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MELDUNGEN<br />

ihrer hohen Begeisterung und <strong>de</strong>r Armut samt <strong>de</strong>r ganzen<br />

Unfertigkeit. So fin<strong>de</strong>n wir in <strong>de</strong>s nachmaligen Pastors<br />

Hoffbauer Skizzen folgen<strong>de</strong>n Bericht: „Es ging uns<br />

anfangs in Rogau sehr schlimm. Wir lagen dort in unseren<br />

Stu<strong>de</strong>ntenröcken ohne Uniform, ohne Waffen, ohne Pfer<strong>de</strong>,<br />

ohne Offiziere.” Der seit Jahren von Frankreich ausgeplün<strong>de</strong>rte<br />

preußische Staat konnte bei seinen eigenen umfassen<strong>de</strong>n<br />

Rüstungen nur etwa 200 Gewehre geben und nicht<br />

viele Pfer<strong>de</strong> und Uniformen. Im wesentlichen leistete er<br />

nur die Besoldung. Das übrige mußte durch Sammlungen<br />

von Breslau und <strong>de</strong>r Provinz her beschafft wer<strong>de</strong>n. Dann<br />

aber wur<strong>de</strong> aufs eifrigste geritten, geschossen, gefochten.<br />

Selbstverständlich waren auch die Rogauer Quartiere nicht<br />

zu vergleichen mit <strong>de</strong>n Wohnungen, die man heute hat. Ein<br />

Gärtner (Kleinbauer) hatte in seiner Wohnstube 4 bis 5<br />

Mann aufgenommen. Ein kleines Fenster, das nie geöffnet<br />

wur<strong>de</strong>, vielleicht überhaupt nicht zu öffnen ging, gab spärliches<br />

Licht. Neben <strong>de</strong>m Ofen stand ein Faß, in das<br />

Speisereste und allerhand Abwässer gegossen wur<strong>de</strong>n. Auf<br />

<strong>de</strong>n ungedielten Fußbo<strong>de</strong>n schüttete man für die Nacht <strong>de</strong>n<br />

Soldaten und <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Gärtners eine or<strong>de</strong>ntliche<br />

Schütte Stroh, die am Morgen wie<strong>de</strong>r zusammengerafft und<br />

hinausgeschafft wur<strong>de</strong>. Als einer <strong>de</strong>r Freiwilligen ernsthaft<br />

erkrankte, erbarmte sich <strong>de</strong>r Gärtner und bereitete <strong>de</strong>m<br />

Fiebern<strong>de</strong>n eine ständige Bettstatt: in etlicher Entfernung<br />

von <strong>de</strong>r Wand schlug er ein paar Pfähle in <strong>de</strong>n Estrich und<br />

ein paar Bretter daran. In die so entstan<strong>de</strong>ne „Bucht” kam<br />

Stroh. Die Kost war natürlich auch altschlesisch, d.h. gleich<br />

früh Kartoffeln, in Rüböl o<strong>de</strong>r in ausgelassenen Speck<br />

getunkt. Zum Mittagbrot kam Sauerkraut dazu, mitunter<br />

aber wun<strong>de</strong>rvolle, große Klöße, „so <strong>de</strong>rb, daß man keinen<br />

an <strong>de</strong>r Wand hätte zerwerfen können.” Abends gab es<br />

Gewärmtes vom Tage. Die städtischen Feinschmecker vermißten<br />

Kaffee, Suppe und Bier. Mitunter pilgerte man nach<br />

Zobten in <strong>de</strong>n Hirsch und Ferraris Weinstube. In Rogau gab<br />

es <strong>de</strong>rgleichen Genüsse nicht. [...]<br />

Am Tage nach <strong>de</strong>r Einsegnung zogen die tausend Mann<br />

<strong>de</strong>s Königs ab mit <strong>de</strong>m Auftrag, nicht in <strong>de</strong>r Linie zu kämpfen,<br />

son<strong>de</strong>rn kühn sich hindurchzuschlagen hinter die Festungen<br />

Leipzig, Halle, Mag<strong>de</strong>burg, die <strong>de</strong>r Franzmann besetzt<br />

hielt. Dort sollte die „schwarze Schar” <strong>de</strong>m Fein<strong>de</strong> die<br />

