Wartmann (1887) - Swiss Embroidery
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Inchmtrie der Gewebe. - Die st. ga,llische B'Hullwollinc1ustrie.<br />
Das Einzige, was erlangt werden konnte, war auch hier ein sogenannter<br />
Meistbegünstigungs-Vertrag auf kurze Kündungsfrist (23. M~ti 1881),<br />
welcher Jedem freie I-Ittnd liess und Österreich nicht im geringsten abhielt,<br />
im nächsten J (th1'e seinen 187 8er Tarif mit ausdrücklicher Berufung<br />
auf den deutschen Zolltarif von 1879 noch eimmtl nach aufwärts<br />
zu revidiren, mll den Vorsprung, den ihm Deutschland mit seinen Zollerhöhungen<br />
abgewonnen hatte, wieder mehr als auszugleichen.<br />
Sobald es sich in den ersten Monaten des Jahres 1881 immer deutlicher<br />
herausstellte, dass die Unterhandlungen mit Österreich nicht zu<br />
dem gewünschten Ziele führen würden, hatte die deutsche Regierung<br />
der Schweiz die Bedingungen eröffnet, unter denen sie sich zu einer<br />
weiteren Verlängerung des Vertrages von 1869 verstehen wollte. Es<br />
waren folgende: Streichung der "Weintrauben " aus den Artikeln, für<br />
die jener Vertrag gegenseitige zollfreie Einfuhr ausbedungen hatte; 1)<br />
Aufhebung der vertragsmässigen Zusicherung des freien Veredlungsverkel1Ts<br />
2) und eine schärfere Fassung der besonderen Bestimmungen<br />
übel' den Grenzverkehr.<br />
Eine in dieser Weise modificirte Verlängerung des bisherigen Verhältnisses<br />
schien dem Bundesntte nicht wünschbar. Er berief daher<br />
auf den 4. Mai eine besondere Expertencommission, welcher auch der<br />
schweizerische Gesandte in Berlin, Herr Dr. Roth, beiwohnte, und legte<br />
ihr die Fntge vor: ob bei den vorhandenen Aussichten ein neuer definitiver<br />
VertraO' mit Deutschhtnd oder ein Provisorium auf dem Fusse der<br />
h<br />
Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nettion angestrebt oder endlich<br />
gar kein Vertrag abgeschlossen werden sollte ~ 3) Die Uommission<br />
1) Diese Ausnahme wlll'de verhtngt, weil dlll'ch die ll1as~enhafte Einfuhr, besonders italienischer<br />
vVeintrauben, die chtnn in Deutschland ausgepresst wurden, eine Umgehung des Weinzolls<br />
stattfand.<br />
2) vVeil auch der gegenseitige freie VerecUungsverkehr zwischen Deutschland und Österreich<br />
aufhören und Frankreich das Recht genolllmen werden sollto, mit Berufung auf die JliIeistbegünstigungs-Clansel<br />
des Fmnkfurter Friedens Ansprüche auf einen freien Veredlungsverkehr<br />
mit der elsässischen Druckerei zu erhe1)en, gegen welchen die elsässischen Spinner und ,V eber<br />
Einsprache erhoben. - S, Protokoll der Conferenz v. 4. Mai 1881, A.<br />
3) Diese Expertenconnuission bestand fms den Herren Minister Dr. Hoth, Nlttionalrat Geigy,<br />
Ständerat Blumer und Bertheau-Hürlinmnn, unter dem Vorsitze des Herrn Bundesrat Ruchonnet<br />
Erneuerung des Handel~vortntgs mit Deutschland.<br />
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entschied sich für den Versuch, zu einem neuen Vertrage zn gelangen,<br />
besonders, um die Zukunft des freien Veredlungs verkehrs so weit<br />
immer möglich zu sichern. Dass Deutschland an seinem neuen Tarif<br />
nicht jetzt schon wieder rühren lasse, nachdem dieser Tarif eben noch<br />
aus allen Registern als untrügliches Universalmittel für alle wirtschaftlichen<br />
