Frauen im Umbruch der Arbeit - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Ariane Brenssell<br />
Plädoyer <strong>für</strong> Einmischung in Lean Production<br />
Die unter dem Namen »Lean Production« eingeführten neuen Konzepte effizienterer<br />
Produktion und <strong>Arbeit</strong>sorganisation strukturieren die <strong>Arbeit</strong>s- und Lebensverhältnisse<br />
neu. So verkündet es die - 1991 erschienene - Studie des Massachusetts<br />
<strong>Institut</strong>e of Technology: »Die zweite Revolution in <strong>der</strong> Autoindustrie«<br />
(Womack u.a. 1991). Während man sich in Wissenschaft, Management, Gewerkschaften<br />
und Politik bereits die Köpfe darüber zerbricht, wie die neuen Verhältnisse<br />
am besten zu beherrschen bzw. zu regulieren sein werden, bleibt, ganz<br />
traditionell, ein Aspekt des <strong>Umbruch</strong>prozesses unterbelichtet: Die Frage, wie<br />
sich durch Lean Production die Bedingungen <strong>für</strong> <strong>Frauen</strong>arbeit verän<strong>der</strong>n werden.<br />
Ob <strong>Frauen</strong> von den Erneuerungen hinterrücks überrollt werden, o<strong>der</strong> ob die<br />
Umbrüche industrieller <strong>Arbeit</strong> <strong>im</strong> Sinne feministischer Ansprüche an eine Verän<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>s- und Lebensweise, d.h. an eine Neuverteilung <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
<strong>Arbeit</strong>, nutzbar gemacht werden können, hängt entscheidend davon<br />
ab, daß in <strong>der</strong> neuen Produktionsweise Hin<strong>der</strong>nisse und Anschlußmöglichkeiten<br />
<strong>für</strong> die Interessen von <strong>Frauen</strong> analysiert und entsprechende Politikkonzepte entwickelt<br />
werden. Während sich bei einer ersten Besichtigung bundesrepublikanischer<br />
Praxis <strong>der</strong> Eindruck einstellt, daß die Industriearbeiterinnen wahrscheinlich<br />
die Mo<strong>der</strong>nisierungsverliererinnen sein werden, scheinen uns die Verän<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sweise durch Lean Production doch wi<strong>der</strong>sprüchliche Möglichkeiten<br />
zu bergen. Durch die Einführung von Lean Production können<br />
patriarchale Strukturen gesellschaftlicher <strong>Arbeit</strong>steilung dynamisiert o<strong>der</strong> gefestigt<br />
werden. Wir wollen über die Chancen und Inhalte einer <strong>Frauen</strong>för<strong>der</strong>politik<br />
in <strong>der</strong> Industrie nachdenken. Eine solche Politik muß darauf abzielen, <strong>Frauen</strong><br />
gleichberechtigt in die neuen <strong>Arbeit</strong>sformen zu integrieren. Perspektivisch muß<br />
es um eine <strong>Arbeit</strong>spolitik von und <strong>für</strong> <strong>Frauen</strong> gehen, die auf Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
gesamtgesellschaftlichen geschlechtsspezifischen <strong>Arbeit</strong>steilung zielt.<br />
<strong>Frauen</strong> in <strong>der</strong> Industrie I: Standort<br />
Ein Viertel aller erwerbstätigen <strong>Frauen</strong> in Deutschland ist auf industriellen<br />
<strong>Arbeit</strong>splätzen tätig (Zahl <strong>für</strong> 1989, vgl. Schunter-Kleemann 1992, 340). Sie<br />
besetzen hier vorrangig die untersten Qualifikations- und Einkommensstufen<br />
(vgl. Moldaschi 1992, 2). Von den Verän<strong>der</strong>ungen durch die Automatisierung<br />
blieben industrielle <strong>Frauen</strong>arbeitsplätze weitgehend unberührt. »<strong>Arbeit</strong>erinnen<br />
sind wie vor 20 Jahren als ungelernte und angelernte Kräfte beschäftigt.« (Kurz<br />
Scherf 1992, 41f.).1 Ihre Tätigkeiten sind niedrig entlohnt und monoton, Entwicklungs-<br />
und Aufstiegsmöglichkeiten bestehen kaum. In den Hierarchie- und<br />
Kompetenzverhältnissen sind <strong>Frauen</strong> insbeson<strong>der</strong>e in den Bram;hen, wo sie<br />
einen großen Teil <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>splätze einnehmen, Männern unterstellt. Kurz:<br />
<strong>Frauen</strong>arbeitsplätze in <strong>der</strong> Industrie sind ein Inbegriff tayloristischer <strong>Arbeit</strong>sstrukturen.<br />
<strong>Frauen</strong>arbeit in <strong>der</strong> Industrie ist zudem oft in Bereichen angesiedelt,<br />
die durch eine >,Mechanisierungssperre« gekennzeichnet sind, die Möglichkeit<br />
DAS ARGUMENT 19911993 ©