pn.pier von der Bank selbst und dass im<br />

Privatverkehr überhaupt um '/4 bis '/2 % wohlfeiler c1iseontirt wird.<br />

') Unter dem Gri1nclungsja,hr ist das erste Gesclüiftsj[thr verstanden. 2) Bestand f1m 30. September 1872.


230<br />

Geld-, Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

KIISS611llIllSIItZ Brutto·Ertrag ') Dividende VerwlIltulIgskosteu<br />

Fr. Ct. 0/0 2) 0/0 2) 0/02) 0/0 4)<br />

1866/67 156,071,317.22 5,3 4,25 0,56 0,27<br />

1867/68 149,643,552. 63 4,74 3,72 0,57 0,3<br />

1868/69 144,022,566. 49 4,86 3,79 0,55 0,28<br />

1869/70 131,030,410. 06 5,19 4,11 0,57 0,3<br />

1870/71 114,929,342. 97 4,93 4,09 0,55 0,3<br />

1871/72 150,550,480. 50 5,46 4,83 0,6 0,3<br />

1872/73 162,495,718. 61 7,4 6,66 0,66 0,3,1<br />

1873/74 167,606,477.02 7,3 6,5 0,65 0,3<br />

1874/75 175,282,216. 91 7,04 6,08 0,69 O,2U<br />

1875/76 170,060,159. 42 6,8 6,08 0,64 0,25<br />

1876/77 188,068,032. 62 6,38 5,33 0,77 0,38<br />

1877/78 168,398,733. 45 7,32 3) 6,4 0,72 3 ) 0,34 3 )<br />

1879 170,777,742. 26 6,53 4,33 0,71 0,35<br />

1880 183,498,799. 22 5,68 4,42 0,72 0,36<br />

Durchschnitt 6,07 5,04 0,6'1 0,31<br />

Die BilfLnzcn dcr Bank in St. Gallen von 1867-80 s. am Schlusse des Abschnitts.<br />

St. Gallische Hypothekarkasse. 5)<br />

Die allgemeinen Ursachen, welche zur Gründung dieser, mit dem<br />

1. Januar 1864 eröffneten Anstalt geführt haben, sind in unse1'm frühem<br />

Berichte auseinander gesetzt worden; ebenso ihre Organisation und<br />

die besonderen Umstände, welche schon im Mai des Eröffnungsjahres<br />

die Bank veranlassten, das ganze Geschäft auf alleinige Rechnung und<br />

Gefahr zu übernehmen und das kaufmännische DirectOl'ium seiner Verbindlichkeiten<br />

als Mitgründer und Mitgarant zu entlassen. Wir haben<br />

dort auch die Ansicht ausgesprochen, dass das Unternehmen nur durch<br />

eine zweite Umwandlung gedeihen könne, welche es gänzlich von der<br />

Wechselbank abtrenne und zu einem selbständigen Actieninstitute mit<br />

erweitertem Geschäftskreise gestalte.<br />

') Einnahmen weniger Passivzinse und Verluste, bezw. Abschreibungen.<br />

2) Des Gesellschaftscapitals (Actiencapital und Rese'rvefonds).<br />

3) Auf ein Jahr zurückgeführt; der Ertrag der 5/4 Jahre vom 1. October 1877 - 31. December<br />

1878 ergibt 9,15 %, bezw. 0,9 %, und 0,


232<br />

Gelcl-, Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

rechten Eingang neben den ältern Instituten ähnlichen Charakters<br />

und brachte ihr Gesamtguthaben bis zum Abschluss unserer Berichtszeit<br />

auf wenig mehl' a,ls eine Million; die Obligationen aber - teils mit,<br />

teils ohne Coupon - wurden rasch belieht und wuchsen his Ende 1880<br />

auf über 6 1 /2 Millionen Franken an. Sozusagen das ganze eigene und<br />

fremde Capital war am Abschluss unserer Berichtszeit his zum letzten<br />

Rappen durch feste Anlagen repräsentirt; denn das HinterlagengeschHJt<br />

der Hypothekarkasse bewegte sich stets nur in höchst unbedeutenden<br />

SUHunen. Ein so gänzlicher Verzicht auf eine eigene, im Falle des Bedarfs<br />

ohne langen Verzug flüssig zu machende Reserve bei einem Institute,<br />

welches mit 7 1 /2 Millionen fremden, teilweise auf kurze Fristen<br />

kündbaren Geldes arbeitet, wäre selbstverständlich dl1l'chaus untunlich,<br />

vvenn die Hypothekarkasse nicht die Ba,nk als Garanten hinter sich<br />

hätte, der ihr im Notfall zu Hülfe kommen muss. Es möchte doch<br />

Zeiten. geben, wo diese Garantie sehr ernsthafte Verpflichtungen auferlegt,<br />

und es wird gut sein, wenn die Geschi:iJtsfühl'ung der Bank<br />

sich derselben jederzeit erinnert.<br />

Dass die Verwaltung der Hypothekarkasse bei der stets zunehmenden<br />

Leichtigkeit für Unterbringung guter Pfandtitel ebenso wenig den<br />

Zinsfuss für ihre Anlagen auf gleicher Höhe zu erhalten, als die Verpflichtung<br />

ihrer Schuldner zu jährlichen Abzahlungen strenge durchzuführen<br />

vermochte, wird ihr niemand zum Vorwurf machen. Sie<br />

musste sich eben den veränderten U mständen a~lpassen, und so bescheiden<br />

die Annuitäten bemessen waren 1) und obschon solche Darleihen<br />

des Vorteils der Unaufkündbarkeit genossen, so b,nge die Zahlungen<br />

pünktlich geleistet wurden, empfand man sie doch feLst allgemein als<br />

lästige Verpflichtung, welcher man sich bei erster Gelegenheit entzog.<br />

So kam es, dass Ende 1880 nur noch ß % der ausgeliehenen Gelder<br />

zu den Anleihen gegen Annuitäten gehörten, gegen 54,4 % im Jahre<br />

1866; und was den Zinsfuss der Darleihen anbetrifft, so waren 186ß<br />

alle damals ausgeliehenen 500 Posten zu 5 % verzinslich, bis auf einen<br />

') Annuit;i.ten solltt"n bei Darleihen auf Liegenschaften nicht wenig'er als 1 °jo, auf Fltbriken<br />

und Gebäude mit gewerblichen Einrichtungen nicht weniger als 2 % und bei lYhschinen und<br />

meclmnischcn Einrichtungen nicht weniger ,üs 4 % des ursprünglich chwgeliehenen CfLpitals<br />

betragen. - Art. ,1-7 des Heglemonts.<br />

St. Gallische Hypothekal'lmsse.<br />

233<br />

einzigen von Fr. 2200. -; Ende 1880 dagegen verzin·sten sich nur noch<br />

60 % der Gesamtsumme zu 5 %; 34 % zu 4 3 /4 0 / 0 , und 6 % zu 4 1 /2 %.<br />

Die Zahl aller Posten hatte sich auf 976 gehoben.<br />

Übel'sicht über den Bestand deI' Anteilscheine, das Dal'leihgeschäft und die Geschäftsel'gebnisse<br />

der st. Gallischen Hypothekarkasse von 1867-1880.<br />

(Gritndungsjahr 1864.) 1)<br />

Ant.eilscheine auf 31. December 1867 Fr. 1,897,500. -<br />

1868 " 1,905,500.-<br />

1869 " 1,936,500.-<br />

1870-80 "2,000,000. -<br />

Darleihen au!' Unterpfande<br />

Dividende<br />

Vemalt,uugs·<br />

Ausbezahlt ZUl'llckbezahlt Bestand 2)<br />

kosten<br />

1867<br />

1868<br />

1869<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

Fr.<br />

Cl.<br />

1,042,461. 53<br />

1,329,264. 36<br />

574,553. 67<br />

279,414. 77<br />

28,i,853. 30<br />

467,473.65<br />

646,848.99<br />

1,076,3ß1. 51<br />

1,007,241. 50<br />

732,607. 63<br />

1,312,952. 23<br />

1,017,973. 71<br />

1,377,523. 06<br />

1,708,004. 74<br />

Fr.<br />

ot.<br />

291,749. 25<br />

502,808. -<br />

383,968. 35<br />

454,508. 99<br />

362,860. 26<br />

378,804. 29<br />

384,635.44<br />

367,548. 85<br />

469,659. 93<br />

249,470. 83<br />

530,919. 25<br />

488;389.89<br />

G18,067. 10<br />

1,297,193. 69<br />

Fr.<br />

Cl.<br />

4,318,891. 42<br />

5,145,347. 78<br />

5,335,933. 10<br />

5,160,838. 88<br />

5,053,831. 92<br />

5,142,501. 28<br />

5,404,714. 83<br />

6,113,527. 49<br />

6,651,109.06<br />

7,134,245. 86<br />

7,916,278. 84<br />

8,445,862. 6ß<br />

9,205,318. 62<br />

9,616,129. 67 3 )<br />

0/0')<br />

4,58<br />

4,75<br />

4,72<br />

4,03<br />

4,00<br />

4,56<br />

4,6,1<br />

4,73<br />

4,9<br />

5<br />

5,1<br />

5,1<br />

5,1<br />

5,15<br />

0/0 4) 0/0 5)<br />

0,47 O,U)<br />

0,49 0,17<br />

0,46 0,16<br />

0,45 0,16<br />

0,44 0,16<br />

0,45 0,17<br />

0,44 0,1:;<br />

0,48 O,lf,<br />

0,49 0,14<br />

0,4.6 0,13<br />

0,4.6 0,11<br />

0,51 0,12<br />

O,r,1 0,11<br />

0,53 0,11<br />

-"------------_ ..<br />

Durchschnitt 4,74 0,47 0,14<br />

Die Bilanzen der Hypothekarkasse von 1867-80 s. am Schlusse dieses Abschnitts.<br />

1) Unter dem Gründungsjahr ist das el'ste Gcschäftf\jahr versbtnden.<br />

2) Auf 31. December.<br />

3) Von diesen entfallen auf die Bezirke:<br />

St. Gallen Fr. 4,128,825.40 \\Terdcnberg Fl·. 185,945. 30 Neutoggenburg Fr. 163,ti76. 10<br />

TfLblat " 1,020,205. 77 Sargans " 397,659. 06 Alttoggenburg • 291,627.27<br />

Rorschach 932,182. 99 Gaster 22,710. - Untcrtoggenb. " 633,150.-<br />

UnterrheintrLl" 210,219. 39 Seebezirk 81,601. 25 Wil " 437,150.-<br />

Oberl'heintal" 456,680.53 Obcrtoggenburg" 198,175.46 Gossall " 377,350.-<br />

Auf den Kanton TUl'gau " 78,771. 1:;<br />

') Des Grsellschaftscapitah, d. h. der Gesamtsumme der begebenen Anteilscheine.<br />

") Des gesa,mt.en f1.rhritenclrm Ca,pit.als (,igenen und fremden) lallt. Bilanz.<br />

30


2:34<br />

Geltl-, Cl'edit- und Assocmanz-Institute.<br />

Creditanstalt in St. Gallen. 1)<br />

Weit grössel'e Ausdehnung, als bei ihrer Gründung je vorausgesehen<br />

oder beabsichtigt wurde, hat im Verlaufe unserer Berichtszeit die ans<br />

sehr bescheidenen Anfängen hervorgeg~tl1gene Creditanstalt genommen.<br />

Die rasche Entwicklung dieses Instituts aus einer Spar- und Leih-Kasse<br />

mit "bäurischem" Geschäftsbetrieb 2) zu einem ansgedehnten Bankgeschäft<br />

rief in kurzen Zwischenräumen nicht bloss Erhöhungen des<br />

Actiencapitals und ReservefQllds, sondern auch mehl' oder vveniger eingreifenden<br />

Sta,tutenrevisionen.<br />

Der Verdoppelung des ersten Actiencapitals von Fr. I 00 ,000 im<br />

Jahre 1861 und der Verdoppelmig dieser Fr. 200,000 im Jahre 1868<br />

folgte eine dritte Verdoppelung auf Fr. 800,000 im J ahl'e 1873 und eine<br />

vierte auf Fr. 1,600,000 im Jahre 1876. Gleichzeitig wurde auch für<br />

entsprechende Äufnung des Reservefonds gesorgt. 3)<br />

Mehr oder weniger eingreifende Statutenrevisionen fanden nach<br />

denjenigen von ]859 und 1864 auch in den Jahren 1871, 1873, 1876,<br />

1877 und 1879 statt.<br />

Eine wesentliche Erweiterung des Geschäftskreises brachte besonders<br />

die Statutenrevision von 1871 mit sich, in Folge der Erfahrungen<br />

von 1870. Die Verwaltung hatte nämlich schon im Jahre vorher bei<br />

dem damals sehr günstigen Stande des Geldmarktes in ziemlich unvorsichtiger<br />

Weise ganz bedeutende Depositoposten zu 3 1 /4 und 3 1 /2 % teils<br />

gegen Obligationen mit kurzer, bestimmter Verfallzeit, teils sogar gegen<br />

') Vrgl. Industrie und Handel auf Ende 1866, S. 28-36.<br />

2) Mit eiO'entiimlicher Lieblmberei setzen die Geschäftsberichte aus der frühem Zeit der<br />

Creditanstalt wiederholt diesen "bämischen" Betrieb dem "kaufmännischen" gegenüber, bis dann<br />

die Anst~üt durch die Statutelll'evision von 1871 selbst mit vollen Segeln zu dem lehtem Betriebe<br />

übergieng. Der Verzicht auf Provisionen, der dem" bäurischen" Betriebe eigen sein sollte,<br />

wal' übrigens etwelchermassen aufgewogen durch die Bestimmung', dass der Zins für Darleihen<br />

vom ersten des Monats, in welchem das Darleihen zur Auszahlung kam, bis zum letzten des Mona,ts,<br />

in dem die Rückza,hlung erfolgte, berechnet wurde, und zwar längere Zeit durchschnittlich zu 6%.<br />

S) Der Emissionscurs der auf Fr. 500 lautenden Actien wurde bei den zwei letzten Capitalvermehrungen<br />

für die Actionäre der Gesellschaft, w~~che clem draussen stehel1Ll~n Pu?licum<br />

nichts zukommen liessen, auf Fr. 550 gestellt und der Uberschuss von Fr. 50 auf ehe Act18 dem<br />

Reservefonds überwiesen. Die Höhe dieses Fonds wurde 1864 auf 1


2HG<br />

Ueld-, Cl'etlit- uml ,bH8t;Ul'lLl1z-lnstituk.<br />

des Instituts auch dadurch Ausdruck, dass sie als dessen ;(;'weck nicht<br />

mehl' die eng beschränkte "Handreichung für La,ndwil'tschaft und Kleingewerbe<br />

durch Geldvol'schüsse gegen Bürgschaft oder Hinterlage", sondern<br />

viel allgemeiner gefasst die "Erleich terung des Verkehrs für den<br />

Handwerks- und Gewerbe-Stand, Industrie und Land wirtschaft durch<br />

Gewährung von Darleihen und Crediten gegen Sicherheit" aufführten.<br />

Dem entsprec.hend erscheinen nun auch die VQ1'sc!tüsse in laufender Rechnung,<br />

aber nur gegen Deckung, unter den Geschäften, welche die Creclitctllstalt<br />

betreibt. 1 ) Damit wal' ihr Geschäftskreis bis auf weiteres abgeschlossen;<br />

wie überhaupt die Statutelll'evision von 1873 die letzte<br />

gänzliche Neufassung ihres Gnmdgesetzes gewesen ist und diese Statuten<br />

in allem Wesentlichen heute noch in Kraft stehen. 2)<br />

1) Diesen Geschäftszweig hatte sich die Cl'editanstalt tatsächlich schon ein Jahr vorher<br />

durch die bald im Text zu erwähnende Übernahme der Hanclw8rkerbfLnk angeeignet, und zwm'<br />

gleich in ziemlichem UmüLng.<br />

2) Neben der Vermehrung des ActiencapitlLls, des Reservefonds und der Einführung neuer<br />

Geschäftszweige handelte es sich bei den verschiedenen Statutel1l'evisionen meist mn die Bedingungen<br />

des Verkehrs mit der Spar- und Deposito-Kasse und um kleinere organisatorische Abänderungen.<br />

In ersterer Beziehung beseitigte schon die Revision von 1864 das Maximum von Fr. 1000<br />

für Einlagen mit Zins, ebenso die bis dahin übliche Einschreibgebühr, setzt·e den Beginn der Verzinsung<br />

für Einlagen auf den 1. des folgenden Monats fest und für Guthaben von übel' Fr. 200<br />

eine Abkündungsfrist von 28 Tagen ..-<br />

Die Statuten von 1871 lassen die Verzinsung mit dem Tage<br />

der Einlage beginnen und überlassen die Festsetzung des Zinsfusses der Kassenscheine für künftig<br />

dem Verwaltungsrate der Anstalt; ferner sichern sie, soweit der Kassenbestand es erlaubt, Rückzahlungen<br />

bis Fr. 1000, ohne Abkündung und Abzug, auf erstes Verlangen mit Zins bis zum Zahltag<br />

zu. - Die Statuten von 1873 überlassen elem Verwaltungsrate auch die Festsetzung der Kündungsfristen.<br />

In der OrganislLtion der Verwaltung brachten die verschiedenen Statutel1l'evisionen keine<br />

wesentlichen Veränderungen. ,Vir erwähnen die Verlegung der ordentlichen Generalversammlung<br />

vom Mai in den April (1864); die :6uteilung' von 2 Stimmen an die Besitzer von Actien im<br />

Betrage zuerst von Fr. 600-1000 (1864), dann von 4-8 Actien (1873), - von 3 Stimmen an<br />

die Besitzer von Actien im Betrage zuerst von Fr. 1100 und mehl' (1864), chl,nn von 9-15 Actien<br />

(1873), - und von 4 Stimmen an die Besitzer von 16 Actien undmrhr (1873); die Bestimmung,<br />

dass die Auflösung der Anst"lt nur mit einer Mehrheit von 3/1 (1864), bezw. 2 / 3 (1873), der fLllwesenden<br />

Stimmen, die zugleich 3,"4, bezw. 2/3, des Actiencapitals repräsentiren, beschlossen werden<br />

kann; die Gleichstellung des Sitzungsgeldcs der Mitglieder der in einen "Verwaltungsrat" Ulllgewanclelten<br />

"Verwaltungscommission" - Fr. 3 - mit demjenigen des Präsidenten - Fr. 5 -<br />

(1864); die Bestimmung einer durch den Verwaltungsrat festzuset,zenc1en, IJesonclern Entschädigung<br />

des Präsidenten neben dem Sitzungsgeld von Fr. 5 (1873); clie Zuteilung einer Tantieme von 5 0 / 0<br />

an den Verwaltungsrat mit Aufhebung der besondern Präsidialentschädigung, abcr nicht des<br />

Sitzungsgeldes (1877); die VerHtngerung der Amtsdauer des Verwaltungsrates und des von diesem<br />

gewählten PräHic1enten von 2 fl.uf 3 Jahre (1871); die Vermehrung der Zahl der Rechnungsrevi-<br />

80ren von 3 lUlf 4 '(1877) und die Erhöhung ihres Sitzungsgelc1es von Fr. 3 auf Fr.)) (1871).<br />

Credi bmstal t. 287<br />

Daß lhmptgeschäft der Creclitanstalt blielJen die ge'Lnze ;(;eit ülJer<br />

die Dc'Lrleihen gegen Bürgschaft und Hinterlage; auch die Eröffnung<br />

von Crediten in Contocorrent ist ihrem Wesen nach nichts anderes,<br />

da Blancocredite ausgeschlossen sind. Dabei sind jedoch die Darleihen<br />

gegen Bürgschaft allein fortschreitend durch solche gegen Bürgschaft<br />

und Hinterlage oder gegen Hinterlage allein ersetzt worden. Diese<br />

a11mälige Umwandlung des reinen Bürgschaftsgeschäfts wurde gefördert<br />

und erleichtert durch die Entstehung von Bezirksleihkassen, an welche<br />

die Gesuchsteller verwiesen werden konnten, a,ls an Stellen, denen ihre<br />

und der vorgeschlagenen Bürgen Verhältnisse am genauesten bekannt<br />

sein müssen und denen auch die Überwachung dieser Verhältnisse weit<br />

eher möglich ist. Eine erfreuliche Folge der Beschränkung der Darleihen<br />

gegen Bürgschaft iLllein war das beinahe gänzliche Verschwinden<br />

der bis 1875 regelmässig in den Jahresberichten erscheinenden grössern<br />

oder kleinem Verluste. Dass der durchschnittliche Zinsfuss der<br />

Deu'leihen nicht mehl' so hoch gehalten werden konnte, sobald durchschnittlich<br />

grössere Sicherheit verlangt wurde, ist natürlich; abgesehen<br />

von dem in den letzten Jahren überall fühlbaren, allgemeinen Sinken<br />

des Zinsfusses. Dennoch sind die Erträgnisse der CredihLnstalt nicht<br />

zurückgegangen, sondern unverändert sehr günstig geblieben. Es trägt<br />

dazu hauptsächlich der Umstand bei, dass das Institut vorzüglich mit<br />

fremdem Geld arbeitet. Deßsen Betn'Lg hat das eigene Capital von jeher<br />

um das Mehrfache überstiegen. - Beruhigender, ~Lls früher, stellt<br />

sich die ganze Situation deswegen dar, weil seit einer Heihe von Jahren<br />

ein Wechsel portefeuille vorhanden ist, dessen Bestand in der Regel<br />

dem Actiencapital und dem Reservefonds gleichkommt; dafeir sind aber<br />

gleichzeitig in demWertschrifteninvent


238<br />

Gcld-, Cl'uc1it- und Assccumnz-Imtitutl~.<br />

Das DarleihgeschtlJt Cl,uf VV [1,ren, das übrigens 111e 111 bedeutende<br />

:::lummen gieng, ist im Mai] 871 gänzlich liquic1irt worden. Viel' Jahre<br />

später traf nach mehrfachen vergeblichen Angriffen das gleiche Schicksal<br />

die seit 1863 a,ls selbständige N ebenanstalt betriebene lVIobiliarleihkasse<br />

, deren als N otwenc1igkeit erklärte Errichtung seiner Zeit<br />

einen Hauptcmstoss zur Gründung der Crec1itanstalt gegeben hatte. I~s<br />

ist jet richtig, class dieses Geschäft trotz aller Darlegungen und l~rklärnngen<br />

von seiner socialen Unentbehrlichkeit, seiner :Mühseligkeit<br />

und Uneinträglichkeit in den Augen des grossen Publicums doch immer<br />

nicht für ganz reinlich gegolten hat, und es ist begreiflich, dass dieses<br />

unbesiegliche Vorurteil und das Zusammenwerfen der Mobiliarleihkasse<br />

mit den damals ohne jede gesetzliche Aufsicht und Zügelung arbeitenden<br />

Privatpfandhäusern die ursprüngliche Vorliebe der Verwaltung<br />

für diesen Zweig ihrer Tätigkeit allmälig in heftige Abneigung umschlagen<br />

liess. Dennoch leuchtete es nicht allseitig ein, dass diese<br />

'\bllelO'unO' ein o'enüo'endel' Grund für die Aufhebung der Anstalt sein<br />

L b b b b<br />

sollte. Der längere VViderstand der General versammlung gegen das<br />

Preisgeben der gänzlich auf gemeinnützigen Boden gestellten und ohne<br />

j eden Nutzen für die Actionäre der Creditanstalt arbeitenden Nebenanstalt<br />

war jedenfalls allel' Ehren wert. 1)<br />

Im März 1872 übernahm die Creditanstalt durch Vertrag alle<br />

Activen und Passiven der Ha,ndwerkerbank in St. Gallen gegen Auslösung<br />

der Actionäre mit Fr. 109 für jede Adie von Fr. 100, und am<br />

1. Mai 1873 eröffnete sie eine Filiale in Appenzell, deren Geschäft sich<br />

gesund entwickelt, aber nicht den erwarteten Umfang gewonnen hat,<br />

weil seine Einrichtung alsbald der Gründung einer besonderen appenzellischen<br />

Spar- und Leih-Kasse in dem Hauptorte Innerrodens rief.<br />

Die nachfolgenden Zeilen werden ergeben, zu welch bedeutendem<br />

Bankgeschäft die Creditanstalt sich in den 14 J (ohren unserer Berichtszeit<br />

herausgearbeitet hat. Der Bedeutung und den Bedürfnissen ihres<br />

1) Die Vollnmcht zur Aufbebung l1ies8r Anstalt wurde dOlll VOl'waltungsrat in der Gell~ralvorsammlung<br />

vom 22 . .Mtirz 1875 erteilt. Die Liquithüioll der .Mo biliarl.oihkr~sse crga~ s:hhes~lieh<br />

ein Defieit im Botrao'o von Fr. 2361. 27. Dieses Dcficit rcpräsentll'te mdes lcchghoh tl.lU<br />

Differenz zwischen den Vel~Y[Lltungskostell und dem L;insenergebnis während der Liquidationszelt.<br />

Uretli tal1stal t.<br />

239<br />

Geschäftsverkehrs entsprechend hat sie aueh in den Jahren 1878 -7 9<br />

an der Stelle des ihr zu enge gewordenen Privathauses, in dessen<br />

bescheidenen Räumen sie sich zuerst einquartil'te, ein stattliches, in<br />

jeder Beziehung zweckmässiges BankgebH,ude errichtet und dasselbe<br />

8.m 11. Decem bel' 1879 bezogen.<br />

Der durchschnittliche Brutto-Ertrag der Creditanstalt in den Jahren<br />

1867-80 stellt sich auf 14,17 %, die Dividende auf 7,43 % des Gesellschaftscapitals.<br />

Bei solchen Erträgnissen, nach Aufhebung der Mobiliar­<br />

] eihkasse und Verweisung der Da,rleihgesuche kleineren Betrags aus<br />

entfernteren Bezirken an elie seither entstandenen "Banken und Bänklein<br />

der betreffenden Landesgegend " 1) werden VerwaJtung und Actionäre<br />

selbst wohl kaum noch einen Anspruch auf den Charakter ganz<br />

specieller Gemeinnützigkeit des unter diesem Zeichen gegründeten Instituts<br />

festhalten. Aber die Stellung, welche ihm seine Entwicklung<br />

gegeben und die es sich selbst zurecht gemacht hat, füllt es so befriedigend<br />

aus, als irgend ein anderes st. gallisches Institut ähnlichen<br />

Charakters.<br />

Übel'sicht über den Bestand des Actiencapitals und Resel'vefonds, das Wechselgeschäft,<br />

den Kassenumsatz und die Geschäftsel'gebnisse dei' CI'editanstalt von 1867-1880.<br />

(Grünclungsjahr 1855.) 2)<br />

Eingczahltes Acticllcapit,al<br />

Reservcfon!ls<br />

Fr. Ct. Fr. Ot.<br />

Auf 31. December 1867-72 400,000. - 1867--1870 100,000. -<br />

1873-75 800,000. -- 1871 131,330. -<br />

1876-80 1,600,000.- 1872 156,000. -<br />

1873 216,000. -<br />

1874 232,600. ~<br />

1875 255,000. -<br />

1876 319,000. -<br />

1877 388,000. -<br />

1878 400,000. -<br />

1879 425,000. -<br />

1880 453,000. -<br />

1) 8. GeschMtsberieht für 1t:l79, S.6.<br />

2) Untcr dmn nrümll1ng'sjl1hr ist C1


~---<br />

..<br />

240<br />

Geld-, Crec1it- und Assccnranz-Institute.<br />

Angekullrto Wechsel<br />

Stück Betl'ftg'<br />

KasscnulIIsub ßl'utto.lll'trag 2 ) Dividende<br />

Verwaltungs·<br />

kostcn 4 )<br />

Fr. Cl. Fr. Cl. "/0 3 )<br />

% °.'0 2 ) 0/0 5)<br />

1867 10,803,973. 68 14,78 6,47 5,04 O,G(;<br />

1868 - - 11,144,018. - 15,27 6,4 6,12 0,(;5<br />

1869 - - 10,590,067. - 15,03 8 5,4D 0,52<br />

1870 14,199,4 L lO. - 16,02 6,4 5~:) 0,51<br />

1871 645,118. 58 12,377,380. 92 9,8ii 6,4 L),44 0,47<br />

1872 1 ) 455 1,352,228. 54 19,240,287. 84 16 7,GB 5,72 0,41<br />

1873 713 2,082,192. 53 20,866,581. 98 21,07 10,il2 6,21 0"11<br />

1874 605 1,855,737. 54 21,732,500.30 11,85 6,2!J 2,04 0,43<br />

1875 1150 2,293,048. 08 28,660,520. 50 13,75 7,701 2,78 0,30<br />

1876 868 2,ßß5,283. 93 32,044,05ß. 42 14,31 7,58 2,98 0,29<br />

1877 1066 3,033,880. 78 32,529,047. 62 14,4 7,89 2,58 0,34<br />

1878 1638 3,505,119. 05 32,942,237. 80 11,14 7,24 1,85 0,29<br />

1879 2292 5,276,959. 07 40,494,232. 22 12 8 2,05 0,2G<br />

1880 3434 10,297,943. 63 57,695,410. 53 12,20 7,09 2,Oil 0,25<br />

---<br />

Dlll'chschnitt 14,17 7,43 4,08 0,41<br />

Die Bilanzen der Crec1itanstalt von 1867-80 s. am Schlusse dieses Abschnitts.<br />

Deutsch-Schweizerische Creditbank in St. Gallen. S)<br />

Schon vor dem Beginne unserer Berichtszeit hat dieses Institut,<br />

durch schlimme Erfahrungen gründlichst belehrt,aus der zuerst eingeschlagenen<br />

Bahn eines grossen Speculationsgeschäfts in Wertpapieren<br />

mit Beteiligung an industriellen und Handels-Unternehmungen in diejenige<br />

eines einfachen, soliden Bankgeschäftes eingelenkt. Während der<br />

14 Jahre, die unserer Betrachtung unterliegen, vollzog sich diese Wandlung<br />

immer. entschiedener, und bis zu der Zeit, mit welcher wir abschliessen,<br />

ist sie gänzlich durchgeführt worden; ohne wesentliche Umänderung<br />

der ursprünglichen Statuten 7), doch nicht ohne dabei noch<br />

') Übernahme der Handwerkerbank.<br />

2) Einnahmen weniger Passivzinse und Verluste, bezw. Abschreibungen.<br />

3) Des Gesellschaftscapitals (Actiencapit[d und Reservefonds). - Bei. elen Capita1.v:rdoppe-<br />

1unO'e11 von 1873 und 1876 fällt das neu einbezahlte Capital als mitarb81tend und dlvldendenber~chtigt<br />

erst für das folgende J[,hr in Betracht.<br />

4) Tantieme uncl - bis 1871 _. Steuern inbegriffen.<br />

5) Des gesamten arbeitenden Capitals (eigenen und fremden) hut Bihnz.<br />

") Vrgl. Industrie und Handel m~~ Ende 1866, S. 19-28. . .,<br />

7) Die einzige, sehr unwesentliche Anclerung' an den Statuten best~nd ;la1'1.11, class ehe Generalversammlung<br />

vom 17. Mä,rz 1873, veranlasst durch den Tod von dreI Mltghedel'l1 des Ven:altnngsrats<br />

im Jahro 1872, die Zahl der Mitglieder diesel' Aufsichtsbphörde von 12 anf 91'eclncll'te.<br />

Deutsch-Schweizerische Creditbank.<br />

241<br />

eme sehr unangenehme ErlJschaft aus jener ersten Periode liquidil'en<br />

zu müssen.<br />

Das vVertschl'ifteninvental' von 1866 wies neben andern Papieren<br />

von fntglicher Güte noch 7704 Stammactien und 103 Prioritätsactien<br />

der Vereinigten Schweizerbahnen auf, die zu einem "Promemoria-Curs"<br />

von Fr. 9 mit Fr. 70,263 in der Bilanz figurirten. Sobald ihr Curswert<br />

sich einigermassen zu heben begann, \vurden sie in grössern und kleinern<br />

Posten auf den Markt gebracht,; bis zum Jahre 187 \) war vollständig mit<br />

ihnen aufgeräumt. - Aber auch mit amerikanischen Eisenbahnpapieren<br />

machte man um die Mitte der Siebziger-Jahre unangenehmeErfahrnngen<br />

und beschränkte deswegen von da an den Verkehr in Effecten überhaupt<br />

noch mehr und nur auf einheimische Wertpapiere.<br />

Von den zwei industriellen Unternehmungen, an welchen sich die<br />

Creditbank hauptsächlich beteiligt hatte: der Feldmühle ROl'sehach und<br />

der Buntweberei Altstätten, konnte sie das letztere, seit dem Jahre 18GO<br />

von ihr auf eigene Rechnung übernommene Etablissement im Jahre 1872<br />

ohne weitern Verlust veräussern; das erstere geriet zwei .Jahre spriter<br />

in Concurs und nötigte die Creclitbank bis zur gänzlichen Durchführung<br />

der Liquidation im Jahre 1881 zn immer neuen Abschreihungen, im Gesamtbetrag<br />

von Fr. 424,490. -<br />

Ebenfalls sehr sch1imme Erfahrungen haUe die Cl'editbank in der<br />

ersten Periode ihres Bestandes mit der Eröffuung von ungedeckten Crediten<br />

gemacht. Der Vel'waltungsrat sah sich dadurch schon im Herbst<br />

18ß 7 zu dem Beschlusse veranlasst, einerseits neue Contocorrent-Credite<br />

nur noch gegen Deckung zu gewähren, anderseits für die in Kraft gela,ssenen<br />

Blancocredite mit dem 1. Januar 18G8 höhere Commissionssätze<br />

eintreten zu lassen. Trotz dieser Vorsichtsmassregeln giengen auch in<br />

der Folgezeit noch recht erhebliche Posten an Contocorrent-Schuldnern<br />

verloren.<br />

N eben dem ContocOl'rent-Geschäft nimmt das vVechselgeschäft die<br />

erste Stellun'g ein. -In dritter Linie sind noch die VOl'SCllllsse auf Consignationen<br />

zu erwähnen, welche der Creditba.nk bis in die allel'jüngste ;';eit<br />

eigen waren. 1)<br />

') Seit ganz knrzem Imt n,neh (lio 'roggen hnrgf'dmll k begonnen, solelw V orschiisse zn nmel!rn.<br />

31


242<br />

Gelcl-. Creclit- nncl Assccumnz-Inst.itute.<br />

Fremde Gelder bedurfte die Creditbank während der Periode dieser<br />

Rückwärtsconcentrirung nicht; sie hatte Mühe, für das auf die Hälfte<br />

reducirte eigene Capital vorteilhafte Verwendung zu finden.<br />

Dass ihre durchschnittlichen Erträgnisse in den Jahren 1867-1880<br />

für ein derartiges Institut sehr bescheiden waren, wird nach der vorstehenden<br />

kurzen Ausführung nicht überraschen. Der Brutto-Ertrag<br />

stellte sich auf 6,34 %, die ausbezahlte Dividende auf G % des Gesellschaftscapitals.<br />

Doch hat sich die Bank ausserclem auch wieder einen<br />

Reservefonds von rund Fr. 45,000 verdient.<br />

Übersicht llber den Bestand des Actiencapitals und Reservefonds, das Wechselgeschäft<br />

den Kassen- und Gesamt-Umsatz und die Geschäftsergebnisse der Deutsch-Schweizerischen<br />

Creditbank von 1867-1880.<br />

(GritndungsjfLhr 1856.) 1)<br />

Eingezahltes Actiencapitftl itUf31.Dec.1867 Fr. 3,551,973. 91 1868 Fr. 3,196,779. 91<br />

1869-70 Fr. 3,044,553. 91 1871-80 Fr. 3,000,000.-<br />

Resel'vefonc1s auf 31. December 1867 1874 Fr. 5,849. 76<br />

1868 1875 5,849. 76<br />

1869 Fr. 13,205. 10 1876 6,149.76<br />

1870 26,410. 20 1877 14,961. 16<br />

Stück<br />

1867 9476<br />

1868 8317<br />

1869 8437<br />

1870 8555<br />

1871 8606<br />

1872 9489<br />

1873 9286<br />

1874 8970<br />

1875 8486<br />

1876 8044<br />

1877 7779<br />

1878 8311<br />

1879 8653<br />

1880 8216<br />

-------<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

J\ngekau,fte Wechsel<br />

Betrag<br />

Fr. ot.<br />

23,396,246. 66<br />

18)57,734. 28<br />

18,842,300. 07<br />

18,342,156. 43<br />

23,359,433. 40<br />

26,687,617. 34<br />

25,020,636. 81<br />

22,086,806. 25<br />

23,914,479. 02<br />

21,461,557. 92<br />

20,658,954. 74<br />

21,424,616. 83<br />

19,738,922. 7]<br />

21,154,958. 65<br />

" 169,480. 72 1878" 27,993. 30<br />

" 195,195. 02 1879" 36,599. 70<br />

" 220,909. 32 1880" 45,171. 10<br />

Eingelöste Tratten<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

12,535,494. 17<br />

8,729,866. 83<br />

8,116,945. 74<br />

6,529,294. 04<br />

8,210,271. 24<br />

8,234,862. 21<br />

7,063,137.38<br />

5,199,413. 05<br />

5,887,464. 92<br />

4,572,515. 45<br />

4,361,4ß4. 27<br />

3,861,362. 41<br />

4,075,047. 85<br />

5,335,568. 42<br />

1) Unter dem Gründnngsjahr ist. das crste Gcschliftsjahl' vf'l'stn.nclrm.<br />

KI1SSeUlIlIIsatz<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

63,337,091. 79<br />

56,217,964. 79<br />

50.945,374. 44<br />

38,477,376. 84<br />

47,814,923.40<br />

47,738,193. 99<br />

40,054,914. 58<br />

31,936,111.23<br />

39,066,328. 35<br />

35,750,196.27<br />

34,629,248. 2G<br />

30,851,857. 63<br />

29,347,561. 45<br />

39,947,838. 17<br />

Die IIandwerkeriJ,mk in ::::t. l~allen.<br />

243<br />

(lesHlIItlllllsat1,<br />

IIrlltto·<br />

Ertrag 1) llivitlcllde<br />

Verwaltungs·<br />

kosten ")<br />

Fr. m. 0/0 2 ) 0/0 2 ) °/0 2) 0/0 0)<br />

1807 198,300,000. - 11,75 " 0,U± 1,37 0,55<br />

1808 209,210,53 1. L 74 5,54 3,94 1"19 0,6±<br />

1869 197,455,648. 10 2,1~ 5,31 3 ) 1,7 0,7<br />

1870 107,619,358.06 Ö,a5 5,'lU 1,5 0,64<br />

1871 206,500,949. 28 8 5,86 1,48 0,6<br />

1872 217,802,831. 42 9,04 Ö,G2 1,56 0,G5<br />

1873 196,243,480. 10 9,17 6,57 1,6 0,8<br />

]874. 167,998,492. 16 1,!17 3,72 '1) 1,22 0,68<br />

1875 185,210,152. 02 5,27 3,99 1,25 0,66<br />

q<br />

]S70 102,703,966. 74 5,32<br />

0,UU 1,32 0.8<br />

1877 159,213,638.06 7,OD 4,99 1"12 O,SI;<br />

1878 157,553,648. 72 7,4D 5,47 1,M 0,84<br />

1879 147,476,215.46 6"17 4,95 1"1 0,78<br />

1880 175,960,585. 42 6,81 4,94 1,34 O,H<br />

Die Bihtn~en<br />

---"------.<br />

Durchschnitt 6,3,1 5 1,42 0,71<br />

tIer Cl'eclitbailk von 1867-80 s. am Schlusse dieses A1Jschnitts.<br />

Die Handwerkerbank in St. Gallen 7)<br />

führte ihr Darleihgeschäft gegen Bürgsclmft und Hinterlage mlf Grundlage<br />

der Statuten von 1865 noch einige Jahre weiter, bis die leitende<br />

Commission selbst zu der Überzeugung kam, dass die Anstalt neben<br />

den alldern Creditillstituten zu Stadt und Land keine ihr eigentümliche<br />

Aufgabe erfülle und deshalb füglich in der gleichartigen Creditanstalt<br />

i:l,ufgehen dürfe. Wal' es der Handwerkerbank doch bis Ende<br />

1871 noch nicht einmal gelungen, das cwf die bescheidene Summe<br />

von Fr. 150,000 festgesetzte Actiencapital völlig unterzubringen, und<br />

musste die VerwaJtung selbst erklären, dass" von Seite des Handwerkerstandes<br />

der rege Zuspruch unterblieb, den mctn zu erwarten berechtigt<br />

war", und dass der grössere Teil der Dm'leihen gegen Hinterlage<br />

1) Einnahmen weniger Passivzinse und Verluste, bezw. Abschreibungen.<br />

2) Des Gesellsehaftscltpita.ls (ActieneapitfLl und Reservefonds).<br />

3) Zum grössten Teil fLUS dem Saldovortrag vom VOljfLhre bezfLhlt.<br />

4) Dem Reservefonds entnommen.<br />

0) 'l'antieme inbegriffen.<br />

6) Des geSll,lllten arbeitenden Cll,pitals (fremden und eigenen) laut Bilanz.<br />

7) ::::. Industrie und Handel auf Ende 186ß, S.41-44.