Zufuhr an Lebensmitteln, Munition und Geld abschnei<strong>de</strong>n,<br />

sollte das Nachrichtenwesen stören, und – dreist genug –<br />

im Rücken seiner Macht immer neue Freiwillige sammeln.<br />

In <strong>de</strong>r Tat: Aufgaben für eine „wil<strong>de</strong>, verwegene Schar!”<br />

[...]<br />

Abbildungen: „Schlesische privilegierte Zeitung”: aus<br />

Hirt’s Realienbuch für die Höheren Schulen, Ausgabe A,<br />

Nr. 146, Breslau 1936; die Fe<strong>de</strong>rzeichnung zeigt die<br />

Rogauer 1795 im Bethaus-Stil errichtete Kirche ohne <strong>de</strong>n<br />

erst 1865 angebauten Turm; Innenansicht <strong>de</strong>r Kirche zu<br />

Rogau auf einer zur 100-Jahr-Feier herausgebrachten Postkarte:<br />

„Einsegnung von Freiwilligen 1813”, Künstlerpostkarte<br />

<strong>de</strong>s Volkskunstbun<strong>de</strong>s, 1913.<br />

<br />

Falkenberger Kirchenbücher restauriert!<br />

DR. STEPHAN ADERHOLD<br />

„Die Gemeinschaft <strong>de</strong>r evangelischen Schlesier e.V. war<br />

unser Pfingstwun<strong>de</strong>r!” – Diese Worte sagte Frau Elfrie<strong>de</strong><br />

Barnert zum Schreiber dieser Zeilen aus tiefstem Herzen<br />

am 15. Februar 2013 in Oppeln. Anlaß war die Vorstellung<br />

von zwölf restaurierten Kirchenbüchern im Oppelner<br />

Staatsarchiv, die aus Falkenberg O.S., heute Niemodlin,<br />

stammen. Eigentlich ist es eine Geschichte wie immer –<br />

wie immer auch unglaublich schön.<br />

Das Ehepaar Alois und Elfrie<strong>de</strong> Barnert hatte es sich zur<br />

persönlichen Aufgabe gemacht, die fast völlig zerstörten<br />

Falkenberger Kirchenbücher zu retten. Hierzu wur<strong>de</strong>n<br />

Financiers und Spen<strong>de</strong>r gesucht. Auf die in die Welt<br />

gesandten „Bettelbriefe” kamen – auch wie immer – viele<br />

Absagen und, auf <strong>de</strong>m Höhepunkt <strong>de</strong>r Absagenflut, ein<br />

Anruf von Klaus-Ulrich Vogel, <strong>de</strong>m Schatzmeister <strong>de</strong>r<br />

Gemeinschaft evangelischer Schlesier, <strong>de</strong>r diesem Projekt<br />

die Unterstützung zusagte. Und dieser Pfingst-Anruf war<br />

<strong>de</strong>m Vorhaben eine neuerliche Motivation, so daß, mo<strong>de</strong>rn<br />

ausgedrückt, das Fundraising wie<strong>de</strong>r an Fahrt gewann und<br />

nach und nach alle Kirchenbücher von <strong>de</strong>m Restaurator<br />

Dariusz Subocz bearbeitet wer<strong>de</strong>n konnten, <strong>de</strong>r eine wirklich<br />

hervorragen<strong>de</strong> Arbeit ablieferte.<br />

Der um 13 Uhr im Oppelner Staatsarchiv beginnen<strong>de</strong><br />

Festakt wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>ssen Direktor Herrn dr. hab. Miros-<br />

³aw Lenart sehr souverän geleitet. Nach <strong>de</strong>r Begrüßung<br />

wur<strong>de</strong>n die För<strong>de</strong>rer und Organisatoren durch die Überreichung<br />

von Dankesurkun<strong>de</strong>n gewürdigt. Als, <strong>de</strong>r sichtlich<br />

bewegte, Alois Barnert <strong>de</strong>n Dank erwi<strong>de</strong>rte, staunte die<br />

Gesellschaft: seine Re<strong>de</strong> war in gereimter Prosa verfaßt. Da<br />

sie in dieser Form die Festversammlung begeisterte, soll sie<br />

<strong>de</strong>n Lesern hier nicht vorenthalten wer<strong>de</strong>n.<br />

„Meine sehr verehrten Damen und Herren,

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