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56<br />
MELDUNGEN<br />
ihrer hohen Begeisterung und <strong>de</strong>r Armut samt <strong>de</strong>r ganzen<br />
Unfertigkeit. So fin<strong>de</strong>n wir in <strong>de</strong>s nachmaligen Pastors<br />
Hoffbauer Skizzen folgen<strong>de</strong>n Bericht: „Es ging uns<br />
anfangs in Rogau sehr schlimm. Wir lagen dort in unseren<br />
Stu<strong>de</strong>ntenröcken ohne Uniform, ohne Waffen, ohne Pfer<strong>de</strong>,<br />
ohne Offiziere.” Der seit Jahren von Frankreich ausgeplün<strong>de</strong>rte<br />
preußische Staat konnte bei seinen eigenen umfassen<strong>de</strong>n<br />
Rüstungen nur etwa 200 Gewehre geben und nicht<br />
viele Pfer<strong>de</strong> und Uniformen. Im wesentlichen leistete er<br />
nur die Besoldung. Das übrige mußte durch Sammlungen<br />
von Breslau und <strong>de</strong>r Provinz her beschafft wer<strong>de</strong>n. Dann<br />
aber wur<strong>de</strong> aufs eifrigste geritten, geschossen, gefochten.<br />
Selbstverständlich waren auch die Rogauer Quartiere nicht<br />
zu vergleichen mit <strong>de</strong>n Wohnungen, die man heute hat. Ein<br />
Gärtner (Kleinbauer) hatte in seiner Wohnstube 4 bis 5<br />
Mann aufgenommen. Ein kleines Fenster, das nie geöffnet<br />
wur<strong>de</strong>, vielleicht überhaupt nicht zu öffnen ging, gab spärliches<br />
Licht. Neben <strong>de</strong>m Ofen stand ein Faß, in das<br />
Speisereste und allerhand Abwässer gegossen wur<strong>de</strong>n. Auf<br />
<strong>de</strong>n ungedielten Fußbo<strong>de</strong>n schüttete man für die Nacht <strong>de</strong>n<br />
Soldaten und <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Gärtners eine or<strong>de</strong>ntliche<br />
Schütte Stroh, die am Morgen wie<strong>de</strong>r zusammengerafft und<br />
hinausgeschafft wur<strong>de</strong>. Als einer <strong>de</strong>r Freiwilligen ernsthaft<br />
erkrankte, erbarmte sich <strong>de</strong>r Gärtner und bereitete <strong>de</strong>m<br />
Fiebern<strong>de</strong>n eine ständige Bettstatt: in etlicher Entfernung<br />
von <strong>de</strong>r Wand schlug er ein paar Pfähle in <strong>de</strong>n Estrich und<br />
ein paar Bretter daran. In die so entstan<strong>de</strong>ne „Bucht” kam<br />
Stroh. Die Kost war natürlich auch altschlesisch, d.h. gleich<br />
früh Kartoffeln, in Rüböl o<strong>de</strong>r in ausgelassenen Speck<br />
getunkt. Zum Mittagbrot kam Sauerkraut dazu, mitunter<br />
aber wun<strong>de</strong>rvolle, große Klöße, „so <strong>de</strong>rb, daß man keinen<br />
an <strong>de</strong>r Wand hätte zerwerfen können.” Abends gab es<br />
Gewärmtes vom Tage. Die städtischen Feinschmecker vermißten<br />
Kaffee, Suppe und Bier. Mitunter pilgerte man nach<br />
Zobten in <strong>de</strong>n Hirsch und Ferraris Weinstube. In Rogau gab<br />
es <strong>de</strong>rgleichen Genüsse nicht. [...]<br />
Am Tage nach <strong>de</strong>r Einsegnung zogen die tausend Mann<br />
<strong>de</strong>s Königs ab mit <strong>de</strong>m Auftrag, nicht in <strong>de</strong>r Linie zu kämpfen,<br />
son<strong>de</strong>rn kühn sich hindurchzuschlagen hinter die Festungen<br />
Leipzig, Halle, Mag<strong>de</strong>burg, die <strong>de</strong>r Franzmann besetzt<br />
hielt. Dort sollte die „schwarze Schar” <strong>de</strong>m Fein<strong>de</strong> die<br />