244<br />

Gehl-, Cl'edit- und As~ecumnz-InHtituk.<br />

und Bürgsclmft el,Uf festen Termin und in Contoconent "nicht bei dem<br />

Hanclwerkerstancl, sondern Handelsleuten, Fabricanten, Landwirten und<br />

andern Bernfsarten nicht mu im Kanton St. Gallen, sondern auch in<br />

den angrenzenden Kantonen" untergebracht sei. Das Institut hatte<br />

~mch durch Ausg


l.'elLl-, Credit- und A~secnmllz-1n~titnte.<br />

Die nachfolgende Übersicht über den Geschäftsbetrieb und die<br />

ililanzen des Comptoirs St. Gallen konnten bei der Beschaffenheit üer<br />

JaJ1l'esberichte nur sehr mangelhaft und unvollständig a,usfallen; die<br />

Ertriignisse und Verwaltungskosten der Comptoirs oder Filialen sind<br />

in jenen Berichten nirgends ausgeschieden.<br />

Übersicht über den Bestand des Dotationscapitals, das Wechselgeschäft und den Gesamtumsatz<br />

dei' sog. Eidgenössischen Bank (Comptoii' St. Gallen) von 1867-1880.<br />

(GrilndungsjlLhr 1864.) ')<br />

UotationSCllllital J\ngekaufte Wechsel IJesamtumsatz<br />

1!--'l', Ct. Fr. CI. Fr. ut.<br />

Allf 31. Dec. 18ü7 1,000,000. - 25,910,000. - 148,000,000. -<br />

18ü8 1<br />

Hl,936,000. - ] 21,000,000. -<br />

1,100,000. -<br />

18ü9 r - -- 135,000,000. -<br />

1870 1 H,850,OOO. - 94,000,000. -<br />

1,150,000. --<br />

1871 r 16,ß6ü,000. - 105,000,000. -<br />

1872<br />

135,000,000. -<br />

1873 23,ü38,000. - 159,000,000. -<br />

18741<br />

1AOO,OOO. - 57,HJl,000. - 167,000,000. -<br />

1875 J 26,Oü6.000. ~- 1 G8,000,000. -<br />

187G 25,956,000. - 162,000,000. -<br />

1877<br />

29,590,000. - 172,000,000. -<br />

1878<br />

1<br />

24,866,842. 1 Ü 159,000,000. --<br />

1,;'")00,000. -<br />

1879 f 25,471,708. 91 164,000,000. -<br />

1880 27,573,951. ü6 186,000,000. -<br />

St. Gallisohe Kantonalbank in St. Gallen.<br />

Die St. Gallische Kantona.lbank ist hervorgegangen ~ms dem Verhngen<br />

nach einem besonderen Geldinstitute für die Bedürfnisse der<br />

L~mdwirtschaft, nach einer" Hypothekenbank". Dieses Verlangen wurde<br />

geweckt durch die anfangs der Sechziger-Jahre eintretende, sehr intensive<br />

Geldvert.eUl'llng; einer volkswirtschaftlichen Erscheinung, die auf<br />

das Zusammentreffen allgemeiner und Iocaler .Factoren zurückzuführen<br />

ist. Unter jenen verstehen wir vor allem das Abströmen ganz gewaltiger<br />

europäischer Capiblien lULch den Vereinigten Staaten von N ordamel'ilm,<br />

in .Folge des dort ausgebrochenen Bürgerkriegs; unter diesen die rasche<br />

Entwicklung der Eisenbahnba,uten und die rege Ausdehnung des Handel:-;­<br />

verkehrs und der industriellen rrätigkeit unseres L~mdes im sechsten<br />

') Unter dem Griimlllng>,jahr i~t<br />

das erste Geschäftsjahr verstanüen.<br />

.~<br />

St. Gallische Kl\l1tonal bank 247<br />

J ahl'zehnt unsers Jahrhunderts, sowie die höchst empfindlichen, beson-<br />

. deren Rüclnvirkungen des amerikanischen Bürgerkriegs auf unsere Baumwollindustrie.<br />

Die Gründung zahlreicher Actiengesellschaften und die<br />

Ausschreibung zahlreicher Anleihen in bisher ganz ungewohnt grossen<br />

Verhältnissen hatten die verfügbaren Capitalien unsers Landes eben um<br />

clie Wette an sich gezogen, als unsere Industrie vorübergehend durch<br />

die ansserordentliche Verteurung ihrer Production einer bedeutenden<br />

Vermehrung ihres Betriebscapitals bedurfte; weitere namhafte Summen<br />

verlangte gleichzeitig der Übergang unserer Buntweberei zum<br />

mechanischen Betriebe. 1 ) Den eigentlichen Anstoss zu der Bewegung<br />

für eine vom Staate zu gründende Hypothekarkasse gab jedoch der<br />

Brand von Glarl1s im Mai 1861, indem er die Grundbesitzer der Bezirke<br />

hinter dem Hummelwald und des Sarganserlandes in schlimme Verlegenheit<br />

brachte durch die massenhafte Aufkündung und Znrückziehung<br />

hypothekarischer Darleihen, welche die glarnerischen Gläubiger für den<br />

vViederaufba,u ihrer zerstörten Wohnungen bedurften. 2)<br />

Es war der Gemeindammann von Walenstadt, Hr. Kantonsriehter<br />

Huber) der am 27. März 1863 im Grossen Rate des Kantons St. Gallen<br />

die Motion stellte: der Regierungsrat sei eingeladen, auf die nächste<br />

ordentliche Juni- oder November-Sitzung Berieht und Antrag über Errichtung<br />

einer kantonalen Hypothekarbank vorzulegen. Neben der<br />

Centralisation der Capitalien und der Association auf allen übrigen<br />

Gebieten, die den einzelstehenden, ratlosen Landmann üherhaupt in<br />

eine immer schwierigere Lage bringen und ihm das befruchtende Capital<br />

entziehen, wurde für die Not des Oberlandes insbesondere eben<br />

der Rückzug der glarnerischen Geldanlagen und die auf Fr. 800)000<br />

angestiegene Grundbelastung durch die Seezcorrection angeführt ..<br />

Der Grosse Rat erklärte die Motion na.ch kurzer Discussion erheblich.<br />

Der Regierungsrat hatte aber keine grosse Eile, der Einladung zu entsprechen.<br />

Die Botschaft, die er als Antwort auf dieselbe erliess, datirt<br />

vom 10. November 1863 und schliesst mit c1emAntr:1g: unter waltenden<br />

Verhältnissen von Gründung einer solchen Kasse Umgang zu nehmen.<br />

') S. oben die Zusammenstellung auf S. 113, Anlll81'kung 1.<br />

2) Die (iesamtslllmllc diesel' Anfkiinc1ul1gen w1ll'dc H.u1' 1'/2 Mill .. Fmnkcl1 angeschlagen.


248<br />

Geld-, Credit- und Assec\ll'anz-Institute.<br />

vVir finden schon in dieser Botschaft die meisten derjenigen Bedenken<br />

geltend gemacht, mit welchen das Project auch in allen weiteren<br />

Stadien, die es noch durchlaufen sollte, bekämpft wurde: der<br />

Mangel an staatlichen Mitteln, die für ein solches Unternehmen flüssig<br />

gemacht werden könnten; die Unmöglichkeit, durch ein vom Staate<br />

aufzunehmendes Anleihen den Hypothekarschuldnern woh1feiles Geld<br />

zu verschaffen, ohne eventuell den Unterschied zwischen der Verzinsung<br />

der Anleihen und Darleihen durch die Erhebung von Steuern zu decken;<br />

die olmehin schon gefährdete financielle Lage des Staates 1) und dessen<br />

jetzt schon vorhandene Überbürdung mit administrativen Aufg~ben;<br />

die Aussicht für ein staatliches Geldinstitut, entweder ungebührlIchen,<br />

gegen die Grundsätze eines gesunden Geschäftsverkehrs verstossenden<br />

Anforderungen nachgeben zu müssen, oder aber nur getäuschte Hoffnungen<br />

und Unzufriedenheit! zu erwecken. Auch das Bedürfnis einer<br />

Ersparniskasse von Staats wegen, durch welche der Hypothekarbank<br />

Mittel zugeführt werden sollten, wird neben 24 schon bestehenden<br />

nicht anerkannt, und endlich darauf hingewiesen, dass der Staat in der<br />

Regel umständlicher und teurer verwalte, als der Private, und dass<br />

der Credit einer solchen Anstalt für politische Bewegungen sehr empfindlich<br />

sein dürfte. ..<br />

Aus allen diesen Gründen kommt der Regierungsrat zn der Uberzeugung,<br />

dass die Einrichtung und Führung einer Hypothekm'lmnk<br />

auf alleinige Rechnung des Staats verwerflich wäre, und dass ein Actiengeschäft<br />

mit staatlicher Beteiligung nicht mehr leisten könnte, als die<br />

eben von der Bank in St. Gallen und dem kaufmännischen Directorium<br />

ueuründete St. Gallische Hypothelmrkasse. Seine Botschaft a,n den Grosh<br />

h<br />

sen Rat schliesst daher mit dem Antrage: "unter waltenden Verhältnissen<br />

von Gründung einer Hypothekar- und Ersparnis-KaBse durch elen<br />

Kanton St. Gallen zu abstrahiren" .<br />

Statt diesem Antrage beizustimmen, setzte der Grosse Rat a,m<br />

4. December eine Commission von sieben Mitgliedern zur weiteren<br />

.-.' 1)"Über diA Ansicht der Botschaft: "dass jedes mit irgend welchen Kosten v:rb;mdcnc<br />

neue Untel'l1ehmen für den Staat sich VOll vorneherein als bedenklich darstelle, sobrtlc1 ehe St.:ucrlast<br />

für den Bitrger übel· dem gewilllschtPII Yei"liiiltl1issp 1'011 blass 1 ]JPi" mille fortdn,110l'l1 l11\1SSfJ",<br />

sind wir jct7.t freilich schon liLngst hinaus.<br />

St. Ga,lliRche KantOlmlbank.<br />

249<br />

Untersuchung der ganzen Frage und zur Prüfung der regierungsrMlichen<br />

Botschaft nieder. Diese COl11mission teilte sich in drei Gruppen,<br />

von denen die eine - Regierungsrat Hoffmann und Bezirksammann<br />

Ambühl - dem Regierungsrat einfaeh zustimmte und die ganze Angelegenheit<br />

auf sich beruhen lassen wollte, die zweite - die Bezirksammänner<br />

8chwendener und Zünclt und Gemeindammann Gaucly - sich<br />

für die Beteiligung des Staates an einer auf Adien zu gründenden Hypothekarbank<br />

aussprach, die dritte - Dr. Weder und Kantonsrichter Huber --­<br />

für die reine Staatsbank einstand. Jede< Gruppe brachte ihren besondern<br />

Bericht an die Frühjahrs-Sitzung des Grossen Rates von 1864.<br />

Der Bericht der ersten Gruppe beschränkte sich darauf, die financiellen<br />

und politischen Bedenken der wohl auch von ihrem Berichterstatter,<br />

Regierungsrat Hoffmann, verfassten regierungsrätlichen Botschaft<br />

zu "viederholen und zu umschreiben. Sie wies darauf hin, wie<br />

aus ganzen Lanclesteilen noch keine Reclamationen wegen besonderer<br />

Geldnot vorliegen, und stellte den Satz auf, dass die Geldverhältnisse<br />

mit der Zeit von selbst wieder eine günstigere Wendung nehmen werden;<br />

dass es aber ein vergebliches Bemühen sei, die Folgeil von Ursachen<br />

beseitigen zu wollen, wenn man diese Ursachen selbst nicht heben könne.<br />

Der Berichterstatter der zweiten Gruppe, Bezirksammann Zündt,<br />

erklärte die Schöpfung einer Hypothekar- und Leih-Bank als dringendes<br />

Landesbedürfnis, da dem geldsuchenden Liegenschaftsbesitzer der ständige<br />

Vermittler, wie ihn Handel und Industrie in den kaufmännischen<br />

Banken besitzen, durchaus abgehe und der Landwirt gezwungen sei,<br />

bei Geldbedarf landauf und landab zu laufen und sich nur zu oft<br />

schmarotzender und unsolider Mittelspersonen zu bedienen. Was diesem<br />

Berichterstatter vorschwebte, war in erster Linie ein st. gallisches Institut<br />

nach Art und Weise der Len'schen Hypothekenbank in Zürich; wogegen<br />

er von der neu gegründeten St. Gallischen Hypothekarkasse, die nicht<br />

Selbstzweck, sondern nur Nebenzweck im Dienste der Bank sei, keine<br />

durchgreifende Abhülfe erwartete. 1 ) N eben dem Hypothekargeschäft<br />

I) "Venn wir in unserlll frithern Werke: "Industrie und Handel des Kantons St. Gallen lwf<br />

EmIr 18GG", S. 16 A. 1 geschrieben haben, dass die Unterhandlungen zwischen den Abgeordner,en<br />

lles Staa,ts, cl. h. der g"rossr1itlichen COl11mission, und lkt" St. GrtllischfHl Hypothelmrlmsse vorzlig-<br />

32


250<br />

Gel(l-, Crec1it- und Asseclll'am-Institnte.<br />

sollte das eigentliche LeihgeschMt oder die Leihbank im engem Sinne<br />

eine ganz bescheidene Rolle spielen, nur für vorübergehende Geldbedürfnisse<br />

des Bauern und Hanclwerkers sorgen und besonders die<br />

Gründung von selbständigen Leihkassen in den Bezirken, durch Crediteröffnung<br />

in Zeiten des Bedarfs, veranlassen und erleichtern. Der Ankauf<br />

von Wechseln war nur für elie zeitweise Verwendung brachliegender<br />

Barvorräte vorgesehen. VOll der Gründung eine~{ reinen Staatsanstalt<br />

auf der Basis eines Staatsanleihens wollte die zweite Gruppe<br />

so wenig wissen, wie die erste. Auch sie befürchtete, dass die bei einer<br />

solchen Anstalt geldsuchenden Bürger in eine gewisse Abhängigkeit<br />

von ihr geraten nlöchten und dass unerfüllbare oder gefährliche Be­<br />

O'ehrlichkeiten und Anslmlche an das Staatsinstitut nicht ausbleiben<br />

b<br />

würden. Sie kam daher zu einem Beschlussesvorschlag , in welchem<br />

"die Grundbestimmungen zur Constituirung einer Actiengesellschaft für<br />

Errichtung einer St. Gallischen Hypothekar- und Leih-Bank« zusammengefasst<br />

waren. Von dem auf 3 Millionen angesetzten Gründungscapital<br />

sollten zwei Dritteile der freien Subscription vorbehalten bleiben,<br />

ein Dritteil vom Staate geliefert, weitere Mittel aber dem Institut<br />

durch die Annahme von Spar- und Deposito-Geldern zugeführt werden.<br />

Die Herren Weder und Huber liessen ihren Auseinandersetzungen<br />

zu Gunsten einer reinen, vollständigen Staatsbank mit Hypothekarund<br />

kaufmännischer Abteilung den ausgearbeiteten Gesetzesvorschlag<br />

übel' Errichtung einer solchen Anstalt folgen. Der etwas eigentümliche<br />

Grundgedanke ihres Vorschlags gieng dahin, dass auf der Hypothekarabteilung<br />

zu Gunsten des st. gallischen Landwirts und Grundbesitzers<br />

das Geld zum kostenden Preise, d. h. zum Zinsfusse des für die Bank<br />

aufzunehmenden Staatsanleih ens und der auszugebenden Obligationen,<br />

lich daran scheiterten, dass jene Abgeordneten die Erhebung von Provisionen gänzlich aus­<br />

Hchliessen wollten, so beruht diese nicht genaue Angltbe darauf, dass das lmufmlinnische DirectoriUlll<br />

seinerseits sich nur mit dieser einen FOt" derung nicht einverstanden erklärt hatte, als<br />

ihm die Vorschläge jener Commission als Grundlage der Unterhandlungen mitgeteilt wurden.<br />

Sowohl aus dem Berichte des Verwaltungs rats der Hypothekarkasse über die eine, mn 3. Februar<br />

1864 abgehaltene Besprechung mit einem Abgeordneten der grossrätliehen Commission (der zweite<br />

war durch Krankheit abgehalten), als auch aUR dem Berichte der drei Gruppen [w den Grossen<br />

Rat geht aber hervor, d[tSR die ganze Auffassung' über Stellung und Bestimmung des neu zu<br />

gründenden Bankinstituts zum vOl'l1eherein beiderseits so verschieden war, dass man schon nach<br />

dieser ersten, lediglich einleitenden Besprechung [Luf weitere Unterlmndlungcn V8rzicht-.eto.<br />

öt. ChIlisehe IÜ\I1tonllJbank. 251<br />

(l,l1sgeliehen, in der lUl,ufmännischen Abteilung dagegen durch den Geldverkehr<br />

mit den st. gallischen Kaufleuten und Fabricc1,l1ten nicht bloss<br />

die gesamten Verwaltungskosten, sondern auch ein genügender Sicherheitsfonds<br />

verdient werden sollte. In der Hauptsache nahm der Ent­<br />

WUl'f für elie Staatsbank den Charakter einer 'IV ohltätigkeitsanstcl,lt in<br />

Anspruch, deren ganzer Heinertrag für W oltätigkeitszwecke verwendet<br />

~we]'den könne. 1) Ein Staatsanleihen von 2 Millionen Franken sollte<br />

ihr d~LS erste Betriebscapitel liefern; zu dessen Vermehrung bis mlf die<br />

Höhe von 5 1 /2 Millionen wUl'c1e sie auf die Ausgabe von Obligationen<br />

und Noten angewiesen.<br />

Nach längerer Hec1eschlacht wurde indes am 14. Juni 1864 die reine<br />

Sta,atslmnk für einmal mit 75 gegen 68 Stimmen abgelehnt und der Antrag<br />

der zweiten Gruppe der Commission zu weiterer Behandlung empfohlen.<br />

Da aber das ganze Jahr hindurch in dieser Angelegenheit nichts<br />

mehr geschah, fanden sich die Anh~inger des Projects mit Anfang 1865<br />

veranlasst) eine gedruckte Petition in Umlauf zu setzen, durch welche<br />

der Grosse Rat ersucht wurde, "in einer bevorstehenden l:l,usserordentlichen<br />

Sitzung im Februar oder März die Frage über Errichtung einer<br />

Kantonalbank definitiv in bejahendem Sinne zu entscheiden". Eine Reihe<br />

von Gemeinden, Vereine und Private schlossen sich unmittelbar diesel'<br />

Petition an oder sprachen sich durch besondere Eingaben in gleichem<br />

Sinne aus. Doch war der Erfolg den Ervmrtungen kcl,um entsprechend..<br />

Aus den toggenburgischen Gemeinden gieng sogar eine kräftige Gegenerklärung<br />

hervor. 2)<br />

') S. S. 10 des Weder'schen Berichts.<br />

2) Die Petition scheint nach den Nummern 1, 6 u. 18, Jn,hrgltng lil6.5, der St. Galler Zeitung<br />

von dem Seehezirk und Gasterland ausgegangen zu sein. Im Laufe der MOlULte Ja,nuar bis März<br />

1~6.5. schl.ossen sich nach dem i.m Kantonsarchiv liegenden, jedenflLlls unvollständigen J\lhterirLlc<br />

dw Gememden Qmtrten, Mels, VIlters, Ragaz, Rorschach, Rorschacherberg und Goldach als solche<br />

von OlJerriet der Gemeinc1enl,t, von Sargans und Mörswil eine Anzahl Bürg'er derselben an' iJ~<br />

GOSS,l,U dor dortige landwirtschaftliche }"ilialverein. Diese Zustimmlmo'serklär~mo'on scheinen i~ der<br />

. l' lege 11 e elll H orrn Dr. vVeder 7-Ul" Vorlage an den Grossen Rat eino'esrmdt " worden " zu sein offenbar<br />

nach \Veisung. - Die Gegenerklämng gieng in Form einer r~cht gut geschriebenen Adresse<br />

l:11 eht: toggenb:ugische Volk von der neutoggenbnrgischen Lesegesellschaft aus. Am.5, März 186.5<br />

ümd 111 vVn,ttwll unter dem Vorsitz von Herrn BezirksammfLlm Ambllhl ~- wohl des Verfttssers<br />

d.er Ac~resse. - . eine. VersfLmmlnng toggenbnrgischor Bürger und Vertrauensmännor statt, welche<br />

,nch omhelhg für ehe Ach'esse des Lesevereills ausspmch. Zuschriften aus den Gemeinden Krmnlllemw,<br />

Hemhl"rg, PeterzelI, Degcrsheim und Lütisbnrg crkHirtcl1 sieh ebenflLlls beistimmend,


252<br />

Ueld-, Cl'cdit- unü ASSCCUl'fLllz-]nHbLl1Le.<br />

I:lt. Ual1iH~he KantomLllJfll1k.<br />

2GB<br />

In der tLUsserordent1ichen März-Sitzung des Jahres 1865 tmt die<br />

Commission wirklich neuerdings vor den Grossen Rat, der rechte und<br />

der linke Flügel genau in der frühern Verfassung - dort gar kein neues<br />

Institut, hier reine St.aatsb~tnk -, die Mitte dagegen mit einem wesentlich<br />

modificirten Progl'mnme. Ihr "Beschlusses vorschlag" behielt zwar die<br />

ursprüngliche Idee eines Actieninstituts mit Staatsbeteiligung bei, erhöhte<br />

ab81' das Actiencapital auf 5 Millionen Franken, die Staat.sbeteiligung<br />

auf 2 Millionen; dem Regierungsrate wal' nun in allel' For1'n eine controlirende<br />

Stellung eingeräumt und - was d~ts Wichtigste - der Bank ein<br />

viel weiterer Geschäftskreis angewiesen. Auch der Führer dieser Gruppe,<br />

Bezirksammann Zündt von Altstätten, hatte sich nämlich zu der Ansicht<br />

bekehrt, dass die grössern Gewinn bringenden, "kaufmännischen" Geschäfte<br />

ebenfalls aufgenommen werden müssten; denn nur dadurch sei<br />

es möglich, sowohl der LEwdwirtschaft billigeres Geld zu bieten, als ::LUch<br />

dem heranzuziehenden Privatcapital eine angemessene Dividende in Aussicht<br />

zu stellen. So bildete in den neuen Grundbestimmungen die "Lei11-<br />

lmnk" nicht mehl' eine bescheidene Nebenabteilung der Hypothekarkasse,<br />

sondern trat mit Anleihen gegen Hinterlage und Bürgschaft, mit<br />

Eröffnung VOll Crediten in laufender H.echnung gegen genügende Sicherheit,<br />

mit Kauf, Verkauf und Incasso VOll Forderungen und Vvechse1n, mit<br />

der Ausgabe von Iütssenscheinen und Banknoten vollständig ebenbürtig<br />

neben das Hypothekargeschäft. 1) Und auch der Sparkasse, als drittel'<br />

Abteilung der zu gründenden Kantonalbank, wurde nun ein wesentlich<br />


UelLl-, Credit- l1nü A~~eclmlnz-ln~titute.<br />

DemUlS lässt es sich allerdings genügend erklären, wenn sich gerade<br />

jetzt gttnz im stillen allmälig wieder ein gründlicher Umschlag zu Gunsten<br />

der verworfenen Staatsbankidee vollzog. Dennoch musste es etwelchernmssen<br />

überraschen, als am 8. Juni des Jahres 1866, ohne dass eine<br />

eigentliche neue Agitation vorangegangen wäre und ohne jeden ernstlichen<br />

vVidersprLlch im Grossen Rate die von 44 Anhängern jener Idee<br />

eingebrachte Motion etngenommen wurde: es sei auf Rechnung und unter<br />

der Verantwortung des Staates eine St. Gallische Kantonalbank zu errichten;<br />

zu dem Zwecke trete nmn in Beratung des Gesetzesvorschlags<br />

der Herren V'leder und Huber von ] 864 ein. Zu weiterer Behandlung<br />

gieng dieser Gesetzesvorschlag an eine Commission von neun Mitgliedern,<br />

von welchen fünf - Weder, Bm'JlOld) Huber, RohreT) Gmür - erklärte<br />

Petrteigänger desselben waren.<br />

Die Mehrheit war daher diesel' Gruppe zum vornherein gesichert;<br />

()'leichwohl stellten sicb ihr die ebenfalls in der Commission vertretenen<br />

b<br />

:6wei andern Gruppen noch einmal mit ausführlichen Minderheitsgutachten<br />

zur Seite. Unbedingt ablehnend verhielt sich nur noch Herr<br />

Regierungsrat Hoffmann. Er wiederholte, seiner Überzeugung getreu,<br />

clen Antrag auf rragesordnung, schloss sich etber bei dessen Aussichtslosigkeit<br />

in zweiter Linie der aus den Herren Zünc1t, Aepli 1) und<br />

Haselbach bestehenden Mittelgruppe an, welche im Anschlusse an ihren<br />

Bericht den Beschlussesvorschlag von 1865 nun auch zu einem förmlichen<br />

Gesetzentwurf weiter ausarbeitete.<br />

Der Geschäftskreis der Bank wal' jetzt in beiden Entwürfen - dem<br />

vVeder'schen und Zündt'schen - ziemlich der gleiche 2); die Gl'Uudlage<br />

daO'eo'en unterschied sich immer noch wesentlich. Nach dem erstern<br />

b b<br />

1) Herr Aepli wmde ilbrigens clmch cillgenössischc Geschline il.bgehalten, sich llll den<br />

Arbeiten der Conlluission zu beteiligen.<br />

2) Die in dem 'V cder'schen Gesetzesvorschbg von 18G4 niedergelegte Idee, dass die<br />

Hypothelmrabteilung der Ba.nk in gewöhnlichen Zeiten das Geld zum gleichen Zinsfusse 1l,USleihen<br />

müsse, wie es de selbst zu stehen kOlllme, so dass diese Abteilung nichts an die Kosten<br />

der Verwaltung, geschweige denn an die Bildung eines Heserve- und A.J11ortisations-Ji'onds oeler<br />

g'n,r ,weinen Gewinn 7,U GUllstell des Staats hätte beitragen dürfen, wal' nun ausdrücklich<br />

flLllen gelassen und statt dessen bei amhtnormlem Geldmang'cl sogar eine Erhöhung des Zinsrusses<br />

übel' 5 % (!) - den im Art. 15 des Gesetzes übel' das Hypothekarwesen als lVIaximum<br />

aufgestellten Zinsfuss (!!) _. erlaubt; fJine BeRtimmnng, die bei der Beratung durch den Grossen<br />

Rat allerdings wieder gestrichen wunle,<br />

St. Ga.lliRche Ka,ntonalbank.<br />

sollte die St. Gallische Kantonalbank auf Rechnung, unter der Verwaltung<br />

und Garantie des Staates errichtet und vom Staate mit einem nun auf<br />

LJ Millionen Franken erhöhten Gründnngscapital ausgestattet werden;<br />

nach dem zweiten trat der Sta,at wohl auch als Gründer auf, übernahm<br />

aher von dem ebenfalls auf 4 Millionen angesetzten GrÜndungscapita.l<br />

nur die eine Hälfte und überliess die andere der Pl'ivatbeteiligung; in<br />

der Verwaltung behielt er sich immerhin einen ontspl'echenden Einflnss<br />

und oin gewisses Oberaufsichtsrecht vor. Kur:;" gesagt: es standen sich<br />

die reine Staatsbank und die Adienbank mit Staatsbeteiligung gegenüber.<br />

1)<br />

Auf welche Seite die Entscheidung fallen werde, war schon nach<br />

der Zusammensetzung der Commission mit ziemlicher Sicherheit vorauswsehen.<br />

Wiederum in einer aussel'ordentlichen Frühjahrs-Sitzung cles<br />

Grossen Rats fand der vierjährige Kampf um das neue Bankinstitut<br />

seinen Abschluss, indem sich die Behörcle zuerst grundsätzlich am 4. März<br />

1867 mit 74 gegen 48 Stimmen für die Errichtung einer St. Gallischen<br />

Kantonalbank auf Grundlage des Entwurfs cler Commissionsmehrheit<br />

entschied und hierauf am 8. März, nach einigen nicht eben sehr wesentlichen<br />

Abänderungen, den clurchberatenen Entwurf mit 83 gegen 4,8<br />

Stimmen zum Gesetze erhob. 2 ) Auf Rechnung, unt.er der Verwaltung<br />

1) Die Leitung der Staatsuank wal' einer aus 5 Mitgliedern bestehenden Bankcommission<br />

mit einem Bankclirector, Kassier und Buchhalter, sämtlich vom Grossen Rate gewählt, unter<br />

Oberaufsicht des Regierungsrats zugedacht; diejenige der Actien bank mit Stalttsbeteiligung<br />

einem Verwaltung'srat, in welchen der Regierungsrat jedenfalls zwei Mitglieder el'llennt; fel'l1er<br />

hatte nach dem Entwurf der Regierungsrat den Geschäftsbericht samt Rechnung' vor deren Vorlage<br />

n,n die G-eneralversllol1llnlung zu genehmigen und stand ihm das Recht zu, "sich jederzeit in<br />

gutfindender vVeise statutengemäsRer Gescbäftsführung der Bank 7.U versichel'l1".<br />

2) Die bemerkenswertesten Abänderungen bestanden darin, daES die Bestimmungen " übel'<br />

Annehmbarkeit der Sicherheit" für Vorschüsse auf bescbränkten Termin dem Reglement überlassen<br />

wmden, was elann zm Folge hatte, dass das Bürgschaftsgeschäft bis auf weiteres allsge­<br />

Rchlossen blieb; dass ferner der Gesamtbetrag der auf 8 Tage kümlbm'en Depositogelder, der<br />

im Umlauf befindlichen Banknoten und Kassenscheine, sowie der innerhalb 8 'ragen rückzflhlbaren<br />

Gelder zusammen den dreifftchen, statt elen vierfachen Betrag der in der Bankkasse befindlichen<br />

Barschaft nicht llberschreiten sollte; dass neben dill' Bildung eines Heservefonds<br />

von Fr. 1,000,000 - statt Fr. 800,000 - auch die Bildung eines besondel'll AmortisationsfonclR<br />

dl1l'ch jlthrliche Gutscbrift von 1/3 % des ein bezahlten Grünelungscapitals zu dessen Amortisfl,tion,<br />

bezw. zur Bestreitung der Kosten für El'lleuerllng der Anleihen, und ChlSS die Liquidation der. Bank<br />

nach Verlnst des ganzen Resel'vefonds und 1/8 des Gründungscapitals vorgeschrieben wurde;<br />

,lass da,s GeReb sel1.1Rt lLuschi\cklich die Behördon und Vonni\nder dm' V ümntwol'tlichkeit fiir


2öH<br />

Geld-, Credit- und Assecul'fl,nz-Institnte.<br />

St. Gallische Kantonalbank.<br />

257<br />

und Garantie des Staates sollte nach Art. 1 (les Gesetzes die Ka,ntonalba,nk<br />

enichtet - und doch wohl auch geführt ~ - werden; als Hauptzweck<br />

der Gründung wurde im Eingange die Erleichterung der Capitalbeschaffung<br />

für den Grundbesitz genannt. 1)<br />

Die Vollziehungsverordnung zu dem Bankgesetze, ebenfalls vom<br />

Grossen Rate erlassen, datirt vom 23. September 18H 7. Unter dem<br />

28. November erliess die erste BankcOlumission ein ausführliches Geschäftsreglement<br />

von H3 Artikeln. 2 ) Das ]linanzdepartement hatte inalle<br />

Gelder, welche sie in die Bank oder deren Sp~trkasse einlegen, enthob; endlich wurde die<br />

Zahl der Mitglieder der BankcOll1mission auf 7 erhöht (1 vom Regierungsrat aus seiner Mitte,<br />

G vom Grossen Rat zu ernennen) und der Com111is8ion die Wahl ihres Prltsidenten und allel'<br />

Angestellten überlassen.<br />

1) Und zwar in nachstehender, keineswegs mustergültiger Fassung'; "in der Absicht, inl<br />

Kanton die Beschatt'ung dei' Geldmittel dem Grundbesitz vorzüglich zn e1"leichtern" etc.<br />

2) Aus dem Gesetze übel' Errichtung einer St. Gallischen Kantonalbank, der V ollziehungsvorordnung<br />

zu diesem Gesetze und dem ersten Geschäftsregloment der Rank mögen noch folgende<br />

1'lestimmungen horvol'gehoben werden;<br />

Die Darleihen auf Liegenschaften werden vorzugsweise auf vorstandsfreie Pfande gemacht,<br />

solche auf Kaufschl1ldversiche1'l111gsbriefe nur nach günstigem Ergebnis eines besondern<br />

Untersuchs. Die kleinste Summe für ein Darleihen auf Hypothek wird auf Fr. 500, die grösste<br />

auf Fr. 50,000 angesetzt; im allgemeinen sind kleinere Darleihen zu bevorzugen. Auf Gl'Undstücke<br />

dürfen höchstens 70 % der amtlichen oder dUl'ch eigene Vertrauensmänner vorgenommenen<br />

Schatzung gegeben werden, auf Gebäulichkeiten allein GO % - Maximalsumme Fr. 30,000<br />

-, auf Maschinen höchstens 50 % - Maximalsumme für Gebäude mit gewerblichen Einrichtungen<br />

(Mühlen, Trotten etc.) Fr. 50,000. - (diese Maximalsulllmen wurden in dem revidirten<br />

Reglement von 1877 gestrichen); ausnahmsweise dürfen je 10 % mehl' gegeben werden, wenn<br />

noch "genüg'liche" Personal-· oder Real-Caution zur Verstärkung der Sicherheit beigebracht<br />

wird. Abzahlungen in runden Summen, aber nicht unter Fr. 50, dürfen jederzeit geleistet werden.<br />

Schuldnern, die sich zu regelmässigen jährlichen Abzahlungen (Annuitäten) verstehen, wird<br />

der Vorzug gegeben; die Tilgungsrate darf nicht weniger als 1 °10 jährlich betragen, und der<br />

Schuldner ist verpflichtet, die bei Abschluss des Darleihens übernommene Annuität ununterbrochen<br />

zu bezahlen; bei verspä,teter Zahlung sollen 5 % Verzugszinse berechnet und bei<br />

jeder Säul11nif. nach erfolgter Mahnung die Betreibung angeordnet werden; nur bei besondern<br />

Ereignissen und unverschuldeten Unglücksfällen ist Fristbewilligung zu erteilen. -- Die Dm'Zeihen<br />

gegen Hinterlage werden in der Regel auf 3 Monate, längstens auf 1 Ja111' gemacht. - Darleihen auf<br />

Obligationen mit blosser Pe}'sonalbilrgschaft wUl'den dUl'ch das erste Geschäftsreglement ,tuageschlossen,<br />

dagegen solche an solide CrecUtveJ'eine mit einbezahltem Actiencapital gestattet, -<br />

CrecUte in laufender Rechnung dürfen nur g'egen genügende Hinterlage eröffnet werden, [tuf<br />

unbestimmte Zeit mit Aufkündung von wenigstens 1 Monat oder auf einen bestimmten Termin<br />

von längstens 6 Monaten (letztere BeRtimmung wmde 1877 aufgehoben). Die Credite auf unbestimmte<br />

Zeit sind entweder Acceptations- oder Kassencredite. Übel' die erstem kann dUl'ch<br />

clreimonatliche Wechsel verfügt werden, für welche vor Verfall Deckung in Wechseln oder<br />

Barschaft 7,U leisten ist; übel' die Summe des lÜtssencredits kann der Betreffende durch Bezug<br />

von Wechseln oder Barschaft oder durch Tmtten auf die Bank verfügen. Auf den Accepta-·<br />

tionscrediten wird eine bestimmt.e Provision 8rhoben; für die VorschilssA anf Ka8senercclit.e gilt<br />

7,wischen für die Beibringung der ersten Hälfte des Dotationscapitals gesorgt<br />

durch ein Anleihen von 2 Millionen zu 5 % und mit einer Anschaffungsprovision<br />

von 40,000 Pranken. Am 2. Januar] 8H8 eröffnete<br />

die St. Gallische Kantonalbank ihre mit ebenso grossen Hoffnungen als<br />

Befürchtungen begrüsste Wirksamkeit.<br />

Als das neue Institut seine Tätigkeit begann, war die Geldkrise,<br />

welche seiner Gründung hauptsächlich gerufen, schon überstanden und<br />

dafür eine Geschäftsstockung eingetreten, welche die vorteilhafte Verwendung<br />

von Geldern im Bankgeschäft sehr schwierig machte. Schon<br />

in der Regel der Zinsfuss für feste Hinterlagen; jedenfalls wird ein Zinsminimum per Semester<br />

berechnet. - Neben diesen verschiedenen Darleihen nahm das Geschäftsreo'lement von 1867 ~LUch<br />

noch solche an Corpomtionen und Creditinstitute auf, was der Grosse Rat unterm 24. März<br />

1868 genehmigte. - Für die DiscontolOechsel wurde die Unterschrift zweier, durch den Bankausschuss<br />

als solid anerkannten Firmen verlangt; nur ausnahmsweise sollte auch die Unterschrifte/:nes<br />

soliden inländischen Creditinstituts genüg·en. - Die vorläufig auf 2 Millionen beschränkte<br />

Ausgabe von veJ'zinslichen Obligationen sollte - je nach Verlangen [tuf den Namen oder<br />

auf den Inhaber - auf bestimmte Verfallzeit mit oder ohne Auslosung oder auf unbestimmte<br />

Zeit gegen Abkünchmg erfolgen. - Die Banlcnotenausgabe in Abschnitten von 20, 50, 100 und<br />

500 Franken wurde auf 1 1 /2 Million fpstgesetzt. Für die jederzeitige Einlösung der Noten gegen<br />

bar haftet der Staat "unter allen Umständen". (!!) Die .Noten werden von allen öffentlichen<br />

Verwaltungen und Iü,ssen des Kantons als Zahlung angenommen. - Verzinsliche Del1ositel1,gelcle}'<br />

nimmt die Bank entgegen entweder in laufender Rechnung - von mindestens Fr. 500 an _<br />

oder gegen Schuldverschreibung mit 1-, 3- und 6-monatlicher Abkündung von Fr. 100 an; fi\r<br />

erstere kann eine ,angemessene" Provision gefordert werden, zu berechnen von dem frühern<br />

Saldo und den im Laufe des Semesters ein bezahlten Summen; bei Rückzug der letztern vor<br />

Ablauf der Kündungsfrist oder vor Ablauf von 3 Monaten vom Tage der Einlage an wird eine<br />

Provision von 1 1 /2°{0 vorbehalten. - Auc:h die Annahme von Giro,gelde/'n und die Ausgabe von<br />

J(assClsclteinen ist in Aussicht genommen. - Für die Sparlcasse der Kantonalbank setzte die<br />

Vollziehungsverordmmg das Minimum der Einlage auf Fr. 1, das Maximum auf Fr. 2000 fest;<br />

die Annahme grössel'er Einlagen, bezw. elie Beibehaltung grösserer Guthaben, blieb nach Convenienz<br />

der Anstalt freier Vereinbarung' vorbehalten; für die Verzinsung wurde der erste Tao'<br />

nach der Einzahlung als Anfangs-, der erste Tag vor der Ri\ckzahlnng als Endpunkt bestimmt.<br />

Die Festsetznng der Rückzahlungs-, bezw. Aufkündungsfristen wurde dAr Bankcommission überlassen.<br />