Nöte des Reiches gepriesen worden war, konnte man<br />
voraussetzen. 1) Da somit die Frage von Vertragstarifen zum vorneherein<br />
wegfiel, gestaltete sich die Aufgabe der vom 12.-22. Mai in<br />
Berlin geführten Unterhandlungen ziemlich einfach. Der neue Vertrag,<br />
der aus ihnen hervorgieng, war im wesentlichen der alte Meistbegünstigungs<br />
-Vertrag mit jenen oben angeführten Abänderungen,<br />
welche die deuts,che Regierung zur Bedingung der Erneuerung geals<br />
damaligem Vorsteher des schweizerischen Handels- und Landwirtschafts-Departements. _<br />
Das kaufmännische Directorium hatte schon in einer Eingabe vom 6. Juni zu Handen des Bnndesrats<br />
die feste Erwartung ausgespr.ochen, dass durch die Verlmndlungen wenigstens der g'egenseitige<br />
freie Veredlungsverkehr gesichert werde. Auch einen Versuch für Herabsetzung der neuen<br />
deutschen Zölle auf Bamllwollgarne, undichte Gewebe und Stickereien forderte es, ohne indessen<br />
grosse Hoffnung auf dessen Erfolg zu setzen.<br />
1) Der in den ersten Programm-Schriften und -Heden der deutschen Zoll revision ausgesprochene<br />
Gesichtspunkt: dftSS die Revision auch dazu dienen solle, den Abschluss neuer, vorteilhafter<br />
Vertdige mit dem Ausland zu erlangen, war in dem weitetn Verhmfe der Zolldebattrm g'änzlich<br />
fftllen g'elassen worden; im Gegenteil wurden die hohen Schutzzölle anderer Staaten als Ausfluss<br />
staatswirtschaftlicher höherer Einsicht zum nachahmungswerten Beispiel vorgeführt.; und<br />
kaum wal' der neue Tarif festgestellt, so fasste der Centralverbancl deutscher Industriellen, der<br />
Berater und Vorarbeiter des Reichskanzlers bei der ganzen sogenannten Reform, in der Frag'o<br />
der Handelsverträge folgende Resolutionen (in der Generalversammlung vom 22, September 1879) :<br />
1) Die vollständige Durchführung des neuen autonomen Zolltarifs soll auch beim Abschluss<br />
neuer Handelsverträge unbedingt festgehalten werden. 2) Das etwaige Zugeständnis der Meistbegünstigung<br />
ist nur auf kündbare oder kürzere Fristen und nur unter den erforderlichen Vo.rbelmlten<br />
zu g'ewithren. 3) Vor dem Abschluss von Hrmdelsverträg'en sind die beteiligten Interessenten-Kreise<br />
gutachtlich zn hören. - Dem entsprechend gab der Reichskanzler in den Steuer<br />
Debatten des Frühjahrs 1881 im Reichstag die ktttegorische Erklärung ab, dass er fest entschlossen<br />
sei, jeder Modification des Tarifs nach der freihändlerischen Seite zu widerstreben und nach der<br />
Seite des grösseren Schutzes, einer höhern Revenue vom Grenzzoll, hilfreich znr Seite zu stehen,<br />
soweit sein Einfluss reiche; unter der vorausgehenden Erklärung: "Ohne leidenschaftlicher Schutzzöllner<br />
zu sein, bin ich doch ein leidenschaftlicher Finanzzöllner, wegen der Überzeugung, dass<br />
die Finanzzölle, die Grenzzölle, fast ausschliesslich vom Aushtncle getragen werden, namentlich<br />
für Fabricate, und dass sie immer eine nützliche schutzzöllnerische Rilckwirkung haben." Für<br />
den gewöhnlichen Sterblichen einigel'lnassen orakelhaft tönende Aussprüche; besonders ist es<br />
für den gemeinen Menschenverstand nicht leicht begreiflich, wie Grenzzölle, die als Schutzzölle<br />
wirken, auch als Finanzzölle besonders wirksam sein sollen. Das ist doch nur in einzelnen<br />
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