Zufuhr an Lebensmitteln, Munition und Geld abschnei<strong>de</strong>n,<br />
sollte das Nachrichtenwesen stören, und – dreist genug –<br />
im Rücken seiner Macht immer neue Freiwillige sammeln.<br />
In <strong>de</strong>r Tat: Aufgaben für eine „wil<strong>de</strong>, verwegene Schar!”<br />
[...]<br />
Abbildungen: „Schlesische privilegierte Zeitung”: aus<br />
Hirt’s Realienbuch für die Höheren Schulen, Ausgabe A,<br />
Nr. 146, Breslau 1936; die Fe<strong>de</strong>rzeichnung zeigt die<br />
Rogauer 1795 im Bethaus-Stil errichtete Kirche ohne <strong>de</strong>n<br />
erst 1865 angebauten Turm; Innenansicht <strong>de</strong>r Kirche zu<br />
Rogau auf einer zur 100-Jahr-Feier herausgebrachten Postkarte:<br />
„Einsegnung von Freiwilligen 1813”, Künstlerpostkarte<br />
<strong>de</strong>s Volkskunstbun<strong>de</strong>s, 1913.<br />
<br />
Falkenberger Kirchenbücher restauriert!<br />
DR. STEPHAN ADERHOLD<br />
„Die Gemeinschaft <strong>de</strong>r evangelischen Schlesier e.V. war<br />
unser Pfingstwun<strong>de</strong>r!” – Diese Worte sagte Frau Elfrie<strong>de</strong><br />
Barnert zum Schreiber dieser Zeilen aus tiefstem Herzen<br />
am 15. Februar 2013 in Oppeln. Anlaß war die Vorstellung<br />
von zwölf restaurierten Kirchenbüchern im Oppelner<br />
Staatsarchiv, die aus Falkenberg O.S., heute Niemodlin,<br />
stammen. Eigentlich ist es eine Geschichte wie immer –<br />
wie immer auch unglaublich schön.<br />
Das Ehepaar Alois und Elfrie<strong>de</strong> Barnert hatte es sich zur<br />
persönlichen Aufgabe gemacht, die fast völlig zerstörten<br />
Falkenberger Kirchenbücher zu retten. Hierzu wur<strong>de</strong>n<br />
Financiers und Spen<strong>de</strong>r gesucht. Auf die in die Welt<br />
gesandten „Bettelbriefe” kamen – auch wie immer – viele<br />
Absagen und, auf <strong>de</strong>m Höhepunkt <strong>de</strong>r Absagenflut, ein<br />
Anruf von Klaus-Ulrich Vogel, <strong>de</strong>m Schatzmeister <strong>de</strong>r<br />
Gemeinschaft evangelischer Schlesier, <strong>de</strong>r diesem Projekt<br />
die Unterstützung zusagte. Und dieser Pfingst-Anruf war<br />
<strong>de</strong>m Vorhaben eine neuerliche Motivation, so daß, mo<strong>de</strong>rn<br />
ausgedrückt, das Fundraising wie<strong>de</strong>r an Fahrt gewann und<br />
nach und nach alle Kirchenbücher von <strong>de</strong>m Restaurator<br />
Dariusz Subocz bearbeitet wer<strong>de</strong>n konnten, <strong>de</strong>r eine wirklich<br />
hervorragen<strong>de</strong> Arbeit ablieferte.<br />
Der um 13 Uhr im Oppelner Staatsarchiv beginnen<strong>de</strong><br />
Festakt wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>ssen Direktor Herrn dr. hab. Miros-<br />
³aw Lenart sehr souverän geleitet. Nach <strong>de</strong>r Begrüßung<br />
wur<strong>de</strong>n die För<strong>de</strong>rer und Organisatoren durch die Überreichung<br />
von Dankesurkun<strong>de</strong>n gewürdigt. Als, <strong>de</strong>r sichtlich<br />
bewegte, Alois Barnert <strong>de</strong>n Dank erwi<strong>de</strong>rte, staunte die<br />
Gesellschaft: seine Re<strong>de</strong> war in gereimter Prosa verfaßt. Da<br />
sie in dieser Form die Festversammlung begeisterte, soll sie<br />
<strong>de</strong>n Lesern hier nicht vorenthalten wer<strong>de</strong>n.<br />
„Meine sehr verehrten Damen und Herren,