Die Bankcommission bestellt aus ihrer Mitte einen BanlcallsschllSS von 3 Mitgliede1'l1, [lem<br />

genau bezeichnete Befugnisse zugeschieden sind. Die Mitglieder cler BankcOlnmission beziehen<br />

ein vom Grossen Rat zu bestimmendes Taggeld und Heise-Entschädigung nach dem grossrätlichen<br />

Tarife; angemessene Entschädignng für besondere Dienstleistungen vorbehalten. Ihre<br />

Verantwortlichkeit erstreckt sich auf ,die gBtreue und genaue Beobachtung der Vorschriften<br />

übel' Yerwaltung und Geschäftsbetrieb". Ordentlicher "'v eise versammelt sich die Bankeommission<br />

monatlich einmal; vierteljährlich legt ihr der AusschuHs Bericht und Rechnungsabschluss<br />

vor. - Die Obliegenheiten des von der Bankeol11mission auf eine Amtsdauer von höchstens<br />

6 .Jahren zu wählenden 13ankdirecfO}'s werden durch den vierten Abschnitt der Vollziehungsverordnung<br />

genau bestimmt. Dem Regierungsrat bleibt das Recht vorbehalten, die<br />

Verwaltung und den Geschäftsbetrieb der Bitnk jederzeit zu untersuchen und sich auch aUSfler<br />

den festgesetzten Terminen Bericht ilber den Geschäftsbetrieb der Anstalt geben zu lassen.<br />

33


258<br />

Geld-, Credit- und Assecumnz-Institute.<br />

deswegen fiel es dem mit teurem Gelde ausgestatteten Unternehmen<br />

nicht leicht, rasch zu günstigen Ergebnissen zu kommen. Für die Ausgabe<br />

von Obligationen und Kassenscheinen zeigte sich vorlfiufig kein<br />

Bedürfnis, da der erste Zudrang von geldsuchenden Liegenschaftsbesitzern<br />

hinter der Erwartung zurückblieb und das schnelle Anwachsen<br />

der Sparkasse neben dem Dot~1tionscapital die zunächst erforderlichen<br />

Mittel durchaus genügend zur Verfügung stellte. Auch die Eröffnung<br />

eines Giroconto unterblieb für jetzt und spfiter. Dagegen wurden alle<br />

anderen GeschMtszweige nach Massga,be des Reglements in Angriff genommen,<br />

und dazu kam noch die Besorgung des ganzen Geldverkehrs<br />

der Staatskasse, worüber auf Grund einer Vollmacht des Grossen Rates<br />

vom 28. Mfirz 1868 ein förmlicher Vertrag zwischen dem Regierungsrat,<br />

und der Ka,ntonalbank abgeschlossen wurde.<br />

Eigentümlich berührt es, dass die Kantonalbank von Anfang an bei<br />

Gewfihrung von hypothekarischen Darleihen lediglich auf den Untersuch<br />

der Unterpfande durch ihre besondern Vertrauensmfinner abstellte<br />

und die Unzuverlässigkeit der amtlichen Schatzungen schon in ihrem<br />

ersten Berichte, noch deutlicher aber und mit sprechenden Beispielen<br />

belegt) in ihrem dritten Berichte sehr offen hervorhob. 1) Als Zinsfl1sS<br />

für solche Darleihen wurde zwar, der Vorschrift des Reglements<br />

gemäss, überall 5 % vorgemerkt, aber bei Bezahlung des Zinses innert<br />

Monatsfrist nach Verfall auf' denjenigen vorstandsfreien Anlagen, deren<br />

Betrag 50 %, bezw. 60 %, des von der Bankverwaltung angenommenen<br />

Schatzungswertes nicht überstieg, 1/2 %, bezw. 1/4 %, Rückschuss gegeben.<br />

Für etwa den Dritteil der im ersten J iCLhre bewilligten Darleihen<br />

konnten jährliche Abzahlungen ausbedungen werden. Depositen auf<br />

einmonatliche Ahkündung ~vurden mit 3 l h %, solche auf c1reimonatliche<br />

mit 33/4 % und solche auf sechsmonR,tliche Abkünc1ung mit 4 %<br />

verzinst. Der Zinsf'uss für Darleihen in la,ufender Rechnung wurde<br />

') Die zwei ersten JaJ1l'esberichte der Kantonalbank sind im Auszug, der drit.te vollsWmlig<br />

nur im A\utsbericht des Regierungsmts, Abteilung Finanzdepartement, veröffentlicht. In dem<br />

Berichte für 1868, S. 200, findet sich die Bemel'kung: "dass ünllanchen Gemeinden die amtlichf!<br />

Sclmtzung sich mehl' nach dem Bedürfnisse oder vVunsche der Geldsllchenden, als mtch dem<br />

wahren Werte des Pfandes richt.e". - Im dritten J3crichtsjahre wurden 26 Fälle notil't, in denen<br />

die gemoimler,itlichen Schrrtzllng'on den wirklichen VCl'kaufswert von 20-40 % iiberstiogcl1.<br />

st. Ch\llische IümtolH\llmuk.<br />

259<br />

zu 4 1 /2 % per Jahr mit einer Provision von 1/8 % per Semester berechnet;<br />

den ContocolTent-Creditoren ein Zins von 3 1 /2 % per J[Lhr<br />

vergütet mit Berechnung einer Provision von 1/8 % per Semester.<br />

Die Zinsvergütung für Einlagen in die Ersparnisanstalt musste mit<br />

4 1 /4 % der Verzinsung der grössten schon hestehenden Sparkassen<br />

gleichgestellt werden. Die Banknotenemission wurde his im December<br />

auf die volle Summe von ] 1/2 Millionen Franken gebracht. - Das<br />

Endergebnis des ersten Geschäftsjahrs wal' ein unbedeutendes De11cit<br />

von Fr. 11,172. 62.<br />

Das zweite Geschäftsjahr wies einen sehr bescheidenen Reingewinn<br />

von Fr. 7255. 92 auf, der indes lediglich einer Cmserhöhung von<br />

Fr. 21,155. 75 a,uf dem VVel'tschriftenconto zn verdanken wal'. Das<br />

B~mkgeschäft bewegte sich immer noch in sehr bescheidenen Grenzen.<br />

Die Darleihen auf Hypothek aber wiesen eine Zunahme von Fr. 1,300,000<br />

~LUf und erstreckten sich schon übel' alle Gemeinden des Kantons, die<br />

einzige Gemeinde Rheinegg ausgenommen. Das Gesamtguthaben der<br />

Einleger in die Sparkasse hatte sich verdoppelt, ehenso die an sich<br />

weit geringere Summe der Depositengelder . 1)<br />

Im dritten Geschäftsjahre brachte die höchst acute Geldkrise bei<br />

Aushruch des deutsch -französischen Kriegs die Kantonalbank an die<br />

Spitze einer Vereinigung hiesiger Geldinstitute, die sich zu dem Zwecke<br />

gehildet hatte, um gegen Hinterlage solider Werttitel unter gemeinsamer<br />

Garantie bis auf höchstens 2 Millionen in sechs Monaten rückzahlbare,<br />

verzinsliche Obligationen von 50, 100 und 500 Franken auszngehen.<br />

Diese Obligationen oder Garantiescheine mussten von den Mitgliedern<br />

eies Garantievereins in ihrem Verkehre unter sich wie bares Geld an<br />

Zahlnngsstatt angenommen werden; ihre Ausgabe kam daher einer<br />

entsprechenden vorübergehenden Vel'll1ehrung der Circulatiollsmittel<br />

gleich und trug ohne jeden Zweifel wesentlich dazu bei, die aufs höchste<br />

gespannte Lage bis zur Tarifirung und Einfuhr gl'össerer Mengen des<br />

englischen Sovereigns zu erleichtern. Zu den \) Anstalten, elie. sich<br />

') Rigentümlich macht sich auf S. 225 des Amtsberichts für 1869 die Bemerkung: "dass<br />

die Staatskasse, tJ'otzdem das Ma.rimum auf' FJ'. 300,000 angcsetzt ist, zeitweise bis eine MilliOll<br />

Vorschuss der Bank schuldete". (Vl'gl. Art. 3 des VOl'tmgs zwischt'll Sta"t und B,mk vom 27. Juni<br />

1868.)


250<br />

Geld-, Cl'edit- und Assecumnz-Imtitute.<br />

tLn der Gründung des Garautievereins beteiligt lmtten, traten noch<br />

55 Geldinstitute, Hanc1elsfirmen und Industrielle der Kantone St. Gallen<br />

und Appenzell. Die Summe der den Mitgliedern des Vereins nach<br />

elen vereinbarten Bestimmungen ausgehlindigten und hierauf in CircuhLtion<br />

gesetzten Scheine hob sich in Zeit von circa 1 1 /2 MomLten auf<br />

Fr. 1,449,230. -. Mit Befriedigung erwähnt der dritte Bericht der<br />

Kantonalbank ausführlich die rasche, zweckentsprechende und für sie<br />

auch vorteilhafte Durchführung diesel' Operation, sowie auch das neue<br />

Anwachsen der Sparkasse um rund Fr. 800,000. - und die annähernd<br />

gleich grosse Vermehrung der Darleihen auf Unterpfande, trotz der<br />

ausnahmsweise schwierigen Verhältnisse des Jahres 1870. Der Reingewinn<br />

dieses Jahres überstieg schon die Summe VOll Fr. 50,000. -,<br />

und bei Überweisung von Fr. 25,000. - an den Staat, dem laut Gesetz<br />

die freie Verfügung übel' die Hälfte des jeweiligen Reingewinnes<br />

zusteht, während die andere Hälfte dem Reservefonds zufällt, taucht<br />

schon der Wunsch auf, dass diese Summe und künftige Überschüsse zur<br />

Erwerbung eines eigenen Bankgebäudes capitalisirt werden möchten,<br />

um den Inconvenienzen eines Mietlocals zu entgehen. Damit hatte es<br />

indes noch gute Weile. Der staatliche Anteil an dem Reingewinn der<br />

Kantonalbank vvanderte einfach in die Staatskasse und erscheint VOll<br />

da an als ein l'egelmässiger Einnahmeposten in dem Budget der kantonalen<br />

Verwaltung und der Staatsreclmung.<br />

Im folgenden Jahre musste die Kantonalbank mit der Ausgc1,be<br />

von Obligationen beginnen, um ihre Betriebsmittel zu vermehren.<br />

Hatten doch beim Rechnungsabschluss 1870 die Anleihen auf Liegenschaften<br />

den laut Art. 5 des Bankgesetzes höchstens gestatteten Betrag<br />

von drei Vierteln von Gründungscapital, Sparkasse-Einlagen und Heservefonds<br />

schon mLmhaft überschritten. - Das Jahr 1872 brachte auf<br />

elen 1. März die Ergänzung der staatlichen Dotation durch die noch<br />

cLllsstehenden zivei Millionen Franken, welche nun durch ein Anleihen<br />

zu 4 1 2 % herbeigeschafft werden konnten,1) und die Berechtigung,<br />

') Auch d,,~ erste Anleihon ~u ,) 0/0 konnte auf AnüLng 1878 in ein ~wlchek zu 4'/2 % Ulllgcw


262<br />

UelLl-, Crctlit- und AB~ccumnz-Institllte.<br />

also ±,8G o/u . .Mit Annuitäten - von durchschnittlich 2,2G % - waren<br />

danuds noch angelegt Fr. 15,850,ß23. 01 oder 68% der Gesamtsumme<br />

allel' Hypotheken. Die Darleihen in Contocol'l'ent gegen Hinterlage<br />

hoben sich bis zum Jahre 187ß auf etwas zu 4 Millionen, giengen<br />

VOll da aber wieder auf 1 1 /2 Millionen zurück, und auch die Di:trleihen<br />

auf feste Verfallzeit gegen Hinterlage hrachten es zu keiner grossen<br />

8umme und stellten sich Clm Schlusse unserer Berichtszeit auf nicht<br />

ganz 2 1 /2 Millionen. Als neuer Geschäftszweig erscheinen mit dem<br />

Jahre 1877 in dem Berichte der Kantonalhank die Darleihen gegen<br />

Bürgschaft.<br />

Dieses Bürgschaftsgeschäft wurde der Bank, trotz des<br />

Widerstrebens der Verwaltung, bei Anlass der letzten Erhöhung des<br />

Dotationscapitals und der Banknotenemission auf je 6 Millionen durch<br />

den Grossen }tat zur Pflicht gemacht und auf den 1. Mai ] 878 eröffnet.<br />

Es nahm im Jahre 1880 schon nahezu 1 Million Franlren in<br />

Anspruch. Einer übermässigen Zunahme desselben sollte nicht bloss<br />

die Beschränkung des :Maximums eines Anleihens gegen Bürgschaft auf<br />

festen Termin auf Fr. 5000 (Minimum Fr. 200), in Contocol'l'ent ~mf<br />

Fr. 10,000 vorbeugen, sondern auch die Verpflichtung, die ersteren<br />

Darleihen in zwei Jahren zur Hälfte, in viel' Jahren gänzlich zu tilgen,<br />

und die Begrenzung des Contocorrent-Cl'edits gegen Bürgschaft "lll<br />

der HegeI" auf ein Jahr. Ebenso dürfte der Zinsfuss von 5 1 /2 % für<br />

Bürgschaftsgeschäfte zu möglichst baldiger Hückz~Lhlung antreiben. 1)<br />

Der Gesamtumsatz der Kantonalbank stellte sich im Jahre 1880 (J,uf<br />

die ganz bedeutende Summe von Fr. 658,14ß,02S. 04.<br />

So ist die Sta~Ltsb


264<br />

Gcld-, Crec1it- nnc1 ARRecnrau7.-Institnte.<br />

dem Staate abgelieferte Reingewinn, welche zusammen der Dividende<br />

eines Actieninstituts entsprechen, 5,7 % des eigenen Capitals.<br />

Frägt man nun, ob die Absicht, welche die Kantonalbank na.ch<br />

langen Kämpfen ins Leben rief, durch die Gründnng und Entvvicklung<br />

des Instituts wirklich erreicht worden sei, so wird man einerseits gerne<br />

zugeben, dass die Kantonalbank den Bedürfnissen des Hypothekarcredits<br />

wesentliche Dienste geleistet hat und noch leistet und für die<br />

Befriedigung dieser Bedürfnisse unbedingt in erster Linie steht; und<br />

auch das wird nicht in Abrede zu stellen sein, dass die bedeutende<br />

Ausdehnung des st. gallischen Handelsverkehrs die Dienste der Kantonalbank<br />

ganz wohl neben den andern Bankinstitutml brauchen konnte.<br />

Aber anderseits haben doch auch Diejenigen Recht behalten, welche<br />

von Anfang an dem staatlichen Geldinstitut jede Fähigkeit absprachen,<br />

den st. gallischen Geldmarkt irgendwie bestimmend zu beeinflussen und<br />

namentlich andere Bedingungen in dem Geldverkehr zur Geltung zu<br />

bringen, als sie die Vermittlung der Privatinstitute jeweilen bieten<br />

konnte und musste.<br />

Auch für die Kantonalbank , wie für die Toggenburgerbank 1) ,<br />

müssten wir sehr nachdrücklich die Forderung einer vollständigen Trennuno'<br />

und 2:esönd81,ten Führun2: des Noten2:eschäfts von dem übrigen<br />

b lJ U LJ<br />

Geschäfte aufstellen, wenn nicht inzwischen das schweizerische Banknotengesetz<br />

wenigstens die Bardeckung von 40 % der jeweiligen Notencirculation<br />

als ausschliessliches Specialpfand der Noteninhaber erklärt<br />

und so gevvissermassen eine teilweise Fundirung der Noten stattgefunden<br />

hätte. Damit ist jene Forderung allerdings. weniger c1rin­<br />

O'end Q:eworden. Nicht bloss bO'rundsätzlich, sondern auch aus preLk-<br />

\':)<br />

LJ<br />

tischen Rücksichten vollauf berechtigt bleibt sie indes immerhin auch<br />

jetzt noch gerade fÜl: diejenigen Banken, bei welchen die doch kaum<br />

ernstlich genommene Supposition vorwaltet, dass die Deckung der<br />

übrigen 60 % der Circulation durch die Staatsgarantie geleistet sei.<br />

Dass diese Garantie an sich auch nicht das Gel'ingste für die jederzeitige<br />

Einlösbarkeif der Noten zu bedeuten hat und daher auch nicht<br />

1) S. 1I1lhlRtric und H:Lndel :Luf gnde 18G6, S. 50.<br />

St. C{a.l1ische Kmü01mllmllk.<br />

das Geringste dazu beitragen kann, in Zeiten der Krisis das betreffende<br />

Bankinstitut vor einem Sturme zn sichern und vor einer Zahll1ngseillstellung<br />

zu bewahren, liegt denn doch für jeden nur halbwegs sachverständigen<br />

Mann allzu klar auf der Hand, als dass man annehmen<br />

könnte, die Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung hätte<br />

wirklich an diese Wunderkraft der Staatsgarantie für die U mwandlung<br />

von Papier in Barschaft, von einer Anweisung auf Metallgeld<br />

in solches Geld selbst, geglaubt. 1) Man wird diesen sonst unbegreiflichen,<br />

in hohem Grade gefährdenden Einbruch in die eigentliche Grundlage<br />

des gesamten Notenbankwesens a,ls eine Concession an die auf<br />

falsche Grundlage gestellten, staatlichen Notenbanken betrachten müssen.<br />

War diese Concession damals notwendig, um ein schweizerisches Banknotengesetz<br />

überhaupt durchzubringen, so dürfte sie doch auch den<br />

grundsätzlichen Gegnern der gegenwärtigen Organisation der Kantonalbanken<br />

die besten Vif affen in die Hände geben, um dem unvernünftigen,<br />

für diese Institute selbst gefährlichsten ·Widerstand gegen die Anwendung<br />

gesunder Geschäftsregeln auf ihren Verkehr am ehesten ein hoffentlich<br />

nicht sehr fernes Ende zu bereiten. Mit Vergnügen ersieht nmn aus<br />

den Rechnungen der Kantonalbank , dass ihre VerwfLltung sich der N otwendigkeit<br />

anderer Garantien durchaus bewusst ist und durch eine umsichtige<br />

und solide praktische Geschäftsleitung die bedenklichen theoretischen<br />

Mängel unserer Bankgesetzgebung gut macht. Der sehr hohe<br />

Stand des Portefeuilles, den sie strenge festhält, ist neben der vorgeschriebenen<br />

Bardeckung die beste und einzig genügende Garantie für<br />

die Einlösung der Noten.<br />

Aber auch die beste Verwaltung vermag an unserer Ansicht nichts<br />

zu ändern, dass die Gründung eines Bankinstituts auf der Basis eines<br />

J'üclczahlbaren) zeitweise der Erneuerung bedürftigen Anleihens an sich durchaus<br />

unzulässig ist und dass, wenn ein Institut auf solcher Basis einmal<br />

gegründet ist, der gan.ze Reinertrag ununterbrochen zu möglichst<br />

rascher Amortisation des angeliehenen Grundcapitals verwendet, he-<br />

1) Auch die Hinterhlg'e VOll Wertschriften, welche durch das Gesetz der Staatsganl,ntie<br />

gleichgestellt wird, könnte unter UlnRUinden fiir Llie Sicherung der ginlöslJadreit der Noten<br />

nicht grmiigell.<br />

34<br />

2ßG


2ßß<br />

Geld-, Credit- nnLl ARsecnrallz-Illstitute.<br />

ziehungsweise ca.pitalisirt werden und erst nach Tilgung des Anleihens<br />

von einem zur Auszahlung kommenden, wirklichen Gewinne die Rede<br />

sem sollte.<br />

Die theoretischen, bezw. politischen Bedenken gegen die Gelclwirtscha.ft<br />

des Sta.ates und die untrennbare Verquickung ökonomischen<br />

und politischen Lebens achten äuch wir nicht gering, da unter Umständen<br />

gewiss sehr sonderbare Dinge daraus hervorgehen können. 1)<br />

Über diese Bedenken vermögen wir uns indes zur Not mit der Erwägung<br />

hinwegzusetzen, dass ein innerlich gesunder Staat solchen Versuchungen<br />

nicht unterliegen wird und dass einem in innerer Zersetzung<br />

begriffenen Gemeinwesen mit und ohne Staatsbank nicht mehr zu helfen<br />

ist, die Krisis daher durch jene Verquickung höchstens beschleunigt und<br />

verschärft wird.<br />

Übersicht übel' den Bestand des Dotationscapitals, Reserve- und Amodisationsfonds, das<br />

Wechselgeschäft, die Banknotencil'culation, den Kassen- und Gesamt·Umsatz und die Geschäftsergebnisse<br />

der St. Gallischen Kantonalbank von 1868-1880.<br />

Dotatiollscallital<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

(Gründungsja,hr 1868.) 2)<br />

31. Dec. 1868-71 2,000,000. - 31. Dec. 1870<br />

1872-77 4,000,000. - 1871<br />

1878-80 6,000,000.- 1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

Reservefonds<br />

Fr.<br />

Cl.<br />

32,617.62<br />

34,248.47<br />

62,211. -<br />

105,746.50<br />

192,408. 80<br />

270,279. 20<br />

373,043.20<br />

486,195.40<br />

689,005. 10<br />

865,205.30<br />

1,044,357.80<br />

ilmortisationsl'ull ds<br />

Fr.<br />

ot.<br />

1875 12,433.33<br />

1876 25,466.66<br />

1877 39,623.30<br />

1878 60,604.50<br />

1879 83,034.70<br />

1880 10G,48ß.40<br />

') Anzeichen von Gelüsten zu höchst gefithrlichen Experimenten mit Kantonn,lba,nken sillll<br />

schon hin und wieder hervorgetreten, wenn auch nicht in unsel'll1 Kanton.<br />

2) Unter dem Gründlll1gs,iahl' ist da,s ol'str Geschiifts,iahr vorstn,mlcn.<br />

18G8<br />

1869<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

]878<br />

1879<br />

1880<br />

1868<br />

18G!)<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

jlngekauflo Wechscl<br />

Pr.<br />

Ut.<br />

5,715,170.06<br />

5,011,629.39<br />

'1,359,841. 74<br />

9,183,007.14<br />

15,538,089. 95<br />

15,100,81'1. 72<br />

16,495,114. 81<br />

19,373,042.77<br />

20,008,488. 50<br />

13,467,950.93<br />

22,851,344.68<br />

31,432,510.14<br />

49,929,510. 83<br />

KusscnullIsatz<br />

St. GlLllisehe KantolU\llmnk.<br />

Hanknotenril'clIl.<br />

Dmchschnitt<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

805,000. -<br />

1,174,000. -<br />

1,234,000. -<br />

1,494,000. -<br />

2,005,000. -<br />

2,453,000. -<br />

3,240,000. -<br />

3,941,000. -<br />

3,910,000. -<br />

3,957,000. -<br />

5,291,000. -<br />

5,719,000. -<br />

5,850,000. -<br />

2ö7<br />

Dadeihon auf Untol'llfalldc<br />

Ausbezahlt Zurückbezahlt Bestant! aur 31. Deo.<br />

Ct.<br />

3,137,680.49<br />

1,531,075.51<br />

1,210,048.85<br />

1,553,753.41<br />

2,103,406. ,10<br />

Fr. Ct. Fr. Ut.<br />

32,626,455. 19<br />

36,228,087. 67<br />

'10,470,889. 24<br />

56,056,779. 28<br />

76,6Hl,829. 81<br />

76,292,771. 64<br />

79,304,860. 50<br />

88,076,386. 51<br />

98,19ü,211. 20<br />

97,743,965. 92<br />

123,553,045. 74<br />

128,940,455. 78<br />

161,708,721. 07<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

68,361. 83 3,069,318.66<br />

200,515.07 4,399,879.10<br />

443,258.46 5,166,669.40<br />

368,432.59 6,351,990.31<br />

523,034.72 7,932,361. 99<br />

2,616,851. G5 565,832. 61 9,983,381. 03<br />

2,799,693.11 794,625.40 11,988,448.74<br />

3,055,895.61 721,253.92 14,323,090.43<br />

3,349,087.13 1,138,678.44 16,533,499.12<br />

4,160,633.33 1,825,908.94 18,868,223.51<br />

Ll,234,775.05 2,149,6G9. 11 20,953,329.45<br />

3,86'1,213.20 1,804,626.89 23,012,915.76<br />

2,563,786.75 2,279,62G.75 23,297,075.76<br />

(lesullltullIsatz Brutto· Verwaltungs-<br />

Ertrag ') Dividendc") kostoll<br />

84,051,807. 04<br />

93,764,700. 16<br />

105,619,291. 28<br />

152,192,085. 98<br />

221,452,09~). 9G<br />

219,622,582. 12<br />

229,332,927. 38<br />

309,896,418. 56<br />

343,898,305. 52<br />

347,222,188. 02<br />

'144,024,675. 54<br />

511,822,066. 62<br />

658,146,028. 0'1<br />

6,36<br />

6,75<br />

9,64<br />

9,44<br />

8,24 3 )<br />

9,66<br />

'l,U37<br />

4,98<br />

6,2-1<br />

(),15<br />

5,6D 3)<br />

G,33<br />

1,66 0,'1D<br />

1,55 0,37<br />

1,6-1 0,31<br />

1,71 0,24<br />

O,(3 3 ) 0,21<br />

0,98 0,21<br />

9,4 5,n 1,04<br />

10,11 6,32 1<br />

10,24 G,3 1,10<br />

11,7 5,45 1,3<br />

9,;,s .1) 5,09 '1) 0,95 4 )<br />

9,33 4,S7 1,03<br />

9,58 5,65 1,1<br />

--'------'-<br />

Dnrschsclmitt 9,23 5,7 1,22<br />

Die Bih,nzel1 der Kmltol1l\lbl\nk von 1868-80 s. ltm Schlusse dieses Abschnitts.<br />

O,ID<br />

0,17<br />

0,17<br />

0,17<br />

0,16,1)<br />

1) Einnahmen weniger Passiv zinse an die wirklichen BankgHiubiger und Verluste, bezw.<br />

Abschreibungen.<br />

2) Des eigenen ClLpit,üs (Dotationscapital, Reserve- und - seit 1875 _. Amortisations-Fonds).<br />

") Laut Geschäftsbericht pag. 13 repl'äsentil'en .l


2ß8<br />

C:elll-, Crellit- un(l A,,:;e(;L1l"ll17,-ln~tilllk'.<br />

Den st. gallischen Geldinstituten, welche in der Hauptstadt ihren<br />

Sitz haben, reihen wir die zwei appenzellischen Banken mit Comptoirs<br />

in St. Ga,llen an, da wir sie doch nicht ganz bei Seite lassen dürfen<br />

und diese ausserlnmtonalen Institute nicht, wie die in nenester Zeit<br />

ebenfalls durch eine Filiale in St. Gallen vertretene Toggenbl1l'gerbank,<br />

ihre Stelle unter den Anstalten der Landbezirke finden.<br />

Die Bank für Appenzell Ausserroden,l)<br />

em auf Actien gegründetes Privatinstitut, hat ihre Geschäfte mit dem<br />

1. Mai 1866 in Herisau und St. Gallen eröffnet; ihre Gründung und<br />

Organisation ist daher schon in unserer früheren Arbeit in Kürze dargestellt<br />

worden. Ihr erster Geschäftsbericht, die Zeit vom 1. Mai 1866<br />

bis 31. December 1867 umfassend, greift indes bereits in die neue<br />

Berichtszeit hinüber.<br />

Unsere damals geäusserte Vermutung, dass die Bank für Appenzell<br />

AusselToden hauptsächlich den Clmrakter einer Leihkasse annehmen<br />

werde, ha,t sich insofern bewahrheitet, als die Da.rleihen auf feste<br />

Verfallzeit 2) die Mittel des Instituts in der Tat am meisten in Anspruch<br />

nahmen. AusseI' diesem Geschäftszweig haben jedoch auch die<br />

Darleihen in ContocolTent und, etwas langsamer, das Wechselgeschäft<br />

eine ganz erhebliche Ausdehnung elTeicht; das letztere tritt besonders<br />

seit der Gründung der appenze1lischen Kantonalbank gegenüber dem<br />

Darleihgeschäft immer mehl' in den Vordergrund. Nebenbei giengen<br />

hin und wieder kleinere Speculationen durch Ankauf und Verkauf von<br />

vVertpapieren.<br />

Das ursprüngliche Actiencapital von Fr. 500,000 wurde 1872 verdoppelt<br />

und im Jahre 1877 die Ausgabe von 2000 neuen Actien zu<br />

Fr. 500 beschlossen. Sie fanden jedoch nicht gerade reissenden Ab-<br />

') S. Industrie und fhmdel a.uf Ende 1866, S. 46 1'.<br />

~) Diese Darleihen werden gegen Hinterlage von \'Vcrtschriften, mit eventueller Erg1Lnzung<br />

der Sicherheit durch Bürgschaft, in dor Regel auf drei Monate in der Form eines nach Wechselrecht<br />

ausgestellten Obligo g'emacht und gelegentlich geradezu W echsel- Oblighi genannt. Der<br />

Zinsfuss für dieselben wal' in don erston Jahren regelmässig 5 % mit 1 % Provisioll, die später<br />

zeitweise wegfiel, aber jeweilen so rasch wie möglich wieder aufgenommen w1ll'de. In den jüngsten<br />

Jahren chronischer Überfüllung des Geldnml'kts konnten freilich solche Bellingungon nicht<br />

mehr fcstgelmlton werden. Mit den Darleihen gegen Bürgschaft allein machte die Bank schon<br />

im JlLhrc 1871 ein gänzliches Ende, imlclll sie die HückzlLhlung llJler diesel' Darleihen verhLllgtfl.<br />

Uan k l'iil' A pl'Cnzl·lI A UN>Jl'rl'otlell.<br />

sab; uml konnten erst bis zum Jahre 1880 vollständig ,Ln den Mann<br />

gebracht werden. l)<br />

N eben der Brhöhung des eigenen Capitals vermehl't,e die Bank ihre<br />

Betriebsmittel auch durch Ausg[~be von Obligationen auf feste Verfallzeit,<br />

durch die Ammhme von Geldern auf die kurze KÜl1dungsfrist von<br />

3-14 rragen (Depositen) un d in ContocolTent, sowie durch die Benutzung<br />

ihres Credits bei Banken und Bftllqniel's, ~eitweise in sehr<br />

bedeutenden Summen. - In den Jahren 1879 und 1880 baute sie sich<br />

ihr eigenes Bankgebäucle in Herisau.<br />

Während der ganzen Zeit, übel' welche sich unsere Berichterstc1ttnng<br />

erstreckt, wurden hübsche Dividenden bezahlt) durchschnittlich<br />

Ö,77 %. Der erste grössere Verlust (Fr. 27,000) traf die Bank im Jahre<br />

1880. Der durchschnittliche Brutto-Ertrag belief sich a.uf 9,4G %.<br />

Übersicht über den Bestand des Actiencapitals und Resel'vefonds, das Wechselgeschäft,<br />

den Kassen- lind Gesamt-Umsatz und die Geschäftsergebnisse der Bank für Appenzell<br />

Äusserroden vom 1. Mai 1866 bis 31. December 1880.<br />

(Grllndungsjahr 1866.) 2)<br />

Actiencapital auf 81. December 18G7 - 1873<br />

1874-1876<br />

1877-1879<br />

1880<br />

Fr. 500,000.­<br />

" 1,000,000. ---<br />

1,700,000. -<br />

" 2,000,000.-<br />

Hcscl'I'cfolHls [tuf 31. Dec. Angekaufte Wechsel KaSS!'UlllIlsatz (JCSaIllLIIIIISaI1,<br />

Fr.<br />

2(HJ<br />

C'<br />

]j'r.<br />

". Ct. Fl'. Cl. Fr. Cl.<br />

1866 I G 7 (20 ~lon.) L1,299,733. 10 IG,271,SG7. MJ - -<br />

1868 5,667. 50 2,288,003. 88 11 ,899,553. -- .- -<br />

1809 10,500 ..- 2,975,916. 42 1 L 1,412,978.74 -- -<br />

1870 1l,77G. 20 7,201,252. 25 14,542,377. 94 - -<br />

1871 15,968. 25 8,075,851. p(j 16,L105,G80. 34 - --<br />

1872 23.435. - 8,680,804. 81 2G,124,340. 90<br />

--------<br />

') Den Actionären wunlen die Adien 7,um Cmse von Fr. 550, Amlel'll zu Fr. .'iSO vembl'olgl.<br />

- Diese Erhöhung des Acticl1capitals auf 2 lVl.illionen gn.l) cigentüllllieherweisc Anlass r,u einem<br />

Antrag auf AblLl1llerung der strLtntm'ischen Bostimmung, nach welcher der Heservcfonds auf 20 %<br />

des ActiencrLpitals gebracht werden sollte (Art. 22). Es wurden nun 10 %, hezw. (lie schon vorhandenen<br />

Fr. 200,000, für genügend erachtet, mit der sonderbaren lVlotivinmg', tlass Ul'sprilnglieh<br />

für das Capital von Fr. 500,000 nm Fr. 100,000 vorgesehen worden seien. Dor Antrag fand in<br />

der Genemlversanlllllung vom 23. März 1::380 den BeifllJl der Actionär8, tieren Diviclcncl .. ~ ja dlll'ch<br />

die Verkürzung des R.eservefonds erhöht wurde. (S. den 12. Beric.ht des VerwllltUl1gsmts n.n die<br />

GcneralvCrSl1l1111l1ul1g vom 25. lVIärz 1870.)<br />

2) Unter dem Gründungsjahl' ist das erste Gt'schäftsjn,hr verstamlen.


270<br />

Gele!-<br />

Credit- und A~8eclmUlz-ln8titllte.<br />

A ppen7.ell Auss8rrodisclw Kmü,mmllmnk. 27]<br />

1873<br />

187'1<br />

1875<br />

1870<br />

1877<br />

1878<br />

187D<br />

1880<br />

Itcsel'fOfolld~<br />

lrl'.<br />

a.ut' 31. Dec. j\lIgekaufte Wechscl<br />

Ct.<br />

27,208. 45<br />

72,332. -<br />

84,000. -<br />

D5,500. -<br />

77,000. -<br />

IDO,OOO. -<br />

200,000. -<br />

200,000. ---<br />

18(W!G7<br />

1868<br />

1869<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

187G<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

9,852,2D8. 70<br />

D,D30,822. 84<br />

11 ,918,261. 117<br />

13,122,D42. D2<br />

IG,325,516. 10<br />

17,D87,631. 81<br />

18,181,297.06<br />

22,080,047. 26<br />

Brutto-Ertrag' ')<br />

0:(2)<br />

9"15 3 )<br />

9,5<br />

6,80<br />

O,7<br />

13,5<br />

9,UB<br />

15,5<br />

8,!)4<br />

9,7<br />

9,G8<br />

G<br />

7,83<br />

9,86<br />

5,02<br />

J{a.sellUlllsatz<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

30,169,5D4. 36<br />

33,013,071. 68<br />

34,582,161. 28<br />

3G,846,995. GO<br />

39,992,394. H<br />

40,971,114. OG<br />

39,611,703. 96<br />

'12,3'11,180. 38<br />

(lcsiuntulllsalz<br />

Fr.<br />

CL<br />

89,847,870. 54<br />

103,'126,152. ]4<br />

107,927,870. 70<br />

120,074,D93. 78<br />

133,852,128. 0'1<br />

144,4D1,6G3. 24<br />

143,078,353. 34<br />

15D,833,247. OG<br />

Dil'idclltlc VCl'\valtuugskostCII 4)<br />

% 2) 0/0 2) 0/0 5 )<br />

5,(4 3 ) 2,Gl 3) 0,71 3)<br />

5,4t ml,mentlich durch die Erf>thnmg bei andern Instituten<br />

>11n wenigsten Verluste >tuf diesel' Art GeschMte vorgekommen seien".<br />

4. Sei eine solche Anstalt, für welche der Ibnton die volle Gm'antie übel'l1ehme, fiir<br />

Deponirung von Amtsgeldern eine w>thre ,Vohltat und eine Sammelstätte für Depositen-<br />

und Sp>trlmssen-Geldel', um solche ZUlU Nutzen von Gewerbestand und Landwirtsch>tft<br />

wieder im eigenen Lande >tnzulegen.<br />

2) D>t wie vor diesem Beschlusse, so >tuch nach demselben und sogar noch n>tch der Annallllle<br />

des Bal1kgesetzes durch die Lmldsgemeinde mit der B>tnk für Appenzell Ausserroden über<br />

eventuelle Übern>thme dieses Instituts durch den K>tnton unterlmndelt wurde, scheint der Antrag<br />

der Minderheit, eigentlich nicht in principiellem Gegensatze zu der Ansicht der Mehrheit<br />

gestfl,nclen zu Imben, sondern eher cl>tmuf berechnet gewesen zu sein, einen Druck >tuf die V crwaltung<br />

des Priv>ttinstituts auszuüben und bessere Bedingungen für die eventuelle Abtretung<br />

zu errcichen. Die Unterhandlungen zerschlugen sich indes überh>tupt.


