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Frauen im Umbruch der Arbeit - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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344 Ingrid Kurz-Scherf<br />

Kritik <strong>der</strong> politischen Ökonomie <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>. Ich denke, daß die gesamte Linke<br />

<strong>im</strong> Grunde deswegen auch kaum eine Vorstellung davon hat, wie <strong>der</strong> gesellschaftliche<br />

<strong>Arbeit</strong>sprozeß sinnvoll und nach menschlichen, ökologischen und<br />

sozialen Kriterien, gerecht, aber eben auch effizient zu gestalten ist. Eine <strong>der</strong><br />

Konsequenzen davon war, daß obwohl unser aller Urvater - mit unser meine ich<br />

hier <strong>im</strong>mer die Gewerkschaften und die Linke -, Ökonomie ins Zentrum <strong>der</strong><br />

Debatte gestellt hat und obwohl einige von uns <strong>im</strong>mer als ökonomistisch besch<strong>im</strong>pft<br />

wurden, wir alle aber insgesamt völlig unökonomisch waren. Wir hatten<br />

die Ökonomie wirklich dämonisiert mit diesem Etikett Kapital. Dies führte dann<br />

<strong>im</strong> Osten zu dem, was wir erlebt haben und das führt z.B. in den Gewerkschaften<br />

dazu, daß <strong>im</strong> Grunde genommen jede Politik, die sich nur als kapitalkritisch ausweisen<br />

kann, dadurch schon gerechtfertigt ist. Was wir jetzt z.B. erleben, wenn<br />

die Gewerkschaften nur Lohnsteigerungen for<strong>der</strong>n, weil sie es nicht mehr »hinnehmen«,<br />

daß sich die <strong>Arbeit</strong>geber eine goldene Nase durch die deutsche Einheit<br />

verdienen, scheint dies zumindest bei best<strong>im</strong>mten linken Denktraditionen schon<br />

deshalb gerechtfertigt, weil es eine Konfrontation gegenüber dem <strong>Arbeit</strong>geber<br />

darstellt. Daß es aber auch an<strong>der</strong>e Interessenfel<strong>der</strong> gibt, die möglicherweise bei<br />

dem Wi<strong>der</strong>spruch zwischen Kapital und <strong>Arbeit</strong> außen vor bleiben, daß es unter<br />

Umständen möglich sein könnte, daß Kapital und <strong>Arbeit</strong> diesen Konflikt zu<br />

Lasten Dritter und vor allem auch zu Lasten an<strong>der</strong>er Lebensbereiche, an<strong>der</strong>er<br />

Interessen lösen könnten, ist in dieser Denkstruktur genauso wenig vorgesehen,<br />

wie die Möglichkeit, daß das Interesse, welches das Kapital in best<strong>im</strong>mten Verteilungskonflikten<br />

vertritt, u.u. gar nicht einfach <strong>im</strong> Herrschaftsinteresse ist,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>im</strong> Interesse ökonomischer Effizienz. Dies ist nicht notwendig identisch<br />

mit Ausbeutung. Übrigens bin ich insgesamt nicht mehr so sicher, ob das, was<br />

wir gelernt haben, daß nämlich das Hauptproblem <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> in kapitalistischen<br />

Gesellschaftsordnungen ihre Ausbeutung ist, ob das wirklich das Entscheidende<br />

ist. Und ob nicht statt dessen das Hauptproblem <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>der</strong> Ausschluß von<br />

<strong>der</strong>selben ist. Und wenngleich man natürlich <strong>im</strong>mer irgendwo in den Frühschriften<br />

von Kar! Marx den einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hinweis, also eine Reihe von Zitaten<br />

findet, die belegen, daß Marx auch schon an<strong>der</strong>e Momente gesehen hat, habe ich<br />

in neueren Auseinan<strong>der</strong>setzungen um <strong>Arbeit</strong> keine Ausarbeitung gesehen, die<br />

diesen Ausbeutungstatbestand entschärft hätte o<strong>der</strong> ersetzt durch den in unseren<br />

gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen viel entscheiden<strong>der</strong>en Ausgrenzungstatbestand.<br />

Dies in einer Weise, daß auch politische Konsequenzen gezogen werden<br />

könnten. Ich jedenfalls habe keine Antwort auf die Frage, ob die Gewerkschaften<br />

unter den gegebenen Umständen überhaupt noch die Interessen ihrer<br />

Klientel vertreten können, ohne in einen ganz scharfen Wi<strong>der</strong>spruch zu kommen<br />

zu den Interessen ihrer Nichtklientel, und zwar in einen schärferen Wi<strong>der</strong>spruch<br />

als gegenüber dem Kapital.<br />

Emanzipation <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong><br />

Eines meiner Hauptprobleme ist jetzt: was halte ich eigentlich vom Kapitalismus,<br />

und wie best<strong>im</strong>me ich <strong>Arbeit</strong> <strong>im</strong> Verhältnis zu ihrer kapitalistischen Organisation?<br />

Ein zweites Problem, was damit zusammenhängt, was ist eigentlich gemeint<br />

OAS ARGUMENT 19911993 ©

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