Ueld-, Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

272<br />

lich die HaJtbcLrkeit für alle Verhindlichkeiten der Bank; der Zinsfuss<br />

für das Gründungscapital, welches der Staat seiner Bank zur Verfügung<br />

stellt, wird vom Kantol1srat festgeset'Zt; die Noten der Bank müssen<br />

von allen kantonalen Kassen und Verwaltungen in Zahlung angenommen<br />

werden; den Bankfilialen ist zur Einlösung der auszugebenden Noten<br />

eine Frist von 24 Stunden eingeräumt; die Behörden, Landes- und Gemeinde-Verwaltungen<br />

und Vormünder entledigen sich der Vemntwortlichkeit<br />

für alle Gelder, welche sie in die Bank und deren Sparkassen<br />

einlegen. Zur Vermehrung der Betriebsmittel wird neben der Ausgabe<br />

von Banknoten und Einrichtung einer Sparkasse auch die Ausgabe von<br />

Obligationen bis zur Höhe des Gründungcapitals, von nicht näher definirten<br />

Kassenscheinen und die Annahme von Depositogeldern vorgesehen.<br />

1) In dem Gesehäftskreis der Bank sind neben Darleihen und Crediteröffnung<br />

gegen Hinterlage und.Bürgschaft auch "Ankauf, Verlmuf und<br />

Incasso solider Werttitel 2), Forderungen und Wechsel, sowie Scontiren<br />

von Wechseln mit wenigstens zwei anerkannt guten Unterschriften" und<br />

die V ermittlung des Geldverkehrs der Staatskasse rmfgeführt. Die Beteiligung<br />

an industriellen Unternehmungen, sowie die Specuhüion mit<br />

Adien und andern Wertpapieren ist der Bank untersagt. 2) Von dem<br />

Reingewinn fallen 30 % den1 Reservefonds zu, bis er die Höhe von 20 %<br />

des Gründungscapitals erreicht hat, 10 % als rranW~me den Angestellten<br />

und die übrigen ßO % der Staa,tskasse. Sollte der ganze Reservefonc1s<br />

und 1/ 8<br />

des Capitals verloren gehen, so ist die Frage übel' die Liquidation<br />

der Bank der Landsgemeinde vorzulegen. Die Oberaufsicht der Bank<br />

steht bei dem Kantonsl:ate, der zeitweise die gesamte Geschäftsführung<br />

einer Untersuchung unterstellt. Er wählt je auf die Amtsdauer von drei<br />

Jahren die aus neun Mitgliedern bestehende "Bankverwaltung" 3), aus<br />

welcher der Regierungsmt cLlljährlich eine Bankcommission von drei<br />

Mitgliedern nebst zwei Ersatzmännern für die engere Geschäftsleitung<br />

bezeichnet. Director und Kassier werden auf Vorschlag des Regierungs-<br />

') Verzinst wurden von der Bank diejenigen Depositen, clie ihr für länger als einen Monat<br />

überlassen blieben.<br />

") Der Unterschied zwischen dem "Ankauf und Verkauf solider 'Wertschriften'( und elpr<br />

"Spccnhtt,ion in Wertpapieren" ist uns ni(~ht recht klar. .' "<br />

:1) In der Baukverwaltnng nlllSS die Heg'iel'llng stets 1ll1t mnmn iVflt.ghec1c vertreten sem.<br />

Appenzell Aussel'l'odische Kantonalbank. 273<br />

rats von dem Kantonsrat, der Buchhalter und die weiter notwendio'en o<br />

Gehülfen auf Vorschlag der Bankverwaltung von dem Regierungsrat<br />

gewählt. Der letztere ernennt auch alljährlich drei Rechnungsrevisoren<br />

und zwei Ersatzmänner. 1)<br />

Das Gründungs- oder Dotations-Capital war auf 2 Millionen Franken<br />

festge~etzt, aber vorläufig nur eine Million zu 4 1 /2 % zur Zeichnung ausgeschneben<br />

worden, immerhin mit Vollmacht, im Falle von Überzeichnung<br />

bis auf die zwei Millionen anzunehmen. Es wurden indes für einmal<br />

nur Fr. 1,140,500 vom Publicum übernommen und durch die Bank<br />

für Appenzell Ausserroden, welche gegen die Provision von 1/2 % das<br />

Geschäft der Zeichnung vermittelt hatte, auf Fr. 1,200,000 ergänzt. Da<br />

aber die Eröffnung der appenzellischen Ka,ntonalbank mit dem 2. Januar<br />

1877 in eine sehr geschäftstille Zeit mit niedrigen Discontosätzen fiel,<br />

war dieses Capital für den Anfang mehr als genügend, und als die 4 1 12-<br />

procentigen Obligationen, welche die Bank etusgab, beinahe noch mehr<br />

Anl~lang fanden, als das Staatsanleihen zur Beibringung des GründungscapItal~,<br />

als dazu noch 1 Million Banknoten zur Ausgabe bereit lagen, da<br />

kam dIe Bank buchstäblich in Verlegenheit, ihre Mittel vorteilhaft zur<br />

Verwendung zu bringen. 2)<br />

'. Sie beeilte sich daher so viel wie möglich mit der Einrichtung von<br />

FIlIalen oder Agenturen in den verschiedenen Gemeinden A usserrodens 3)<br />

und war sehr froh, als die Liquidation der Hanclwerkerbank in Herisau<br />

ihr Gelegenheit gab, einen Teil der Darleihen dieses Instituts zu über-<br />

, '), Ein Mitglied der Rechnungsrevisoren muss alljährlich durch Neuwahl ersetzt werden<br />

~,Ie • ReVIsoren haben die Pfli~ht, wenigstens vierteljährlich einmal die Verwaltung und Geschäfts~<br />

fuln ung auf gU!fin,dende Welse zu untersuchen, insbesondere die Wertschriften und den Kassenbestand<br />

zu Vel'lfiClr~n und übel' jede dieser Untersuchungen zn Handen der Bankverwaltuno•<br />

und der KantonsregIerung einlässlichen Bericht zu erstatten, ~ 0<br />

.. 2) Die in ihr:l1l Geschäftsbericht ausgesprochene Ansicht, dass sie bei dem lebhaften Zus~romen<br />

von D~~osltel~~ und E,rspar~i,skasse-Geldern der Einzahlung des Dotationscapitals gar<br />

mcht bedurft hatte, konnen wu' fr8111ch nicht teilen. Es hätte wohl näher Q'elegen mit der<br />

Ausgabe von ~'/2procentig:n Obligationen, bezw. der Annahme von Depositog:ldern ~u 4 ' /2 %,<br />

zuzuwarten, bIS das DotatlOnscapital gut placirt war.<br />

,3) Die ers,te Filiale wurde im Juni 1877 in Heiden eröffnet; bis Ende December war<br />

al~ch 111 den n:elsten andern Gemeind~n Fürs~rge zur Auf.qtellung von Agenturen getroffen, die<br />

nut dem, Begmne des Jahres 1878 Ihre Wll'ksamkeit eröffneten, Als Zinsfuss für Darleihen<br />

gegen Hmterlage wurden in den ersten Zeiten 5 %, für Darleihen gegen Biirgschaft 5 ' /. %<br />

festgehal ten.<br />

35


nehmen.<br />

Geld-, Crcdit- und Assecumnz-Institute.<br />

Auch stellte sich schon im ersten Geschäftsjähre die N otwendigkeit<br />

einzelner Abänderungen in der Organisation heraus. 1)<br />

Auf 1. Juli 1878 überwies der Iütntonsrat der Bmllr auch die noch<br />

verfügbaren Fr. 800,000 des Dotationscapitals in 4 1 /2 procentigen Staatsobligationen,<br />

welche in diesem und dem folgenden J::thre ohne Schwierigkeit<br />

zum Curse von 100 1 /4 % begeben werden konnten.<br />

Der Geschiotftsbericht von 187 ~ erzählt, wie der gesetzlichen Bestimmung,<br />

dass nur 30 % des Gründungscapitals gegen Bürgschaft ausgeliehen<br />

werden dürfen) durch die Einführung von sogenannten "Lom­<br />

Imrd-Darleihen", d. h. durch die Ersetzung der Bürgscheine durch<br />

Wechselformulare mit zwei soliden Unterschriften 2), ausgewichen wurde,<br />

mn den Wünschen und Begehren des Publicums in dieser Hinsicht gerecht<br />

zu werden, und der Geschäftsbericht von 1880 111.USS erhebliche<br />

Verluste im vVechselgeschäft vormerken.<br />

Am Ende unserer Berichtszeit nahm das Darleihgeschäft gegen<br />

Hinterlage und Bürgschaft weitaus den grössten Teil der Betriebsmittel<br />

der Bank in Anspruch; aber auch das Wechselgeschäft gewann<br />

wachsende Bedeutung; weniger entwickelte sich das Contocol'l'ent­<br />

Geschäft. Der Brutto-Ertrag stellte sich bis dahin durchschnittlich auf<br />

7,84%, der an den Staat abgelieferte Reingewinn auf 5,34 % des eigenen<br />

Capitals. Daneben legte sich die Bank einen Reservefonds von<br />

Fr. 28,889. 88 an.<br />

Dass die Mittel zur Einlösung der Verbincllichkeiten auf kurzen<br />

Termin nicht für kritische Zeiten bemessen sind, wird angesichts eines<br />

fast ausschliesslich aus Hypothekartiteln bestehenden Effectencontos<br />

neben einem sehr mässigen Portefeuille kaum in Abrede zu stellen sein.<br />

') So ergab sich die Notwendigkeit, den Entscheid "übel' Darlehensgesuche mit Hinte~lagen<br />

von unzweifelhafter Sicherheit" dem Director zu überh\ssen, während das ~esetz ehe<br />

Competenz für Bewilligung von Darleihen nur der Bankcommission zusprach. Erst em Landsgemeindebeschluss<br />

vom 28. April 1878 eröffnete dem Kantonsrat die Möglichkeit, hierin die<br />

nötigen Änderungen durch Erlass eines besonclern Reglements zu treffen.<br />

2) Erst durch Landsgemeindebeschluss vom 27. April 1884 wurde die urspriingliche Bestimmung<br />

übel' BürgschaftsgeschMte dahin erweitert, dass ihr GesamtlJetrag die IHtlfte des<br />

Griindungscapitals nur mit Bewilligung' des Kantonsrats überschreiten dürfe.<br />

HhcintoJische Creditanstal n Altstätten. 275<br />

Übersicht über den Bestand des Dotationscapitals und Reservefonds, das Wechselgeschäft,<br />

die Banknotencirculation, den Kassen· und Gesamt·Umsatz und die Geschäftsergebnisse<br />

deI' Appenze" Aussert'odischen Kantonalbank von 1877-80.<br />

(Gründungsjlthr 1877.) I)<br />

Dotatiollscapital: auf 31. December 1877 .<br />

1878-80<br />

Fr. 1,200,000. -<br />

" 2,000,000.--<br />

i\ngekall~te Wechsel Eingelöste 'fratten<br />

Rescrvefonds auf 31. Dec.<br />

Bankn 0 ten circlIlati on<br />

Stück Betmg Stück Betrag Durchschnitt<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct. lh', CL.<br />

1877 2461 4,734,970. 64 184 495,367. 37 988,050. -<br />

1878 9,900. - 1597 6,279,472. 52 593 1,157,925. 55 1,206,250. -<br />

1879 27,280. 38 3616 11,131,949. 89 2,986,322. 93 1,839,300. -<br />

1880 28,889.88 4165 12,035,442. 30 1,998,160. 71 1,909,350. -<br />

Kasscnllmsatz<br />

Gesamtlllllsatz<br />

Brutto-<br />

Ertrag 2)<br />

Dividende 4)<br />

Verwaltungs·<br />

kosten 5)<br />

Fr. Ct. Fr. m. 0/0 3) 0/0 3) 0(03) 0(06)<br />

1877 21,198,525. 20 54,296,086. 02 6,31 4,5 2,02 0,6<br />

1878 44,101,050. 03 113,412,577. 24 8,95 5,73 2,03 0,4.7<br />

1879 73,411,285. - 191,621,335. 82 9,37 6,19 1,u3 0,42<br />

1880 61,658,546. 21 170,021,601. 82 6,76 4,95 1,72 0,32<br />

Dlll'chschnitt 7,84 5,34 1,92 0,45<br />

Die Bilanzen der Appenzell Ausserl'odischen Kantonalbank von 1877-80 s. am Schlusse<br />

dieses Abschnitts.<br />

Die Rheintalisohe Creditanstalt in Altstätten<br />

ist eine Gründung aus dem Jahre 1874 und eröffnete ihren Geschäftsbetrieb<br />

::1m 1. September des genannten Jahres. Als ihre Hauptaufg::tbe nennen<br />

die Statuten "die Erleichterung des Geldverkehrs im allgemeinen, insbesondere<br />

für Ackerbau, Httndel und Gewerbe". Das Actiencapital wurde<br />

auf Fr. 200,000 festgesetzt, jedoch für den Beginn der Geschäfte nur<br />

die Zeichnung der Hälfte als nötig erklärt. Ihr Geschäftskreis ist c1erj<br />

enige einer Darleih- oder V orschnss-Kasse llnd eines Wechsel- und Incasso-<br />

') Unter dem Gründungsjahr ist das erste Geschäftsjahr verstanden.<br />

2) Einnahmen weniger Passivzinse und Verluste, bezw. Abschreibung·en.<br />

. . 3) .Des eigenen Capitals (Dotationscapital undl~eservefoncls). - Die Anlegl1ng eines Amorbsabonsfonds<br />

wurde übersehen oder als überflüssig' erachtet..<br />

") D. h. Verzinsung des Dotationscapitals und Gewinnanteil des Staats.<br />

5) Tantieme inbegriffen.<br />

ö) Des gesamten arbeitenden Cl\pitals (eigenen und fremden) laut Bihtnz.


276 Geld-, Credit- und Assecumnz-Institute.<br />

Geschäfts. 1 ) Darleihen oder Vorschüsse werden gemachtaufUnterpfande 2 ),<br />

gegen Hinterlage oder Bürgschaft, letztere auf bestimmte Verfallzeit<br />

oder in Contocorrent. Aus dem Reingewinn werden zunächst die Actien<br />

mit 4 % verzinst, von dem Überschuss 70 % unter die Actionäre verteilt,<br />

20% dem Reservefonds 3 ) und 10% den Angestellten als'l'antieme zugewiesen.<br />

Die Organisation mit Actionärversammlung, Verwaltungsrat,<br />

Ausschuss und Director weist nichts besonderes auf. 4) Die Liquidation<br />

der Anstalt kann nur erfolgen, wenn auf Begutachtung des Verwaltungsrats<br />

zwei Dritteil allel' Actionäre, die zugleich zwei Dritteil der ausgegebenen<br />

Adien vertreten, in einer zu diesem Zweck zu berufenden<br />

Actionärversammlung sie beschliessen. Anstände zwischen den Actionären<br />

selbst oder zwischen diesen und dem Ausschuss oder dem Director<br />

sind innert Monatsfrist der Beurteilung eines Schiedsgerichts von drei<br />

Geschäftsmännern zu unterstellen.<br />

1) Ziemlich grossartig und theoretisch nicht unbedenklich htutet Ziffer 6 des GeschlinslU'eises:<br />

"Übernahme und Vermittlung von Anleihen und Geldgeschäften«; doch blieb diese Bestimmung<br />

der Statuten, so weit sich aus den Jahresrechnungen urteilen lässt, in der Praxis sehr<br />

harmlos.<br />

2) Stat,utarisch eigentlich nicht erlaubt, wenn auch nicht ausdrücklich verboten.<br />

3) Bis derselbe 20 % des Actiencapitals erreicht hat; dann" wird die eine Hälfte zu Gunsten<br />

wohltätiger Zwecke, die andere Hälfte anderweiter Verfügung der Adionärversauunlung überlassen<br />

bleiben.«<br />

4) Es mag aus den organisatorischen Bestimmungen Folgendes erwähnt werden: Zehn<br />

Actionäre, welche wenigstens 101 Adien vertreten, können unter schriftlicher Angabe dei'<br />

Gründe eine ausserordentliche Actionärversammlung verlangen. 1-4 Actien berechtigen an<br />

der Versammlung zu 1 Stimme, 5 bis 9 Actien zu 2 Stimmen und je 10 weitere Adien zu<br />

einer Stimme mehl'; doch dürfen von einer Person nicht mehl' als 10 Stimmen lLbgegeben<br />

werden. Die Actionärversammlung wählt auf 3 Jahre einen Verwaltungsrat von 9 Mitgliedern,<br />

und aus diesen den Präsidenten und Vicepräsidenten; ferner alljährlich zwei Revisoren. Der<br />

Verwaltungsrat versammelt sich wenigstens zweimal im Jahre und bezeichnet aus seinor<br />

Mitte ein Mitglied, welches mit Präsident und Vicepräsident den Ausschuss bildet; auch wählt<br />

er den Director, berät alle Vorlagen an die Actionärversall1mlungen, entscheidet üher die Ausdehnung<br />

der verschiedenen statutarisch gestatteten Geschäfte und prüft die Rechnungsabschlüsse<br />

der Anstalt. Die ullmittelbare Oberaufsicht übel' die Geschäftsführung des Directors steht bei<br />

dem Ausschuss. - Die Liquidation der Anstalt kann nUl' auf vorherige Begutachtung des Verwa,ltungsrats<br />

dUl'ch 2/3 aller Actionäre, die zugleich 2/3 der ausgegebenen Adien vertreten, in einer<br />

zu diesem Zwecke einberufenen Actionärversammlung beschlossen werden. - Einen sehr eigentiimlichen<br />

Nachtrag erhielten die Statuten am 22. März 1877 durch die Bestimmung, dass "die<br />

Actieu, welche nicht durch Intestaterbschaft auf jemand übergehen, nicht veräussert werden<br />

d Urfen, mit Ausnahme an Verwandte der 1. und 2. Klasse des st. gallischen Erbfolgegesetzes und<br />

fLn Ehehälften", chtmit das Unternehmen "seinen unveräusserlichen Charakter" bewahre und eine<br />

rheintalische Anstalt bleihe (Art. 38).<br />

RheinhLlische reclitanstalt in AltstMten.<br />

277<br />

Die Vervollständigung des Actiencilpitals auf Fr. 200,000 erfolgte<br />

schon im zweiten Geschäftsjahre mit Leichtigkeit, nachdem dcls erste<br />

eine Verzinsung von 5 1 /2 % für die Actien ergeben hatte; eine Erhöhung<br />

des Actiencapitals auf Fr. 300,000 wurde im Jahre 1880 ebenfeLl1S<br />

ohne jede Schwierigkeit durchgeführt. 1)<br />

Dl:ll1eben vermehrte die Anstalt ihre Betriebsmittel, wohl über das<br />

richtige Verhältnis zum eigenen Capital hinaus, durch Ausgabe von Obligationen<br />

mit Coupons, dl1l'ch Annahme von Sparkassengeldern und Einzahlungen<br />

in Contocorrent, durch die Ausgabe sogenannter Wechseloblighi<br />

auf 3 Monate, die seit dem ersten Geschäftsjahre einen stehenden,<br />

recht erheblichen Posten in der Bilanz bilden, also nicht bloss als<br />

vorübergehende Aushülfe erscheinen 2) ; endlich wurden auch fortwährend<br />

V orschüsse in Contocorrent bei verschiedenen Bankhäusern zu diesem<br />

Zwecke erhoben, wenn auch in geringeren Summen. 3)<br />

Der grösste 'reil dieser Gelder ist stets zu Darleihen auf ein J[Lhr<br />

fest gegen Bürgschaft oder Hinterlage, verzinslich zu 5 1 /2 %, verwendet<br />

worden, ein kleinerer zu sogenannten" Capitalclarleihen" , cl. h. Darleihen<br />

~LUf Hypothek, verzinslich zu 5 %. Eine ziemliche Ausdehnung erhtngte<br />

auch das Contocorrent- und Wechsel-Geschäft.<br />

Von Verlusten scheint die RheintnJische CreditfLllstalt bis zum Jclhre<br />

1880 gänzlich verschont geblieben zu sein; ein günstiges Zeugnis für<br />

ihre Geschäftsleitung, deren ]jrgebnisse auch ganz befriedigend waren:<br />

9,53 % durchschnittlicher Brutto-Ertrag, 5,81 % dl1l'chschnittliche Dividende<br />

des Gesellschaftscl:1pitals und ein Reservefonds von Fr. 21,000.<br />

1) Diese 200 neuen Action zu Fr. 500 wlll'den mit starker Überzeichnung (317 StUck)<br />

von don bisherigen Actionäron Ubol'l1ommon, mit einem :6uschus8 von je Fr. 25 per Stück ml<br />

den Reservefoncls.<br />

2) Die Annahme von SparklLssengeldern und Oontocorront-Einlagen und die AusgfLbe von<br />

IVechseloblighi sind in den Statuten nirgends vorgesehen.<br />

") Ein eigentümliches Vorgehen schlug der VerlValtungsl'itt ein, um "VorlUundsclmftsgelder"<br />

an die Anstalt zu ziehen. EI' hat nltmlich im Jahre 1878 den Wftisenämterl1 des Bezirks<br />

Obenheintal anerboten, fUr solche der Anstalt anvprtraute Gelder den entspl'echenden Gegenwert<br />

in soliden Hypotheka,rtiteln als FlLustpfttlld in eIer WaisenhLde zu hinterlegen, so dass jene<br />

ihntel' in gewissem Sinne privilegirte Gläuhiger sind, olme dass in der Rechnung ihr Guthaben<br />

gesöndert aufgefUhrt wäre.


278 Geld-, Credit- und Assocuranz-Institute.<br />

Übersicht übel' den Bestand des Actiencapitals und Reservefonds, das Wechselgeschäft,<br />

den Kassenumsatz und die Geschäftsergebnisse dei' Rheintalischen Creditanstalt in Altstätten<br />

vom 1. September 1874 bis 31. December 1880.<br />

(Grilndungsjahr 1874/75.) 1)<br />

ActiellCltpital auf 31. Decemher 1875<br />

1876-79<br />

1880<br />

Fr. 121,500. -<br />

" 200,000.­<br />

" 300,000.-<br />

Reservefonds auf 31. December 1875 li'r. 505. 57 1878 Fr. 5,500. --<br />

1876<br />

" 2,550. ~ 1879 " 10,000. -<br />

1877<br />

" 3,850. 1880 " 21,000. -<br />

Angekaufte Wechsel<br />

Kassenulllsatz<br />

Brutto· Divi{!cn{!c Verwaltungs.<br />

Stück Betrag El'tl'ag 2 ) kosten 6)<br />

Fr. Ct. Fr. m. 0/0 3) 0/03) 0/0 3) 0/07)<br />

1874/75 (1611oll.) 378 304,293.81 3,449,980. 4~ 9,14 4 ) 5,5 4 ) 2,08 4 ) 0,8 4 )<br />

1876 1314 545,962,28 4,908,140.47 8,35 6 1,58 0,46<br />

1877 817 369,742.18 6,248,105. 86 8,7 5,!l2 1,93 0,47<br />

1878 876 318,395.47 4,291,281. 05 8,9 5,88 1,9'1 0,38<br />

1879 1201 444,056. - 5,421,538.22 9,08 5,84 1,5 0,27<br />

1880 1433 761,495.89 6,858,794. 43 12,14 5) 5,71 5) 2,85 5 ) 0,30 5 )<br />

----------<br />

Durchschnitt 9,53 5,81 2,13 0,40<br />

Die Bilanzen der Rheintalischen Creditanstalt von 1875-80 s. am Schlusse dieses Abschnitts.<br />

Der Gründung der Rheintalischen Creditanstalt noch um zwei Jahre<br />

voraus gieng diejenige der<br />

Werdenbergisohen Spar- und Leih-Anstalt in Buohs.<br />

Als Muster scheint den Gründern dieses Instituts die Sarganserländische<br />

Spar- und Leih-Anstalt in Walenstadt gedient zu haben; wenigstens<br />

entsprechen sich die Statuten der beiden Anstalten auffallend<br />

in der ganzen Anlage und den wichtigsten Bestimmungen. Das Grundgesetz<br />

der werdenbergischen Anstalt datirt vom 11. August 1872 und<br />

führt als ihren ersten Zweck an: "Jedermalln Gelegenheit zu bieten,<br />

1) Unter dem Gründungsjahr ist das erste Geschäftsjahr verstanden.<br />

2) Einnahmen weniger Passivzinse und Verluste, bezw. Abschreibungen.<br />

3) Des Gesellschaftscapitals (Actiencapital und Reservef'oncls).<br />

4) Durchschnitt des arbeitenden Capitals ltuf dlts hhr Fr. 109,350.<br />

5) Dividendenberechtigtes Cltpita,l Fr. 200,000.<br />

6) Tantieme und - 1878 - ~teuel'll inbegriffen.<br />

7) Des gesamten arbeitenden Capita,ls (eigenen und fremden) laut Bihwz.<br />

Werdenbergische Spar- und Leih-Anstalt in Buchs. 279<br />

müssig liegende Gelder von kleinem Betrage an bis auf eine mässige<br />

Summe zinstragend anzulegen." Es handelte sich also in erster Linie<br />

um eine Sparkasse für den Bezirk Werdenberg. N ur zur Sicherung<br />

der Einlagen wurde durch Ausgabe und Einzahlung von 200 Actien zu<br />

Fr. 50 ein bescheidener GeLrantiefonds von Fr. 10,000 gebildet. Diese<br />

Summe, die Einlagen in die Sparkasse, "allfällig aufzunehmende Gelder<br />

bei der Kantonalbank" u. s. w., sullten angelegt werden "gegen Hypotheken,<br />

gegen Hinter lage von Wertschriften, gegen Bürgschaft und<br />

gegen genügende Deckung auf Contocorrent-Rechnung" . 1) Der Verwaltungsrat<br />

wurde überdies mit der weitgehenden Vollmacht ausgerüstet,<br />

"mit Beförderung noch andere Geschäftszweige aufzunehmen,<br />

die er im Interesse und zur Vergrösserung der Anstalt als angemessen<br />

erachtet," und sich stetsfort die erforderlichen Betriebsmittel zu verschaffen.<br />

Von dem Reingewinn werden 90 % den Actionären verteilt,<br />

10 % dem Reservefonds zugeschieden , bis er die Höhe des Actiencapitals<br />

erreicht h~1t. 2) Die Bestimmungen über die Verwaltungsorgane<br />

copiren den ganzen Apparat eines grossen Actieninstituts. 3 ) Abänderung<br />

der Statuten oder Liquidation der Gesellschaft kann nur mit einer<br />

Mehrheit von 3/4 sämtlicher Actienstimmen beschlossen werden.<br />

Kaum war der Verwaltungsrat der Werdenbergischen Spar- und<br />

Leih-Anstalt constituirt, so machte er auch reichlichen Gebrauch von<br />

') Der Zinsfuss für Darleihen wurde "in der Regel" auf 5 % festgesetzt, "wozu noch ein<br />

Beitrag an die Verwaltungskosten bezogen werden kann, der aber vierteljährlich höchstens<br />

l/z 0/0 betragen darf." (1880 wurde der Zinsfußs für ganz gute Unterpfande auf 4"/4 %, die Provision<br />

auf 1/3<br />

% vierteljii.hrlich gestellt). Bei pünktlicher Zinszahlung dürfen Darleihen gegen<br />

Bürgschaft ein Jahr stehen gelassen werden; dann ist Hückzahlung zu leisten oder ein neuer<br />

Schuldschein auszufertigen. Für jedes Darleihen gegen Bilrg'schaft sind zwei Bürgen zu stellen,<br />

die solidarisch für einander haften.<br />

2) Diese Bestimmung wurde nur im ersten Geschäftsjahr innegehalten, nachher die Actien<br />

einfach mit 5 % verzinst und der Überschuss dem Reservsfonds zugewiesen.<br />

3) Bei der Generalversammlung der Actionäre berechtigt jede Actie den Inhaber ~u einer<br />

Stimme; doch darf niemand mehr als 3/8 aller Actien vertreten. Die Actionärversammlung wählt<br />

auf die Dauer von 3 Jahren einen Verwaltungsrat von 5 -7 (bei der sarganserländischen Anstalt<br />

von 5-11) Mitgliedern und eine Rechnungscommission von 3 Mitgliedern. Der Verwaltungsrat<br />

wlthlt aus seiner Mitte eine Dil'ectionscoll111lission von 3 Mitgliedern und bezeichnet<br />

deren Präsidenten und "Actuaren" (der letztere fehlt bei der sarganserländischen Anstalt); der<br />

erstere prltsidirt lmch den Verwaltungsrat und die Generalversammlungen. Bei längerer Behinderung<br />

oder Abgang eines Mitgliedes des Verwaltungsrats wählen die übrigen Mitglieder<br />

einen Stellvertreter oder Ersatzmann; der Verwaltungsrat wählt auch den Verwalter oder Geschliftsführer.


280<br />

Geld-, Creclit- und AssecUl'anz-Institute.<br />

der ihm erteilten Vollmacht zur Aufnahme neuer Geschäftszweige.<br />

In dem Geschäftsreglement , welches er aufstellte, figuriren die Annahme<br />

von Depositen gegen Schuldscheine mit 3-ßmonatlicher Kündigung<br />

von Fr. 50 an in beliebigen Summen; das Incasso- und das<br />

Wechsel-Geschäft, wovon in den Statuten noch keine Rede war. Eröffnet<br />

wUl"de der Geschäftsbetrieb am 25. September 1872.<br />

Der Bedarf nach verfügbaren Geldmitteln muss damals 111 jener<br />

Landesgegend sehr gross gewesen sein; denn Alles, was besonders<br />

in der Form von Depositen, daneben auch in geringeren Summen an<br />

Sparkasseneinlagen und in Contocorrent eingieng, samt dem schon im<br />

ersten vollen Geschäftsjahre auf Fr. 20,700 erhöhten Actiencapital, fand<br />

sofort für Darleihen gegen Hinterlage und Bürgschaft Verwendung. 1)<br />

Von Hypothekardarleihen war bis zum Jahre 1877 kaum die Rede, und<br />

auch von da an bis zum Jahre 1880 weist der Hypothekarconto immer<br />

noch bescheidene Ziffern auf im Vergleich zum "Debitoren-Obligationen­<br />

Conto", wenn sich auch das Verhältnis stetig zu seinen Gunsten verschiebt.<br />

Das Wechselgeschäft und die Vorschüsse in Contocorrent nahmen<br />

nur gmlz allmälig etwas grössere Summen in Anspruch.<br />

Von Verlusten hatte die Anstalt bis zum Jahre 1880 nichts zu<br />

berichten. Den Actionären zahlte sie befriedigende Dividenden und der<br />

LandschaftWerdenberg war sie um so erwünschter und notwendigeL<br />

als eben in diesen Jahren die Industrie mit Macht ihren Einzug in<br />

diese Gegenden hielt und gerade Buchs der Mittelpunkt derselben<br />

wurde. Wenn die Sparkasse bis zum Jahre 1880 nur htngsam zugenommen<br />

hat, so ist der Hauptgrund für diese Erscheinung wohl chtrin<br />

zu suchen, dass die Anstalt Depositen schon von 50 Franken an entgegennimmt<br />

und das Publicum aus uns unbekannten Gründen diese<br />

Form der Geldmllage der Einlage in die Ersparniskasse im allgemeinen<br />

vorzieht.<br />

Der dUl"chschnittliche Brutto-Ertrag ergab in Folge der geringfügigen<br />

eigenen Mittel im Vergleich zu den fremden 22,81 0/0 des Gesellschaftscapitals;<br />

der Reservefonds stellte sich Ende 1880 auf Fr. 23,000.<br />

1) Ohne Zweifel wurden dml1n.ls bei der Werdenbel'gischen Spar- und Leih-Anstalt ganz<br />

bedeutende Summen zur Auschaffung von Stickmaschinen aufgenommen.<br />

Spn.r- und Leih-Kasse \Val'ta,n-Sevelen in Azmos.<br />

281<br />

ÜbCl'sicht Ubel' den Bestand des Actiencapitals und Reservefonds, das Wechselgeschäft,<br />

den Kassenumsatz und die Geschäftsel'gebnisse dei' Werdenbel'gischen Spal'- und Leih­<br />

Anstalt in Buchs vom 25. September 1872 bis 31. Decembel' 1880.<br />

(GrÜlldungfi,jn.hr 1872.) 1)<br />

Adiencitpital itl1f 81. December 1878<br />

HesrervpfondR nnf 31. J)pcpmbm' 1878<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1874-80<br />

Fr. 110.-<br />

870. -<br />

" 2,712. 62<br />

" 5,000.-<br />

}i'r. 20,700. -<br />

" 20,850.--<br />

1877 Fr. 8,000.-<br />

1878<br />

1870<br />

1880<br />

AlIgckaul't.c WcchRel KasscnllmSittz 1l1'1Itt.o-l\l'tl'ag 2) Dil'illclllie 4)<br />

" 12,000.­<br />

" 17,000.-­<br />

" 28,000.--<br />

\' ßnvaltllngs·<br />

kosten<br />

Fr. Ct. Fr. et. °/0 3) o}oa) 0/0 3 ) 0/ 05)<br />

1873 4,000, - 821,418. 92 9,f)[) G 8,3G 0,58<br />

1874 8,406. 85 481,810. 68 11,64 4,H7 4,33 0,55<br />

1875 11 ,510.90 688,289.20 21,38 4,91 5,2fl 0,48<br />

1876 15,708.-- 672,IG9. 57 21,97 4,4~ 6,tr. 0,54<br />

1877 22,887. 59 724,977. 17 21,38 4,03 G,'-'8 0,51<br />

1878 46,183. 10 7GG,224. 10 82,58 8,61 7,68 0,.14<br />

1879 41,111. 80 H78,GGß.66 82,Hl 8,17 6,86 0,401<br />

1880 Gl,078. 8ö 1,000,430. 94 81,oii 2,7ii Ö,31 0,41<br />

Dlll'chschnitt 22,81 4,11 5,82 0,49<br />

Die Bilanzen der IV mdenbel'gischen SP~lX- und Leih-Anstalt von 1873-80 s. am Schlussp<br />

dieses Abschnit.ts.<br />

Auf ganz fthn1icher Grundlage, wie die Werdenbergische Spar­<br />

in Buchs, ist im Jahre 1879 die<br />

und Leih~Anstalt<br />

Spar- und Leih-Kasse Wartau-Sevelen in Azmos<br />

gegründet worden, freilieh mit einem erheblich grösseren eigenen Capital<br />

von Fr. 140,000 ausgestattet und vorderhand auf eine Zeit von<br />

10 Jahren beschränkt. Ihr Geschäftskreis ist der gleiche, wie derjenige<br />

der benachbarten Anstalt in Buchs, mit Ausschluss der Da,rleihen auf<br />

1) Der zlI'cite Gcseh;i.ftsbericht umfasst das .Tahl' 1873; dcr erste muss also die Zeit vom<br />

25. September bis RI. Dec8111ber 1872 umfasst haben. 'El' WRl' uns aber nicht zugänglich.<br />

2) Einnahmen weniger Passivr-inse und Verlust.e, be7.w. Abschreibungen.<br />

3) Des Gesellschaftscapitals (Actiencapital und Resel'vefonds).<br />

4) Beziehungsweise Verzinsung der Actien zu [) %.<br />

5) Des gesamten arbeitenden ClLpitals (eigenen und fremden) laut Bilanz.<br />

36


282<br />

Geld-, Crec1it- und Assecumnz-tnstitnte.<br />

Unterpfande; aber genau durch die Statuten begrenzt, unter dem<br />

strengen Verbote einer weiteren Ausdehnung ohne die Zustimmung<br />

der Actionäre in einer Generalversammlung, in welcher mindestens<br />

J':wei Dritteile sH,nülicher Actien vertreten sind. Der Reinertrag des<br />

Geschäfts wird zur Verzinsung des Actiencapita1s zu höchstens iJ 0/0<br />

verwendet; was darüber ist, fällt in den Reservefonds. Erst wenn<br />

diesel' wenigstens die Hälfte des Actiencapitals erreicht hat, verfügen<br />

die Actionäre frei übel' den ganzen Geschäftsertrag. J)<br />

Der erste Geschäftsbericht dieses Instituts, der allein in unsere<br />

Betrachtung fällt, umfasst die Zeit vom 1. August] 879 bis 31. December<br />

1880 und bringt eine ganz auffallend rasche Entwicklung diesel' auf<br />

so engen Wirkungskreis beschränkten Spar- und Leih-Kasse zur Anschauung.<br />

Da über Erwarten Sparkasseneinlagen, Depositen- und ContocOl'rent-Gelder<br />

dem vorläufig zur Hälfte einbezahlten Actiencapital als<br />

Betriebsmittel zur Seite traten, sah sich die Verwaltung dennoch veranlasst,<br />

sowohl in Form einer festen, als einer schwebenden Schuld<br />

durch Aufnahme von Contocorrent-Vorschüssen bei Banken und Ausgabe<br />

von sogenannten Wechseloblighi mehrere hunderttausend Franken<br />

anleihensweise aufzunehmen, um den in Masse an sie gelangenden Anleihensgesuchen<br />

zn entsprechen, soweit diese immer genügende Sicherheit<br />

zu bieten schienen. Es wal' daher ohne Schwierigkeit möglich,<br />

schon beim ersten Rechnungsabschluss die Actien mit den vollen 5 0 / 0<br />

zu verzinsen und dazu noch 2000 Franken in Reserve zu legen, trotz<br />

der besondern Kosten, welche die Einrichtung eines Geschäfts immer<br />

mit sich bringt und welche sofort vollständig getilgt wurden.<br />

Angesichts der Zahlen des ersten Geschäftsberichts wird man claher<br />

::mch der Spar- und Leih-Kasse vVartau~Sevelen in Azmos die Existenzberechtigung<br />

nicht absprechen wollen.<br />

') Wie in dieser Bestimmung über die Verwendung des Heinertmgs, so ist die Spar- und<br />

Leih-KEtsse W Etrta,u-Sevelen Etuch dEtrin eigenartig, cbss sie ihren VerwEtltungsmt EtUS dem Präsidenten<br />

unc1 7 Mitgliedern, ltlSO EtUB einer gomden ZEthl, zusEtmmenseht. Streitigkeiten jeder<br />

Art werden Etusdrücklich der Entscheidung des ordentlichen Civilrichters vorbelmlten. An der<br />

GenemlversEtllllulung berechtigt jede Actie zu einer Stimme; doch dEtl'f niellumd mehr Etls höchstens<br />

'/ 5 sämtlicher Actien vertreten. Der VenvEtlter wird Etuch von der ActioniirversEtll1l11lung<br />

gewlihlt. Ein Liquicbtiollsbeschlnss verlangt eine St,immcmnehrheit, die wenigstens 2/" siimtlieher<br />

Actien repl'itsentirt.<br />

Crcc1itanstttlt Gmbs. -- SEtrgEtflscrHLnclischc Spar- und Lcih- AnstEt}t in ,,y ,tlenstEtdt.<br />

Am Ende des ersten Geschäftsjahres W::Lren Fr. 70,000 an Actien<br />

einbezahlt. Die Summe der in elen 17 Monaten eingekauften Wechsel<br />

betrng Fr. 88,189. 90, der Kassenumsatz Fr. 2,089,040. 77. Der Brutto­<br />

Ertrag stellte sich für das ::mf 12 Monate berechnete Capital von<br />

Fr. 49,4]1 auf 11,78 0 /0, die VervveLltl1ngskosten auf 4 0 /0 des Actiencapitals<br />

oder O,G % des gescLmten - eigenen und fremden -- arbeitenden<br />

CcLpitals limt Bilanz.<br />

Nachdem Buchs und Azmos ihre SpcLr- und Leih-Kassen Imtten,<br />

gelüstete es auch GnLbs nach einem ähnlichen Institute, dem dritten<br />

auf werdenbergischem Boden, welches unter dem NiLmen<br />

Creditanstalt Grabs<br />

1m Jahre 1880 ebenfalls als Actiengeschäft bescheidensten Umfangs<br />

gegründet wurde, aber seine Tätigkeit nicht vor dem 1. J anua]" 1881<br />

begann. Die nähere Betrachtung desselben mag daher dem folgenden<br />

wsammenfassenden Berichte übel' das Jahrzehnt von 188] -1890 vorbehalten<br />

bleiben_<br />

Die Entstehung der<br />

Sarganserländischen Spar- und Leih-Anstalt in Walen stadt<br />

geht in die Zeit zurück, in welcher soeben die Vertreter des Bezirks<br />

Sargans den Hauptanstoss zur Gründung der St. Gallischen Kantolmlbc~nk<br />

gegeben hatten. Am 14. December 1867 wurde ein Prospect<br />

übel' Zweck, Capital und Rentabilität der Anst.alt mit den Bogen für<br />

die Zeichnung der Actien zu 100 Franken in die Gemeinden des Bezirks<br />

hinaus versandt. Statt Fr. 50,000, die man für den Anfang<br />

als nötig erachtete, wurden Fr. G6,000 gezeichnet. Unterm 19. Januar<br />

] 8G8 tnLt sodann die erste Generalversammlung zusammen, um eine<br />

Commission zur Entwerfung von Statuten niederzusetzen. Als die Versammlung<br />

auf elen 2. Februar zur Beratung des EntwUl'fs wieder elllberufen<br />

wurde, WiLl' die Zahl der gezeichneten Actien schon auf 700<br />

gestiegen. Dies gab nun den Mut, das Actiencapital endgültig auf<br />

Fr. 80,000 zu stellen.<br />

28 i3


284<br />

Gelcl-, Cl'cdit- und Assecl1l'anz-Institute.<br />

Auch diese Anstalt ist also Spar- und Leih-Kasse zugleich und soll<br />

nach § 2 ihrer Statuten die Gelder des Ga,rantiefonds und der Spa,rkasse<br />

ausschliesslich im Bezirk Sargans anlegen, und zwar gegen Hypothek,<br />

Hinterlage von Wertschriften oder Wertgegenständen, gegen<br />

Bürgschaft oder ~LUf Contocorrent-Rechnung mit genügender Deckung,<br />

in der Weise, "dass von den einzelnen Geldern jeder Gemeinde im<br />

Bezirk wieder das ullgefähre Aequivalent der Einlagen angelehnt<br />

wird". 1)<br />

Dem VerwaJtungsntt wurden jene weitgehenden Vollmachten erteilt,<br />

welche nachher die Werdenbergische Spar- und Leih-Anstalt in<br />

Buchs in ihre Statuten hinübergenommen hat und die wir mit den<br />

wichtigsten andern organisatorischen Bestimmungen dort schon


286<br />

Gold-, Credit- und Assecumnz-Institutc.<br />

KassenulIIsatz<br />

Gesflmt,ulIIsab,<br />

Brutto·<br />

Dil'idclldo 3)<br />

VorwaUungs·<br />

Ertrag ') kOStCII 4 )<br />

]~~ 1'. CI. l!'l'. et. %'1 0/0 2) 0/0 ') °, 0:;)<br />

]868 846,271. 80 2,048,8!J8. 62 ] L1-,2 LJ U,,! 0,8;)<br />

]869 91U,425. 8U 3,145,!J88. 78 9,(;4 -:1,5 3,.15 O,G~<br />

1870 !J15,ü61. 07 2,!J97,032. Gü 10,8 L1-,44 3,42 U,ti:l<br />

187l 825,769. 61 2,9]6,361. 18 10,fi6 LJ,3'1 4 0,(;"<br />

1872 1,180,!J77. 37 3,9] 4,21 6. 18 11,s 4,28 3,85 O,Gl<br />

1873 1,362,384. 24 4,220,!J42. - 13,:J.1 4,14<br />

..<br />

u,8U 0,53<br />

187LJ 1,515,280. 15 4,D57,D20.3ü 14,GS 4,01 5,02 O,Gfi<br />

1875 1,ti02,871. 92 5,224,280. 52 15,78 3,8 5,2 0,5!1<br />

187ü 1,865,007. !J7 5,!JD2,21!J, ü8 15,!);) 3,ü;) 5,26 0,5G<br />

q<br />

1877 2,132,842. 13 ü,872,670. 44 17,00 0,33 6 O,(i!<br />

1878 2,248,473. 30 7,685,833. 76 17,1<br />

n<br />

O,1<br />

6,os 0,67<br />

1879 2,150,168.29 7,3!J3,631. 42 16,37 2,88 6,05 0,68<br />

1880 2,3!JO,210. 36 8,675,599. !J2 15,12 2,68 6,1 0,fi7<br />

Durchschnitt 14~)4-- 3,73 5 O,G-1<br />

Die BihLmen der StLrg'lLllserlällllisehen SPfLr- und Leih-Anstalt von 1868-80 S. iHn Schlusse<br />

dieses Abschnitts.<br />

Die schon im J ahl'e 1848 VOll der gemeinnützigen Gesel1sclmft des<br />

Seebezirkes auf sehr gemeinnütziger Gl'lll1dlage errichtete<br />

Leih- (und Spar-) Kasse des Seebezirks 6)<br />

in Uznach hat durch eine Statutenrevision von 1875 in ihrer Organisation<br />

keine wesentliche Abänderung erfahren und die ganze Berichtszeit<br />

übel' in hergebrachter Weise ruhig und sichel' gearbeitet. 7 ) Die selbständig<br />

geführte Sparkasse lieferte der hier allein in Betracht kommen-<br />

') Eimmhmen weniger Passivzinse und V crluste, bezw. Abschreibungen.<br />

2) Des GesellschfLftsciLpitfLls (ActiencfLpitltl und Iteservefonds).<br />

3) Laut StlLt.uten diesel' auf gemeinnütziger Grundlltge ruhenden Anstftlt beziehen die<br />

Actien nur einE'n Zins von 4 '<br />

/. %; der Mehrgewinn fällt in den Reservefonds (im Jahre 1868<br />

betrug der Zins ffu' dfLS GesellsclmftscfLpihü laut Geschäftsbericht nur 4 %).<br />


288 Geld-, Credit.- und ARBecuran7.-Institute.<br />

eines wirklichen Bankinstituts angenommen und neuen dem 'Wechselund<br />

Darleih-Geschäft besonders das Contocorrent-Geschäft zu ganz bedeutender<br />

Entwicklung gebracht. Von Verlusten ist das Institut fast<br />

gänzlich verschont geblieben. Der durchschnittliche Brutto-Ertrag belief<br />

sich auf 10,58 %, die Dividende auf 5,58 % des Gesellschaftscapitals.<br />

Übel'sicht über den Bestand des Actiencapitals und Resel'vefonds, den Kassen- und Gesamt-<br />

Umsatz Lind die Geschäftsergebnisse der Leihbank in Rapperswil von 1867-1880,<br />

(Grl'tndungsjahr 1865.) 1)<br />

Actiencapital auf 31. Dec. ]867-73 Fr. 120,000.­ 1874,-80 Fr. 200,000.-<br />

Reservefol1chl auf 31. December 1867 Fr. 2,046. 76 1874 Fr. 13,000. _2)<br />

1867<br />

1868<br />

1869<br />

1870<br />

]871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1870<br />

1880<br />

1868 "3,176. 81<br />

1860 "4,039. 31<br />

1870 "4,839. 31<br />

1871 "5,ß30. 31<br />

1872 ,,6,711. -<br />

1873 "8,400. -<br />

Kasseuulllsatz flesRllltlllllsatz Brutto.Ertrag 4 )<br />

]1'1'. Ct. Fr. Ct. 0,'0 5)<br />

],112,967.40 4,040,7]0. 88 10,ü2<br />

1,338,704.03 4,273.608. 94 fl,03<br />

1,795,704.43 5,745,813. 40 9,03<br />

1,965,363. 68 6,743,485. 56 8,G7<br />

2,203,501. 55 7,318,955. 98 !) ,33<br />

2,800,632. 02 9,582,469. 44 10,oG<br />

8,236,664. 86 11,665,439. 76 11,84<br />

3,831,637. 46 13,736,181. 68 11,.13<br />

3,983,478. 84 15,944,720. 48 0,83<br />

5,259,669. 88 20,439,154. 06 12,:;7<br />

4,724,537.49 19,221,557. 38 10,7<br />

4,222,324. 67 ] 9,292,698. 86 10,:il<br />

4,467,905. 84 18,799,088. 70 11,42<br />

4,401,244. 56 20,477,8?5. 90 11,04<br />

1875 14,800. -<br />

1876 23,084. ] 2 3 )<br />

] 877 25,500. -<br />

1878 27,500. ~-<br />

1879 30,500. ---<br />

1880 33,000. -<br />

Dividende<br />

0/0 5)<br />

5,4:i<br />

5,


290<br />

Geld-, Creclit- und Assecumnz-Institute.<br />

zurückgieng und von da an bis zum Schlusse unserer Berichtszeit die<br />

Emissionssumme von 1 Mil1ion annähernd erreichte. 1)<br />

Den industriellen Verhältnissen der Landschaft Toggenburg entsprechend,<br />

welcher die Anstalt vorwaltend zudient, hat ihr Contocorrent-<br />

und Wechsel-Geschäft den grössten Umfang gewonnen. Von<br />

dem Gange dieser zwei Geschäftszweige ist das Jahresergebnis in erster<br />

Linie abhängig. Doch ist auch d~Ls eigentliche Darleihgeschäft von ganz<br />

erheblicher Bedeutung, indem die Darleihen gegen Hinterlage durchschnittlich<br />

mehr als eine Million, diejenigen gegen Bürgschaft durchschnittlich<br />

etwas über eine halbe Million in Anspruch genommen<br />

haben. Der Wertschriftenconto hält sich in höchst bescheidenen Grenzen<br />

und dient in der Tat lediglich zur vorübergehenden Anlage verfügbarer<br />

Gelder, seit ein (1873) wiederholter kleinerer Versuch zur Speculation<br />

in Wertpapieren die Bank um eine ebenso unangenehme Erfahrung<br />

bereichert hat, wie der erste Versuch gleich bei der Eröffnung des Geschäfts.<br />

- Einen alljährlichen bescheidenen Einnahmeposten bildet der<br />

Reinertrag der sonst ganz gesöndert verwalteten toggenburgischen Ersparnisanstalt.<br />

Die Beteiligung der Bank an der Toggenburgerbahn durch Übernahme<br />

von Fr. 30,000 an Actien (1868) ist selbstverständlich nicht als<br />

Geschäft zu betrachten, da ja für die ersten 10 Jahre - zur Hälfte<br />

auf Rechnung des Gewinn- und Verlust-Contos, zur Hälfte auf Kosten<br />

der reantieme des Verwaltungsrats - für eine 5procentige Verzinsung<br />

dieser Actien gesorgt und nachher der Unterschied zwischen dem Cursund<br />

Nenn-Werte derselben mit Fr. 24,000 dem Reservefonds enthoben<br />

und dem Valorenconto gutgeschrieben wurde.<br />

Vom 15. April 1866 bis 30. Juni 1870 führte die Toggenburgerbetnk<br />

eine Filiale in vVil; 1872 richtete sie - nach Vereinbarung mit<br />

dem dortigen Industrieverein - eine Filia,le in Rorschach ein, zu deren<br />

Ausstattung mit einem eigenen Dotationscapital von Fr. 200,000 zwei<br />

Jahre später die schon erwähnte Vermehrung des Actiencapitals durch<br />

Ausgabe von 400 Stück neuer Actien mit einem Agio von Fr. 20 für<br />

den Reservefonds erfolgte. Für die Unterbringung diesel' Filiale wl1l'de<br />

') Bis und mit dem Jahre 1873 betrug die Emissionssumme 1


292<br />

Gehl-, Urudit- und AHHccuntnz-Institntc.<br />

Resel'vefoucls auf 31. Decembel' 1867 Fr. 57,900. - 18U Fr. 17ti,OOO. --<br />

1868 72,575. - 1875 » 190,700. -<br />

186D 85,000. - 1876 » 206,800. -<br />

1870 D6,000. - 1877 » 222,400. -<br />

1871 » 114,000. - 1878 » 2l3,000. -<br />

1872 128,700. -- 1879 227,400. --<br />

"<br />

"<br />

1873 » H6,000. - 1880 » 242,600. -<br />

1867<br />

1868<br />

186D<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

18U<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

J\lIgekullflc Wecbsel<br />

Ct.<br />

12,811,112.54<br />

9,193,387. 75<br />

8,262,961. 20<br />

6,433,601. 50<br />

6,569,347. 66<br />

8,291,226.16<br />

10,259,305. -<br />

9,440,364.12<br />

8,658,476. 05<br />

9,344,549. 34<br />

9,909,049. 81<br />

8,664,643. 77<br />

10,36L1,577.21<br />

12,150,233.57<br />

ßaukllotcucirculatiou<br />

DUl'chschnitt<br />

Cl.<br />

480,910. -'-<br />

462,624. -<br />

430,567. -<br />

363,396. -<br />

364,215. --<br />

452,771. -<br />

557,170. -<br />

Kassculllllsatz<br />

LlO,006,374.5ti<br />

Filiale lVii 3,436,4D5.46<br />

32,781,583.58<br />

5,260,918. 97<br />

24,643,770.97<br />

4,925,772. 11<br />

19,251,449.30<br />

17,335,481. 93<br />

20,666,653. ·16<br />

26,333,695. 89<br />

(lt'sallltlllllsatz<br />

Cl. Fr. Cl.<br />

133,551,447.06<br />

~'ilialo lVii 8,397,569.46<br />

122,764,942.62<br />

11,885,492. 72<br />

96,889,D98. 52<br />

13,.524,138. 76<br />

77,435,581. 88<br />

72,494,644. 80<br />

86,846,628. -<br />

10L1,642,657.92<br />

Fil. Rorschach 11,.595,1.57.57 1 ) Fil. Rorschaeh 35,748,506. 90')<br />

709,655. - 31,383,034.01 118,401,590. 16<br />

879,582. --<br />

868,343. -<br />

854,559. --<br />

765,467. -<br />

765,492. --<br />

945,673. -<br />

11,468,967.88<br />

31,134,769.83<br />

11,691,958. 13<br />

34,243,452. 15<br />

13,412,209.62<br />

36,870,887.50<br />

14,998,262.53<br />

38,153,2l0.15<br />

14,685,141. 67<br />

40,338,085. D5<br />

18,508,083. 40<br />

44,878,113.96<br />

2.5,143,057.85<br />

35,951,784.66<br />

115,066,845. 96<br />

37,619,006.16<br />

124,306,308.34<br />

42,168,306.02<br />

128,912,653.46<br />

42,.527,828.10<br />

126,583,881. 02<br />

41,590,757.04<br />

135,925,926.98<br />

52,734,938.48<br />

152,790,770. 18<br />

72,145,909.52<br />

1) 17 Monate.<br />

Die Gesamtsumme der eingelösten Tratten wird in den Geschäftsberichten der Toggenblll'gerbltnk<br />

erst seit dem hhre 1878 aufgeführt und belief sich 1878 auf Fr. 4,133,829. 06, 1879<br />

"uf Fr. 4,853,47.5. 45 und 1880 auf Fr . .5,437,525. 93.<br />

B,mk in lViI. 293<br />

Brutto·Ertrag' ) Dividcude<br />

V crwaItungs.<br />

kosteu 3 )<br />

°1'0 2 ) 0,'0 2) 11/02) %')<br />

1867 8,,,* 5,2U 1,54 0,61<br />

18ti8 7,3.1 5,f>(j 1,52 0,55<br />

1860 7,7 L1,82 1,4B 0,ii.1<br />

1870 7 5,37 1,40 0,;;1<br />

1871 8,34 6,1 ] ,68 O,5U<br />

1872 8"1 5,8(; 1,63 0,(;1<br />

187::3 !) ,2 0,2 1,78 0,52<br />

1874 9,;'4 0,56 1,87 0,55<br />

1875 8,111 5,55 1,,15 O,-la<br />

1870 8,56 5,71 1,57 0,,15<br />

1877 8,18 5,48 1,".1 0,48<br />

1878 8,58 5"15 1 ,53 0,4iJ<br />

1879 8,ßI 5,47 1,53 0,18<br />

1880 9,l(i 5 .. 17 1,55 0,48<br />

----<br />

Durclu;chnitt 8,22 5,63 1,58 0,52<br />

Die Bilanzen der 'l'oggenbUl'gerhlLnk von 1867-80 s. ELlU Schlusse dieses Abschnit.tH.<br />

Wir schliessen die Übersicht unserer st. gallischen Geldinstitute<br />

mit der<br />

Bank in' Wil,<br />

Wie schon angedeutet, ist sie im Jahre 1870 aus der frühem Fi1üLle<br />

der Toggenburgerbank hervorgegangen. Ihr erster Director wal' der<br />

Geschäftsführer der toggenburgischen Bankfiliale in Wil, und ihr Geschäftskreis<br />

entspricht demjenigen des Lichtensteiger . Instituts, mit<br />

Ausnahme der Notenausgabe, auf welche zum vorneherein verzichtet<br />

wurde. Wir finden Annahme von Geldern gegen Obligat.ionen mit bestimmten<br />

Kündungsterminen und gegen Schuldscheine auf unbest.immte<br />

Zeit (Depositen), sowie in Contocorrent; Gewährung von Darleihen<br />

gegen Hinterlage und Bürgschaft, sowie Erteilung von Contocorrentund<br />

Weehsel-Crediten mit oder ohne specielle Sicherstellung ; auch eine<br />

Sparkasse mit eigenem Reglement, gesönc1erter Rechnungsführung und<br />

besonderer Sicherstellung der Einlagen.<br />

1) Einnahmen weniger Passivzinse und Verluste, bezw. Abschreibungen.<br />

2) Des Gesellsehaftscapitn.ls (Adiencapitltl und Reservefonds).<br />

3) Tantieme inbegriffen.<br />

4) Des geslLmten arbeitenden Capitals (eigenen und fremden) laut Bilanz.


294<br />

Gehl-, Cl'eclit- und Assccuranz-Institlltc.<br />

Die el'ste Grundlage dieses Instituts wal' ganz eigentümlicher Art<br />

und trug gevvissel'massen den Charakter eines Compagnie- oder Commanc1ite-Geschäfts<br />

an sich, bei welchem der Director als lVIitgründer<br />

und Geschäftsführer die erste Holle spielte und eine ganz besondere<br />

Stellung einnahm. Mit dem Director traten ntimlich noch 5 weitere<br />

Männer zusammen, um als Gründungs- oder Garantie-Capital Fr. 120,000<br />

zusammenzulegen, in je 4 Actien zu Fr. 5000, elie auf den Namen des<br />

Inhabers lauteten, aber übertragbctl' sein sollten, jedoch so, dass sie im<br />

Fttlle der Veräusserung zuerst "den übrigen Anteilhabel'l1 gemeinsa.m<br />

oder dann jedem Einzelnen" zum Nennwert mit Zuschlag des laufenden<br />

Zinses und Anteils am Reservefönds zur Verfüguno- o'estent werden<br />

b b<br />

mussten. Die Dauer dieser Gesellschaft Wetr bis Ende 1875 festgesetzt.<br />

Als ihre Organe wurden bezeichnet: die Gesamt.heit der Actionäre , der<br />

leitende Ausschuss und der Director. 1 ) Aus dem Reingewinn sind zuerst<br />

die Actien mit 4 1 /2 °,0 zu verzinsen, von dem Überschusse fct,llen 60 %<br />

den Actionären und 15 % dem Reservefonds zn, 15 % dem Director<br />

unel 5 % den zwei andern Mitgliedern des Ausschusses; die letzten 5 %<br />

waren zur Bestreitung der Staatssteuer bestimmt. Der Reservefonds<br />

sollte auf 20 % des Actiencapitals gebracht werden. Eine Auflösung der<br />

Gesellschaft vor Ende 1875 konnte nur eintreten nach Verlust des Reservefonds<br />

und eines Viertels des Actiencapitals, oder wenn bei Abgang<br />

des Directors ,,3/4 der Actien" es wünschen würden.<br />

Schon nach zvvei Jahren genügte indes das ursprüngliche Actiencapital<br />

nicht mehr. Es wurden im Laufe des Jahres 1873 - nun nicht<br />

mehr auf die Gründer beschränkt - weitere 21 Actien zu Fr. 5000 ausgegeben,<br />

im La,ufe des Jahres 1874 noch einmal 55 Actien 2 ), und damit<br />

das Actiencapita,l auf Fr. 500,000 gebracht, zugleich aber auch die Um-<br />

1) Der Ausschuss wurde aus zwei Actionären und dem Director LosteIlt. Der Dil'odor<br />

Lewilligt Cl'edite bis Wlll Gesa,mtLetra,g von Fr. 1000 auf einen DeLitor ; der Ausschuss belmndelt<br />

lIlIe Creclitgesuche zwischen Fr. 1000-5000. Für die Bewilligung von Bla,ncocrediten übel'<br />

Fr. 3000, sowie a,uderweitiger Geschäfte im Betrage von übel' Fl'. 5000 ist die Genehmigung von<br />

mindestens ,.H/4 der Actien" erforderlich. - StreitftLlle zwischen den Actionären oder diesen und<br />

dem Ausschusse sollten infiert MOlmt.sfrist der Beurteilung eines Schiedsgerichts von drei G e­<br />

schäftsmännern unterbreitet werden.<br />

2) Bei der ersten Actiena,usga,be des Ja,hres 1873 erhielt der Reservefonds im gmlZen<br />

Fr. 535, Lei der zweiten Fr. 150 von jeder Actie.<br />

Bank in Wil.<br />

295<br />

wandlung des auf sehr eigenartiger Gl'lllldla,ge errichteten Geschäfts in<br />

ein förmliches Adieninstitut eingeleitet, welche in den neuen Statuten<br />

vom 31. März 1875 ihren Ausdruck fand. 1 ) Durch diese Statuten wnrden<br />

zunächst die bisherigen Adien zn Fr. 5000 in je ;) ACtien zu Fr. 1000<br />

geteilt und der Verwaltungsrat bevollmächtigt, das Kctiencapital nach<br />

Bedürfnis bis auf 1 Million zu erweitern. Aus der "Gesamtheit.der Actionäre"<br />

wurde eine regelrechte Generalversammlung mit den gewöhnlichen<br />

Befugnissen einer solchen. 2 ) An die Stelle des leitenden Ausschusses trat<br />

ein Verwaltungsrat von 5 Mitgliedern mit dem Director als Protokollführer;<br />

jedes Mitglied hatte sich über den Besitz von Fr. 10,000 an<br />

Gesellschaftsactien ::tllSzlTv\Teisen und dieselben bei der Bank zu deponiren.<br />

In der Verteihmg des Reingewinns über die Verzinsung der<br />

Adien zu ,P /2 % wnrde die Änderung getroffen, dass 1 5 % dem Director<br />

und den Angestellten, 7 % dem Verwaltungsrat und 15-18 % dem<br />

Reservefonds, bis er 15 % des Actiencapitals erreicht hätte, zufallen<br />

sollten. Die Liquidation der Gesellschaft hat zu erfolgen, wenn der Reservefonds<br />

und 1/4 des Actiencapitals ver loren sind oder wenigstens<br />

,,2/s der ausgegebenen Actien" sie verlangen.<br />

Im Jahre 1877 legte der Verwaltungsrat die zweite halbe Million<br />

Actien zur Zeichnung auf, weder in der Meinung, noch mit dem<br />

Wunsche, dass sie sofort vollständig übernommen würden, sondern um<br />

sie allmälig unterzubringen. Bis Ende 1880 waren von der halben Million<br />

erst Fr. 193,000 begeben; damit ~tellte sich das ganze Actiencapital auf<br />

Fr. 693,000.<br />

Schon aus der raschen Vermehrnng des Actiencapitals wird man<br />

zum vorneherein auf eine rasche Ausdehnung der Geschäfte der Wiler<br />

Bank schliessen. Noch sicherer wird man derselben, wenn man sieht,<br />

wie die Bank neben der Vermehrung des eigenen Capitals in gleichem<br />

Verhältnisse wachsend auch fremdes Capital an sich gezogen, - bis<br />

1) Da, bei Anna,hme diesel' Sta,tl1ten dUl'ch die Actionärversa,mmlung vom 31. März 1875<br />

Bchon von dem Rücktrit,te \lnd der sofortigen vViederwfthl eines "Verwa,ltungsmts" und einer<br />

"Rechnungscommission" die Hede ist, muss wohl 1873 schon eine Revision des ersten Sbtllts<br />

vomngega,ngen sein. - Der erste gedruckte Geschäftsbericht ,,8,11 die Actionäre" ist für 1873<br />

llllsge,"rbeitet worden.<br />

2) Jede Actie lmtte an cler Genemlversmnmhmg 1 Stimme; doch ebrf nienmnd mehl' als<br />

1;; "/0 der >Lusgegehcncn Adien vert,reten.


296 Getcl-, Credit- und Assecuranz-Instit.ute.<br />

zum Jahre 1880 über 1 Million an Obligationen lInd Depositen, - und<br />

dazu in der gefährliehen Form der sehon anderwärts ebenfalls angetroffenen<br />

Weehsel-Oblighi eine schwebende Schuld eingieng, die sich,<br />

als sie am höchsten stand, der Million näherte. 1)<br />

Verwendung fanden diese reichlichen Mittel vornehmlich im WechsellInd<br />

Contocorrent-Geschäft, sodann in Darleihen gegen Hinterlagen und<br />

Bürgschaft. Einen grössern Vorrat an soliden Wertpapieren, der für<br />

kritische Zeiten als Reserve benutzt werden könnte, hat sich die Bank<br />

in den Jahren unserer Berichtszeit nicht angeschafft. Was an solchen<br />

aufgeführt ist, wurde von jeher lediglich als besondere Deckung der<br />

Sparkasseneinlagen betrachtet und bezeichnet. 2) Über das Verhältnis<br />

der ungedeckten zu den gedeckten Crec1iten wird in den gedruckten<br />

Geschäftsberichten keine Auskunft gegeben. Aus den Zahlen dieser<br />

Berichte erhält man den Eindruck, als ob die Bank von Wil im Vollgefühle<br />

des Gelingens sich etwas leichthin in grosse Verbindlichkeiten<br />

eingelassen habe. Bis 1880 enthalten sie indes nichts von Verlusten.<br />

Der Brutto-Ertrag stellte sich durchschnittlich auf 12,86 0/0, die Divielende<br />

auf 7,97 0/0 des Gesellschaftscapitals. Die Verwaltungskosten<br />

stehen durch die reichlichen Tantiemen bei diesem Institute verhältnismässig<br />

am höchsten.<br />

Übersicht Uber den Bestand des Actiencapitals und Reservefonds, das Wechselgeschäft,<br />

den Kassen- und Gesamt-Umsatz und die Geschäftsergebnisse deI' Bank in Wil<br />

von 1870-1880,<br />

(Gründungsjahr 1870.) 3)<br />

Act.iencapital auf 31. Dec. 1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874-76<br />

Fr. 30,000.-<br />

60,000. -<br />

" 120,000.­<br />

" 225,000.­<br />

" 500,000.-<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

Fr. 654,000. -<br />

" 678,000.­<br />

" 693,000.­<br />

" 693,000.--<br />

1) Die Bilanz von 1877 weist einen Bestand von Fr. 831,000, diejenige von 1878 einen<br />

solchen von Fr. 803,530 an solchen Oblighi auf; in neuester Zeit ist ihre Ausgabe ganz wesentlich<br />

beschränkt, ja zeitweise ganz eingestellt worden.<br />

2) Diese auf den Namen der Sparkasse der Bank in "Vil ausgestellten Werttitel werden<br />

auch in einem Separatverschlusse lLUfbewahrt. Dennoch würde; wohl noch besser die Sparkasse<br />

auch formell völlig von dem Bankgeschäfte getrennt, wie bei der 'foggenburgerbank, der Leih-<br />

1)fl,nk Rapperswil und der Leih- und Spar-Kasse des Seebezirks.<br />

") Unter dem Gründungsjahr ist, das erste Geschäftsjlthr verstanden.<br />

Reservefonds auf 31. Decbr. 1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

Angekaufte Wer.hsel<br />

Stück Betrag<br />

3398<br />

4012<br />

4572<br />

5119<br />

5838<br />

6248<br />

6748<br />

7820<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

1,715,707. 79<br />

2,641,549. 11<br />

3,175,431. 82<br />

3,021,929. 04<br />

3,394,435. 50<br />

3,638,471. 31<br />

3,985,812. 84<br />

5,270,440. 67<br />

Gesamtumsatz<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

6,235,496. 94<br />

15,036,157. 40<br />

21,602,804.02<br />

24,189,74G.48<br />

32,878,294. 78<br />

40,588,989. 86<br />

50,725,849. 48<br />

68,872,269. 14<br />

79,536,966. 62<br />

90,327,338. 72<br />

98,778,082. 08<br />

Bltnk in Wil. 297<br />

Fr. 400.- 1876 Fr. 22,000. -<br />

1,800. - 1877 "35,470. --<br />

3,600. - 1878 "42,815. 60<br />

4,135. - 1879 "49,774. 10<br />

" 15,000.­<br />

" 18,000.-<br />

1880 "68,560. -<br />

EingeHiste l'ratteu<br />

Stück Betrag<br />

537<br />

879<br />

1009<br />

1035<br />

1037<br />

908<br />

1105<br />

Brutto-Ertrag 1)<br />

13,66<br />

15,95<br />

12,15<br />

15,3<br />

10,97<br />

10,78<br />

12,01<br />

13,09<br />

11,79<br />

11,58<br />

14,~5<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

494,620. 95<br />

917,213. 85<br />

1,279,556. 98<br />

1,467,661. 96<br />

1,850,248. 95<br />

1,940,445.43<br />

2,138,433. 29<br />

2,566,394. 25<br />

Dividende<br />

9,5<br />

10,43<br />

8,37<br />

8,54<br />

7,15<br />

Ö,94<br />

7,23<br />

7,95<br />

7,11<br />

7,05<br />

7,4(;<br />

KaSSOIlUlllsatz<br />

l!'l'.<br />

Ct.<br />

8,007,978. 73<br />

10,918,506.32<br />

13,251,428. 10<br />

17,855,845. 50<br />

25,409,758. 69<br />

29,438,899. 59<br />

34,003,670. 64<br />

35,726,675. 50<br />

0/0')<br />

(6,45<br />

(6,41<br />

( 4,37<br />

5,04<br />

3,03<br />

2,87<br />

3,2<br />

3,71<br />

3,24<br />

3,51<br />

3,85<br />

Verwaltungs·<br />

kostell 3 )<br />

0,(3)<br />

0,8S)<br />

0,77 )<br />

1,22<br />

1,05<br />

1,04<br />

0,8G<br />

0,7(;<br />

0,72<br />

0,88<br />

0,88<br />

Durchschnitt 12,86 7,97 4,15 0,88<br />

Die Billtnzen der Bltnk in Wil von 1870-80 s. am Schlusse dieses Abschnitts.<br />

1) Einnahmen wE'niger Pltssivzinse und Verluste, bezw. Abschreibungen.<br />

2) Des Gesellschltftscapitals (Actieneapital und Reservefonds ).<br />

3) 'fltntieme - mit Ausnahme der ersten drei Jahre - inbegriffen.<br />

4) Des gesamten arbeitenden Capitals (eigenen und fremden) Iltut Bilanz.<br />

38


298 Geld-, Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

Zur Ergänzung fügen wir noch eine Übersicht über die Dividenden<br />

sämtlicher Institute in Procenten des Actiencctpitals, bezw. Dotationscapitals)<br />

allein, also nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch bei.<br />

Bank in St. Gallen 5 4,4 4," 4'9<br />

Hypothekarkasse 4'"8 4,75 4,72 4,"<br />

Oreditanstalt 8 8 10 8<br />

Oreclitbank -1 4 5," 5,5<br />

Hanclwerkerbank 5 4'5 4," 5<br />

Kantonalbank . 5 5 6,2"<br />

Bank für Appenzell<br />

Ausserroclen . 5'0 5'5 4,5 G<br />

Appenzell Ausserr.<br />

Kantonalbank<br />

Rheint. Oreclitanst.<br />

Werclenberg. Sparuncl<br />

Leih - Kasse<br />

Spar- u. Leih-Anst.<br />

Wartau-Sevelen<br />

Sarganserländische<br />

Spar- u. Leihanst. 4 4 4<br />

Spar- u.Leih-Kasse<br />

des See bezirks . 4 4 4 4<br />

Leihbank Rapp'wil 5,5 5'5 5,5<br />

Toggenburg61'bank 5'4 6 5<br />

Bank in Wil<br />

1867 1808 1869 1870 1871 1872 187ll 1874 1875 1876 1877 1878 1879 1880 ~;~~~~I~<br />

0/0 % % % % 010 % % 0/0 0/0 % % 0/0 0/0 0,'0<br />

*) Verteilung des Reservefonds.<br />

4,9 5'8 8 7'8 7," 7," 6,4 9'0 5'2<br />

4,5 4'56 4'ß4 4,78 4'9 5 5'1 5'1 5'1<br />

8 10 14 8 10 10 10 9 10<br />

6 7 7 4 4 ,1 5 5'5 5<br />

9*)<br />

8<br />

5 5<br />

4 4 4 4<br />

4 4 4 4,"<br />

5," 6 G 6<br />

6'4 6,. 6,. 7<br />

10,5 8,5 8,75 7,25<br />

5'3 6'06<br />

5,15 4'79<br />

10 9,"<br />

5 5'11<br />

5,0<br />

6,SB 5'96<br />

4: 5 5,75 6,25 4:6ß 5,s<br />

5," 6 G 6 G G 5'92<br />

5555555<br />

4 4 4 4<br />

Die rasche Verbreitung und das Anwachsen der<br />

Ersparniskassen 1)<br />

4'0 4\5<br />

6'5 6<br />

6 6<br />

8," 7'5<br />

5 5<br />

4 4 4<br />

4,5 4'21<br />

6: 5 5,gB<br />

6 5,w<br />

8 8'22<br />

111 den 14 Jahren unserer Berichtszeit ergibt sich zur Genüge aus der<br />

Zusammenstellung, welche den Schluss des Abschnittes über die st. gallischen<br />

Geld-, Oredit- und Assecuranz-Institute und damit der ganzen<br />

vorliegenden Arbeit bildet. 2) Auch der Oharakter der verschiedenen<br />

') S. Industrie und Handel auf Ende 1866 S. 56-65.<br />

2) Wenn wir bei diesel' Zusammenstellung das Jahr 1881 als Schlussjahr angenommen<br />

haben, so hat dies seinen Grund chtrin, dass wir gerade in dem Jahre 1881 dlll'ch die freundliche<br />

Beihülfe der Bezirksämter unseres Kantons in den Stand gesetzt wurden, die Liste der<br />

in unsern jährlichen Berichten übel' Handel, Industrie und Geldverhältnisse des Kantons aufgeführten<br />

Sparkassen ganz erheblich zu vervollständigen. Übrigens sind wir bei unsern Zusammenstellungen<br />

lediglich auf den guten Willen der einzelnen Verwaltungen angewiesen. Wenn einzelne<br />

Jahr für Jahr auf wiederholtes Ansuchen keine Antwort geben oder nur so hin und wieder einmal<br />

ein paar uuvollständige Angaben machen, so liegt es ansser unser8r Macht, diesem Übelstande<br />

Ersparniskassen. 299<br />

Kassen - der Zahl nach 55 gegen 22 im Jahre 1866 - ist in jener<br />

Zusammenstellung wohl für unsern Zweck genügend angedeutet, und<br />

ebenso sind ihr die wichtigsten statutarischen Bestimmungen einverleibt<br />

worden. Der Begriff der "Ersparniskasse" ist heutzutage noch<br />

schwieriger festzustellen, als vor 20 Jahren; denn auch die Unkündbarkeit<br />

von Seite des Kassenhalters , welche wir damals noch als<br />

eharakteristisches Merkmal für den Sparkassenschein gegenüber der<br />

Obligation oder dem Depositum nach gewöhnlichem Sprachgebrauch<br />

111 Anspruch nahmen, ist in Folge der veränderten Geldverhältnisse<br />

neuester Zeit gerade von der Verwaltung der grössten Kassen des ausdrücklichsten<br />

nicht mehr anerkannt und zurückgewiesen worden. Die<br />

Schwierigkeit vorteilhafter Anlage der anvertrauten Gelder hat diese<br />

Verwaltungen veranlasst, ja genötigt, die auf grössere Summen angewachsenen<br />

Guthaben eben durch Kündung von sich abzustossen und<br />

ihren Anstalten dadurch allerdings wieder mehr den Oharakter wirklicher<br />

Ersparniskassen zu geben. Es scheint uns nun den Sparkassenscheinen<br />

nur noch ein einziges unterscheidendes Kennzeichen anzuhaften,<br />

nämlich dasjenige, dass der Einleger sein Guthaben - wenigstens bis<br />

zu einer gewissen Summe - an Zins und Zinseszins stehen lassen kann.<br />

Selbstverständlich hei den Ersparniskassen, als durch ihren Zweck gefordert,<br />

ist die Annahme ganz kleiner Einlagen, von wenigen Rappen an<br />

bis auf Fr. 10 im Minimum. Dass e111e ziemliche Anzahl unserer Ersparniskassen<br />

als Abteilungen eines Bankinstituts betrieben werden<br />

und dass die Gelder dieser Kassen ganz oder teilweise nicht bloss zu<br />

festen Anlagen, sondern auch zu Oreditgeschäften Vel'wendung finden,<br />

ist schon aus unserer vorstehenden Darstellung der Geld- und Ol'edit­<br />

Institute ersiehtlich.<br />

Die Gesa,mtsumme der Guthaben hat sich von rund 15 Millionen<br />

abzuhelfen. 1m allgemeinen darf wohl gesagt werden, dass gemde durch unsere regelmltssigen<br />

Übersichten, zu welchen alle Kassen mn ihre Beiträge ersucht werden, eine ganze Reihe derselben<br />

allmälig zn genauerer nnd klarerer Buchführung veranlasst worden sind. - Der eidgenössischen<br />

Sparkass8nstatistik für 1882, die noch übel' manche "l'on nns nicht berücksichtigten<br />

Verhältnisse Aufschluss bringen dürfte, entnehmen wir die Notiz, dass in dem genannten hhre<br />

von den 74,230 Guthaben bei den st. gallischen Sparkassen 17,978 unter Fr. 100, 23,705 von<br />

Fr. 101-500, 12,541 von Fr. 501-1000, 12,839 von Fr. 1001-2000,6,734 von Fr. 2001-5000 und<br />

483 übel' Fr. 5000 betragen haben; s. Zeitschrift für schweiz. Statistik, Jlthrg. 1885, S. 192.


300 Geld-, Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

auf rund 53 Millionen, der Durchschnittsbetra,g der Guthaben von<br />

Fr. 475. 29 auf Fr. 738. 34, die Zahl der Einleger von 31,265 auf<br />

71,642 gehoben, so dass auf jeden dritten Kopf der Bevölkerung unseres<br />

Kantons ein Einleger kommt. Walll'lich kein schlechtes Zeichen<br />

unserer volkswirtschaftlichen Zustände.<br />

Helvetia,<br />

allgell1ein.e Versicherun.gsgesellschaft. 1)<br />

Die sogenannte "allgemeine", richtiger gesagt ,,'rransport-Versicherungsgesellschaft<br />

" Helvetia hat in dem ganzen Zeitraum von 1867<br />

bis 1880 unter der bewährten und umsichtigen Leitung ihres Directors<br />

ausserordentlich glücklich operirt und ist auch fast die ganze Zeit<br />

über von besonderem Missgeschick des Zufalls verschont geblieben.<br />

Ihre reichen Erträgnisse veranlassten in der Schweiz die Gründung verschiedener<br />

Concurrenzanstalten, welche der älteren Anstalt, die überhaupt<br />

die Transportversicherung in unserm Lande zuerst an die Hand<br />

genommen hatte, ihre Kunden dadurch zu entziehen suchten, dass sie<br />

dieselben an ihren Geschäften interessirten, indem sie ihnen Adien<br />

zur Verfügung stellten. Als es sich herausstellte, dass in ein paar<br />

kurzen Jahren, von 1870-72, infolge dieses Vorgehens der neu gegründeten<br />

Anstalten die Prämieneinnahmen der Helvetia aus der Schweiz<br />

um volle 30 % zurückgiengen, hielt es ihre Verwaltung für geboten,<br />

durch die Ausgabe neuer Adien den gleichen Weg zu beschreiten 2)<br />

und damit nicht bloss weiteren Einbussen vorzubeugen, sondern wo<br />

möglich den verlol'l1en Boden wieder zu gewinnen. Sehr richtig bemerkte<br />

das betreffende Gutachten an die ausserordentliche Generalversammlung,<br />

dass die Gesellschaft durch die Abgabe von Adien an<br />

ihre regelmässigen Kunden, welche die eingezahlten Prämien zum 'reil<br />

in der Gestalt von Dividenden wieder zurückerhalten, bis zu einem<br />

gewissen Grade den Chantkter einer Versicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit<br />

annehme. Auch ein anderer Grund für Erhöhung des Adien-<br />

') S. Industrie und Handel auf Ende 1866, S. 66-77.<br />

2) Bei der ersten Vermehrung des Actiencapitals im Jahre 1866 hatten sich die Actionäre<br />

noch nicht dazu verstehen können, von 600 neu zur Ausgabe kommenden Stücken 200 den Kunden<br />

zu überhtssen; s. Industrie und Handel auf Ende 1866, S. 72.<br />

Helvetia, allgemeine Versicherungsgesellschaft. 301<br />

ca,pitals wurde in dem Gutachten angeführt: derjenige der Wünschbarlteit<br />

einer Erhöhung des Maximums des Versicherungsbetrags auf<br />

einem Fahrzeug zur See, der durch die Generalversammlung vom<br />

7 . November 1861 st~tutarisch auf 4 0 /0 des Actienca,pita,ls festgesetzt<br />

war. Endlich wurde auch die Vermehrung des Ansehens und Credits der<br />

Gesellschaft für den Antrag ins Feld geführt: das Gesellschaftscapital<br />

von 5 auf 10 Millionen Franken zu erhöhen durch Ausgabe von 2000<br />

neuen Adien zu Fr. 2500, von welchen die eine Hälfte den Besitzern<br />

der alten Adien, die andere Hälfte dem Verwaltungsrate der Gesellschaft"<br />

behufs allmäliger Begebung im Interesse der Gesellschaft" zur<br />

Verfügung gestellt würde. 1) Um die Actionäre für den Antrag günstig<br />

zu stimmen, sollten ihnen die neuen Adien pari, ohne Zuschlag für den<br />

Reservefonds überlassen werden; wogegen andere Übernehmer einen Zuschlag<br />

von Fr. 1000 per Actie an den Reservefonds einzubezahlen hätten.<br />

Ferner wurde die aus dem Geschäftsgewinn vorweg zu bestreitende Verzinsuno'<br />

der Adien und des vollen Reservefonds von 4 % auf 4 1 /2 0/0<br />

b<br />

erhöht 2) und auch die Befürchtung einer wesentlichen Verminderung<br />

der Dividende in Folge der Capitalvermehrung durch sorgfältige Berechnungen<br />

widerlegt.<br />

N ach diesen Anträgen des Verwaltungsrats beschloss die Generalversammlung<br />

vom 22. October 1872 die Verdoppelung des Adiencapitals.<br />

3 ) Die Actionäre bezogen die ihnen vorbehaltenen 2000 neuen<br />

Adien bis zum letzten Stück; mit der Ausgabe der für die Kunden<br />

bestimmten 2000 Stücke gieng der Verwaltungsl'at so sparsam und<br />

vorsichtig vor, dass Ende 1880 immer noch 377 Adien zu seiner Verfügung<br />

standen.<br />

Die Voraussetzungen, unter welchen der Verwaltungsrat die Er­<br />

') Diese neuen Actien erhielten die Bezeichnung "Lit. R", waren nur halb so gross, aJs<br />

die Actien erster Emission (offenbar lediglich zu dem Zwecke, eine grössere AnzlLhl zur Verfügung<br />

zu haben) und wurden auch mit 20 0 10 oder Fr. 500 einbezahlt. Jede alte Actie berechtiO'te<br />

zur Übernahme einer neuen.<br />

e 2) Die ursprünglich auf 5 % angesetzte Verzinsung der Actien wal' bei Anlass der ersten<br />

Capitalvennehrung im Jahre 1866 in eine 4procentige Verzinsung des ActiencapitfLls und Reservefonds<br />

umgewandelt worden. S. Industrie und Handol auf Ende 1866, S. 73, Anm. 2).<br />

") Die Annahme diesel' Anträge hatte Modificationen der §§ 6, 19, 21, 22, 23 und 43<br />

der Statut.E'n zur Folge. }


302 Geld-, Credit- und AssecUl'anz-Institute.<br />

höhung des Actiencapitals empfohlen hatte, erwiesen sich in der Hauptsache<br />

als durchaus richtig. Nur das erhöhte Maximum hatte auch<br />

seine Schattenseiten, die in dem Gutachten des Verwaltungsrats nicht<br />

berührt und bei Abfassung desselben wohl unterschätzt worden waren,<br />

sehr entschuldbarer Weise; denn eben jetzt erst begannen sich die<br />

Folgen der Eröffnung des Suezcanals (1869) recht fühlbar zu machen:<br />

eine ganz bedeutende Vermehnmg der Dampfschiffe auf der Linie Suez<br />

und dadurch auch eine entsprechende Vermehrung der Gefährde für<br />

diese Schiffe, welche bei der raschen Vermehrung teils schlechter gebaut,<br />

teils schlechter bemannt und schlechter geführt waren, als früher. In<br />

den zwei J a,hren 1873 und 1874 wurde die Gesellschaft von sehr grossen<br />

Dampferverlusten betroffen 1) und die Dividende in ungewohnter Weise<br />

herabgedrückt. Um den Ursachen diesel' bei allen Versicherungsgesellschaften<br />

zu tage tretenden Erscheinung entgegenzuarbeiten und die<br />

nötigen Reformen auf diesem Gebiete herbeizuführen, bildete sich damals<br />

ein "internationaler T~ansport -Versicherungsverband"; für sich<br />

gründete die Gesellschaft einen eigenen Rückversicherungsfonds für V ersicherungsposten,<br />

die eine gewisse Summe überstiegen; freilich zunächst<br />

ohne den vollen beabsichtigten Erfolg, da jener Fonds zum ersten Male<br />

im Jahre 1879 einen Überschuss aufwies, bis dahin aber niemals nur<br />

genügte, um die durch Überschreitung jener N onnalsumme verursachten<br />

Schäden zu decken.<br />

Von weiterer Ausbildung oder Abänderung der innern Organisation<br />

der Transportversicherung Helvetia ist nichts zu berichten; dagegen<br />

von ihrer Beteiligung an der Gründung oder Reorganisation<br />

ähnlicher Gesellschaften. So traf sie im Jahre 1871 mit der Gesellschaft<br />

"Italia", die sich damals Ul~ter ihrer Mitwirkung constituirte, ein Verabkommnis,<br />

durch welches ihr gegen Aufhebung der eigenen Agenturen<br />

in Italien die Beteiligung mit einem Dritteil an dem italienischen Geschäfte<br />

der neuen Gesellschaft und eine dreigliedrige Vertretung in deren<br />

1) Im Jahre 1874 von 6 'l'otalverlusten über je Fr. 100,000, davon in runder Summe einer<br />

von Fr. 130,000, einer von Fr. 180,000, einer von Fr. 184,000, zwei von Fr. 200,000 und einer<br />

von Fr. 358,350; der grösste Verlust, der die GesellschlLft bis zum Jahre 1880 überhaupt betroffen<br />

hat.<br />

Helvetia, allgemeine Versicherungsgesellschaft. 303<br />

Verwaltungsrat zugesichert wurde. Auch die Anstellung des Directors<br />

erfolgte nach dem Vorschlage der Helvetia; ferner wurde ihr ein Achtel<br />

des auf 8 Millionen angesetzten Gesellschaftscapitals zur weite rn Begebung<br />

an ihre Geschäftsfreunde überlassen.<br />

Sieben J ahi'e später suchte die Transportversicherung "N euchäteloise",<br />

da sie in ein gefährliches Fahrwasser geraten war und schon<br />

erhebliche Verluste am Actiencapital erlitten hatte, Hülfe bei der Helvetia<br />

und anerbot ihr gegen eine kräftige Beteiligung an der Leitung<br />

des ins Wanken geratenen Geschäfts eine entsprechende Beteiligung<br />

am Reingewinn, ohne Übernahme irgend welcher Verlustgefährde. Auf<br />

den 1. Januar] 879 trat dann wirklich ein vorläufig auf 10 Jahre<br />

abgeschlossener Vertrag in Kraft, nach welchem zwei Mitglieder des<br />

Verwaltungsrats der Helvetia auch in den Verwaltungsrat der Nellchäteloise<br />

eintraten und der Specialdirector der Hel vetia unter dem<br />

Titel eines "delegirten Verwaltungsrats " die technische Oberleitung<br />

des ganzen Geschäfts übernahm. Dafür überliess die N euenburger Gesellschaft<br />

der st. gallischen auf dem Wege der Rückversicherung einen<br />

Vierteil ihres binnenländischen Geschäfts und sicherte ihr 20 % von<br />

ihrem Reingewinne über die vierprocentige Verzinsung des eingezahlten<br />

Actiencapitals zu. Die Zustände der zu reorganisirenden Gesellschaft<br />

stellten sich freilich bedeutend ungünstiger heraus, als man bei Abschluss<br />

des Vertrags glaubte. 1) Dennoch gelang es, sie in kurzer Zeit<br />

wieder auf eine solide, wenn auch engere Grundlage zu stellen und gesunde<br />

Verhältnisse zu schaffen.<br />

Am Abschluss unserer Berichtszeit liess die Helvetia bei Gründung<br />

der "France Maritime", elie ihre Geschäfte auf den 1. Januar 1881 eröffnete,<br />

ihre Mitwirkung eintreten; ob lediglich durch Übernahme einer<br />

gewissen Anzahl von Actien oder auch noch auf andere Weise, ist aus<br />

den uns zur Verfügung stehenden Berichten nicht zu ersehen.<br />

Zu erwähnen bleibt noch die Erbauung des eigenen Verwaltungs-<br />

1) Statt }


304 Geld-, Crec1it- und Assecuranz-Institute.<br />

gebäudes in Gemeinschaft mit der Helvetia Feuerversicherung. Grund<br />

und Boden für diesen durch die Ausdehnung des Geschäfts allmälig dringend<br />

gewordenen Neubau wurde im Jahre 1874 durch den Ankauf der<br />

über 2 Juchart haltenden Besitzung "zum Ro;,,;engarten" erworben. Durch<br />

sehr günstigen Wiederverkauf der nicht für das eigene Unternehmen<br />

erforderlichen Partien des Rosengartens stellte sich der Preis des Baugrundes<br />

mit Hof und Garten schliesslich nur noch auf ca. Fr. 53,000. -;<br />

die eigentlichen Baukosten aber hoben sich auf über Fr. 900,000. _1),<br />

ohne die der Zukunft vorbehaltene Ausschmückung des Gebäudes durch<br />

Werke der Bildhauerkunst. Am 28. August 1878 wurden die neuen<br />

Locale bezogen.<br />

Die Erträgnisse der Helvetüt Transportversicherung sind bekannterlTmssen<br />

ganz aussergewöhnliche, so dass dem Stammactionär sein Capital<br />

nicht bloss befriedigend verzinst, sondern überdies schon mehrfach zurückbezahlt<br />

wurde. Es ist begreiflich, dass sich unter solchen Verhältnissen<br />

die geschickte und erfahrene Leitung gerade dieser Gesellschaft<br />

auch ganz besonderer Anerkennung erfreut.<br />

Übersicht über den Bestand des Actiencapitals und Reservefonds, den Geschäftsgang<br />

und die Geschäftsergebnisse der Helvetia, Transportvel'sichel'ung, von 1867-1880,<br />

Einbezahltes Actiencapital auf 31. Decembel' 1867-72 Fr. 1,000,000. -<br />

1873 , 1,763,000.­<br />

1874 " 1,772,000.­<br />

1875 " 1,779,000.­<br />

1876 , 1,786,500.­<br />

1877 , 1,792,500.­<br />

1878 " 1,795,500.­<br />

1879 , 1,801,000.­<br />

1880 " 1,811,500.-<br />

Reservefoncls auf ;31. Dec. 1867-72<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

Fr. 1,000,000. - 1877<br />

" 1,526,000. - 1878<br />

" 1,544,000. - 1879<br />

" 1,558,650. - 1880<br />

1,574,550. -<br />

Fr. 1,587,250.­<br />

, 1,593,500.­<br />

" 1,605,150.­<br />

, 1,630,150.--<br />

1) In der Bilanz von 1880 wal' durch jährliche Abschreibungen der halbe Anteil der Transportversicherung<br />

an dem Verwaltungsgebäucle schon auf Fl·. 31)5,000 hel'Untergebracht.<br />

1867<br />

1868<br />

1869<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

1867<br />

1868<br />

1869<br />

1870<br />

1871 1 )<br />

1867<br />

1868<br />

1869<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

Helvetia, allgemeine Versicherungsgesellschaft. 305<br />

Priimieneinnalllllen<br />

Versicherullgssunllne<br />

Schweiz und<br />

Binnenland<br />

Seeagenturen<br />

Fr. Ct.<br />

Fr. Cl.<br />

Fr. Cl.<br />

492,275,165. -<br />

581,447,671. -<br />

771,861,331. -<br />

945,403,674. -<br />

1,785,139,428. -<br />

2,293,803,289. -<br />

2,388,437,353. -<br />

2,208,266,056. -<br />

2,309,249,837. -<br />

2,096,240,450. - ,<br />

1,308,832. 67<br />

1,405,727. 94<br />

1,459,860. 62<br />

1,406,724. 31<br />

1,609,476. 60<br />

1,569,153.92<br />

1,198,252.46<br />

1,226,133. 63<br />

1,311,584.92<br />

1,162,856. 16<br />

1,306,517. 46<br />

1,590,024. 28<br />

1,804,518. -<br />

2,084,557. 79<br />

2,323,675. 48<br />

2,327,583. 99<br />

3,453,216. 61<br />

4,186,390. 62<br />

4,075,722. 43<br />

3,873.946. 49<br />

2,019,588,961. -<br />

2,257,763,525. -<br />

2,786,326,183. -<br />

2,996,131,189. -<br />

1,016,115.49<br />

1,213,053. 03<br />

1,216,617. 34<br />

1,355,335. 27<br />

3,532,771. 95<br />

3,354,423. 66<br />

3,043,315. 27<br />

3,043,139.94<br />

Verteilung tIer im Biullenlande abgeschlossenen<br />

Versicherungen<br />

Verteilung siimtlicher Seeversicherungeu<br />

Zahl der Zahl der Durchschnittliche Zahl der Zahl der Durchschnitt!.<br />

Segelschiffe Dmnpfschiffe Versichcl'.-Smllme<br />

" 5,000 10,400 22,400<br />

"<br />

" 4,400 " 1,900 5,400 23,920<br />

"<br />

10,600 27,560<br />

"<br />

" 4,300 " 11,300 29,840 " :3,000 5,600 26,425<br />

"<br />

" 2,000 6,300 24,950<br />

"<br />

Segelschiife Dampfschiffe \'ersich.-Sulllmc<br />

Fr.<br />

Fr.<br />

ca. 1,130 ca. 5,000 26,750<br />

ca. 4,930 ca. 8,500 21,150<br />

" 5,600 ". 13,100 29,160 " 2,400 7,200 26,280<br />

"<br />

RUck vcrsi cherungsl)riimiell<br />

Bezahlte Schiiden Ristorlli 2)<br />

Fr. Cl. Fr. Cl.<br />

1,460,411. 39 91,419. 58<br />

1,454,764. 82 74,778. 55<br />

2,196,469. 89 103,081. 94<br />

1,931,193. 12 118,428. 81<br />

2,745,836. 30 121,981. 78<br />

2,205,446. 11 117,619. 20<br />

Betrag<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

970,373. 05<br />

911,361. 45<br />

972,095. 14<br />

1,029,731. 96<br />

1,165,467. 36<br />

1,229,372. 92<br />

in 0/0 dcr Netto­<br />

Prämioneinuuhme<br />

0/0<br />

38,5<br />

31<br />

30,75<br />

30,5<br />

30,G<br />

32,5<br />

1) In den weitem Jahresberichten finden sich diese Zahlen nicht mchl'.<br />

2) D. h. Rückvergti.tung von Prämien für Aufhebung oder V 8l'mil1derung- von Versicherungen,<br />

oder [l,US einem andern Gl'Unde.<br />

39


Rückversichel'llngsllrälllion<br />

in 0/0 tlar Netto-<br />

Betrag<br />

Prämienoinnahme<br />

------~-<br />

306<br />

Geld-, Oredit- und Assecuranz-InRtitute.<br />

ßezalilte Schällen Ristorni 1)<br />

Fr. Ct, Fr. Ct, Fr. et, 0/ 0<br />

1873 3,344,974. 10 124,379. 58 963,103. 20 21,25<br />

1874 4,275,096. 79 214,532. 88 1,259,965. 81 24,25<br />

1875 3,804,833. 32 201,940. 93 1,350,280. 56 26<br />

]876 3,654,034. 58 223,051. 44 1,194,297. 81 24,8<br />

1877 3,586,900. 24 157,315. 58 1,122,839. 08 25,0<br />

1878 3,414,757. 23 194,879. 27 ] ,164,512. 21 26,0<br />

1879 3,813,045. 99 133,346. 14 1,041,952.58 25,3<br />

1880 3,023,390. 39 94,962. 06 1,144,720. 76 26,0<br />

Zahl der Total·<br />

vorluste<br />

Durchschnittlicher<br />

ßetrag Ilcrselbcll<br />

Dividende Venvaltuugskosten 4 )<br />

Fr. Ct, 0J0 2) 0J0 3) %') 0J05)<br />

1867 99 7,254. - 21,5 43 6,15 7,34<br />

1868 8ö 11,490. - 23,5 47 6,77 7,03<br />

1869 131 11,200. - 18 36 6,8 5,88<br />

1870 111 9.950. - 25 50 7,7 6,79<br />

1871 158 10,500. - 25 50 8,82 6,0<br />

1872 141 9,050. - 27,5 55 9,43 7,2<br />

1873 210 10,068. - 12,86 24 5,93 5,4<br />

1874 196 12,785. - 15 28 5,75 4,80<br />

1875 215 10,874. - 20 38 6,34 5,89<br />

1876 182 11,766. - 15,94 30 6,45 5,92<br />

1877 178 12,316. - 11,14 21 4,73 4,54<br />

1878 186 12,168. 80 15,1 28,5 5,3 5,50<br />

1879 165 8,999. 20 15,80 30 6 6,04<br />

1880 244 7,949. 31 13,95 26,5 5,78 5,90<br />

Durchschnitt 18,59 36,2 6,57 6,11<br />

1) D. h. Rückvergütung von Prämien für Aufhebung oder Venninderung von Versicherungen<br />

oder aus einem andern Grunde.<br />

2) Des Gesellschaftscapitals (eingezahltes Actiencapital und Heservefonds),<br />

3) Des eingezahlten Actiencapitals.<br />

') 'rantibne inbegriffen.<br />

") Der Nettoprämien (Prämieneinnahmen weniger Ristol'lli),<br />

Hel vetüt, schweizerische FeuerverRichernngs-Gesellschaft, 307<br />

Helvetia,<br />

sch weizerische Feuerversicherungs-Gesellschaf't. 1 )<br />

Wenn die "Allgemeine Versicherungsgesellschaft Hel vetia" durch<br />

die ungewöhnlichen Erträgnisse ihrer geschickten Leitung sich die begreiflichen<br />

Sympathien ihrer Actionäre und wohlverdientes Ansehen in<br />

den fachgenössischen Kreisen erworben hat, so fesselt die ruhige Überwindung<br />

ungünstiger Verhältnisse durch die unter gleicher Oberleitung<br />

stehende Feuerversicherung den unbeteiligten Beobachter fast noch<br />

mehr, ttls das kaum einmal ernstlich getrübte Glück der ältern Schwester.<br />

Schon unsere frühere Darstellung 1) begleitete die im Jahre 1861<br />

gegründete Gesellschaft bis zu dem Punkte, wo zweijährige gänzliche<br />

Misserfolge sie zu der Erkenntnis der Unhaltba,rkeit der zuerst zur<br />

Grundlage ihrer Berechnungen genommenen Prämienansätze gebracht<br />

hatten. Ihr Geschäftsbericht über das Jahr 1866 sprach den festen<br />

Entschluss aus, unbeirrt durch eine geschäftssüchtige Concurrenz die<br />

Prämienansätze in das richtige Verhältnis zu der Gefährde zu setzen.<br />

Schon das folgende, ebenfalls gänzlich unfruchtbare Jahr brachte sie<br />

indes zu der weitern Einsicht, dass es damit noch nicht getan sei, sondern<br />

dass es zu voller Heilung der Gebrechen und durchgreifender GesUllClung<br />

des Geschäfts der vollständigen Preisgebung der gefährlichsten<br />

Gebiete bedürfe. So wurde neben der Erhöhung der Prämiensätze in<br />

der Schweiz, wobei die Baloise gemeinschaftliche Sache mit der Helvetia<br />

machte, zunächst der Rückzug von dem französischen Rückversicherungsgeschäft,<br />

mit dem man die schlimmsten Erfahrungen gemacht hatte,<br />

vorbereitet und im Laufe der folgenden Jahre durchgeführt. Im Jahre<br />

1868 gab es Gelegenheit, das Geschäft in Baiern - die Pfalz ausgenommen<br />

~, in Kurhessen, N assau und Waldeck, die sich bisher sämtlich<br />

als unvorteilhaft und gefährlich erwiesen hatten, einer deutschen<br />

Versicherungsgesellschaft zu nicht ungünstigen Bedingungen zu übergeben.<br />

Im übrigen wurde für einmal eine zuwa,rtende Stellung ohne<br />

Erweiterung des Operationsgebiets eingenommen, da solche Erweiterungen<br />

stets mit bedeutenden Organisationskosten verbunden sind.<br />

1) 8. Industrie und Handel auf Ende 1866, S.77-8:3.


308<br />

Gelc1-, Cl'edit- und Assecuranz-Institute.<br />

Zu einer Verzinsung des Aßtiencapitals reichte auch in diesem Geschäftsjahre<br />

die Reineinnahme nicht hin; doch war nach den statutarischen<br />

Abschreibungen auf dem "Errichtungs- und dem Mobilien-Conto" immerhin<br />

noch ein Activsaldo von Fr. 25,000 vorhanden. Im Jahre 1869<br />

wurde auch noch die gemeinsam mit der Baloise anno 1866 aufgestellte<br />

Agentl1l' in Warschau aufgehoben, weil sie die Erwartungen nicht erfüllte<br />

und schon wieder im Rückgang begriffen war.<br />

Dl1l'ch diese Massregeln hatte sich die allgemeine Lage des Geschäfts<br />

aJhnälig wesentlich gebessert, und eine weitere Besserung dl1l'fte<br />

mit voller Sicherheit auf den sich rasch nähernden Zeitpunkt des Ablaufs<br />

ungünstiger Verträge in Aussicht gestellt werden.<br />

Gestützt auf diese Momente bekämpfte die Verwaltung den hin<br />

und wieder auftauchenden Gedanken einer Liquidation der Gesellschaft<br />

mit vollem Rechte. Ihre Argumente wurden dadl1l'ch gestärkt, dass<br />

für das J alu 1869 nach vier gänzlich ertraglosen Jahren den Actionären<br />

wenigstens 2 1 /2 % ausbezahlt werden konnten. Den besten Beweis<br />

aber, dass die beruhigenden Zusicherungen der Verwaltung vollauf<br />

berechtigt gewesen waren und das Geschäft wirklich seine gründliche<br />

Reorganisation durchgemacht hatte, lieferte schon das folgende<br />

Jahr, in welchem trotz der Beeinträchtigung durch den deutsch-französischen<br />

Krieg die statutarische Verzinsung der Actien zu 4 % und<br />

darüber himl,us noch 2 0/0 verdient wurden. Im Jahre 1871 stieg die Gesamtdividende<br />

auf 9 %, d. h. auf diejenige Zahl, welche nun bis zum<br />

Jahre 1880 so ziemlich die zur Austeilung kommende Durchschnittsdividende<br />

bezeichnet. 1) Dabei wl1l'den die gesunden Partien des Geschäfts<br />

stets weiter entwickelt und neue Gebiete, die günstige Aussichten<br />

eröffneten, in Angriff genommen: so schon 1870 die Mobiliarversicherung<br />

im Kanton Bern, wo die schweizerische Mobiliarversicherung<br />

freiwillig auf ihr bisheriges Monopol verzichtet hatte; 1871/72<br />

Elsass-Lothringen und Belgien, wo von der liquidirenden Gesellschaft<br />

Minerva in Antwerpen, welche in der Seeversicherung und der aus-<br />

Hel vetia, schwei~erische Feuerversicherungs-G esellschltft. 309<br />

wärtigen Feuerversicherung Unglück gehabt hatte, die einheimische<br />

Feuerversicherung übernommen wl1l'de. 1)<br />

Im Jahre 1874 gründete auch die Hel vetia Feuerversicherung einen<br />

eigenen Rückversicherungsfonds, um grössere Maxima auf eigene Rechnung<br />

übernehmen zu können und einen rreil der alljährlich für Rückversicherung<br />

ausbezahlten Prämien in ihrer Kasse zu behalten. Diesel'<br />

Rückversicherungsfonds hatte von Anfang an mehr Glück, als derjenige<br />

der allgemeinen Versicherung. Er erreichte schon im ersten Jahre die<br />

Höhe von annähernd Fr. 30,000 und stieg von Jahr zu Jahr. Am Schlusse<br />

unserer Berichtszeit tritt die Klage einer unvernünftigen Prämienschleuderei<br />

der Concl1l'renzl:tl1stalten wieder in verstärktem Masse auf.<br />

Die grösste Gesamtsumme an Brandschaden auf eigene Rechnung hatte<br />

die Gesellschaft im Jahre ]879 zu bezahlen mit Fr. 1,417,357. 77 in<br />

Folge bedeutender Verluste in Russland, England und Amerika; der<br />

grösste Einzelverlust auf eigene Rechnung traf sie im Jahre 1877 mit<br />

Fr. 150,812.71 dl1l'ch den Brand von Airolo.<br />

Dass die Feuerversicherungs-Gesellschaft gleichzeitig und gememschaftlich<br />

mit der allgemeinen Versicherungsgesellschaft zu einem neuen,<br />

sehr splendiden Verwaltungsgebäude gekommen ist, wurde schon oben<br />

erwähnt. 2)<br />

Übersicht über den Bestand des Actiencapitals und Reservefonds , den Geschäftsgang<br />

und die Geschäftsergebnisse der Helvetia, Feuerversicherung, von 1867-1880.<br />

Einbezahltes Actiencapital 1867-80 Fr. 2,000,000. -.<br />

Hesel'vefonds auf 31. Dec. 1867-70 Fr. 2,466. 29 1876 Fr. 289,219.05<br />

1871 " 20,734. 16 1877" 373,260. 02<br />

1872 " 63,380. 50 1878" 418,488. 97<br />

1873 ,,114,590. 91 1879" 401,150. 34<br />

1874 ,,178,072. 56 1880" 478,745. 94<br />

1875 ,,254,535. 11<br />

1) Übel' die Ausdehnung des Geschäfts auf andere StmLten wird in den JlthreslJerichten,<br />

offenbar ltnS lUicksichten der Concurren~, nichts gesagt; nmn ersieht dieselbe nur [tUS gelegontlichen<br />

zufälligen Envlihnungen.<br />

2) In der Bihtn~ von 1880 findet sich ihr Anteil noch mit Fr. 390,000 angesetzt.<br />

1) Die Dividende setzt sich zusmnmen ltus der 4procentigen Verzinsung des Actiencapitals<br />

und aus 5 % Superdividende.


-~--<br />

310<br />

Geld., Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

1867<br />

1868<br />

1869<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

1867<br />

1868<br />

1869<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

VersicltorllngssDIullIO<br />

PrälllionoinnuhlllO<br />

Bezahlte Schäden Anzaltl<br />

Schweiz Ausland der<br />

Fr. Ct. Fr. ct. Fr. Ct. Fr. Ct. Bl'älHle<br />

723,105,557. - 531,683.72 704,438.74 591,761. 18 990<br />

763,115,058. - 577,930.24 769,195. 71 968,919.94 1,019<br />

739,058,524. - 585,802.77 661,569.90 920,490.24 857<br />

803,367,628. - 707,303.60 681,301. 69 552,012.14 708<br />

850,699,203. - 766,694.36 781,355.64 801,902.45 821<br />

1,146,259,311. - 826,190.56 1,170,739.17 726,684.99 592<br />

1,203,210,899. - 915,089.78 1,404,101. 29 798,439.21 549<br />

1,330,162,232. - 1,003,879. 66 1,570,913.40 963,718.33 643<br />

1,490,150,075. - 1,103,063.31 1,587,765.48 1,245,284. 54 752<br />

1,513,588,405. - 1,146,774.45 1,597,588.73 1,882,867.42 822<br />

1,608,760,924. - 1,163,489.98 1,773,773. 50 1,688,653.45 761<br />

1,747,135,241. - 1,210,704.14 2,439,109.65 1,631,867.63 1,351<br />

1,789,542,987. - 1,171,922.51 2,511,327.82 2,316,444.15 1,710<br />

1,914,794,082. -- 1,276,495.73 2,708,925.14 2,099,315. 07 1,910<br />

Ristol'lli ')<br />

Riickvorsicltorllugsllrälllien<br />

Vonvaltllugsin<br />

010 tlor Notto- Dividendo<br />

Betrag koston 4)<br />

Prämionoinnahmo<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. 0/0 0/0 2) 0/0 3) °/0 2 ) 0/0 5)<br />

66,962.91 312,014.30 27 5,88 10,08<br />

109,691. 38 321,151. 76 26 5,71 9,24<br />

163,372.65 321,963.81 30 2,5 2,5 5,51 10,17<br />

72,082.89 434,603.93 33 5,uu 6 5,ou 8,53<br />

130,572.98 514,209.59 36 8,91 9 5,53 9,66<br />

131,978.46 713,184.78 38 9,GU 10 8,5U 11,13<br />

135,367.69 895,472.89 41 10,88 11,5 10,92 12,3<br />

129,763.11 991,151. 13 40,5 11,u4 13 11,48 12,07<br />

150,060.01 1,007,110.75 39,66 7,ou 8 10,16 9,8<br />

139,570.92 1,019,636.64 39 12,23 14 11,7 12,17<br />

132,089.56 1,100,484.08 39 7,58 9 11,n 11,01<br />

207,677.57 1,397,390.95 40,5 7,44 9 14,54 10,u4<br />

210,442.94 1,359,775.18 39,15 4,88 6 14,38 10,48<br />

201,157.33 1,469,723. 73 9<br />

--.. -.<br />

38,84 7,26 14,86 10,4<br />

') D. h. Rückvergiitung von Prämien für Aufhebung oder Verminderung von Versiehe·<br />

rungen oder aus einem andern Grunde.<br />

2) Des Gesellschaftscapitals (eingezahltes Actiencapital und Reservefonds).<br />

3) Des eingezahlten Actiencapitals.<br />

4) Tantieme in begriffen.<br />

5) Der Nettoprämien (Prämien einnahmen weniger Ristorni).<br />

--+·:IH---·<br />

Die Bilanzen der aufgeführten Geld- und Credit-Institute<br />

von 1867-1880.


312<br />

Geld-, Crec1it- und AssecUI'anz-Institute. Em1k in St. Gallen.<br />

BI3<br />

Passiva.<br />

Bank In<br />

•<br />

St. Gallen.<br />

Activa.<br />

Jahr<br />

und<br />

Reservefonds)<br />

Obligationen<br />

I<br />

Girogelc1er 2)<br />

Gesellschaftscapital<br />

(Actiencapital<br />

Contocorrent-<br />

Crec1itoren<br />

Banknotenemission<br />

Verschiec1enes 3)<br />

Fr. Ct. ]'1'. CL Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct. :rh', Ct. Fr. ot.<br />

1866/67 5,314,85\).64 1,464,988.57 732,894.70 3,135,623.80 120,747.01 J 0,769,113.72<br />

Total<br />

Disconto- I Hinterlagen-<br />

,<br />

Conto-Corrent-Debitor8n Wert- Vcr-<br />

Wechsel Wechsel schriften 1) schiec1cnos 2)<br />

Fr. Ct.<br />

:3,056,070. 06<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

Privaten<br />

I<br />

Banken<br />

! I<br />

, --<br />

Kasse") Total<br />

Fr. CL }-'l'. ot. Fr. ot. Pr. ot. Fr. ot. l~l'. Ct. Fr. Ct.<br />

2,476,600. - 808,090.20 433,863.40 1,264,681. 60 65,050. - 2,664,758.46 10,769,113.70<br />

1i<br />

I<br />

I<br />

1867/68 5,336,113.91 1,328,557.36 79,288.42 3,135,581. - 108,113.10 9,987,653.79<br />

1868/69 5,358,613.91 1,282,972. 69 -.- 125,062.13 3,135,516.80 122,413.48 10,024,579.01 2,888,804. 35 2,344,350. -<br />

2,591,764.92 I 2,402,650. - 732,510.85 666,564.52 1,458,742. 15 65,050. - 2,070,371. 35 9,987,653.79<br />

I<br />

I<br />

I<br />

721,536.90 418,694.60 I 1,309,633.20 65,050. - 2,276,509. 96 10,02,t,579.01<br />

1869/70 5,383,113.91 1,200,400.53 282,016. 29 3,135,474. - 130,946.13 10,131,950.86 1,563,197.26 2,389,350. - 596,806.10 704,] 99.55 ],655,444.05 66,600. - 3,156,353. 90 10,131,950.86<br />

1870/71 5,400,000. - 1,017,624.56 196,924.90 3,135,452.60 112,038.56 9,862,040. 62 3,410,287. 26 1,937,832.05 567,777. 55 1,015,510.54 1,313.307. 05 66,150. -- 1,551,176.17 9,862,040. 62<br />

I<br />

I<br />

1871/72 5,400,000. - 730,401. 16 ') 109,593.40 202,295.67 3,524,802.80 154,628.49 10,121,721. 52 3,065,098. 85 2,174,600. - 512,730.40 1,006,923.28 1,668,819.10 66,150. -- 1,627,399. 89 10,121,721. 52<br />

1872/73 5,400,000. - 573,112.82 ') 77,523.28 231,461. 35 4,303,567.40 204,632.37 10,790,297.22 3,952,065.70 2,009,250 - 645,545.80 1,176,094.58 1,613,768.70 66,150. - 1,327,422.44 10,790,297.22<br />

1873/74 5,400,000. - 411,754.27 215,559.85 149,515.69 5,387,817.40 180,661. 23 11,745,308.44 3,282,988. 57 2,559,950. - 581,030.30 598,662.95 1,503,287.80 66,150. -- H,053,238. 82 11,745,308.44 1<br />

1874j75 5,400,000. - 351,402.47 310,643.90 243,202. 75 6,556,274.60 176,797.58 13,068,321. 30 4,6ß8,639.61 2,406,000. - 475,399.70 486,683.57 1,590,080. 15 66,150. -- 3,475,368.27 13,068,321. 30<br />

1875/76 5,400,000. - 616,608.40 631,934.72 310,093.04 6,556,253. 20 ] 26,503.66 13,641,393. 02 4,425,742.64 2,216,452.90 419,185.85 569,673.36 1,506,406. 10 66,150. - 4,437,782.17<br />

I 13,641,393.02<br />

1876/77 5,400,000. - 484,271. 95 ]02,243.72 442,564.01 4,519,003.20 135,812.03 11,083,894.91 4,650,456. 77 2,012,910.50 470,569.10 295,543. 12 1,453,044.65 66,150. - 2,135,220.77 11,083,894.91<br />

1877/78 5,400,000. - 395,426. - 399,887.78 518,109.76 4,519,003.20 198,075.49 11,430,502.23 5,490,904.71 2,352,876. 30 269,345.85 404,048.65 1,1--14,050. - 66,150. - 1,703,125.72 11,430,502.23<br />

1879 5,400,000. - 389,453.25 549,850.24<br />

I<br />

403,214.84 4,019,003.20 184,288.16 10,945,809.69<br />

1880 5,400,000. - 256,083.45 471,714.45 I 552,253.90 4,019,00:3. 20 169,028.28<br />

I<br />

10,868,083.28<br />

5,380,660. 60 2,233,663. 80 359,016.55 523,808.81 968,261. 63 66,150. - 1,414,248.30 10,945,809.69<br />

I<br />

5,175,123.99 1,853,617.50 283,940.61 718,851. 66 816,520. - 66,150. - 1,943,879.52 10,868,083.28 ,<br />

i<br />

---- ------- ...._--- ----------- ----- _.~-----~--_. ---------.<br />

I<br />

I<br />

i<br />

1) Kassenscheine inbegriffen. 1) Anteilscheine der I-Iypothelwl'knsse null 'Ycl'ttlchl'ifteuconto.<br />

2) Unverzinsliche Gelder in Contocorrent von Privaten, Bank- und Cl'edit-Illstitutell. 9) Rankgebiiude und l\Iobiliarcollto.<br />

3) Dividendenconto, Gewinu- und Verlust-Conto, dazu bis 1875 Disconto-Oollto und 1879 und 1880 Vortrag der Bankuotcllsteuer. 3) BtLl'schaft, eigene und fremde N otelt.<br />

40


314<br />

Geld-, Credit- und Assecul'anz-tnstitute. St. Gallische Hypothelml'kasse. 315<br />

Passiva.<br />

Gesellschafts- Obligationen<br />

,hhr capital und Sparkasse<br />

Depositen<br />

(Anteilscheine)<br />

I<br />

i<br />

Contocol'l'ent-<br />

Creditoren')<br />

I<br />

\<br />

I<br />

st. Gallische<br />

Verschiedenes 2)<br />

I<br />

I<br />

Total<br />

Fr. CL Fr. ct. Fr. Ct. l!-'r. Ct. Fr. Ct.<br />

I<br />

Fr. ct.<br />

Hypothekarkasse.<br />

Activa.<br />

Darleihen auf I<br />

[<br />

Darleihen Contocorl'ent-<br />

I<br />

Verschiedenes 2) Kasse<br />

I Tot al<br />

Unterpfand<br />

I<br />

gegen Hinterlage Debitoren')<br />

1867 1,897,500. -.:... 2,500,690. 85 238,712.95 -.- 183,653.25 4,820,557.05<br />

4,447,140.72 38,640. - 332,454.50 1,900. - 421. 83<br />

I<br />

4,820,557.05<br />

1868 1,905,500. - 3,053,931. 10 253,188.40 187,755.85 5,400,375. 35 5,291,925.03 64,540. - 41,058.75 1,600. - 1,251. 57 5,400,375.35<br />

1869 1,936,500. -<br />

I<br />

I 3,046,205. 20 I 288,209.53 77,942.80 187,493.20 5,536,350.73 5,491,873. 15 34,900. - 5,782.50 1,300. - 2,495.18 5,536,350. 73<br />

I<br />

Fr. ct. ]'1'. Ct.<br />

I<br />

Fr. Ct Fr. ct.<br />

I<br />

I<br />

Fr. Ct. Fr. Ct.<br />

,<br />

1870 2,000,000. - 2,940,355. 60 298,444.44 -.- 179,897.46 5,418,697.50 5,316,012.63 19,200. -- 76,165. - 1,000. -<br />

I<br />

I<br />

6,319.87 5,418,697.50<br />

1871 2,000,000. - 2,677,672.50 328,522.55 90,907.55 182,058.27 .~,279,160. 87<br />

5,196,008.87 32,600. - 16,000. - 30,000. - I 4,552.- 5,279,160.87<br />

1872 2,000,000. - 2,534,394. 30 366,840.92 254,665.05 180,780.31 5,336,680.58<br />

I<br />

5,277,397. 18 26,450. - 29,000. - 3,833.40 5,336,680. 58<br />

1873 2,000,000. - 3,124,348.30 405,629.49 96,986.41 179,147.43 5,806,111. 63 5,549,692. 28 26,350. -- 222,700. - 1,000. - 6,369.35 5,806,111. 63<br />

1874 2,000,000. -- 3,336,062. 58 418,026.75 363,545.52 178,478.85 6,296,113.70 6,255,346.24 38,800. - 1,000. - 967.46 6,296,113.70<br />

I<br />

1875 2,000,000. -- 4,153,087.35 504,327.86 93,724.93 177,494.47 6,928,634. 61 6,830,505. 26 57,750. -- 28,725. -- 1,000. - 10,654.35 6,928,634.61<br />

I<br />

i<br />

1876 2,000,000. - 4,620,617.90 549,061. 80 91,137.95 176,377. 31 7,437,194.96 7,337,267.76 I 50,650. - 41,310. - 1,000. - 6,967.20 7,437,194.96<br />

I<br />

1877 2,000,000. - 5,034,733.25 659,187.98 320,458.91 175,828.95 8,190,209.09 8,134,502.84 48,700. - 100.- 6,906.25 8,190,209.09<br />

1878 2,000,000. - 5,750,138.68 691,665.05 169,131. 81 111,147.92 8,722,083.46 8,678,421. 86 I 37,2.50. - 100. - 6,311.60 8,722,083.46<br />

I<br />

1879 2,000,000. - 6,313,275.18 822,065. 93 222,221. 28 165,189.33 9,522.751. 72 9,461,290.07 ,58,300. -<br />

100.- 3,061. 65 9,522,751. 72<br />

1880 2,000,000. - 6,692,982.43 1,065,329.79 74,875.64 I 158,833.81 9,992,021. 67<br />

I<br />

9,869,560.32 i 45,800. -- 51,415. - 22,100. - 3,146.35 9,992,021. 67<br />

I<br />

I<br />

I<br />

i !<br />

i<br />

i I<br />

I<br />

I<br />

1) COlltocorrellt-VCl'h1iItuis mit der Bank in St. Gallen und Amortisatiollsconto der Weberei Altstättell. 1) COlltocorrent-Verhältnis mit der Bank in St. Gallen.<br />

2) Allteilhaher au Hypotheken, ZillS- HIlfl Divirleudencollto und Gewiuu- und Verlust-Conto. 2) Mobilial'Collto, dazu 1871 und 1872 Liegenschaftscollto und 1880 Conto pro Diversi.<br />

I<br />

I<br />

i<br />

... _-----<br />

.. _----


4,383,319.<br />

214,000.<br />

-<br />

174,940.<br />

3iß<br />

Geld-, Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

Crec1itanstalt in St. Gallen. 317<br />

11<br />

Credi tanstal t<br />

Passiva.<br />

I<br />

- --<br />

-<br />

0 ,",11","" ft,-<br />

I Wechsel-<br />

I<br />

capital Obligationen 2) Contocorrent-<br />

Oblighi u. vor-<br />

Jahr<br />

Zinsconto 4)<br />

(Actiencapital und (Kassßnscheille) Crcditoren 3) übergehende<br />

Resßl'vefoncls)<br />

,<br />

Anleihen<br />

V erschiedenes 5)<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct. ~1r. Ct. Pr. Ct. }i"1r . Ct.<br />

1867 500,000. - 3,666,097. 13 - 25,456. 86 - 29,828. 09 I<br />

4,221,382. 08<br />

1868 500,000. - 4,106,381. 45 - 31,933. 31 - 33,931. 84 4,672,246. 60<br />

1869 500,000. - 4,510,025. 77 - 36,905. 36 150,000. - 36,801. 59 5,233,732. 72<br />

-~<br />

1870 500,000. 55 ~-<br />

177,411. 14 - 88,886. 45 5,363,617. 14<br />

i<br />

1871 531,330. -- 5,201,560. 64 - - I - 45,708. 04 5,778,598. 68<br />

1872 556,000. - 6,372,966. 09 325,558. 58 - - 56,945. 15 7,311,469. 82<br />

1873 1,016,000. - 6,376,796. 72 433,375. 11 --- 220,416. 50 75,727. 60 8,122,315. 93<br />

1874 1,032,600. - 6,611,856. 69 598,296. 70 -<br />

280,000. - 79,9Hi. 51 8,602,668. 90<br />

1875 1,055,000. - 7,197,162. 86 839,076. 80 -- 510,000. -- 107,532. 48 9,708,772. 14<br />

1876 1,519,000. _1). 7,762,060. 35 1,016,469. 90 - 251,687. 50 107,014. 91 10,656,232. 66<br />

1877 1,988,000. -<br />

i<br />

8,536,941. 43 893,577. 3.5<br />

-<br />

-<br />

Total<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

157,881. 55 11 ,576,400. 33<br />

1878 2,000,000. - ~<br />

9,438,623. 84 1,111,268. - 169,241. 19 12,719,133. 03<br />

I<br />

1879 2,025,000. 10,940,636. 60 1,460,761. 45 - -- ! 587,807. 65 185,099. 21 15,199,304. 91<br />

1880 2,053,000. -- 11,852,417. 85 1,851,299. - ----<br />

964,485. 75<br />

I<br />

1) Ti'r. 400,000. - noch nicht eiubezuhltes Actiellcapita1 auf beiden Seitou weggela,SSCll.<br />

2) Hpal'kassßllcilllagell und Dellositogeldor.<br />

I<br />

1<br />

_._-<br />

._----~-<br />

I<br />

:<br />

i<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

187,107. 80<br />

3) 1870 COllticol'l'Cllti VOll Bankeu, 1872-1876 COllticorrellti VOll Bauken und IJrivatcu) 1877-1880 Uonticorrenti von l>l'ivatell,<br />

J) Übel'schuss der Passivzinse übel' elie Activ7.inse.<br />

I<br />

I<br />

I<br />

16,911,310. 40<br />

--<br />

5) Divitlo11c1cn- und 'ralltiernon-Uonto und Ge,vinn- unrl Verlust-Uonto, dazu bis 1873 HypothekarschulLl auf dem BankgehäuLle, VOll 187(1-77 Bauconto,<br />

1875 Conto für Vergabungen.<br />

•<br />

In<br />

St. Gallen .<br />

Activa.<br />

Darleihen I !<br />

I<br />

gegen<br />

Contocorrent-<br />

Wert-<br />

Ver-<br />

Wechsel Hinterlagen<br />

I<br />

I Zinscon to 3) KlLsse I , Tota<br />

unc1 Debitoren 2) schriften schiec1enes 4)<br />

~I<br />

Biirgschaft 1)<br />

I<br />

I<br />

I i 1<br />

I I<br />

I<br />

I<br />

Fr. Ct. Fr. 01. l:i·\" Ct. Ifr. Ct. 1'1'. Ct. JI\'. CI. Fr. Ct. :B 1 r, Ct.<br />

- 3,414,744. 29 60,524. 95 639,920. 44 - 42,936. 30 63,256. 10 4,221,38 2. 08<br />

- 3,582,357. 09 44,112. 56 935,253. 24 - 43,926. 30 66,597. 41 4,672,24 6. 60 I<br />

- 3,712,376. 03 115,910. 18 1,305,416. 91 - 37,307. 30 62,722. 30 5,233,73 2. 72<br />

- 3,832,127. 83 - 1,177,387. 51 96,446. 12 47,882. 82 209,772. 86 5,363,61 7. 14<br />

86,445. 78 3,868,729. 70 14,168.38 1,533,021. 28 86,021. 40<br />

I<br />

45,140. 26 145,071. 88 5,778,59 8. 68<br />

218,549. 65 4,789,563. 80 208,772. 70 1,7.56,948. 92 105,.546. 55 I 92,592. 70 139,495. 50 7,311,469. 82<br />

159,709. 40 5,548,997. 50 269,098. 27 1,884,772. 41 114,068. 75 36,300. - 109,369. 60 8,122,31 5. 93<br />

229,724. - 6,110,628. -<br />

I<br />

426,281. 87 1,574,958. 56 99,095. 85 35,000. - 126,980. 62 8,602,66 8. 90<br />

130,075. - 7,063,756. 10 802,70D. 85 1,460,957. 50 93,079. 90 35,000. - 123,193. 79 9,708,77 2. 14<br />

465,634. - 7,674,474. 70 850,650. 57 1,439,695. 88 72,488. - 62,000. - 91,289. 51 10,656,23 2. 66<br />

625,148. - 8,424,100. - 1,048,328. 50 1,319,133. - 79,732. 25 - 79,958. 58 11,576,40 0. 33<br />

I<br />

718,788. - 9,096,876. 80 1,510,056. 05 1,150,091. ?- 77,282. 25 18,319. 31<br />

I<br />

1,395,728. - 9,638,018. - 2,698.761. 65 1,173,781. - 58,076. - 60,000.<br />

~-<br />

2,205,516. - 9,853,275. 3,317,653. 25 1,209,696. - 29,306. - 80.000.<br />

- - !<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

147,719. 62<br />

26<br />

12,719,13 3. 03<br />

15,199,30 4. 91<br />

I 21.';,864. 15<br />

I<br />

16,911,31 0. 40<br />

I<br />

I<br />

I<br />

!<br />

i<br />

I<br />

! I<br />

1<br />

I I I<br />

-~-----~-----"---- ------_.-.-----_ .. -- ----------- - -~---<br />

I) Inbegriffen 1867 1'1'. 12,200. --, 1868 ]~r. 13,700. ~, 1869 Fr. 8,586. - Vorschüsse auf \Yaron.<br />

2) 1867-1871 Uontocorrellt-Guthaben bei Bankell, beziehungsweise bei der l\Iobiliarleihkasse, VOll 1871 an bei I)rivaten und c1ß!' l\fobiliarleihkasse.<br />

:1) Überschuss der Activ;dnse übel' die Pnssivzinse.<br />

4) Altes Bankgehä.uc1e 1867-1876, neues Ballkgebäuc1e 1878-1880 i l\fobiliarconto 1867 -1873 i Liegellschaftsconto 1870-1872, 1876, 1880, Spescllconto<br />

1869~1871.<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I


318 Geld-, Credit- und Assecumnz-Institute.<br />

Deutsch-Schweizerische Oreditbank in St. Gallen.<br />

319<br />

Passiva.<br />

Deutsch-Schweizerische<br />

Creditbank In<br />

•<br />

St. Gallen.<br />

Activa.<br />

I<br />

Rescl'vefollds)<br />

Fr. Ot. Fr. Ot. Fr. Ot. Fr. Ot. Fr. Ot.<br />

I<br />

i<br />

I<br />

I<br />

Tot a 1<br />

1867 3,551,973.91 877,832. ·51 1,694,738.06 2,313,291. 57 350,262.72 I 8,788,098.77<br />

I<br />

I<br />

1868 3,196,779.91 609,977. 30 1,508,049.86 1,779,861. 05 338,707.20<br />

I I 7,433,375.32<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

Wechsel<br />

Fr. Ct.<br />

1,878,954. 90<br />

1,873,566 70<br />

Darleihen<br />

gegen<br />

Hinterlage 1)<br />

Fr.<br />

Ot.<br />

277,450.55<br />

380,071.35<br />

I<br />

Gesellschafts-<br />

Accepte<br />

capital Uon tocorren t-<br />

Jahr Obliglttionen I und I Verschiedenes 1)<br />

I<br />

(Actiencapital und<br />

Oreditoren<br />

Mandate<br />

Contocorrent­<br />

Debitoren<br />

Fr.<br />

Ot.<br />

4,786,185.81<br />

3,685,987.68<br />

1,252,514. _ 3)<br />

Fr. Ct.<br />

84,783.45<br />

84,305. 10<br />

Kasse<br />

Pr. Ot.<br />

199,107.96<br />

156,930.49<br />

Tot a 1<br />

Fr. Ot.<br />

8,788,098. 77<br />

7,433,875.82<br />

1869 3,057,759.01 843,627.15 1,195,010.56 1,506,270. 27 217,956.63 6,820,623. 62<br />

1,871,144.65<br />

234,985.50<br />

3,155,123.07<br />

1,205,453.45 4 )<br />

83,928.60<br />

269,988.35<br />

6,820,623. 62<br />

1870 3,070,964. 11 951,914.75 1,111,082.89 1,848,638.74 193,540.62 7,176,141. 11<br />

1,775,994.30<br />

286,903.85<br />

3,446,898.92<br />

1,400,620.68 5)<br />

83,571. 75<br />

232,151. 61<br />

7,176,141.11<br />

1871 3,169,480.72 1,633,055. 20 633,309.47 1,863,728.52 209,259.22 7,508,833.13<br />

2,554,090. 85<br />

43,350. -<br />

3,111,101. 27<br />

1,620,360. - I<br />

83,000.-<br />

96,931. 01<br />

7,508,833. 13<br />

1872 3,195,195.02<br />

I<br />

1,731,937.65 869,999.67 1,565,377. 38 240,995.49 7,603,505. 21<br />

2,705,504. -<br />

128,005. -<br />

3,538,231. 13<br />

1,037,500. -<br />

82,000. -<br />

112,265.08<br />

7,603,505.21<br />

, 1873 3,220,909. 32 1,061,969.70 874,503.21 998,610.48 239,680.88 6,395,673. 59<br />

2,393,470. -<br />

106,984 -<br />

2,912,146.87<br />

817,700. -<br />

80,000. -<br />

85,372.72<br />

6,395,673. 59<br />

1874 3,005,849. 76 958,367.40 606,051. 25 1,082,350.84 121,450. - 5,774,069.25<br />

1,915,350. -<br />

157,570. -<br />

3,024,931. 82<br />

405,501. 80<br />

80,000. --<br />

190,715.63<br />

5,774,069.25<br />

1875 3,005,849.76 788,093. -- 723,274.03 1,067,767.56 123,088.32 5,708,072.67<br />

1876 3,006,149.76 485,448.35 643,709.84 678,822.09 123,231. 61 4,937,361. 65<br />

1877 3,014,961. 16 442,934.80 667,292.34 671,353.85 168,829.05 I 4,965,371. 20<br />

2,014,316. -<br />

1,539,493. ~<br />

1,504,129. -<br />

181,399. -<br />

244,537.40<br />

280,311.65<br />

2,926,172. 23<br />

2,572,575.23 I<br />

I<br />

2,551,092.54<br />

420,236.60<br />

411,110.55<br />

458,431. 90<br />

80,000. -<br />

80,000. -<br />

80,000. -<br />

85,948.84<br />

89,645.47<br />

91,406.11<br />

5,708,072.67<br />

4,937,361. 65<br />

4,965,371. 20<br />

1878 3,027,993.30 I 428,325.35 914,212.48 571,256.05 188,045.34 5,129,832.52<br />

I<br />

1879 3,036,599.70 413,130. - 1,163,546.53 689,286.45 161,403.20 5,463,965. 88<br />

I<br />

1880 3,045,171.10 244,536.25 1,294,699.58 891,790.95 166,007.78 I 5,642,205. 66<br />

1,871,471. -<br />

2,048,660. -<br />

1,490,823. -<br />

257,490. ---<br />

273,408. -<br />

614,136.05<br />

2,547,869.80<br />

2,787,101. 84<br />

3,165,275.60<br />

272,657.30<br />

176,779.05<br />

210,231. 05<br />

80,000. -<br />

80,000. --<br />

80,000. -<br />

100,344.42<br />

98,016.99<br />

81,739.96<br />

5,129,832.52<br />

5,463,965. 88<br />

5,642,205. 66<br />

I<br />

1) Nicht erhobene Coupons, Dividendcllcollto und Gewiull- und Verlust-Conto, Tantiemen.<br />

I<br />

I<br />

I<br />

-<br />

1) Vorschüsse auf Waren.<br />

2) Inbegriffen Fr. 38,230. 35 Coupons und 7717 Actieu der Vereinigten Schweizerbahnen, angesetzt pro melll. mit Fr. 6D,4-53. -.<br />

3) " )) 32,048. _ " "frcmcle Banknoten und 7717 Actiell der Vereinigten Schweizerbahnen, angesetzt pro memo mit }lr. 69,453. -<br />

4) 11 )) 27,457. 05 )) " ,) " 11 7717 " "" " )) II )) 69,453.--<br />

5) " )1 37,501. 78 II II II " "7717,, "" " " )) I' 69,453.-<br />

6) Gebäude~ und Mobiliar~Conto.


320 Geld-, Credit- und Assecuranz-Inst.itute.<br />

Passiva.<br />

Handwerl{erbanl{<br />

in St. Gallen.<br />

Handwel'kel'bank in St. Gallen. Eidgenössische Bank, Comptoil' St. GlLllen. 321<br />

Activa.<br />

I<br />

,<br />

Jahr<br />

Gesellschaftscapital<br />

Contocol'l'ent-<br />

Obligationen<br />

(Actiencapital und Cl'eclitol'en 1)<br />

Vel'schiedenes 2)<br />

Total<br />

Rcsol'vefonds)<br />

i<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ut. Fr. Ct.<br />

1867 132,400. - 289,362. 55 103,.564. 95 7,359. 24 532,686. 74<br />

Darleihen gegen<br />

Wechsel- Contocol'l'ent- Verschiede- I<br />

Hinterlage und I Wertschriften l(rtsse<br />

Conto<br />

Debitoren 1)<br />

nes<br />

Bürgschaft<br />

2 )<br />

I<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. CI. Fr. Ct. Fr. Ct.<br />

I<br />

Fr. Ct.<br />

58,406. - 270,953. 20 197,690. 20 - 485. 47 5,151. 87<br />

I<br />

I<br />

I<br />

1<br />

Totall<br />

Fr. Ct.<br />

532,686. 74<br />

,<br />

1868 134,100. - 207,402. 19 172,366. 78 6,801. 97 520,670. 94<br />

1869 136;400. - 221,646. 60 217,883. 30 7,205. 67 583,135. 57<br />

1870 139,000. . - 235,542. 68 177,656. 35 7,634. 35 559,833 . 38<br />

1871 145,200. - 325,808. 50 223,779. 95 14,931. 50 709,719. 95<br />

"_..._.__ .~_.. .---- - -------- -------- ------ --------- -- -<br />

1) rl'ivatoll und 1868 und 1869 auch kaufmäull. Dlrectol'iu1ll.<br />

2) Dividendenconto, Unkostenconto) Gewinn- uud Vel'lnst-UolltO.<br />

8,695. 50 277,456. 15 147,355. 70 76,618. 09 538. 02 10,007. 48 520,670. 94<br />

9,447. 10 302,382. - 116,327. 80 141,959. 95 600. - 12,418. 72 583,135. 57<br />

,<br />

18,664. 30 316,026. 30 141,418. 50 67,290. 20 600. - 15,834. 08 559,833. 38 I<br />

I ,<br />

46,137. 40 326,877. 90 185,186. 50 138,881. 90 600. - 12,036. 25 709,719. 95<br />

I<br />

I<br />

I<br />

._-I<br />

~-<br />

1) Pl'ivateu, 1867 auch kaufmällll. Directol'ium und 1868 Kantollalballk.<br />

2) l\iobiliarcollto. !<br />

I<br />

I<br />

i<br />

I<br />

11<br />

I<br />

Passiva.<br />

r--'<br />

J[thl'<br />

Dotationscapital<br />

Fr.<br />

1879 1,500,000.<br />

1880 1,500,000.<br />

Ct.<br />

Obligationen<br />

Fr. Ct.<br />

86,477. 10<br />

135,201. 60<br />

Contocol'l'ent­<br />

Cl'editol'en<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

356,920. 60<br />

558,907. 84<br />

Eidgellössische Balll{,<br />

Accepte<br />

Fr. Ct. Fr. Ct.<br />

Vel'schiedenes<br />

T Total<br />

(Rückdisconto)<br />

800,323. - 2,806. 95 I 2,746,527. 65<br />

1,467,347. 90 6,734. 85 3,668,192. 19<br />

I<br />

}'11'.<br />

Ct.<br />

Comptoir St. (JalIen.<br />

Wechsel<br />

Contocorrent­<br />

Debitoren<br />

Activa.<br />

Darleihen auf ~-- I<br />

Unterpfand<br />

Verschiedenes 1) Kasse Total I<br />

1----+-----+----+--------'---__ +--___ 1<br />

Fr. Ct. Fr. Ct.<br />

853,272. 95 1,705,528. 20<br />

1,172,471. 47 2,313,664. 80<br />

23,600. -<br />

45,475. 35<br />

i<br />

I<br />

75,145. 79<br />

49,997. 60<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

88,980. 71<br />

86,582. 97<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

2,746,527. 65<br />

3,668,192. 19<br />

I<br />

i<br />

i<br />

1) Correspolldelltell und Immobilien.<br />

--'-------~--<br />

41<br />

----_ ..


322<br />

Geld-, Crec1it- und Assecuranz-Institute.<br />

St. Gallischo Kantonalb


324<br />

Geld-, Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

Bank für Appenzell Ausserl'oden.<br />

325<br />

Passiva.<br />

Bank für<br />

Appenzell A. R.<br />

Activa.<br />

Jahr<br />

G esellschaftscapita,l<br />

(Actiencapital<br />

und<br />

Reservefonds)<br />

Obligationen<br />

und<br />

Depositen<br />

Contocorl'ent-Creclitoren<br />

Privaten<br />

Banken<br />

Tratten<br />

Verschiedenes 2 ) I<br />

Total<br />

Wechsel<br />

Darleihen<br />

gegen Hinterlage<br />

und Bürgschaft<br />

Contocol'l'ent-Debitoren<br />

Banken<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

Fr. Ct. Fr Ct. Fr. Ct.<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

Fr. Ct. :U1r.<br />

Fr. Ot, Ct. Fr. Ct.<br />

Fr.<br />

Ct,<br />

Fr, Ot. ]~r. Ct. Fr. Ct,<br />

1867<br />

500,000. -<br />

710,559. 81 578,306. 5~<br />

51,003. 35 1,839,869. 74<br />

119,197. 28 824,883. 90 707,175. 65<br />

154,218. 35<br />

1,713. 76 32,680. 80 1,839,869. 74<br />

1868<br />

505,667. 50<br />

980,022. 29 859,996. 17<br />

1,559. 25<br />

39,331. 10 2,386,576. 31<br />

178,404. 12 1,114,800. 75 742,000. 55<br />

297,693. 13<br />

23,450. 46 30,227. 30 2,386,576. 31<br />

1869<br />

510,500. -<br />

1,518,370. 33 906,405. 57<br />

15,656. -<br />

26,716. 84 2,977,648. 74<br />

279,513. 40 1,237,996. 09 982,957. 14<br />

361,661. 88<br />

45,583. 51 69,936. 72 2,977 ,648. 74<br />

1870<br />

511,776. 20<br />

1,295,655. 19 1,038,687. 67<br />

84,432. 10<br />

37,713. 91 2,968,265. 07<br />

55,916. 35 1,220,730. 50 1,125,814. 16<br />

417,315. 85<br />

21,500. - 126,988. 21 2,968,265. 07<br />

1871<br />

515,968. 25<br />

1,273,883. 06 949,666. 90 208,508. 55<br />

51,009. 25<br />

54,784. 20 3,053,820. 21<br />

143,477. 93<br />

1,417,050. 32 1,141,961. 41<br />

6,874. 20 243,018. 40<br />

15,000. - 86,437. 95 3,053,820. 21<br />

1872<br />

523,435. -<br />

1,584,461. 11 724,127. 80 358,440. 59<br />

290,207. 50<br />

40,274. 96 3,520,946. 96<br />

218,004. 10<br />

1,466,617. 70 1,235,746. 99<br />

108,899. 78 409,135. 75<br />

15,000. - 67,542. 64 3,520,946. 96<br />

1873<br />

1874<br />

527,208. 45<br />

1,072,332. -}')I<br />

5,262. -<br />

1,817,147. 04 983,875. 30 533,100. 48<br />

1,871,307. 21 1,232,953. 64 149,920. 95<br />

363,991. 06<br />

541,504. 45<br />

67,934. 55 4,293,256. 88<br />

78,168. 77 4,951,449. 02<br />

183,206. -<br />

390,954. 30<br />

1,717,223. - 1,820,961. 11<br />

1,723,412. 60 2,181,799, 26<br />

10,387. 30 481,341. 80<br />

70,075. 69 531,932. 15<br />

15,000. - 65,137. 67 4,293,256. 88<br />

15,000. - 38,275. 02 4,951,"149. 02<br />

1875<br />

1876<br />

1,084,000. -) I)<br />

5,641. 25f i<br />

1,095,500. -li)!<br />

5,651. 25J I<br />

2,013,169. 26 1,072,262. 93 586,355. 81<br />

2,216,523. 11 1,258,898. 56 1,141,414. 79<br />

274,718. 65<br />

700,556. 70<br />

87,343. 42 5,123,491. 32<br />

87,975. 04 6,506,519. 45<br />

148,177. 05<br />

402;472. 50<br />

2,202,368. 50 2,103,427. 30<br />

3,039,045. 55 2,472,813. 32<br />

19,483. 20 541,677. 50<br />

65,858. 15 402,865. 19<br />

15,000. - 93,357. 77 5,123,491. 32<br />

15,000. - 108,464. 74 6,506,519. 45<br />

1877<br />

1,877,000. --<br />

2,339,557. 01 951,962. 31 869,417. 70<br />

888,877. 40<br />

'93,339. 85 7,020,154. 27<br />

295,309. -<br />

3,650,471. 40 2,487 ,89,~. 89<br />

15,939. 23 457,887. 24<br />

15,000. - 97,651. 51 7,020,154. 27<br />

1878<br />

1,890,000. -<br />

2,510,734. 16 715,409. 20 468,859. 30<br />

1,291,330. 35<br />

121,289. 72 6,997,622. 73<br />

319,047. 14<br />

3,507,675. 55 2,503,119. 55<br />

16,004. 45 457,424. 70<br />

108,737. 70 85/)13. 64 6,997,622. 73<br />

1879<br />

1,900,000. -<br />

2,997,306, 70 706,081. 01 36,756. 64<br />

852,118. 15<br />

152,175. 37 6,644,437. 87<br />

519,184. 40<br />

3,182,607. 45 2,332,053. 58<br />

51,054. 32 289,244. 34<br />

133,280, 67 137,013. 1t 6,644,437. 87<br />

1880<br />

2,200,000. -<br />

2,139,351. 95 906,380. 97 5~6,826. 34<br />

940,345. 55<br />

123,734. 81 6,896,639. 62<br />

762,888. 16<br />

3,061,086. 75 2,118,145. 48<br />

218,039. 16 353,702. 94<br />

136,742. 70 246,034. 43 6,896,639. 62<br />

.. _1 ___ "_<br />

1) Der zweite Posten ),Extra-Heserve".<br />

2) Gewinn- und Verlust-Conto, d. h. Reingewinn (Verzinsung des Acticllcapitals inbegriffen) und Gewinnsaldo vom Vorjahre.<br />

1) l\iobiliuT- und Immobilien-Conto, dazu soit 1878 Zins- und Dividenden-Conto.


326 Geld-, Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

Passiva.<br />

Jahr<br />

1


328<br />

Geld-, Creclit- und Asseclll'anz-Institute. Werdenbergische Spar- und Leih-Anstalt in Buchs. - Spar- und Leih-Kasse Wartau-Sevelen in AZll1os.<br />

329<br />

Passiva.<br />

Jahr<br />

---<br />

Gesellschaftscapital<br />

(ActieuC[tlJital und<br />

Rasel'vefonds)<br />

I Fr. Ct.<br />

Werdenbergische Spar- und Leih-Anstalt Buchs.<br />

11 1 1'. Ct. l?r. Ct. Fr. Ct.<br />

I<br />

Fr. Ct. Fr. Cl.<br />

1872 - I - - - I _ ..<br />

-<br />

- I - - - - - -<br />

1873 20,810. - 63,067. 13 6,840. 64 20,218. - 2,048. 37 112,984. 14 2,000. - 105,317. 45 600. - 1,367. 87 677. 92 3,020. 90 112,984. 14<br />

1874 21,220. - 123,058. 78 15,870. 96 1,000. - 2,123. 51 163,273. 25 600. - 134,118. 85 630.- 11,816. 65 584. 52 15,523. 23 163,273. 25<br />

1875 23,562. 62 180,278. 60 27,236. 97 302. 68 2,606. 20 233,987. 07 3,200. - 201,502. 65 630. - 15,508. 22 434. 70 12,711. 50 233,887. 07<br />

1876 25,850. - 201,045. 39 34,233. 12 4,273. 18 2,728. 09 268,129. 78 3,117. 50 241,111. 40 600. - 16,221. 98 406. 67 6,672. 23 268,129. 78<br />

1877 28,850. - 245,751. 40 45,659. 14 6,732. 49 2,594. 66 329,587. 69 4,105. - 279,505. 39 14,290. - 13,849. 19 980. 26 16,857. 85 329,587. 69<br />

1878 32,850. - 308,722. 14 65,155. 92 12,200. 69 3,497. 53 422,426. 28 16,452. 19 340,530. - 29,790. - 18,994. 54 2,246. 71 14,412. 84 422,426. 28<br />

,<br />

1879 37,850. - 360,293. 41 86,318. 25 23,020. 82 3,857. 59 511,340. 07 14,828. 36 419,409. 23 44,965. 96 19,135. 61 321. - 12,679. 91 511,340. 07<br />

I<br />

1880 43,850. - 408,177. 34 97,084. 48 21,278. 46 3,467. 94 573,858. 22<br />

24,713. 99 i<br />

436,844. 63 76,472. 58 30,101. 97 337. 10 5,387. 95 573,858. 22<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

Activa,.<br />

Fr. Cl.<br />

I<br />

Fr. Cl. Fr. Cl. Fr. Ct. I Fr. Cl. Fr. Ct. Fr. Ct.<br />

I<br />

I<br />

I<br />

1) Zinso l Saldi; dazu 1873 Unkostenconto. 1) Mobiliar- (1873 und 1874 auch Material-) Canto, dazu seit 1876 llDiversi Debitoren" odor "Zillsguthabell".<br />

I<br />

i<br />

I<br />

Total<br />

I<br />

Passiva.<br />

Jahr<br />

Darleihen<br />

Depositen Sparkasse<br />

Contocorrent-<br />

gegen Hinter- Darleihen auf Contocorrent-<br />

Verschiedenes ') Total<br />

Wechsel<br />

Creditoren<br />

lage und Bürg- Unterpfand Debitoren<br />

Verschiedenes ') Kasse<br />

schltft<br />

Gesellschaftscapital<br />

1880 72,000. --<br />

Depositen<br />

Sparkasse<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct.<br />

I<br />

Spar- und Leill-Kasse<br />

I Contocorrent-<br />

Wechsel- Verschie-<br />

Feste Schuld<br />

Creditoren Oblighi c1enes ')<br />

I<br />

I<br />

..<br />

Total<br />

Fr. Cl. Fr. Ct. Fr. Ct. Fl', Ct. 1111'. Ct.<br />

I<br />

79,439. 44 93,524. 83 99,047. 30 90,000. - 35,000. - 7,542. 88 476,554. 45<br />

I<br />

-<br />

I<br />

W artau .. Sevelen In •<br />

AZlnos.<br />

Activa.<br />

I<br />

I<br />

I Darleihen gegen<br />

ContoCOl'l'ent-<br />

Wechsel Hinterlage und Vel'schiedenes 1) Kasse<br />

Debitoren<br />

Total<br />

Bürgschaft<br />

Fr. Ct. Fr. Ct.<br />

Fr. Ct. l"r. Ct.<br />

2,125. - 451,704. 34 I 14,259. 82 1,216. 68 7,248. 61 476,554. 45<br />

I<br />

i<br />

I<br />

I<br />

I<br />

1) Spescnconto, Zinse an die Actionü'l'e, Gewinn- und Verlust-Conto. 1) Incassocouto, "Vorausbezahlte Zinse für Eigenwechsel", Mobilial'~ und "Scheine"-Conto.<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

I<br />

I<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

I<br />

42


330<br />

Passiva.<br />

Geld-, Creclit- und Assecuranz-Institute.<br />

Sarganserländische<br />

Spar-<br />

und Leih-Anstalt<br />

Sarga,nserländische Spar- und Leih-Anstalt in IValenstadt. 331<br />

•<br />

In<br />

Walenstadt.<br />

Activa.<br />

,Tn.hr<br />

Gesellschaftscapital<br />

(Actiencapital und<br />

(Resel'vefonds)<br />

Oblig'ationen<br />

und<br />

Depositen<br />

Sparkasse<br />

Contocorrent­<br />

Crecli toren 1)<br />

Verschiedenes 2)<br />

Total<br />

Darleihen gegen<br />

Darleihen auf Contocorrent-<br />

I I<br />

Unterpfand Debitoren<br />

___\V__<br />

ec_h_s_el __-t_H_I_.n_te_I_.la_g_'e I Bürgschaft __ Un_(_l~------------~--________ I ~-v-e-r-sc-h-_i-e(-le-n-e-sl~il--__<br />

I<br />

I-{a_S-s-e--~------T-o_ta_l _____ 1<br />

_<br />

1868<br />

1869<br />

1870<br />

1871<br />

1872<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

Fr.<br />

Cl.<br />

77,546. 52<br />

78,565. 42<br />

80,526. 08<br />

81,801. 97<br />

84,983. 23<br />

89,283. 84<br />

94,866. 48<br />

101,109. 44<br />

108,164. 05<br />

116,042. 80<br />

124,936. 88<br />

134,242. 13<br />

142,762. 80<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

86,229. 38<br />

131,615. 43<br />

163,773. 23<br />

240,270. 23<br />

303,306. 30<br />

369,947. 40<br />

403,425. 81<br />

492,422. 20<br />

584,378. 25<br />

674,969.<br />

658,681. 70<br />

681,190. 60<br />

744,156. 80<br />

Fr. Ct.<br />

24,526. 46<br />

44,672. 36<br />

53,366. 73<br />

67,952. 46<br />

85,527. 15<br />

104,806. 60<br />

127,502. 73<br />

146,839. 06<br />

163,726. 06<br />

183,870. 91<br />

194,742. 45<br />

203,950. 10<br />

244,583. 25<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

99,235. 96<br />

164,465. 80<br />

123,336. 93<br />

98,536. 26<br />

32,665. 89<br />

51,106. 47<br />

80,464. 38<br />

85,065. 08<br />

74,945. 03<br />

76,295. 02<br />

48,699. 45<br />

71,667. 03<br />

68,842. 55<br />

Fr. Ct.<br />

3,933. 99<br />

5,638. 16<br />

4,218. 73<br />

6,941. 15<br />

8,271. 22<br />

11,516. 45<br />

8,989. 80<br />

9,690. 20<br />

13,808. 78<br />

11,513. 60<br />

12,700. 95<br />

15,921. 30<br />

11,708. 40<br />

Fr. Ct.<br />

291,472. 31<br />

424,957. 17<br />

425,221. 70<br />

495,502. 07<br />

514,753. 79<br />

626,660. 76<br />

715,249. 20<br />

8~!),125. 98<br />

945,022. 17<br />

1,062,691. 33<br />

1,039,761. 43<br />

1,106,971. 16<br />

1,212,053. 80<br />

Fr. Ct. Fr. Cl. Fr. Cl. Fr. Cl.<br />

127,093. 75 95,743. 01 61,946. 73<br />

34,113. 62 197,853. 37 105,164. 68 70,579. 93<br />

1,092. - 250,612. 95 104,979. 28 57,378. 02<br />

387. 60 278,118. 06 108,185. 22 96,087. 89<br />

327,819. 50 95,137. 49 77,967. 44<br />

1,119. 75 391,495. 75 104,845. 66 120,810. 59<br />

188. 95 376,545. 80 107,343. ,')1 218,742. 60<br />

2,463. 50 403,512. 20 104,519. 31 306,247. 17<br />

4,820. 36 486,043. 90 113,582. 34 288,030. 88<br />

35,259. 22 570,773. 40 114,815. 29 311,846. 63<br />

7,095. 46 601,008. 05 113,974. 30 292,313. 66<br />

12,189. 29 607,170. 50 149,706. 45 287,236. 23<br />

73,221. 80 588,838. 45 182,184. 85 272,507. 91<br />

Fr. Ct. Fr. Cl.<br />

1,532. 60 5,156. 22<br />

1,461. 83 15,783. 74<br />

1,306. 88 9,852. 57<br />

1,252. 85 11,470. 45<br />

1,245. 85 12,583. 51<br />

1,047. 95 7,341. 06<br />

807. 43 11,620. 91<br />

658. 50 17,725. 30<br />

516. - 52,028. 69<br />

300. -- I 29,696. 79<br />

25,369. 96<br />

27,349. 76 23,318. 93<br />

34,657. 55 60,643. 24<br />

I<br />

]'1'. Ct.<br />

291,472. 31<br />

424,957. 17<br />

425,221. 70<br />

495,502. 07<br />

514,753. 79<br />

626,660. 76 I<br />

715,249. 20<br />

835,125. 98<br />

945,022. 17 I<br />

1,062,691. 33<br />

1,039,761. '13<br />

1,106,971. 16<br />

1,212,0.53. 80<br />

------'------_ .. -" .. _,-<br />

._------------<br />

1) 1868--1871 auch 1)Divcl'sO Cl'editoren{{, d. h. Buntweberei Vi-'alenstadt.<br />

2) Gewinn- und Verlust-Canto, Canto pro Diversi, dazu 18fi8 und 1872 vVechselcollto, 1868 Uukosteuconto.<br />

1) 1868--1877 l\Iobiliarcollto, 1868--1875 BUl'eaumatcrial-Collto, 1879 UlHl 1880 Liegenschaftscouto, 1880 Conto pro Divel'si.


-;<br />

i<br />

332<br />

Geld-, Cl'edit- und Assecuranz-Institute. Leih- (und Spal'-) Kasse des Seebezirks in Uznach.<br />

333<br />

Passiva.<br />

Leill- (und Spar-) Kasse des Seebezirl{s in U znach.<br />

Activn.<br />

alIT 1-(j '" e 11, cl,,",," ,it,1 Contocorrent-<br />

Jahr (Actiencapital unel Depositen<br />

Creditoren 1)<br />

Resel'vefonds)<br />

Verschiedenes 2)<br />

Total<br />

Darleihen gegen<br />

Hinterlage und<br />

Bürgschaft<br />

Contocorrent-<br />

Debitoren<br />

Verschiedenes I) Kasse Total I<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct. l!'r. Ut.<br />

l!'r. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct.<br />

1867 47,519. 91 4,000. - 79,200. 72 47.87 130,768. 50 127,969. 49 - - 2,799. 01 130,768. 50<br />

1868 49,121. 89 9,580. 55 91,436. 94 26l. 99 150,40l. 37 146,285. - - - 4,116. 37 150,40l. 37<br />

1869 51,174. 21 16,563. 70 102,859. 30 - - 170,597: 21 166,182. 93 - 66. 34 4,347. 94 170,597. 21<br />

1870 53,582. 29 17,092. 98 130,142. 87 200,818. 14 196,130. 03 - 766. 69 3,92l. 42 200,818. 14<br />

187l 56,134. 92 12,243. 05 140,118. 58 208,496. 55 203,016. 20 - 490. 90 4,989. 45 208,496. 55<br />

1872 58,788. 36 13,349. 90 136,417. 43 63. 55 208,619. 24 204,490. 20 - - 4,129. 04 208,619. 24<br />

1873 60,HI0. 90 20,909. 28 117,680. 98 - - 199,50l. 16<br />

1874 63,397. 12 24,678. 78 121,297. 33 451. 85 209,825. 08<br />

194,005. - - 45. 33 5,450. 83 199,50l. 16<br />

202,984. 45 - - 6,840. 63 209,825. 08 I<br />

1875 65,106. 7l 20,000. - 110,65l. 65 438. 23 196,196. 59 172,035. - 14,250. 35 - 9,911. 24 196,196. 59<br />

1876 67,375. 49 20,000. - 150,438. 90 7l3. 77 238,528. 16 224,290. -- 8,770. 05 - 5,468. 11 238,528. 16<br />

1877 69,583. 55 20,000. - 198,648. 81 1,001. 15 289,233. 51 272,670. - 9,179. 55 - 7,383. 96 289,233. 51<br />

1878 74,860. 66 20,000. - 199,837. 81 988. 90 295,687. 37 283,930. - 6,475. 65 - 5,281. 72 295,687. 37<br />

1879 79,498. 17 20,000. - 238,790. 41 259. 18 338,547. 76 334,921. 25 - - 3,626. &1 338,54.7. 76<br />

1880 84,304. 09 30,082. 73 257,978. 26 372,365. 08 352,010. - 11,746. 35<br />

444. 10 8,164. 63<br />

372,365. 08<br />

I<br />

i<br />

!<br />

1) D. h. Guthaben der Sparkasse. 1) ),Überschuss an rückständigen Zinsenu.<br />

2) ))Überschuss an YOl'ausbezogeneu Zinsen


334 Geld-, Credit- und Asseclll'anz-Institute.<br />

Leihbank in Rapperswil.<br />

Passiva.<br />

Leihbanl{<br />

in Rapperswil.<br />

Activa.<br />

Gesellschaftscapital<br />

Jahr Contocorrent-<br />

(Actiencapita1 und Obligationen<br />

Reservefollds) Cl'editoren I)<br />

I<br />

Verschiedenes 2)<br />

Total<br />

:b""1r . Ct. ll'r. Ct. Fr. Ct. Pr. Ct. l!'l'. Ct.<br />

1867 122,046. 76 131,990. 65 81,310. 86 9,121. 97 344,470. 24<br />

1868 123,176. 81 185,850. - 139,339. 98 9,420. 46 457,787. 25<br />

1869 124,039. 31 204,650. - 196,734. 32 9,694. 07 535,117. 70<br />

1870 124,839. 31 220,320. - 192,309. 65 8,649. 15 546,118. 11<br />

1871 125,639. 31 243,820. - 261,380. 71 8,958. 77 639,798. 79<br />

1872 126,711. - 252,920; - 317,972. 48 9,534. 35 707,137. 83<br />

, 1873 128,400. - 299,390. - 373,255. 92 10,680. 95 811,726. 87<br />

!<br />

1874 213,000. -- 376,840. - ,<br />

409,888. 70 10,798. 21 , 1,010,526. 91<br />

1875 214,800. - 501,800. -- 400,162. 72 15,374. 56 1,132,137. 28<br />

I<br />

Wechsel<br />

Darleihen gegen I<br />

Hinterlage und<br />

Bürg'schaft<br />

I<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. I lh',<br />

I<br />

I<br />

I<br />

19,520. 82 138,350. - 167,230. 59 -<br />

Contocorrent- Verschie-<br />

Wertschriften Kasse<br />

ITota~<br />

Total<br />

Debitoren denes l )<br />

Ct.<br />

Pr. Ct. Pr. Ct. Fr. Ct.<br />

1,610. 35 17,758. 48 344,470. 24<br />

31,053. 20 209,925. - 208,293. 25 -- 1,728. 19 6,787. 61 457,787. 25<br />

34,982. 83 253,570. - 221,016. 19 - 2,280. 15 23,268. 53 535,117. 70<br />

30,458. 49 220,338.- 260,230. 22 - 3,179. 70 31,911. 70 546,118. 11<br />

64,007. 20 211,692. - 323,815. 11 - 4,358. 90 35,925. 58 639,798. 79<br />

93,402. 70 222,290. - 344,392. 30 - 4,276. 35 42,776. 48 707,137. 83<br />

89,202. 45 280,210. - 398,211. 74 - 1,843. 30 42,259. 38 811,726. 87<br />

104,834. 33 296,410. - 584,388. 27 - 3,621. 35 21,272. 96 1,010,526. 91<br />

102,728. 39 310,857. 50 671,273. 22 27,220. - 2,273. 25 17,784. 92 1,132,137. 28<br />

1876 223,084. 12 554,350. - 512,637. 29 18,620. 98 1,308,692. 39<br />

I 116,378. 70 290,470. - 827,063. 49 33,400. - 744. 20 40,636. - 1,308,692. 39<br />

1877 225,500. -<br />

I<br />

i<br />

, I<br />

628,350. - I 636,554. 47 16,384. 23 1,506,788. 70<br />

1878 227,500. - 632,300. - 625,997. 09 15,468. 51 1,501,265. 60<br />

1879 230,500.- 640,300. - 547,930. 03 17,158. 99<br />

I<br />

1,435,889. 02<br />

I<br />

1880 233,000. - 769,900. - 518,991. 45 16,685. 44 1,538,576. 89<br />

i<br />

137,046. 99 285,300. - 974,544. 25 57,150. - 1,577. 29 51,170. 17 1,506,788. 70<br />

146,741. 56 289,737. - 930,792. 57 75,060. - 1,761. - 57,173.47 1,501,265. 60<br />

122,104. 40 244,760. - 971,592. 44 68,550. - 532. 70<br />

155,572. 30<br />

i<br />

274,485. - 982,4:36. 49 80,575. - 541. 30 44,966. 80 1,538,576. 89<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

28,349. 48 1,435,889. 02<br />

I<br />

I<br />

,<br />

I I ! -<br />

1) Hauptgläubiger ist die von dem Institute geführte Sparkasse, deren Reservecollto im Jahre 1876 mit demjenigen der LeihlJallk vereinigt wurde.<br />

2) Rückzinse, Dividendencollto, Tantiemenconto und Saldo auf neue Hechnullg. 1) Rückständige Zinsc, da~u 1877 his 1879 auch lVlobilial'Collto.


336 Geld-, Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

Passiva.<br />

Toggenburgerbank<br />

in Lichtensteig.<br />

Toggenburgerbank in Lichtensteig.<br />

AcUva.<br />

337<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. Fl', Ct. Fr. Ct. Fl', Ct.<br />

1867 2,157,900. - 1,145,895.65 581,067.56 235,043.25 600,000. --<br />

I<br />

I<br />

Irr. Ct. Fr. Ct.<br />

155,752.56 4,875,659. 02<br />

I<br />

1868 2,072,575. - 1,082,907.65 1,226,854.94 53,320.70 600,000. - 146,035.71 5,181,694. -<br />

1869 2,085,000. -- 938,406. - 772,808.58 358,018.71 600,000. - 129,557.40 4,883,790.69<br />

1870 2,096,000. -<br />

I<br />

i 792,164.59 661,480. 10 280,651. 68 600,000. - 123,663.29 4,553,959. 66<br />

I<br />

I<br />

I<br />

1871 2,114,000. - 817,903.65 523,604.75 360,185.06 600,000. - 142,451. 79 4,558,145. 25<br />

1872 2,128,700. - 961,348. 25 323,895.18 405,619.60 600,000. - 138,358.90 4,557,921. 93<br />

,<br />

1873 2,146,000. - 1,239,522. - 605,442.76 844,732.52 600,000.- 148,654.05 5,584,351. 33<br />

1874 2,376,000. - 1,408,186.80 536,827.23<br />

i<br />

814,821. 57 1,000,000. - 175,544.90 6,311,380. 50<br />

1875 2,390,700. - 1,456,306.80 599,724.24 813,156.85 1,000,000. - 147,091. 96 6,406,979.85<br />

1876 2,406,800. - 1,490,413. 25 580,483.91 889,998.85 1,000,000.- 152,947.15 6,520,643.16<br />

1877 2,422,400. -- 1,419,670.25 405,141. 79 768,408.64 1,000,000. - 150,324.37 6,165,945.05<br />

1878 2,413,000. - 1,397,148.85 379,667.02 692,293.60 1,000,000. -<br />

1879 2,427,400. - 1,448,097.70 387,183. 17 776,889.31 1,000,000. -<br />

1880 2,442,600. - 1,543,428. 90 406,585.91<br />

I<br />

I<br />

770,302.92 1,000,000. -<br />

I I I<br />

1) Nicht emittirte Actien auf beiden Seiten weggelassen.<br />

') Privaten, dazu 1867-69 Filiale Wil, Banquiors 1867, 1872-1879.<br />

3) rrantiemellcollto, Dividelldenconto, Gewinn- und Verlust-Canto, dazu 1867 Zinsenconto, 1867-1869 Incassi.<br />

I<br />

!<br />

I<br />

I<br />

i<br />

148,940.83 6,031,050. 30<br />

158,158.38 6,197,678.56<br />

150,707.10<br />

I<br />

6,313,624.83<br />

Wechsel<br />

Darleihen gegen<br />

I<br />

.<br />

Hinterlage und I<br />

Bürgschaft I<br />

I<br />

Fr. CI. Fr. Ct. I<br />

1,081,778.20 1,292,109.75<br />

941,166.50 1,641,980.45<br />

624,042.10 1,539,282. 10<br />

435,219.40 1,586,262. 28<br />

793,878.60 1,563,441. -<br />

792,083.30 1,421,900. 9.5<br />

718,845.45 1,359,207.75<br />

680,736.30 1,516,202.60<br />

679,040.65 1,613,899.35<br />

611,893.55 1,703,227.75<br />

829,817. - 1,623,406.70<br />

591,809.85 1,765,105.30<br />

958,584.70 1,760,819.95<br />

1,26\),221. 55 1,724,612. -<br />

Gesell schafts- Obligationen<br />

I capital ' )<br />

Contocorrent-<br />

Jahl' und Ac"p" I Bwknot,n Verschiedenes 2 ) . Total<br />

(ActiencapitaI und<br />

Creditoren 3)<br />

Reservefancls) Depositen<br />

Contocorrent­<br />

Debitoren')<br />

Fr.<br />

Cl.<br />

2,273,059.75<br />

2,187,329.67<br />

2,816,445. 04<br />

1,969,106.81<br />

1,619,076.65<br />

1,793,474.60<br />

2,817,859.95<br />

3,844,602. 76<br />

3,429,856. 89<br />

3,488,679. 96<br />

2,955,225. 12<br />

2,919,012.43<br />

2,940,642. 26<br />

2.790,587.65<br />

Wertschriften<br />

15,625. -<br />

163,900. --<br />

123,000. -<br />

140,540.45<br />

248,233.50<br />

243,583.15<br />

368,691. 15<br />

282,604.75<br />

236,233.25<br />

148,758.75<br />

160,956.25<br />

106,948.71<br />

65,903. -<br />

102,710 .. ~5<br />

Verschiec1enes<br />

2)<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

24,000. -<br />

22,700. -<br />

10,700. -<br />

15,011. 85<br />

46,479.85<br />

97,915.23<br />

105,700. -<br />

109,760. -<br />

106,100. -<br />

95,100. -<br />

89,799.30<br />

70,500. -<br />

72,100. -<br />

60,000. -<br />

Kasse<br />

Total<br />

."b-'r. Ct. Fr. Ct.<br />

189,086.32 4,875,659.02<br />

274,617.38 5,181,694. -<br />

270,321. 45 4,883,790.69<br />

407,818.87 4,553,959.66<br />

287,035.65 4,558,145.25<br />

208,964.70 4,557,921. 93<br />

214,047.03 5,584,351. 33<br />

377,474.09 6,311,880.50<br />

341,849.71 6,406,979.85<br />

472,983. 15 6,520,643. 16<br />

506,740.68 6,165,945.05<br />

577,674.01 6,031,050.30<br />

399,628.65 6,197,678.56<br />

366,493.08 6,313,624.83<br />

I<br />

1------'---------'-------'---___ I I -'---___ I .__'---___ I ---''--_____ i<br />

_<br />

1) Privaten, dazu 1868-1871 und 1880 Banrluiers, 1872--80 Filiale HOl'schach.<br />

.9) l\1"obiliencollto 1867-79, Action- und ))Notellorstellullgskosten-Couto" 1867-1877 und 1879) IllllllOhiliollcouto 1867-1868 und 1870-1880 Zillsell~<br />

canto 1869. ,<br />

43


1<br />

338<br />

Passiva<br />

( ( .<br />

.Tahr<br />

1867<br />

I<br />

1<br />

I<br />

!<br />

1<br />

Obligationen und<br />

Depositen<br />

Fr.<br />

116,307. -<br />

1868 I 156,24ß. -<br />

,<br />

Ct.<br />

I<br />

1869 I 16.5,703. -<br />

!<br />

I<br />

1) })rivatell uur! BaUflll1Crs.<br />

, Passiva.<br />

r---.Tahr<br />

1873<br />

1874<br />

1875<br />

1876<br />

1877<br />

1878<br />

1879<br />

1880<br />

Obligationen und<br />

Depositen<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

125,885. 09<br />

178,8-14. 30<br />

240,133. 30<br />

262,372. 15<br />

246,311. 25<br />

244,633. 90<br />

265,414. 45<br />

263,509. 50<br />

I<br />

!<br />

Gelcl-, Credit- und Assecuranz-Institute.<br />

Oontocorrent-<br />

Oreditoren ')<br />

Fr.<br />

Ot.<br />

53,749. 58<br />

5ß,014. 2ß<br />

67,103. 79<br />

Oon t.ocorrentdito<br />

ren Ore ')<br />

Fr.<br />

31 7,879. -<br />

Ct.<br />

39 1,160. 26<br />

3ß 1,527. 07<br />

37 3,400. 26<br />

30 7,419. 11<br />

35 8,355. 96<br />

28 9,727. 55<br />

23 2,173. 22<br />

1) Hauptbauk.<br />

..<br />

2) Hypothek auf Immobilien d. h. anf dem Bankgohaudc, dazu 1874 - 1880 T<br />

an t ii'.nu nconto 1875-1876 Incassoconto.<br />

I<br />

I<br />

!<br />

I<br />

Toggenburgerbank~<br />

Accepte Verschiedenes Total<br />

-<br />

Fr. m. I Fr. Ot.<br />

Fr. Ct.<br />

I<br />

\<br />

1,114. 70 -- 171,171. 28<br />

I<br />

102,095. -<br />

- 314,355. 2ß<br />

I<br />

!<br />

I<br />

80,445. 95 -- 313,252. 74<br />

--_._-------,----------<br />

- I<br />

Toggenburgerbanl{,<br />

I<br />

Accepte V erschiec1enes 2) Total<br />

Fr.<br />

Ot.<br />

I<br />

li'l'. Ct. I Fr. Ct.<br />

91,391. 81<br />

31,177. 50 1 566,332. 90<br />

83,337. 50 33,200. - I<br />

ü8ß,542. 06<br />

97,962. 55 33,861. 45<br />

I<br />

733,484. 37<br />

182,579. 79 35,988. 30 854,340. 50<br />

92,572. 75 32,400. - 678,703. 11<br />

153,582. 16 31,900. - 788,472. 02<br />

135,248. 15 33,150. - 723,540. 15<br />

295,666. 85 34,400. - 825,749. 57<br />

Toggenbl1l'gerb~"nk,<br />

Filialen Wil und 1101'8ch[wh.<br />

Filiale W il.<br />

/ Activ'l /( 10<br />

It<br />

J<br />

!<br />

1<br />

Wechsel<br />

Darleihen gegen<br />

Oontocorrent- Verschiedenes 11<br />

Hinterlage und Kasse Total<br />

Debitoren ') (l\fol.Jiliencollto)<br />

Bürgschaft<br />

I<br />

I<br />

I J1r. Ct. Fr. Ot. I Fr. Ot. Pr. Ot. Fr. Ct.<br />

Pr. Ct.<br />

I<br />

27,520. - 129,414. 90 3,619. 30 90. -- 10,527. 08 171,171. 28<br />

9,100. -- 126,045. -<br />

I<br />

I<br />

169,212. 25 - 9,998. 01 • 314,355. 2ß<br />

I<br />

!<br />

I<br />

313,252. 74<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I I<br />

I<br />

I<br />

-~-._------- -" ,<br />

17,845. - 108,154. - I 155,710. 49 - 31,543. 25<br />

1) Hauptl.Jallk und 1868--1869 Privaten.<br />

Filiale Rorschach.<br />

Fr.<br />

Ct.<br />

ActiV\l « •<br />

Darleihen gegen<br />

Contoconent-<br />

Wechsel Hinterlage und Wertschriften Verschiedenes 2)<br />

Debitoren 1)<br />

Bürgschaft<br />

l<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ct. Fr. Ot. l!'l'. Ot. Jh', Ct. I<br />

, !<br />

209,001. 66 I 109,473. 50 141,457. 84 1,100. - 74,358. 71 30,9'11. 19 566,3:32. 90<br />

I<br />

2ß5,005. 88<br />

I<br />

170,828. 70 138,79ß. 52 2,695. - 74,500. - :34,715. 9ß ß8ß,542. Oß i<br />

I<br />

I<br />

287,228. 15 164,344. 35 173,894. 42 1,991. 30 74,300. - 31,726. 15 733,484. 37<br />

216,503. 35 225,870. 10 278,705. 45 1,993. 30 74,200. - 57,068. 30 854,340. ,50<br />

,<br />

71,907. 70 252,195. 90 220,603. 76 I 3,094. - 74,000. - 56,901. 75 678,703. 11<br />

,<br />

120,171. 75 266,067. 20 270,930. 72 - 73,100. - 58,202. 35 788,472. 02<br />

115,171. 70<br />

98.211. 12 315,050. 10<br />

:<br />

!<br />

1) Privaten und Banquicl's.<br />

2) Immobilien- und }\fobilicn-Conto.<br />

Kasse<br />

314,271. 05 139,342. 60 - 72,500. - 82,254. 80<br />

!<br />

I<br />

Total<br />

723,540. 15<br />

25ß,207. 95 1,564. 65 72,000. -- 82,715. 75 82.5,7"19 . .57<br />

I<br />

-" -<br />

I<br />

I<br />

I<br />

!<br />

I<br />

i


340<br />

Geld-, Credit- und A8securanz-Institute. Bank in Wil.<br />

Passiva.<br />

Bank in Wil.<br />

Activa.<br />

341<br />

Jahr<br />

Capital<br />

(ActiencrqJital und<br />

Resel'vefol1ds)<br />

Obliga,tionen<br />

Contocorrent- Accepte und Verschiede-<br />

SplLrkl\sse<br />

Total<br />

und Depositen Ure dito ren 1) Tratten nes 2)<br />

Fr. Cl. Fr. Ct. l!"11'. Cl. Fr. Cl. Fr. Cl. l'r. Cl. Fr. Cl.<br />

1870 30,000. - 151,860. - 43,777. 75 2,936. 99 76,102. 80 2,750. 94 307,428. 48<br />

Darleihen Darleihen<br />

Gon tocorren t-<br />

Wechsel gegen gegen<br />

W t h . ft Verschiede-<br />

Debitoren 1) er sc 1"1 en I 2)<br />

Hinterlage<br />

nes<br />

Bürgschaft<br />

I<br />

I<br />

Kasse Total<br />

I I<br />

Pr. Cl. ~'r. Cl. Fr. Cl. Fr. Cl. ]'1'. Ct. Fr. Ol. Fr. Cl.<br />

Fr. Ct.<br />

52,600. - 37,820. - 67,900. - 139,360. 10 - -- 9,748. 38 I 307,428. 48<br />

I<br />

1871 60,400. - 204,895. -- 51,632. 30 242. 39 112,028. 13 6,937. 85 436,135. 67 26,985. - 65,520. - 93,650. - 235,392. 56 - - 14,588. 11 436,135. 67<br />

1872 156,800. - 321,150. - 62,817. 50 65,890. 03 75,442. 90 9,406. 36 691,506. 79<br />

!<br />

60,700. - 102,780. - 154,750. - 364,371. 17 ·2,000. - - 6,905. 62 691,506. 79<br />

1873 229,135. - 344,940. - 60,201. - 97,461. 90 108,130. 52 15,081. 65 854,950. 07 67,280. - 163,530. - 184,000. - 381,992. 22<br />

,<br />

2,000. - - 56,147. 85 8.54,950. 07<br />

1874 515,000. - 412,470. - ;'8,706. - - 188,041. 78 18,668. 93 1,192,886. 71 208,000. - 165,000. - 222,400. - 502,847. 29 64,000. - 600. - 30,039. 42 1,192,886. 71<br />

1875 518,000. - 534,900. - 57,895. - 482. 71 260,725. 50 45,782. 94 1,417,786. 15 184,600. --- 195,470. -- 246,800. - 703,031. 75 64,300. - 300. - 23,284. 40 1,417,786. 15<br />

1876 522,000. - 588,940. - 62,650. - 34,152. 29 666,743. 20 50,770. 85 1,925,256. 34 241,200. - 265,800. - 267,200. -- 1,047,575. 70 64,200. - - 39,280. 64 i 1,925,256. 34<br />

1877 689,470. - 655,900. - 65,840. - 9,970. 80 , 1,132,730. 99 56,842. 53 2,610,763. 32 389,600. - 294,500. - 364,100. - 1,444,296. 89 64,640. - 91. .- 53,535. 43 2,610,763. 32<br />

1878 720,815. 60 729,900. - 67,570. - 49,910. 93 1,045,253. 65 66,748. 39 2,680,198 .. 57<br />

1879 742,774. 10 .902,150. - 64,290. - 52,398. 28<br />

.<br />

I<br />

1,016,617. 17 68,375. 47 2,846,605. 02<br />

1880 918,560. - 1,127,040. - 81,740. - -<br />

1,074,917. 82 90,.524. 87 3,292,782. 69<br />

I<br />

321,000. - 424,300. - 404,250. - 1,398,300. 30<br />

I<br />

72,920. - 91. - 59,337. 27 2,680,198. 57<br />

294,640. - 483,180. - I 442,050. - 1,528,117. 80 73,570. -- 591. - 24,456. 22 I<br />

i<br />

2,846,605. 02<br />

449,470. -- ! 605,900. - 457,770. - 1,630,165. 79 77,758. - 39,039. 10 32,679. 80 3,292,782. 69<br />

I<br />

-_.---<br />

1) BanquiOl's. 1) 1874 und 1880 auch Banquiers.<br />

2) Gewinn- uud Verlust-Conto. 2) l\fobilienconto, dazu 1880 auch Bauconto.<br />

!<br />

I<br />

!<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

•<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

! I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I


342 343<br />

I<br />

Passiva.<br />

.lahr<br />

GeneralbilaIlZ aller vorstehenden<br />

I<br />

Tratten, Ac-<br />

","ell"h'ft"'1 OLliga",n,.<br />

Contocorrent- cepte und Banknoten-<br />

Sparkassen<br />

capital u. Depositen Creclitoren Wechsel- emission<br />

Oblighi<br />

1 verSChiede-I<br />

I nes I<br />

Fr. CI. Fr. Cl. ]'1'. Cl. Fr. Cl. 1 Fr. Cl. ]'1'. Cl. Fr. Cl. Fr. Cl.<br />

1867 14,224,200. 22 10,907,724.72 238,712.95 3,904,833.01 2,549,449.52 3,735,623.80 933,232.92 36,493,777. 14<br />

1868 15,907,248.20 12,260,982.71 1,912,827.58 5,089,095.57 1,940,036. - 5,235,581. - 1,191,116.94 43,536.888. -<br />

Total<br />

Geld- llncl Credit .. lnstitllte ZUSamlUen.<br />

Wechsel<br />

I<br />

Darleihen<br />

I<br />

Darleihen auf gegen Hin ter- Contocorrent- Wert- Verschiede-<br />

Unterpfande lagen und Creditoren schriften neB<br />

Bürgschaft<br />

Kasse<br />

Activa.<br />

-<br />

Fr. Cl. Fr. Cl. Fr. Cl. Fr. Cl. 1 Fr. Cl. 1 Fr. Cl. Fr. Cl. I Fr. Cl.<br />

I<br />

I 6,241,447. 26 i 4,447,140.72 8,991,116.08 9,769,894.35 3,636,061. 49 I 222,569.33 3,185,547.91 I 36,493,777. 14<br />

I<br />

I<br />

6,492,676. 07 8,456,986. 70 11,240,173.44 8,796,073.49 4,622,883. 61 I 316,678. 19 3,611,416.50 i 43,536,888. -<br />

Total<br />

I<br />

I<br />

I<br />

1869 15,842,179.32 13,806,889. 14 3,562,750.98 4,318,656. 78 2,117,062. 02 5,235,516.80 1,000,208.82 45,883,263. 86<br />

6,799,324.13 9,996,916. 83 10,805,114.92 9,260,543.19 4,956,002.89 I 379,762.83 3,685,599.07 45,883,263. 86 1<br />

1870 16,022,419.52 14,489,491. 57 4,402,415. 32 4,463,195.39 2,529,129.82 5,235,474. - 1,101,709.32 48,243,834. 94<br />

1871 16,234,203.64 16,608,594.40 5,611,400. 54 4,445,031. 69 2,412,809.99 5,735,452.60 1,009,239. 19 52,056,732.05<br />

1872 18,292,823.61 17,476,021. 40 6,670,851. 30 4,751,769.35 2,358,058. 16 6,624,802. 80 1,008,732.40 57,183,0.59.02<br />

I<br />

5,061,387.98 10,587,661. 40 11,579,116.94 10,163,805.31 5,581,026. 741 462,472.06 4,808,364.51 I<br />

I<br />

48,243,834. \)4<br />

9,379,6.58. 79 11,6.56,184.40 11,293,336. 93 I 10,055,789.38 .5,891,267. 13 I 527,611. 06 3,2.52,884. 36 .52,0.56,732.05<br />

I<br />

I<br />

8,.541,533.50 13,304,896. 66 12,.531,077. 15 I 11,850,351. 84 7,005,016.92 I 622,021. 18 3,328,161. 77 57,183,059.02<br />

i<br />

1873 18,957,737.34 18,634,314.43 7,268,317.47 5,826,076. 97 3,501,961. 24 7,503,567.40 1,161,382.81 62,853,357.66 10,118,791. 41 15,638,518.97 13,767,096.95 13,064,019.43 6,672,686. 06 I 636,306.66 2,955,938. 18 62,853,857.66<br />

1874 19,991,936.16 20,236,796.56 8,053,792.38 6,538,993. 81 3,894,158.64 10,387,817.40 1,054,447.82 70,157,942.77 9,472,102.33 18,3.51,768.49 15,251,481.- I 15,278,785.90 5,640,612. 06 621,350. - 5,541,842.99 70,157,942. 77<br />

1875 20,268,487.88 22,840,311. 82 8,760,462. 92 7,606,409.52 5,032,326. 11 11,556,274.60 1,151,499. 77 77,215,772.62 10,673,933.35 21,329,340.60 17,242,371.55 I 15,816,709. 79 5,714,412.05 650,609.05 5,788,396.23 77,215,772. (;2<br />

1876 20,980,634. 53 25,221,139.48 9,367,161.16 9,573,797.32 5,176,350.73 11,556,253. 20 1,234,245. 88 83,109,582.30 10,435,056.37 24,067,459.37 19,132,799.70 17,075,606.34 4,790,089.77 734,919.77 6,873,650. 98 83,109,582.30<br />

1877 23,761,476.21 32,524,076. 68 9,819,737.07 8,677,135.96 4,302,111. 83 10,519,003.20 1,513,484.64 91,117,025.59 11,645,661. 68 27,251,038.04 22,884,431. 59 I 16,137,266. 14 4,970,194.64 3,036,775.97 5,191,657.53 91,117,025.59<br />

1878 26,876,966. 04 1 36,484,447.51 10,591,862.60 9,518,358.71 4,035,336. 76 13,519,003.20 1,463,904. - 102,489,878.82 14,501,462.78 29,905,815. 36 27,523,174. 10 16,151,699.06 I 5,400,505.31 I 2,969,821. 45 i 6,037,400.76 102,489,878.82<br />

1879 28,699,384. 48 142,221,463. 66 11,848,701. 54 10,021,690.84 5,339,131. 38 13,019,003.20 2,125,398. 93 113,274,774.03<br />

1880 14,372,862.66 11,922,558. 43 6,972,804.61 13,019,003.20 2,501,756.04 122,705,201. 04<br />

29,635,982, °'114'28°'231' 03<br />

I<br />

I I I 1<br />

..<br />

I .---<br />

18,388,630. 83 32,842,447. 19 29,353,282. 03 19,202,721. - .5,677,954.77 1,668,809.42 6,140,928.79 113,274,774.08<br />

!<br />

22,071,075.20 I 33,713,351. 51 I 30,25.5,711. 32 : 22,978,872.23 I 4,886,263. 99 1,721,3.53.78 7,078,.573.01 122,705,201. 041<br />

. I I I I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I I I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I<br />

'--1<br />

I<br />

I<br />

I<br />

I


Die Sparkassen des I(antons St. Gallen<br />

auf den Rechnungsabschluss 1866, 1880 und 1881.<br />

44


-----~_.<br />

----<br />

"~----<br />

346 Geld-, Credit- und Assecurtl,nz-Institute.<br />

Sparkassen des Kantons St. Ga.llen.<br />

::\·17<br />

Sparkassen<br />

Bezirk St. Gallen.<br />

1. Stadt St. Gallen 1811<br />

2. Kaufm. Directoriu1l1 1835<br />

I<br />

II<br />

1866 1880<br />

Anzahl der G esam tgn t- Durchschn.- Anzahl der I Gesamtgut- I Durchschn.-<br />

Scheine beim haben derEin- Betrag beim Scheine ",im ImheUd"'Ein'l ßcl.mg "eim<br />

Rechnungs- leger b. Rech- Rechnungs- Reclmungs- leger h. Rech- Hochnungsabschluss<br />

nungmtbschl. abschluss abschluss nungsabschl. abschluss<br />

,<br />

I<br />

Fr. Fr. CI.<br />

CI.\<br />

Fr. CI. ]'1'. CI.<br />

4,528 3,004,088. 26i 663. 45 5,011 4,542,923.23 906.59<br />

9,222 5,253,968.91: 569. 72 10,520 10,601,239. 11 1,007.62<br />

Hülfsgesellsclmft 1843 1,083 19,281. 27 17. 80 -- -- -<br />

3. Creditanstalt 1854 I 5,390 3,321,037.14 616. 15 6,958 11,852,417.85 1,703.42<br />

4. St.Gall.Hypothelmrlmsse 186.5 I 260<br />

I<br />

184,506.15 709. 64 1,233 1,065,329. 79 864.01<br />

5. Kantonalbank 1868 I - - - 15,207 11,110,449.37 730.61<br />

Bezil'k Tablat.<br />

'6. Sparverein Ameise 1879 III<br />

7. Hiiggenswil 1869 II 188 41,140.13 218. 83<br />

Bezil'k ROI·schach.<br />

8. Rorschach, SparVOl'ein 1880 II 535 12,861. 90 24.04<br />

Bezil'k Untel'l'heintal.<br />

9. Rheinegg, 'l\tl u. Lutzonberg<br />

1853 II 774 1(l4,403. 12[<br />

212. 41 1,028 345,475.90 336.07<br />

10. Au 1872 II - -<br />

- 250 93,774. 15 375. 10<br />

11. Bel'negg 1868 I-II - - ---<br />

I<br />

71O 415,.556.05 585.29<br />

12. BalgfLch (Angaben ungenau) 1869 I-II - - - 376 140,139. - 372.71<br />

13. 1St. lVIargreten 1876 I-lI - - -<br />

151 54,875.34 363.41<br />

Ubertrag<br />

[<br />

I<br />

- ----- --------<br />

I<br />

----- --------- -- --- -<br />

21,257 111,947,28'1. 85[ 42,167<br />

140,276,181. 82<br />

1) Die Hpal'kassen sind iu_folgende Klassen unterschieden: I. solche, deren Gewinn einem Unternehmer zuf~i.llt, also ~. B: die von Actien- und, S~~~tsbanken<br />

ete. geführten HlJal'kasSCllj II. 801.ohe, deren Gewinn zn gomoinllütLlißcn Zwecken v.~rwelldot WIrd OcleT,ln ~Ulü~l event1~ellll~~l t1CI~ltrg:ll<br />

Zwecken bestimmten oder olme definil'tcn V'-cl'wclldullgt3zweck allgesanullclton Rescl'vcfonds fallt; 111. solche, deren Gewllill an dIe J'-'1 egor selb t,<br />

im VCl'hültuis der Einlagen, verteilt wird.<br />

I<br />

1881<br />

Anzahl der Gesamtguthaben Durchschnitts- I l1.eservefonc1s beim<br />

!<br />

Scheine beim der Einl egor beim betrag beim i H,echnungsabschluss<br />

l1.echnungs- 1technungs- Rechnungs- oder anderweitige<br />

abschluss abschluss abschluss Garantien')<br />

}'r. CI. Fr. CI. J~r. Ut.<br />

I<br />

I<br />

Zinsfuss<br />

I<br />

Hüc!ezahlllngs bedingungen<br />

I<br />

5,400 5,160,280.45 955. 61 350,000. - 4 1 /4 bis Fr. 100 ohne KÜlldg,) bis Jh'. 1000 1 I\It., I<br />

! übel'. :lh', 1000 4 l\lt. i<br />

I<br />

10,80'1 I 11,068,248. 34 1,024. 45 410,389. 30 41 /1 bis Fr. 100 olllw Künüg.) bis Fr. 1000 B 1\lt.) i<br />

,<br />

u. Vel'lllögell d.Dil'cctol'iulllS über ]


"<br />

~<br />

,<br />

348<br />

Sparkassen<br />

Übcrtmg<br />

Bezi!'!< Obm·!·heinlal.<br />

14. Altstätten, Sparkasse<br />

15. " rheintltlische<br />

Cl'editanstalt<br />

16. Altstätten, Sparver.Biene<br />

17. Oberriet, Sparkasse<br />

18. Spltrverein<br />

19. Rebstein, Spf1l'lmsse<br />

, Bezil'l( Werdenbe!'g.<br />

20. Sax-Frlimsen-Hag<br />

21. Buchs, w8rdenhergische<br />

Spal'- und Leih-Anshllt<br />

22. Azmos, Spar- und Leihkasse<br />

,Vartau-Sevelen<br />

23. Grabs, Crcditllnstltlt<br />

24. Gmns<br />

Bezir!< Sargans.<br />

25. vValcnstadt, Sa,l'gl1l1Ser­<br />

Bind. Spar- u. Lcih-Anst.<br />

26. Quarten<br />

27. Sargttns, Spal'v81'cin<br />

il<br />

i<br />

I<br />

!<br />

I<br />

Geld-, Credit- und Asseeuranz-Institute.<br />

[ 1866<br />

bD<br />

I Anzahl der Gesamtgut- Du]'chschn.­<br />

~ ! Klasso<br />

'Scheine heim habenderEin- Betrag heim<br />

~<br />

:8 [' Hechnungs- legel' b. Rech- Rechnungs-<br />

I 1 llbschluss nungsabschl. abschluss<br />

21,257<br />

18421 I-lI 1 1,699<br />

18741 I<br />

18791 III<br />

1861 II<br />

.( III<br />

1873 I-lI<br />

1880 I-lI<br />

1872<br />

1<br />

1871) 1<br />

1880<br />

1875<br />

~i<br />

II<br />

I<br />

Tl<br />

I<br />

1868 I-lI I<br />

1858 I<br />

1<br />

I<br />

1880<br />

TU. 1<br />

]t<br />

,<br />

i<br />

I<br />

1,OUU. S'}<br />

I<br />

i) Actieuca.llital und Hesol've- 4'/1--4 1 /2 ' 2 Mt. K!lg,<br />

fonds der Anstalt<br />

77. 85 - - nückzahluug ohne Kdg.<br />

I<br />

1<br />

I<br />

519. 20 11,328. 23 4'(2 2 lIIt. ICtlg.<br />

8,UIJO. -<br />

49. 68 - - ohne Kdg.<br />

306, - 15,000. - 4 1 /,<br />

? r<br />

'0<br />

I ,<br />

1,049. 73 32,048. .- 5<br />

" ? r<br />

.568. 6" i) Actiellcallital und UCSOl'VCfonels<br />

der Anstalt<br />

'1-4 ' /2<br />

537, 20 AcUcncapital und Hescl've-<br />

!<br />

fonds der Anstalt<br />

'1',12<br />

672. 66 A ctiellcapitnl und Rescl'Yofond<br />

s d er Anstalt<br />

4 1 ;'1<br />

I<br />

,102. 92 1,500. _.- 4'/2 211ft, Kdg,<br />

10,000, I<br />

I<br />

-"<br />

I<br />

I<br />

283. 17 Adiclleavital und RcservefOllll~<br />

der Anstalt<br />

4'/1<br />

374. 8.5 Privutverlllögcll llcs Yerw("tlters<br />

!<br />

4'(,<br />

71. 80 '- ---- olme Iülg.<br />

,<br />

I<br />

,<br />

Lis 1j'1'. 100 1 l\It. Ktlg, i übel' }1'1'. 100 B ~It.<br />

I<br />

" his l'r, 100 olme ICdg. , hi8 l!'1'.500 1 Mt.,<br />

üuer Fr. 500 2 l\lt.<br />

bis 1


350 Geld.-, Cl'odit- und AssecuJ'anz-Institute.<br />

Sparkassen des Kantons St. Gallen.<br />

351<br />

Sparkassen<br />

Seebezil'k.<br />

....<br />

~<br />

'"<br />

'd]'<br />

I<br />

1866 1880<br />

on<br />

~<br />

Klasso Anzahl der Gesamtgut- Durchschn.- Anzahl der Gesamtgut- Durchschn.-<br />

p<br />

"0 Scheine beim haben derEin - Betrag beim Scheine heim haben dm'Ein- Betmg beim<br />

~<br />

I :0<br />

....<br />

Rechnungs- leger b. Rech- Rechnungs- Rechnungs- leger b. Rech- Rechnungs-<br />

I<br />

0 abschluss mmgsabschl. abschluss absehluss nungsabschl. abschluss<br />

Fr. Ct. Fr. Ct. 1


352<br />

Gold-, Credit- und Asseouranz-Institute.<br />

Spal'kassen des Kantons St. Gallon. 853<br />

Sparkassen<br />

Übertrag<br />

Bezil'k Alltoggenbul·g.<br />

42. Bütswil<br />

43. Spal'verein Kirchberg<br />

44. Mogelsberlil'<br />

4t>. Dicken<br />

4G. 0 bCl'llzwil<br />

47. Nieclermwil<br />

48. Flawil<br />

49. Degersheim<br />

Bezil'k Wil.<br />

50. Bank in Wil<br />

51. Niederbüren<br />

52. Niedel'helfetswil, Sparkasse<br />

cles Piusvereins<br />

53. Gossau<br />

54. Engelburg<br />

Bezil'k Gossau.<br />

I<br />

i<br />

1<br />

,..,<br />

...cl<br />

.,.., cO<br />

,n<br />

OD<br />

I=i<br />

rc<<br />

I=i '"<br />

:~<br />

0<br />

'"<br />

I ,<br />

I Klasso<br />

I<br />

I<br />

I<br />

1876 lI-III<br />

I<br />

1880 I I-lI<br />

I<br />

18571 I-lI I<br />

1874' Il<br />

1851 I II I<br />

1858<br />

1857<br />

18G7<br />

1870 I<br />

II I<br />

J[ i<br />

n--ml<br />

1867 1-11<br />

1S66<br />

I Al17.ahl der I Gesamtgut- ! Durchschn.­<br />

IScheine beim haben d81'Ein-l Betrag beim<br />

I Rechnungs- legel' b. Rech-l Hechmll1gs­<br />

I abschluss nungsabschl·1 abschluss<br />

29,65G<br />

-<br />

-<br />

440<br />

I<br />

I<br />

222<br />

--<br />

-<br />

-<br />

314<br />

447<br />

I<br />

Fr<br />

1874 Ir - -<br />

1881 1 I-II i<br />

11880 n--IIlI<br />

Fabl'ikel·sllal·nisl


.. AmdeJi..-__<br />

JJenkenc.. __ ..<br />

Kttltbl·ll1lnt'~._. _<br />

Riedew ... ~ .~~<br />

J;fuinJ1i$ .. ~<br />

WefeJu .. _._ .................. _.<br />

_1279<br />

..1234<br />

~~1738<br />

415<br />

~ 1737<br />

716<br />

Bezirk Gos S!l1L<br />

./1RdJvÜt...... ~..... 673<br />

(J"isel'mallL.. ~ 2276<br />

OOS$l1U/.___<br />

~70r.<br />

J~"lllz",JW!lv. 5026<br />

JlfilclkfrdL, ~~~~~~~~~~~~ ~ ~~ ... ~.. ~ 26H<br />

RIr.llu'k Obev.lUteilltlll.<br />

A./istätIeTk<br />

.~~.7U10<br />

EüJWe7Jl~....... 882<br />

JlC<br />

J'arjloJ1S.<br />

Viliers.~<br />

Willl'llSladtz ~~ ~<br />

9~2<br />

1693<br />

... 2831<br />

ErnefswiL<br />

Esthmbaclk<br />

Goltli.(UJew<br />

(jom1J;ism~ ...<br />

~foJld/<br />

Rapp,rymlJiv . ....<br />

S?GaDenkappev<br />

S('luneril'OJI/..<br />

UxnM/I."- __<br />

707<br />

.2008<br />

928<br />

985<br />

~ 2~98<br />

.2637<br />

1056<br />

. ~~.~ ~11t0<br />

Bezu'k Tahla:l.<br />

l(ä!l!lf!7lS1Vil..<br />

94ft<br />

"t11107elL~~~~~~ 926<br />

TablaL . 8092<br />

Wiitl?/lbach-~ . ......... ~~. ~~~~~ 1891<br />

.. B~z:irk Alt.Togg,enburg.<br />

lJllIs1V1L~~ ~..' 2792<br />

Ki;dJmy .4558<br />

Lausbu,!! .. 1355<br />

No.mW!:J~~~~~ .~~. ~ .... ~ 2856<br />

BeZIrk Neu·Toggcnbm'g .<br />

lJl'UluuulRPlIL 801<br />

llembl!'!J ~ .... ~ 151>2<br />

Krol.(J.lV .... ~. 370<br />

Lirldensle{g ~ ~~.m7<br />

OZ,ed'f!l!tYlvil, .. ~.1218<br />

I'eICl'Xellc. ~~ ... 1253<br />

WalfJviL.~ .5283<br />

Bezirk Ober.Tggenbupg.<br />

AlbS. L Johall1u .. - 1529<br />

Ebnat~ .. ... ~ ... ~~.. . ~ 2651<br />

KappeL~~.: .. 2279<br />

KrWnmelUllv tUi<br />

ffesslmL 2183.<br />

Sl~ ... ~ 620<br />

Wila;,aus~~ .1139<br />

, llezjr)< lhllel·.Toggcnburg.<br />

])~el,,"em/L~_. ~2979<br />

FlaroiZ, _.~ 3833<br />

Gant_mi/.. 90~<br />

llenau4. ~ ~3387<br />

.lomm/v... .~ 126~<br />

jllg'lelsbefIl.·· . 3079<br />

O[)el'tlxmill.. ~ ~~ ~. ~ ~ .. ~ ... ~ 277.<br />

Bezirk. WOl'deuberg.<br />

lJuChs ... ~... .~. ~ .~~~ .. ~~~~.. ~~ .. 2829<br />

(lams... 1970<br />

flrribs 3702<br />

SPJlR7IJa]iV. 2888<br />

Sevele,V ~~~~ 1682<br />

, IVtirlmv 2871<br />

Bezil'kWil.<br />

.. 1200 1 1<br />

Obeibumrv<br />

~ ~~ ~~IH5 I .!I'lZ,;.<br />

... 1279 Xl/XlViI- ~~<br />

~ 1676<br />

29.3<br />

lTTKN.<br />

KAH111 A"ENZE~<br />

Ausser Roden.<br />

ßezick.Hinterlund<br />

lkrism!L . ..... ~ .JJ 082<br />

11ll1l1hl,(J,-~. . 1M 7<br />

ScJujTl{9.liJ'WuL .. ~.~ 723<br />

ScnmeZlbrwl1l/ . 2197<br />

Stem 1802<br />

Urnäselu 2974<br />

Jtd.ldstnlt, .1368<br />

Bezirk Vopuel'lam!<br />

tJrllb<br />

HeMen.­<br />

LutJteRlmy<br />

ßel1i"beL~ .<br />

11"'1Ie, ..<br />

lValiV..<br />

PfalM,J,ausell. ..<br />

W&1uildRII.-. ~<br />

1027<br />

3192<br />

~ 1205<br />

227!)<br />

966<br />

1510<br />

..2754<br />

26.8<br />

Bezirk }liUel1wul<br />

lHihlm, .<br />

tluM .......... ~ ..... ~. ~<br />

Spei.cher~~.<br />

Tq}/hv. __ .. , __<br />

l' rqgen.,: .....<br />

Inner Roden<br />

Al'perrxelL<br />

ßo"J.eTU~<br />

fJW;e'l'l<br />

ßüfi,<br />

SChlotb-.Hasler& ..<br />

SeNvmdv ..<br />

160"<br />

2505<br />

. 320l.<br />

>no<br />

2629<br />

4302<br />

1562<br />

2466<br />

18ß7<br />

1391<br />

1233<br />

27° 10'<br />

20'<br />

Wurld.er, R.cH~degg·ep<br />

erlhur.

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